Inhalte der Plenarveranstaltungen

Programm - Plenarveranstaltungen
Mittwoch, 16.03.2016
18:00 – 19:30 Uhr
Feierliche Kongresseröffnung
H. Gündel (Ulm)
10:30 – 13:30 Uhr
Carus Lecture
Der Blick auf Kriege und militärische Konflikte ist stark von den Werten und Normen unserer
Friedensgesellschaft dominiert. Extreme Gewalt wird daher vielfach als abnormes Verhalten angesehen.
Entsprechend ratlos stehen wir oftmals vor den Erzählungen von Frontsoldaten, ihren Berichten, die nicht
nur von Angst und Furcht, sondern auch von Spaß und Freude am Kämpfen und Töten zeugen. Der
Historiker Sönke Neitzel präsentiert auf Grundlage tausender abgehörter Gespräche eine komplexe
Innenansicht des Krieges. Er rekonstruiert das Beziehungsgeflecht der Soldaten zu ihren Kameraden, zu
den Gegnern aber auch zur Familie in der Heimat und fragt danach, was wir heute von dieser
historischen Beziehungs- und Erfahrungswelt lernen können.
S. Neitzel (London, UK)
Donnerstag, 17.03.2016
08:30 – 09:45 Uhr
This talk will cover three main areas. First the evidence base for psychological treatments for people with
persistent physical symptoms will be reviewed, with a focus upon high quality systematic reviews and
critical reviews . Second, the competencies required to deliver such treatments will be discussed in the
context of a competency framework developed by the University College London. The competencies
required for cognitive behavioural therapy will be contrasted with those for psychodynamic therapy.
Third, there will be an overview of the presenter's own work in this field, which includes several
randomised controlled trials of psychological treatment in people with persistent physical symptoms.
E. Guthrie (Manchester, UK)
Hintergrund: Somatoforme Störungen verursachen eine Belastung des Gesundheitssystems mit hohen
Kosten, die vergleichbar sind mit denen von Angststörungen und depressiven Erkrankungen. Gleichzeitig
bleiben Potentiale für Früherkennung und Frühbehandlung von somatoformen Störungen zum Nachteil
der Betroffenen weitgehend ungenutzt. Nur wenige Studien haben komplexe, gestufte, vernetzte oder
interdisziplinäre Versorgungsmodelle für somatoforme Störungen evaluiert.
Fragestellungen: In dem Beitrag wird folgenden Fragestellungen nachgegangen: Was ist der Status quo
bei der Versorgung von somatoformen Störungen? Welche Effekte haben „einfache“ Interventionen?
Welche Effekte haben „komplexe“ Interventionen? Was kann durch „komplexe Interventionen“ erreicht
werden, was nicht? Welche Rolle spielt eine Komorbidität mit depressiven Störungen oder
Angststörungen? Welche Barrieren in der Versorgung somatoformer Störungen gibt es? Was ist
notwendig für die zukünftige Versorgung von somatoformen Störungen?
Methode und Ergebnisse: Im Rahmen der BMBF-geförderten Ausschreibung „Gesundheitsregionen der
Zukunft“ wurden in den Jahren 2011 bis 2015 in Hamburg Gesundheitsnetze zur Optimierung der
Versorgung psychischer Störungen aufgebaut; eines davon mit dem Fokus auf somatoforme und
funktionelle Störungen (Sofu-Net). Bestandteile der komplexen Sofu-Net-Intervention waren AwarenessKampagnen, Maßnahmen zur Früherkennung, Frühbehandlung und Steigerung der Behandlungsqualität,
interdisziplinäre Vernetzung und der Aufbau von Behandlungspfaden. Neben den Ergebnissen der SofuNet Studie werden Ergebnisse aus anderen internationalen und nationalen Studien zur Beantwortung der
Fragestellungen herangezogen.
Diskussion: Somatoforme Störungen bleiben eine Herausforderung in der Versorgung. Die jetzt
vorliegenden empirischen Ergebnisse zur interdisziplinären, vernetzten und gestuften Versorgung
somatoformer Störungen eröffnen aber aussichtsreiche Ansatzpunkte für eine frühere und erfolgreichere
Behandlung von Patienten mit somatoformen Störungen.
B. Löwe (Hamburg)
10:00 – 11:30 Uhr
Behavior in mammals is strongly influenced by environmental factors, particularly when experienced
during early postnatal life. While positive factors can favor proper behavioral responses, negative factors
such as traumatic events can alter behavior and induce diseases like borderline personality disorder,
bipolar depression and antisocial behaviors. Such disorders are usually marked in the individuals directly
exposed but can affect their offspring sometimes across several generations. The biological mechanisms
responsible for the transmission of trauma-induced symptoms from parent to offspring are thought to
involve non-genetic mechanisms. This talk will present an experimental model of early traumatic stress in
mice and show evidence for the implication of non-genetic mechanisms in the expression and inheritance
of the impact of such trauma. This mouse model exhibits altered social behaviors, depressive-like
symptoms, cognitive deficits, and impaired glucose regulation in adulthood. The symptoms are
pronounced and persist throughout life, but are also transmitted to the following offspring across several
generations, through both females and males. They are associated with epigenetic alterations involving
persistent changes in DNA methylation at the promoter-associated CpG island of several genes, in the
brain of the offspring and the germline of their father. Further to DNA methylation, other non-genetic
mechanisms involving regulation by non-coding RNAs and histone posttranslational modifications are
also involved. These findings suggest that non-genetic processes largely contribute to the impact of
negative environmental factors in early life on adult behavior, and its inheritance.
I. Mansuy (Zurich, CH)
Während die Erlebnisgeneration des II. Weltkrieges, insbesondere der damals erwachsene
Bevölkerungsanteil incl. der psychosozial nahezu unbeforscht gebliebenen Veteranen, ganz überwiegend
verstorben ist, wendet sich der gesellschaftliche Diskurs nun dem Thema der transgenerationalen
Belastung zu. Bei diesem „Erbe“ handelt es sich um ein überkomplex bedingtes Phänomen, zu dessen
Erforschung verschiedenste Teildisziplinen (so beispielsweise Psychoanalyse, Soziologie,
Entwicklungspsychologie, Bindungsforschung, Neurobiologie u.a.m.) beigetragen haben. Die z.T. sehr
spannenden und wichtigen Ergebnisse einzelner Disziplinen (beispielsweise der Epigenetik) bleiben
bislang im Gesamtbild trotzdem noch bruchstückhaft; die Formulierung eines übergeordneten
Rahmenmodells sollte Ziel künftiger, transdisziplinär ausgerichteter Forschungsbemühungen sein.
P. Kuwert (Greifswald)
Zahlreiche Familien sind von Auflösung bedroht: Mindestens 40% der Ehen werden zukünftig in
Scheidung enden, viele Partnerschaften sind durch chronische Konflikte und Krisen gekennzeichnet. Im
Vortrag soll der aktuelle Forschungsstand zur kognitiv-verhaltenstherapeutischen Paartherapie dargestellt
werden. Außerdem wird am Beispiel von Patienten mit Depression, Zwangsstörungen und Anorexia
nervosa aufgezeigt, wie die Einbeziehung von Partnern in die Individualpsychotherapie die Wirksamkeit
der Interventionen erheblich steigern kann. Abschließend werden Ansätze zur Prävention von
Beziehungsstörungen dargestellt und Ergebnisse von drei Langzeitstudien mit Katamnesen von 11 bis 25
Jahren referiert, die zeigen, dass die Scheidungsrate deutlich gesenkt werden kann.
K. Hahlweg (Braunschweig)
Freitag, 18.03.2016
08:30 – 09:45 Uhr
Das Erleben traumatischer Ereignisse kann zur Entwicklung von Traumafolgestörungen wie
Posttraumatische Belastungsstörung und Depression führen. Dabei besteht eine Dosis-WirkungsBeziehung: je mehr Ereignisse erlebt wurden, desto höher das Risiko, eine psychische Störung zu
entwickeln. Nicht nur auf der Ebene unseres Gehirns bildet sich ein neuronales Furchtnetzwerk aus, auch
auf der Ebene unseres Körpers hinterlassen traumatische Ereignisse biomolekularen Spuren.
Psychischer und traumatischer Stress führen vermutlich zu oxidativem Stress, der in einem sich selbst
verstärkenden Kreislauf zu einer Produktion von reaktiven Sauerstoff- und Stickstoffspezies führt. Dies
schädigt die DNA unserer Zellen und führt zu einem erhöhten proinflammatorischen Zustand. In der Tat
finden sich bei Personen mit traumatischen Lebensereignissen und Traumafolgestörungen mehr
Proinflammation und DNA-Schäden in den Zellen des Immunsystems. Des Weiteren finden sich Hinweise
auf vorzeitige Alterungsprozesse des Immunsystems wie beispielsweise eine Verkürzung der Telomere
und charakteristische Veränderungen in den T-Zell-Subpopulationen, was zu einem vorzeitigen Beginn
altersbedingter Erkrankungen beitragen kann. Trauma-spezifische Psychotherapien, wie Narrative
Expositionstherapie, können Posttraumatische Belastungsstörung effektiv behandeln und wirken bis auf
die molekulare Ebene, bspw. in dem sie zur Normalisierung von Veränderungen in den T-ZellSubpopulationen sowie zur Verminderung von DNA-Schäden führen. Diese Befunde sprechen für die
Notwendigkeit einer zeitnahen Versorgung mit Psychotherapie, um einem vorzeitigen Beginn
altersassoziierter Erkrankungen wie Autoimmunerkrankungen, Diabetes, ischämische Herzerkrankungen
sowie unter Umständen auch Krebs vorzubeugen.
I.-T. Kolassa (Ulm)
Relationships between genes and social behavior have historically been viewed as a one-way street, with
genes in control. Recent analyses have challenged this view by discovering broad alterations in the
expression of human genes as a function of differing socio-environmental conditions. This talk
summarizes the developing field of human social genomics, and its efforts to identity the types of genes
that are subject to social regulation, the biological signaling pathways that mediate these effects, and the
genetic polymorphisms that moderate their impact on individuals. These findings provide a concrete
molecular framework for understanding how external social and cultural processes interact with the
human genome to shape the molecular physiology of our bodies and our personal health and
developmental trajectories.
S. Cole (Los Angeles, USA)
10:00 – 11:30 Uhr
Zwischenmenschliche Beziehungen spielen für den Menschen eine zentrale Rolle. Defizite in der
Beziehungsfähigkeit gehen häufig mit tiefgreifenden Störungen einher, welche in der Regel schwierig
behandelbar sind.
Tierexperimentelle Studien konnten zeigen, dass Neuropeptidhormone neben den bekannten
physiologischen Funktionen ausgeprägte Verhaltenseffekte im Gehirn induzieren (Donaldson & Young,
2008). Das Neuropeptid Oxytocin ist bei Säugetieren über die etablierte Rolle für Geburt und Stillen
hinaus entscheidend an der Steuerung sozialen Bindungsverhaltens (z.B. Mutter-Kind-Bindung,
Paarbindung) beteiligt (Heinrichs et al., 2009). Der Referent konnte in einer Reihe von Studien erstmals
zeigen, dass auch beim Menschen bindungs- und sozialrelevantes Verhalten wie Vertrauen, Blickkontakt
und soziale Annäherung durch Oxytocin reguliert wird. Außerdem bewirkt Oxytocin eine Kontrolle angstund stressreaktiver biologischer Systeme, welches wiederum die Annäherungsfähigkeit verbessert (Chen
et al., 2011; Heinrichs et al., 2013a; Heinrichs et al., 2013b; Kanat et al., 2014; Kumsta & Heinrichs, 2013;
Meyer-Lindenberg et al., 2011).
Der Vortrag bietet einen Überblick über den Stand unseres Wissens beim Menschen und beleuchtet die
neurobiologischen Mechanismen menschlichen Sozialverhalten. Darüber hinaus widmet sich der Vortrag
auch den translationalen Perspektiven für eine klinische Relevanz des Oxytocinsystems bei der
Diagnostik und Therapie psychischer Störungen mit sozialen Defiziten („psychobiologische Therapie“).
M. Heinrichs (Freiburg)
Mindfulness is defined as “intentional, non-judgmental awareness of the present moment” (Jon-Kabat
Zinn, 1996). It was introduced in health care by Jon Kabat Zinn as Mindfulness Based Stress Reduction
(MBSR), an 8-weeks, group-based training for patients with chronic somatic or psychological conditions.
Zindal Segal, Mark William & Jon Teasdale (2015) adapted this format for patients with recurrent
depression: Mindfulness Based Cognitive Therapy (MBCT).
Over the last 15 years, research on both MBSR and MBCT has been growing rapidly. A recent metaanalysis of 209 studies in both clinical and non-clinical populations demonstrated that mindfulness-based
interventions result in a reduction of anxiety and depressive symptoms (Khoury et al., 2013). At the
Radboud Centre for Mindfulness, we have been conducting trials of MBCT and compassion training in
patients with recurrent depression, a trial of MBCT in frequent attenders with medically unexplained
physical symptoms in primary care and several trials of MBSR in cancer patients and their partners. In the
keynote, the training format of both MBSR and MBCT will be discussed and demonstrated and the results
of their effectiveness and working mechanism in patients with recurrent depression, unexplained physical
symptom and cancer will be presented.
A. Speckens (Nijmegen, NLD)
M. Beutel (Mainz)
17:15 – 18:00 Uhr
Preisverleihung
18:00 – 19:00 Uhr
Ascona Lecture
I.D. Yalom (Palo Alto, USA) - Live-Videoschaltung