Rundschreiben 08.05.2014

IV / 2014 - www.goertz-kanzlei.de
INFOBRIEF
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Aktuelle Rechtsprechung:
Entwicklung des Arbeitsrechts im Jahr
2013
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Arbeitsrechtsfrühstück:
„Scheinselbstständigkeit, Leiharbeitnehmer, drittbezogener Personaleinsatz“
Donnerstag, den 15. Mai 2014
von 8:30 bis 10:00 Uhr
Kanzlei Stuttgart
Liebe Leserin, lieber Leser,
in dieser Ausgabe unseres Infobriefes stellen wir Ihnen die Entwicklung des Individualarbeitsrechts im Jahr 2013 vor.
Des Weiteren findet in unseren Kanzleiräumen Mittlerer Pfad 19, Stuttgart-Weilimdorf
am Donnerstag, den 15. Mai 2014 von 8:30
bis 10:00 Uhr unser erstes Arbeitsrechtsfrühstück zum Thema
„Scheinselbstständigkeit, Leiharbeitnehmer,
drittbezogener Personaleinsatz“
statt. Da die Teilnehmerzahl beschränkt ist,
bitten wir Sie, sofern nicht bereits erfolgt, um
eine Anmeldung per E-Mail oder per Telefon.
Rechtsprechung
Individualarbeitsrecht 2013
1.
Weisungsrecht des Arbeitgebers
Das BAG hat entscheiden, dass sofern der
Arbeitsort vertraglich nicht festgelegt ist,
schaffe selbst eine jahrelange Ausübung der
Tätigkeit an einem Arbeitsort keinen Vertrauenstatbestand des Arbeitnehmers dahingehend, dass der Arbeitgeber den Ar-
beitsort konkludent konkretisiert habe und
daher in der Zukunft von seinem Weisungsrecht hinsichtlich der Bestimmung des Arbeitsortes keinen Gebrauch machen werde.
(BAG, Urteil vom 13.06.2012 Az.: 10 AZR
296/11).
2.
Vergütungsansprüche
Arbeitsvertragsregelungen, die den Umfang
der Arbeitszeit und die Höhe der Vergütung
regeln, unterliegen keiner Angemessenheitskontrolle i.S.d. § 307 Abs. 1 BGB. Erreicht
jedoch die Arbeitsvergütung nicht einmal
zwei Drittel eines im betreffenden Wirtschaftszweig üblicherweise gezahlten Tarifentgelts, liegt eine regelmäßig nicht hinzunehmende Abweichung vor, für die es einer
spezifischen Rechtfertigung bedarf (BAG,
Urteil vom 17.10.2012, Az.: 5 AZR 792/11).
Ein Anspruch auf Überstundenvergütung
setzt voraus, dass die Überstunden vom
Arbeitgeber angeordnet, gebilligt, geduldet
oder jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig waren, wofür der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast
trägt. Die Hinnahme von Mehrarbeit sowie
der Verzicht auf Vorkehrungen, künftige
Überstundenleistungen zu unterbinden, führen zur Duldung des Arbeitgebers (BAG,
Urteil vom 10.04.2013, Az.: 5 AZR 122/12).
3.
Teilzeit- und Befristungsrecht
Der Anspruch auf eine Reduzierung der Arbeitszeit steht nicht nur Vollzeit-, sondern
auch Teilzeitbeschäftigten zu - die nach § 8
TzBfG entgegenstehenden „betrieblichen
Gründe“ sind nicht arbeitsplatzbezogen, sondern betriebsbezogen zu prüfen. Der Arbeitgeber ist gehalten, Beschäftigungsmöglichkeiten innerhalb des Betriebes zu prüfen
und ggfs. im Rahmen seines Direktions-
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rechts zu ermöglichen (BAG, Urteil vom
13.11.2012, Az.: 9 AZR 259/11).
BAG bei Anwendung der Unklarheitenregel
des § 305c Abs. 2 BGB zu einem unbedingten Anspruch auf die Zahlung (BAG, Urteil
vom 17.04.2013, Az.: 10 AZR 281/12).
Das Vorbeschäftigungsverbot des § 14 Abs.
2 Satz 2 TzBfG beträgt 3 Jahre. Durch Tarifvertrag kann die Anzahl der Verlängerungen
befristeter Verträge sowie die Höchstdauer
der Befristung abweichend regelt werden.
Das BAG hält eine Befristungsdauer von 42
Monaten und viermalige Verlängerungsmöglichkeit für unbedenklich (BAG, Urteil vom
15.08.2012, Az.: 7 AZR 184/11).
Eine formulararbeitsvertragliche Regelung,
mit der dem Arbeitgeber ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht nach billigem Ermessen über die Höhe einer jährlichen Zuwendung vorbehalten wird, hält der AGBKontrolle stand, insbesondere wenn es sich
um eine Gratifikation handelt, die keinen
Entgeltcharakter hat (BAG, Urteil vom
16.01.2013, Az.: 10 AZR 26/12).
Die Ausnutzung der Gestaltungsmöglichkeiten des TzBfG kann rechtsmissbräuchlich
sein, wenn mehrere Arbeitgeber in bewusstem Zusammenwirken mit einem Arbeitnehmer aufeinanderfolgende, sachgrundlos
befristete Arbeitsverträge abschließen, um
dadurch das Anschlussverbot des § 14 Abs.
2 Satz 2 TzBfG zu umgehen (BAG, Urteil
vom 15.05.2013, Az.: 7 AZR 525/11).
4.
5.
Rückzahlungsklauseln
In der Rückzahlungsvereinbarung müssen
die Art sowie die Berechnungsgrundlage der
zu erstattenden Weiterbildungskosten angegeben werden und die einzelnen Positionen
(z.B. Lehrgangsgebühren, Fahrt-, Unterbringungs- und Verpflegungskosten) genau bezeichnet sein (BAG, Urteil vom 06.08.2013,
Az.: 9 AZR 442/12).
Freiwilligkeitsvorbehalte
Werden Sonderleistungen in einem Formulararbeitsvertrag nach Voraussetzungen und
Höhe festgelegt, legt dies das Bestehen
eines vertraglichen Anspruchs nahe; der
Freiwilligkeitsvorbehalt ist demnach unklar
und verstößt gegen das Transparenzgebot
des § 307 Abs.1 Satz 2 BGB (BAG, Urteil
vom 20.02.2013, Az.: 10 AZR 177/12).
6.
Urlaubsansprüche
Ein dauerhaft arbeitsunfähiger Arbeitnehmer
erwirbt zu Beginn eines jeden Kalenderjahres seinen gesetzlichen Anspruch auf Erholungsurlaub. Der gesetzliche Urlaubsanspruch geht bei Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit nach Ablauf des Übertragungszeitraumes von 15 Monaten nach dem Ende
des jeweiligen Urlaubsjahres unter (BAG,
Urteil vom 16.10.2012, Az.: 9 AZR 63/11).
Dies gilt nach BAG selbst dann, wenn der
Arbeitgeber nicht nur im Arbeitsvertrag, sondern auch bei der Auszahlung der Sonderleistungen noch einmal die Freiwilligkeit betont und verdeutlicht, dass „auf diese Leistung kein Rechtsanspruch bestehe“.
Endet das Arbeitsverhältnis wegen des Todes des Arbeitnehmers, geht der Urlaubsanspruch unter und kann sich auch nicht in
einen Urlaubsabgeltungsanspruch umwandeln (BAG, Urteil vom 12.03.2013 Az.: 9
AZR 532/11).
Die Vereinbarung, dass „die Zahlung eines
13. Gehalts eine freiwillige Leistung der Firma ist, die anteilig als Urlaubs- und Weihnachtsgeld gezahlt werden kann“ führt nach
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7.
AGG-Entschädigungsansprüche
Eine Stellenausschreibung, die sich an
Hochschulabsolventen oder Young Professionals bzw. an Berufsanfänger richtet, begründet ein Indiz für eine Benachteiligung
eines abgelehnten älteren Bewerbers (BAG,
Urteil vom 24.01.2013, Az.: 8 AZR 429/11).
Nach der Rechtsprechung des BAG muss
der Arbeitgeber einem abgelehnten Bewerber grundsätzlich keine Auskunft über den
eingestellten Bewerber und die Gründe für
die getroffene Personalauswahl erteilen
(BAG, Urteil vom 25.04.2013, Az.: 8 AZR
287/08). Handelt es sich um eine Bewerbung eines Schwerbehinderten, hat der Arbeitgeber gemäß § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX
die Beteiligten über die Gründe der Auswahlentscheidung zu informieren, sofern er
die Beschäftigungsquote nach § 71 Abs. 1
SGB IX nicht erfüllt (BAG, Urteil vom
21.02.2013, Az.: 8 AZR 180/12).
8.
Zeugnisansprüche
Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, das
Arbeitszeugnis mit Formulierungen abzuschließen, in denen dem Arbeitnehmer für
die geleisteten Dienste gedankt, sein Ausscheiden bedauert oder ihm für die Zukunft
alles Gute gewünscht wird; ggfs. ist der Arbeitgeber verpflichtet, ein Zeugnis ohne
Schlussformel zu erteilen (BAG, Urteil vom
11.12.2012, Az.: 9 AZR 227/11).
Natalia Dinnebier
Rechtsanwältin
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