Ab Seite 36: Karriereberatung und Stellenmarkt für technische Fach- und Führungskräfte T E C H N I K W I RT S C H A F T G E S E L L S C H A F T 27. März 2015 · 13/14 www.vdi-nachrichten.com Einzelpreis 3,00 Euro 6867 Die nächste Ausgabe erscheint am 10. April 2015 Foto: Holde Schneider/Visum Interview der Woche „Die Treuhand hat sich Mühe gegeben, Arbeitsplätze zu retten. Viele DDR-Unternehmen waren aber bloße Betriebsstätten ohne Markt.“ Klaus von Dohnanyi, Aufsichtsratschef der Kranunion, Leipzig ps -Seiten 10 und 11 Technik & Gesellschaft Gunter Dueck über die Folgen der Digitalisierung -Seiten 2 und 3 Metall- und Elektroberufen geht der Nachwuchs aus -Seite 8 Technik & Wirtschaft Fahrzeugvernetzung führt zum Kfz-Diebstahl 2.0 Helfer: Bei Audi arbeitet ein Montageroboter ohne Schutzzaun. Er passt sich dem Arbeitstakt des Mitarbeiters an. Foto: Audi Roboter arbeiten nicht länger hinter Gittern Automatisierung: Die Automobilindustrie ist beim Einsatz von Industrierobotern führend. Verstärkt sollen Roboter sogar ohne Schutzzaun mit den Menschen zusammenarbeiten. Erste Produkte gehen jetzt in Serie. Autoindustrie führt bei Robotereinsatz 1600 1500 Automation und Energie auf der Hannover Messe -Seite 22 bis 27 Technik & Finanzen Mit Betreuungsverfügung für den Ernstfall vorsorgen -Seite 35 Anzahl Roboter pro 10 000 Beschäftigten* 1400 1300 1200 1140 VDI nachrichten, Düsseldorf, 27. 3. 15, kf -Seite 18 1520 Ob Automatisierung langfristig zu einer Sicherung oder einem Abbau von Arbeitsplätzen führt, ist umstritten. Fest steht: Die Robotikbranche profitiert vom weltweiten Trend zur Automatisierung. Stärkster Nachfragetreiber war im vergangenen Jahr die Automobilindustrie, gefolgt von der Elektronikbranche. Nach Schätzungen des Branchenverbands IFR wurden im Jahr 2014 mit 225 000 Ein- 1100 1000 1111 1057 1032 977 964 900 800 Grafik: VDI nachrichten 13/14/2015, Gudrun Schmidt *Stand 2013 Quelle: IFR Nur Platz 2: Im internationalen Vergleich liegt Deutschland hinter Japan. Die USA haben in den letzten Jahren aufgeholt. heiten 27 % mehr Roboter als im Vorjahr verkauft. Zur Hannover Messe im April haben einige Hersteller neue kollaborierende Roboter angekündigt. Sowohl ABB als auch Fanuc und Kuka werden entsprechende neue Produkte zeigen. Und ABB hat es mit seinem Yumi-Roboter sogar unter die fünf Nominierten für den Hermes Award geschafft. In Deutschland investiert die Automobilindustrie kräftig in die Robotik. BMW plant in den kommenden drei Jahren die Zahl der weltweit installierten Roboter von rund 7500 auf bis zu 10 000 Einheiten aufzustocken. Für die Münchener ist die Mensch-RoboterKooperation wichtig. Seit 2013 setzt BMW kollaborierende Roboter in der Produktion ein (s. VDI nachrichten 24/2014). Auch Audi hat als erster Anwen- der im VW-Konzern bereits Roboter ohne Schutzzaun zur Unterstützung der Mitarbeiter im Serieneinsatz. Im Februar hat Audi zusammen mit dem Kuka-Systempartner MRK Systeme, Augsburg, einen Montageassistenten im Stammwerk Ingolstadt in Betrieb genommen. Für Produktionsvorstand Hubert Waltl ist diese Art der Interaktion zukunftsweisend. „Sie gibt uns die Chance, anstrengende Routinetätigkeiten zu automatisieren und ergonomisch ungünstige Arbeitsplätze zu optimieren.“ Auch BMW-Personalvorstand Milagros Caiña-Andree glaubt an kollaborierende Roboter. „Den Einsatz solcher Maschinen am Band neben den Werkern sehe ich (…) als Chance in unserer alternden Gesellschaft, um demografiefest zu werden“, sagt sie im Interview auf Seite 36. KEN FOUHY Management & Karriere Foto: BMW ANZEIGE BMW: Caiña-Andree setzt auf Ingenieure -Seiten 36 und 37 Technik & Kultur: 40 Jahre Microsoft -Seite 46 Aus dem VDI -Seite 48 VDI Verlag GmbH, Postfach 10 10 54, 40001 Düsseldorf Schweiz CHF 5,00; Österreich 3,00 Euro In Berlin und Dresden laden jetzt E-Bus-Batterien in Minutenschnelle VDI nachrichten, Berlin/Dresden, 27. 3. 15, ber Elektromobilität: Im stauanfälligen Berufsverkehr muss es auch mit Bus und Bahn zügig vorangehen. Das Laden von Batterien für Elektrobusse darf da nicht lange dauern. Berlin und Dresden schicken deshalb jetzt zwei Schnellladesysteme an den Start, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Die Berliner Verkehrsbetriebe setzen auf das induktive Laden mit dem kabellosen Primove-System von Bombardier. Dafür werden derzeit tonnenschwere Ladeplatten an den Haltestellen entlang der Buslinie 204 im Boden verlegt. Während die Fahrgäste ein- und aussteigen, werden die Batterien so sehr aufgeladen, dass der Strom bis zur nächsten Haltestelle reicht. Die Dresdner Verkehrsbetriebe hingegen laden ihre Busse an einer Dockingstation am Wendepunkt der Linie 61 auf. Dort führt ein Bügel aus dem Dach zum Ausleger der Ladestation. Bei einer Ladeleistung von 250 kW dauert es gerade einmal 6 min, um die Batterien für einen kompletten Linienumlauf mit Energie zu versorgen, sagen die Experten des Fraunhofer-Instituts für Verkehrsund Infrastruktursysteme und der Schunk Bahn- und Industrietechnik GmbH, die das Kontaktsystem gemeinsam entwickelt haben. ber -Seiten 16 und 17 Jetzt bestellen auf www.PresseKatalog.de MEINUNG VDI nachrichten · 27. März 2015 · 13/14 Politisches Prisma Ein Jahr Vorfreude Barack Obama: Sieht Chancen für Reindustrialisierung der USA. Foto: Weißes Haus US-Präsident Barack Obama hat mit seinem Programm zur Reindustrialisierung der Vereinigten Staaten zu Hause wenig Anerkennung gewonnen. Aber nach 8 % mehr Investitionen in Industrieanlagen im Jahr 2014 sollen die Ausgaben in diesem Jahr um 10 % wachsen. Auch deutsche Exporteure nehmen am Aufschwung teil. US-Kunden belegen Platz 1 oder 2 sowohl beim Maschinenbau als auch bei der Elektrotechnik. So war die Freude unter den Ausstellern der Hannover Messe groß, als am Dienstag bekannt wurde, dass die USA als Partnerland der weltgrößten Industrieschau im nächsten Jahr gewonnen werden konnten. Für sein Reindustrialisierungsprogramm und für das Freihandelsabkommen TTIP kann dann Obama in seiner Eröffnungsrede werben. Zunächst werden sich aber die Aussteller auf der jetzt anstehenden Messe auf indische Bedürfnisse und den neuen indischen Premier Narendra Modi einstellen. kf Zoff um Steuer Horst Seehofer: Lehnt Schäubles Steuerpläne ab. Foto: CSU Der bayerische Ministerpräsident und CSUVorsitzende Horst Seehofer geht auf Konfrontationskurs zu Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Auf dem Parteitag in Bamberg stellte Seehofer klar, dass die CSU nicht, wie von Schäuble geplant, bei der Vererbung von Familienunternehmen die Heranziehung des Privatvermögens für die Erbschaftsteuer akzeptieren werde. Seehofer: „Das wäre eine Vermögensteuer. Und das machen wir nicht.“ Der Vergleich zeigt, wohin die Reise gehen könnte. Die Vermögensteuer wurde, wie jüngst die Erbschaftsteuer, vom Bundesverfassungsgericht verworfen. Um dem Konflikt um höhere Vermögensteuern aus dem Weg zu gehen, wird diese seit Mitte der 90er-Jahre einfach nicht mehr erhoben. Das könnte mit der Erbschaftsteuer genauso geschehen. has David gegen Goliath Max Schrems: Will den Internetgiganten Facebook in die Knie zwingen. Foto: Georg Hochmut/dpa Ein Student aus Österreich hat sich sich mit einem Internetgiganten aus den USA angelegt. Max Schrems will mit seiner Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) erreichen, dass sich Mark Zuckerbergs soziales Netzwerk Facebook endlich an Datenschutzvorschriften hält. Seine Chancen stehen nicht mal schlecht. Datenschutzaktivisten vieler europäischer Länder schauen seit Dienstag der Verhandlung des EuGH mit Spannung entgegen. Auch weil das einst so wirtschaftsfreundliche Gericht sich in Sachen Datenschutz freigeschwommen hat: Vergangenes Jahr erklärten die Richter die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung für grundrechtewidrig. In einem weiteren Fall ordnete es an, dass Bürger bei Google ein „Recht auf Vergessen“ einfordern können. Sieht ganz danach aus, als könnte der österreichische David dem milliardenschweren Goliath ein Bein stellen. pek [email protected] / [email protected] „Jeder macht einen kleinen Niedergang mit“ Digitalisierung: In seiner ruhigen Art verkündete Gunter Dueck, der ehemalige Entwicklungschef von IBM, auf dem Industrial Communication Congress in Bad Pyrmont, dass die Jobs vieler der im Publikum Anwesenden wegfallen werden. Gegenüber den VDI nachrichten konkretisiert er die Aussage und gibt Lösungsvorschläge. VDI nachrichten: Herr Dueck, als die ersten Roboter in den Fabriken Einzug hielten, gab es Panik, dass Arbeitsplätze wegfallen könnten. Gibt es nun im Zusammenhang mit der Digitalisierung – der Industrie 4.0 – erneut Grund zur Sorge? Dueck: Ja, die ganze Zeit schon! Im Grunde sind gerade die Automobilfabriken schon relativ menschenleer geworden. Das hat man wohl zwischenzeitlich vergessen. Die Ängste kommen nur immer mal wieder neu hoch. Die Automobilindustrie hat seit 1980 massenweise Arbeitsplätze verloren. Das sieht man an Beispielen wie zuletzt Bochum. Die Ängste waren damals berechtigt und es ist so eingetreten. Jetzt leben die Ängste wieder auf, weil wir sehen, dass es oft Armut zur Folge hat. Woran machen Sie die aktuellen Ängste fest? Damals gab es nur sehr spezielle Roboter in den Fertigungsanlagen der Foto: M. Ciupek 2 rere Tage auf einen Termin zu warten, um dann zu erfahren, dass ich Augentropfen brauche, die ich sowieso selbst in der Apotheke kaufen kann. Was schließen Sie daraus? Bei jedem Beruf gibt es die Frage, was der einfache Teil ist und welche Folgen das hat. Der Beruf fällt damit nicht weg, aber die 20 % bis 30 % der Aufgaben gehen verloren, die von anderen leicht selbst erledigt werden können. Jeder macht also einen kleinen Niedergang mit. Das Problem dabei ist, dass der Teil der Arbeit, der übrig bleibt, der höher qualifizierte ist. So ist es. Man spricht von „Arbeitsverdichtung“. Der Stressanteil nimmt damit zu. Üblicherweise hat der hochwertige Teil der Arbeit dann etwas mit Menschen zu tun, mit Beratung und emotionaler Kompetenz wie Verhandeln und Verkaufen. Das ist gar nicht allen gegeben. Früher war alles nicht so schlimm, weil man ja noch die ein- „Die Menschen, die jetzt in den Wandel hineinkommen, sind natürlich anfälliger, auszuflippen oder in anderer Weise darunter zu leiden.“ Gunter Dueck, Mathematiker und ehemaliger IBM-CTO, Waldhilsbach Automobilhersteller. Die haben z. B. Schweißaufgaben erledigt, also Aufgaben, die für Menschen körperlich sehr belastend sind. Heute rücken Roboter und Maschinen in andere Bereiche vor. Was in der Automobilindustrie bereits passiert ist, das geschieht nun in anderen Branchen auch. Das macht wahrscheinlich die neue Angst aus. Sie schrieben kürzlich, dass die Digitalisierung viele Arbeitsplätze überflüssig mache und das auch noch gut sei. Wie kommen Sie darauf? Sie werden nicht ganz überflüssig. Aber der einfache Teil der Arbeit fällt weg. Viele Dinge lassen sich per Software viel einfacher erledigen als bisher. Ein Rechtsanwalt muss damit beispielsweise keine Standardsachen machen. Wenn ich ärgerliche Kündigungen durchsetzen muss, schaue ich eher im Internet nach, was ich tun soll. Oder: Ich klicke einfach beim Finanzamt „Ich erhebe Einspruch“. Kein Brief mehr. Die Routinefälle vieler Berufe sind so einfach geworden, dass wir sie selbst erledigen können. Wohin führt das? Das bedeutet, dass das, was ein Rechtsanwalt einfach tun kann, wegfällt. Der einfache Teil der Arbeit entfällt. Das vereinfacht auch die Situation bei Ärzten. Ich brauche nicht meh- fachen Teile hatte und vielleicht zweimal am Tag etwas Schwieriges machen musste. Das schaffen viele Menschen dann auch. Eine höhere Verdichtung der schweren Arbeit erfordert allerdings auch entsprechend hohe Qualifikationen – nicht nur in der Sache, sondern auch im Umgang mit Menschen. Die Gedanken gab es ja schon vor vielen Jahren bei der Einführung von Wissensmanagementsystemen. Das müssen ja Übermenschen sein, die so etwas ohne Pausen oder Entspannungsphasen bei Routinetätigkeiten einen ganzen Arbeitstag durchhalten. Sind nicht auch Zeiten wichtig in denen die Mitarbeiter … … runterstressen können. Ja. Doch das ist nun eben so. Da kann ich jetzt auch nichts dafür. Ich muss das ja nicht bewerten. Ich gebe einfach eine Analyse, was jetzt kommt. Die Leute, die die Verdichtung nicht aushalten, können darüber depressiv werden oder einen Burn-out erleiden. Das wissen wir ja jetzt. Ich vermute, und das ist jetzt meine persönliche Interpretation, dass die Erhöhung von Stress durch die höherwertigen Tätigkeiten die meisten Menschen sehr belastet, mit all den psychischen Folgen. Da müssen wir auf eine neue Generation warten, die das nicht anders kennt. Die Menschen, die jetzt mitten in den Wandel hineinkommen, sind da natürlich anfälliger, auszuflippen oder in anderer Weise darunter zu leiden. Sie haben gesagt, dass wir künftig zwei unterschiedliche Beziehungen zwischen Menschen und Computern haben werden: die Qualifizierten, die den Computern Befehle erteilen können und die weniger Qualifizierten, die sich vom Computer sagen lassen, was zu tun ist. Das habe ich irgendwo schwungvoll so gesagt. Ich meine damit, dass viele Berufstätige wie Bankberater, Autoverkäufer oder Briefträger die fachliche Intelligenz mehr und mehr in der Elektronik vor sich eingebaut haben, sie klicken einfach und bekommen vom Rechner gesagt, was zu tun ist. Solche Tätigkeiten werden bald – wenn das geht – voll automatisiert. Die Hochqualifizierten sitzen vor der Elektronik und programmieren, schreiben, kreieren und designen. Gibt es einen Weg aus diesem Dilemma? Mmmm. Man kann das natürlich durch Bildung unterstützen, damit die Menschen die nötigen Soft Skills erhalten, um nicht so schnell gestresst zu sein. Das betrifft jetzt diejenigen, die solche höherwertigen Aufgaben haben. Natürlich gibt es auch die Frage, ob man solche hoch qualifizierten Jobs nicht einfach vermehren kann. Da wäre es zu überlegen, welche Industrien viele Arbeitsplätze bieten können. Ich denke zum Beispiel an den 3-D-Druck. Da gibt es viele Aufgaben in der Materialforschung, in der Untersuchung der Praxistauglichkeit von Materialen und Verfahren, Prototyping wäre nötig. Man hat ja früher schon einmal gesagt, Deutschland ist das Land der Blaupausen. Wenn wir das jetzt in 3-D-Druck-Dateien übertragen, dann ergeben sich daraus viele Zweige, die zu neuen Berufen führen können. Wo sehen sie noch weitere Potenziale? Der Mathematiker und Philosoph Gunter Dueck, Jahrgang 1951, ist promovierter Mathematiker. - Er arbeitete fünf Jahre als Professor für Mathematik an der Universität Heidelberg. - 1987 wechselte er zu IBM in Heidelberg. In den Folgejahren war er maßgeblich am Aufbau des Data-Warehouse- Jetzt bestellen auf www.PresseKatalog.de Service-Geschäftes der IBM Deutschland beteiligt. - Als Chief Technologie Officer (CTO) arbeitete er bis August 2011 an Themen wie dem Cloud-Computing. Seit seinem Ausscheiden engagiert er sich als Autor, Business-Angel und „Weltverbesserer“. CIU VDI nachrichten · 27. März 2015 · 13/14 MEINUNG 3 Leserbriefe Kernziele verfehlt Aller Klarheiten beseitigt? Auf dem Industrial Communication Congress in Bad Pyrmont begeisterte Gunter Dueck vorige Woche sein Publikum und stimmte es gleichzeitig nachdenklich. Foto: Phoenix Contact Es könnte beispielsweise auch Dienste rund um selbstfahrende Automobile geben. Im Energiebereich gibt es Möglichkeiten rund um Smart Grids. Da gibt es immer noch kein Internet, keine Glasfasern im Boden. Also es gibt noch genug Arbeit. Was bleibt dann noch den Menschen, die wir da nicht mitnehmen können? Manche einfache Berufe bleiben über, so wie die Müllabfuhr und Ähnliches. Man kann hoffen, dass in einer solchen Gesellschaft Hochqualifizierte „Regierung strickt am intelligenten Stromnetz“ (Nr. 7/15, swe) Die Bundesregierung hat sieben Eckpunkte für das „Verordnungspaket Intelligente Netze“ bekannt gegeben. Der Einbau soll stufenweise erfolgen. „Vorreiter“ (ab 2017) ist die Gruppe der Stromverbraucher größer 20 000 kWh/Jahr, gefolgt (ab 2019) von der Gruppe der Stromverbraucher im Bereich 10 000 kWh/Jahr bis 20 000 kWh/Jahr. Erst danach (ab 2021) folgt die Gruppe der Stromverbraucher im Bereich 6000 kWh/Jahr bis 10 000 kWh/Jahr. Wie dies mit den Kernzielen der Digitalen Agenda 2014 bis 2017 in Einklang zu bringen ist, erschließt sich mir nicht. Die Wirtschaft steht an der Schwelle zur vierten industriellen Revolution. Durch das Internet getrieben, wachsen reale und virtuelle Welt immer weiter zu einem Internet der Dinge zusammen. In der Energiewirtschaft spricht man berechtigterweise von Energy 2.0. Georg F. Moxter-Feld Hannover genug verdienen, um es sich leisten zu können, auch die anderen Gruppen so zu bezahlen, dass sie auch davon leben können. Wie meinen Sie das? Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Ich habe mich in der Schweiz einmal darüber gewundert, dass Taxifahren dort viel teurer ist als in Deutschland. Darauf hat mir der Fahrer gesagt: Es gibt Berufe, die nicht hoch qualifiziert sind, aber die Gesellschaft braucht diese Berufe. Die Schweizer haben sich entschlossen, diese Berufe haben zu wollen und brauchen zu müssen. Wenn das der Fall ist, dann muss man auch dafür sorgen, dass die Menschen davon leben können. In einer wohlhabenden Gesellschaft würde das dann auch bedeuten, dass man z. B. einer Putzfrau mehr als den Mindestlohn zugesteht. Trickreiche Ausnutzung der Norm Das Monetäre ist sicher wichtig. Und welche Rolle spielt dabei Wertschätzung? Das liegt ja an uns. Wenn uns das wichtig ist, dann schätzen wir es auch, wenn andere Menschen die Arbeit für uns übernehmen. Heute wird es nur übertrieben, dass nun alle Menschen Karriere machen wollen und müssen. Denken Sie mal an die alten Filme mit Hans Moser als Hausdiener. Der hatte ja auch eine niederqualifizierte Arbeit gemacht. Dennoch hat er die Wertschätzung bekommen. Das hat schon immer auch dazu gehört. Was ich damit sagen will: Es müssen nicht alle Herren sein. MARTIN CIUPEK „CO2-Kostenspirale für neue Pkw“ (Nr. 7/15, mah) Die Werksangaben zum „Normverbrauch“ von Pkw suggerieren eine deutliche Reduzierung in den letzten Jahren. In Wahrheit ist ein beträchtlicher Teil der Reduzierung auf eine geänderte Norm und deren trickreichen Ausnutzung zurückzuführen. Zum Beispiel verbrauche ich mit einem 3-Zylinder-Polo TDI, Baujahr 2002, bei sparsamer Fahrweise im Mittel 4,5 l bis 5 l Diesel pro 100 km. Beim Nachfolgemodell Baujahr 2012 stellte ich einen Praxisverbrauch in der gleichen Größenordnung fest. Der „Mix-Verbrauch“ nach Herstellerangabe lag beim Modelljahr 2002 bei ca. 4,5 l pro 100 km, beim Baujahr 2012 bei ca. 3,4 l pro 100 km. Im Internet kann man nachlesen, wie Hersteller den „Testverbrauch“ drücken. Die in den VDI nachrichten angegebenen Mehrkosten sollten nicht dramatisiert werden. 500 € für eine Reduzierung der CO -Emission um 2 10 g/km entsprechen etwa dem Aufpreis für eine Metalleffekt-Lackierung. Karl Böcker E-Mail Nicht nur Beifall für Energieunion Energiepolitik: Deutsche Gaskonzerne sehen die von den 28 EU-Staats- und Regierungschefs jüngst beschlossene Energieunion mit gemischten Gefühlen. Den Gaseinkauf Europas bündeln zu wollen, konterkariert ihr Geschäftsmodell und könnte für deutsche Kunden höhere Gasrechnungen nach sich ziehen. VDI nachrichten, Brüssel, 27. 3. 15, swe Donald Tusk, damals polnischer Ministerpräsident, forderte im Winter 2009 auf dem Höhepunkt des ukrainisch-russischen Gaskonflikts um Durchleitungsrechte, Gaspreise und Liefermengen eine EU-Energieunion zum Gaseinkauf für die bis zu 100 % vom russischen Gas abhängigen osteuropäischen Staaten. Damals stieß diese Idee in Berlin auf wenig Gegenliebe, denn das Gasleitungsnetz auf deutschem Boden war noch im Besitz der BASF-Tochter Wintershall aus Kassel. Inzwischen hat sich Deutschlands größte Gashandelsfirma von mehreren Tausend Kilometern Leitungsnetz getrennt und an die russische staatseigene Gazprom verkauft. Fünf Jahre später verkündete der inzwischen zum EU-Ratspräsident aufgestiegene Tusk in der Nacht zum Freitag letzter Woche um halb drei morgens mit sichtlicher Genugtuung, dass die 28 EU-Chefs das Ziel einer Energieunion mit in Zukunft gebündelten Gaseinkäufen beschlossen hätten. Den vermeintlichen Triumph des Polen rückte die Bundeskanzlerin in der gleichen Nacht im deutschen Briefingraum des Ratsgebäudes um ein wesentliches Detail zurecht: „Ein gebündelter Gaseinkauf kann nur die Ausnahme und nicht die Regel sein.“ Große Einigkeit herrschte unter den EU-Chefs darüber, den Gaseinkauf bei externen Lieferanten künftig transparenter zu gestalten. Die Vertraulichkeit sensibler Geschäftsinformationen solle jedoch weiterhin gewahrt werden. Wo die Trennlinie zwischen mehr „Ein gebündelter Gaseinkauf kann nur die Ausnahme und nicht die Regel sein.“ Bundeskanzlerin Angela Merkel zum Beschluss der EU-Regierungschefs, eine Energieunion zu bilden. Transparenz und Schutz von Firmengeheimnissen genau verlaufen soll, bleibt bislang ungeklärt. Eine Offenlegung von Gazprom-Verträgen mit europäischen Geschäftspartnern bleibt weiterhin in der Kompetenz der EUEinkäufer, ob gebündelt oder nicht. Daneben soll die Infrastruktur ausgebaut werden, um einen Energiebinnenmarkt in der EU zu schaffen. EURegelungen zur Energieeffizienz sollen, so die Regierungschefs, so überprüft werden, dass sie zu den Klimaschutzzielen für 2030 beitragen. Welcher EU-Mitgliedstaat aber im Rahmen der Energieunion wie viel zu den Klimaschutzzielen beisteuern muss, ist noch unklar und umstritten. In dieser Hinsicht kann Donald Tusk einen Gewinn für sein Heimatland verbuchen: Das Kommuniqué bekräftigt, dass den EU-Ländern ungeachtet der Klimaschutzziele die uneingeschränkte Autonomie beim nationalen Energiemix zusteht. Polen erzeugt einen Großteil seines Stroms aus heimischer Kohle und plant den Bau eines Kernkraftwerks. Damit wird die Förderung polnischer Kohle oder die dortige Schiefergaserkundung ebenso garantiert wie den 58 am Netz befindlichen Kernkraftwerken Frankreichs Bestandsschutz eingeräumt. Entsprechend enttäuscht reagierte die Vorsitzende der Grünen im Europaparlament, Rebecca Harms: „Die Beschlüsse der Staats- und Regierungschefs verspielen die Chance eines echten europäischen Zukunftsprojekts und eines neuen Aufbruchs in der EU.“ Angesichts des Konflikts mit Russland sei es wichtiger denn je, stärker auf Energieeffizienz und erneuerbare Energien zu setzen. THOMAS A. FRIEDRICH Neiddebatte „Erbschaften werden fast als etwas Sakrales behandelt“ (Nr. 10/15, has) In unserer Gesellschaft kann jeder Mensch entsprechend seinem Lebensziel, seinem Wollen und seinen Begabungen Karriere machen und ein Erbe für seine Nachkommen aufbauen, sofern er diese überhaupt hat. Die demografischen Probleme unseres Volkes lassen allerdings seit einigen Jahrzehnten vermuten, dass dieses „Wollen“ oftmals einem Egozentrismus geopfert wird. Die Ungleichheit der Menschen, die so manche Ideologie immer wieder in Abrede stellt, begründet sich in der unerschöpflichen Vielfalt und Mannigfaltigkeit auch des menschlichen Seins und seiner Kulturen. Der Neid, der die Missgunst gebiert, war schon immer eine abträgliche Eigenschaft. Armin Overbeck Wuppertal Kontakt - Täglich erreichen uns interessante Zuschriften auf Artikel in den VDI nachrichten. Leider können wir von den vielen Briefen, die uns wertvolle Anregungen für unsere Arbeit geben, nur einen kleinen Teil veröffentlichen. Oft müssen wir kürzen, damit möglichst viele Leser zu Wort kommen. Alle Briefe werden beachtet, auch wenn wir nicht alle beantworten können. - Redaktion VDI nachrichten, Fax: 0211/6188–306, Postfach 101054, 40001 Düsseldorf, E-Mail: [email protected] - www.vdi-nachrichten.com kk Jetzt bestellen auf www.PresseKatalog.de
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