LESERFORUM Freie Presse Mittwoch, 2. März 2016 LESEROBMANN Fröhlich sein und … REINHARD OLDEWEME TELEFON: 0371 656-65666 (10-12 Uhr) TELEFAX: 0371 656-17041 E-MAIL: [email protected] A m Montag vergangener Woche fragte ich meinen Chef: „Kann ich morgen freihaben, ich müsste nämlich mal …?“ Normalerweise ist das kein Problem, weil ich mit Anrufbeantworter und Umleitung von Telefonnummern ganz gut mal eine kurze Auszeit nehmen kann, denn die Anrufer erfahren dies: „Morgen ist er wieder da, der Leserobmann, er kümmert sich oder ruft zurück.“ Doch an diesem Tag schaute mein Chef mich an, lächelte und sagte: „Nichts da, du setzt dich morgen ans Telefon und sprichst mit den Lesern, schließlich wollen wir wissen, was sie dazu zu sagen haben.“ Nicht, dass ich mich ertappt fühlte, weil er meine Absicht, die nicht wirklich eine echte war, durchschaut hatte. Vielmehr wollte ich zum Ausdruck bringen, dass ich nach fast sechs Jahren meinem Gespür vertrauen kann, wenn ich eine Welle auf uns zurasen sehe. Und es war ein gewaltige: Mehr als 200 Leser haben bei mir, den Kollegen am Lesertelefon in den Lokalredaktionen oder im Servicecenter der „Freien Presse“ angerufen, weil sie etwas zur Ausgabe mit den 3-D-Bildern in der Zeitung beziehungsweise zur Sonderbeilage „Der Mars in 3D“ sagen wollten. Was soll ich sagen, ich will es nicht verschweigen: Gelobt hat niemand diese Möglichkeit, auf den meisten Seiten mindestens ein Foto betrachten zu können, bei dem man mithilfe der 3-D-Brille die räumliche Tiefenwirkung erleben kann. Der Gründe waren es zu viele, als dass ich näher darauf eingehen kann, aber die Antwort auf eine Frage, die durchschnittlich in jedem dritten Gespräch gestellt wurde, möchte ich geben: Nein, so sieht nicht die Zukunft der Zeitung aus, eine Wiederholung ist nicht geplant, es war ein einmaliges Experiment, wir wollten die Leser mal mit einem außergewöhnlichen Angebot überraschen. Der wahre Grund, warum ich meine Kolumne diesem Thema widme, ist dieser: Bei 13 Gesprächen fiel ein Wort, dass ich bis dahin noch gar nicht kannte. Dieser Leser darf es stellvertretend sagen: „Das ist doch ein alter Hut, das hat ‚Frösi‘ vor mehr als 50 Jahren schon gemacht und die Kinder damit begeistern können“, meinte ein Anrufer. „Frösi“? Beim zweiten Mal habe ich dann (heimlich) schnell im Internet recherchiert, damit ich mir nicht mehr die Blöße geben musste, von diesen alten Zeiten nichts zu verstehen, ich las: „‚Frösi‘ war zu DDR-Zeiten eine Kinderzeitschrift, wobei sich der Name von dem bekannten Pionierlied ‚Fröhlich sein und singen‘ ableitete.“ Damit fing mein Problem erst an. Als bekennender Fan von gedrucktem Papier mit zeitgeschichtlichem Flair wollte ich unbedingt meine Augen und meine Nase eintauchen in ein solches Heft und diese ganz besondere „Patina“ auf mich wirken lassen. Also vertraute ich meinem Blog (Tagebuch im Internet) diesen Wunsch an. Mit diesem Ergebnis: Mehr als zehn Leser teilten mir mit, wie sehr sich darüber freuen, sich dank meines Eintrags an die Kinderzeiten mit „Frösi“ erinnern zu können. Aber leider hatte niemand ein Heft, das er mir zur Ansicht leihen könnte. Und jetzt bin ich traurig. HINWEIS Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe sinnwahrend zu bearbeiten. Leserbriefe geben stets die Meinung ihres Verfassers und nicht die der Redaktion wieder. E-Mails müssen die vollständige Adresse enthalten. Anonyme Zuschriften werden grundsätzlich nicht veröffentlicht. Briefkasten Freie Presse, Ressort Chef vom Dienst Postfach 261 09002 Chemnitz. Fax: 0371/656-17041 E-Mail: [email protected] Seite B1 Verfall der Werte muss gestoppt werden Institution in Sachsen zur Untersuchung von Polizistenversagen lässt kaum auf eine angemessene Untersuchung hoffen. Andreas Dreier, Zwickau Nach dem Brandanschlag in Bautzen und den Vorfällen bei der Ankunft von Flüchtlingen in Clausnitz sowie den Reaktionen der Politiker darauf haben uns Leser unter anderem diese Briefe geschickt. Unsere Werte verfallen weiter Die Schlagzeilen erschrecken mich. Sie beweisen, dass rechtsradikale Organisationen die angespannte Lage immer mehr zu ihren Gunsten ausnutzen und einen Mob mobilisieren, der mir Angst macht, weil er offenbar viele Sympathisanten in der Bevölkerung findet. Und diese nennen sich besorgte Bürger, oder „Mehrheit der vernünftigen Menschen“. Nun muss sich diese „Mehrheit“ fragen lassen, ob sie nicht merkt, dass sie benutzt wird, weil sie keine humanistischen oder christlichen Werte mehr besitzt. Menschen in Not zu helfen sollte eigentlich selbstverständlich sein, egal welche Ursachen die Not hat. Denn die Menschen, die ihre Heimat verlassen, sind nicht schuld an den Ursachen. Alle Politiker in diesem Land – vor allem in Sachsen – müssen sich fragen lassen, was sie gegen den Verfall der Werte unternehmen und ob sie nicht sogar Schuld daran haben. Es ist unerträglich, dass Politiker einer Regierungskoalition ihre eigene Politik in Frage stellen. Es ist unerträglich, dass der Vorsitzende einer Partei, die an der Regierung beteiligt ist, in Opposition dazu geht. Horst Seehofer muss sich fragen lassen, ob er mit seiner populistischen Stammtischpolitik die Rechtsextremen nicht gerade dazu einlädt, die Gunst der Stunde zu nutzen und verbalen Widerstand in Taten umzusetzen. Jochen Bonitz, Pleißa Diskussionskultur schwindet Sie warnen, mahnen, distanzieren sich, appellieren, rufen nach Ermittlungen, verurteilen und fordern das seit Monaten, ohne dass sich etwas ändert. Niemand von den Politikern scheint zu der Einsicht zu kommen, dass die Zeit des Verbalisierens vorbei und die des Handelns gekommen ist. Allein sie sind für die Situation verantwortlich und imstande, Lösungen zu finden, eine Aufgabe, für die sie gewählt wurden. Wenn die Polizei bis an die Grenzen ihrer Belastbarkeit eingesetzt wird, weil es zu wenig Polizisten gibt, dann ist die Problematik hausgemacht, weil der Sparwahn dazu geführt hat, dass die Sicherheit der Bürger, einschließlich einreisender Migranten, nicht mehr in vollem Umfang gewährleistet werden kann, weil es dem Staat an Handlungsfähigkeit mangelt. Der Normalbürger hat durchaus nicht den Eindruck, dass der Verfolgungsdruck gegen Brand- Bei dem Feuer in Bautzen geht die Polizei von einem Brandanschlag aus. Erklärungsversuche scheitern Zum Leitartikel „So wird das nichts, Herr Tillich“: Uns gefallen die klaren Worte zum Thema „Willkommenskultur auf Sächsisch“, provoziert durch die bizarren Kommentare des Ministerpräsidenten. Vor dem Hintergrund von Clausnitz, Freital und Heidenau, wo Flüchtlinge vom Mob in Angst und Schrecken versetzt werden, verkommen seine Antworten zu untauglichen Erklärungsversuchen. Längst müsste die Regierung handeln, will sie ernsthaft das Abgleiten Sachsens – besonders der kleinen Kommunen – zum Sinnbild von Fremdenhass und Ausländerfeindlichkeit verhindern. Noch ermöglichen Demokratie und Qualitätsmedien, dass sich Bürger kritisch mit demokratiepolitisch fragwürdigen Auswüchsen auseinandersetzen. Frei nach Karl Valentin: „Demokratie (und Meinungsvielfalt) ist schön, macht aber viel Arbeit. Dagmar/Smoliner, Wittgensdorf Völlig falsches Bild entsteht Verfolgt man die Nachrichten, könnte man zu dem Schluss kommen, Sachsen ist ein einziger brauner Sumpf, in dem nur noch Nazis und Querulanten hausen, die allem Fremden feindlich gegenüberstehen. Die Bürger werden so nicht nur pauschal diffamiert, sondern es wird ein völlig falsches Bild vermittelt. Die Sachsen stehen den Fremden nicht feindlich gegenüber, aber sie hinterfragen die Flüchtlingspolitik kritischer als vielleicht in anderen Regionen. Das hat Ursachen auch in der Geschichte. In Sachsen sind seit jeher Naturwissenschaft und Technik zu Hause (Bergbau, Maschinenbau, Elektrotechnik/Elektronik, Automobilbau). Diese Bereiche haben die Menschen geprägt. Sie sind Klarheit, Exaktheit und rationales Handeln gewöhnt, und sie haben gelernt, die Folgen ihres Handelns zu berücksichtigen. Im Gegensatz dazu stehen nun die wolkigen Aussagen zur Flüchtlingspolitik, die die Bürger nicht mehr als glaubhaft empfinden. Sie wünschen, dass berechtigte Kritik und Sorgen materieller und sozialer Art ernst genommen werden. Mit Schönfärberei und Ignorieren der Probleme und dem Diffamieren Andersdenkender kommt man nicht weiter, sondern treibt die Gesellschaft nur weiter auseinander. Wolfgang Luf, Schönheide Einseitige Stimmungsmache Den Ministerpräsidenten zu kritisieren finde ich geheuchelt, hinterhältig. Das Problem hat nichts mit Sachsen zu tun, sondern sitzt in Berlin und heißt Merkel. Diese einseitige Stimmungsmache lehne ich ab. Jens Wolf, Weißenborn Polizei hat das nicht verdient Zum Bericht „Hat die Polizei in Clausnitz versagt?“: Es ist langsam skandalös, wie Bundespolitiker, in der Regel von SPD, Grünen und Linken, keine Gelegenheit auslassen, über die Polizei herzuziehen. Sie warten keine Untersuchung ab, son- stifter und Überzeugungstäter der rechten Szene besonders groß ist. Wenn demokratische Parteien sich der argumentativen Diskussion mit anderen demokratischen Parteien verweigern, nutzt das nur den Rechten. Wenn es keine Diskussionskultur mehr gibt, sondern nur noch Polarisierung und Stigmatisierung, ist das der Demokratie abträglich. Klaus Pagenkopf, Werdau FOTO: OLIVER KILLIG/DPA dern stellen sofort „Versagen“ fest und fordern „Suspendierung der Einsatzleitung“. Hat die Polizei einen derartig schäbigen Umgang durch die politische Klasse verdient? Nein, niemals. Wie wird sich wohl ein Polizist fühlen, der es bestimmten Teilen der Politik nie recht machen kann? Er wird immer mehr verunsichert, und das ist Gift für das Sicherheitsgefühl aller Bürgerinnen und Bürger. Angesichts des zumindest gefühlten Anwachsens der Kriminalität im Lande, wo viele Menschen sich selbst und ihr Hab und Gut nicht mehr vom Staat geschützt sehen, wäre es vertrauensbildend, wenn der Staat uneingeschränkt zu seiner, unserer Polizei stehen dürfte, ohne Wenn und Aber. Da spielt es keine Rolle, ob Gewalt von Links oder Rechts ausgeht. Wem nützt es denn, wenn verunsicherte Polizisten lieber wegschauen, als eine Anzeige oder interne Ermittlung zu riskieren? Michael Sieber, Limbach-Oberfrohna Viele Fragen bleiben offen Was für eine Polizei ist das in diesem Land? Das Video vom Einsatz der Polizei in Clausnitz berechtigt zu dieser Frage. Wieso war dort kein einziger Polizist bei den Flüchtlingen im Bus und redete mit ihnen? Warum ist dort nur eine schmale Schneise zwischen Bus und Gebäude zu sehen, statt einer breiten, durch die die Asylbewerber sicherer am Mob vorbei ins Gebäude hätten gelangen können? Und überhaupt: Warum wurde der Mob nicht vom Ort des Geschehens weggeschafft? Und die reflexhafte Inschutznahme der Polizei durch den sächsischen Innenminister und das Fehlen einer wirklich unabhängigen staatsanwaltlichen Noch ein Nachteil für diese Frauen Sicher die schönere Messe Zum Beitrag „Warum es kein Happy End für in der DDR geschiedene Frauen gibt“: Zum Bericht „Zu wenig Aussteller: Aus für die Leipziger Automesse AMI“ hat uns dieser Leserbrief erreicht. Die Regierung mag Gründe haben, den Versorgungsausgleich für DDRScheidungen zu verwehren. Die Frauen sind oft mit einem zusätzlichen Nachteil belastet. Sie erhalten für jedes bis 1990 geborene Kind zwei statt drei Renten-Punkte, dies gilt für ganz Deutschland. Für diese Ungerechtigkeit gibt es keine Gründe. Die zwischen 1970 und 1990 Geborenen zahlen heute einen Hauptbeitrag zur Rentenversicherung. Es ist beschämend, dass deren Müttern die gleiche Leistung, die für alle jüngeren Eltern gilt, versagt bleibt. Peter Blaudeck, Neukirchen Ich finde es sehr schade, dass die AMI in Leipzig abgesagt wurde. Mich würde sehr interessieren, warum so viele Aussteller so kurzfristig abgesagt haben. Dafür habe ich kein Verständnis. Ich habe die AMI in den vergangenen Jahren regelmäßig besucht und war immer begeistert. Das liegt neben den Highlights der Messe auch am Ambiente: Die Messehallen sind modern und hell, dank Neue Modelle gibt es 2016 in Leipzig nicht zu sehen. FOTO: HENDRIK SCHMIDT/DPA der verglasten Gänge kommt man auch bei schlechter Witterung bequem von Halle zu Halle, und die Messe bietet, gemessen an der Besucherzahl, großzügige Platzverhältnisse. Insgesamt finde ich das sehr überzeugend, hier kommt man gern wieder. Dagegen gefiel mir die Internationale Automobilausstellung in Frankfurt nicht so sehr: Zu weite Wege, zu verschachtelt, die Messehallen wirkten teilweise dunkel, oft muss man erst ins Außengelände, um in andere Bereiche zu gelangen, und für die Masse an Messebesuchern ist zu wenig Platz. Somit ist die AMI Leipzig zwar die kleinere, aber mit großem Abstand die schönere der beiden großen Automessen. Ich hoffe, es wird in Zukunft wieder eine AMI in Leipzig geben, wenn nicht, wäre das ein großer Verlust. Markus Träumner, Neundorf Vertrauen weiter gesunken Der genaue Überblick über die Anzahl der angekommenen Menschen ist verloren gegangen. Die gefühlte und erlebte Sicherheit in Großstädten bezeichne ich als hochexplosiv. Das Vertrauen in die Politik ist weiter gesunken, denn Handlungsunfähigkeit und ein dauerndes Hin und Her spüren die Wähler. Europa in der Krise, statt Einigkeit droht der Zerfall. Eine Destabilisierung mit dem Kollaps der Sozialsysteme ist zu befürchten. Deutschland wird von der Türkei erpresst, der soziale Frieden ist in höchster Gefahr. Das ist die gegenwärtige Lage. Die Integration überfordert das Land und Europa, da andere Kulturkreise nicht mit Leichtigkeit dem Leben bei uns angepasst werden können. Parallelgesellschaften sind nicht mehr zu vermeiden, die Polizei stößt an Grenzen und befindet sich am Limit. Die Hilfsbereitschaft der Menschen erschöpft sich. Die gelebte Stimmung ist von Angst und Zweifel geprägt. Wolf-Peter Lorenz, Plauen Mittlerweile geht es um mehr Um was geht es? Die Opposition beantragt eine Sondersitzung. Die CDU stellt das als Populismus hin. Dann beantragt die Staatsregierung eine Sondersitzung. Geht es noch um Inhalte, oder wer will der Erste sein? Ich sage: Hört mit dem Parteiengezänk auf. Es gibt doch ein gemeinsames Anliegen, das ist nicht nur das Thema Asyl, es ist mehr. Mittlerweile geht es um Deutschland, um Europa. Da ist das Thema Asyl nur ein Teil davon, wenn auch daran alles aufgehängt wird. Da muss es, bei allen Unterschieden, einen gemeinsamen Nenner geben und keinen Wettbewerb zwischen Parteien und keinen Wahlkampf. Klaus Schäfer, Falkenstein Kanzlerin ist gescheitert Es ist offensichtlich, dass der Kurs der Kanzlerin gescheitert ist. Ihr Beharren auf der Solidarität Europas ist spätestens mit dem Zusammenschluss der Visegrad-Gruppe Illusion. Es ist eben so, die einen geben Geld und üben Solidarität, die anderen nehmen und verweigern sich. Mein Vorschlag: die Überweisungen nach Brüssel auf ein Mindestmaß reduzieren, die Mittel für Flüchtlingsunterkünfte in der Türkei und an Syrien angrenzenden Ländern verwenden. Die Flüchtlingsströme wären überschaubar. Gleichzeitig Grenzkontrollen an der polnischen und tschechischen Grenze verstärken, das würde auch den Autodiebstahl reduzieren. Die unseligen Sanktionen gegen Russland beenden, sie schaden nur der deutschen Wirtschaft, den Rest von Europa kaum. Reiner Michalke, Chemnitz Wie gelangen Tüten in die Weltmeere? Zum Beitrag „Plastiktüten kosten ab April Geld“: Hier ist sicherlich Erklärungsbedarf für die Verbraucher notwendig. Die in der Vergangenheit in den Medien bekannt gegebenen Probleme mit Plastikmüll in unseren Weltmeeren und die damit verbundene Gefährdung der Lebewesen dort ist meines Erachtens nicht nur eine Sache der EU. Wir haben in Deutschland mit dem „Dualem System“ der Entsorgung von Haus- und Industriemüll ein einzigartiges Modell geschaffen. Hat das etwa ein „Loch“ bekommen? Wie denn nun gelangen die Plastiktüten aus Deutschland in die Weltmeere? Kurt Parthum, Hohenstein-Ernstthal
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