Glamour (4/2016)

APRIL 2016
DEUTSCHLAND 2,20 € ÖSTERREICH 2,40 €
SCHWEIZ 4,30 SFR GLAMOUR.DE
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DIE
GESETZE
DER NEUEN
FASHION-IKONEN
Von
KOPF bis
HERZ:
Der
eigene
Stil
ist das
Ziel!
In Deutschland darf
jeder sein, wer er möchte.
Meint Ruby Rose
HAIR
LIFT
Was Haarfarbe
für Ihren
Teint tun kann
-
SUPER
FOOD.
Was am
HYPE
wirklich
dran ist
Was macht sie?
Stylistin und Bloggerin
Wo kommt sie her?
Kopenhagen
Wo kann man
ihr folgen?
Instagram:
@pernilleteisbaek und
lookdepernille.com
Ihr Stil:
weiblich und sexy – aber
überraschend bequem
Sie haben
keine matten
gesichter
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Nein, auch Bloggerin
Pernille Teisbaek (li.)
verzichtet nicht
auf Make-up. Aber
man sieht es ihr nicht
an. Statt sich mit
Concealer und Puder zu maskieren, nehmen Stilikonen, wenn sie
mal müde aussehen, lieber roten
Lippenstift. Weil sie wissen: Ein
Look ist nur mit diesem „Hab ich
mir schnell übergeworfen“-Flair
wirklich gut. Zu viel Make-up und
Frisur machen die Frau schnell
zur ambitionierten Show-Tänzerin.
Sie tragen
oft
„Last Season“
9
10
Sie
shoppen
fast
nie
im
Sale
Franca Sozzani, die
Chefredakteurin der
italienischen „Vogue“,
hat mal gesagt,
dass sie das, was sie
kauft, immer erst ein Jahr
später trägt. Das ist smart,
denn es hält einen davon ab,
sich finanziell für gehypte
It-Pieces zu ruinieren, nur um
festzustellen, dass man sie
ein paar Monate später nicht
mehr sehen kann. Die Frage:
Ist das Kleid nächstes Jahr um
die Zeit immer noch schön?
Wirkt garantiert stilfördernd.
Shopping-Regel: Mehr ausgeben
heißt sparen. Denn dann hat man
die eine, die wirklich perfekt
sitzende Prada-Hose, anstatt fünf
nur halb perfekte aus dem Sale.
Es ist möglich, Traumteile im Sale
zu finden, aber selten. Weil die
gut Angezogenen sie zum vollen
Preis längst weggekauft haben.
Fotos: Frenchy Style (3), Stockholm Streetstyle (1), Valentina Frugiuele (1) und Nabile Quenum (1)
alle Blaublut-Edition.com, Gettyimages (1); Still Life: iStockphoto
PERNILLE
TEISBAEK
(31)
Sie folgen
ihrem
designer
überallhin
IRINA
LAKICEVIC
(27)
Was macht sie?
Zahnärztin und Online
Influencer
Wo kommt sie her?
Bergen (Norwegen)
Wo kann man
ihr folgen?
Instagram und Twitter:
@irinalakicevic und
portablepackage.com
Ihr Stil:
urbaner Hippie trifft
Akademiker
60
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Sie haben
keinen
hair-Style
Bob, Lob? Whatever!
Irina Lakicevic (li.)
war sicher noch nie
mit einem Bild von
Alexa Chung beim
Friseur. Und sie bügelt
auch nicht mit einem
Glätteisen ihren
Charakter glatt. StilKöniginnen führen
keinen Krieg gegen ihr
Haar. Sie machen graue
Ansätze oder wirre
Wellen zu ihrem
Signature Look. Denn
es ist ja so: Ein wirklich
guter Look ist nicht
nur schön, sondern
braucht immer einen
Störer, so wie ein
glattes Gesicht einen
interessanten Knick in
der Nase. Da bietet es
sich doch an, diesen
Job einfach die Haare
erledigen zu lassen.
So hat man praktischerweise mehr Zeit,
sich auf die Klamotten zu konzentrieren.
Redaktion: Tanja Fox; Fotos: Frenchy Style (3), Stockholm Streetstyle (1), Valentina Frugiuele (1)
und Nabile Quenum (2) alle Blaublut-Edition.com, Gettyimages (1), TheLocals.dk (1); Still Lifes: iStockphoto
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Kleider von
Lanvin, gemacht
von Alber Elbaz,
waren vielleicht
nicht immer
die Renner auf
Instagram. Aber sie waren die
Uniform seiner treuesten Fans.
Diese stilsicheren Damen mit
dem nötigen Kleingeld werden
wohl bald Lanvin verlassen und
dem Designer zu seiner nächsten
Station folgen. Weil sie wissen:
Es ist nicht das Etikett, sondern
seine Handschrift, die sie schöner
macht. Dahinter steckt nichts
anderes als das Wissen, dass
gute Mode gutes Handwerk ist.
Eine coole Werbekampagne?
Hilft niemandem morgens vorm
Kleiderschrank.
Meinung
5 0 S C H L I M M S T E DAT E S . T E I L 7:
Blauer Bildschirm
Es gibt Paul-Elias, in echt, behauptet er zumindest.
Paul-Elias ist wahrscheinlich auch tatsächlich 35,
obwohl der Name klingt wie aus einem Prenzlauer-Berg-Kindergarten mit veganem Mittagsangebot.
Paul-Elias wohnt nicht weit weg, mag keine
Meeresfrüchte, hat Angst vor Enten und reist jedes
Jahr mit seiner Mutter für eine Woche nach Sylt,
wo sie nichts anderes tun, als sich in Fischrestaurants anzuschweigen. Paul-Elias behauptet, ihr
Schweigen auf Sylt sei ein viel freundlicheres
Schweigen als etwa das, nachdem er sein Jurastudium abgebrochen habe. Paul-Elias ist Grafiker bei
einer großen Tageszeitung und hat sich mit acht
das Schlüsselbein gebrochen. Ich weiß das
alles, aber ich habe Paul-Elias noch
nie gesehen. Wir kennen uns von
Facebook, auch wenn das fast
so ein hässlicher Satz ist wie
„Stück mal ’n Rück“. Sich
von Facebook zu kennen,
ist schon unglamourös
genug, aber die Geschichte könnte man später ja
vertuschen. Den Kindern
erzählen, man habe sich
beim Stehpaddel-Kurs,
bei der Theaterprobe,
beim Italiener kennengelernt. Allerdings wird es
bei Paul-Elias und mir nie
dazu kommen, denn fürs
Kinderzeugen müsste man sich
tatsächlich mal in der echten Welt
treffen. Niemand wird schwanger
davon, sich von einem blauen Bildschirm
anstrahlen zu lassen.
Ich schreibe Paul-Elias, wenn ich etwas in den
Sand gesetzt habe und auch, wenn ich etwas doch
nicht in den Sand gesetzt habe. Er weiß sogar, dass
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meine Katze letztes Jahr gestorben ist. (Er weiß
nicht, dass ich die Katze insgeheim immer gehasst
habe, und nichts von meiner sehr großzügigen Auslegung von „natürlichem Tod“, aber Beziehungen
leben ja auch von kleinen Geheimnissen.) Wir kennen uns seit über zwei Jahren. Ich habe seine
Trennung miterlebt und Fotos von seinem selbst
gezimmerten Bücherregal gesehen. Am Anfang
sprachen wir noch von einem Treffen, wahrscheinlich, weil sich das so gehört bei Chatbekanntschaften. Allerdings kam immer etwas dazwischen. Am
Anfang plausible Dinge, Mutter im Krankenhaus,
Prüfung im Anmarsch, Exfreundin im Herzen. Ich
verzieh ihm das erste Mal, als er seine
Oma beerdigte, und die nächsten
vier Mal fragte ich auch nicht
nach. Ich glaube ihm, dass
sein Fahrradreifen platt war
und dass er Angst vor
U-Bahnen hat. Und vor
Taxis. Und vor Bussen.
Paul-Elias ist das Date,
zu dem es nie kommen
wird. Aber das macht
nichts, dafür kann ich
ihn jederzeit ausschalten, unsere Beziehung
ist stabiler als die meisten anderen, und wer
nichts wagt, kann nichts
verlieren.
Ronja von Rönne, 24, hat
irgendwo mal gelesen,
dass Jammern gesund ist.
Seitdem schreibt sie,
vor allem auf sudelheft.de
Illustration: Silvana Mariani/2dm Management; Foto: Carolin Saage
Frau trifft Mann (oder Frau …) ist das spannendste Setting der Welt. Manchmal sogar zu spannend
fürs echte Leben, findet Glamour-Kolumnistin Ronja von Rönne