Mikroskopie der Pilze

Karbolfuchsin
Originalrezept nach ZIEHL: 10
ml einer gesättigten alkoholischen Lösung von basischem
Fuchsin (Magenta; C. I. Nr.
42510) werden mit 90ml einer
5%igen Phenollösung (4,5g
Phenol + 85,5ml Wasser) vermischt. Für die Sättigung des
Ethylalkohols sind pro 10 ml
etwa 0,8 g erforderlich (mindestens zwei Stunden rühren!), in
der Praxis haben sich 0,5 g
Fuchsin als ausreichend erwiesen.
Modifikation nach BON: 1
1%ige Lösung von Fuchsin in
5%igem Phenol, d. h., 95ml
Wasser, 5 g Phenol krist., 1 g
Fuchsin basisch.
Karbolfuchsin wird zur spezifischen Anfärbung der säureresistenten Inkrustationen an
den Primordialhyphen
bestimmter Russula-Arten
(Gruppe Incrustatae: olivascens, rosea, turci) verwendet.
Zu diesem Zweck gibt man
auf einen Objektträger 1-2
Tropfen Karbolfuchsin und läßt
den Radialschnitt aus der
obersten Schicht der Huthaut
(Epikutis) 5-10 Minuten darin
liegen. Der Objektträger bleibt
während dieser Zeit zugedeckt. Man saugt mit
Filterpapier das Karbolfuchsin
ab, gibt zwei Tropfen Wasser
zu, saugt wieder ab und
wäscht ein zweites Mal mit
Wasser.
Nun tropft man etwas verdünnte Salzsäure (S. 21) auf
das Präparat und läßt eine
Minute einwirken. Nach nochmaligem Absaugen mit
Filterpapier wird ein Tropfen
Wasser zugefügt und das
Deckglas aufgelegt. Unter dem
Mikroskop erscheint der
Schnitt mehr oder weniger
entfärbt, die Inkrustationen der
Primordialhyphen bleiben aber
purpurrot.
Säureresistente Inkrustationen an den
Primordialhyphen (zylindrische Hyphen der
Hutdeckschicht) von Russula turci, nach der Färbung
mit Karbolfuchsin. Vergrößerung ca. 790:1.
Karminessigsäure
Unter Karminessigsäure versteht man eine
Lösung von Karminsäure in 50%iger
Essigsäure. Leider ist die Karminessigsäure
des Handels meist zu schwach, so daß man
gezwungen sein kann, sich diese selbst herzustellen, wozu allerdings ein Kölbchen mit
Rückflußkühler (oder ein Steigrohr) und eine
Heizung (Brenner) erforderlich sind: Ca. 5 g
des käuflichen Karmins (C. I. 75 470; getrocknete weibliche Insekten von Coccus cacti L.,
Cochenille-Laus, etwa 10% Karminsäure enthaltend) werden in 100ml 50%iger Essigsäure
(50ml Eisessig + 50 ml Wasser) mindestens
zwei Stunden am Rückfluß gekocht. Nach
dem Stehenlassen über Nacht wird abfiltriert
oder - in Ermangelung einer Filtereinrichtung
die überstehende klare, rote Lösung vom
Bodensatz abgegossen.
Karminessigsäure färbt die Zellkerne verschiedener Pilze (z. B. der Gattung Mycena) direkt
an, wird aber hauptsächlich zur
Sichtbarmachung der "karminophilen" oder
"siderophilen Granulation" in den Basidien verschiedener Arten, z. B. der Gattungen
Lyophyllum (Bild 10), Tephrocybe, Calocybe,
verwendet.
Nach KUHNER & ROMAGNESI (1953) bzw.
BRESINSKY (1976) ist folgende Methode sehr
einfach und gelingt nach unserer Erfahrung
meistens:
Man gibt 1-2 Tropfen Karminessigsäure auf
einen Objektträger, bringt hierein ein
Lamellenfragment und erhitzt mit dem
Gasfeuerzeug, bis keine Flüssigkeit mehr vorhanden ist. Nun überführt man das
Pilzfragment in einen Tropfen frischer
Karminessigsäure auf einem neuen
Objektträger, erhitzt wieder und taucht kurz
(5-10 Sekunden) einen Eisennagel (oder
Eisendraht - nicht vernickelt oder aus anderem Material!) in die noch heiße Flüssigkeit.
Nach dem schnellen Erkalten betrachtet man
entweder in frischer Karminessigsäure oder in
Chloralhydrat/Wasser (1:1). Bei positiver
Reaktion, d. h. wenn die Basidien siderophil
sind, zeigt sich in ihrem Innern eine schwarze
Körnelung (Granulation).
Nach CLEMENCON (1981) kann die Reaktion
in der Kälte durchgeführt werden, wenn man
das Objekt vorher mit einer Eisenbeize vorbehandelt. Die früher ver wendete
Schwermetallbeize ist wegen der großen
Giftigkeit nicht zu empfehlen.
Siderophile Granulation in den Basidien von Lyophyllum
favrei, Färbung mit Karminessigsäure nach vorheriger
Eisenchloridbeize (CLEMENCON). Vergrößerung ca.
1200 :1.
Eisenbeize:
Eisen-III-chlorid 10 g (Fecl3)
Eisessig (Essigsäure 100%)
Wasser 45 g (ml)
Vorgehen: Auf einen Objektträger einen großen
Topfen Eisenbeize bringen und das Lamellenfragment
hineingeben. Bei Frischmaterial 2-3 Minuten darin
lassen (Exsikkatenmaterial vorher mit konzentriertem
Ammoniak 3-5 Minuten aufquellen und nur 1-2
Minuten in der Eisenbeize belassen) und dann abtupfen. Das gebeizte Pilzfragment auf einen neuen
Objektträger in 1-2 Tropfen Karminessigsäure überführen und 2-3 Minuten darin liegen lassen, überschüssige Karminessigsäure mit Filterpapier absaugen und in Chloralhydrat/Wasser (1:1) mikroskopieren.
Baumwollblau
(Anilinblau, Methylblau; Cotton Blue, bleu coton; C. I.
Nr. 42 755) Folgende Lösungen werden sowohl zum
gleichzeitigen Anfärben und Aufquellen als auch zur
Untersuchung von Frischmaterial verwendet:
a) 0,05 g Baumwollblau in 30 ml Milchsäure (80-85%)
b) 0,5 g Baumwollblau in 100 ml Lactophenol (S. 23).
Andere Lösungsmittelgemische, wie z. B.
Phenol/Essigsäure/Wasser (GAMS et al. 1980) geben
ebenfalls gute Färbungen.
Nach zweistündigem Rühren oder Schütteln läßt man
einen Tag stehen und filtriert dann.
Werden die Sporen von Arten verschiedener
Gattungen (z. B. Boletus, Cystolepiota,
Hygrophoropsis, Lepiota, Lepista, Rhodocybe) durch
Baumwollblau intensiv blau gefärbt, bezeichnet man
Choiromyces meandriformis. Asci mit
warzigen Ascosporen
in verschiedenen
Entwicklungstadien.
Quetschpräparat in
Baumwollblau/Milchsäure (1130:1).
sie als cyanophil, bleiben sie ungefärbt (z. B. Arten der
Gattung Amanita), so nennt man sie acyanophil.
Manchmal lassen sich auch nur die Ornamentationen
(Warzen, Stacheln, Grate) anfärben, die Sporen selbst
hingegen nicht, z. B. bei Arten der Gattung Ramaria
(Clavariaceae, Aphyllophorales), aber auch bei den
Discomyceten wie Aleuria, Scutellinia (Pezizales).
Seltener sind auch andere Teile eines Fruchtkörpers,
wie Hyphen, Basidien usw. cyanophil. Für den
Ungeübten ist die Unterscheidung oft sehr schwierig,
ob cyanophil oder nicht, da ja meist das Zellplasma
angefärbt wird und so eine Cyanophilie vortäuscht.
Guten Einstieg in das Problem bieten Amanita-Sporen,
bei denen man deutlich den Unterschied zwischen
angefärbtem Protoplasma und ungefärbter
Sporenwand sehen kann, wegen des Öltropfens gut
erkenntlich.
Amyloide Basidiosporen
Metachromatische
Basidiosporen
Wie bereits ausführlich besprochen, werden die
Zellwände von Sporen, die in MELZERS Reagenz oder
Lugolscher Lösung blau, blaugrau, blauviolett oder
blauschwarz gefärbt werden, als amyloid bezeichnet.
Die amyloide Reaktion kann vielfach schon makroskopisch festgestellt werden: Wenn z. B. eine Schicht
Sporenpulver (von Aussporung) mit MELZERS
Reagenz benetzt wird, färbt sich dieses blaugrau bis
blauschwarz. (Neben den Sporen können auch andere
Elemente (Hyphen, Zystiden) eine amyloide Reaktion
zeigen).
Zellwände von Basidiosporen, die bei der Behandlung
z. B. mit Brillantkresylblau verschiedenartige Färbung
annehmen, nennt man metachromatisch. So haben
z.B. die Basidiosporen von Arten der Gattungen
Macrolepiota, Leucocoprinus, Leucoagaricus nach der
Einfärbung mit Brillantkresylblau eine äußere, dunkelblau bis schwarze, und eine innere, purpurrote
Sporenwand. (Neben den Basidiosporen können sich
auch andere Elemente [Hyphen, Randhaare] metachromatisch färben.)
Macrolepioto procera (SING. (Großer Schirmling)
(Bild unten)
Die reifen Basidiosporen sind ellipsoidisch bis breitoval, glatt, dickwandig, in Brillantkresylblau metachromatisch. Sie haben einen deutlichen Keimporus, sowie
einen lateralen Appendix. Das Sporenpulver ist weiß.
Aleurodiscus disciformis.Amyloide Basidiosporen.
Sporenpräparat in MELZERS Reagenz. Vergrößerung
ca. 1050 :1
Macrolepiota procara. Metachromatische
Basidiosporen. Sporenpräparat in Brillantkresylblau.
Vergroßerung ca. 2000:1
Dextrionide Basidiosporen
Macrolepiota rhacodes. Dextrinoide Basidiosporen.
Quetschpräparat von der Hymenialschicht in MELZERS
Reagenz. Vergrößerung ca. 1100:1