Visite am 01.03.2016 Unsere Themen: Darmkrebs: Vorsorge rettet Leben Arthrose im Knie: Arthroskopie ist nutzlos Zuckerkrankheit unterschätzt: Die schlimmen Folgen des Diabetes Schlaganfall im Rückenmark Kronen: Welche taugt für wen? Abenteuer Diagnose: Verhängnisvoller Zeitvertreib Darmkrebs: Vorsorge rettet Leben Seit 2002 zahlen die Krankenkassen ihren Mitgliedern ab dem 55. Lebensjahr alle zehn Jahre eine Darmspiegelung zur Darmkrebsvorsorge. Mit unglaublichem Erfolg: Die Zahl der Neuerkrankungen ab 55 Jahre ist durch die Vorsorge um rund 20 Prozent zurückgegangen. Mediziner werten die Studie daher auch als Beweis dafür, dass Darmkrebsvorsorge buchstäblich Leben rettet: Denn wer sich regelmäßig untersuchen lässt, kann sein Darnkrebsrisiko fast auf null reduzieren. Möglich wird dies, weil Vorstufen von Krebs im Darm bereits entfernt werden können, noch bevor sie bösartig werden. Diese Wucherungen auf der Schleimhaut werden auch Polypen genannt. Polypen können, sobald sie bösartig werden, über die Darmwand ins angrenzende Lymphsystem wachsen und von dort Metastasen im ganzen Körper verteilen. Um diese Gefahr zu bannen, reicht eine Darmspiegelung. Der Eingriff dauert etwa 20 Minuten und geschieht mit einem Endoskop - auf Wunsch mit kurzer Narkose. Damit der Arzt auch eventuelle Polypen erkennen kann, wird der Darm für die Untersuchung am Tag zuvor mit einem Abführmittel und ausreichend Flüssigkeit gründlich entleert. Da Darmkrebs nur langsam wächst, reicht es aus, eine Darmspiegelung alle zehn Jahre machen zu lassen. Fall Polypen entdeckt werden, verkürzt sich der Zeitraum und immer sterben jährlich rund 25.000 Menschen an Darmkrebs, obwohl viele Todesfälle mit einer kurzen Untersuchung vermeidbar wären. Interviewpartner im Beitrag: Prof. Dr. Götz von Wichert, Chefarzt Abteilung für Innere Medizin Schön Klinik Hamburg Eilbek Dehnhaide 120, 22081 Hamburg Tel. (040) 20 92 12 01, Fax. (040) 20 92 12 00 Internet: www.schoen-kliniken.de/ptp/kkh/eil/ Dr. Bodo Eckmann, Praktischer Arzt Gemeinschaftspraxis für Endoskopie und Proktologie am Glockengießerwall Brückner & Eckmann Glockengießerwall 1, 20095 Hamburg Tel. (040) 251 20 68, Fax. (040) 251 88 34 E-Mail: [email protected] Internet: www.endoskopie-am-glockengiesserwall.de/ Prof. Dr. Stephan Miehlke Magen-Darm-Zentrum Facharztzentrum Eppendorf Eppendorfer Landstraße 42, 20249 Hamburg Tel. (040) 460 20 01, Fax. (040) 47 35 47 E-Mail: [email protected] Internet: www.facharztzentrum-eppendorf.de/gastroenterologie-endoskopie/ Visite am 01.03.2016 Arthrose im Knie: Arthroskopie ist nutzlos Bei Arthrose im Kniegelenk war die Kniespiegelung bei Ärzten bislang sehr beliebt sowohl zur Diagnose, als auch zur Therapie. Allein in Deutschland wird sie jedes Jahr über 400.000 Mal durchgeführt. Dies sei viel zu viel, sagen Kritiker, und obendrein könne sie häufig mehr Schaden als Nutzen anrichten. Tatsächlich steht die Methode bei der Behandlung von Arthrose bereits seit mehreren Jahren im Verdacht, nicht die gewünschten Erfolge zu bringen und häufig sogar überflüssig oder schädlich zu sein. Eine neue Analyse gleich mehrerer Studien bestätigt jetzt: Die therapeutische Kniespiegelung ist bei Arthrose so gut wie wirkungslos. So sollen Schmerzen im Knie nach dem Eingriff oft nicht weniger werden, Besserungen hielten häufig nur ein paar Monate vor und die Beweglichkeit würde nicht gesteigert. Für die Patienten ergibt sich unterm Strich also keine Verbesserung der Lebensqualität. Schlimmer noch: In den meisten Fällen ist damit das Risiko des Eingriffs größer, als der eigentliche Nutzen. Bei einer Arthroskopie wegen Arthrose werden Knorpel- und Gelenkflächen zunächst geglättet sowie das Kniegelenk mit einer Salzlösung gespült (Lavage). Doch neben dem erhöhten Infektionsrisiko durch die Spülung gehören in wenigen Fällen auch Thrombosen und Lungenembolien zu den Komplikationen. Alarmiert von den aktuellen Studienergebnissen hat der Gemeinsame Bundesausschuss beschlossen: Ab April 2016 sollen nur noch die Kosten für Kniespiegelungen bei Gelenkblockaden und traumatischen Verletzungen, wie zum Beispiel am Meniskus oder Kreuzband, getragen werden. Hier rechtfertigen die Vorteile des schonenden "Schlüsselloch-Eingriffs" auch weiterhin die Anwendung der Arthroskopie als erprobtes Mittel der Wahl. Für Arthrose-Patienten hingegen kann künftig auf die klassischen Therapieformen zurückgegriffen werden. Zu diesen konservativen Maßnahmen zählen neben der Physiotherapie und den Bandagierungen vor allem auch Muskelaufbau durch Bewegung und die Gewichtsreduktion. Diese Anwendungen haben zudem den Vorteil, dass sie erwiesenermaßen effektiv sind und die Risiken einer Operation ausschließen. Interviewparter im Studio: Prof. Oliver Dierk, Chefarzt des Fachzentrums Orthopädie und Endoprothetik Schön Klinik Hamburg Eilbek Dehnhaide 120, 22081 Hamburg Tel. (040) 209 20, Fax. (040) 20 92 30 15 Internet: www.schoen-kliniken.de/ptp/kkh/eil/faz/orthopaedie/ Interviewpartner im Beitrag: Prof. Dr. Karl-Heinz Frosch, Leitender Arzt Chirurgisch-Traumatologisches Zentrum Asklepios Klinik St. Georg Lohmühlenstraße 5, 20099 Hamburg Tel. (040) 18 18 85 22 87, Fax. (040) 18 18 85 37 70 Internet: www.asklepios.de/hamburg/sankt-georg/experten/chirurgischtraumatologisches-zentrum/ Weitere Informationen: Deutsche Arthrose-Hilfe e.V. Postfach 11 05 51 60040 Frankfurt/Main Tel. (06831) 94 66 77, Fax. (06831) 94 66 78 Visite am 01.03.2016 Internet: www.arthrose.de/arthrose/behandlung.html/ Zuckerkrankheit unterschätzt: Die schlimmen Folgen des Diabetes Diabetes II gehört zu den Volkskrankheiten, allein in Deutschland sind etwa acht Prozent aller Menschen daran erkrankt. Längst ist er nicht mehr nur eine klassische Alterskrankheit, sondern betrifft zunehmend auch immer mehr junge Leute. Die Spätfolgen sind kranke Nieren, schwere Arteriosklerose mit hohem Herzinfarktrisiko und Nervenschäden. Nicht selten droht ein Sehverlust, denn der Diabetes schädigt vor allem die kleinen Blutgefäße in den Augen. Da es anfangs kaum Symptome gibt, wissen viele Betroffene gar nicht, dass ihr Blutzuckerspiegel zu hoch ist. Bei jedem vierten Erkrankten schreitet der Diabetes daher unbemerkt voran. Genau das ist das Heimtückische: Der Körper merkt sich jede einzelne Überzuckerung und präsentiert Jahre später die schlimmen Folgen. Die Experten sprechen vom „Zuckergedächtnis“. Selbst wenn der Diabetes dann doch noch entdeckt wird, und die Zuckerwerte mit einer Behandlung gut eingestellt sind, können die davorliegenden Jahre des unentdeckten Diabetes im Laufe des Lebens ihre schlimmen Auswirkungen zeigen. Damit sich also gar keine Phase mit erhöhtem Blutzucker ins Körpergedächtnis einbrennen kann, sind die Früherkennung und eine schnelle entschiedene Behandlung so wichtig. Eine einfache Blutzuckermessung wie sie beispielsweise beim Check-up 35 durchgeführt wird, kann einen bestehenden, ausgeprägten Diabetes zwar anzeigen, sie reicht aber zur Früherkennung meist nicht aus. Beim Glukosetoleranztest wird der Nüchternblutzucker gemessen und über zwei Stunden beobachtet, wie gut der Körper mit einer Zuckerbelastung zurechtkommt. Mit diesem Test lassen sich auch Diabetesvorstufen entdecken, er wird derzeit aber vorwiegend nur als IGEL-Leistung angeboten. Menschen mit einem erhöhten Risiko können frühzeitig gegensteuern und mit mehr Bewegung und Gewichtsabnahme den Ausbruch des Diabetes um viele Jahre hinauszögern. Ein erhöhtes Risiko besteht, wenn die Eltern Diabetes Typ II hatten, bei Übergewicht mit erhöhtem Bauchumfang, bei Rauchern und bei Menschen mit Bluthochdruck oder Bewegungsmangel. Ein Selbsttest kann bei der Ermittlung des persönlichen Risikos sehr hilfreich sein. Dann ist das Gespräch mit dem Arzt gefragt. Interviewpartner im Studio: Dr. Jens Kröger, Facharzt für Innere Medizin Vorstandsmitglied Deutsche Diabetes-Hilfe Zentrum für Diabetologie Hamburg Bergedorf Dres. Kröger, Rosenboom, Stendl, Sadri, Lankers, Rashid Glindersweg 80, Haus E/C, 21029 Hamburg Tel. (040) 854 05 10, Fax. (040) 85 40 51 24 E-Mail: [email protected] Internet: www.diabeteszentrum-hamburg-ost.de Interviewpartner im Beitrag: Dr. Eike Matthiesen, Augenarzt Zentrum für Augenheilkunde Rathausmarkt 19, 20095 Hamburg Tel. (040) 37 34 98, Fax. (040) 36 58 46 E-Mail: [email protected] Internet: www.augenaerzteamrathaus.de/ Visite am 01.03.2016 Dr. Björn Paschen, Diabetologe Diabetologische Schwerpunktpraxis Harburg Am Wall 1, 21073 Hamburg Tel. (040) 557 75 33 00, Fax. (040) 557 75 33 01 E-Mail: [email protected] Internet: www.diabetologie-harburg.de/ Dr. Jördis Hendricks, Internistin Internistische Praxis Brunsberg 2, 22529 Hamburg Tel. (040) 46 09 20 92 Internet: www.internist-hendricks.net/ Weitere Informationen: diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe Geschäftsstelle Reinhardtstraße 31, 10117 Berlin Tel. (030) 201 67 70, Fax. (030) 20 16 77 20 E-Mail: [email protected] Internet: www.diabetesde.org/ Deutscher Diabetes-Risiko-Test Internet:www.diabetesde.org/dife_deutscher_diabetes_risiko_testr/dife_deutscher_di abetes_risiko_testr/ Schlaganfall im Rückenmark Beim Thema Schlaganfall denkt man meist zuerst an den Infarkt im Gehirn. Eher unbekannt ist aber, dass ein Schlaganfall mit ähnlich dramatischen Folgen auch an anderen Stellen im Körper stattfinden kann - zum Beispiel im Rückenmark. Wird die Durchblutung hier durch ein verstopftes Gefäß oder Blutgerinnsel gestoppt, kommt es zum sogenannten spinalen Schock. Dabei leitet das Rückenmark durch die fehlende oder mangelnde Durchblutung die Signale aus dem Gehirn nicht mehr weiter. In der Folge kommt es ähnlich wie bei einer Querschnittslähmung zur kompletten Unbeweglichkeit der von dem Bereich betroffenen Körperteile. Ausschlaggebend ist daher auch, wo der Rückenmarksinfarkt entsteht: Je weiter er oben in Richtung des Halsmarkes liegt, desto mehr Funktionen fallen auch im Körper aus. Gefährdet sind in erster Linie ältere Menschen und Diabetiker, aber auch jüngere Menschen kann es in seltenen Fällen treffen Wird die betroffene Stelle im Rückenmark durch den Infarkt nicht komplett zerstört, sondern stellt nur seine Funktion ein, besteht die Chance, dass es sich mithilfe von mehrwöchiger Bewegungstherapie wieder regeneriert. Interviewpartner im Beitrag: Prof. Andreas Engelhardt, Neurologe Evangelisches Krankenhaus Oldenburg Steinweg 13-17, 26122 Oldenburg Tel. (0441) 23 66 49, Fax. (0441) 23 64 29 E-Mail: [email protected] Internet: www.evangelischeskrankenhaus.de/ Visite am 01.03.2016 Dr. Holger Bösenberg, Radiologe Evangelisches Krankenhaus Oldenburg Steinweg 13-17, 26122 Oldenburg Tel. (0441) 23 66 49, Fax. (0441) 23 64 29 E-Mail: [email protected] Internet: www.evangelischeskrankenhaus.de/ Dr. Roland Thietje, Chefarzt, Unfallchirurg Querschnittsgelähmten-Zentrum BG Klinikum Hamburg Bergedorfer Straße 10, 21033 Hamburg Tel. (040) 730 60, Fax. (040) 73 06 26 20 E-Mail: [email protected] Internet: www.buk-hamburg.de/ Kronen: Welche taugt für wen? Für einen kaputten Zahn ist eine Krone oft die letzte Rettung. Ist seine Substanz bereits durch Karies zerstört worden, kann der Zahn durch eine Überkronung der "Grundmauern" weiterhin im Mund bleiben. Doch die Kaumuskeln gehören zu den stärksten im ganzen Körper. Damit die Kronen möglichst lange halten, müssen sie aufwendig hergestellt werden. Es gibt drei verschiedene Kategorien von Kronen: Vollguss-Metall-Kronen Verblendkronen Keramikkronen Vollguss-Metall-Kronen gibt es bereits ab 330 Euro. Die Kasse übernimmt 136 Euro des Gesamtpreises. Möchte man sie allerdings aus Gold, wird ein Eigenanteil von etwa 500 Euro fällig. Die Kronen eignen sich besonders für die stark beanspruchten hinteren Backenzähne und halten etwa 15 Jahre. Wer sich für eine solche Krone entscheidet, sollte jedoch keine anderen Metalle und Legierungen wie zum Beispiel Amalgam im Mund haben, da durch elektrische Wechselwirkungen sonst Schmerzen entstehen können.Verblendkronen aus Metall und Keramik kommen häufig im vorderen, sichtbaren Mundbereich zum Einsatz. Hier wird ein Metallgerüst ganz oder teilweise mit Keramik überzogen (verblendet). Sie kosten zwischen 500 und 600 Euro. Sie reagieren weniger auf andere Metalle im Mund. Damit sie passen, muss der Arzt jedoch mehr Zahnsubstanz wegnehmen als bei anderen Kronen. Für sichtbare Zähne gibt es einen Kassenzuschuss von 186 Euro. Am unauffälligsten sind die reinen Keramik-Kronen, sie unterscheiden sich kaum von echten Zähnen. Dafür haben sie auch ihren Preis: Zwischen 500 und 1.000 Euro kosten die "Hightech-Beißer". Der Zuschuss der Kassen beträgt hier 186 Euro. Nicht geeignet sind Keramik-Kronen für Patienten, die auf das Material oder den Kleber allergisch reagieren. Auch Zähneknirscher sollten von Keramik lieber Abstand nehmen, da sie leicht kleine Risse bekommen können, die immer größer werden und letztendlich die Krone kaputt machen. Vorsicht ist übrigens bei Kunststoff-Kronen geboten: Diese enthalten manchmal neue und unerprobte Kunststoffe mit ungewissen Eigenschaften und stellen daher ein Risiko bezüglich Verträglichkeit und Haltbarkeit dar. Wer Abdrücke Visite am 01.03.2016 scheut und in nur einer Sitzung eine Krone möchte, kann sie sich per Laser und Computer berechnen lassen. Sie wird dann beim Zahnarzt innerhalb von Minuten aus einem Keramikblock gefräst. Für eine gute Passform muss der Zahnarzt Technik und Software allerdings gut beherrschen und billiger ist das nicht. Egal für welche Krone man sich entscheidet, Geld spart man auf jeden Fall mit einem lückenlosen Bonusheft. Bis zu 30 Prozent mehr Fest-Zuschuss zahlen die Kassen, also maximal 55 Euro. Und wenn man nicht das Kassenmodell haben möchte, bedeutet das, dass nicht nur die Krone teurer wird, sondern auch die Arbeitsleistung des Zahnarztes. Auch davon muss man dann einen Teil selbst bezahlen. Deshalb ist es wichtig, sich den Heil- und Kostenplan genau erklären zu lassen und im Zweifel zu verhandeln oder einen zweiten Kostenvoranschlag von einem anderen Zahnarzt einzuholen. Interviewpartner im Beitrag: Prof. Dr. Matthias Kern, Direktor der Klinik für Zahnärztliche Prothetik, Propädeutik u. Werkstoffkunde Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel Tel. (0431) 59 70 Fax. (0431) 59 7 11 78 E-Mail: [email protected] Internet: www.uni-kiel.de/proth/ Reinhard Busch, Zahntechniker Klinik für Zahnärztliche Prothetik, Propädeutik und Werkstoffkunde Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel Arnold-Heller-Straße 3, 24105 Kiel Tel. (0431) 59 70, Fax. (0431) 597 11 78 Internet: www.uni-kiel.de/proth/ Dr. Martin Sasse, Zahnarzt Poggendörper Weg 3, 24149 Kiel Tel. (0431) 276 56, Fax: 0431-27660 Internet: www.drmartinsasse.de Margrit Hintz, Stellvertretende Geschäftsführerin Verbraucherzentrale Kiel Andreas-Gayk-Straße 15, 24103 Kiel Tel. (0431) 590 99 40, Fax: (0431) 59 09 94 77 E-Mail: [email protected] Internet: www.vzsh.de/kiel Abenteuer Diagnose: Verhängnisvoller Zeitvertreib Der 31.Dezember 2009 wird Stefan B. wohl vermutlich noch lange im Gedächtnis bleiben. Die Vorbereitungen für die gemeinsame Silvesterfeier sind voll im Gange und die Familie freut sich auf den bevorstehenden Jahreswechsel. Doch Stefan Böhms Nachmittag verläuft nicht planmäßig: Er bekommt Bauchschmerzen, Magengrummeln und schließlich auch noch extremen Durchfall. Er vermutet, dass er eine MagenDarm-Grippe hat. In den kommenden Tagen will der scheinbare Infekt nicht besser werden, im Gegenteil: Zum Durchfall bekommt er jetzt auch noch Fieber und Herzrasen. Mittlerweile hat er einen Ruhepuls zwischen 90 und 110 und geht schließlich ins Krankenhaus. Doch die Ärzte finden nichts und auch ein EKG bleibt Visite am 01.03.2016 unauffällig. Wieder zu Hause, geht es Stefan Böhm zunächst besser. Doch wenige Wochen später bekommt er plötzlich einen juckenden Ausschlag am ganzen Körper. Er geht zum Hautarzt, der eine Röschenflechte diagnostiziert und ihm Kortison verschreibt. Besser fühlt sich der 38-Jährige aber nicht. Zwar geht der Ausschlag zurück, aber weiterhin quälen ihn anhaltende Darmkrämpfe, Magenschmerzen und starker Durchfälle. Tatsächlich zeigt auch eine folgende Darmspiegelung: Das Organ ist stark entzündet. Warum, das können sich die Mediziner aber nicht erklären. Mittlerweile hat Stefan B. schon 20 Kilo an Gewicht verloren. Es kommt zu immer weiteren chronischen Entzündungen im gesamten Körper. Im Laufe der folgenden Odyssee durch verschiedene Krankenhäuser werden Stefan B. Speicheldrüsen und geschwollene Lymphknoten entfernt, aber ein Grund für die Entzündungen wird nicht gefunden. Stefan B. ist mittlerweile nur noch ein Schatten seiner selbst. Doch der Leidensdruck ist so groß, dass er intensiv im Internet nachforscht und dabei die neue Abteilung der Marburger Uniklinik für seltene Erkrankungen entdeckt. Hier bekommt Professor Jürgen Schäfer die mittlerweile über 70 Seiten dicke Akte auf den Tisch und wird stutzig. Nach dem Ausschlussprinzip veranlasst er schließlich, eine Stuhlprobe mit einem Hightech-Verfahren auf ungewöhnliche Erbgut-Spuren untersuchen zu lassen. Sein Kollege, der Humanbiologe Dr. Muhidien Soufi fahndet damit nach Anzeichen für seltenste und ungewöhnliche Bakterien und Parasiten. Dr. Soufi entdeckt Auffälligkeiten und macht bei der anschließenden DNA-Sequenz-Analyse eine unglaubliche Entdeckung: Stefan Böhm hat Bilharziose. Die Larven dieses nur in den Tropen vorkommenden Parasiten dringen über die Haut in den menschlichen Darm vor und legen dort Eier in der Schleimhaut ab. Das hat also zu den Entzündungen im Körper geführt. Die Ärzte können es kaum fassen, doch die Diagnose passt. Noch geheimnisvoller ist für die Spezialisten aber, wie sich Stefan B. damit infizieren konnte. Er war nicht in den Tropen, hat seinen Urlaub in Deutschland verbracht. Da fällt den Ärzten schließlich das Hobby ihres Patienten ein: In seinem Aquarium züchtet Stefan B. Garnelen, und zur beteiligten Fauna zählen auch einige Posthornschnecken, die den Erreger in sich tragen können. Das Tier ist also ein Zwischenwirt Es hat das Wasser mit Bilharziose-Larven verseucht. So sind die Parasiten in den Körper von Stefan B. gelangt. So einen spektakulären Infektionsweg haben die Mediziner bisher noch nicht erlebt. Stefan B. bekommt das Medikament Praziquantel. Doch bis zur kompletten Heilung ist es noch ein langer Weg für ihn. Interviewpartner im Beitrag: Prof. Jürgen Schäfer Zentrum für unerkannte und seltene Erkrankungen Universitätsklinikum Gießen – Marburg Standort Marburg, Baldingerstraße 1, 35043 Marburg Tel. (06421) 58 64 35 7, Fax. (06421) 58 64 85 7 E-Mail: [email protected] Internet: www.ukgm.de/ Dr. Muhidien Soufi Klinik für Kardiologie, Angiologie und internistische Intensivmedizin Universitätsklinikum Gießen – Marburg Baldingerstraße 1, 35043 Marburg Tel. (06421) 58 60 Internet: www.ukgm.de Visite am 01.03.2016 Hinweis: Die Redaktion erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit der angegebenen Adressen und Buchhinweise. 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