5 Kontinuierliche Schwingungssysteme - WWW-Docs for B-TU

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Kontinuierliche Schwingungssysteme
Die bisher betrachteten diskreten Schwingungssysteme bestehen aus konzentrierten massebehafteten Körpern, die an diskreten Stellen über Bindungen gekoppelt sind und damit
über eine endliche Zahl f von unabhängigen Bewegungsfreiheiten verfügen. Diese lassen
sich durch f verallgemeinerte Koordinaten beschreiben. Bei der Modellbildung erhält man
eine dem Freiheitsgrad entsprechende Zahl von gewöhnlichen Differentialgleichungen
zweiter Ordnung, die für kleine Auslenkungen linearisiert werden können. Zusammen mit
Bedingungen für die Anfangslage und -geschwindigkeit bilden sie ein Anfangswertproblem, dessen Lösung sich als Superposition von Eigenlösungen darstellen lässt.
Näherungsweise können damit auch Systeme mit verteilter Massen- und Steifigkeitsbelegung wie elastische Stäbe oder Balken modelliert werden, indem man diese in endliche
Abschnitte diskretisiert, die selbst unverformbar sind und sich relativ zueinander bewegen
können. Die Kopplung erfolgt über geeignete Bindungen und diskrete Steifigkeiten. Eine
solche Modellierung wird umso genauer, je feiner diskretisiert wird, wodurch der Freiheitsgrad f wächst.
Im Grenzübergang f ³ R zu einer exakten Modellierung kontinuierlicher Schwinger sind
die verallgemeinerten Koordinaten durch stetige Verformungsfunktionen in Abhängigkeit
des Ortes und der Zeit zu ersetzen, die gewöhnlichen Differentialgleichungen gehen in partielle Differentialgleichungen bezüglich Ort und Zeit über. Zur eindeutigen Festlegung des
kontinuierlichen Schwingers sind die Anfangsbedingungen für die Verformungsfunktionen
um problemspezifische Randbedingungen zu ergänzen. Typische Vertreter für eindimensionale kontinuierliche Schwinger sind die gespannte Saite, Stäbe mit Längs- und Torsionsschwingungen sowie Balken mit Transversalschwingungen.
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5 Kontinuierliche Schwingungssysteme
5.1 Transversalschwingungen einer Saite
Annahmen
D vorgespanntes, fadenförmiges
Kontinuum (Dichte r, Querschnitt A, Vorspannkraft S)
D biegeschlaff
D Vernachlässigung des Eigengewichts
0
w(x, t)
L
S
x
z
D kleine Auslenkungen w Ơ L
0
Bewegungsgleichungen
Momentaufnahme für einen gegebenen Zeitpunkt t
D Vereinfachung für kleine Auslenkungen
w Ơ L:
wȀ + dw + tan a Ơ 1
dx
å sin a [ a [ wȀ,
cos a [ 1
dx [ dx
dl [ cos
a
D Vernachlässigung der
x-Richtung
..
w+
Verschiebung in
ē 2w(x, t)
ē 2w(x, t)
,
wȀȀ
+
ēt 2
ēx 2
eindimensionale Wellengleichung
..
w + c 2wȀȀ
mit
c+
ǸrAS + Ǹrs
dx
x
w
S
a
a ) da
z
dl
S ) dS
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Anfangsbedingungen
Festlegen der Auslenkung an allen Orten für einen bestimmten Anfangszeitpunkt t + 0
D Lage:
w(x, 0) + w 0(x)
.
0
L
.
S
D Geschwindigkeit: w(x, 0) + w 0(x)
z
Randbedingungen
Festlegen der Auslenkung bzw. Steigung an bestimmten Orten für alle Zeiten
D fester Rand
x
z
D freier Rand
x
z
x
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5.2 Longitudinalschwingungen eines Stabes
Annahmen
D homogener Stab (Dichte r, Querschnitt A, Elastizitätsmodul E)
u(x, t)
0
L
x
D Hooke’sche Gesetz s + Ee
Bewegungsgleichungen
Momentaufnahme für einen gegebenen Zeitpunkt t
u
N ) dN
N
dx
..
u+
ē 2u(x, t)
ē 2u(x, t)
,
uȀȀ
+
ēt 2
ēx 2
eindimensionale Wellengleichung
..
u + c 2uȀȀ
c+
mit
ǸEr
Anfangsbedingungen
D Lage:
u(x, 0) + u 0(x)
D Geschwindigkeit:
u(x, 0) + u 0(x)
Randbedingungen
D fester Rand
D freier Rand
.
.
u ) du
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5.3 Torsionsschwingungen eines Rundstabes
Annahmen
D homogener Stab (Dichte r, Querschnitt A, polares Flächenträgheitsmoment I p, Schubmodul G)
ö(x, t)
L
x
D Hooke’sche Gesetz t + Gg
Bewegungsgleichungen
Momentaufnahme für einen gegebenen Zeitpunkt t
ö
M
dx
dö
..
ö+
ē 2ö(x, t)
ē 2ö(x, t)
,
öȀȀ
+
ēt 2
ēx 2
eindimensionale Wellengleichung
..
ö + c 2öȀȀ
c+
mit
ǸGr
Anfangsbedingungen
D Lage:
ö(x, 0) + ö 0(x)
D Geschwindigkeit:
ö(x, 0) + ö 0(x)
Randbedingungen
D fester Rand
D freier Rand
.
.
M ) dM
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5.4 Biegeschwingungen eines Balkens
Annahmen
D schlanker Balken h Ơ L (Dichte r,
Querschnitt A, axiales Flächenträgheitsmoment I, Elastizitätsmodul E)
0
D Vernachlässigung der Schubverformung (Euler-Bernoulli-Balken)
L
w(x, t)
x
z
D Vernachlässigung des Eigengewichts
D kleine Auslenkungen w Ơ L
Bewegungsgleichungen
0
Momentaufnahme für einen gegebenen Zeitpunkt t
D Vereinfachung für kleine Auslenkungen
w Ơ L:
wȀ + dw + tan a Ơ 1
dx
å cos a [ 1
dl [ dx
D Vernachlässigung des Massenträgheitsmoments
..
w+
ē 2w(x, t)
ē 4w(x, t)
IV
,
w
+
ēt 2
ēx 4
..
w ) EI wIV + 0
rA
dx
a
Q
M ) dM
z
M
x
w
dl
Q ) dQ
a ) da
5 Kontinuierliche Schwingungssysteme
Anfangsbedingungen
D Lage:
w(x, 0) + w 0(x)
D Geschwindigkeit:
w(x, 0) + w 0(x)
Randbedingungen
D feste Einspannung
D gelenkige Lagerung
D freier Rand
.
.
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