Kirche und Stadt bauen gemeinsam

Kirche und Stadt bauen
gemeinsam
schwarzem Talar den Vorgarten des
Der Zustand der grau verputzten Häu-
künftigen
betrat,
ser kommt indes nicht von ungefähr.
begannen just die Glocken der benach-
Letztmalig habe die Kirchgemeinde in
Gestern begann die Sanierung der Predigerhäuser gegenüber der
Großenhainer Marienkirche. Mit Überraschungen.
barten Großenhainer Marienkirche zu
Eigenleistung in den 1970er Jahren ver-
läuten. Keineswegs unangebracht, Be-
sucht,
gründeten sie gewissermaßen laut ver-
„Schandflecke“ geltenden Gebäude not-
nehmlich jenen Neubeginn, auf den
dürftig zu modernisieren. Seitdem wur-
nicht nur die Kirchgemeinde bereits seit
de hier und da mal etwas Farbe an die
Jahrzehnten gewartet hat. Denn endlich
Wände gebracht – zum ganz großen
werden die maroden Priesterhäuser am
Wurf habe es aber nie gereicht.
Von Catharina Karlshaus
Gemeindezentrums
die
als
„Bruchbuden“
und
Kirchplatz 5 und 6 saniert. Endlich wer-
Ein leeres Album als Bautagebuch – mit
OB-Widmung – bekam Pfarrer Pohl von
Angelika Stieler vom Stadtbauamt als Geschenk zum Baubeginn des neuen Gemeindezentrums.Foto: Brühl
Die Inszenierung war perfekt. Als Pfarrer Dietmar Pohl gestern Morgen in
den ein baulicher Missstand in der In-
Richtig von sich Reden machten die ge-
nenstadt 25 Jahre nach der politischen
schichtsträchtigen Häuser jedoch in den
Wende beseitigt und neue Räumlichkei-
vergangenen zwei Jahren. Während die
ten für die Kirche geschaffen. „Ich kann
Marienkirchgemeinde
mich noch gut daran erinnern, als ich
nach neuen Räumlichkeiten und einer
die Häuser, in denen sich die Junge
finanziell günstigen Lösung für den Ab-
Gemeinde trifft, der Konfirmandenun-
riss plädierte, lehnte die Untere Denk-
terricht und die Christenlehre stattfin-
malschutzbehörde
den, das erste Mal betreten habe. Räu-
Immerhin: Die beiden Predigerhäuser
me in einem so schlimmen Zustand hat-
gelten als wichtige bauliche Zeugnisse
te ich wirklich noch nicht gesehen. Und
für die barocke Bürgerhausarchitektur
das will etwas heißen, denn ich komme
um 1750. Errichtet nach dem verhee-
schließlich aus der ehemaligen DDR“,
renden Stadtbrand von 1744, wurden
bekannte Dietmar Pohl.
sie als Wohnsitze für Pfarrer und ande-
auf
das
der
Suche
Ansinnen
ab.
res kirchliches Personal errichtet. Weil
auch
das
Dresdner
Landesamt
für
Denkmalschutz
einen
gleichlautenden
Bescheid erteilte, wurde in der Angele-
Mitwirkung an der Sanierung der histo-
noch, und wir müssen abwarten, was
rischen Häuser aus.
jeder Bauabschnitt bringt“, so Held.
genheit schließlich das Innenministerium angerufen. Als Oberste Denkmal-
Eine Sanierung, mit der gestern nun
schutzbehörde
Behörde
offiziell begonnen worden ist und die
dann aber doch nicht mehr tätig wer-
vielleicht noch einige Überraschungen
den,
die
bereithalten könnte. Laut Jürgen Held
Großenhainer Marienkirchgemeinde für
vom beauftragten Dresdner Architek-
den Erhalt des Ensembles entschieden
turbüro Schaufel wisse man noch nicht,
hatte. Allerdings: Gab es hier endlich
was
Einvernehmen, entbrannte im Herbst
schlummere. In der nächsten Woche
2014 nun eine Debatte darum, weshalb
werde auf jeden Fall zunächst damit
sich die Stadt mit 265 000 Euro aus
begonnen, die Gebäude im Hinterhof
Fördertöpfen am insgesamt 1,67 Millio-
abzutragen. Ähnlich wie im städtischen
nen Euro-Projekt beteilige. Hauptargu-
Quartier „IV“ könnte dann das Eine oder
ment der Kritiker um Stadtrat Kai-Uwe
Andere zutage treten und vielleicht ar-
Schwokowski war dabei vor allem, dass
chitektonische Grabungen nötig werden.
Großenhain doch ausreichend Veran-
Bis Ende 2016 werden die zwei Häuser
staltungsräume besitze. Eine Beteili-
selbst
gung an einem Gemeindezentrum sei
Grundsätzen hergerichtet. Ein Gemein-
Der Neubau eines Gemeindezentrums
daher – auch zugunsten anderer Bau-
desaal im Dachgeschoss mit 80 Plätzen
hätte die Hälfte gekostet. Aber das hat
vorhaben – nicht notwendig.
wird ebenso entstehen wie Büro- und
der Denkmalschutz nicht mitgemacht“,
Gemeinschaftsräume. Die Vorgärten –
beklagte Dietmar Pohl im vergangenen
der
sie stellen den Rest des 1755 vor die
Herbst. Dass Großenhains Pfarrer noch
Großenhainer nun aber doch. Der Stadt-
Stadt verlegten Gottesackers um die
froh sein wird, über die Konsequenz der
rat sprach sich in seiner Sitzung vom
Kirche dar – werden entsprechend her-
historisch bewanderten Fachleute, dürf-
29. Oktober letztlich einstimmig für die
gerichtet. „Bis dahin dauert es aber
te sehr wahrscheinlich sein.
da
Offenbar
sich
und
musste
die
zwischenzeitlich
im
Sinne
in
der
nach
Tiefe
der
Bausubstanz
Erhalt der Häuser ist richtige Entscheidung
über die Sanierung der Predigerhäuser
Von Catharina Karlshaus
denkmalpflegerischen
Denn, auch wenn jetzt noch kein Stein
versetzt, keine Wand entfernt und keine
neue Farbe aufgebracht worden ist: Die
beiden Predigerhäuser erzählen trotz
ihrer
maroden
Gesamtsubstanz
auf
wundersame Weise von ihrer jahrhundertealten Geschichte. Sie gelten zurecht als geschichtliches Kleinod, und
die Großenhainer können wirklich dankbar sein, dass sie im Gesamtensemble
der Marienkirche erhalten bleiben.
Insofern
war
das
einhellige
Ja
der
Stadträte im vergangenen Jahr, gemeinsam mit der Kirche aktiv zu werden, eine gute und keineswegs falsche
Entscheidung. Vielleicht zunächst nicht
so üblich. Aber wer sagt denn, dass alles richtig ist, was sonst so wortreich
gepredigt wird