Leibniz-Laudationes 2016 Christoph Möllers Rechtswissenschaften (kann nicht an der Preisverleihung teilnehmen) Meine Damen und Herren, die Rechtswissenschaften sind eine Disziplin, die Theorie und Praxis in besonderer Weise aufeinander bezieht: Rechtswissenschaftler sind häufig Forscher und Praktiker zugleich. So ist es auch bei Herrn Möllers, der sich als public intellectual immer wieder mit klugen Beiträgen und Interviews zu aktuellen Fragen äußert – zuletzt etwa zur Flüchtlingskrise in der SZ – und der darüber hinaus auch an der Praxis der Rechtsprechung mitwirkt: als Richter im Nebenamt am Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, wie vor allem auch als Prozessvertreter von Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat vor dem Bundesverfassungsgericht. Von sich selber sagt er dabei, Zitat: „Man muss jedenfalls immer sehr aufpassen, weil die Praxis dann auch Zeit kostet, weil sie einen dann manchmal von der Wissenschaft auch abbringt … Das ist natürlich sehr schade und eigentlich in gewisser Weise auch ein zu hoher Preis.“ Ein Satz, der heute seine besondere Berechtigung hat, denn Herr Möllers kann nicht an dieser Preisverleihung teilnehmen, weil er vor dem Bundesverfassungsgericht als Prozessvertreter den Bundesrat im NPD-Verbotsverfahren vertreten muss. Wahrlich ein triftiger Grund, sich heute von der Wissenschaft abbringen zu lassen! Ich will hier dennoch zumindest kurz noch dies zu ihm sagen, dass wir mit ihm in diesem Jahr einen herausragenden Rechtswissenschaftler auszeichnen, der auf den Gebieten des deutschen und vergleichenden Verfassungsrechts, der Verfassungs- und der Rechtstheorie durch eine ganze Reihe an grundlegenden Monographien neue Maßstäbe gesetzt hat. Dazu gehören seine Doktorarbeit über den „Staat als Argument“, in der er souverän die Geschichte deutschen Staatsdenkens in den letzten 120 Jahren durchschreitet und kritisch deutet, seine Habilitationsschrift über Gewaltengliederung, die sich zu einem Standardwerk der DFG Seite 2 von 2 Theorie des Öffentlichen Rechts entwickelt hat und seine 2011 unter dem Titel „Das entgrenzte Gericht“ vorgelegten Überlegungen zur Verfassungsgerichtsbarkeit. In seinen Arbeiten, von denen mehrere auch ins Englische, Japanische und Chinesische übersetzt wurden, überschreitet er dabei souverän die Grenzen zwischen Rechtswissenschaft, Philosophie, Literaturwissenschaft, Politikwissenschaft und Geschichte, in einer nicht oft anzutreffenden Verbindung von stilistischer Leichtigkeit und scharfer Analyse – so zuletzt in dem vor wenigen Wochen erschienenen Buch über die „Möglichkeit der Normen“. Der Leibniz-Preis, so schreibt es der Nominierungsausschuss in seiner Stellungnahme, soll Herrn Möllers nun „in einer Phase hoher wie innovativer wissenschaftlicher Produktivität in die Lage versetzen, sein Fachgebiet entscheidend weiterzuentwickeln, aber auch die benachbarten sozial- und kulturwissenschaftlichen Disziplinen weiterhin durch wichtige Denkanstöße zu bereichern“ – und dem ist an dieser Stelle nun auch nichts weiter hinzuzufügen. DFG
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