Diese Wirtschaft tötet (Papst Franziskus) und verletzt die Menschenrechte. Für eine Ökonomie des Lebens Wuppertal, 24.2.2016 Prof. Dr. Franz Segbers Universität Marburg 2 1. These: Es gibt auf der Ebene der Beschlüsse des Ökumenischen Rates der Kirchen und der Verlautbarungen des Papstes eine klare gemeinsame Übereinstimmung in der Ablehnung des neoliberalen destruktiven Kapitalismus. Kapitalismus ist eine Religion – eine zerstörerische Religion wie der religiöse Fundamentalismus, den der Westen hauptsächlich im fundamentalistischen Islam ausmacht. 3 „In diesem Zusammenhang verteidigen einige noch die „Überlauf“-Theorien (trickle-down theories), die davon ausgehen, dass jedes vom freien Markt begünstigte Wirtschaftswachstum von sich aus eine größere Gleichheit und soziale Einbindung in der Welt hervorzurufen vermag. Diese Ansicht, die nie von den Fakten bestätigt wurde, drückt ein undifferenziertes, naives Vertrauen auf die Güte derer aus, die die wirtschaftliche Macht in Händen halten, wie auch auf die sakralisierten Mechanismen des herrschenden Wirtschaftssystems. Inzwischen warten die Ausgeschlossenen weiter“ (EG). 4 „Dem Ökosystem werden Schäden zugefügt, die vielleicht irreversibel sind. Die Erde, die Völker und die einzelnen Menschen werden auf fast barbarische Weise gezüchtigt. Und hinter so viel Schmerz, so viel Tod und Zerstörung riecht man den Gestank dessen, was Basilius von Cäsarea den "Mist des Teufels" nannte. Das hemmungslose Streben nach Geld, das regiert. Der Dienst am Gemeinwohl wird außer Acht gelassen. Wenn das Kapital sich in einen Götzen verwandelt und die Optionen der Menschen bestimmt, wenn die Geldgier das ganze sozioökonomische System bevormundet, zerrüttet es die Gesellschaft, verwirft es den Menschen, macht ihn zum Sklaven, zerstört die Brüderlichkeit unter den Menschen, bringt Völker gegeneinander auf und gefährdet - wie wir sehen - dieses unser gemeinsames Haus. Ich möchte mich nicht damit aufhalten, die üblen Auswirkungen dieser subtilen Diktatur zu beschreiben - ihr kennt sie.“ Papst Franziskus, 9. Juli vor 2015 Mitgliedern sozialer Bewegungen im bolivianischen Santa Cruz 5 „Die erste Aufgabe ist, die Wirtschaft in den Dienst der Völker zu stellen: Die Menschen und die Natur dürfen nicht im Dienst des Geldes stehen. Wir sagen Nein zu einer Wirtschaft der Ausschließung und der sozialen Ungerechtigkeit, wo das Geld regiert, anstatt zu dienen. Diese Wirtschaft tötet. Diese Wirtschaft schließt aus. Diese Wirtschaft zerstört die Mutter Erde. „ Papst Franziskus, 9. Juli vor 2015 Mitgliedern sozialer Bewegungen im bolivianischen Santa Cruz 6 2.These: Die Lebens- und Arbeitsbedingungen von Millionen Menschen wären anders, würden die Menschenrechte beachtet. Sie sind die Bedingung für die Möglichkeit einer alternativen und zukunftsfähigen Gesellschaft. 7 „Es existiert ein System mit anderen Zielen. Ein System, das trotz der unverantwortlichen Beschleunigung der Produktionsrhythmen, trotz der Einführung von Methoden in Industrie und Landwirtschaft, welche um der "Produktivität" willen die Mutter Erde schädigen, weiterhin Milliarden unserer Brüder und Schwestern die elementarsten wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte verweigert.“ Papst Franziskus, 9. Juli vor 2015 Mitgliedern sozialer Bewegungen im bolivianischen Santa Cruz 8 9 3.These: Auch heute werden die Rechte der Menschen immer noch verletzt, während die Rechte der Unternehmen rechtlich geschützt sind. Es findet im Neoliberalismus eine Umkehrung der Menschenrechte stat. 10 4.These: Soziale Menschenrechte sind eine Antwort auf die Große Krise des Kapitalismus 11 Die sozialen Menschenrechte AEMR, IPswkR • • • • • • • • • ein Recht auf Arbeit (Art. 23 AEMR, Art. 6 IPwskR), ein Recht auf angemessene Lebensstandard und angemessene Entlohnung und beruflichen Zusammenschluss (Art. 23 AEMR; Art. 11 IPwskR), ein Recht auf Erholung (Art. 24), das Recht auf soziale Sicherheit bei Arbeitslosigkeit, Krankheit, Invalidität (Art. 22; 25, Art. 9 IPwskR) Recht auf Gesundheit (Art. 12 IPwskR) Recht auf Wohnung (Art. 11 IPwskR) Recht auf Nahrung (Art. 11 IPwskR) Recht auf Bildung (Art. 13 IPwskR) Recht auf Wasser (Art. 11 und 12 IPwskR) Artikel 28 „Anspruch auf eine soziale und internationale Ordnung, in welcher die in der vorliegenden Erklärung angeführten Rechte und Freiheiten voll verwirklicht werden können.“ 12 Drei Pflichtenebenen des Staates mit unterschiedlichen Inhalten Achtungspflicht Schutzpflicht Erfüllungspflicht • allen Mitgliedern einer Gesellschaft den gleichen Zugang zu sozialen Rechten • verhindert, dass Drite verhindern, dass jemand das Recht auf soziale Sicherheit nehmen könnte • Maßnahmen ergreift, dass das Recht auf soziale Sicherheit voll realisiert wird 13 5.These: Menschen haben - ein Recht auf Arbeit, - Rechte in der Arbeit und - Rechte durch Arbeit. 14 1944: Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation in Philadelphia 1. Respekt vor der Arbeit („Arbeit ist keine Ware“), kollektive Freiheit (Vereinigungsfreiheit in Gewerkschaften als Voraussetzung für sozialen Fortschritt), 2. Solidarität („Armut, wo immer sie besteht, gefährdet den Wohlstand aller“), 3. soziale Demokratie: Gerechtigkeit als „Hauptziel innerstaatlicher und internationale Ordnung“ und 4. Menschenwürde Grundlage und Ziel aller gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Ordnungen. 5. Anerkennung der Würde eines jeden unabhängig von seiner sozialen Stellung und der Gedanke des moralischen Universalismus. 15 Rechte in der Arbeit 16 6. These: Menschenrecht auf eine Ökonomie, die dem Leben dient „Das Komitee erkennt an, dass die Liberalisierung des Handels Wohlstand schaffen kann, ist sich aber auch bewusst, dass Liberalisierung von Handel, Investitionen und Finanzen nicht notwendiger-weise auch zu einem günstigen Umfeld für die Realisierung der ökonomischen, sozialen und kulturellen Rechte führt. Liberalisierung des Handels muss als Instrument nicht als Ziel verstanden werden. Der Zweck, dem die Liberalisierung des Handels dienen solle, ist die Wohlfahrt der Menschen, ein Ziel, dem die internationalen Menschenrechtsinstrumente rechtliche Form verleihen.“ UN Komitee für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte 1999 17 18 19
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