Energiespar-Contracting im Praxistest / Studie

Presseinformation 02/2016
Karlsruhe, 9. März 2016
Energiespar-Contracting im Praxistest
Studie: Sinnvolle Geschäftsmodelle für die
energetische Sanierung öffentlicher Gebäude
KEA entwickelt im EU-Projekt EnPC INTRANS
bedarfsorientierte Maßnahmen für Kommunen.
Mit Energiespar-Contracting (ESC) können die meisten öffentlichen Gebäude
energetisch saniert werden – auch wenn die Gegebenheiten in den einzelnen
Liegenschaften völlig unterschiedlich sind. Zu diesem Ergebnis kommt eine
aktuelle Studie der KEA Klimaschutz- und Energieagentur BadenWürttemberg mit Kooperationspartnern aus neun Ländern. Die Partner definieren darin drei Geschäftsmodelle, die den unterschiedlichen Handlungsbedarf in öffentlichen Liegenschaften berücksichtigen. Die Untersuchung wurde
im Rahmen des Projekts ENPC INTRANS (Kapazitätsaufbau für EnergiesparContracting für die europäischen Märkte im Wandel) erstellt und beschreibt
auch erfolgreiche Beispiele aus der Praxis. Sie kann unter
www.enpc-intrans.eu heruntergeladen werden.
Kommunen mit Sanierungsbedarf in Europa können die Studie als Orientierungshilfe nutzen, um einen individuellen Weg für das EnergiesparContracting zu finden. Kernelement der Untersuchung ist die EnergiesparGarantie verbunden mit einer Refinanzierung der gesamten Projektkosten. In
allen drei Modellen werden die Kosten durch die zu erwartenden Einsparungen gedeckt. Der Umfang der Maßnahmen und die damit verknüpften Risiken,
Kosten und Vertragslaufzeiten variieren.
Mit Contracting Light technische Geräte in Berlin-Pankow optimiert
Mit dem Geschäftsmodell ESC-Light optimieren Kommunen den Betrieb aller
technischen Geräte in öffentlichen Gebäuden. ESC Light beinhaltet auch die
Implementierung eines Energiemanagementsystems sowie die Auflistung der
weiteren Energieeffizienzmaßnahmen. Da die Vertragslaufzeit nur zwei bis
drei Jahre beträgt, ist dieses Modell für alle öffentlichen Gebäude mit Energieeinsparpotenzial geeignet – also für die Mehrheit des öffentlichen Gebäudebestands. Der Contractor trägt das Risiko, dass die Einsparung tatsächlich
erzielt wird. Die Kommune erhält meistens auch einen Teil der Einsparungen.
Dieses Modell bedeutet für beide Partner wenig Aufwand und ist insbesondere
für kleine und mittlere Unternehmen geeignet, die in den Contracting-Markt
einsteigen und technisches Knowhow im Anlagenbetrieb sammeln wollen. Die
Kommunen profitieren von der Einführung der Energiemanagementsysteme,
der Energieeinspar-Garantie und den professionellen Handlungsempfehlungen zur Verbesserung der Energieeffizienz in ihren Gebäuden.
Erste Erfahrungen mit diesem Modell sammelte zum Beispiel Berlin-Pankow:
In 15 Schulen und Verwaltungsgebäuden wurde eine Energieeinsparung von
fast zehn Prozent erreicht. Der Energiedienstleister erhielt davon fast 50 Prozent.
Contracting Basic in sieben Liegenschaften der Stadt Oberndorf
Mit ESC-Basic werden im Wesentlichen technische Effizienzmaßnahmen
durchgeführt. In der Regel beträgt die Vertragslaufzeit zwischen fünf und 15
Jahren; die garantierte Einsparung liegt zwischen 20 und 60 Prozent. Der
Energiedienstleister trägt sämtliche wirtschaftlichen und technischen Risiken
und ist verantwortlich für Planung, Installation und Finanzierung von Energiesparmaßnahmen sowie für die Wartung der gesamten installierten technischen Ausrüstung. Da die erneuerten technischen Anlagen öffentliches Eigentum sind, hat die Kommune sehr große Sicherheiten.
Viele öffentliche Verwaltungen in Europa wenden dieses Modell bereits an
und kooperieren mit kompetenten Energiedienstleistern – insbesondere in
Österreich, Tschechien, Frankreich, Deutschland und Großbritannien.
Das Modell wurde zum Beispiel in Oberndorf (Baden-Württemberg) in sieben
kommunalen Liegenschaften umgesetzt: Der Contractor investierte rund 2,5
Millionen Euro in eine neue Heizungszentrale, ein Nahwärmenetz, neue Lüftungsanlagen, Beleuchtung und Regelungstechnik. Innerhalb einer Vertragslaufzeit von elf Jahren und acht Monaten beträgt die jährliche EinsparGarantie 216.000 Euro – fast 76 Prozent des ursprünglichen Energieverbrauchs.
Umfassende Sanierung bei der Bundespolizei in St. Augustin
Das Geschäftsmodell ESC-Plus passt für umfassende Sanierungsvorhaben
und schließt Wärmeschutzmaßnahmen an der thermischen Hülle ein. Höhere
Investitionskosten verlängern die Amortisationszeit, daher beträgt die Vertragslaufzeit zum Teil 20 Jahre und mehr. Darüber hinaus erfordern solche
Projekte meist eine Kofinanzierung durch öffentliche Gelder, öffentliche Fonds
oder Zuwendungen von Bauherren, wobei die Einsparungen sogar mehr als
70 Prozent betragen können. Es ist auch möglich, umfassende Sanierungen
in größere Gebäude-Pools zu integrieren, um die Sanierung von ein oder zwei
dieser Gebäude durch die Gesamteinsparung querzufinanzieren.
In Deutschland setzte die Deutsche Energieagentur diesen Ansatz für die
Bundespolizei mit 84 Liegenschaften in St. Augustin um: Neben einem neuen
Holzhackschnitzelkessel, einem Blockheizkraftwerk und einem Spitzenlastkessel, neuer Regelungstechnik und Beleuchtung wurde auch die Gebäudehülle teilweise gedämmt. Die Einspargarantie beträgt 55 Prozent der bisherigen Energiekosten bei einer Vertragslaufzeit von zehn Jahren. Ein weiteres
Pilotvorhaben läuft derzeit in Mannheim unter der Federführung der KEA.
Die wichtigsten Merkmale der einzelnen Geschäftsmodelle sind in Tabelle 1
dokumentiert. In der Praxis sind die Übergänge zwischen den drei Geschäftsmodellen zumeist fließend.
Geschäftsmodelle
(wesentliche Merkmale)
Ausgangslage in den
Gebäuden und Handlungsbedarf
Modernisierungsmaßnahmen
ESC Light
ESC Basic
ESC Plus
Alle Gebäude mit Einsparpotenzialen.
Technische Anlagen in
Gebäuden sind ineffizient und überholt.
Das gesamte Gebäude muss modernisiert werden.
Demontage, Ersatz /
Neuinstallation der technischen Gebäudeausrüstung.
Komplexe Sanierung der Liegenschaft inkl. der technischen Gebäudeausrüstung, der Gebäudehülle
und weiterer Maßnahmen.
Geringe Investitionen,
z.B. für neue Zähler.
Erneuerbare Energien, Blockheizkraftwerke oder Nahwärme
Eigentum
Höhe der Energieeinsparungen
Finanzierung
Vertragslaufzeit
Alle installierten Anlagen gehören dem
Gebäudeeigentümer.
10-20 %
Der Contractor hat nur
Personalkosten zu
tragen.
2-3 Jahre
Das Eigentum an den installierten Anlagen geht nach Abnahme
der Anlagen an den Gebäudeeigentümer über.
20-60 %
>70 % (ideal)
Eigenkapital des Contractors, Darlehen, Fördermittel, Zuzahlungen über den Gebäudeeigentümer.
5-15 Jahre
Bis zu 20 Jahre und mehr
Tabelle 1: Wesentliche Merkmale der Geschäftsmodelle
Was bedeutet Energiespar-Contracting?
Energiespar-Contracting hilft Kommunen, trotz knapper Haushaltsmittel ihre
Liegenschaften energetisch zu sanieren. Contractoren sanieren mit eigenem
Kapital die Gebäude und garantieren eine langfristige Energieeinsparung.
Entlohnt wird dies beim Einspar-Contracting über die tatsächlichen Einsparungen in einem festgelegten Zeitraum. Der Auftraggeber erhält Gebäude mit
effizienter Anlagentechnik und hat einen „Kümmerer“ an seiner Seite. Das
finanzielle Risiko trägt das private Contracting-Unternehmen: Die Höhe der
Investitionen, der sichere Anlagenbetrieb oder auch das Erzielen der garantierten Einsparungen. Erfahrungen zeigen, dass deshalb die Energiesparziele
regelmäßig erreicht bzw. sogar übertroffen werden.
Um Energiespar-Contracting in Europa weiter zu verbreiten, haben die Kooperationspartner von EnPC INTRANS den europäischen Markt untersucht, wesentliche Akteure befragt und die Ergebnisse in der vorliegenden Studie veröffentlicht. Teilnehmende Länder sind Kroatien, Deutschland, Griechenland,
Lettland, Rumänien, Serbien, Slowakei, Slowenien und die Ukraine.
Energiespar-Contracting kann in Form der beschriebenen drei Geschäftsmodelle umgesetzt werden, entsprechend der unterschiedlichen Gegebenheiten
in den Gebäuden und der bestehenden rechtlichen, wirtschaftlichen und administrativen Rahmenbedingungen in den Kommunen, Landkreisen oder Bundesländern. Die Projektpartner analysierten daher auch die wesentlichen Hindernisse sowie die bestehenden Anreize für Energiespar-Contracting in den
einzelnen Ländern. Haupthemmnisse sind die bestehenden Vergabe- und
Genehmigungsregelungen für Contracting in öffentlichen Liegenschaften, das
mangelnde Wissen über das Energiespar-Contracting und die komplexen Entscheidungsprozesse in öffentlichen Verwaltungen. Andererseits sind das politische Bestreben zur Verbesserung der Energieeffizienz und die damit einhergehenden Gesetze und Normen für die Umsetzung von ESC-Projekten hilfreich.
Die Projektpartner werden das gesammelte Wissen in Qualifizierungsmaßnahmen weitergeben. Die Studie sowie weitere Projektinformationen können
über www.enpc-intrans.eu heruntergeladen werden.
ENPC-INTRANS erhält Mittel aus dem Horizon 2020 EU Forschungs- und
Innovationsprogramm unter Finanzhilfevereinbarung Nr. 649.639.
Weitere Praxisbeispiele unter:
http://www.kea-bw.de/unser-angebot/angebot-fuer-kommunen/contracting/referenzen/
http://www.ineeco.org/fileadmin/user_upload/projektseiten/ineeco/Downloads/Best_Pr
actice_Contracting_im_Energebereich.pdf
Die KEA Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg GmbH ist die Energieagentur
des Landes. Aufgabe der KEA ist die aktive Mitwirkung an der Klimaschutzpolitik in BadenWürttemberg: Sie berät Ministerien, Kommunen, kleine und mittelständische Unternehmen
sowie kirchliche Einrichtungen bei Energieeinsparung, rationeller Energieverwendung und der
Nutzung erneuerbarer Energien. Mehrheitsgesellschafter ist das Land Baden-Württemberg. Der
Sitz der KEA ist in Karlsruhe.
Ansprechpartner Pressearbeit
Axel Vartmann, PR-Agentur Solar Consulting GmbH,
Solar Info Center, Emmy-Noether-Straße 2, 79110 Freiburg,
Tel. +49 761 38 09 68-23, Fax +49 761 38 09 68-11,
[email protected], www.solar-consulting.de
Ansprechpartnerin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit KEA
Ursula Rubenbauer, KEA Klimaschutz- und Energieagentur
Baden-Württemberg GmbH,
Kaiserstraße 94a, 76133 Karlsruhe,
Tel. +49 721 984 71-28, Fax +49 721 984 71-20,
[email protected], www.kea-bw.de
Eine Studie hat Geschäftsmodelle für die Dienstleistung
Energiespar-Contracting untersucht.
Foto: triolog
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