EWS-Newsletter 02/2015 - Europäischer Wirtschaftssenat

EUROPÄISCHER WIRTSCHAFTSSENAT e.V.
Newsletter 02/2015
Liebe Senatorinnen, liebe Senatoren!
Die Europäische Kommission hat am 18. März 2015 im Rahmen ihrer ambitionierten
Agenda zur Bekämpfung von Steuervermeidung auf Unternehmensebene und
schädlichem Steuerwettbewerb in der EU ein Maßnahmenpaket zur Steuertransparenz
vorgelegt. Die Mitgliedstaaten sollten sich bis Ende 2015 über den Vorschlag für den
Informationsaustausch über Steuervorbescheide einigen, damit die Bestimmungen am 1.
Januar 2016 in Kraft treten können.
Auf der Tagung des Europäischen Rates März 2015 verständigten sich die führenden
Politiker der EU auf die Schaffung einer Energieunion. Sie erörterten ferner wirtschaftliche
Themen und die Außenbeziehungen, die Lage in Libyen, die Beziehungen zu Russland
und zur Ukraine sowie die Ziele des bevorstehenden Gipfeltreffens der Östlichen
Partnerschaft in Riga
Mit diesem EWS-Newsletter wollen wir Ihnen eine Zusammenfassung zu diesen beiden
Vorhaben auf Europäischer Ebene geben.
Es grüßen Sie herzlich
Dr. Ingo Friedrich
Präsident
Michael Jäger
Geschäftsführer
Wolfgang Franken
Generalsekretär
Inhalt
1. Steuertransparenzpaket zur Bekämpfung der Steuervermeidung
von Unternehmen
2. Zusammenfassung der Tagung des Europäischen Rates vom März 2015
EWS-Newsletter 02/2015
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Newsletter 02/2015
1. Steuertransparenzpaket zur Bekämpfung der Steuervermeidung von Unternehmen
Die Europäische Kommission hat am 18. März 2015 im Rahmen ihrer ambitionierten
Agenda zur Bekämpfung von Steuervermeidung auf Unternehmensebene und schädlichem
Steuerwettbewerb in der EU ein Maßnahmenpaket zur Steuertransparenz vorgelegt. Die
Mitgliedstaaten sollten sich bis Ende 2015 über den Vorschlag für den
Informationsaustausch über Steuervorbescheide einigen, damit die Bestimmungen am 1.
Januar 2016 in Kraft treten können.
Kernelement dieses Pakets ist der Vorschlag, für Steuervorbescheide einen automatischen
Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten einzuführen.
Die auf Unternehmensebene praktizierten Strategien zur Steuervermeidung kosten die
öffentlichen Haushalte der Mitgliedstaaten jährlich Milliarden von Euro. Hierdurch werden
die Grundsätze einer gerechten Verteilung der Steuerlast und eines fairen Wettbewerbs
zwischen den Unternehmen ausgehöhlt. Da einige Unternehmen die Komplexität der
Steuerregelungen und die mangelnde Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten nutzen um
Gewinne zu verlagern und ihre Steuerlast zu verringern möchte die EU für mehr
Transparenz und Zusammenarbeit sorgen. Mit dem heutigen Maßnahmenpaket zur
Steuertransparenz soll sichergestellt werden, dass die Mitgliedstaaten die für den Schutz
ihrer Steuerbasis notwendigen Informationen erhalten und jene Unternehmen ausmachen
können, die versuchen, sich der Zahlung ihres eigentlichen Steueranteils zu entziehen.
Pierre Moscovici, EU-Kommissar für Wirtschafts- und Finanzangelegenheiten, Steuern und
Zoll erklärte hierzu: „Unternehmen, die ihren gerechten Anteil an den Steuern nicht zahlen,
und Steuerregelungen, die ihnen dies ermöglichen, werden nicht länger toleriert. Wir müssen
dafür sorgen, dass der Ort, an dem Unternehmen ihre Gewinne erwirtschaften, auch der Ort
ist, an dem sie besteuert werden. Hierzu müssen die Mitgliedstaaten offener miteinander
umgehen und zusammenarbeiten. Darauf zielt das heutige Maßnahmenpaket zur
Steuertransparenz ab.“
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Transparenz bei Steuervorbescheiden
Im Mittelpunkt des Transparenzpakets steht ein Legislativvorschlag zur Verbesserung der
Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten bei Steuervorbescheiden, die sich auf
andere Mitgliedstaaten auswirken können. Die Mitgliedstaaten tauschen zurzeit nur in sehr
begrenztem Umfang Informationen über Steuervorbescheide aus. Jeder Mitgliedstaat
entscheidet nach eigenem Ermessen, ob ein Steuervorbescheid für einen anderen
Mitgliedstaat von Belang sein könnte. Mitgliedstaaten wissen deswegen oft nicht, dass
anderenorts in der EU ein Steuervorbescheid erteilt worden ist, der sich auf ihre eigene
Steuerbasis auswirken könnte. Manche Unternehmen machen sich diesen Mangel an
Transparenz zunutze, um ihren Steueranteil zu kürzen.
Um diesen Missstand zu beheben, schlägt die EU Kommission vor, den Ermessens- und
Auslegungsspielraum zu beseitigen. Die Mitgliedstaaten sollen jetzt verpflichtet werden,
Informationen über ihre Steuervorbescheide systematisch auszutauschen. Die Kommission
schlägt feste Zeitvorgaben vor: alle drei Monate sollen die nationalen Steuerbehörden den
anderen Mitgliedstaaten einen Kurzbericht über alle von ihnen erteilten Steuervorbescheide
mit grenzübergreifender Wirkung übermitteln. Die Mitgliedstaaten können dann zu einem
Steuervorbescheid, der für sie von Belang sein könnte, nähere Einzelheiten anfordern.
Mithilfe des automatischen Informationsaustauschs über Steuervorbescheide werden die
Mitgliedstaaten bestimmte Formen missbräuchlicher Steuergestaltung leichter feststellen
und dagegen vorgehen können. Zudem wird dies einen faireren Steuerwettbewerb
begünstigen, da die Steuerbehörden weniger geneigt sein dürften, Unternehmen selektive
Steuervorteile zu gewähren, wenn andere Mitgliedstaaten Einblick nehmen können.
Initiativen zur Steuertransparenz
Das Paket nennt weitere Initiativen um die Steuertransparenz zu fördern:
Prüfung etwaiger neuer Transparenzanforderungen an multinationale Unternehmen
Die Kommission wird prüfen, inwieweit neue Transparenzanforderungen an Unternehmen
wie die Offenlegung bestimmter Steuerinformationen durch multinationale Unternehmen
durchsetzbar sind.
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Reform des Verhaltenskodexes für die Unternehmensbesteuerung
Der Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung gehört zu den wichtigsten
Instrumenten der EU, die einen gerechten Steuerwettbewerb gegenüber Unternehmen
gewährleisten. In diesem Kodex sind die Kriterien aufgeführt, nach denen sich entscheidet,
ob eine Steuerregelung schädlich ist oder nicht. Die Kommission und die Mitgliedstaaten
werden den Verhaltenskodex und das Mandat der Gruppe „Verhaltenskodex“ überarbeiten
und ausfeilen.
Quantifizierung des Ausmaßes von Steuerhinterziehung und Steuervermeidung
Die Kommission und Eurostat werden gemeinsam mit den Mitgliedstaaten nach Wegen
suchen, wie das Ausmaß von Steuerhinterziehung und Steuervermeidung zuverlässig
geschätzt werden kann, um ein gezielteres Vorgehen zu ermöglichen.
Aufhebung der Zinsbesteuerungsrichtlinie
Die Zinsbesteuerungsrichtlinie soll aufgehoben werden, da ihre Bestimmungen inzwischen
in weiterreichenden EU-Vorschriften aufgegangen sind, die einen umfassenden
automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten vorschreiben. Durch die
Aufhebung der Zinsbesteuerungsrichtlinie wird ein einheitlicher Rahmen für den
automatischen
Austausch
von
Finanzinformationen
geschaffen,
mit
dem
Rechtsunsicherheit und zusätzlicher Aufwand für Steuerbehörden und Unternehmen
vermieden werden
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2. Zusammenfassung der Tagung des Europäischen Rates März 2015
Auf der Tagung verständigten sich die führenden Politiker der EU auf die Schaffung einer
Energieunion. Sie erörterten ferner wirtschaftliche Themen und die Außenbeziehungen, die
Lage in Libyen, die Beziehungen zu Russland und zur Ukraine sowie die Ziele des
bevorstehenden Gipfeltreffens der Östlichen Partnerschaft in Riga.
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Energieunion
Der Europäische Rat kam überein, die ersten Schritte für eine Energieunion festzulegen. Die
führenden Politiker der EU verpflichteten sich, für erschwingliche, sichere und nachhaltige
Energie in der EU Sorge zu tragen. Im Mittelpunkt der Beratungen standen die Themen
Energieversorgungssicherheit und Transparenz bei Gaslieferverträgen. Alle Gaslieferverträge
müssen dem EU-Recht entsprechen, transparenter sein und dürfen sich nicht nachteilig auf
die Energieversorgungssicherheit Europas auswirken. Die führenden Politiker der EU
einigten sich außerdem darauf, dass
•
innovative Strategien für eine neue Generation von erneuerbaren
Energiequellenentwickelt werden und die Energieeffizienz gesteigert wird;
•
die Klimadiplomatie der EU im Hinblick auf einen erfolgreichen Klimagipfel in
Paris im Dezember 2015 intensiviert wird.
Außenbeziehungen
•
Östliche Partner
Der Rat erörterte die Ziele des Gipfeltreffens der Östlichen Partnerschaft, das am 21./22. Mai
in Riga stattfinden wird. Der Europäische Rat bekräftigte sein Bekenntnis zu den östlichen
Partnern und legte als Priorität die Stärkung der demokratischen Institutionen im Osten fest.
•
Beziehungen zu Russland und zur Ukraine
Der Rate beschloss die bestehenden Sanktionen an die Umsetzung der Vereinbarungen von
Minsk zu knüpfen. Die Wirtschaftssanktionen bleiben bis Ende 2015 in Kraft, wenn der letzte
Punkt des Friedensplans umzusetzen ist: Die Ukraine erlangt wieder die Kontrolle über ihre
Grenze im Osten. Die führenden Politiker der EU betonten ferner die Notwendigkeit,
Russlands laufender Desinformationskampagne über den Ukrainekonflikt entgegenzuwirken.
Die Hohe Vertreterin Federica Mogherini wird einen Aktionsplan über strategische
Kommunikation für die Tagung des Europäischen Rates im Juni ausarbeiten.
•
Libyen
Die EU setzt sich nach wie vor für den Übergang in Libyen und die Arbeit des UNSonderbeauftragten Bernardino Leon ein. Die führenden Politiker der EU forderten eine
sofortige und bedingungslose Waffenruhe und eine rasche Einigung über eine Regierung der
nationalen Einheit. Sie erkannten die Notwendigkeit an, die Migrationsströme angemessen zu
steuern und die vom Rat im Oktober 2014 vereinbarten Maßnahmen zur verbesserten
Steuerung der Migrationsströme umzusetzen und Triton, die Frontex-Operation im zentralen
Mittelmeerraum, zu stärken. Besser abgestimmte Bemühungen sind erforderlich, um die
Unterstützung der EU für die Herkunfts- und Transitländer zu verstärken.
Europäisches Semester 2015
Der Europäische Rat erörterte die Wirtschaftslage in Europa und die Umsetzung von
Strukturreformen durch die Mitgliedstaaten.
Der Rat billigte die drei Prioritäten des
Jahreswachstumsberichts 2015:
1.
2.
3.
Investitionen
Strukturreformen
verantwortungsvolle Fiskalpolitik
Sie ersuchten die Mitgliedstaaten, diese Prioritäten in ihren nationalen Reformprogrammen
und Stabilitäts- oder Konvergenzprogrammen, die für Mai 2015 anstehen, zum Ausdruck zu
bringen.
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Investitionsplan für Europa
Der Rat begrüßte die Annahme der Verhandlungsposition des Rates zu dem Vorschlag über
den Europäischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI). Der Europäische Rat geht
davon aus, dass die Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament im Juni 2015 zum
Abschluss gebracht werden, damit der Fonds ab Mitte 2015 voll funktionsfähig ist.
Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP)
Die führenden Politiker erörterten zudem den Stand der Verhandlungen mit den Vereinigten
Staaten über die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP). Sie
bekräftigten ihre Entschlossenheit, die Verhandlungen bis Ende des Jahres zum Abschluss
zu bringen und sich verstärkt darum zu bemühen, die Vorteile des Abkommens zu
vermitteln.
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EWS-Newsletter-Redaktion
Ingo Friedrich, Michael Jäger, Wolfgang Franken, Walter Grupp,
Lili Jassemi und Tobias Winkler
Quellen: Veröffentlichungen der EU-Kommission sowie des Europäischen Parlaments,
eigene Zusammenfassung
Rückfragen
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