Ö Ökonomische Bedeutung des Nadelholzes für Forstbetriebe

21.04.2015
Ökonomische Bedeutung des Ö
Nadelholzes für Forstbetriebe
Prof. Dr. Bernhard Möhring und Stefan Wilhelm
Abteilung Forstökonomie und Forsteinrichtung
Georg-August-Universität Göttingen
Im Rahmen des Forschungsprojektes „Sicherung der Nadelrohholzversorgung“ gefördert durch:
Abteilung Forstökonomie
Abteilung
Forstökonomieund
undForsteinrichtung
Forsteinrichtung
Einführung
Vorbemerkung
• „Versorgung“ ist kein betriebswirtschaftliches Ziel
• Baumartenwahl ist Teil der langfristigen Produktpolitik (Markt‐ oder Absatzorientierung)
• Eigentümer bestimmt über Ziele, Wege und Mittel (trägt wirtschaftliche Risiken und Chancen – Eigentümerautonomie)
Gliederung
• Betriebswirtschaftliche Grundgleichung: Erfolg = Menge * (Erlös – Kosten)
• Darstellung Betriebsergebnisse • Ergebnisse von Modellkalkulationen
– Baumartenvergleich
– Risiko
– Mischung
• Folgerungen
Abteilung Forstökonomie und Forsteinrichtung
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Menge: Naturale Produktivität (Zuwachs gem. BWI 3)
Allg. Botschaft: Nadelholz hat 47% mehr Volumen‐Zuwachs als Laubholz
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Erlös: Entwicklung Holzerlöse
Stammholzerlöse
(Staatswald Niedersachen)
Quelle: ZMP u. HMI Marktbilanzen Forst und Holz
200,00
180,00
160,00
140,00
120,00
Ei‐Sth A‐C
€/Fm 100,00
Bu‐Sth A‐C
Fi‐Sth B‐C
80,00
Ki‐Sth B‐C
60,00
40,00
20,00
2010
2011
2012
2004
2005
2006
2007
2008
2009
1998
1999
2000
2001
2002
2003
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1986
1987
1988
1989
1990
1991
1980
1981
1982
1983
1984
1985
0,00
Allg. Botschaft: Eiche ++; Buche ‐; Fichte und Kiefer +
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Kosten: Baumstruktur als Determinante der Kosten der Holzernte Allg. Botschaft:
Technologische und ökonomische Brille.
Unterschiedliche Wuchsformen erfordern
Wuchsformen erfordern unterschiedlich komplexe Bearbeitungsprozesse –
beeinflusst Rationalisierung/ Mechanisierung und Kosten des Gesamtprozesses.
Stamm monopodial, durchgehende Achse, dünne Äste
Holzqualität: homogen,
Verarbeitung:
einfach
Stamm: verzweigt gekrümmt, Starkäste
Holzqualität: heterogen
Verarbeitung:
komplex
Ursprüngliche Baumdarstellungen aus: Hecker, U. 1995: Handbuch Bäume und Sträucher. BLV München, Wien, Zürich; hier zu Lehrzwecken z.T. stark verändert und ergänzt
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Betriebsvergleich Westfalen‐Lippe
• begründet 1969 (längste Zeitreihe bundesweit!)
• Kooperation: Mittlere/größere Privatwaldbetriebe NRW, Landesbetrieb Wald u. Holz NRW, Waldbauernverb., UNI Göttingen
• Teilnehmerzahl T il h
hl 35 (privat)
35 ( i t)
•  Größe: ca. 1.600 ha (Privatwald)
• Aufteilung in drei sog. Beratungsringe nach Baumartenschwerpunkt
100%
90%
80%
70%
50%
50%
40%
30%
Eiche
42%
60%
Kiefer
Buche
60%
Fichte
20%
10%
0%
Fichtenring
Buchenring
Kiefernring
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Ø 35 Betriebe
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Betriebsvergleich Westfalen‐Lippe
Reinertrag
€/ha
600
500
400
300
200
100
0
-100
100
-200
69 71 73 75 77 79 81 83 85 87 89 91 93 95 97 99 01 03 05 07 09 11 13
Fichtenring
Laubholzring
Kiefernring
alle Betriebe
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Quelle: Betriebsvergleich Westfalen‐Lippe
Betriebsvergleich Westfalen‐Lippe
Einschlag je ha Baumartenfläche (2009‐2013)
Einschlag in Efm/ha
12
10
8
Eiche
Buche
Fichte
6
Kiefer
4
Kiefer
Fichte
Buche
Eiche
Kiefer
Fichte
Buche
Eiche
Kiefer
Fichte
Buche
Eiche
Kiefer
Fichte
Buche
Eiche
2
0
Fichtenring
Buchenring
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Kiefernring
Ø 35 Betriebe
8
Quelle: Betriebsvergleich Westfalen‐Lippe
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Betriebsvergleich Westfalen‐Lippe
Erntekostenfreier Holzerlös je ha Baumartenfläche (2009‐2013)
€/ha
450
hte
Fich
Fichte
500
400
Fichte
350
300
Eiche
Buche
250
Fichte
Kiefer
Kiefer
Eiche
Buche
Eiche
Fichte
Kiefer
Buche
Eicche
Kiefer
50
Kieferr
Eiche
100
Bucche
150
Buche
200
0
Fichtenring
Buchenring
Kiefernring
Ø 35 Betriebe
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Quelle: Betriebsvergleich Westfalen‐Lippe
Modellanalyse: Modellgrundlagen
Volumenentwicklung verbleibender Bestand
900
800
700
600
Vfm/ha
500
400
Fichte (Reinbestand)
300
Buche (Reinbestand)
200
Gruppenweise Mischung der Baumarten im Mischbestand
100
0
‐20
Simulation: ForestSimulator BWINPro
Fichte 0. Ertragsklasse
Buche I. Ertragsklasse
Projekt: Nadelrohholzversorgung
Flächenmäßig bedeutendste Waldstandorte Niedersachsens
Waldstandorte Niedersachsens
Quelle: NW‐FVA
30
80
130
Erntekostenfreier Holzerlös
Bestandesalter (Jahre)
70
Bestandesbegründung: Fi 2500 €/ha, Bu (NV)
Pflege u. Läuterung: 500 €/ha
Hol
Holzerlöse: LWK Niedersachsen 2014
erlöse: WK Niedersachsen 0 4
Sortierung: Sortentafel von Offer, Staupendahl (2009 angepasst)
Erntekosten: Waldbewertungsrichtlinie NRW (2013 angepasst)
Risiko: Überlebensfunktion (Staupendahl 2011)
Kalamitätsnutzung: Reduktion erntekostenfreier Holzerlös 50 % (Dieter 2001)
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60
50
40
€/Efm
30
Buche
20
Fichte
10
0
0
20
40
60
80
BHD
10
Quelle: Modellbetrachtung ‐ Projekt Sicherung der Nadelrohholzversorgung
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Modellanalyse: Reinerträge im Wandel der Zeit
Literaturquellen aus 90 Jahren jeweils für mittlere Verhältnisse – umgerechnet in EURO
Fichte (€)
600
1942
500
400
2015
1925
300
200
1987
1975
1997
100
1979
1980
1985
1990
1966
2004
2007
0
‐150
‐100
‐50
1989
0
50
100
150
200
250
300
Buche (€)
‐100
‐200
Quelle: Möhring, Leefken, Gutsche 2008 (erweitert))
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Modellanalyse: Risiko der Fichte
Quelle: Modellanalyse ‐ Projekt Sicherung der Nadelrohholzversorgung u. Staupendahl 2011
1,20
1,10
Überlebenswahrsscheinlichkeit
1,00
0,90
0,80
Risiko Fichte (Reinbestand)
0,70
0,60
Risiko Fichte (ökonomisch äquivalentes Risiko)
0,50
0,40
Risiko Buche (Reinbestand)
0,30
0,20
0,10
0,00
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
110
120
Fichte
Fläche Mittleres Nutzungsalter
Zuwachs
Nutzung
Kalamitätsnutzung
Reinertrag
Abteilung Forstökonomie und Forsteinrichtung
Fichte
Buche
(ökonomisch
äquivalentes Risiko)
Risiko) Alter (Jahre)
ha
Jahre
Vfm/ha/Jahr
Efm/ha/Jahr
%
€/ha/Jahr
100
73
12
9,62
7,95
337
100
47
11
8,90
58,23
56
100
114
8
6,32
5,55
56
12
6
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Modellanalyse: Anteil Verjüngungsfläche versus Betriesbfläche
20%
Zusammenhang zwischen Flächenanteil in der Verjüngung und der Betriebsfläche
16%
Flächenanteil
‐> 50% in der Verjüngung führen nur bei gleichem Umtriebsalter zu 50% betriebl. Flächenanteil
‐> die Baumart mit der geringeren Umtriebszeit
muss überproportional in der Verjüngung üb
i
l i d V jü
beteiligt sein
‐> Zeitmischung vergrößert die Bedeutung
18%
14%
12%
Fichte (Flächenanteil 50%)
10%
8%
Buche (Flächenanteil 50%)
6%
4%
2%
0%
I
II
III
IV
V
VI
VII
Altersklassen
20%
20%
18%
18%
16%
14%
Fichte (Flächenanteil 38%)
12%
10%
Buche (Flächenanteil 63%)
8%
6%
Flächen
nanteil
Flächenanteil
16%
14%
12%
Fichte (Flächenanteil (
34%)
10%
8%
Buche (Flächenanteil 66%)
6%
4%
4%
2%
2%
0%
0%
I
II
III
IV
V
Altersklassen
VI
I
VII
II
III
IV
V
VI
VII
Altersklassen
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Modelanalyse: Reinertrag in Abhängigkeit vom Mischungsanteil
Vergleich zwischen flächenweiser Mischung und gruppenweiser Mischung ForestSimulator BWINPro
400
Quelle: Modellbetrachtung ‐ Projekt Sicherung der Nadelrohholzversorgung
350
300
250
€/ha/Jahr
200
150
100
50
0
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
Fichtenanteil in %
Abteilung Forstökonomie und Forsteinrichtung
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Folgerungen
• Wegen der höheren naturalen Produktivität, kürzeren Produktionszeiten und der technologischen Vorzüge (Erlöse/Kosten) ist das Nadelholz in der erwerbsorientierten
Forstwirtschaft unersetzlich.
• Nicht nur Fichte und Kiefer sondern auch Douglasie, Lärche, Tanne, Küstentanne, Sitkafichte etc.
etc sollten in Abhängigkeit vom jeweiligen Standort angemessen sollten in Abhängigkeit vom jeweiligen Standort angemessen
berücksichtigt werden.
• Risiken des Nadelholzanbaus gilt es rational zu bewerten (Überlebensfunktionen abschätzen) – i.d.R. ist Wechsel zu Laubholz „ultima ratio“, andere Maßnahmen (Intensivierung der Pflege, U‐Verkürzung etc.) erscheinen vielfach vorteilhafter.
• Wer bestimmte betriebliche Nadelholzanteile (mit kürzerer Produktionsdauer als das Laubholz) anstrebt, muss beim Nadelholz mit höheren Anteilen in der Verjüngungsphase
starten (Bsp.: 1/3 Flächenanteil –
sta
te ( sp /3 äc e a te 50%
50% Verjüngungsanteil!). e jü gu gsa te )
• Mischbestände aus Laub‐ und Nadelholz können insgesamt produktiver sein als die anteiligen Reinbestände (doppelt positive Botschaft) – wichtig ist ein entsprechend hoher Nadelholzanteil (ggf. auch nur als Zeitmischung in Laubholz‐Grundbeständen).
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Folgerungen
Die Frage des Nadelholzanbaus hat nicht nur eine betriebliche Dimension. • Forstliche Förderpolitik darf kein „süßes Gift“ sein, welches langfristig forstliche Ertragsperspektiven lähmt – sie muss vielmehr (auch) den nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg der Forstbetriebe im Auge haben. • Im Rahmen einer (rationalen) Naturschutzpolitik sollte die forstliche Nutzung nur dort beschränkt werden, wo die naturschutzfachliche Wirkung die Ertragsverluste
überschreitet – letztere sind den privaten Forstbetrieben zu entgelten.
• Die forstliche Öffentlichkeitsarbeit ist gefordert, die forstökonomischen Wirklichkeiten nicht auszublenden und das Image des Nadelholzanbaus zu verbessern:
• Es gibt viele gute Argumente bezüglich positiver gesellschaftlicher Leistungen (Ökosystemleistungen wie Wertschöpfung, Arbeitsplätze, CO2‐Substitution, Erholungsnutzung etc.) –
h l
) diese gilt es stärker zu kommunizieren. d
l
k
k
• Vielleicht hilft auch die Gründung eines „conifer club“ (als gemeinsame Initiative der Forst‐ und Holzwirtschaft). Abteilung Forstökonomie und Forsteinrichtung
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Literaturverzeichnis
BITTER, W.‐G. (1985‐2006) ZMP‐Bilanz Forst und Holz 1985‐2006 Deutschland. ZMP Zentrale Markt‐ und Preisberichtstelle GmbH Bonn
BMEL (2014): Der Wald in Deutschland, Ausgewählte Ergebnisse der dritten Bundeswaldinventur, Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), Berlin: Eigenverlag
DIETER, M. (2001): Land expectation values for spruce and beech calculated with Monte Carlo modeling techniques. Forest Policy
and Economics S. 157‐166
H k U 1995 H db h Bä
Hecker, U. 1995: Handbuch Bäume und Sträucher. BLV München, Wien, Zürich
d S ä h BLV Mü h Wi
Zü i h
MÖHRING, B., LEEFKEN, G., GUTSCHE, C. (2008): Betriebswirtschaftliche Bewertung von Buchenwäldern, in Ergebnisse angewandter Forschung zur Buche in. Beiträge aus der NW‐FVA, Band 3, Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt, Göttingen S. 327‐
343
OFFER, A., STAUPENDAHL, K. (2008): Neue Bestandessortentafeln für die Waldbewertung und ihr Einsatz in der Bewertungspraxis.
Wertermittlungsforum 26 (4): S. 146‐154
SCHADE, V. (2013): HMI Marktbilanz Forst und Holz 2013 Deutschland. Holzmarktinfo Bonn
STAUPENDAHL, K. (2011): Modellierung der Überlebenswahrscheinlichkeit von Waldbeständen mit Hilfe der neu parametrisierten Weibull‐Funktion, Forstarchiv 82: 1, S. 10‐19
WBR NRW (2013): Richtlinien zur Waldbewertung in Nordrhein‐Westfalen; Hrsg. Landesbetrieb Wald und Holz des Landes Nordrhein Westfalen; Stand: 2013.
WILHELM, S., M
S MÖHRING, B. (2015): Schlussbericht zum Verbundvorhaben: Sicherung der Nadelrohholzversorgung in B (2015): Schlussbericht zum Verbundvorhaben: Sicherung der Nadelrohholzversorgung in
Norddeutschland, Arbeitspaket 4: Ökonomische Bedeutung von Nadelholz für Forstbetriebe (unveröffentlicht)
Abteilung Forstökonomie und Forsteinrichtung
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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Dank an BMEL und FNR für die Projektförderung
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