Erkennen, wie man sich als Baby so fühlt, ist einer der Schwerpunkte des Sexualkundeunterrichts. Ein Schüler der Klasse 4d liegt in Embryonalhaltung unter einem Stück Gaze, während die Schulkameraden Geburtswehen simulieren. ■ Foto: Lüke Wenn Jungs schwanger sind Beim Sexualkundeunterricht mit Hebamme spielen Bärchen und Bälle eine Rolle GESEKE ■ Konrad ist mindestens seit fünf Monaten schwanger. Der Viertklässler der Dr.-Adenauer-Grundschule zeigt strahlend seinen runden Bauch – oder vielmehr den Fußball, den er unter sein T-Shirt geschoben hat. So ungefähr fühlt sich eine Schwangerschaft hat, erklärt Christina Gerken-Finke. Als Hebamme hat sie für einige Schulstunden den Aufklärungsunterricht übernommen. Die Themen der Sexualkunde werden vorab mit den Eltern besprochen, betont Konrektorin Julia Müller. Auch übernehmen die Pädagogen die Vorbereitung der Dritt- und Viertklässler im Unterricht. Dann aber schlägt die Stunde der Expertin, wird doch ihr Hintergrundwissen und auch ihre materielle Ausstattung in der Schule so sehr geschätzt, dass der Förderverein dieses freiwillige Zusatzangebot zum regulären Unterricht unterstützt. Dabei brauchen die Schüler zunächst vergleichsweise wenig Anschauungsmaterial, um sich das Wunder des Lebens zu vergegenwärtigen. Zunächst genügen ein Stecknadelkopf, eine Linse, ein Gummibärchen und eine Kartoffel, damit sich die Kinder die verschiedenen Stadien der Menschwerdung vorstellen können. Dabei erzählt Christina Gerken-Finke die Geschichte von Herrn und Frau Hase, die bald ein Kind bekommen werden. „Was machen die beiden, wenn sie wissen wollen, ob Frau Hase schwanger ist?“, fragt die Hebamme in die Runde. „Röntgen“, erschallt es prompt. „Ultraschall ist besser“, sagt ein Mädchen. Bevor aber das erste Foto vom Baby gemacht wird, ist üblicherweise der Schwangerschaftstest an der Reihe, „das geht frühestens nach sechs bis acht Wochen“. Dieser zeigt die veränderten Hormone an, „das sind die E-Mails in eurem Körper“, hat Gerken-Finke stets anschauliche Beispiele parat. Herr und Frau Hase „haben jetzt noch ein großes Geheimnis“. Denn die Schwangerschaft sieht man noch gar nicht. Schnell werden zwei Jungs eine Kartoffel und eine Birne vor den Bauch gebunden. Hemd darüber – und keinem fällt die kleine Wölbung auf. Herr und Frau Hase ge- hen dann in der zehnten Woche tanzen. Bekommt das Kind dann keine blauen Flecken? Nein, wie ein Experiment mit einem mit Wasser gefüllten Gefrierbeutel und einem rohen Ei darin beweist: Das Baby ist durch das Fruchtwasser geschützt. Ob Frau Hase bei der Party ein Bier trinken darf, wird heftig verneint. „Das Baby würde mittrinken“ – „das ist Gift“, kennen sich die Schüler schon gut aus. Höhepunkt ist die Simulation der Geburt, bei der die Kinder an einem Schulkameraden in einer riesigen Stoffgebärmutter herumdrücken dürfen, als wären es Wehen. Und wie schon in den anderen Stunden sind die Schüler neugierig, unverkrampft und mit Begeisterung dabei. ■ fred
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