Neue Entwicklungen beim Rechnungszins für Pensionsrückstellungen

Neue Entwicklungen beim Rechnungszins für
Pensionsrückstellungen
[29.02.2016] – Version 1.2
Von: Andreas Bauer und Stefan Spitz
Die Leitzinsen im Euroraum sind bereits seit einigen Jahren bei praktisch Null. EZB-Präsident Draghi wird dabei nicht müde zu betonen, ggf. weitere Maßnahmen zu ergreifen,
um das angestrebte Inflationsziel von 2 % zu erreichen. Allerdings zielen die bereits beschlossenen Maßnahmen, wie insbesondere Negativzinsen für Einlagen der Geschäftsbanken bei der EZB oder Wertpapierkaufprogramme eher darauf ab, die Marktzinsen weiter niedrig zu halten bzw. noch weiter nach unten zu drücken. Was als direkte Gegenmaßnahme der größten Notenbanken gegen die Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise
begann, scheint sich mithin mehr und mehr als Dauerzustand zu etablieren.
Die negativen Folgen des Niedrigzinsumfeldes zeigen sich u. a. bei Unternehmen, die in
nicht unerheblichem Umfang Pensionsrückstellungen zu bilanzieren haben. Dabei erhöhen die stetig sinkenden Zinsen Jahr für Jahr den Rückstellungsbetrag und mindern somit
den ausschüttungsfähigen Gewinn. Nach Angaben des Instituts der Wirtschaftsprüfer in
Deutschland (IDW) führt bereits eine Senkung des Zinssatzes um einen Prozentpunkt zu
einer Erhöhung des Rückstellungsbedarfs von ca. 15-20 %.
Dem will man nun durch ein seitens des Bundestages am 18. Februar 2016 beschlossenes
und durch den Bundesrat in seiner Sitzung am 26. Februar 2016 bereits gebilligtes Gesetz
entgegenwirken. Durch die Neufassung des § 253 Abs. 2 HGB wird der Marktzinssatz,
der vereinfachend für die Bewertung der Pensionsrückstellungen verwendet werden darf,
künftig über einen Durchschnitt der letzten 10 Jahre statt wie bisher 7 Jahre berechnet
werden. Ausgehend von der 7-Jahres-Betrachtung beträgt der von der Bundesbank bislang
veröffentlichte Zinssatz zum 31. Dezember 2015 3,89 %. Bei einer Durchschnittsberechnung über 10 Jahre wird dieser voraussichtlich bei etwa 4,31 % angesiedelt sein und damit die bilanziellen Auswirkungen der Niedrigzinsphase reduzieren. Das IDW erwartet,
dass die Bundesbank die neuen Zinssätze demnächst veröffentlichen wird.
Die Gesetzesnovellierung wird verpflichtend für Geschäftsjahre gelten, die nach dem
31. Dezember 2015 enden. Eine freiwillige Anwendung im Jahresabschluss zum
31. Dezember 2015 ist jedoch vorgesehen.
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Für eine rückwirkende Anwendung der Gesetzesnovellierung auf Jahresabschlüsse zum
31. Dezember 2015 bedarf es nach der erfolgten Zustimmung durch den Bundesrat nun
noch der finalen Unterzeichnung des Gesetzes durch den Bundespräsidenten und der
Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt.
PSP-Praxishinweise:
Aus dem Gesetzentwurf lassen sich folgende Praxishinweise ableiten:

Sofern die geplante Neuregelung rückwirkend Anwendung finden soll, empfiehlt sich
stets eine Alternativberechnung unter Zugrundelegung des neuen – 10-Jahres-basierten – Zinssatzes. Dabei gilt es zu beachten, dass die Anwendbarkeit zwingend ein
Inkrafttreten des Gesetzes voraussetzt, weshalb der Jahres- bzw. Konzernabschluss
zum 31. Dezember 2015 ggf. noch entsprechend offen gehalten werden muss.

Der von der Neuregelung betroffene § 253 Abs. 2 HGB stellt lediglich ein vereinfachendes Wahlrecht für den Zinssatz bei Altersversorgungsverpflichtungen dar, für
das eine Restlaufzeit der Pensionsverpflichtungen von 15 Jahren unterstellt wird. Sofern die Restlaufzeit tatsächlich höher ausfällt, kann alternativ auch der damit einhergehende Zinssatz herangezogen werden. Allerdings haben die Maßnahmen der Notenbanken in den letzten Jahren zu einer deutlichen Abflachung der Zinskurve geführt, weshalb der Zinsunterschied bei höheren Laufzeiten in der Zwischenzeit sehr
gering ausfällt.
PSP-Kommentar:
Auch wenn der Unterschied zwischen einer Durchschnittsbetrachtung über 7 bzw. 10
Jahre eher gering ausfällt, so wird die Neuregelung dennoch zunächst zu einer Entlastung
der Unternehmen hinsichtlich der Höhe der auszuweisenden Pensionsrückstellungen führen. Allerdings stellt dies aus unserer Sicht allenfalls eine kurzfristige und eben keine
nachhaltige Lösung der eigentlichen Problematik dar. Vieles spricht dafür, dass die Marktzinsen auch über die nächsten Jahre niedrig bleiben, sodass der beabsichtigte Effekt von
Jahr zu Jahr geringer ausfällt. Sollten die Zinsen in absehbarer Zeit wieder steigen, verkehrt
sich die beabsichtigte Wirkung gar ins Gegenteil, da sich durch die 10-Jahres-Betrachtung
eine Zinsänderung mit noch stärkerer zeitlicher Verzögerung auswirkt. Berücksichtigt
man zudem, dass eine Ausschüttungssperre in Bezug auf den dargestellten Bewertungsunterschied und zudem eine Erläuterungspflicht im Anhang vorgesehen ist, wird die Zielsetzung einer Entlastung der Unternehmen durch den damit einhergehenden Mehraufwand insoweit konterkariert.
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