BÜCHER Die Redaktion empfiehlt 2011 habe er von einer Bekannten eine Eintrittskarte für die Art Basel erhalten und nach dem Besuch sofort den Wunsch verspürt, dieses Feld zu erforschen. Die Menschen, ihre Verkleidungen, die Trennung zwischen VIPs und normalen Besuchern, das alles habe ihn fasziniert und er habe sich entschlossen, diese Welt «wie einen fremden Stamm zu erforschen». Die von Franz Schulthess und drei weiteren Soziologen der Universität St. Gallen erarbeiteten Analysen konstatieren ein Auseinanderbrechen: hier die noch vorhandene Vorstellung einer kontemplativen und für alle zugänglichen Kunst, da – in krassem Gegensatz dazu – die Strukturierung der Messe, die kaum noch Interesse am Publikum habe, sondern vor allem Markt, Spektakel, Laufsteg für die «pretty people» sei. Die Art sei zur Integrationsplattform für eine globale, sehr reiche Elite mutiert, die am Schnittpunkt von Kunst und Geld ihre grösste Sichtbarkeit erlange. Dabei tue die Messe alles – mit kuratierten Ausstellungen, Führungen, Diskussionsveranstaltungen –, diesen Tatbestand zu verschleiern. Sie helfe, einen tradierten Diskurs am Leben zu erhalten, der von einem Eigenwert der Kunst ausginge, davon, dass Geld und Kunst im Grunde unvereinbar seien. Nicht selten redundant und sprachlich verschlüsselt, ist diese kritische Analyse dennoch unbedingt empfehlenswert. BP Kunst und Kapital. Begegnungen auf der Art Basel, St. Egger, Th. Mazzurana u. a. (Hg.), Verlag Walther König, Köln 2015 104 Kunstbulletin 3/2016 Der französische Verlag ‹Le Monde diplomatique› gibt seit 2003 neben seiner ausgezeichneten Monatszeitschrift den ‹Atlas der Globalisierung› heraus. Und wie diese so ist auch der in jährlichen thematischen Folgebänden erscheinende Atlas exquisit. Die Kombination von Grafiken und doppelseitigen, kritischen und sehr informativen Texten ist absolut gelungen. Die aktuelle Ausgabe ist «Postwachstumsgesellschaften» gewidmet. Auf einem begrenzten Planeten kann es kein unbegrenztes Wachstum geben, dies geht aus Analysen von u. a. Konsum, Textilproduktion, Landgrabbing oder Tiernutzung hervor. Um etwas zu ändern, müssten sich die ökologischen Aktivist/innen allerdings dezidierter politisieren. – Im neuen EditionThemenheft, ebenfalls vom Verlag LMd ediert, werden ‹Geschichte und Gegenwart des Kolonialismus› vorgestellt. Hier sind den diversen Texten Bilder und Fotos beigesellt, bspw. des kongolesischen Künstlers Chéri Samba. Man sieht einen Weissen und vor ihm eine schwarze Frau auf einem Fahrrad sitzen. Der Weisse dirigiert ihre Hände, manipuliert ihren Blick und hat das Afrika, das sie als Kiste auf dem Kopf schleppt, in Besitz genommen. Das Leben der Menschen in Afrika hat sich nicht verbessert, erfährt man im zugehörigen Artikel. Entwicklungsprogramme werden nach wie vor von den Märkten diktiert, sie müssten entkolonisiert und auf die Bedürfnisse der Kleinbäuerinnen ausgerichtet werden. BP Weniger wird mehr, Postwachstumsgesellschaften, Atlas der Globalisierung, LMd, Berlin 2015; Auf den Ruinen der Imperien. Geschichte und Gegenwart des Kolonialismus, Edition LMd No. 18, Berlin 2016
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