Waldbau Buchen-Voranbau Buchen-Voranbau trotz instabilem Fichtenschirm? Nach wie vor steht auf großer Fläche der Landeswälder Thüringens und Sachsens ein Waldumbau von NadelholzReinbeständen auf typischen Buchenstandorten bevor. Mit Blick auf die Ergebnisse einer Untersuchung zur „Qualität von Buchen-Voranbauten nach Schirmverlust“ ist die bisherige Praxis des Buchenvoranbaus zu überdenken. Johannes Weidig, Wolfgang Arenhövel, Dirk-Roger Eisenhauer, Sven Wagner D ie Ergebnisse des vorgestellten Forschungsvorhabens (siehe Beitrag S. 36 bis 39) legen den Schluss nahe, die mit der Anlage von Buchenvoranbauten verbundenen Ziele stärker als bisher einer standort- und risikoabhängigen Differenzierung zu unterziehen. Dies wird in den Waldbaurichtlinien Thüringens und Sachsens bisher nur ansatzweise berücksichtigt. Im Landeswald des Freistaates Thüringen sind rückblickend seit 1993 insgesamt 2.635 ha Buchenvoranbau entstanden. Insgesamt soll sich die Buchenfläche bei ThüringenForst langfristig von etwa 22 % auf 27 % erhöhen Der bisherige Grundsatzerlass „Waldverjüngung“ in Thüringen wird der hier vorgestellten differenzierten Vorgehensweise für Buchen-Voranbauten nur eingeschränkt gerecht. Für den Voranbau werden dort 3.000 bis 4.000 Buchen/ha vorgegeben, Schneller Überblick • Eine risikoabhängige Differenzierung des mit Buchen-Voranbauten verbundenen Produktionsziels und der daran zu orientierenden Pflanzenzahlen erfolgte bisher nicht • In Fichtenbeständen mit (sehr) hohem Kalamitätsrisiko sind extensive, primär auf Stabilität ausgerichtete Waldumbaumaßnahmen, vorzuziehen • Zukünftig sind die Waldschutzprognosen, stärker als bisher, bei der Planung zum Waldumbauplanung zu berücksichtigen www.forstpraxis.de Foto: J. Weidig Voranbau in Thüringen Eine so große Zahl feinastiger und wipfelschäftiger Buchen, wie hier im Forstbezirk Eibenstock (Revier Grünheide), ist nur bei der Kombination von hoher Pflanzenzahl im Voranbau und langfristig stabiler Überschirmung zu erreichen. bei Trupppflanzungen jedoch kleinflächig 10.000/ha empfohlen. Bei – ausdrücklich nur ausnahmsweise gestatteter – künstlicher Verjüngung mit Buche auf Freiflächen werden mindestens 7.000/ha verlangt. Eine weitergehende Differenzierung hinsichtlich Qualitäts- und Massenholzerziehung oder Stabilität des Fichtenaltholzes wurde bisher nicht vorgenommen. Dies ist auch insofern kritisch zu sehen, weil sich die Förderung des Waldumbaus im Privat- und Körperschaftswald laut § 27 ThürWaldG regelmäßig an diesem Grundsatzerlass orientiert. Konsequenzen in Thüringen Dagegen ist der Waldumbau sturmdisponierter Fichtenreinbestände in den höheren Lagen Thüringens konform zum Resultat der vorliegenden Studie, auf Strukturierung, Stabilisierung und Mischung anstatt auf einen großflächigen Baumartenwechsel von Fichte zu Buche per Voranbau ausgerichtet. Die beeindruckend klaren Ergebnisse der hier vorgestellten Untersuchung werden momentan in den Thüringer Forstämtern und Revieren vermittelt z. B. durch Vorträge in den Kolloquien des FFK-Gotha, im Rahmen der Waldbau-Dialoge und Exkursionen sowie bei internen Schulungen. Seit Beginn dieses Jahres gilt in Thüringen nun eine neue Dienstordnung Waldbau. Sie unterscheidet bewusst auch im Sinne der zielführenden Bestandesverjüngung zwischen stabilen und instabilen, geschädigten Beständen im Baumholzstadium und bahnt damit den Weg für eine risikoorientierte Planung und Behandlung. Voranbau in Sachsen Im Landeswald des Freistaates Sachsen sind seit 1993 auf einer Fläche von ca. 9.300 ha Buchenvoranbauten angelegt worden. Dynamische Zielzustände der Waldentwicklung in denen die Buche dominiert, sind auf 41 % der Landeswaldfläche, ca. 73.000 ha, vorgesehen [28]. AFZ-DerWald 5/2015 41 Foto: J. Weidig Die hohen Investitionen für einen Wertholz-orientierten Buchen-Voranbau sind bei (sehr) hohem Risiko eines Schirmverlustes nicht zu rechtfertigen. Folgt man der Annahme, dass die Buche mit einem Flächenanteil von etwa 50 % an diesen Zielszuständen beteiligt ist, würde ihr Flächenanteil an der Baumar tenzusammensetzung des Landeswaldes im Freistaat Sachsen von gegenwärtig 6,4 % [3] auf etwa 20 % steigen. Die Richtlinie zu den Bestandeszieltypen für den Staatswald des Freistaates Sach sen [7] ist aktuell durch die Richtlinie zu den Waldentwicklungstypen [28] abge löst worden. Der Voranbau von Fichten beständen mit Buche soll auch weiterhin konzentriert und standörtlich differenziert in den unteren und mittleren Berglagen erfolgen. In den höheren Berglagen ist ein Voranbau der Fichtenbestände mit Buche nur im Bereich von begünstigten Teilen des Standortmosaiks vorgesehen. Das betrifft insbesondere die klimatische Exponiertheit – und damit auch das Risikopotenzial für den Fichtenschirm – sowie die Nährkraft der Böden. Die waldbauliche Behandlung der Buchenvoranbauten ist von Anfang an auf die Produktion von höherwertigem Sä geholz (Erdstammstücken mindestens der Güteklasse B) gerichtet [7]. Geringere Qua litätsanforderungen setzten den Vorrang einer anderen Waldfunktion, z. B. Boden schutz, gegenüber der Produktionsfunk tion voraus. In diesen Fällen bestimmt die Sicherung der entsprechenden Waldfunk tion die Möglichkeit eines geringeren wald baulichen Inputs. Das Behandlungskonzept kann daraufhin angepasst werden. Die Vorgaben für die Buchenvoran bauten sehen eine reduzierte Pflanzenzahl zwischen 7.000 bis 8.000/ha vor und ent sprechen damit den Empfehlungen des voranstehenden Beitrags (S. 37 bis 40) und anderer Publikationen [13, 18, 19, 20]. Ein Voranbau der Buche mit dem vorran gigen Ziel, das Widerstandspotenzial der Fichtenbestände der folgenden Waldgene ration gegenüber biotischen und abioti schen Schadfaktoren zu verbessern, erfolgt bisher nicht. Gleiches trifft für den Beitrag der Buche zur Entwicklung von ausgegli chenen Stoffkreisläufen zu. Diese ökologi schen Anforderungen an die Waldbewirt schaftung sollen in den auch weiterhin von der Fichte dominierten Zielzuständen der Waldentwicklung durch die spontane Ausbreitung der Buche wie auch von Eber esche und Birke gesichert werden. Aus gangspunkte für die spontane Ausbreitung der Buche sind die zuvor charakterisierten Verjüngungsschwerpunkte. Konsequenzen in Sachsen Gegen einen extensiven Voranbau der Buche (bei einem deutlich reduzierten Anspruch an das Produktionsziel) spricht vor allem die Realität des praktischen Betriebsvollzuges. Der ökologisch zweck mäßige Voranbau der Buche in Konkur renzeinheiten gegenüber der Fichten-Na turverjüngung (Biogruppen, Trupps), die mehr oder weniger gleichmäßig über die Bestandesfläche verteilt sind und einen Flä chenanteil an der Baumartenzusammenset zung von 20 bis 30 % erreichen würden, erscheint unter Berücksichtigung des noch immer bedeutenden Verbisses durch Rotund Rehwild wenig Erfolg versprechend. Derartige Verjüngungen dürften in der Praxis jagdlich nicht zu kontrollieren sein. Hinzu kommt, dass bei Verlust des Fich tenschirms der hohe Konkurrenzdruck der Fichten-Naturverjüngung zu einem erheb lichen Pflegeaufwand führen würde. Daher wird am zuvor dargestellten Konzept für den Voranbau der Buche festgehalten. Die mehrfach erwähnten Forschungser gebnisse, auf denen dieser Beitrag aufbaut, sind ein nachdrücklicher Impuls, das Ri siko für einen Verlust des Fichtenschirms über Buchenvoranbauten konsequent in der Forsteinrichtungsplanung sowie im Betriebsvollzug zu berücksichtigen. Das bedeutet, Fichtenbestände mit einer sehr hohen bis hohen Prädisposition für Buch druckerbefall und Sturmschäden sind für einen Voranbau der Buche weitgehend auszuschließen. Der Flächenanteil solcher Bestände mit hohem Riskio liegt im säch sischen Erzgebirge gegenwärtig bei etwa 40 % der Fichtenfläche (35.000 ha). Eine sehr hohe Prädisposition weisen etwa 13 % der Fichtenbestände (15.000 ha) auf. In der Periode von 2021 bis 2050 kehrt sich die ses Verhältnis um, d. h. es überwiegen dann die Fichtenbestände mit einer sehr hohen Prädisposition für Buchdruckerbefall und Sturm (30.000 ha). Unter Berücksichtigung des Produk tionsziels für die Buche und der vorliegen den Forschungsergebnisse [27, 31] stellen Fichtenbestände, die höchstens eine mitt lere Prädisposition für Buchdruckerbefall und Sturmschäden aufweisen, das eigent liche Potenzial für einen Voranbau der Buche dar. Unter Vernachlässigung einer weiteren standörtlichen Differenzierung handelt es sich im Wesentlichen um Fich tenbestände der IV. (und V.) Altersklasse. Hinzu kommt, dass die Konkurrenz der Fichten-Naturverjüngung in diesen Be ständen waldbaulich noch gut steuerbar ist. Diese Möglichkeit nimmt mit der V. Altersklasse und noch weitaus ausgepräg ter in der VI. Altersklasse deutlich ab. Des Weiteren zeigen die Wirkungen des akuten Verlustes des Fichtenschirms auf das Entwicklungspotenzial von Buchen voranbauten, dass die Berücksichtigung der mittel- und langfristigen Waldschutz prognose für die Realisierbarkeit von forstbetrieblichen Planungen unabding bar ist. Literaturhinweise: können beim Autor J. Weidig angefordert werden. 42 AFZ-DerWald 5/2015www.forstpraxis.de
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