Pensions Update – Client Alert FRÜHJAHR 2015 Frühjahr 2015 Der Referentenentwurf zum Gesetz zur Umsetzung der EU-Mobilitätsrichtlinie (RL 2014/50/EU) Am 16. April 2015 hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) den Referentenentwurf (RefE) des Gesetzes zur Umsetzung der EU-Mobilitätsrichtlinie (EU-MobRL) vorgelegt. Einleitung Die geplanten Änderungen der bestehenden Rechtslage erfassen primär den Fall, dass ein Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber wechselt. Inhaltlich enthält der RefE folgende Änderungen: Absenkung des Mindestalters für die Unverfallbarkeit von Anwartschaften von 25 auf 21 Jahre; Verkürzung der Mindest-Zusagedauer für die Unverfallbarkeit von fünf auf drei Jahre; Dynamisierung der Anwartschaften ausgeschiedener Mitarbeiter für Beschäftigungszeiten ab 2018, sofern die Pensionszusage eine Anwartschaftsdynamik beinhaltet; BMAS hat für einzelne Regelungen die von der EU-MobRL zugestandenen Gestaltungsspielräume beansprucht. In diesem Client Alert erörtern wir – im Anschluss an unseren letztjährigen Client Alert zur EU-MobRL (http://kpmglaw.de/docs/Pensions_Update_02_201 4.pdf) – die maßgeblichen Änderungen der Rahmenbedingungen für Systeme der betrieblichen Altersversorgung. Welche Pensionszusagen sind von modifizierten Voraussetzungen für die Unverfallbarkeit von Versorgungsanwartschaften betroffen? Zustimmung des Arbeitnehmers zur Abfindung von Kleinanwartschaften; Modifizierungen pflichten. Erleichterung der Erfüllung der Anpassungspflichten für Direktversicherungen und Pensionskassen. Von den modifizierten Voraussetzungen der Unverfallbarkeit (Herabsetzung des Mindestalters von 25 auf 21 Lebensjahre sowie der Mindest-Zusagedauer von fünf auf drei Jahre) sind alle arbeitgeberfinanzierten Zusagen in sämtlichen Durchführungswegen der betrieblichen Altersversorgung betroffen. Auf Entgeltumwandlungszusagen haben die modifizierten Regelungen wegen der in § 1b Abs. 5 Betriebsrentengesetz (BetrAVG) bestimmten soforti-gen Unverfallbarkeit keine Auswirkung. Der RefE entspricht inhaltlich im Kern den Erwartungen der Praxis. Das Ab wann sind die Vorgaben zu den modifizierten Voraussetzungen für der Auskunfts- die Unverfallbarkeit von Versorgungsanwartschaften anwendbar? Die modifizierten Voraussetzungen gelten für erstmals nach dem 31. Dezember 2017 erteilte Zusagen. Vor dem 1. Januar 2018 erteilte Zusagen unterliegen generell den bisherigen Unverfallbarkeitsvoraussetzungen (Vollendung des 25. Lebensjahres und mindestens fünfjährige Zusagedauer). Bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach dem 31. Dezember 2017 werden die Versorgungsanwartschaften auch dann unverfallbar, wenn die Versorgungszusage nach dem 31. Dezember 2017 mindestens drei Jahre (also mindestens bis zum 31. Dezember 2020) bestanden und der Arbeitnehmer bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses das 21. Lebensjahr vollendet hat. Die abgesenkten Voraussetzungen können erstmals wirken für nach dem 1. Januar 2016 begründete Zusagen. Die Absenkung des Mindestalters wird durch Änderungen im Einkommensteuergesetz (§4d, §6a) durch die Senkung des steuerlichen Mindestalters für die steuerlich wirksame Zuwendung an Unterstützungskassen bzw die Bildung © 2015 KPMG Rechtsanwaltsgesellschaft mbH und KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Mitglieder des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Der Name KPMG, das Logo und „cutting through complexity“ sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. 2 / Pensions Update - Client Alert / Frühjahr 2015 von Pensionsrückstellungen von 27 auf 23 Jahre flankiert. Sind bisher in der Praxis übliche zusätzliche Wartezeiten für die Gewährung einer Betriebsrentenzusage nach dem RefE weiterhin zulässig? Gemäß Art. 4 Abs. 1 lit. a) EU-MobRL ist eine Wartezeit im dreijährigen Unverfallbarkeitszeitraum einzubeziehen. Die in deutschen Versorgungsplänen – neben der Unverfallbarkeit – bestimmten zusätzlichen Wartezeiten beziehen sich auf den Zeitraum zwischen dem Beginn der Versorgungszusage und dem Eintritt des Versorgungsfalls. Diese Wartezeiten können auch nach dem Ausscheiden erfüllt werden. Der RefE enthält zu solchen zusätzlichen Wartezeiten keine Regelung. Das BMAS möchte offensichtlich der Rechtsprechung die Beurteilung der (fortgesetzten) Zulässigkeit solcher zusätzlichen Wartezeiten überlassen. Nach unserer Einschätzung spricht viel dafür, solche zusätzlichen Wartezeiten auch zukünftig neben der Unverfallbarkeit als weitere Voraussetzung für die Versorgungsleistung zuzulassen. Zu beachten sind hierzu die zeitlichen Grenzen, die das BAG angesichts der gesetzlichen Vorgaben zum altersbedingten Diskriminierungsverbot aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz (AGG) gesetzt hat (s. hierzu unser Pensions Update 02/2014 (http://www.kpmglaw.de/docs/Pensions_Update_03.pdf)). Welche Pensionszusagen sind von der Dynamisierung der unverfallbaren Anwartschaften erfasst? Die Dynamisierung gilt für alle Zusagen mit einer Anwartschaftsdynamik. Sie ist auf alle Bemessungsgrundlagen der Leistung anzuwenden. Sie erfasst auch die etwaigen Veränderungen der Bemessung anderer für die Zusage relevanter Versorgungsbezüge (etwa bei Gesamtversorgungszusagen). Anwartschaften, die nach dem Ausscheiden erworben werden, dürfen nicht zur Kürzung des Teilanspruchs führen. Für solche Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung ist das allgemein zulässige Näherungsverfahren anzuwenden, sofern der Arbeitnehmer die im Zeitpunkt des Ausscheidens erreichten Entgeltpunkte nicht nachweist. Welche Pensionszusagen sind von der Dynamisierung der unverfallbaren Anwartschaften ausgenommen? Der Dynamisierung unterliegen nicht: (1) Festbetragszusagen: als Leistungszusagen, bei denen die Anwartschaft als nominales Anrecht festgelegt ist und damit die Leistungssumme schon beim Erwerb der Anwartschaft ermittelt werden kann. Der RefE nennt als Beispiele die Zusage eines fixen Rentenbetrages („500 EUR Betriebsrente“) sowie eines von der Zusagedauer abhängigen Fixbetrags („10 EUR pro Dienstjahr“). Die weitere vom RefE angeführte Ausnahme eines aus der Vergütung ableitbaren Fixbetrages („2% des Jahreseinkommens je Dienstjahr“) ist inhaltlich nicht nachvollziehbar, da weitere Gehaltserhöhungen die unverfallbaren Anwartschaften erhöhen würden. (2) Zusagen mit integrierter Verzinsung der Anwartschaft. Dies betrifft vor allem beitragsorientierte Zusagen mit einer (Mindest-) Zinsregelung. (3) Zusagen über einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung, bei denen die Erträge aus der Anlage der eingezahlten Beiträge dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer zugutekommen. In diesen Fallgruppen folgt die unverfallbare Anwartschaft typischerweise in dem Zeitraum zwischen dem Ausscheiden bis zum Rentenbeginn der gleichen Dynamik der Entwicklung der Anwartschaften der aktiven Anwärter. Von der Pflicht zur Dynamisierung ausgenommen sind zudem Pensionszusagen aus Versorgungssystemen, die vor dem 20. Mai 2014 für Neueintritte geschlossen worden sind. Welche inhaltlichen Anforderungen stellt der RefE an die Dynamisierung der Anwartschaften? Die Dynamisierung der Anwartschaften hat für den Zeitraum vom Ausscheiden bis zum Leistungsfall zu erfolgen. Der RefE orientiert sich bei den Vorgaben zur Dynamisierung u.a. offensichtlich an den Anpassungsregeln für Rentenleistungen nach §16 BetrAVG. Die Dynamisierungsverpflichtung gilt als erfüllt, wenn die Anpassung des Teilanspruchs aus der Anwartschaft nicht geringer ist als der Anstieg (1) der Anwartschaften oder der Nettolöhne vergleichbarer Arbeitnehmergruppen des Unternehmens; (2) der laufenden Leistungen an die Versorgungsempfänger oder (3) des Verbraucherpreisindexes. Nach dem wörtlichen Verständnis des RefE spricht nach unserer Einschätzung für die zweite Fallgruppe viel dafür, dass der Arbeitgeber etwa die Dynamisierung der Anwartschaften unterlassen kann, wenn er aufgrund seiner wirtschaftlichen Lage nicht zu einer Anpassung der laufenden Leistungen gemäß § 16 BetrAVG in der Lage ist. Die für die Anpassung nach § 16 BetrAVG als Beurteilungsgrundlage anzufertigende Substanzerhaltungsanalyse wird somit zukünftig an weiterer Bedeutung gewinnen. Im Gesetzgebungsverfahren wird zu klären sein, ob eine Ausrichtung der Dynamisierung an die Anpassung der laufenden Leistungen konsequenterweise auch eine (nur) periodische Dynamisierung über Dreijahreszeiträume nach sich zieht. Muss die gesamte unverfallbare Anwartschaft dynamisiert werden? Nach dem RefE unterliegen nach dem 31. Dezember 2017 erdiente Anwartschaften der Dynamisierung. Die Dynamisierung wirkt sich also zunächst nicht so stark aus, wird aber mit zunehmender Betriebszugehörigkeit nach dem 31 Dezember 2017 an Bedeutung gewinnen (siehe hierzu bereits unser Rechenbeispiel in unserem Client Alert zur EU-MobRL. Wie werden die Auskunftspflichten modifiziert? Der Arbeitgeber oder der Versorgungsträger müssen dem Versorgungsberechtigten künftig bereits auf dessen Verlangen Auskünfte über die unverfallbaren Anwartschaften erteilen. Das bisher für die Auskunftserteilung erforderliche berechtigte Interesse des Arbeitnehmers ist nach dem RefE nicht mehr erforderlich. Inhaltlich entsprechen die Vorgaben im RefE im Kern den bisherigen Auskunftspflichten. Die Auskunft soll in Textform (email genügt) und in verständlicher Weise erfolgen. Verständnismaßstab soll der Empfängerhorizont eines durchschnitt- © 2015 KPMG Rechtsanwaltsgesellschaft mbH und KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Mitglieder des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Der Name KPMG, das Logo und „cutting through complexity“ sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. 3 / Pensions Update - Client Alert / Frühjahr 2015 lichen Versorgungsberechtigten sein. Ist eine im Rahmen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vereinbarte Abfindung von Kleinanwartschaften zukünftig (weiterhin) zulässig? Diese gemäß § 3 Abs. 2 BetrAVG einseitig vom Arbeitgeber durchführbare Abfindung von Kleinanwartschaften bedarf nach dem RefE zukünftig der Zustimmung des Arbeitnehmers, wenn der Arbeitnehmer innerhalb eines Jahres nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ins Ausland wechselt. Die einseitige Abfindung von Kleinanwartschaften wird daher im Regelfall – der etwaigen Begründung eines neuen Arbeitsverhältnisses mit einem inländischen Arbeitsplatz – auch zukünftig wirksam erfolgen können. Arbeitgeber werden angesichts der einjährigen Zeitgrenze künftig die Abfindung der Kleinanwartschaften über den einjährigen Zeitraum abzuwarten haben. Welche konkreten Erleichterungen ergeben sich für die Erfüllung der Anpassungsverpflichtung nach § 16 BetrAVG für Direktversicherungen und für Pensionskassen? Für über Direktversicherungen bzw. Pensionskassen durchgeführte Versorgungszusagen soll die Anpassungsprüfungspflicht gemäß der insoweit modifizierten Regelung des § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG zukünftig bereits entfallen, wenn sämtliche Überschussanteile zur Erhöhung der laufenden Leistungen verwendet werden. Die bisher zusätzliche Ausrichtung an den relevanten (Höchst-)Zinssatz soll in diesem Fall auch für alle bestehenden Zusagen entfallen. Nach dem Willen des BMAS soll diese Regelung unmittelbar nach Erlass des Gesetzes in Kraft treten. Die finale Gesetzesfassung dieser Regelung bleibt abzuwarten – insbesondere angesichts der andernfalls für bestehende Versorgungszusagen wegen der Ausrichtung vieler solcher Versorgungszusagen an die aktuelle Fassung des § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG gemäß dem Verständnis der Rechtsprechung des BAG (zuletzt in seinem Urteil vom 30.09.2014, das wir in unserem Pensions Update 01/2015 besprechen) zu erwartenden Klagen von Arbeitnehmern mit solchen Versorgungszusagen. Besteht vor dem Hintergrund des Referentenentwurfs ein aktueller Handlungsbedarf? Die Umsetzung der EU-MobRL in das BetrAVG löst – in Bezug auf die Dynamisierung von Anwartschaften – generell einen Handlungsbedarf für alle Arbeitgeber aus, die gehaltsabhängige oder ähnlich dynamisierte Leistungszusagen erteilen. Für alle anderen Arbeitgeber mit bestehenden Versorgungs- plänen ist vor allem die Herabsetzung der Unverfallbarkeitsvoraussetzungen relevant. Das BMAS hat den RefE an insgesamt 17 Verbände und sonstige Interessenvertreter versendet und ermöglicht diesen eine Stellungnahme zu dem RefE bis zum 15. Mai 2015. Es ist zu erwarten, dass der RefE anschließend kurzfristig in das Gesetzgebungsverfahren übergeleitet wird. Spätestens zu diesem Zeitpunkt sollten Arbeitgeber die Identifizierung der für ihre Versorgungszusagen zu verzeichnenden Änderungsbedarfe aufnehmen, um rechtzeitig vor dem Inkrafttreten des Gesetzes ihre Versorgungssysteme auf die geänderten gesetzlichen Regelungen eingestellt zu haben. Ausblick Wir werden Sie durch das weitere Gesetzgebungsverfahren mit weiteren Updates zu den Entwicklungen zur Umsetzung der EU-MobRL begleiten. Haben Sie weitere Fragen zu diesem Thema oder zu anderen Fragestellungen der betrieblichen Altersversorgung? Gerne treten wir mit Ihnen hierzu in einen Gedankenaustausch. Kontakt: Susanne Jungblut KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Diplom-Mathematikerin, Aktuarin (DAV) / Sachverständigerin (IVS) T +49 89 9282-1066 M +49 174 3231972 [email protected] Dr. Lars Hinrichs KPMG Rechtsanwaltsgesellschaft mbH Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht T +49 40 360994-5015 M +49 174 3009748 [email protected] Andreas Johannleweling KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Diplom-Mathematiker, Aktuar (DAV) / Sachverständiger (IVS) T +49 221 2073-1151 M +49 173 5764925 [email protected] Detlef Mann KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Rechtsanwalt T +49 (0) 69-9587-1143 M +49 173 5764646 [email protected] www.kpmg.de www.kpmg-law.de Die enthaltenen Informationen sind allgemeiner Natur und nicht auf die spezielle Situation einer Einzelperson oder einer juri stischen Person ausgerichtet. Obwohl wir uns bemühen, zuverlässige und aktuelle Informationen zu liefern, können wir nicht garantieren, dass diese Informationen so zutreffend sind wie zum Zeitpunkt ihres Eingangs oder dass sie auch in Zukunft so zutreffen d sein werden. Niemand sollte aufgrund dieser Informationen handeln ohne geeigneten fachlichen Rat und ohne gründliche Analyse der betreffenden Situation. Unsere Leistungen erbringen wir vorbehaltlich der berufsrechtlichen Prüfung der Zulässigkeit in jedem Einzelfall. © 2015 KPMG Rechtsanwaltsgesellschaft mbH und KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Mitglieder des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperatve („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Der Name KPMG, das Logo und „cutting through comp lexity“ sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International.
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