SWR2 Tagesgespräch

SÜDWESTRUNDFUNK
Anstalt des öffentlichen Rechts
Radio  Fernsehen  Internet
PRESSE Information
Chefredaktion Hörfunk
Zentrale Information
SWR Tagesgespräch
Postadresse 76522 Baden-Baden
Hausadresse Hans-Bredow-Straße
76530 Baden-Baden
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
nachfolgend bieten wir Ihnen eine Meldung an.
Lorenz Caffier (CDU), Innenminister MecklenburgTelefon
Vorpommern, gab heute, 01.03.16,
Telefax
dem Südwestrundfunk ein Interview zum Thema:
„Auftakt mündliches NPD-Verbotsverfahren in Karlsruhe.“ Internet
Das „SWR2 Tagesgespräch“ führte Rudolf Geissler.
Mit freundlichen Grüßen
Zentrale Information
Datum:
07221/929-23981
07221/929-22050
www.swr2.de
01.03.2016
Caffier fordert von der AfD Abgrenzung von der NPD
Baden-Baden: Der Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern, Lorenz Caffier (CDU), ist
wegen Kontakten zwischen NPD und der rechtspopulistischen AfD besorgt. Im
Südwestrundfunk (SWR) sagte Caffier, immer wieder sei festzustellen, dass NPD-Funktionäre
auf Veranstaltungen der AfD "an vorderster Front" aufträten und dort versuchten,
"meinungsbildend tätig zu sein". Umgekehrt seien einzelne Vertreter der AfD mit so "radikalem
Auftreten unterwegs", dass diese Partei dringend aufgerufen sei, ihr Verhältnis zum
Rechtsextremismus zu klären" und sich von der NPD abzugrenzen. Andernfalls laufe sie
Gefahr, in Zukunft ebenfalls "zum Objekt des Verfassungsschutzes" zu werden.
Wortlaut des Live-Gesprächs:
Geissler: Einen ersten Versuch, die NPD zu verbieten gab es 2003. Der ist aus formalen
Gründen gescheitert, denn an der Spitze der NPD gab es damals noch V-Leute des
Verfassungsschutzes, und da haben die Richter im Grunde gesagt, solange die dort
sitzen und mitwirken, können wir nicht zweifelsfrei klären, wem jetzt welche braune
Propaganda anzulasten ist. Was macht Sie so sicher, dass das jetzt nicht wieder
passieren kann?
Caffier: Ich glaube, wir haben aus den Erfahrungen von 2003 gelernt. Wir haben vom
Bundesverfassungsgericht ganz klar ins Stammbuch geschrieben, worauf wir achten müssen,
sollten wir nochmal einen Anlauf nehmen. Wir haben uns vor geraumer Zeit entschieden, dies
zu tun und dementsprechend auch uns so vorbereitet auch durch die Testierung durch alle
Minister und Senatoren, dass wir genau diesen Fehler nicht wieder begehen werden.
Geissler: Der Anwalt der NPD hat immerhin einen Knaller angekündigt für die
Verhandlung heute, eine große Überraschung. Im Berliner Tagesspiegel wurde
spekuliert, dass da vielleicht doch noch jemand als V-Mann geoutet wird. Ist das
ausgeschlossen aus ihrer Sicht?
Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD)
Caffier: An Spekulationen beteiligen wir uns nicht. Wir haben klar vorgeschrieben gekriegt, auf
was wir achten müssen, und das haben wir gleichermaßen alle als Länder auch getan.
Geissler: Der aktuelle Verbotsantrag wurde 2013 eingereicht und eigentlich ließe sich ja
vermuten, eine Partei über der so ein Damoklesschwert schwebt die wird eher mal eine
Zeit lang Kreide fressen als sich hier jetzt besonders in Hetze zu ergehen. Wie ist das,
beobachten sie da eine Veränderung, oder läuft das wie gehabt?
Caffier: Einerseits beobachtet man natürlich eine Veränderung insbesondere in der Frage des
kämpferisch aggressiven Auftretens, dass die NPD sich versucht, ein wenig zurückzunehmen,
weil klar ist, wir gehen nochmals vor das Verfassungsgericht und haben uns auch
dementsprechend vorbereitet. Andererseits ist sie gerade auch an vorderster Front mit
handelnden Personen bei den Ausschreitungen oder bei den Äußerungen gegenüber
Fremdenfeindlichkeit, gegenüber Ausländern, gegenüber Asylunterkünften die wir schaffen,
immer wieder mit dabei bei den Demonstrationen. Sie ist mit fremdenfeindlichen Äußerungen
im Landtag ganz vorneweg. Sie diffamiert viele anders Denkende. Sie zeigt immer wieder ihr
tägliches Gesicht. Einerseits versucht sie, sich etwas zurückzuhalten, andererseits kann sie ihre
Herkunft nicht leugnen.
Geissler: Dann könnte die NPD aber heute ins Feld führen, dass etliche ihrer
widerwärtigen Kampfbegriffe wie Volksverräter, Asylbetrüger längst nicht mehr nur ihre
Alleinstellungsmerkmale sind, sondern das gehört inzwischen zum Vokabular bei den
Pegida-Aufmärschen, bei der AfD sowieso. Die gilt sogar nur als rechtspopulistisch,
obwohl ihre Anführerin ja vom Schießbefehl spricht. Ist also die NPD mit ihren gerade
mal 5.000 Gefolgsleuten tatsächlich diesen Aufwand wert?
Caffier: Ja, in jedem Fall, denn nicht nur das Auftreten alleine, auch die Versuche
Andersdenkende einzuschüchtern, auch das Auftreten, das kämpferisch-aggressive Auftreten,
das Versuchen der Veränderung der Gesellschaftsordnung, die Ankündigung „wir werden mit
euch abrechnen, wenn der Tag gekommen ist“ etc., zeigt ganz deutlich, dass wir als
Demokraten auch Stärke zeigen müssen. Ich glaube, wir können der Bevölkerung relativ
schlecht erklären, wieso wir auf der einen Seite uns alle einig sind, dass die NPD eine
verfassungsfeindliche Partei ist und auch Beobachtungsobjekt, und auf der anderen Seite sie in
Millionenbeträge mit Steuergeldern subventioniert wird. Auch dieser Widerspruch muss einmal
geklärt werden, und insofern finde ich die Entscheidung, die die Länder getroffen haben,
grundsätzlich für richtig und habe da jetzt auch in den letzten zehn Jahre sehr intensiv mit
zugearbeitet, um dementsprechend auch die Voraussetzung zu schaffen.
Geissler: Erwarten Sie denn einen Mehrwert aus diesem Verfahren, auch für die
Auseinandersetzung etwa mit Radikalen von der AfD? Die Sendung Report berichtet
gestern, dass NPD und AfD zumindest in Wismar in Mecklenburg-Vorpommern ihre
Fühler zueinander ausstrecken.
Caffier: Wir stellen natürlich immer wieder fest, dass einzelne NPD-Funktionäre auch bei
Veranstaltungen der AfD an vorderster Front auftreten, beziehungsweise dort versuchen,
meinungsbildend tätig zu sein. Die AfD ist in jedem Fall dringend aufgerufen, ihr Verhältnis zum
Rechtsextremismus zu klären, ansonsten läuft sie in der Tat Gefahr, dass sie selbst mal zum
Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes wird. Denn es ist schon sehr deutlich
festzustellen, mit welchem radikalen Auftreten einzelne Vertreter der AfD unterwegs sind und
deswegen ist eine klare Klärung ihrer eigenen Position dringend notwendig und auch eine ganz
klare Abgrenzung zum Rechtsextremismus. Auch das können wir in den letzten Wochen und
Monaten in der Form bisher nicht feststellen.
Geissler: Zwei Drittel der Deutschen haben Sie auf ihrer Seite, Herr Caffier, sind für ein
Verbot der NPD, aber genau so viele ebenfalls zwei Drittel sehen auch Risiken, dass
nämlich die Mitglieder dann in den Untergrund gehen, sich radikalisieren oder gar zu
Terroristen werden. Wie schwer wiegt denn dieses Risiko für sie?
Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD)
Caffier: Mit einem Verbot, mit einem möglichen Verbot ist ja die Frage der Auseinandersetzung
mit dem Rechtsextremismus nicht beendet, im Gegenteil. Zivilgesellschaft aber auch die
Verfassungsschutzbehörden, die Sicherheitsbehörden in Gänze, sind auch weiterhin
aufgerufen, Beobachtungsobjekte vorzunehmen, andersrum zu sehen, wie erfolgt die
Vernetzung der Kameradschaften, welche Aktivitäten werden unternommen, um auch weiterhin
Hass und Unfrieden zu erzeugen. Deswegen wird uns die Auseinandersetzung weiterhin
verfolgen, ob jetzt offen oder im Untergrund, das ist vollkommen dahingestellt, aber wir würden
Strukturen der NPD erheblich zerstören, wir würden Finanzströme erheblich zerstören, wir
würden das öffentliche Auftreten im öffentlichen Raum von NPD als „Kümmerer“, die Versuche
mit Hetze zu unterwandern.
- Ende Wortlaut -
Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD)