Examinatorium Zivilrecht – Erbrecht Sommersemester 2015 Fall 5: Familienbande Sophie Mitschke www.examinatorium-zivilrecht.de Zeitablauf 1974 Heirat F und M 1977 Gemeinschaftliches Ehegattentestament 06.08.2013 Auszug M 02.12.2013 Widerruf Verfügungen aus gemeinschaftl. Testament durch F 06.12.2013 Erbvertrag zwischen F und T Jan. 2014 Übertragung Grundstück an S 10.02.2014 Einreichung Scheidungsantrag durch M 02.04.2014 Zustimmung F zur Scheidung 20.06.2014 Zustellung „Scheidungsurteil“ 22.06.2014 Tod der F 26.06.2014 Eintragung der S als Eigentümerin SophieMitschke von Weizsäcker Sophie 27.03.2013 29.04.2015 ##1 Frage 1: Anspruch T gegen S bzgl. des Grundstücks I. Anspruch aus §§ 894, 985 BGB auf Grundbuchberichtigung und Herausgabe 1. Ursprünglich war F Eigentümerin 2. Eigentumsübergang auf T durch Gesamtrechtsnachfolge gem. § 1922 BGB a) Wirksamer Erbvertrag b) Ungültigkeit wegen Bindungswirkung des Testaments vom 3.4.1977? • Wechselbezüglichkeit Erbeinsetzung M SophieMitschke von Weizsäcker Sophie 27.03.2013 29.04.2015 ##2 Frage 1 I. Anspruch aus §§ 894, 985 BGB 1. Ursprünglich F 2. Eigentumsübergang an T gem. § 1922 BGB a) Wirksamer Erbvertrag b) Ungültigkeit wegen Bindungswirkung gemein. Testament? Frage 1: Anspruch T gegen S bzgl. des Grundstücks aa. Formnichtigkeit gem. § 125 S. 1 iVm 2247 II, 2267 S. 2 BGB bb. Unwirksamkeit wegen Auflösung der Ehe, §§ 2268 I, 2077 BGB (1) § 2077 I 1 BGB: Auflösung Ehe vor Tod EL • Auflösung Ehe mit Rechtskraft Scheidungsbeschluss (§ 1564 S. 2 BGB) • Rechtskraft nach Ablauf Rechtsmittelfrist: Ein Monat (§ 63 I FamFG) • Hier: Fristablauf 21.07.2014 • Aber: Tod der F bereits am 22.06.2014 SophieMitschke von Weizsäcker Sophie 27.03.2013 29.04.2015 ##3 Frage 1 I. Anspruch aus §§ 894, 985 BGB 1. Ursprünglich F 2. Eigentumsübergang an T gem. § 1922 BGB a) Wirksamer Erbvertrag b) Ungültigkeit wegen Bindungswirkung gemein. Testament? aa. Formunwirksamkeit bb. Unwirksamkeit wg. Auflösung Ehe (1) § 2077 I 1 BGB Frage 1: Anspruch T gegen S bzgl. des Grundstücks (2) § 2077 I 2 BGB: Gleichstellung mit Auflösung der Ehe • Erblasserin F hat Scheidung zugestimmt • Voraussetzungen Scheidung im Todeszeitpunkt? • Scheitern der Ehe, § 1565 I 1 BGB • Ablauf Trennungsjahr (Ausnahme Härtefall, § 1565 II BGB), hier 06.08.2014 • F starb bereits am 22.6.2014 cc. Aufhebung der Bindungswirkung durch Widerruf • § 2271 I BGB; insb. Wahrung der Form der §§ 2271 I 1, 2296 II BGB (+) SophieMitschke von Weizsäcker Sophie 27.03.2013 29.04.2015 ##4 Frage 1 I. Anspruch aus §§ 894, 985 BGB 1. Ursprünglich F 2. Eigentumsübergang an T gem. § 1922 BGB Frage 1: Anspruch T gegen S bzgl. des Grundstücks 3. Eigentumsverlust an S gem. §§ 873 I, 925 BGB a) Dingliche Einigung b) Keine Wirksamkeitshindernisse aa) Verfügungsbeschränkung durch Erbvertrag • Keine Verfügungsbeschränkung des Vertragserblassers, vgl. § 2286 BGB bb) Unwirksamkeit gem. §§ 2289 I 2, 134 BGB – „Aushöhlungsnichtigkeit“ • Vss: Rechtsgeschäft unter Lebenden wirtschaftlich wie Verfügung von Todes wegen; hier (-) • Im Übrigen: Theorie abzulehnen cc) Unwirksamkeit gem. § 138 BGB (-) SophieMitschke von Weizsäcker Sophie 27.03.2013 29.04.2015 ##5 Frage 1 I. Anspruch aus §§ 894, 985 BGB Frage 1: Anspruch T gegen S bzgl. des Grundstücks II. Anspruch aus § 2287 iVm § 818 I BGB 1. Schenkung des Erblassers an einen Dritten (+) 2. Nach Abschluss des Erbvertrags (+) 3. Ausschluss wegen (mündlicher) Zustimmung? • Reichsgericht: Formlose Zustimmung genügt für Ausschluss • BGH: Form des § 2348 BGB (notarielle Beurkundung) erforderlich • Arg: Nähe zu Erbverzicht, Rechtsklarheit, Schutzbedürftigkeit des Vertragserben SophieMitschke von Weizsäcker Sophie 27.03.2013 29.04.2015 ##6 Frage 1 I. Anspruch aus §§ 894, 985 BGB II. Anspruch aus §§ 2287 iVm 818 I BGB 1. Schenkung 2. Nach Abschluss des Erbvertrags 3. Ausschluss wegen (mündlicher) Zustimmung? Frage 1: Anspruch T gegen S bzgl. des Grundstücks 4. Beeinträchtigungsabsicht (§ 2287 I BGB) • Inkaufnahme Nachlassschmälerung genügt nicht • Frühere Ansicht: Beeinträchtigung als Hauptmotiv • Heutige Ansicht: • Anderer als Vertragserbe erhält wesentliche Vermögensbestandteile • Missbrauchsvermutung, wenn kein lebzeitiges Eigeninteresse des Erblassers • Hier: • Motivation der F: Notlage der Schwester • Zudem: Pflichtschenkung Exkurs: §§ 2287 I i.V.m. § 822 BGB SophieMitschke von Weizsäcker Sophie 27.03.2013 29.04.2015 ##7 Frage 1 I. Anspruch aus §§ 894, 985 BGB II. Anspruch aus §§ 2287 iVm 818 I BGB Frage 1: Anspruch T gegen S bzgl. des Grundstücks III. Anspruch aus § 812 I 1 Fall 1 BGB (-), da Schenkungsvertrag = Rechtsgrund IV. Anspruch aus § 826 BGB (-) V. Anspruch aus § 2329 I BGB (-) • Nachlass deckt erhöhten Pflichtteil der T ab • Ausschluss des Pflichtteilsergänzungsanspruchs bei Pflichtschenkung, § 2330 BGB Ergebnis T kann das Grundstück aus keinem Rechtsgrund von S zurückfordern. SophieMitschke von Weizsäcker Sophie 27.03.2013 29.04.2015 ##8 Frage 1 Frage 2: Ansprüche des M I. Anspruch gegen T auf Zugewinnausgleich (§§ 1371 II iVm 1373 ff. BGB) 1. Zugewinngemeinschaft (+) 2. Ehegatte weder Erbe noch Vermächtnisnehmer (+) 3. Beendigung des Güterstands durch den Tod eines Ehegatten (+) 4. Berechnung der Ausgleichsforderung • Der Zugewinn der F übersteigt den Zugewinn des M um € 160.000 • Das Grundstück ist gem. § 1375 II Nr. 1 BGB nicht hinzuzurechnen • § 1378 I BGB: 80.000 € SophieMitschke von Weizsäcker Sophie 27.03.2013 29.04.2015 ##9 Frage 1 Frage 2 I. Gegen T auf Zugewinnausgleich (§§ 1371 II iVm 1373 ff. BGB) Frage 2: Ansprüche des M II. Pflichtteilsanspruch gegen T gem. §§ 2303, 1371 II BGB 1. Pflichtteilsanspruch dem Grunde nach, § 2303 II 1 BGB • Gesetzliches Ehegattenerbrecht, § 1931 BGB • Kein Ausschluss nach § 1933 BGB 2. Höhe des Pflichtteilsanspruch • Hälfte des gesetzlichen Erbteils, § 2303 I 2 BGB • Problem: Wonach bestimmt sich gesetzl. Erbteil? • § 1931 I 1, III, 1371 I BGB (Höhe PTA: ¼, „großer Pflichtteil“) • § 1931 I 1 BGB (Höhe PTA: 1/8, „kleiner Pflichtteil“) SophieMitschke von Weizsäcker Sophie 27.03.2013 29.04.2015 ##10 Frage 1 Frage 2 I. Gegen T auf Zugewinnausgleich (§§ 1371 II iVm 1373 ff. BGB) II. Pflichtteilsanspruch gegen T gem. §§ 2303, 1371 II BGB 1. Pflichtteilsanspruch dem Grunde nach, § 2303 II 1 BGB 2. Höhe PTA Frage 2: Ansprüche des M Problem: Wahlrecht des Ehegatten? a) Wahltheorie • Bedeutung „in diesem Falle“ in § 1371 II BGB: Verlangen des güterrechtlichen Ausgleichs • Zweck § 1371 I = Verstärkung Ehegattenrechte • Andernfalls Unstimmigkeiten bei Einräumung geringes Vermächtnis • Vergleich mit der Rechtslage bei Gütertrennung SophieMitschke von Weizsäcker Sophie 27.03.2013 29.04.2015 ##11 Frage 1 Frage 2 I. Gegen T auf Zugewinnausgleich (§§ 1371 I iVm 1373 ff. BGB) II. Pflichtteilsanspruch gegen T gem. §§ 2303, 1371 II BGB 1. Pflichtteilsanspruch dem Grunde nach, § 2303 II 1 BGB 2. Höhe PTA a) Wahltheorie Frage 2: Ansprüche des M b) Einheitstheorie Es kann nur der kleine Pflichtteil verlangt werden • Bezug „in diesem Falle“ auf § 1371 II Hs. 1: Ehegatte wird weder Erbe noch Vermächtnisnehmer • Zweck § 1371 I BGB: Vereinfachung des ZGA im Todesfall • Erblasser muss Möglichkeit haben, erbrechtlichen Ausgleich auszuschließen SophieMitschke von Weizsäcker Sophie 27.03.2013 29.04.2015 ##12 Frage 1 Frage 2 I. Gegen T auf Zugewinnausgleich (§§ 1371 I iVm 1373 ff. BGB) II. Pflichtteilsanspruch gegen T gem. §§ 2303, 1371 II BGB 1. Pflichtteilsanspruch dem Grunde nach, § 2303 II 1 BGB 2. Höhe PTA a) Wahltheorie b) Einheitstheorie Frage 2: Ansprüche des M c) Korrektur nach § 1931 IV BGB Wahlrecht zwischen kleinem Pflichtteil (+ Zugewinnausgleich) und Pflichtteil des in Gütertrennung lebenden Ehegatten • Durch § 1931 IV BGB wird güterrechtliches Moment in Erbrecht hineingetragen • Aber: Keine Schlechterstellung bei Zugewinnausgleichsforderungen d) Berechnung des kleinen Pflichtteils gem. § 1371 II Hs. 2 BGB • Hälfte des nicht erhöhten Erbteils: 1/8 • Vermögen der F beim Erbfall: € 1.280.000 • Abzug Zugewinn des M (€ 80.000) à Maßgeblicher Nachlass: € 1.200.000 à Kleiner Pflichtteil: € 150.000 SophieMitschke von Weizsäcker Sophie 27.03.2013 29.04.2015 ##13 Frage 1 Frage 2 I. Gegen T auf Zugewinnausgleich (§§ 1373 ff. BGB) II. Pflichtteilsanspruch gegen T gem. §§ 2303, 1371 II BGB Frage 2: Ansprüche des M III. Anspruch auf Pflichtteilsergänzung, § 2325 BGB (-), da Pflichtschenkung gem. § 2330 BGB Ergebnis M kann von T € 80.000 Zugewinnausgleich und € 150.000 kleinen Pflichtteil verlangen (Nach der Wahltheorie großer Pflichtteil iHv € 320.000) SophieMitschke von Weizsäcker Sophie 27.03.2013 29.04.2015 ##14 Frage 1 Frage 2 Frage 3: Rechtslage bei Gütertrennung • Anwendung der Vorschrift des § 1931 IV BGB • Gem. §§ 1931 IV iVm 2303 II 1, I BGB Pflichtteilsanspruch iHv ¼ des Nachlasses • Bei der Berechnung ist keine Zugewinnausgleichsforderung in Abzug zu bringen à Anspruch iHv € 320.000 SophieMitschke von Weizsäcker Sophie 27.03.2013 29.04.2015 ##15
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