„Ernährung und Medizin 2015“ Ernährungsmedizin und Diätetik – Vorsprung durch Wissen 57. Bundeskongress des VDD e.V. & 16. Jahrestagung des Bundesverbandes Deutscher Ernährungsmediziner e.V. in Kooperation mit der European Federation of the Associations of Dietitians (EFAD) in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin e.V. am 8. und 9. Mai 2014 im CongressPark Wolfsburg Zusammenfassung der Vorträge & Veranstaltungen1 Themen sind in diesem Jahr u.a. die neuen VDD-Leitlinien, Mangelernährung, Allergenmanagement, Public Health Nutrition, eine kritische Würdigung von Gewichtsreduktionsprogrammen, aber auch das "Labyrinth Gesundheitswesen". Mit einer "Speed-Beratung" am Samstagnachmittag soll die Wolfsburger Bevölkerung zum Besuch des Kongresses animiert und öffentlichkeitswirksam auf die Arbeit der Diätassistenten aufmerksam gemacht werden. Eröffnungsvortrag „Faszination Bewegung - 15 Minuten reichen aus!“ Dr. Axel Armbrecht [email protected] Wenn wir Übergewicht, Diabetes und andere Stoffwechselerkrankungen in den Griff bekommen wollen, genügt es nicht, die Einfuhr der Nahrung zu kontrollieren, es braucht auch Anregungen, den Verbrauch an Kalorien und weiteren Nahrungsbestandteilen zu steigern. Wenn das größte Stoffwechselorgansystem, die Muskulatur, in der Betrachtung fehlt, müssen die Erfolge bescheiden bleiben. Doch sollten wir dieses Arbeitsfeld nicht unbedacht den Fachleuten für Kalorienverbrauch, den Sportlehrern überlassen. Geben wir die Verantwortung dafür ab, bauen wir für den Betroffenen neue Hürden auf, die viele unserer Patienten und Klienten davor abschrecken, aktiv zu werden. Es ist für den Übergewichtigen schon schwer, eine Beratungsstelle aufzusuchen, jetzt soll er sich auch noch in einem Sportverein integrieren? Für die meisten eine fremde Welt. Der Vorteil verpufft, der Erfolg der Ernährungsberatung bleibt gering. Kann es gelingen, den Diätassistentinnen selbst ein kleines Repertoire an Aktivitäten auf Grundlage der Abstracts, die beim VDD am 5.5.2015 vorlagen. Ausführlichere Informationen bzgl. Adressen, Titeln bzw. Tätigkeiten entnehmen Sie bitte dem Referentenverzeichnis im Kongressprogramm 1 zu vermitteln, das sie unbedenklich in ihre Beratung einbeziehen können, um ihren Patienten den Start in ein aktiveres Leben zu ermöglichen? Wenige Lehrsätze aus der medizinischen Trainingslehre sind als Wissensgrundlage erforderlich und ein kleiner Schatz an Übungen. Beides, Theorie und Praxis sollen in diesem Vortrag vermittelt werden. Wenn der Patient erst mal in Bewegung gekommen ist, steigt die Compliance und weitere Schritte können geplant werden. Dafür reichen 15 Minuten Beratungszeit aus. Dieses wird praktisch belegt. Mangelernährung Mangelernährung im Krankenhaus Prof. Dr. Arved Weimann [email protected] Bereits 2003 verabschiedete der Europarat zur krankheitsbedingten Mangelernährung eine Resolution über die „Verpflegung und Ernährungsversorgung in europäischen Krankenhäusern“. Empfohlen wurden die Einführung eines Screenings auf Mangelernährung, die Abklärung der Ursachen für Mangelernährung und die Festlegung von Standards bezüglich der durchgeführten Ernährungstherapien. Im Juni 2009 folgte während der EU-Präsidentschaft Tschechiens in einer Allianz mit den Gesundheitsministern der EU-Mitgliedsstaaten die Deklaration von Prag ”STOP der krankheitsbedingten Mangelernährung und daraus resultierenden Krankheiten”. Mit dem Nutritional Risk Score (NRS) 2002 steht ein geeignetes Screeninginstrument zur Verfügung. Es ist immer wieder klar gezeigt worden, dass hierdurch Risikopatienten für Komplikationen und verlängerte Krankenhausverweildauer identifiziert werden können. Hierbei sprechen die Literaturdaten für eine Prävalenz von 20-50%. Das Screening wird in Deutschland bisher nicht regelhaft umgesetzt. Eigene Ergebnisse deuten darauf hin, dass bei Durchführung eines Screening in einem Versorgungskrankenhaus die Prävalenz für Mangelernährung deutlich niedriger liegt. Das Screening ist wenig aufwändig, so dass die Refinanzierung einschließlich einer Ernährungstherapie bei adäquater Kodierung im G-DRG System möglich ist. Eine hohe interprofessionelle Motivation und „Awareness“ ist erforderlich, um bei kurzer Krankenhausverweildauer die nach dem Screening angezeigte ernährungsmedizinische Untersuchung „Assessment“ zu realisieren, die ernährungstherapeutische Empfehlung umzusetzen und an den Hausarzt weiterzugeben. 1. Kondrup J, Allison SP, Elia M, Vellas B, Plauth M, Educational and Clinical Practice Committee, European Society of Parenteral and Enteral Nutrition (ESPEN) (2003) ESPEN guidelines for nutrition screening 2002. Clin Nutr 22: 415-421. 2. Pirlich M, Schütz T, Norman K, Gastell S, Lübke HJ, Bischoff S, Bolder U, Frieling T, Güldenzoph H, Hahn K, Jauch KW, Schindler K, Stein J, Volkert D, Weimann A , Werner H, Wolf C, Zürcher G, Bauer P, Lochs H (2006) The German hospital malnutrition study. Clin Nutr 25: 563-574 3. Marienfeld S, Wojzischke J, Zeuzem S, Bojung J. Erfassung krankheitsbedingter Mangelernährung und Abbildung der Nebendiagnose Mangelernährung im DRG-System – Ernährungsmanagement am Klinikum der Johann-Wolfgang-Universität Frankfurt/Main Aktuel Ernährungsmed 2013; 38: 18-23. 4. Breuer JP, Langelotz C, Paquet P, Weimann A, Schwenk W, Bosse G, Spies C, Bauer H. Perioperative Ernährung aus Sicht von Chirurgen – Eine deutschlandweite Online-Umfrage. Zentralbl Chir 2013; 138: 622-629 5. Ockenga J. Ernährungsmedizinische Aspekte im G-DRG-System – die deutsche Situation. Aktuel Ernährungsmed 2014; 39: 382-391 Mangelernährung in der Praxis Dr. Jens Putziger Mangelernährung aus der Sicht von Diätassistenten Lars Selig Diätassistenten/innen sind als Experten besonders qualifiziert, einer Mangelernährung präventiv zu begegnen, sie zu diagnostizieren und zu therapieren. Dabei werden in interdisziplinärer Zusammenarbeit mit anderen Gesundheitsberufen und dem Ernährungsmediziner Strategien entwickelt und unter Begleitung von Leitlinien implementiert. Die Grundprofession von Diätassistenten liegt im individuellen personenzentrierten Ansatz, anhand aller gängigen anthropometrischen Daten den Ernährungszustand zu diagnostizieren und zu interpretieren, entsprechende Handlungsempfehlungen auszusprechen und zu überwachen, sowie eigenverantwortliche Diät- und Ernährungstherapien durchzuführen. Der Nutzen zur Einführung eines Screening auf Mangelernährung ist längst belegt und wird sowohl in Kliniken, wie auch in der ambulanten Versorgung empfohlen. Diätassistenten sind hier in der Pflicht, entsprechende Schulungen, Beratungen und Unterstützungen anzubieten. Die Implementierung eines Screening auf Mangelernährung stellt nach wie vor eine große Herausforderung in allen Bereichen dar. Daher müssen Aufwand und Nutzen beschrieben und für jede einzelne Institution aufgezeigt werden. Es braucht Ausdauer, den Beruf Diätassistenz als einen professionellen und eigenständigen, verantwortungsvollen Beruf darzustellen. Mit der Einführung des NCP (Nutrition Care Prozess) wurde ein Grundstein in diese Richtung gelegt. Damit kann entsprechend der zur Verfügung stehenden Handwerkszeuge eine „Ernährungsdiagnose“ gestellt und entsprechend therapiert bzw. genaue Handlungsanweisungen an den betreuenden Arzt gegeben werden. Diätassistenten haben eine enorm hohe Verantwortung im Bereich der Mangelernährung, da von betreuenden Ärzten meist die Weitsichtigkeit dieser Problematik nicht bzw. zu spät erkannt wird und das spezifische Fachwissen, zum Beispiel in der Verordnungsfähigkeit von Trinknahrungssupplementen, Sondennahrung oder beim Compounden von parenteralen Nährstofflösungen nicht vorhanden ist. Leitlinien Ernährung bei Leberzirrhose - Was sagen die neuen DGEM Leitlinien Prof. Dr. Mathias Plauth Ernährungstherapie bei Leberzirrhose - Ein vernachlässigtes Potenzial? Sonja Pittelkow Chronisches Darmversagen - Ernährung bei Kurzdarmsyndrom und High Output Stoma Friederike Bertsch VDD-Leitlinien für die Ernährungstherapie und das prozessgeleitete Handeln in der Diätetik Ulrich P. Hühmer, Marleen Meteling-Eeken Die Bedeutung des G-NCP für die evidenzbasierte Diätetik Christian Lang Evidenzbasiertes Handeln ist „mehr denn je ein aktuelles Thema“ in der Gesundheitsversorgung und Öffentlichkeit und polarisiert zwischen Enthusiasmus und kritischer Distanzierung (SACKETT et al. 1997 zit. in EbM-Netzwerk 2015). Dabei zeigen David SACKETT et al. auf, dass Evidenzbasierung in der Medizin weder „ein alter Hut“ ist, noch einer „Kochbuchmedizin“ entspricht, welche sich rezeptartig auf Fälle anwenden lässt (ebd.). Vielmehr verbirgt sich dahinter „der gewissenhafte, ausdrückliche und vernünftige Gebrauch der gegenwärtig besten externen, wissenschaftlichen Evidenz für Entscheidungen in der medizinischen Versorgung individueller Patienten“ (ebd.). Damit verbunden ist auch der Einbezug von „individueller klinischer Expertise“, zu verstehen als das in der Praxis erworbene Können sowie die Urteilskraft des professionell Handelnden (ebd.). Auch in der Diätetik gewinnt evidenzbasiertes Handeln zunehmend an Bedeutung. Zum einen veröffentlichte die Internationale Confederation of Dietetic Associations (ICDA) dazu wesentliche Eckpunkte evidenzbasierten diätetischen Handelns. Diese umfassen den Einbezug und die kritische Bewertung von externer Evidenz, den Einbezug einer individuellen Expertise, im Sinne von Können und Urteilsfähigkeit des/der Diätassistenten/in (interner Evidenz) sowie den reflexiven Einbezug von Vorstellungen und Erwartungen des Betroffenen in das diätetische Handeln. Darüber hinaus müssen die Bedingungen, in welchen diätetisches Handeln stattfindet, einbezogen und berücksichtigt werden (ICDA 2010). Zum anderen stellt evidenzbasiertes Handeln ein wesentliches Element der diätetischen Handlungskompetenz im German-Nutrition Care Prozess dar (BUCHHOLZ & LANG 2015: 38f.) Denn die durchgeführten diätetischen Maßnahmen beruhen immer auf der besten zur Verfügung stehenden Evidenz, den Erfahrungen des Diätassistenten/ der Diätassistentin sowie den Vorstellungen und Werten des Betroffenen (ebd.). Diese aufgezeigten Konturen evidenzbasierten diätetischen Handelns verdeutlichen, dass diätetisches Handeln sich zwischen systematischem wissenschaftlichen Wissen und einem personalen Handlungsbezug unter Ungewissheit vollzieht (LANG 2015 im Erscheinen). Anders formuliert, reicht wissenschaftliches Wissen, i.S. von Regelwissen allein nicht aus, um die Einzigartigkeit des betroffenen Individuums im diättherapeutischen Prozess zu erfassen. Es bedarf darüber hinaus einer hohen Deutungskompetenz, um den Einzelfall zu interpretieren und eine Verständigung auf Augenhöhe, i.S. einer dialogischen Aushandlung, anzustreben (ebd.). Unter Einbezug der Eckpunkte evidenzbasierten Handelns (ICDA), des German-Nutrition Care Prozesses und den Konturen diätetischen Handelns rückt die Einzelfallentscheidung im diätetischen Handeln in den Mittelpunkt der Betrachtung. Denn professionell diätetisches Handeln kann als stellvertretende Bearbeitung existentieller lebenspraktischer Problemlagen (Krisen) betroffener Menschen unter Anerkennung und Wahrung von Autonomie verstanden werden (LANG 2015 im Erscheinen). Um den Klienten verstehen und professionelle Handlungsbedarfe herleiten zu können, erfordert dies von Diätassistenten/-innen auf der einen Seite die Beherrschung unterschiedlicher theoretischer Grundlagen sowie einen kritischen Einbezug aktueller Forschungslagen (externe Evidenz). Auf der anderen Seite bedarf es einer hohen Deutungskompetenz des/ der Diätassistenten/-in, um die Sprache des Einzelfalls zu interpretieren und eine Verständigung mit dem Klienten anzustreben (interne Evidenz) (ebd.). Darüber hinaus müssen die Bedarfe gemeinsam erarbeitet werden und in den Therapieprozess einfließen (Ziele & Vorstellungen des Betroffenen und der Angehörigen), aber auch die Bedingungen, in welchen diätetisches Handel eingebettet ist, einbezogen und reflektiert werden (z. Bsp. Gesetze, Leitlinien, Standards, etc.). In Bezug auf evidenzbasiertes Handeln im G-NCP kann dieser als Methode systematischen Problemlösens die Rekonstruktion des Falls und der Problemanerkennung (Assessment und Ernährungsdiagnose), das gemeinsame Aufzeigen und Durchführen von Handlungsalternativen (Intervention) sowie die Bewertung des erreichten Zustandes (Evaluation) unterstützen. Zusammenfassend spielt innerhalb evidenzbasierten diätetischen Handelns nicht nur der Einbezug aktueller Forschung eine zentrale Rolle. Sondern vielmehr die diätetische Einzelfallentscheidung als Merkmal professionell diätetischen Handelns, welche systematisches Wissen und aktuelle Forschung, die Expertise des/der Diätassistenten/in, die Bedingungen diätetischen Handelns und die subjektive Befindlichkeit des Betroffenen reflexiv ins Handeln einbeziehen muss. Eng damit gehen Forderungen einer akademischen Ausbildung und Professionalisierung einher. Denn wollen Diätassistenten/innen den aktuellen Herausforderungen im Handlungsfeld Rechnung tragen, dann müssen sie mit wissenschaftlichem Wissen und Forschung umgehen können, dieses kritisch beurteilen sowie in Ausbildung und Berufsleben eine hohe Deutungskompetenz erwerben. BUCHHOLZ, Daniel; LANG, Christian (2015): German Nutrition Care Process. In: Praxisorientierte VDD Leitlinien für die Ernährungstherapie und das prozessgeleitete Handeln in der Diätetik. VDD. Im Erscheinen, S. 34-44 INTERNATIONAL CONFEDERATION OF THE DIETETIC ASSOCIATIONS (ICDA) (2010): Evidence-based dietetics practice. URL: http://www.internationaldietetics.org/International-Standards/Evidence-based-Dietetics-Practice.aspx (Zugriff 11.07.2014) LANG, Christian (2015): Diätassistenten auf dem Weg zur Profession. Begründungslinien einer professionsspezifischen Interaktionslogik: Wissenschaftlicher Verlag Berlin. Im Erscheinen SACKETT D.L.; ROSENBERG W.M.; GRAY J.A., HAYNES R.B.; RICHARDSON W.S. (1997) Was ist Evidenz-basierte Medizin und was nicht? Münchner Medizinische Wochenschrift 1997; 139(44):644-5. Übersetzung: M. Perleth, Hannover. Kritische Betrachtung der Leitlinie Adipositas Prof. Dr. Manfred Müller Medizinische Leitlinien & Schulungsprogramme in der Beratung von chronisch kranken Kindern und Jugendlichen Die neuen S3 Leitlinien zur Allergieprävention Christiane Binder Im Rahmen der Überarbeitung der S 3 Leitlinien zur Allergieprävention aus dem Jahr 2009 wurden die bestehenden Empfehlungen gestützt, teilweise revidiert und neue hinzugefügt. Die Empfehlungen zur Primärprävention von Asthma, Heuschnupfen und atopischem Ekzem gelten sowohl für Risikopersonen (mind. ein Elternteil und/oder ein Geschwisterkind leidet an einer der o.g. atopischen Erkrankungen) als auch für alle anderen Nichtrisikopersonen. Eine ausgewogene und nährstoffdeckende Ernährung von Säuglingen, Kleinkindern, Schwangeren und Stillenden ist Konsens der Fachgesellschaften und Organisationen. Dabei sollten keine diätetischen Restriktionen während der Schwangerschaft und Stillzeit erfolgen. Fisch hat einen protektiven Effekt auf die Entwicklung atopischer Erkrankungen beim Kind und sollte Bestandteil der mütterlichen Ernährung sein. Das Stillen sollte weiterhin als natürlichste Ernährungsform des Säuglings unterstützt werden. Für einen Allergiepräventions-Effekt von ausschließlichem Stillen über die ersten 4 Lebensmonate hinaus gibt es keine Evidenz. Wenn nicht oder nicht ausreichend gestillt werden kann, sollte Risikokindern eine hydrolysierte Säuglingsnahrung gegeben werden. Für Soja-basierte Säuglingsnahrungen fehlt der Hinweis auf einen präventiven Effekt, es bestehen aber gesundheitliche Bedenken gegen Soja wegen des für Säuglinge hohen Anteils an Phytoöstrogenen. Die Einführung der Beikost ab Beginn des 5. Lebensmonats ist mit einer geförderten Toleranzentwicklung assoziiert. Das längere ausschließliche Stillen kann dagegen mit einer Risikoerhöhung für Allergien verbunden sein. Es gibt auch keinerlei Belege für einen präventiven Effekt einer diätetischen Restriktion durch Meidung potenter Nahrungsmittelallergene. Es gibt sogar Hinweise darauf, dass der Fischkonsum des Kindes im ersten Lebensjahr einen protektiven Effekt auf die Entwicklung atopischer Erkrankungen hat. Ein ganz anderer Aspekt im Rahmen der Allergieprävention ist, dass ein erhöhter Body-Mass-Index mit Asthma positiv assoziiert ist .Auch aus diesem Grunde sollte daher Übergewicht vermieden werden. Die neuen S3 Leitlinien zeigen uns ein viel größeres facettenreicheres Spektrum der Allergieprävention und machen den vielen willkürlich gegebenen Ratschlägen hoffentlich ein Ende. Medizinische Leitlinien am Beispiel PKU - Entwicklung und Bedeutung für Diätassistenten Dr. Peter Burgard ModuS - Schulung für chronisch kranke Kinder am Beispiel PKU Uta Meyer Immer mehr Kinder und Jugendliche leiden an einer chronischen Gesundheitsstörung mit besonderem Versorgungsbedarf. Um das teils aufwändige Krankheitsmanagement und die alltäglichen Herausforderungen zu bewältigen, benötigen Patienten und ihre Familien Unterstützung. Auf der Basis bewährter Schulungsprogramme wurde von Experten aus Medizin, Psychologie, Pädagogik, Kinderkrankenpflege, Ernährungswissenschaft und Sporttherapie das modulare Schulungsprogramm ModuS für chronisch kranke Kinder, Jugendliche und deren Familien entwickelt und multizentrisch erprobt. Es besteht aus indikationsübergreifenden Bausteinen, die bei allen Krankheiten gleichermaßen verwendet werden können, sowie krankheitsspezifischen Bausteinen zu Krankheitsverständnis, Therapie und Notfallmanagement. KomPaS (Kompetenznetz für Patientenschulung) hat diese Modellentwicklung und -erprobung bei verschiedenen Indikationen durchgeführt (Asthma bronchiale, Diabetes mellitus Typ 1, Chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED), Harninkontinenz, Mukoviszidose (CF), Nephrotisches Syndrom, Stoffwechselerkrankungen (z.B. PKU), chronischer funktioneller Bauchschmerz und Primäre Immundefekte (PID)) Die spezifischen Module sind bereits entwickelt, erprobt und evaluiert (s. Ernst & Szczepanski 2011, Szczepanski et al. 2013). Weitere Module sind geplant. ModuS setzt sich aus vier generischen Modulen, d.h. krankheitsübergreifenden Modulen zusammen, die relativ unabhängig von dem jeweiligen Krankheitsbild eingesetzt werden können, und drei spezifischen Modulen, die sich auf indikationsabhängige Aspekte der jeweiligen Krankheit beziehen. Die generischen Module, die für alle Krankheiten gleichermaßen verwendet werden können, beinhalten Tipps zur Vorbereitung und Organisation der Schulung sowie zur Strukturierung. Die Einleitung des Kennenlernens der Teilnehmer, die Krankheitsbewältigung im Familiensystem sowie die Rekapitulation und der motivierende Ausklang werden anschaulich dargestellt. Die indikationsspezifischen Module sind Informationen zur Krankheit und Behandlung. Jede Indikation hat ihr eigenes Modul mit Schulungsthemen, Möglichkeiten der anschaulichen Darstellung und Durchführung. Das Projekt „Fit für ein besonderes Leben: Modulares Schulungsprogramm für chronisch kranke Kinder und Jugendliche sowie deren Familien ModuS“ (Förderkennzeichnung: IIA52509KIG006/314-123006/04) wurde finanziell gefördert durch das Bundesministerium für Gesundheit im Rahmen der Strategie zur Förderung der Kindergesundheit. Die erstellten Materialien werden allen Interessierten zur Verfügung gestellt. Über www.Patientenschulung-Kompas.de können die Unterlagen eingesehen und ausgedruckt werden. Die Diätassistentin wird für viele der Module als kompetente Schulungsperson genannt. Mit der Weiterbildungsmöglichkeit „Basiskompetenz Patiententrainer“ über KomPaS ist eine wichtige Voraussetzung erfüllt, Schulung im Sinne von KomPaS durchführen zu können. KomPaS ist für den Kurs „Basiskompetenz Patiententrainer“ zuständig und bei der Suche von geeigneten Akademien gerne behilflich. Sollten vor Ort keine ausreichend qualifizierten Schulungskräfte zur Verfügung stehen, ist der Einsatz eines „fahrenden“ Schulungsteams/Trainers denkbar, von dem die weniger erfahrenen Kräfte begleitend qualifiziert werden können. Rehabilitation Ernährungsmedizin in der Rehabilitation - ein Fenster der Gelegenheit Dr. Sabine Schrag Schätzungsweise 30 % aller Ausgaben im Gesundheitssystem gehen auf Fehl- und Überernährung zurück. Dennoch hat Ernährungstherapie im deutschen Gesundheitssystem bislang kaum Eingang in die medizinische Routineversorgung gefunden. Hier nimmt die Rehabilitation nach den Strukturanforderungen der Deutschen Rentenversicherung eine Vorreiterrolle ein. Es gibt Vorgaben für die Stellenanteile von Diätassistenten / Oecotrophologen in allen Indikationen, wobei diese dem therapeutischen Bereich zugeordnet werden. Jede Rehabilitationseinrichtung bietet, egal für welche Indikation, eine Lehrküche sowie Gesundheitsinformationen und Schulungen zum Thema Ernährung an im Rahmen eines ganzheitlichen Rehabilitationskonzeptes. Die Umsetzung der Strukturvorgaben wird jedoch sehr unterschiedlich gehandhabt. Während es zunehmend mehr vorbildliche Konzepte gibt und insgesamt die Motivation der Ernährungstherapeuten sehr hoch ist, findet man in anderen Einrichtungen dennoch Verbesserungsmöglichkeiten. Folgende Entwicklungspotentiale seien beispielhaft genannt: - Erheben einer Ernährungsanamnese - Ausbau der Schnittstelle Arzt und Diätassistent/Oecotrophologe - Etablierung von Ernährungsteams in bestimmten Indikationen - regelmäßige Teilnahme der Diätassistenten/Oecotrophologen an den Reha Teambesprechungen - Integration der ernährungstherapeutischen Aspekte in den Entlassungsbericht - Bahnung von ernährungstherapeutischer Nachsorge - Fortbildungsangebote intern und extern von und für Diätassistenten/ Oecotrophologen Die Deutsche Rentenversicherung Bund hat durch das komplett neu erstellte „Handbuch Ernährungsmedizin in der Rehabilitation“ einen wichtigen Impuls gesetzt. Neu ist weiterhin, dass seit diesem Jahr die Ernährungsberatung- und –therapie ein eigenes Kapitel (Kapitel M) im Katalog therapeutischer Leistungen erhalten hat und somit auch deutlicher bei der externen Qualitätssicherung abgebildet werden kann. Schließlich gibt es seit diesem Jahr die Möglichkeit, auf dem Deckblatt des überarbeiteten Reha-Entlassberichtes die Empfehlung für eine ambulante Ernährungstherapie anzukreuzen. Ich möchte die in der Rehabilitation tätigen Diätassistenten/Oecotrophologen ermutigen bei ihrer wichtigen Aufgabe, Patienten zu schulen und deren Selbstverantwortung für die eigene Gesundheit zu stärken Klassifikation therapeutischer Leistungen (KTL 2015) in der medizinischen Rehabilitation – Ernährungsmedizinische Leistungen Anke Mitschele, Lindow, B. [email protected] Seit 1997 ist die Klassifikation therapeutischer Leistungen (KTL) für die medizinische Rehabilitation der Rentenversicherung ein bewährtes Instrument, durchgeführte therapeutische Leistungen in den Reha-Einrichtungen zu dokumentieren (DRV, 2007). Die KTL-Dokumentation ist Bestandteil der Reha-Entlassungsberichte und hat das Ziel, die therapeutischen Prozesse möglichst vollständig abzubilden (Zander et al., 2009). Die sachgerechte Erbringung einer therapeutischen Leistung setzt die Erfüllung bestimmter Mindeststandards, die für jede Leistung in Form spezifischer Qualitätsmerkmale definiert sind, voraus. Diese Mindeststandards beinhalten unter anderem Parameter wie Mindestdauer und Wiederholungsfrequenz. Die KTL gilt gleichermaßen für alle Bereiche der medizinischen Rehabilitation. Sie ist sowohl in der stationären als auch der ambulanten Rehabilitation anzuwenden. Sie bildet die Basis der Leistungserfassung in der Rehabilitation von Erwachsenen als auch in der Kinder- und Jugendlichen- Rehabilitation. Zudem ist die KTL eine Grundlage für die von der Deutschen Rentenversicherung benutzten Reha-Therapiestandards (RTS) für definierte Krankheitsgruppen, in denen für einzelne Zielstellungen Mindestanforderungen in Evidenzbasierten Therapiemodulen (ETM) formuliert sind. Aktualisierung der Klassifikation therapeutischer Leistungen Die Einführung neuer Konzepte oder Änderungen von Rahmenbedingungen der Rehabilitation erfordern regelmäßige Anpassungen der KTL. Aus diesem Grund wurde die KTL 2007 von der DRV Bund gemeinsam mit dem Institut für Rehabilitationsmedizinische Forschung an der Universität Ulm im Rahmen des Projekts „Aktualisierung der Klassifikation therapeutischer Leistungen (KTL)“ vollständig überarbeitet. Einer der wesentlichen Änderungen der neuen KTLAuflage ist das Kapitel der ernährungsmedizinischen Leistungen. Ernährungsmedizinische Leistungen In der Rehabilitation ist die möglichst individuelle Befähigung und Unterstützung der Rehabilitanden in der Bewältigung des alltäglichen Lebens von zentraler Bedeutung. Aus diesem Grund spielen die ernährungsmedizinischen Leistungen in der Rehabilitation eine gewichtige Rolle. Alle ernährungsmedizinischen Leistungen sind in einem Kapitel zusammengefasst. Dieses Kapitel umfasst die Abstimmung zu verschiedenen Kostformen wie auch unterschiedliche auf Beratung ausgerichtete ernährungstherapeutische Leistungen. Besonderer Wert wird darüber hinaus auf praktische Übungen gelegt. Unter diesem Gesichtspunkt beinhaltet das Kapitel M Praxisanteile, in deren Fokus die Umsetzung des Erlernten in den Alltag steht. Bei der Dokumentation der verschiedenen Kostformen wird ausdrücklich nicht die Verordnung, Verabreichung oder Zubereitung der Mahlzeiten codiert. Die KTL erfasst die Abstimmung zwischen Therapeut und Rehabilitand zur jeweiligen Kostform. In dem Beitrag werde ich die Rolle der Klassifikation therapeutischer Leistungen in der Deutschen Rentenversicherung skizieren, auf die Neuerungen in der aktualisierten Version im Hinblick auf die ernährungsmedizinischen Leistungen eingehen und anhand von exemplarischen Auswertungsbeispielen diese aufzeigen. Deutsche Rentenversicherung (Hrsg.) (2007): KTL – Klassifikation therapeutischer Leitungen in der medizinischen Rehabilitation. (5. Aufl.). Zander, J., Beckmann, U., Sommhammer, B., Klosterhuis, H. (2009): Therapeutische Versorgung in der medizinischen Rehabilitation – mehr Transparenz mit der Klassifikation therapeutischer Leistungen. RVaktuell, Jg. 56, H. 5/6. 186-194. Deutsche Rentenversicherung Bund (Hrsg.) (2013): Ernährungsmedizin in der Rehabilitation - Allgemeine Grundlagen - Indikationen und Ernährung. Wie motiviere ich zu gesunder Ernährung? - Gruppenprogramme für die Rehabilitation Andrea Reusch [email protected] Viele Rehabilitanden werden damit konfrontiert, ihr Essverhalten zu ändern, sei es auf Grund der primären Indikation, die eine Diät erforderlich macht, oder auf Grund von Adipositas bzw. Übergewicht als Sekundärindikation und Risikofaktor bei einer chronischen Erkrankung. Eine Veränderung des Lebensstils, wie es das Essen darstellt, ist sehr aufwändig. Essgewohnheiten und Vorlieben werden bereits in der Kindheit angelegt und sowohl vom familiären als auch später vom sozialen und beruflichen Umfeld geprägt. Beim Essen handelt es sich meist um automatisierte und sehr komplexe Handlungen, die von vielen Faktoren beeinflusst werden. Die Erfahrung in der Ernährungsmedizin zeigt, dass die einfache Empfehlung und Information zur Ernährungsumstellung häufig nicht ausreicht, um zu einer dauerhaften Lebensstiländerung zu motivieren. Personen mit Adipositas haben zudem besondere psychische Problemlagen, ggf. eine psychische Komorbidität und eine andere Motivationslage als übergewichtige oder normalgewichtige Rehabilitanden. Die Rehabilitation bietet deshalb ein umfassendes Konzept mit einem multidisziplinären Team von Diätassistenten, Ökotrophologen, Sozial-Pädagogen bzw. -Arbeitern, Psychologen und Ärzten. Eine differenzierte Diagnostik möglicher psychischer Ursachen, Begleitsymptome und aufrechterhaltenden Bedingungen ermöglicht zudem eine gezielte Zuweisung zu den verschiedenen Therapieangeboten. Hierzu zählen als Basis die individuelle Ernährungsberatung, die Ernährungsschulung in Gruppen sowie das Einkaufstraining und die Lehrküche, und darauf aufbauend, psychotherapeutische Gruppen. Dabei wird Wissen zu Nahrungsbestandteilen und Energiebilanzierung vermittelt, zur gesunden Ernährung wird motiviert und beraten sowie das Einkaufen und Zubereiten gesunder Lebensmittel geübt. Die didaktisch-therapeutischen Methoden reichen von patientenorientierter Information über Gespräche und Diskussionen bis hin zu konkreten Planungen und Übungen. Es existieren in ausreichender Zahl publizierte, deutschsprachige Curricula bzw. Manuale für die Ernährungsschulung in Gruppen. Diese verwenden verhaltenstherapeutische und gesundheitspsychologische Strategien, die aus der Theorie abgeleitet sind. Internationale Befunde belegen die Evidenz einiger dieser Strategien, insbesondere der Selbstbeobachtung und Handlungsplanung. Für die deutschsprachigen Programme, die im Rahmen der medizinischen Rehabilitation verwendet werden, steht der Nachweis ihrer Wirksamkeit noch aus. Es werden besondere Strategien und didaktische Techniken exemplarisch vorgestellt, die genutzt werden können, um die Rehabilitanden zur langfristigen Lebensstiländerung zu motivieren. Public Health Nutrition Mit Weitblick für die Ernährung - Public Health Nutrition Prof. Dr. Kathrin Kohlenberg-Müller [email protected] Public Health Nutrition fokussiert als Spezialgebiet von Public Health auf die Vermeidung ernährungsmitbedingter Erkrankungen durch die Veränderung sowohl von Verhalten als auch von Verhältnissen. Public Health ist die Wissenschaft und Praxis zur Verhütung von Krankheiten, zur Verlängerung des Lebens und zur Förderung von physischer und psychischer Gesundheit unter Berücksichtigung einer gerechten Verteilung und einer effizienten Nutzung vorhandener Ressourcen. Public Health Nutrition zielt auf die Gesunderhaltung der Bevölkerung und besonders gefährdeter Bevölkerungsgruppen durch Ernährung ab und ist deswegen interdisziplinär ausgerichtet. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes mellitus, Krebs und Atemwegserkrankungen zählen zu den vier wichtigsten nichtübertragbaren Erkrankungen (Non Communicable Diseases, NCD). Sie verursachen in der europäischen WHO-Region 77% der Krankheitslast und 86% der vorzeitigen Sterblichkeit. Als führende Risikofaktoren gelten Übergewicht sowie der übermäßige Verzehr energiedichter Nahrung, gesättigter Fettsäuren, Transfettsäuren, Zucker und Salz sowie der zu geringe Verzehr von Gemüse, Obst und Vollkornprodukten. Übergewicht und Adipositas sind bei Kindern und Jugendlichen hoch prävalent, benachteiligte Gruppen der Bevölkerung sind besonders betroffen. Daneben ist aber auch die Mangelernährung von Bedeutung. Vor diesem Hintergrund sind die Förderung einer gesunden und abwechslungsreichen Kost sowie deren Zugänglichkeit (verfügbar und bezahlbar) ein wichtiges Instrument, um Gesundheit, Wohlbefinden und Lebensqualität in der Bevölkerung bis ins hohe Alter zu steigern und gesundheitliche Ungleichheiten zu vermeiden. Der Europäische Aktionsplan Nahrung und Ernährung (2015 – 2020) setzt hier an. Er wurde von der WHO -Regionalkomitee für Europa unter Berücksichtigung nationaler Kontexte, Gesetzgebungen und kultureller Aspekte der Ernährung im September 2014 angenommen und knüpft an die globalen Rahmenkonzepte zur Prävention und Bekämpfung nichtübertragbarer Krankheiten (NCD) und zur Verbesserung der Ernährung von Mutter, Neugeborenem und Kleinkind an. Fünf Leitprinzipien wurden formuliert, darunter: „Ungleichheiten im Zugang zu gesunder Nahrung abbauen, wie in „Gesundheit 2020“ ausgeführt“, „Menschen und Gemeinschaften durch gesundheitsförderliche Umfelder befähigen“ und „einen Ansatz des Lebensverlaufs fördern“. Gemäß den nationalen Gegebenheiten sollen die Mitgliedstaaten nun Strategien und Aktionspläne entwickeln und ausweiten. Wie diese für Deutschland aussehen können, wird derzeit auf verschiedenen Ebenen diskutiert. Public Health Nutrition beruht auf Konzepten und folgt dabei einem strukturierten und transparenten Arbeiten nach dem Public Health Action Cycle. So werden ernährungsbezogene Gesundheitsprobleme auf Bevölkerungsebene identifiziert und bewertet (Assessment), qualitätsgesicherte Interventionen zur Gesundheitsförderung geplant und entwickelt (Policy Development). Die geplanten Interventionen werden in den vorgesehenen Settings umgesetzt (Assurance) und anschließend erfolgt eine Evaluation der durchgeführten Interventionen (Evaluation). Das Prozessmodell zeigt ebenfalls, wie vielfältig die Arbeitsgebiete dieser noch jungen Fachdisziplin Public Health Nutrition sind. Es ergeben sich zahlreiche Schnittstellen zur Diätetik. WHO Regionalkomitee für Europa (2014) Europäischer Aktionsplan Nahrung und Ernährung (2015 – 20120) http://www.euro.who.int/__data/assets/pdf_file/0019/255502/64wd14g_FoodNutAP_140426.pdf?ua=1, Abruf am 03.03.2015 Blättner B (2007) Lösungsstrategien von Public Health Nutrition. Ernährung; 1: 352-359 Salz und Gesundheit - weniger ist mehr: Warum wir mehr tun müssen für weniger Salz in der Ernährung Dr. Leonie Knorpp Der Essalltag als Gegenstand der Diätetik Prof. Dr. Jana Rückert-John In der Ernährungsberatung und -kommunikation wird heute (immer noch) allzu häufig von einer Kluft zwischen Bewusstsein beziehungsweise Wissen und Handeln ausgegangen. Eine grundlegende Annahme ist dabei, dass gängige Praktiken des Essalltags defizitär sind, mehr Informationen und „besseres“ Wissen aber zu einer bewussteren und gesünderen Ernährung führen. Trotz vieler Anstrengungen sind die Erfolge derartiger Interventions- und Bildungsmaßnahmen eher bescheiden. Ursachen dafür lassen sich zum einen darin erkennen, dass alltägliche Ess- und Ernährungspraktiken überschätzt werden, wenn das Wissen über gesundheitliche Folgen der Ernährung als Motiv für entsprechende gesundheitsorientierte Ernährungspraktiken angenommen wird. Jedoch ist aus zahlreichen Studien bekannt, dass Wissen lediglich einen Faktor bei der Gestaltung des Essalltags darstellt und häufig trotz „besseren“ Wissens „schlecht“ gegessen wird. Zum anderen werden Ernährungspraktiken unterschätzt, wenn allein vor dem Hintergrund abstrakter und alltagsferner Ernährungsempfehlungen die Rationalität und damit die Vernunft der jeweiligen Ernährungspraktiken im Alltag angezweifelt werden. Diese sind jedoch ganz und gar nicht unvernünftig, weil sich solche Ernährungspraktiken im alltäglichen Vollzug unproblematisch bewähren. Eine alternative Perspektive, die an Überlegungen soziologischer Praxistheorien anschließt und die im Rahmen des Vortrages für die Diätetik diskutiert werden soll, setzt beim Essalltag an. Mit ihr kann der Essalltag, der aus routinierten, habitualisierten und vorreflexiven Praktiken besteht, zunächst ergründet und hinsichtlich seiner Rationalität entdeckt werden. Hierbei geht es darum, die vorherrschenden Alltagslogiken anzuerkennen, um so von ihnen zu lernen, statt sie gleich mittels moralischer Ernährungskommunikation zu diskreditieren. Mit diesem alternativen Ansatz wird eine grundsätzliche Umstellung der Forschungsperspektive vorgenommen, nämlich vom Alltagshandeln auf das dabei zugrundgelegte Wissen und Können zu schließen. Damit wird nicht – wie in bisheriger Weise – eine Defizitperspektive an die Ernährungspraktiken angelegt, sondern auf Potenzialerkennung umgestellt. Gewichtsreduktionsprogramme Bodymed - Dr. Hardy Walle M.O.B.I.L.I.S. - Andreas Berg Optifast-52 - Dr. Julia Pilgram Doc Weight - Dr. Birgit Schilling-Maßmann Vergleich und kritische Wertung, Round Table Diskussion Labyrinth Gesundheitswesen Institutionen im Gesundheitswesen: Welche muss man kennen? Welche Aufgaben haben sie? - Ein Überblick Dr. Roy Kühne Ernährungsmedizin in der Vertragsarztpraxis - geht das überhaupt? Ein Einblick Dr. Thomas Kauth Der Gemeinsame Bundesausschuss - Wer ist das und was ist seine Aufgabe? Mario Hellbardt Evidenzbasierte Medizin - Einführung und Durchblick Dr. Alric Rüther Evidenzbasierte Medizin ist in den letzten Jahren sehr in Mode gekommen. Insbesondere der englische Begriff „evidence based medicine“ findet sich beinahe überall im Gesundheitswesen, von Gesetzestexten über Fachartikel bis hin zu Leitlinien und praxisinternen Arbeitsanweisungen. Entscheidungen aller medizinischen Disziplinen sollen auf aktueller Wissenschaft basieren, das ist die Forderung. Das klingt zunächst logisch, doch wie soll das funktionieren? Ist die individuelle Medizin Sklave der Wissenschaft? Wie kann das in die Praxis umgesetzt werden? Um diese Fragen zu beantworten, macht es Sinn, kurz die Situation der modernen Medizin zu betrachten. Eine hochkomplexe Forschungsmaschinerie liefert kontinuierlich wichtige Ergebnisse, die in die Praxis umgesetzt werden sollen. Parallel dazu erwartet der mündige Patient die Berücksichtigung individueller Bedürfnisse. Dies alles vor dem Hintergrund persönlicher Erfahrungen und Kenntnisse der/des Therapeutin/en in Kombination mit den organisatorischen und wirtschaftlichen Anforderungen der Arbeitsumgebung. Die Praxis der modernen Medizin gleicht immer mehr der Aufgabe des Sisyphos. Hier hilft die Philosophie der evidenzbasierten Medizin. Sie zeigt eben nicht den erhobenen Zeigefinger einer Kochbuchmedizin, sondern liefert vielmehr Methoden und Werkzeuge, den Wissenschaftsberg zu bewältigen und einzusetzen. Die Bandbreite reicht von Transportmedien wie systematische Übersichtsarbeiten, HTA und Leitlinien bis hin zu elektronischen Hilfen und statistischen Methoden, z. B. die „Number Needed to Treat“. Alles mit dem Ziel, aktuelle wissenschaftliche Ergebnisse in die therapeutische Entscheidung zu integrieren, ohne die Bedürfnisse des Patienten oder die Erfahrung der/s Therapeutin/en zu verdrängen. Evidenzbasierte Medizin versteht sich als Unterstützung, ja Vereinfachung des therapeutischen Alltags. Der Vortrag geht auf die Philosophie der Evidenzbasierten Medizin ein und zeigt Wege und Methoden für den Einsatz in der therapeutischen Praxis: für einen besseren Durchblick. Patientenorientierte Beratung mit dem roten Faden der Evidenz - Erfahrungen aus der Beratungspraxis Antje Schröder Viele medizinische Fachgesellschaften entwickeln zur Diät– und Ernährungstherapie eigene evidenzbasierte Leitlinien. Für die beratende Tätigkeit einer/s Diätassistenten/in ist es heute unumgänglich, sich mit diesem Thema auseinander zu setzen. Leitlinien bieten eine gute Orientierung und Hilfestellung für die Beratungspraxis. Neben der wissenschaftlichen Aussage stehen jedoch gleichbedeutend die Erfahrung der/s Diätassistentin/en sowie der Patient mit seinem Alltag und seinen Bedürfnissen. Wie kann nun der rote Faden der Evidenz patientenorientiert umgesetzt werden? Am Beispiel des Krankheitsbildes Gestationsdiabetes wird der Einsatz der evidenzbasierten Medizin im Beratungsalltag dargestellt. Dabei wird besonders auf die Verbindung der Leitlinien Gestationsdiabetes der DDG mit der therapeutischen Erfahrung und den individuellen Bedürfnissen der Patientinnen eingegangen. Prävention Gesundheitsförderung wirksam gestalten - Altes vom Präventionsdilemma und Neues vom Präventionsgesetz Thomas Altgeld Kann man Daten essen - oder der Beitrag der Gesundheitsberichterstattung zur Ernährungsbildung und Prävention Dr. Elke Bruns-Philipps Handlungsfeld Gemeinde - wie lassen sich Bürger/innen zu gesunder Ernährung motivieren? Prof. Dr. Julika Loss Gesundheitsförderung und Prävention im Lebensraum („Setting“) Gemeinde hat das Ziel, das Interesse der Bevölkerung für Gesundheitsfragen in ihrem Lebensraum zu wecken und verschiedene präventive Maßnahmen auf Gemeindeebene umzusetzen. Dabei sollten verhaltens- und verhältnisorientierte Maßnahmen kombiniert umgesetzt werden, um Menschen in der Gemeinde zu gesunder Ernährung zu motivieren. Verhaltensprävention soll gesundheitsriskantes Verhalten durch Wissen und Einstellungen verändern. Hierzu sollten Gemeindemitglieder z.B. mit Vorträgen, Infoständen, Plakaten oder ernährungsbezogenen Kursen direkt angesprochen werden. Um eine hohe Reichweite zu erreichen, sollten auch Lebenswelten, die zur Gemeinde gehören, einbezogen werden, z.B. Aufklärungsaktionen oder Wettbewerbe in Schulen, Betrieben oder Krankenhäusern. Je besser die Informationen auf die Bedürfnisse der Zielgruppe zugeschnitten werden, desto stärker ist von einer Motivation auszugehen. Dazu kann es manchmal hilfreich sein, sich auf eine Zielgruppe zu fokussieren (z.B. Kinder oder Ältere), und einfache Botschaften zu vermitteln (z.B. weniger Softdrinks trinken). Auch die Einbindung von regionalen „Prominenten“ unterstützt die Motivation. Motivation heißt auch: Rahmenbedingungen zu schaffen, die gesundes Verhalten erleichtern. Im Ernährungsbereich ist belegt, dass ein hohes Angebot von ungesunden Nahrungsmitteln (z.B. Snack-Automaten in Schulen, Fastfood-Restaurants in der Gemeinde) den Konsum derartiger Nahrungsmittel erhöht. Verhältnisorientierte Maßnahmen haben in der Gemeinde das Ziel, Lebenswelten zu schaffen, die gesundes Verhalten unterstützen. Für den Bereich Ernährung bedeutet dies v.a., Zugang zu gesundem Essen zu erleichtern. Dies betrifft die Verpflegungs- und Lebensmittelangebote in Kindergärten, Schulen, Betrieben sowie im lokalen Einzelhandel und Lebensmittelgewerbe. Denkbar ist aber auch z.B. die Einrichtung von Gemeindegärten zum Obst- und Gemüseanbau. Bei allen Maßnahmen ist es wichtig, die Zielgruppe einzubinden, um sie besser zu verstehen und die Akzeptanz von Programmen zu verbessern (Partizipation). Idealerweise sollte man Bürger dazu motivieren und befähigen, selber für gesunde Ernährung in ihrer Gemeinde aktiv zu werden (sog. Empowerment-Ansatz), indem sie eigene Angebote schaffen oder Strukturen verbessern. In eigenen Studien hat sich gezeigt, dass Bürger sich eher durch den Bezug zu Verbraucherschutz, biologischen oder regionalem Anbau für Ernährungsthemen engagieren und weniger durch den Gesundheitsbezug. Erfahrungsgemäß sprechen v.a. Frauen aus einer gebildeten Mittelschicht auf Ernährungsprogramme an. Ziel für gemeindenahe Ansätze sollte auch sein, diejenigen zu motivieren, die schwer motivierbar sind (Soziale Ungleichheit als Fokus!). Wechselwirkungen zwischen Arzneimitteln und Nahrungsmitteln Wechselwirkungen zwischen Arzneimitteln und Nahrungsmitteln: Was ist klinisch relevant? Prof. Dr. Martin Smollich Durch Wechselwirkungen zwischen Arzneimitteln und Nahrungsmitteln kann es unter Umständen zu gravierenden Risiken für die betroffenen Patienten kommen. So können die Folgen einer nicht erkannten Wechselwirkung zwischen einem Arzneimittel und der gleichzeitig aufgenommenen Nahrung von Wirkungsabschwächung und völligem Wirkungsverlust bis hin zu lebensgefährlichen Intoxikationen reichen. Darüber hinaus haben bestimmte Wirkstoffe direkte Effekte auf den Appetit, das Körpergewicht und den Geschmackssinn. In der Folge kann es dann häufig zu Therapieversagen, vermeidbaren Nebenwirkungen, Überdiagnostik und Übertherapie kommen. Obwohl die Risiken dieser Wechselwirkungen mitunter erheblich sein können, ist der ursächliche Zusammenhang den meisten Patienten, aber auch sehr vielen Ärzten und Ernährungsfachkräften weitestgehend unbekannt. Die Angst vor der Komplexität dieser Wechselwirkungen, die im Einzelfall jedoch therapieentscheidend sein können, ist groß. In der Praxis beschränkt sich dies dann auf die eher unwesentliche Frage, ob ein Arzneimittel vor oder nach dem Essen eingenommen werden soll. Entsprechend herrscht an dieser Stelle noch großer Bedarf an weitergehender Kompetenzbildung. Mit diesem Vortrag sollen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer für dieses wichtige Thema sensibilisiert und die Lage versetzt werden, Wechselwirkungen zwischen Arzneimitteln und Nahrungsmitteln sicher zu erkennen und gefährliche Folgen für den Patienten zu vermeiden. Nach Darstellung der zugrundeliegenden Mechanismen liegt der Schwerpunkt darauf, relevante von unrelevanten Wechselwirkungen zu unterscheiden. Denn bereits bei Berücksichtigung einiger weniger, aber entscheidender Aspekte ist es möglich, den Therapieerfolg zu gewährleisten und gesundheitliche Schäden durch die Wechselwirkung von Arzneimitteln und Nahrungsmitteln abzuwenden. Kurzdarm, Morbus Crohn, Colitis ulcerosa aus Sicht des Ernährungsmediziners Prof. Dr. Johann Ockenga Neues aus Industrie und Wissenschaft I Brennpunkt Gluten Expertenrunde zur aktuellen Leitlinie und Beratungspraxis bei Zöliakie und Gluten-/ Weizensensitivität durchgeführt von Dr. Schär GmbH Ute Körner, Dr. Michael Schumann Leitlinien bieten Ernährungsfachkräften eine wertvolle Unterstützung für die tägliche Arbeit. Hier werden praxisrelevante Empfehlungen ausgesprochen, die auf dem aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand zu klinischem Bild, Diagnostik und Therapie basieren und zuvor in einer Expertengruppe bewertet wurden. Rund um die Zöliakie wurde 2014 eine sog. S2k-Leitlinie veröffentlicht. Wie lauten die aktuellen Empfehlungen? Hat sich etwas zu früheren Richtlinien geändert? Diesen Fragen geht Dr. med. Michael Schumann, Berlin, im Rahmen der Expertenrunde auf den Grund. Von besonderer Bedeutung ist beispielsweise eine neue Nomenklatur zu Verlaufsformen der Zöliakie, mit der Unklarheiten bei der Bezeichnung der verschiedenen Erscheinungsformen vermieden werden sollen. So wird empfohlen, Begriffe wie typische, overte oder silente Zöliakie zukünftig nicht weiter zu verwenden und auch nicht mehr von einer „einheimischen Sprue“ zu sprechen. Ferner gibt die Leitlinie detaillierte Empfehlungen zur Diagnostik und Beratung eines neu-betroffenen Patienten. Hinsichtlich der Glutensensitivität hat die Leitliniengruppe den Begriff Nicht-Zöliakie-Nicht-Weizenallergie-Weizensensitivität (kurz: Weizensensitivität) festgelegt. International wird hingegen nach wie vor von einer Non Celiac Gluten Sensitivity gesprochen. Dr. Schumann stellt in der Expertenrunde die Unterschiede zwischen den drei Erscheinungsformen Zöliakie, Weizenallergie und Gluten-/Weizensensitivität vor und diskutiert, ob eine glutenfreie Ernährung auch positive Auswirkungen für einen Teil der Reizdarmpatienten haben kann. Den praktischen Part rund um die Ernährungstherapie von Patienten mit Zöliakie, Weizenallergie oder Gluten-/Weizensensitivität übernimmt im Rahmen der Expertenrunde Ute Körner, Köln. Die Diplom-Oecotrophologin schildert, wie die neue Leitlinie konkret in der Ernährungstherapie (ETH) umgesetzt wird. Sie geht vor allem darauf ein, wie die ETH die Diagnosestellung begleitet und welche Unterschiede es in der Behandlung einer Zöliakie und einer Gluten/Weizensensitivität gibt. Ihr ist dabei wichtig, die Kolleginnen und Kollegen zu informieren, wie sie anhand eines Ernährungs- und Symptomtagebuches Diätfehler ihrer Patienten entdecken können und eine bestmögliche Compliance der glutenfreien Ernährung erreichen. Dazu stellt sie die bewährte Drei-Stufen-Beratung vor, die drei aufeinander aufbauende Beratungsgespräche umfasst. Damit bekommen Patienten die einzelnen Aspekte rund um die glutenfreie Ernährung anschaulich vermittelt und erfahren dabei, dass sie nicht auf Genuss verzichten müssen. Im Anschluss an die Kurzvorträge folgt eine moderierte Podiumsdiskussion zwischen den Experten und dem Auditorium. Auditor für Lebensmittelsicherheit - Beruf und Berufung: Perspektiven für Diätetik und Ernährungsmedizin Thorsten Steinhübel, TÜV SÜD Food Safety Institute GmbH Was erwarten die Kunden? Welche Qualifikationen müssen die Auditoren eigentlich mitbringen, wenn es um Hygiene, HACCP und die begleitende Analytik im Lebensmittellabor geht. Was sind die Perspektiven? Die wichtigsten Meilensteine und Herausforderungen des Auditings werden aufgezeigt. Schließlich sind alle, die Lebensmittel in Verkehr bringen, absolut auf die Fach- und Beratungskompetenz der Prüfer angewiesen. Verbraucherschutz, die Vermeidung gesundheitlicher Risiken und etwaiger Haftungsansprüche sind dabei nur einige Stichworte. Gerade Diätassistenten sind oft eine wichtige Schnittstelle, wenn es um die stetige Weiterentwicklung des Qualitäts- und Hygienebewusstseins geht. TÜV SÜD Food Safety Institute im Verbund mit dem Labor TÜV SÜD ELAB sind seit 30 Jahren für zahlreiche Unternehmen aus der Lebensmittelbranche tätig. Dazu zählen namhafte Kunden aus den Bereichen Catering, Gastronomie, Kliniken und Retail. Eine hohe Expertise und langjährige Erfahrung resultiert auch aus dem Feld Airline-Catering, hier ist TÜV SÜD verantwortlich für die Gewährleistung der Lebensmittelsicherheit an zahlreichen nationalen und internationalen Flughafen-Standorten. Weitere Informationen zum Thema Lebensmittelsicherheit und Analytik finden Sie unter www.tuev-sued.de/fsi und www.tuev-sued.de/elab. Onkologie Praktische Umsetzung moderner ernährungsmedizinischer Erkenntnisse im Krankenhaus - das "Kasseler Modell" Prof. Dr. Christian Löser Gezielte individuelle Ernährungsintervention ist nach unseren heutigen Überzeugungen integraler effizienter Bestandteil der ärztlichen Therapie und Prävention. Unter-/ Mangelernährung ist ein hochrelevanter unabhängiger Risiko- und Kostenfaktor; kontrollierte Interventionsstudien und Metaanalysen belegen überzeugend, dass durch gezielte Ernährungsintervention alle harten klinischen Outcomeparameter, wie Morbidität, Mortalität, Lebensqualität sowie Pflege-/Behandlungskosten signifikant beeinflusst werden können. Vor diesem Hintergrund ist für Krankenhäuser und Pflegeinstitutionen die frühzeitige Erkennung und individuell konsequente Behandlung von Unter-/Mangelernährung auf der Basis der komplexen heute etablierten Möglichkeiten eine wichtige medizinische Aufgabe. Das Rote Kreuz Krankenhaus in Kassel hat im Rahmen seines Schwerpunktes „Klinische Ernährungsmedizin“ das „Kasseler Modell“ etabliert, mit dem konkrete Strategien und Maßnahmen moderner Ernährungsmedizin im Krankenhaus einfach, effektiv und nachhaltig umgesetzt werden können. Das „Kasseler Modell“ sowie das neue „Proenergy-Konzept“ sind im klinischen Alltag fest etabliert und setzen unsere modernen ernährungsmedizinischen Erkenntnisse effektiv im Klinikalltag um. Wesentliche Schwerpunkte des „Kasseler Modells“ sind die Einrichtung eines professionellen, interdisziplinären Ernährungsteams, Etablierung eines Kostformenkatalogs, Bereitstellung von speziellen Menülinien mit insbesondere täglich frisch hergestellten, geschmacklich sehr attraktiven energie- und nährstoffdichten Spezialmenüs, supportive Gabe energiereicher Zwischenmahlzeiten, konsequentes Ernährungsscreening, Etablierung ernährungsmedizinischer klinischer Behandlungspfade, Motivation, Instruktion und Weiterbildung von Mitarbeitern, spezifische Ernährungskonsile, Professionalisierung der Klinikküche, Optimierung der Essensversorgung auf Station, deutliche Erweiterung der Attraktivität einer großen täglichen Menüauswahl sowie die Einrichtung einer multiprofessionellen Ernährungskommission, die sich um die konsequente Weiterentwicklung aller praktisch relevanten Belange rund um eine optimale Krankenhausernährung kümmert. Evidenzbasierte Medizin in der onkologischen Diätberatung – Relevanz in der Praxis Dennis Grotjahn, Nadine Grundschok Krebserkrankungen nehmen in der Gesellschaft einen immer größeren Stellenwert ein, was sich aus der hohen Zahl der Neuerkrankungen pro Jahr ergibt (2010 ca. 477.000 neue Diagnosen), deren Tendenz steigend ist sowie auch die Zahl der Todesfälle [1]. Krebserkrankungen sind auch 2013 nach Herz-Kreislauferkrankungen auf Rang zwei der Todesursachen [2]. Der Stellenwert der Diät- und Ernährungstherapie in diesem Kontext wird bisher unter dem Stichwort supportive Therapie als wichtiges Element verstanden [3]. Die onkologische Diätberatung verfolgt das Ziel, eine Mangelernährung und insbesondere einen Proteinmangel zu vermeiden. Dies schließt die Verbesserung der Lebensqualität mit ein, indem nahrungs- und therapieabhängige Beschwerden beseitigt oder vermindert werden. Nach totalen oder partiellen Resektionen an Organen, die an der Verdauung beteiligt sind, gilt es, den Patienten hinsichtlich der veränderten Digestion zu beraten. Eine Krebserkrankung ist, je nach Entität, häufig mit einem Gewichtsverlust verbunden, daher ist ein weiteres Ziel in der Diätberatung, eine Gewichtsstabilisierung und/oder eine Gewichtszunahme zu erzielen [4]. Welche Möglichkeiten und Informationen stehen uns derzeit zur Verfügung, um Patienten bestmöglich zum Thema „Ernährung bei Krebs“ zu beraten und dabei den aktuellen wissenschaftlichen Stand zu berücksichtigen? Um diese Fragestellung beantworten zu können, müssen wir in den Bereich der evidenzbasierten Medizin (EbM) hineingehen. Unter EbM ist „der gewissenhafte, ausdrückliche und vernünftige Gebrauch der gegenwärtig am besten externen, wissenschaftlichen Evidenz für Entscheidungen in der medizinischen Versorgung individueller Patienten“ zu verstehen [5]. Als Ernährungsfachkräfte sind wir in unserem Berufs-/Beratungsalltag dazu verpflichtet, nach wissenschaftlich fundierten Grundlagen zu handeln [6]. Damit onkologische Patienten einer Mangelernährung entgegenwirken können, gibt es zahlreiche Broschüren für Patienten und Fachpersonal. Diese beinhalten Empfehlungen, um eine Gewichtsabnahme und therapiebedingte Nebenwirkungen zu vermeiden. Der Autor einer Broschüre für Patienten empfiehlt 2014 während der onkologischen Therapie „Bleiben Sie so schlank wie möglich und zwar im Bereich des normalen Körpergewichts.“ [7]. Eine 2009 veröffentlichte Übersichtsarbeit zeigt jedoch, dass gerade Männer mit einer onkologischen Erkrankung von leichtem Übergewicht profitieren und auch bei einer Adipositas Grad I noch kein erhöhtes Risiko für Komorbiditäten oder Mortalität aufweisen [8]. Es ist also wichtig, auch die Aktualität und die Herkunft der verwandten Quellen im Blick zu behalten. Relevant für den Berufs-/Beratungsalltag in den Kliniken und Praxen wird EbM, wenn Leitlinien neue Behandlungsstandards festlegen und in der Bewertung von Ideen und Wünschen, mit denen Patienten die Berater konsultieren. EbM kann ihnen als Argumentations- und Bewertungshilfe dienen, womit EbM auch für die Praktikerinnen eine direkte Relevanz haben kann. [1] Robert Koch Institut (2013): Datenbank – Krebs Gesamt. URL: http://www.krebsdaten.de/Krebs/DE/Content/Krebsarten/Krebs_gesamt/krebs_gesamt_node.html Zugriff: 21. Februar 2015. [2] Statistischs Bundesamt (2015): Statistik der Todesursachen. URL: https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/Gesundheit/Todesursachen/Todesursachen.html Zugriff: 21. Februar 2015. [3] Arends J et al. (2003): S3 Leitlinie non-surgical oncology. URL: www.awmf.org/ Zugriff: 21. Februar 2015. [4] Verband der Diätassistenten – Deutscher Bundesverband (VDD) e.V. (Hrsg.)(1999): VDD-Qualitätsstandards. Düsseldorf: VDD, S. 84-85. [5] Sackett, D.L., Rosenberg, W.M.C., Gray, J.A.M., Haynes, R.B., Richardson, W.S. (1997): Was ist Evidenz-basierte Medizin und was nicht? In: Münch. med. Wschr. 139 (44), S. 644-645. [6] Verband der Diätassistenten – Deutscher Bundesverband (VDD) e.V. (Hrsg.)(2002): VDD-Berufsrichtlinien. Düsseldorf: VDD, S. 5. [7] Krumwiede K-H (2014): Ernährung bei Krebs. Deutsche Krebshilfe (Hrsg.). Bonn: Eigendruck. [8] Lenz M, Richter T, Mühlhauser I (2009): Morbidität und Mortalität bei Übergewicht und Adipositas im Erwachsenenalter. Dtsch Arztblt Int 2009; 106 (40): 641-8. Individualisierte Ernährungsberatung in der Onkologie Andrea Willeke Die individualisierte Ernährungsberatung ist wesentlicher Bestandteil integrativer onkologischer Behandlungsstrategien. So wurden in den letzten Jahren für eine ganze Reihe von Tumorentitäten zahlreiche neuartige Therapieprinzipien entwickelt, welche die Prognose der Patienten teilweise deutlich verbessern. Hierbei stehen nicht nur die Überlebenszeit, sondern vor allem auch die Verträglichkeit der Therapeutika und die Lebensqualität der Betroffenen im Mittelpunkt. Eine individualisierte Ernährungsberatung zielt entsprechend sowohl auf eine generelle Stabilisierung der Ernährungssituation und optimierte Verträglichkeit der jeweiligen Therapeutika als auch auf die Verbesserung der Lebensqualität insgesamt. Sie muss folglich immer wieder an den aktuellen Krankheits- bzw. Gesundheitsverlauf angepasst und in die jeweiligen Therapiekonzepte eingebunden werden. Im Fokus einer individualisierten Ernährungsberatung in der Onkologie stehen entsprechend die aktuelle Stoffwechselsituation und der im Rahmen der Erkrankung bzw. der antitumoralen Therapie veränderte Nährstoffbedarf. Folgen chemotherapeutischer Anwendungen, Bestrahlungsbeschwerden, Probleme gastrointestinaler Tumormanifestationen, Operationen sowie spezifische Problembereiche, wie sie besonders bei Patienten nach autologer oder allogener hämato-poetischer Stammzelltransplantation auftreten, können diesen erheblich beeinflussen. Demnach bleibt der aktuelle Gesundheitszustand des Patienten in seinem jeweiligen Krankheitsstadium wesentliches Kriterium für die Empfehlung einer präventiven Kost oder eines auf die Bedürfnisse des Patienten spezifisch abgestimmten Kostplanes. Ziel ist hierbei der Erhalt bzw. die Stärkung körpereigener Ressourcen. Eine defizitäre Nährstoffzufuhr während der Krebstherapie führt zur Reduktion des Ernährungsstatus, begünstigt die Morbidität der Patienten und vermindert in letzter Konsequenz die Lebensqualität. Eine objektive Einschätzung des aktuellen Ernährungszustandes sollte deshalb immer am Anfang ernährungstherapeutischer Interventionen stehen. Die Lebensqualität als Messgröße bei der Betreuung chronisch Kranker gewinnt zunehmend an Bedeutung. Traditionelle Konzepte einer einseitig naturwissenschaftlich orientierten Medizin, Prävention und Gesundheitserziehung stoßen bei der Behandlung chronisch Kranker mit dem primären Ziel der Gesundung sehr schnell an Grenzen. Sekundäre Ziele wie (i) den Eintritt einer chronischen Erkrankung heraus zögern, (ii) die beschwerdefreie Zeit bei chronischen Erkrankungen verlängern und (iii) erhaltend beziehungsweise verbessernd auf die Lebensqualität einwirken, fordern ganzheitlich- sowie gesundheitsorientierte Behandlungsstrategien in der primären, sekundären und tertiären Krebsprävention. Die praktische Umsetzung dieser ganzheitlichen Sichtweise verlangt dabei nach einem interdisziplinären Ansatz, in dem die Ernährungstherapie als integraler Bestandteil von Anfang an mit eingebunden ist, und die aktive Einbeziehung des Patienten zur Erhaltung bzw. Verbesserung seines Gesundheitszustandes. Bariatrische Chirurgie Leitfaden bariatrische Chirurgie Jana Kaminski Der b.m.i.- Zirkel zur Schulung bariatrischer Patienten Dr. Klaus Winckler Management der Mangelernährung nach bariatrischer Chirurgie Prof. Dr. Jürgen Stein Das D.N.A.- Projekt - Was ist das? Ziele und Projekte Dr. Birgit Schilling-Maßmann, Doris Steinkamp Freiberuflichkeit Rentenversicherungsplicht für freiberufliche Diätassistenten - wann tritt sie ein?- Fragen an die DRV Karen Alberti, Iris Flöhrmann Grundsätzlich sind alle Freiberufler als Selbstständige von der Sozialversicherungspflicht und damit auch der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreit. Es gibt aber etliche Konstellationen, in denen für manche freiberufliche Kollegin eine Rentenversicherungspflicht besteht. Diese werden beispielhaft vorgestellt. Nicht immer ist auf dem ersten Blick klar, warum die eine Diätassistentin rentenpflichtig ist und eine andere Kollegin in vermeintlich gleicher Situation nicht. Die häufigsten Fragen dazu hat die Fachgruppe „Ambulante Diättherapie & Freiberuflichkeit der DRV (Deutschen Rentenversicherung) zur Beantwortung vorgelegt und wird die Antworten präsentieren und erläutern. Lebenslanges Lernen „Ich bin mein eigener LLL-Coach!“ Wie der Leitfaden zum Lebenslangen Lernen (LLL) für Diätassistentinnen und Diätassistenten den Wissens- und Kompetenzzuwachs unterstützt Uta Köpcke, Dr. Ute Brehme Die kontinuierliche berufliche Entwicklung – auch als Continuing Professional Development (CPD) bezeichnet – ist ein, wenn nicht der Kern der Qualitätssicherung im Beruflichen Handeln. Bei der Qualitätssicherung der für die Primärprävention anerkannten Zertifikate wie dem VDDFortbildungszertifikat oder dem „Ernährungsberater/DGE“ liegt der Schwerpunkt bisher auf dem non-formalen Lernen. Dafür werden Nachweise in Form von Teilnahmebescheinigungen von Kongressen, Seminaren oder Online-Fortbildungen eingereicht. Auch das sog. formale Lernen, das z. B im Rahmen eines Studiums stattfindet, kann berücksichtigt werden. Bei dem zum 01.01.2015 aktualisierten Punktesystem für die Zertifikate von VDD, DGE und VDOE wurde das informelle Lernen ergänzt. Informelles Lernen ist das Lernen, das z. B. am Arbeitsplatz und in der Freizeit stattfindet. Es ist in Bezug auf Lernziele, Lernzeit oder Lernförderung nicht institutionell organisiert. Informelles Lernen spielt im Arbeitsleben eine große Rolle bei Erwerb und Aufrechterhaltung von Kenntnissen und Kompetenzen. Welche Anforderungen an die Dokumentation und Reflexion der Lernergebnisse für die Anerkennung im Punktesystem gestellt werden, wird zunächst auf Anfrage zwischen der zertifizierenden Institution und dem einzelnen Teilnehmer vereinbart. Der im Rahmen des DIETS2-Projekts entwickelte Leitfaden zum Lebenslangen Lernen beinhaltet eine Zusammenstellung von praktischen Hilfsmitteln in Form von z. B. Checklisten, Fragebögen oder Formularen. Diese Tools bieten Unterstützung bei Planung und Dokumentation von Wissens- und Kompetenzzuwachs, auch durch das informelle Lernen. So können die eigenen Kompetenzen sichtbar(er) gemacht werden. Auch soll dadurch die Motivation zum Lernen gefördert werden. Im LLL-Leitfaden werden verschiedene Tools für das informelle Lernen vorgestellt: Mission Statement (Leitbild) Stärken-Schwächen-Analyse (SWOT-Analyse) Aktionsplan für die professionelle Weiterentwicklung Reflexion zu Situationen "im Job“: Informelles Lernen Kollegiale Beratung Selbstgesteuertes Lernen: Literatur und Medien Lehrportfolio Kollegiale Hospitation Ehrenamtliche Tätigkeit Zentrale Bedeutung im Rahmen des CPD hat das Führen eines Portfolios, in dem Lernziele, Lernergebnisse und Kompetenzen dokumentiert werden, entweder in Papierform und / oder in elektronischer Form. Jeder Diätassistent, der sein Portfolio kontinuierlich pflegt, lernt seine Fähigkeiten, seine bevorzugten Lerntechniken und seinen Lernbedürfnisse besser kennen und wird damit zu seinem eigenen LLL-Coach. Allergenmanagement Zahlendschungel in der Fußnote - Allergenkennzeichnung in der GV Dr. Margit Bölts Am 13.12.2014 trat die Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 - im Folgenden LMIV genannt – in Kraft. Ziel dieser europaweit geltenden Verordnung sind Regelungen bzgl. der Kennzeichnung, Aufmachung, Bezeichnung und der Werbung von bzw. für Lebensmittel. Für die Gemeinschaftsgastronomie besonders relevante Neuregelungen betreffen die Allergenkennzeichnung und die Nährwertkennzeichnung. Während die Nährwertkennzeichnung derzeit für nicht vorverpackte Ware – sogenannte lose Ware – nicht verpflichtend ist, gilt die Allergenkennzeichnung auch für nicht vorverpackte Lebensmittel bzw. Speisen. Somit sind alle Verpflegungsbetriebe verpflichtet, die im Anhang II der LMIV aufgeführten 14 Hauptallergene zu kennzeichnen (siehe Art. 44, Abs. 1). Die Art und Weise der Kennzeichnung regelt derzeit – bis eine nationale Durchführungs-Verordnung gemäß Art. 44 Abs. 2 LMIV vorhanden ist – die am 12.12.2014 in Kraft getretene Vorläufige Lebensmittelinformations-Ergänzungsverordnung (VorlLMIEV). Laut dieser kann die Kennzeichnung schriftlich u.a. auf der Speisen- oder Getränkekarte mit einer Fuß- oder Endnote (Zahlen, Buchstaben oder Kombination aus beiden) vorhanden sein. Diese Kennzeichnung muss gut sichtbar, deutlich sowie gut lesbar sein und für jede einzelne Komponente (z.B. Bratensoße, Gemüse, Kartoffelpüree) getrennt erfolgen. Zudem sollte sie getrennt von jener für die Zusatzstoffe erfolgen. Geht aus der Verkehrsbezeichnung der Speise (z.B. Milchsuppe) eindeutig das „Allergen“ hervor, so muss – nach derzeitiger Auffassung - diese nicht zusätzlich gekennzeichnet werden. Ferner besteht laut VorlLMIEV die Möglichkeit, seine Gäste mündlich zu informieren. Dies ist an bestimmte Voraussetzungen geknüpft, wie z.B. dass ein hinreichend geschulter Mitarbeiter/ geschulte Mitarbeiterin diese Informationen gibt und dass eine schriftliche Dokumentation über die verwendeten Zutaten vorliegt. Zudem ist auf die mündliche Informationsmöglichkeit deutlich hinzuweisen, z.B. auf der Speisenkarte, an der Ausgabe oder im Verkaufsraum an sich. Die Deklaration von Spuren, z.B. aufgrund von Kreuzkontaminationen, ist weder in der LMIV noch in der VorlLMIEV vorgeschrieben. Aus „unternehmerischer Sorgfaltspflicht“ sollte diese aber immer dann erfolgen, wenn nachweislich entsprechende Spuren in den Speisen sind bzw. sein könnten. Allergenmanagement - Probleme und Lösungen für die Umsetzung in unterschiedlichen Einrichtungen und Restaurants Melanie Müller Die Systemgastronomie hat es leicht: Sie arbeitet mit Standards. Es gibt beliebte Speisen in definierter Qualität und mit gleich bleibendem Wareneinsatz. Allergene lassen sich so schnell und korrekt auf Nährwert- und Zusatzstofflisten aufdrucken, jeder Gast erhält diese Liste auf der Rückseite seines Tischsets (Papier-Tablett“Tischdecke“). Wir wissen, vor der Kaufentscheidung muss der Allergiker seit dem 13.12.2014 die Allergene, die in den tagaktuellen Speisen vorkommen, ohne sich outen zu müssen, selber sehen können. Ausnahme ist, wenn kreative Speisen, z. B. als „Gruß aus der Küche“ serviert werden. Hier muss eine mündliche Information auf Nachfrage möglich sein. Dabei hat der Allergiker das Recht, auch die schriftlich fixierten Notizen zum Rezept zu verlangen. Es empfiehlt sich die schriftliche Information ca. 14 Tage aufzubewahren. Die erste Hürde, die oft genommen werden muss, ist das Erstellen einer Rezeptur oder Zutatenliste, die zweite, das Einpflegen von Allergendaten bei Änderungen der Rezeptur oder Lieferungsproblemen der B2B-Ware (Fertiggerichte zur Weiterverarbeitung). Das dritte Problem ist die Unwissenheit der Lebensmittelkontrolleure mit dem Umgang der Kennzeichnungspflicht. Als viertes die Uneinheitlichkeit und Verschiedenartigkeit der möglichen Kennzeichnung. Jeder darf andere Fußnoten als Buchstaben, Zahlen etc. nutzen. Hätte der Anhang II des LMIV 1169/2011 bereits eine gute Nummerierungsgrundlage, die nicht zur Verwechslung mit der Zusatzstoff-Fußnote führen würde, dann hätte man europaweit eine einheitliche Kennzeichnung realisieren können. Wie gekennzeichnet werden kann, wo die Allergeninformationen auch für Frühstück, Abendversorgung etc. dargestellt werden kann, stellt dieser Vortrag dar. Effektives Allergenmanagement durch den Einsatz von Software am Beispiel von JOMOsoft Ludger Ten Elsen, Iris Hassel Hot Topic Das ENHA Projekt … aus der Sicht des Ernährungsmediziners Prof. Dr. Johann Ockenga …aus der Sicht der Diätassistentin Nicole Erickson Leitfaden Ernährungstherapie in Klinik und Praxis 2015 (LEKuP 2015) - ehemals Rationalisierungsschema: Was ist neu? Anwendung im beruflichen Alltag Prof. Dr. Olaf Adam, Evelyn Beyer-Reiners Zusammen mit Vertretern der wichtigsten Fachgesellschaften und Verbänden auf dem Gebiet der Ernährungsmedizin und –therapie, wurde 1978 unter der Leitung von Prof. Dr. Reinhold Kluthe das erste Schema der wissenschaftlich gesicherten Kostformen für Kliniken und Rehabilitationskliniken erstellt. Überarbeitungen erfolgten 1990, 1994, 2000 und 2004. Seither ist es zu erheblichen Änderungen auf dem Gebiet der Ernährungsmedizin gekommen. Eine Überarbeitung wurde deshalb dringend notwendig. Die Arbeitsgruppe „Ernährungsmedizin“ der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), unter der Leitung von Prof. Dr. Hans Hauner, regte die Überarbeitung an. Die urheberrechtlich für das Rationalisierungsschema zuständige Deutsche Akademie für Ernährungsmedizin wurde von der Arbeitsgruppe beauftragt, die Überarbeitung zu übernehmen. Mit Hinblick auf die bereits von der DGE geleistete Arbeit zum „Qualitätsstandard für die Verpflegung in Krankenhäusern“, war ein enger Schulterschluss bei den Standardkostformen (Vollkost, Leichte Vollkost) erforderlich. Aus semantischen Gründen wurde das Rationalisierungs-schema in „Leitfaden der Ernährungstherapie in Klinik und Praxis 2015 (LEKuP 2015)“ umbenannt. Der LEKuP bildet die wissenschaftlichen Empfehlungen im Bereich der gesunden Ernährung und Ernährungstherapie ab, macht qualitative und quantitative Vorgaben für die verschiedenen Kostformen, bildet die Grundlage für die Erstellung eines Kostformkataloges und dient als Basis für die vertraglichen Leistungsbeschreibungen in der Zusammenarbeit mit Caterern. Der LEKuP ist adressiert an Krankenhäuser, Rehabilitationskliniken, Stationäre Senioreneinrichtungen sowie den ambulanten Sektor. Als Kriterien für die inhaltliche Umsetzung wurden die DGE-Qualitätsstandards für die Verpflegung in Krankenhäusern und Rehabilitationskliniken in Ansatz gebracht und auf die Beschreibung der Vollkost und der Leichten Vollkost übertragen. Neben den Grundkostformen werden auch die energiedefinierten sowie eiweiß- und elektrolytdefinierten Diäten mit ihren unterschiedlichen Ergänzungen und Variationen umfassend und ausführlich dargestellt. Ergänzt wurde eine tabellarische Übersicht mit weiteren Kostformen, neuen Indikationen sowie gezielten Maßnahmen und Besonderheiten. Die Veröffentlichung des LEKuP ist für dieses Jahr vorgesehen. Möglichkeiten und Risiken der Telemedizin für die professionelle Ernährungsberatung Dr. Winfried Keuthage Leichte Vollkost - gar nicht so leicht Leichte Vollkost 1978 innovativ - Was ist 2015 davon noch übrig? Sabine Ohlrich [email protected] Der Begriff „Leichte Vollkost“ wurde 1978 geprägt und geht auf eine Publikation von Prof. Helmuth Rottka zurück [1]. Vor 1978 existierte eine Vielzahl organbezogener Diäten mit uneinheitlichen Bezeichnungen. Stattdessen sollte die Leichte Vollkost (LVK) die so genannte Gallen-, Leber-, Magen-, Darmschonkost ersetzen, weil sich erwies, dass eine Vielzahl organbezogener Diäten auf falschen Annahmen beruhten und somit als obsolet erklärt wurden. In Bezug auf die Situation Ende der 1970er Jahre kann dieser Schritt als innovativ bezeichnet werden, weil Diäten erstmalig auf der Basis ihres therapeutischen Erfolgs bewertet wurden [1]. Mit der Erstveröffentlichung des Rationalisierungsschemas 1978 [2] wurde die Leichte Vollkost begrifflich verankert und wird seit dem als Kostformbezeichnung verwendet. Das Konzept der LVK geht davon aus, dass die Nicht-Verwendung bestimmter Lebensmittel, und Speisen unspezifische Intoleranzen (Unverträglichkeiten) im Bereich des Verdauungstraktes verhindern kann. Gleichzeitig wird aber darauf hingewiesen, dass ein therapeutischer Effekt damit nicht zu erzielen ist [3]. Die LVK hat sich seitdem im deutschsprachigen Raum fest in der Gemeinschaftsverpflegung von Gesundheitseinrichtungen etabliert. Verschiedenste Standards sowie Fachbeiträge in deutschsprachigen Büchern und Zeitschriften, die sich mit der Gemeinschaftsverpflegung in Krankenhäusern und vergleichbaren Einrichtungen befassen, beziehen sich nach wie vor auf das Konzept der Leichten Vollkost aus dem Jahr 1978. Der grundsätzliche Ansatz wurde seitdem jedoch nie modifiziert. In verschiedenen Gesprächen von Diätassistenten, die in der Ausbildung oder Praxis tätig sind, entsteht jedoch der Eindruck, dass die praktische Umsetzung der Leichten Vollkost mit vielen Unsicherheiten behaftet ist. So bietet beispielsweise der Interpretationsspielraum bei der Lebensmittelauswahl immer wieder Anlass für Diskussionen genauso wie die Frage, welche „verschiedenen Erkrankungen des Gastrointestinaltraktes“ [3] mit der Leichten Vollkost in der Gemeinschaftsverpflegung abgedeckt werden können. Erst die im Jahr 2014 erschienene Publikation von Wewerka-Kreimel et al [4] griff die Thematik der LVK auf. Die Ergebnisse dieser Studie aus Österreich lassen die Vermutung zu, dass die LVK in der bisherigen Form überdacht werden sollte. Allerdings lagen bisher noch keine Daten vor, wie die Leichte Vollkost in der Ausbildung von Diätassistenten und in den Küchen der Gesundheitseinrichtungen tatsächlich umgesetzt wird. Daher wurde im Frühjahr 2015 vom Diätetik-Studiengang der HS Neubrandenburg in Kooperation mit dem Studiengang Diätologie an der FH St. Pölten eine Online-Befragung in Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung des Gesundheitswesens sowie an Ausbildungsstätten von Diätassistenten in Deutschland und Österreich durchgeführt. Ziel der Befragung war es, zu ermitteln, wie die Angaben des Rationalisierungsschemas zur Leichten Vollkost beurteilt, interpretiert und im Versorgungs- bzw. Ausbildungsalltag umgesetzt werden. Die ersten Ergebnisse der Befragung liegen nun vor und werden in diesem Vortrag vorgestellt. [1] [2] [3] [4] Rottka H (1978): Leichte Vollkost (anstelle von Galle-, leber-, Magen- und Darm-“Schon“-Kost). Ein Beitrag zur Rationalisierung der Diät im Krankenhaus. Aktuel Ernahrungsmed 1978; 1: 3-7 Arbeitsgemeinschaft für klinische Diätetik geV (1978): Rationalisierungsschema der Arbeitsgemeinschaft für klinische Diätetik geV für die Ernährung und Diätetik im Krankenhaus. Aktuel Ernahrungsmed 1978; 4: 144-148 Kluthe R et al (2004): Das Rationalisierungsschema 2004 des Bundesverbandes Deutscher Ernährungsmediziner (BDEM) e.V., der Deutschen Adipositas Gesellschaft e.V., der Deutschen Akademie für Ernährungsmedizin (DAEM) e.V., der Detuschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) e.V., der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM) e.V., des Verbandes der Diätassistenten – Deutscher Bundesverband (VDD) e.V. und des Verbandes der Diplom-Oecotrophologen (VDOE) e.V. Aktuel Ernahrungsmed 2004; 29: 245-253 Wewerka-Kreimel D et al (2014): Leichte Vollkost-Studie 2013: Erhebung der Verträglichkeit ausgewählter Lebensmittel bei unselektierten Krankenhauspatienten in Österreich. journal für ernährungsmedizin 2014; 04: 14-18 Leichte Vollkost - quo vadis? Prof. Daniela Wewerka-Kreimel Im deutschsprachigen Raum wird die Leichte Vollkost (LVK) in Einrichtungen der institutionalisierten Gesundheitsversorgung zumeist als gastroenterologische Basisdiät eingesetzt. Die Liste jener 52 Lebensmittel und Speisen, die erfahrungsgemäß häufig Intoleranzen auslösen (Rottka, 1978), stammt aus dem Jahr 1978 und stellt nach wie vor die Grundlage für die Speiseplangestaltung der LVK dar. Jedoch haben sich in den letzten 40 Jahren die Lebensmittelverarbeitung, das Lebensmittelangebot und die Ernährungsgewohnheiten stark verändert (Brombach et al., 2006). In einem gemeinsamen Pilotprojekt dreier österreichischer Studiengänge Diätologie wurde der Frage nachgegangen, ob die damals erhobenen Häufigkeiten an Lebensmittelintoleranzen in Deutschland den aktuellen Unverträglichkeiten von PatientInnen in Österreich entsprechen. Im April 2013 erfolgte eine Fragebogen-Erhebung (Selbstausfüller) an PatientInnen in fünf österreichischen Kliniken. Dabei wurden retrospektiv übliche Konsumgewohnheiten und Unverträglichkeiten ausgewählter Lebensmittel und Speisen erhoben. Im Mittelpunkt des Forschungsinteresses standen jene Lebensmittel, die an der 5%-Grenze (Rottka, 1978) zur Unverträglichkeit liegen. Ebenso einbezogen wurden ausgewählte Lebensmittel, die vor 40 Jahren unüblich waren bzw. damals nicht erhoben wurden (z.B. Brokkoli, Tofu). Mit der Befragung konnten insgesamt 563 PatientInnen erreicht und 446 davon in die Analysen integriert werden. Laut Selbstangaben waren 85 Personen (21,5%) von Erkrankungen im Verdauungstrakt betroffenen. Lediglich 7% aller Befragten gaben an, an einer Unverträglichkeit zu leiden. Die Laktoseintoleranz zählte hier zu den am häufigsten genannten (4,7%). Aus den Angaben ist erkennbar, dass den Befragten teilweise der Unterschied zwischen einer Unverträglichkeit und einer Krankheit nicht klar war. Obwohl am Beginn des Fragebogens erläutert wurde, was unter „schlecht verträglich“ gemeint war, müssen hier Überlegungen angestellt werden, wie „gute“ oder „schlechte“ Verträglichkeit von PatientInnen aufgefasst wird. Vorlieben und Abneigungen von Speisen dürften ebenso eine wesentliche Rolle bei der Verträglichkeit spielen. Beispielhaft: Insgesamt leiden lediglich 21 PatientInnen (4,7%) im gesamten Kollektiv an einer Laktoseintoleranz, jedoch gaben 7,4% an, Naturjoghurt nicht zu vertragen. Hingegen wird Fruchtjoghurt nur von 6,9% aller Befragten schlecht vertragen. Die Frage, ob die vor rund 40 Jahren erhobenen Häufigkeiten an Lebensmittelintoleranzen in Deutschland den aktuellen Unverträglichkeiten von KrankenhauspatientInnen in Österreich entsprechen, kann mit der vorliegenden Untersuchung nicht klar beantwortet werden. Jedoch kann davon ausgegangen werden, dass sich die Palette jener Lebensmittel, die Intoleranzen hervorrufen, verändert hat. Um in Einrichtungen der institutionalisierten Gesundheitsversorgung PatientInnen nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen versorgen zu können, wäre eine weiterführende, länderübergreifende Untersuchung sinnvoll. FODMAPs-arme Ernährung: Eine neue Therapie bei Reizdarmsyndrom Beatrice Schilling [email protected] Das FODMAP-Konzept basiert auf dem Reduzieren von osmotisch aktiven und schlecht absorbierbaren Kohlenhydraten, welche im Kolon durch die bakterielle Fermentation zu Schmerzen, Blähungen und Durchfall führen können. Zu den FODMAPs gehören Fruktose und Laktose (falls diese malabsorbiert werden) sowie gewisse Oligosaccharide und Polyole. Diese kommen in verschiedenen Nahrungsmittelgruppen wie Getreide, Milchprodukten, Früchten und Gemüse vor. Eine FODMAPs-arme Ernährung ist anspruchsvoll und einschneidend im Alltag. Sie sollte deshalb nur in Begleitung einer erfahrenen Ernährungsfachperson durchgeführt werden. In einer 6- bis 8-wöchigen Eliminations-Phase werden alle FODMAPs-reiche Nahrungsmittel gemieden. Dann erfolgt eine sorgfältige Evaluation. Bei deutlicher und im Vergleich zum Aufwand vertretbarer Beschwerden-Reduktion wird die 2. Phase begonnen. Dabei werden die einzelnen Fodmaps gezielt bis zur individuellen Toleranz wieder eingeführt („ReChallenge“). Ziel ist eine langfristig bedarfsdeckende Ernährung ohne unnötige Einschränkungen. Mit dem FODMAPs-Konzept gibt es erstmals eine wissenschaftlich basierte Ernährungstherapie für Personen mit einem Reizdarmsyndrom. Die erste Publikation dazu erschien 2005 vom Gastroenterologen Peter Gibson und der Dietitian Sue Shepherd. Inzwischen gibt es mehrere Studien, die den guten Erfolg aufzeigen. Eine gute englischsprachige Zusammenfassung des aktuellen Kenntnisstandes bietet das Review „Mechanisms and efficacy of dietary FODMAP restriction in IBS“ von Staudacher HM, Irving PM, Lomer MC, Whelan K. in Nat Rev Gastroenterol Hepatol. 2014 Apr;11(4):256-66. doi: 10.1038/nrgastro.2013.259. Mit einer FODMAPs-reduzierten Ernährung ist zwar keine Heilung des Reizdarmsyndroms möglich. Es kann jedoch bei ca. 70 % der Betroffenen eine Symptomkontrolle und Verbesserung der Lebensqualität erzielt werden. Die Anwendung dieser Ernährungsform bei anderen Krankheiten -wie beispielweise chronisch entzündlichen Darmerkrankungen- wird zurzeit erforscht. Diabetes Nichts ist mehr wie es war: Neue Medikamente - neue Optionen für Diabetes und Adipositastherapie Dr. Matthias Riedl Wie können sich Diätassistenten in die Behandlung von Menschen mit Diabetes mellitus einbringen? Weiterbildungsmöglichkeiten, Schulungsprogramme und deren Nachhaltigkeit Guido Kramer Die Diabetestherapie kann enorm in den Alltag von Menschen mit Diabetes mellitus eingreifen. Mit Hilfe von strukturierten Behandlungs- und Schulungsprogrammen (SBSP) sollen die Betroffenen und deren Angehörige befähigt werden, ihre Therapie eigenständig zu übernehmen. Je nach Diabetestyp und Form der Behandlung umfassen diese Schulungen bis zu 20 Stunden. Dabei kommen Standard-, problemspezifische oder multimodale Schulungsprogramme zum Einsatz, welche in ambulanten, teilstationären oder stationären Einrichtungen mit Hilfe eines interdisziplinären Teams durchgeführt werden können (www.leitlinien.de/nvl/diabetes/ schulungsprogramme). Der Großteil dieser SBSP ist von der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) zertifiziert und/oder vom Bundesversicherungsamt akkreditiert. Die Nachhaltigkeit einzelner SBSP wurde in zahlreichen Studien hinsichtlich Verbesserung der Stoffwechselkontrolle, Reduktion von Hypoglykämie, Steigerung der Lebensqualität und Therapiezufriedenheit sowie Zunahme des psychischen Wohlbefindens gezeigt. Die Vergütung der SBSP wird im Rahmen von Disease Management Programmen in dem jeweiligen Bundesland geregelt. Diätassistenten/-innen haben zwei Möglichkeiten sich in diesem interdisziplinärem Team einzubringen. Eine Möglichkeit besteht darin, in strukturierten Trainingsseminaren die Inhalte sowie die Didaktik und Methodik dieser einzelnen SBSP zu erlernen. Das dadurch erlangte Zertifikat befähigt das Schulen des jeweiligen SBSP. Mit Hilfe der Schulungskoffer, Flipcharts und der jeweiligen Verbrauchsmaterialen können die einzelnen Schulungsprogramme durchgeführt werden. Weiterhin können sich Diätassistenten/-innen in einer von der DDG angebotenen Weiterbildung (WB) entweder zum/zur Diabetesassistent/in (DA) oder Diabetesberater/in (DB) qualifizieren. Die WB zum/zur DA beinhaltet insgesamt vier Wochen theoretischen Unterricht und eine 40-stündige Hospitation in einem diabetesspezifischen Arbeitsbereich. Ziel dieser WB ist es, in einem Team zusammen mit einem Arzt, Menschen mit Diabetes mellitus Typ 2 und deren Angehörige zu betreuen und beraten. Darüber hinaus werden DA in der Betreuung von Menschen mit Diabetes mellitus Typ 1 unterstützend eingesetzt. Die WB zum/zur DB umfasst einen 12-wöchigen theoretischen Teil, eine 40-stündige Hospitation sowie 544 praktische Stunden. Ziel dieser WB ist die Betreuung und Beratung von Menschen mit Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2 sowie von Frauen mit Gestationsdiabetes. Nach erfolgreich abgeschlossener WB besteht die Möglichkeit einer angestellten oder selbständigen Tätigkeit. Detailliertere Informationen zu den einzelnen WB-Möglichkeiten können auf der Homepage der DDG eingesehen werden. Der Diätassistent zwischen Diabetesassistenten und Diabetesberatern - Vorteile für Patienten, Praxen und den Diätassistenten Claudia Krüger Eine Reise durch die Berufe, Fort-und Weiterbildungen Bei 8 Millionen diagnostizierten Menschen mit Diabetes gibt es auf dem Markt der Therapeuten Gedränge. Wer macht eigentlich was? Welche Aufgaben werden vergeben und wie sind die Rollen verteilt? Wie ist die Position der Diätassistenten und wie kann diese gestärkt und ausgebaut werden? Um diese Frage zu klären, stelle ich Fakten und meine Erfahrungen aus diesem Tätigkeitsbereich zusammen: Diätassistent ist nur, wer die Ausbildung an einer staatlich anerkannten Schule erfolgreich abgeschlossen hat. Der Beruf des Diätassistenten gehört zu den bundesrechtlich geregelten Heilberufen. Es gibt ein Diätassistentengesetz und auch eine bundesweit einheitliche Ausbildungs- und Prüfungsordnung. Diabetesassistent und Diabetesberater sind keine Berufs-, sondern Weiterbildungsbezeichnungen. Fortbilden können sich Angehörige der verschiedensten Grundberufe. So bewerben sich u.a. Gesundheits-/Krankenpfleger, Kinderkrankenpfleger, Altenpfleger, Podologen, Diätassistenten, Ernährungswissenschaftler, Oecotrophologen und Medizinische Fachangestellte oder MTA um einen Weiterbildungsplatz. Lediglich in Rheinland-Pfalz gibt es eine staatliche Anerkennung für Diabetesberater und damit eine andere Sachlage, als in allen andren Bundesländern. Während Diätassistenten eigenverantwortlich diättherapeutische Empfehlungen für Patienten entwickeln und bei der Umsetzung helfen, liegt der Tätigkeitsbereich von Diabetesassistenten und Diabetesberater „alleine“ in der Schulung und Beratung von Menschen mit Diabetes. Wobei sich das Tätigkeitsfeld der Diabetesassistenten lt. der Kompetenzbeschreibung der Deutschen Diabetes Gesellschaft DDG auf die „selbständige Planung, Durchführung und Evaluierung allgemeiner und spezieller Anforderungen in Anleitung, Beratung, Schulung und Behandlung“ von an Diabetes mellitus Typ 2 Erkrankten bezieht. Darüber hinaus verfügen Diabetesberater über Kompetenzen zur „selbständigen umfassenden Planung, Durchführung und Evaluierung bzgl. komplexer, spezialisierter, sich veränderten Anforderungen in Anleitung, Beratung, Schulung und Behandlung von an Diabetes mellitus Erkrankten aller Klassifikationen und Lebens-, Entwicklungs- und Krankheitssituationen und erkennt Diabetes mellitus als eine chronische, risikoreiche Erkrankung“. Daraus geht hervor, dass Diabetesassistenten und Diabetesberater als alleinige Therapeuten für die Menschen mit Diabetes nicht genügen, da über die Weiterbildungsgänge hinausgehendes Wissen erforderlich ist. Oft geht es um mehr als die Diabetestherapie. Zahlreiche Patienten haben weitere (Folge-)Erkrankungen, für die eine Diättherapie notwendig ist. Hierfür sind zusätzliche Kenntnisse über Pathophysiologie, Diätetik und praktische Diätetik u.v.m. erforderlich. So liegt bei 40 % der Typ 2 Diabetiker schon bei Diagnosestellung eine Niereninsuffizienz vor. 5-7 % der Typ 1 Diabetiker sind auch an Zöliakie erkrankt. Häufig sind parallel Essstörung oder auch Nahrungsmittelintoleranzen/ Allergien zu behandeln. Der Patient profitiert von einem interdisziplinären Therapieansatz. Jeder Grundberuf verfügt über besondere Kompetenzen. Werden diese im Team genutzt, wird der Patient mit größtmöglichem Knowhow behandelt. Eine sichere und kompetente Behandlung ist von Vorteil für den Patient, um Lebensfreude und vor allen Dingen die Lebensqualität positiv zu beeinflussen und Teilhabestörungen möglichst zu vermeiden. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit ist auch von Vorteil für die Arztpraxis, deren Ressourcen (finanzieller und personeller Art) geschont werden. Der Diabetesbereich ist ein Tätigkeitsfeld, in dem vermehrt Diätassistenten gebraucht werden. Von Vorteil ist hier sicher die Fortbildung zum Diabetesberater – oder gut vorbereitete Vorstellungsgespräche in der Diabetologischen Schwerpunktpraxis: Hier sollten man die Vorteile für die Arztpraxis aus betriebswirtschaftlicher Sicht, aber auch für die Patientenbindung und Patientensicherheit, darstellen. Vorsymposien Seniorenernährung in der Gemeinschaftsverpflegung – mit allen Sinnen genießen Unilever Ernährungs Forum und Unilever Food Solutions Deutschland Aspekte der Ernährung und Verpflegung von Senioren Katharina Stapel Die Verpflegung von älteren Menschen bedarf besonderer Aufmerksamkeit. Zum einen besteht die Herausforderung darin, unter Berücksichtigung des Bedarfes, eine bedürfnisorientierte Versorgung zu gewährleisten. Zum anderen sollten noch vorhandenen Ressourcen ausreichend genutzt und gefördert werden. Das jeweilige Altersstadium muss genau wie das individuelle Bedürfnis zum aktuellen Zeitpunkt beachtet werden. Eine Grundfragestellung stellt sich aber auch in der ethischen Versorgung der Senioren: Ist die Versorgung der älteren Menschen ethisch immer vertretbar? Aus der Praxis für die Praxis rücken individuelle Versorgungskonzepte immer mehr in den Vordergrund. Fettstoffwechselstörungen: Fettqualität vermitteln und erfolgreich zur Verhaltensänderung motivieren Becel und Unilever Deutschland Prof. Dr. Stefan Lorkowski Aus der Praxis: Fettqualität in der Beratung anschaulich und verständlich vermitteln Eva Siebenhüner Die Beratung von KlientInnen mit Hyperlipoproteinämie gehört zum Berufsalltag von DiätassistentInnen. Da betroffene KlientInnen von Lifestyle-Veränderungen profitieren können, ist die Ernährungsberatung eine wichtige Therapiesäule bei der Behandlung der Hyperlipoproteinämie. Neben einer generell gesunden Ernährung liegt der Schwerpunkt der Beratung darin, die verzehrte Fettmenge und Fettqualität zu optimieren. Laut DGE-Ernährungsbericht 2012 ist der Fettkonsum in den vergangenen Jahren in Deutschland zwar leicht gesunken, jedoch ohne Verbesserung der Fettqualität. Verantwortlich dafür sind die durchschnittlich stärker rückläufigen Verzehrsmengen an pflanzlichen Ölen und Fetten als an tierischen Fetten. Bei Hyperlipoproteinämien sollte die Fettzufuhr ca. 30 % der Energiezufuhr betragen. Die Zufuhr an gesättigten Fettsäuren (GFS) sollte auf 7- max. 10 % der Energiezufuhr reduziert werden bei gleichzeitiger Erhöhung der Zufuhr an einfach- und mehrfach ungesättigten Fettsäuren (EUFS und MUFS), wobei 10-15 % der Energiezufuhr durch EUFS und 7-10 % der Energiezufuhr durch MUFS gedeckt werden sollten. Zu den MUFS gehören die essentiellen Fettsäuren Linolsäure (Omega-6-FS) und Alpha-Linolensäure (Omega-3-FS). Eine bedarfsdeckende Zufuhr sollte erreicht werden (Linolsäure 2,5% der Energiezufuhr, Alpha-Linolensäure 0,5% der Energiezufuhr). Dies ist durch eine entsprechende Auswahl an Ölen und Streichfetten sowie ggf. Nussverzehr erreichbar. Für eine ausreichende Aufnahme an Omega-3-Fettsäuren ist zusätzlich der regelmäßige Verzehr von fettreichen Salzwasserfischen, insbesondere Lachs, Makrele oder Hering empfehlenswert. Die Zufuhr der Trans-Fettsäuren sollte auf max. 1% der Energiezufuhr begrenzt werden. Die tatsächlichen Essgewohnheiten der KlientInnen stellen uns DiätassistentInnen täglich vor Herausforderungen, da oftmals gern Wurstwaren, Fleischwaren, fettreiche Milchprodukte und Käsesorten, Butter, Süßwaren, Backwaren, Knabberartikel etc. gegessen werden, die eine eher zu hohe Fettmenge und ungünstige Fettqualität zur Folge haben. Wie kann man KlientInnen also Maßnahmen zur Optimierung der Fettmenge und -qualität so vermitteln, dass eine Ernährungsumstellung für sie vorstellbar ist? Da KlientInnen nur 20 % von dem behalten was sie nur hören, jedoch 50 % von dem was sie hören und sehen ist es wichtig im Beratungsgespräch Medien einzusetzen, die die Thematik Fettqualität auch optisch vermitteln. KlientInnen sollten Empfehlungen nachvollziehen können, denn wenn verstanden wurde, warum gewisse Essgewohnheiten eher ungünstig sind und warum eine Veränderung sinnvoll wäre, ist die Bereitschaft zur Veränderung von Essverhalten wahrscheinlicher. Dazu bietet sich z.B. an, anhand eines Fettsäuren-Diagramms die Fettsäurenzusammensetzung verschiedener Fette und Öle darzustellen, mit Lebensmittelbildern im Beratungsgespräch die enthaltene Fettmenge verzehrter Lebensmittel gemeinsam mit KlientInnen zu berechnen oder anhand von Portionsmengen von Diätmargarine, Öl und Nüssen darzustellen, welche Verzehrsmengen nötig sind, um ausreichend mit essentiellen Fettsäuren versorgt zu sein. Auch die Arbeit mit leeren Lebensmittelpackungen, z.B. Margarinedosen, Käse- oder Wurstverpackungen kann hilfreich sein, denn so können KlientInnen befähigt werden, bereits beim Einkauf Nahrungsmittel bzgl. Fettmenge und -qualität zu beurteilen. 12. Ernährungsbericht 2012, Herausgeber: DGE Evidenzbasierte Leitlinie: „Fettzufuhr und Prävention ausgewählter ernährungsmitbedingter Krankheiten.“, 2. Version (2015), DGE Alles eine Frage der Motivation? Erfolgreiche (und weniger erfolgreiche) Methoden der Beratung Dr. Ralf Demmel Motivational Interviewing (MI) ist ein zugleich patientenzentriertes und direktives Verfahren. Die Patienten werden nicht »überzeugt« oder zu etwas überredet, sondern vielmehr zu einem so genannten Change Talk – einem lauten Nachdenken über Veränderung – ermutigt (Möchte ich etwas verändern? Traue ich mir das zu? Warum sollte ich vielleicht etwas verändern? etc.). Veränderung soll nicht verordnet, sondern vielmehr in gegenseitigem Einvernehmen – auf Augenhöhe – vereinbart und vorbereitet werden. So wird der Patient zum Fürsprecher einer Veränderung und nicht genötigt, seine »Laster« oder »schlechten Gewohnheiten« zu verteidigen. Da auf jegliche Konfrontation verzichtet wird, profitieren insbesondere »unmotivierte« und »schwierige« Patienten von einer Behandlung, die den von Miller und Rollnick (2013) formulierten Prinzipien entspricht: Die Vorbehalte und Einwände des Patienten werden aufgegriffen, unfruchtbare Auseinandersetzungen vermieden und Widerstände minimiert. MI wurde zunächst in Abgrenzung zu herkömmlichen – oftmals konfrontativen – Methoden der Behandlung alkoholabhängiger Patienten entwickelt. In den vergangenen Jahren wurde der Anwendungsbereich jedoch zunehmend erweitert: Verhaltensmedizin (z. B. Adipositas, Diabetes, Tabakabhängigkeit), Psychotherapie (z. B. Essstörungen, Störungen im Kindes- und Jugendalter), Soziale Arbeit (z. B. Bewährungshilfe, Strafvollzug, Wohnungslosenhilfe) oder Zahnmedizin (Dentalhygiene). Verschiedene Adaptationen haben zudem die Anwendung im Rahmen der medizinischen Basisversorgung ermöglicht. Demmel, R. (2011). Motivational Interviewing. In M. Linden, & M. Hautzinger (Eds.), Verhaltenstherapiemanual (pp. 233-237). Berlin: Springer. Demmel, R. (2012). Motivational Interviewing – lautes Nachdenken über Veränderung. Psychotherapeutenjournal, 11, 100-104. Demmel, R. (2012). Motivational Interviewing – Psychotherapie auf Augenhöhe. In A. Batra, & O. Bilke-Hentsch (Eds.), Praxisbuch Sucht: Therapie der Suchterkrankungen im Jugend- und Erwachsenenalter (pp. 38-45). Stuttgart: Thieme. Demmel, R., & Peltenburg, M. (2006). Motivational Interviewing: Kommunikation auf gleicher Augenhöhe [DVD]. (Im Vertrieb von Pabst Science Publishers, Eichengrund 28, 49525 Lengerich) Neues aus Industrie und Wissenschaft II Gesunde Verdauung natürlich fördern mit Trockenpflaumen und Trockenpflaumensaft Dr. Silja Mörker [email protected] Wenn das Verdauungssystem gut funktioniert, fühlt sich der Mensch wohl. – Mit zunehmendem Lebensalter leiden die Menschen immer mehr unter Verdauungsstörungen, dessen Ursache falsche bzw. eingeschränkte Ernährung oder zu wenig Bewegung ist. Durch den regelmäßigen Verzehr von Trockenpflaumen und Trockenpflaumensaft kann auf natürlicher Basis der Magen-Darm-Trakt entlastet und das Darmwohlbefinden gesteigert werden. Nicht umsonst hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) nach Bewertung von sämtlichen Studien bestätigt, dass der tägliche Verzehr von ca. 100 g getrockneten Pflaumen gut für eine normale Verdauung ist. Getrocknete Pflaumen enthalten den Zuckeralkohol Sorbitol, der sich durch die Fähigkeit auszeichnet, effektiv Wasser aufzunehmen und zu binden. Beim Verzehr von Trockenpflaumen oder Trockenpflaumensaft wirkt das Sorbitol laxierend und sorgt durch den leicht osmotischen Effekt für eine verkürzte Darmpassage. Der hohe Anteil an unlöslichen Ballaststoffen dient der gesundheitsfördernden Darmflora als Nährmedium. Dieser präbiotische Effekt führt zu einer Stärkung des Immunsystems. Die bei der Verstoffwechselung gebildeten kurzkettigen Fettsäuren senken den pH-Wert, was wiederum die Bildung von pathogenen Keimen unterdrückt. Durch die gute Quellfähigkeit der unlöslichen Ballaststoffen wird Flüssigkeit gebunden und dadurch das Volumen des Darminhaltes vergrößert, wodurch die natürliche Darmbewegung (Peristaltik) angeregt wird. Die löslichen Ballaststoffe hingegen binden unerwünschte Stoffwechselprodukte und sorgen für deren Ausscheidung. Immer häufiger empfehlen Ärzte und Krankenhauspersonal ihren Patienten die Pflaumen-Kur statt herkömmlicher Abführmittel, die bei Dauereinnahme erhebliche Nebenwirkungen hervorrufen können. Die ballaststoffreiche Pflaumen-Kur enthält wertvolle Inhaltstoffe wie Kalium, Eisen und Folsäure, ist arm an Fett, cholesterinfrei und dabei 100% natürlich. Insbesondere bei Patienten, die nur flüssige Nahrung zu sich nehmen können und Senioren und Personen mit erhöhtem Flüssigkeitsbedarf hat sich diese natürliche Behandlungsmethode bewährt. Verdauungsstörungen zählen zu den häufigsten Gesundheitsbeschwerden überhaupt – was liegt also näher als diesem „Volksleiden“ mit unkomplizierten und natürlichen Mitteln entgegen zu wirken durch kontrollierten Verzehr von Trockenpflaumen und Trockenpflaumensaft. Beruhigt snacken? Einfluss von Kalium auf den Blutdruck Heike Lemberger Oviva - Technologie für die mobile Ernährungsberatung Dr. Dorle Grünewald-Funk [email protected] In der hektischen, schnelllebigen Gesellschaft von heute wird es auch für Ernährungsberater immer schwieriger, sich mit ihren Klienten regelmäßig für Sitzungen zu treffen. Klienten wünschen sich Möglichkeiten, schnell und problemlos an Informationen und Hilfestellung zu gelangen – unabhängig von dem Ort, an dem sie sich gerade aufhalten. Um diesen Bedürfnissen gerecht zu werden, bietet sich das Smartphone als mobiler und ständiger Begleiter an. Betreuung von Klienten aus der Ferne durch Fachkräfte mit der Unterstützung von elektronischen Tools wurde in verschiedenen Studien als medizinisch wirksam nachgewiesen (Wing et al. 2006; Radcliff et al. 2012; Appel et al. 2011). Das Ernährungsprotokoll mittels SmartphoneFotos wurde als ähnlich genau wie ein Wiegeprotokoll evaluiert und wird von den meisten Patienten aufgrund der Einfachheit bevorzugt (Scheuing 2014). Resultate einer systematischen Übersichtsarbeit zeigen, dass persönliche Beratung und individuelles Feedback sowie konstante Unterstützung wichtige Faktoren sind für den Erfolg einer Therapie zur Gewichtsreduktion (Aguilar-Martínez et al. 2014). Vorgestellt wird eine App-basierte Software (Oviva), die es Ernährungsfachkräften ermöglicht, ihre Klienten nach diesen wissenschaftlichen Erkenntnissen aus der Ferne zu beraten, unabhängig vom Ort oder einem Termin. Die Klienten können mit der App ihre Mahlzeiten fotografieren, die tägliche Bewegung und Gewichts-Veränderungen protokollieren, sowie Umfragen beantworten. Sie können mittels Chat einzeln mit dem/der Berater/in oder einer geleiteten Gruppe kommunizieren. Der/Die Ernährungsberater/in kann die Informationen zu den Klienten in einer gesicherten Webplattform abrufen, einfach analysieren und die Patienten mittels Chatnachrichten, Umfragen und e-Learnings aus der Ferne coachen. Mehr Informationen erhalten Sie unter www.oviva.ch und www.ovivacoach.de. Wing, Rena R.; Tate, Deborah F.; Gorin, Amy A.; Raynor, Hollie A.; Fava, Joseph L. (2006): A self-regulation program for maintenance of weight loss. In: N. Engl. J. Med. 355 (15), S. 1563–1571. Radcliff, Tiffany A.; Bobroff, Linda B.; Lutes, Lesley D.; Durning, Patricia E.; Daniels, Michael J.; Limacher, Marian C. et al. (2012): Comparing Costs of Telephone vs Face-to-Face Extended-Care Programs for the Management of Obesity in Rural Settings. In: J Acad Nutr Diet 112 (9), S. 1363–1373. Appel, Lawrence J.; Clark, Jeanne M.; Yeh, Hsin-Chieh; Wang, Nae-Yuh; Coughlin, Janelle W.; Daumit, Gail et al. (2011): Comparative effectiveness of weight-loss interventions in clinical practice. In: N. Engl. J. Med. 365 (21), S. 1959–1968. Scheuing, Nicole (2014): Mukoviszidose: Ernährungsdokumentation mit Smartphone-Fotos. In: Ernährungsumschau 21.10.2014. Aguilar-Martínez, Alicia; Solé-Sedeño, Josep M.; Mancebo-Moreno, Gemma; Medina, F. Xavier; Carreras-Collado, Ramon; SaigíRubió, Francesc (2014): Use of mobile phones as a tool for weight loss: a systematic review. In: J Telemed Telecare. Vitamintresor Lebensmitteldose - Aktuelle Untersuchungsergebnisse des Vitamin- und Mineralstoffgehalts von frischen und verpackten Lebensmitteln im Vergleich Dr. Lars Lobbedey Die Bedeutung kohlenhydratlimitierter Kostformen bei onkologischen Erkrankungen Symposium SWISS Medical Food Ulrike Gonder [email protected] Die ernährungsmedizinische Betreuung ist eine wesentliche Supportivmaßnahme bei onkologischen Erkrankungen (1) und muss von dubiosen Krebsdiäten mit unverantwortlichen Heilversprechen unterschieden werden. Ihr Ziel ist, Mangelernährung, Auszehrung und Gewichtsverluste zu vermeiden, die Therapie zu unterstützen und die Lebensqualität zu erhalten. Was hat das mit Kohlenhydraten zu tun? Ein gestörter Glukosestoffwechsel, Insulinresistenz und eine hohe glykämische Last sind in epidemiologischen Untersuchungen insbesondere bei Übergewichtigen mit erhöhten Krebsrisiken und erhöhter Krebssterblichkeit assoziiert (2-4). Als molekulare Mechanismen werden u. a. hohe Insulin-, IGF1-, Östrogen- und Interleukin-6Spiegel diskutiert. Die Hyperinsulinämie bei Insulinresistenz ist durch eine fett- und proteinbetonte, kohlenhydratlimitierte Ernährung erfolgreicher behandelbar ist als unter Fettreduktion (5, 6). Der „Warburg-Effekt“, wonach viele Krebszellen einen Großteil ihrer Energie durch aerobe Glykolyse gewinnen, spricht ebenso für die Kohlenhydratreduktion (7, 8) wie die im Krankheitsverlauf früh auftretende periphere Insulinresistenz, die vorhandene Glukose bevorzugt den Krebszellen zuführt. Gesunde Körperzellen können dann besser Fettsäuren und Ketone verwerten (9). Daraus folgt die Rationale, Krebspatienten eine fett- und eiweißreiche, kohlenhydratlimitierte Kost zu empfehlen. Deren antikachektische und tumorwachstumshemmende Wirkung ist in Tierexperimenten belegt (10-12, 26). Auch Kasuistiken sprechen dafür (13, 14). Klinische Pilotstudien zeigen, dass eine ketogene Kost selbst von präfinalen Patienten gut toleriert wird (15), dass sich unter Ketose häufiger eine „stable disease“ einstellt (15, 16), korrelierend mit positiven Befunden im PET-Scan (16). Weitere Studien laufen (z. B. KOLIBRI in Bad Kissingen). Neben moderat kohlenhydratreduzierten Kostformen (ca. 30 en% KH) und der metabolisch angepassten Diät nach Holm kommt auch eine ketogene Diät (ca. 20 – 50 g KH/d) infrage (17). Eine adäquate Zusammensetzung vorausgesetzt, liefern diese Diäten ausreichend Nährstoffe, verhindern Blutzucker- und Insulinspitzen und versorgen gesunde Gewebe mit Eiweiß (ca. 1,2 – 1,4 g/kg KG) und Fett (ca. 50 – 85 en%), wobei auf hochwertige Lebensmittel, reich an MCTs und Omega-3-Fettsäuren, geachtet werden sollte. Neben Hinweisen zur praktischen Umsetzung, den möglichen, jedoch seltenen und gut beherrschbaren (18) Nebenwirkungen sowie den Kontraindikationen (17, 18) einer ketogenen Diät, ist auch auf die häufig vorgetragenen Kritikpunkte einzugehen. Häufig wird die Ketose mit der gefährlichen Ketoazidose verwechselt, obgleich in der physiologischen Ketose die Blutketonspiegel moderat (0,5 bis 3 mmol/l) sind und die Blutglukose im Normbereich liegt. Ein weiterer Kritikpunkt ist der hohe Fettverzehr bzw. die hohe Zufuhr auch gesättigter Fettsäuren, der jedoch aufgrund aktueller Metaanalysen als hinfällig zu betrachten ist (z. B. 19). Unter ketogener Kost werden zudem mehr gesättigte Fette oxidiert und weniger in Lipoproteine eingelagert (20, 21). Auch wird behauptet, Tumorzellen könnten Fette und Ketone verwerten und würden daher von einer ketogenen Kost profitieren (22, 23). Diese Annahme wurde jedoch bereits vor Jahren an Patienten mit Kolonkarzinomen widerlegt (9). Erst kürzlich wurde gezeigt, dass humane Tumorzellen in vitro bei 21 % Sauerstoff Glukose, Laktat und ß-Hydroxybutyrat verstoffwechseln, unter der für Tumorgewebe typischen Hypoxie (1% Sauerstoff) jedoch praktisch nur Glukose (24). Die Mäusen injizierten Tumorzellen wuchsen unter ketogenem Futter signifikant langsamer und zeigten mehr Nekrosen als unter kohlenhydratreichem Standardfutter. Diese Kenntnisse und Erfahrungen mit ketogenen Diäten bei Epilepsie, Diabetes oder Übergewicht stimmen vorsichtig optimistisch (25). Patienten, die eine kohlenhydratlimitierte (fettreiche) Kost wünschen, sollten entsprechend geführt und individuell beraten werden. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. Koula-Jenik, H et al. (Hrsg.): Leitfaden Ernährungsmedizin. Urban & Fischer, München 2006/S.625 Hu, J et al.: Glycemic index, glycemic load and cancer risk. Annals of Oncology 2012, doi: 10.1093/annonc/mds235 Stocks, T et al.: Blood glucose and risk of incident and fatal cancer in the Metabolic Syndrome and Cancer Project (MeCan): Analysis of six prospective cohorts. PLoS Med 2009;6(12):e1000201 Gallagher, EJ, LeRoith, D: Epidemiology and molecular mechanisms tying obesity, diabetes, and the metabolic syndrome with cancer. Diabetes Care 2013;36 doi: 10.2337/dcS13-2001 Ströhle, A, Worm, N: Metabolisches Syndrom. Pathophysiologische Grundlagen und rationale Empfehlungen zur Ernährungstherapie. 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