BWE-Stellungnahme zum BNetzA-Konzept für ein zukünftiges

BWE, Neustädtische Kirchstraße 6, 10117 Berlin
An das
Bundesministerium für Wirtschaft und
Energie
11019 Berlin
Anne Palenberg
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30.04.2015
BWE Stellungnahme zum BNetzA-Konzept für ein zukünftiges
Verfahren für Netzausbaupläne (NAP) auf der 110-kV-Ebene
Sehr geehrter Herr Schultz,
Sehr geehrte Damen und Herren von der BNetzA,
der Bundesverband WindEnergie e.V. (BWE) nimmt wie folgt Stellung zum BNetzA-Konzept für ein zukünftiges
Verfahren für Netzausbaupläne (NAP) auf der 110-kV-Ebene [im Folgenden kurz: BNetzA Konzept], das in der
Sitzung der AG Netzplanung am 25.11.2014 von der BNetzA vorgestellt wurde.
1
Einleitung
Der BWE begrüßt ausdrücklich, dass die Bundesnetzagentur [BNetzA] ein Konzept für ein zukünftiges Verfahren für
Netzausbaupläne (NAP) auf der 110-kV-Ebene vorgelegt hat. Der BWE hat sich wiederholt für eine bessere
Koordination zwischen Übertragungs-und Verteilungsnetzbetreibern eingesetzt. Wir haben beispielsweise im BWE
1
Positionspapier „Windenergie und Netzausbau“ schon 2014 folgende Lösungsansätze empfohlen:
1

Stärkere Nutzung von §14 (1a) EnWG, Netzausbaupläne Verteilnetz, um die Kohärenz der Netzplanung
zwischen Übertragungs- und Verteilnetz weiter zu erhöhen sowie stärkere Nutzung des gemäß §14 (1b)
EnWG verpflichtend vorzulegenden Berichtes von Verteilnetzbetreibern der 110 kV-Ebene bzgl. des
Netzzustands und Auswirkungen des Ausbaus von Einspeiseanlagen.

In größeren Verteilnetzen wäre es sinnvoll, dieses Instrument nicht nur auf Verlangen der
Bundesnetzagentur sondern ggf. auch proaktiv für eine transparente Netzausbauplanung auf Verlangen
von Landesregierungen (evtl. auch kommunale Trägerschaften / Planungsbehörden) zu nutzen. Dies gilt
insbesondere dann, wenn letztere z.B. in ihrem Hoheitsbereich einen erheblichen Planungsbedarf an
weiteren Erneuerbare Energie-Anlagen ermitteln. Es geht hierbei um eine Beschleunigung des
https://www.wind-energie.de/sites/default/files/download/publication/windenergie-und-netzumbau/bwepositionspapier_windenergie_netzumbau_2014_final.pdf
Netzausbaus durch eine vorausschauende, transparente Netzplanung unter Berücksichtigung der
Eignungsgebiete und hierfür erforderlichen Netzausbaumaßnahmen.
2
Hintergrund
Mit dem Aufbrechen der traditionellen Top-Down-Struktur des elektrischen Versorgungsnetzes entsteht ein
deutlich erhöhter Abstimmungsbedarf zwischen Übertragungs- und Verteilnetz. Dies betrifft verschiedene
Bereiche. Bei der Netzplanung müssen die Interdependenzen von Übertragungs- und Verteilnetzen berücksichtigt
werden. So können Netzengpässe im Übertragungsnetz unmittelbare Auswirkungen auf Erzeugungsanlagen, die
am Verteilnetz angeschlossen sind, haben, wenn diese daher abgeregelt werden müssen.
Der Netzentwicklungsplan Strom hat dem gesetzlichen Auftrag des §12b EnWG folgend ausschließlich den Ausbau
des Übertragungsnetzes modelliert. Die Eingangsdaten werden auf Netzknotenebene für den Verbrauch und die
Einspeisung Erneuerbarer Energien-Erzeugungsanlagen ermittelt, wofür regional unterschiedliche Profile
2
zugewiesen wurden, die zu einem gemeinsamen Referenzjahr gehören (NEP 2013a, S. 36) . Aufgrund der
Heterogenität des deutschen Verteilnetzes ist ein solches Vorgehen bei der Marktmodellierung und der darauf
fußenden Netzanalyse für das gesamte Übertragungsnetz zweckmäßig. Dennoch sind in der Praxis der Netzzustand
des Verteilnetzes und die Auswirkungen des weiteren Ausbaus von Erzeugungsanlagen in den unteren
Spannungsebenen essentiell für eine kohärente Netzplanung im Übertragungsnetz. Dies sollte im
Netzentwicklungsplan weitergehend reflektiert werden.
Das EnWG enthält bereits Instrumente, die zur Erhöhung eines kohärenten Netzausbaus eingesetzt werden
können. Auf Verlangen der Bundesnetzagentur haben Verteilnetzbetreiber gemäß §14 (1a) EnWG innerhalb von
zwei Monaten einen Bericht über den Netzzustand und die Netzausbauplanung zu erstellen. Dieser Bericht zur
Netzausbauplanung muss auch konkrete Maßnahmen zur Optimierung, Verstärkung und zum Ausbau sowie den
geplanten Beginn und das geplante Ende der Maßnahme enthalten. Der gemäß §14 (1b) EnWG verpflichtend
vorzulegende Bericht von Verteilnetzbetreibern der 110 kV-Ebene bzgl. des Netzzustands und Auswirkungen des
Ausbaus von Einspeiseanlagen (insbes. zur Erneuerbaren Energien-Einspeisung) kann darüber hinaus zur besseren
Abstimmung des Netzausbaus auf Verteil- und Übertragungsnetzebene genutzt werden. Hierzu gehören auch die
Netzentwicklungspläne für die nächsten zehn Jahre auf der 110 kV-Ebene, die gemäß §14 (1b) EnWG von den
Netzbetreibern vorzulegen sind, wenn die Regulierungsbehörde feststellt, dass in dem jeweiligen Netz
wesentlicher Ausbaubedarf besteht.
Eine proaktive Netzplanung unter Nutzung der oben genannten Instrumente kann sich als sehr sinnvoll in Regionen
mit hohem Erneuerbaren Energie-Zubau erweisen.
In dem vorliegenden Konzept konkretisiert die BNetzA die Möglichkeit Netzentwicklungspläne gemäß §14 (1b)
EnWG zu fordern und legt den Entwurf für ein Verfahrensinstrument für die 110-kV-Ebene vor.
Für die Umsetzung geben wir folgende Punkte zu bedenken.
3
Anmerkungen
Der BWE begrüßt die Zielvorgaben an das neue Verfahren:
 Transparenz
 Bürger- bzw. Öffentlichkeitsbeteiligung
 Verzahnung mit der Netzentwicklungsplanung des ÜNB in der jeweiligen Regelzone
2
Im NEP 2014, findet sich ein Verweis auf eine Kooperation mit den VNB (abgesehen, von der Regionalisierung der EE): „der zusätzliche Bedarf
an Höchstspannungstransformatoren [wird] in Abstimmung mit den Verteilungsnetzbetreibern ermittelt (Punktmaßnahmen)“, S. 69.
2
Der BWE teilt die Ansicht der BNetzA, dass es bei dem zukünftigen Verfahren darum geht, die Vorgaben nach § 12a
bis 12d sowie § 12f EnWG, die für das Übertragungsnetz festgelegt wurden, in einen handhabbaren Prozess für das
Verteilungsnetz umzugestalten. Dabei gelingt mit dem vorliegenden Konzept ein sinnvoller Kompromiss.
Zu Punkt 2: Der BWE begrüßt, dass sich die Netzanschluss- und Netzlastprognose innerhalb des aktuell
genehmigten Szenariorahmens des Netzentwicklungsplans Strom bewegen muss (Präsentation S. 5). Denn nur so
ist eine konsistente Planung zwischen Übertragungs- und Verteilungsnetz möglich.
Zu Punkt 3 „Die Netzanschluss- und Netzlastprognose berücksichtigt dabei insbesondere“ (Präsentation S. 6): Wir
begrüßen, dass sich das Erzeugungspotenzial aus den raumordnerisch verbindlichen Festlegungen nach dem
jeweiligen Landesrecht ergibt.
Die Prognosen sollten zudem:
 Das NOVA Prinzip zu Grunde legen (siehe BWE Stellungnahme Kapitel 3.1)
 Ein angepasstes Ermittlungsverfahren für die maximale Netzanschlusskapazität verwenden (siehe BWE
Stellungnahme Kapitel 3.2)
 Einspeisemanagement in der Planung berücksichtigen, analog zum Vorschlag im Grünbuch (BMWi 2014, S.
27) (siehe BWE Stellungnahme Kapitel 3.3)
Zu Punkt 5: Der BWE begrüßt die vorgesehenen Schritte, um eine „möglichst enge zeitliche und inhaltliche
Verzahnung der Netzausbauplanung des VNB mit der Netzentwicklungsplanung des ÜNB in der jeweiligen
Regelzone“ zu erreichen (Präsentation S. 8).
Zu Punkt 6: Der BWE begrüßt, dass der Entwurf des Netzausbauplans öffentlich konsultiert werden soll. Denn ohne
Akzeptanz kann der Netzausbau nicht gelingen. Dafür ist wiederum eine frühzeitige Bürgerbeteiligung, in all ihren
Limitationen, notwendige Bedingung.
Zu Punkt 10: Der BWE begrüßt, dass der Netzausbauplan bei Bedarf alle 5 Jahre neu erstellt werden kann. Das
scheint ein sinnvoller Zeithorizont zu sein, um größere Änderungen und Entwicklungen berücksichtigen zu können,
ohne zu einem unnötig hohen Aufwand zu führen (Präsentation S. 10).
3.1 Kurz- und Mittelfristig: Zeitnahe Umsetzung des NOVA-Prinzips zur Beschleunigung
des Netzausbaus
Herausforderung
Bislang geht der Netzausbau im Übertragungsnetz nur schleppend voran. Nicht nur die Energiewende und die
zuverlässige Integration der Erneuerbaren Energien sind die Haupttreiber des Netzausbaus sondern ebenso der
europäische Stromhandel und der fokussierte Zuwachs konventioneller Erzeugung im Norden und Westen. Die
Verzögerungen beim Netzausbau existieren nicht erst seit dem Beschluss zum Atomausstieg vom 30. Juni 2011,
sondern lassen sich zeitlich weiter zurückverfolgen:


So waren im Jahre 2010 lediglich rund 90 Kilometer der in der dena-Netzstudie I ermittelten 850
Kilometer realisiert worden (dena 2010, S. 3).
Aktuell sind von den 1.883 Kilometern EnLAG-Leitungen gerade mal 463 Kilometer umgesetzt worden,
3
was rund einem Viertel entspricht (Webseite der BNetzA zum Netzausbau ).
Der Netzentwicklungsplan 2014 (NEP 2014) hat für das Leitszenario B 2024* (mit geänderter Regionalisierung und
4
aktualisierten Netzverknüpfungspunkten) einen Ausbaubedarf von 3.800 Kilometern im Übertragungsnetz
3
http://www.netzausbau.de/cln_1422/DE/Vorhaben/EnLAG-Vorhaben/EnLAGVorhaben-node.html
4 Nur Leitungsneubau in Deutschland, DC und AC. Dazu kommen 5.300 km DC/AC Netzverstärkung.
3
ermittelt.
5
Jedoch auch im Verteilnetz besteht großer Ausbaubedarf: Die BMWi-Verteilnetzstudie (BMWi 2014a; S. IV )
beziffert bis 2032 einen Neubaubedarf von 130.000 bis 280.000 Kilometern Stromkreislänge (nicht Trassenlänge)
im Hoch-, Mittel- und Niederspannungsnetz.
Für die Windenergie hat der verzögerte Netzausbau deutliche Konsequenzen: In Regionen, wo Überlastungen im
Mittel- und Hochspannungsnetz sowie in Umspannwerken auftreten, werden zunehmend Windenergieanlagen
abgeregelt (Einspeisemanagement, sog. EinsMan). Während EinsMan früher insbesondere aufgrund von
Engpässen im Verteilnetz praktiziert wurde, haben Einsätze im Höchstspannungsnetz in letzter Zeit zunehmend an
Bedeutung gewonnen. Hiervon waren insbesondere die Gebiete im Norden mit einer hohen installierten
Windleistung betroffen (Ecofys 2013; BNetzA 2014, S. 17).
Grundsätzlich soll die Netzplanung nach dem sog. NOVA-Prinzip erfolgen (BNetzA 2012, S. 18f.). Das NOVA-Prinzip
steht für NetzOptimierung vor -Verstärkung vor -Ausbau. Gemäß §11 Abs. 1 im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG)
und §12 Abs. 1 EEG sind Netzbetreiber dazu verpflichtet, ihre Netze bedarfsgerecht bzw. entsprechend dem Stand
der Technik zu optimieren, zu verstärken und auszubauen. Das NOVA-Prinzip setzt voraus, dass zunächst das
Potential an Optimierungsmaßnahmen (z.B. Freileitungsmonitoring) und an Netzverstärkungsmaßnahmen (z.B.
Umbeseilung auf höhere Spannung) ausgeschöpft wird, bevor der Netzausbau greift. Auf Übertragungsnetzebene
findet das NOVA-Prinzip bei der Bedarfsermittlung des Netzausbaus im Netzentwicklungsplan Strom Anwendung.
Unter den Verteilnetzbetreibern hat im Jahr 2012 die Umsetzung von NOVA-Maßnahmen gemäß §12 Abs. 1 EEG
im Vergleich zu den Vorjahren zugenommen. Die Erhöhung des Leitungsquerschnitts sowie von Trafoleistungen
sind auf Verteilnetzebene die beiden meist umgesetzten Optimierungs- und Verstärkungsmaßnahmen (BNetzA
2014, S. 71). Leiterseil-Monitoring wurde von 11 Verteilnetzbetreibern angewandt und Hochtemperaturleiterseile
von fünf Verteilnetzbetreibern (ebd.).
Lösungsansätze des BWE
Der BWE betont die Wichtigkeit der zeitnahen Umsetzung des NOVA-Prinzips auf allen Spannungsebenen. Das
NOVA-Prinzip steigert sowohl die Kosteneffizienz als auch die Akzeptanz der Umsetzung und trägt somit zu einer
Beschleunigung des Netzumbaus bei. Hierbei ist zu beachten, dass es bei den Netzoptimierungs- und verstärkungsmaßnahmen keine „Universallösung“ gibt, sondern eine Vielzahl von verschiedenen Maßnahmen wie
Erhöhung des Kabelquerschnitts, Erhöhung der Trafoleistung, Leiterseil-Monitoring, Einbau von Spannungsreglern,
Einsatz von Hochtemperaturleiterseilen, etc., zur Anwendung kommen können. Die Wahl der Maßnahme muss im
jeweiligen Einzelfall entschieden werden. Das Potential zur Ausschöpfung der realen Kapazitätsgrenze der Netze ist
in Bezug auf Wind insbesondere bei Freileitungsmonitoring und Hochtemperaturseilen hervorzuheben:

Freileitungsmonitoring: Grundsätzlich gilt: Die maximale Leiterseiltemperatur von 80°C darf nicht
überschritten werden. Für die Temperatur des Leiterseils sind sowohl die Wetterbedingungen
(Umgebungstemperatur) als auch die Strombelastung ausschlaggebend. Insbesondere in
Norddeutschland ergibt sich bei hoher Windeinspeisung hier ein „glückliches Zusammenspiel“: Der
Transportbedarf für Windstrom ist bei Windaufkommen erhöht, gleichzeitig verfügt das Leiterseil
aufgrund der niedrigeren Außentemperatur (Kühlung durch den Wind) über eine größere
Übertragungskapazität. Durch Temperaturmonitoring des Leiterseils kann die Übertragungsleistung
annähernd verdoppelt werden, ohne dass die maximale Leiterseiltemperatur überschritten wird (vgl.
6
dena 2010, S. 139; Jarass und Obermair 2012, S. 96ff) . Zusätzlich zum Freileitungsmonitoring durch
die Nutzung von Wetterstationen, wie es in der dena-Netzstudie II modelliert wurde (dena 2010, S.
151ff.), kann direktes Online-Leiterseiltemperaturmonitoring mit Echtzeitmessung an der Leitung
selbst die Übertragungskapazität ohne Sicherheitsabschläge noch weiter steigern (Jarass und
Obermair 2012, S. 96ff).
5 E-bridge/ Institut für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft (IEAW) / Offis (2014) „Moderne Verteilernetze für Deutschland“
(Verteilernetzstudie), im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi), S. IV
6
Hierbei muss allerdings immer die Belastung der weiteren Netzkomponenten im Strompfad, was ggf. ein begrenzender Faktor sein kann,
berücksichtigt werden und die Komponenten entsprechend ausgelegt werden.
4

Hochtemperaturleiterseile: Durch den Einsatz von Hochtemperaturleiterseilen kann die
Übertragungsleistung auf bestehenden Trassen erheblich gesteigert werden. Akzeptanz fördernd
kommt hinzu, dass dies durch die Neubeseilung bereits bestehender Masten geschehen kann, soweit
deren Statik das erlaubt. Es gibt eine Vielzahl von Hochtemperaturleiterseiltechnologien. ACCRLeiterseile, die aus einem innovativen Verbundwerkstoff aus Aluminium- und Kohlefasern bestehen,
können bei Temperaturen von bis zu 210°C (im Gegensatz zu den herkömmlichen 80°C) in Betrieb
bleiben und laut einer Studie der RWTH Aachen bis zu die doppelte Strommenge aufnehmen
(Erneuerbare Energien 2011, dena 2012a).
Bei dem Einsatz von Hochtemperaturleiterseilen sind im Vergleich zu herkömmlichen Freileitungen
jedoch die höheren Übertragungsverluste zu beachten. Zudem werden die Stabilitätsgrenzen, die von
den Netzreaktanzen bestimmt werden, hierdurch nicht verändert, so dass ihr Einsatz nur begrenzt
eine Lösung darstellt (NEP 2012, S. 106) und nur punktuell zu empfehlen ist.
Im Verteilnetz besteht ebenfalls ein großes Potential für die Anwendung der oben beschriebenen
Optimierungsmaßnahmen. Der BWE sieht zudem die Wichtigkeit des Einsatzes innovativer Betriebsmittel in den
Verteilnetzen. Der dena-Verteilnetzstudie (dena 2012) zufolge besteht hier das größte Reduktionspotenzial des
Netzausbaus auf Verteilnetzebene (fast 50%). Der Anstieg operativer Kosten muss allerdings den Einsparungen
beim Netzausbau gegenübergestellt werden, um hier den optimalen Mix an Maßnahmen zu finden. Weitere
wichtige Optionen zur Reduktion des Verteilnetzausbaus sind der netzgetriebene Einsatz von Speichern, die
Abregelung von Erneuerbaren Energien-Erzeugungsspitzen sowie vorausschauende Netzplanung (dena 2012).
Der BWE betont, dass diese Alternativen den Netzausbau keineswegs ersetzen können. Im Rahmen einer
volkswirtschaftlichen Analyse ist es allerdings essentiell, diese Optionen unter einer Kosten-Nutzen-Bewertung
komplementär zum Netzausbau einzubeziehen.
Daraus resultieren folgende Handlungsempfehlungen des BWE:

Die Hemmnisse und Verzögerungen beim Netzausbau dürfen nicht zu einer Bremse der Energiewende
werden. Hemmnisse beim Netzausbau, sowohl aus regulatorischen als auch aus praktischen
Gesichtspunkten bei der Umsetzung (z.B. Akzeptanz), müssen systematisch identifiziert und behoben
werden. Der jährliche Monitoringbericht der Bundesnetzagentur könnte als Instrument genutzt werden,
um in einem Kapitel eine systematische Analyse zu Hemmnissen beim Ausbau im Verteil- und
Übertragungsnetz vorzunehmen. Hieraus müssen kurz- und mittelfristig Handlungsempfehlungen
resultieren, um diese Hemmnisse weiter abzubauen, nach Möglichkeit im gemeinsamen Dialog mit den
relevanten Stakeholdern (Netzbetreiber, Erzeuger, Bürger).

Das NOVA-Prinzip ist zeitnah auf allen Spannungsebenen umzusetzen.
3.2 Ermittlung der Netzanschlusskapazität
Herausforderung
Eng verwoben mit der Dimensionierung der Netze auf das letzte Kilowatt hält der BWE die aktuelle Auslegung der
Netze mit einem Gleichzeitigkeitsfaktor für regenerative Erzeugungsanlagen von Eins (d.h. Nennleistung aus Wind
und Photovoltaik tritt zeitgleich auf) nicht für zielführend.
Lösungsansätze des BWE
Daher fordert der BWE ein neues Ermittlungsverfahren für die maximale Netzanschlusskapazität durch die
Netzbetreiber.
Daraus resultieren folgende Handlungsempfehlungen des BWE:

Der BWE fordert ein neues Ermittlungsverfahren für die maximale Netzanschlusskapazität durch die
5
Netzbetreiber basierend auf den folgenden Grundlagen:

Bei der Ermittlung der Netzanschlusskapazität in einer Netzregion soll der Gleichzeitigkeitsfaktor von
Wind und Photovoltaik < 1 angesetzt werden. Aufgrund der Heterogenität der Netzstruktur ist dabei
der Gleichzeitigkeitsfaktor regionalspezifisch zu ermitteln.

Die Wirkleistungsverluste bis zum Netzanschlusspunkt sind bei der Ermittlung der
Netzanschlusskapazität ebenfalls zu berücksichtigen.

Netzoptimierungs- und -verstärkungsmaßnahmen wie Hochtemperaturleiterseile und
Freileitungsmonitoring sind explizit miteinzubeziehen.
Dieses sollte in der Netzanschlussprognose berücksichtigt werden.
3.3 Einspeisemanagement in der Planung berücksichtigen
Das Grünbuch des BMWi schlägt folgende Möglichkeit für die Netzplanung vor (2014, S. 27):
„Es soll deshalb zulässig sein, bei der Netzplanung auf Verteiler- und Übertragungsnetzebene eine Spitzenkappung
von maximal drei Prozent der von Windkraft- und Photovoltaikanlagen erzeugbaren Jahresenergie zu
berücksichtigen. Dabei soll an einer vollständigen Kompensation aller Anlagenbetreiber festgehalten werden“.
Der BWE teilt die Ansicht des BMWi, dass der Verzicht auf Einspeisung des letzten Kilowatts den Netzausbau
deutlich entlasten kann. Abschaltungen von Windenergieanlagen können als flexible Leistungsbereitstellung in
einem überwiegend erneuerbar gespeisten Netz angewandt werden. Hierzu muss das Einspeisemanagement
(EinsMan) als eine werthaltige und damit zu finanzierende Netzdienstleistung weiterentwickelt werden. Um
Einspeisemanagement in der Netzplanung zu berücksichtigen darf die abgeregelte Jahresenergie je Netzregion 1%
bis 3% nicht überschreiten. Sinn macht das nur in Netzgebieten, in denen das Potenzial an Erneuerbaren Energien
schon nahezu komplett erschlossen ist. Bei einem Anteil von knapp 30 % Erneuerbaren am Stromverbrauch und
dem Ziel bis 2050 mindestens 80 % zu erreichen, ist der Netzausbau fast überall volkswirtschaftlich günstiger.
Im Grünbuch wird der 3%-Ansatz als Handlungsoption für den Netzbetreiber eingeführt. Die Formulierung deutet
nicht darauf hin, dass der Netzbetreiber unter allen Umständen verpflichtet ist, die Netzplanung gemäß dieser
Vorgabe zu betreiben. Diese Wahlfreiheit erscheint sinnvoll und sollte bei der Ausgestaltung gewahrt bleiben.
Die mit EinsMan abgeregelte Energie muss zu 100% vergütet werden. Andernfalls ist keine Diskriminierungsfreiheit
gewährleistet. Die weitere Ausgestaltung des 3%-Ansatzes sollte angesichts der massiven Betroffenheit von
Netzbetreibern und Projektentwicklern begleitet werden durch intensive Industriekonsultationen und
Anhörungen.
Daraus resultieren folgende Handlungsempfehlungen des BWE:

Der 3%-Ansatz als Handlungsoption für den Netzbetreiber sollte in einem überarbeiteten BNetzA Konzept
eingeführt werden.

Dabei darf die abgeregelte Jahresenergie je Netzregion 1% bis 3% nicht überschreiten um
Einspeisemanagement in der Netzplanung zu berücksichtigen.

Die mit EinsMan abgeregelte Energie muss zu 100% vergütet werden.
6
4
Fazit
Der BWE begrüßt das vorliegende Konzept für ein zukünftiges Verfahren für Netzausbaupläne (NAP) auf der 110kV-Ebene. Aus Sicht des BWE zeigt das Konzept einen gelungenen Weg auf, um die Vorgaben nach § 12a bis 12d
sowie § 12f EnWG, die für das Übertragungsnetz festgelegt wurden, in einen handhabbaren Prozess für das
Verteilungsnetz umzusetzen. Wir bitten darum, in das finale Konzept folgende Punkte in der Kalkulation der
Netzanschluss- und Netzlastprognose zu berücksichtigen:
 Das NOVA Prinzip zu Grunde legen (siehe BWE Stellungnahme Kapitel 3.1)
 Ein angepasstes Ermittlungsverfahren für die maximale Netzanschlusskapazität verwenden (siehe BWE
Stellungnahme Kapitel 3.2)
 Einspeisemanagement in der Planung berücksichtigen, analog zum Vorschlag im Grünbuch (BMWi 2014, S.
27) (siehe BWE Stellungnahme Kapitel 3.3)
Der NAP ist insbesondere für Regionen mit einem hohen Ausbaubedarf für Erneuerbare-Energien-Anlagen
geeignet. Je besser die Verzahnung der Ausbauplanungen von Netz und Erneuerbaren Energien, sowie von
Übertragungs- und Verteilungsnetz gelingt, desto effizienter kann das Netz ausgebaut werden.
5
Quellen
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Ein Strommarkt für die Energiewende. Diskussionspapier des Bundesministeriums
für Wirtschaft und Energie (Grünbuch). Online verfügbar unter
http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/G/gruenbuchgesamt,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf, zuletzt geprüft am 23.04.2015
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Verteilernetze für Deutschland“ (Verteilernetzstudie), im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und
Energie (BMWi), S. IV. Online verfügbar unter:
http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/Publikationen/Studien/verteilernetzstudie,property=pdf,bereich=bm
wi2012,sprache=de,rwb=true.pdf, zuletzt geprüft am 04.02.2015
BNetzA (Bundesnetzagentur), 2014. Bundesnetzagentur, Bundeskartellamt. Monitoringbericht 2014.
http://www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Downloads/DE/Allgemeines/Bundesnetzagentur/Publikationen/B
erichte/2014/Monitoringbericht_2014_BF.pdf?__blob=publicationFile&v=4
BNetzA (Bundesnetzagentur), 2012. Bestätigung. Netzentwicklungsplan Strom 2012 vom 25. Nov. 2012.
http://nvonb.bundesnetzagentur.de/netzausbau/Bestaetigung_Netzentwicklungsplan_Strom_2012.pdf
dena , 2012. Agricola, A.-Cl. et al. dena-Verteilnetzstudie. Ausbau- und Innovationsbedarf der Stromverteilnetze in
Deutschland bis 2030. Endbericht, 11.12.2012.
http://www.dena.de/fileadmin/user_upload/Projekte/Energiesysteme/Dokumente/denaVNS_Abschlussbericht.pd
f
dena, 2012a. Übersicht Stromübertragungstechnologien auf Höchstspannungsebene.
http://www.effiziente-energiesysteme.de/fileadmin/user_upload/PDFDokumente/Publikationen/120619_Uebersicht_Neuer_Stromuebertragungstechnologien.pdf
dena (Hrsg.), 2010. dena-Netzstudie II. Integration erneuerbarer Energien in die deutsche Stromversorgung im
7
Zeitraum 2015-2020 mit Ausblick 2025.
http://www.dena.de/fileadmin/user_upload/Publikationen/Erneuerbare/Dokumente/Endbericht_denaNetzstudie_II.PDF
Ecofys (Beestermöller, C.; Döring, M.,), 2013. Abschätzung der Bedeutung des Einspeisemanagements nach § 11
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Erneuerbare Energien, 2011. Studie: Hochtemperaturleiter sparen kosten.
http://www.erneuerbareenergien.de/studie-hochtemperaturleiter-sparen-kilometer-und-kosten/150/490/32546/
Jarass, L., Obermair, G.M., 2012. Welchen Netzumbau erfordert die Energiewende? – Unter Berücksichtigung des
Netzentwicklungsplans Strom 2012. Münster, 2012. MV-Verlag. Verlagshaus Monsenstein und Vannerdat OHG
Münster.
NEP, 2014. Netzentwicklungsplan Strom 2014. 2. Entwurf der Übertragungsnetzbetreiber.
http://www.netzentwicklungsplan.de/netzentwicklungsplan-2014-zweiter-entwurf
NEP, 2013a. Netzentwicklungsplan Strom 2013. 2. Überarbeiteter Entwurf der Übertragungsnetzbetreiber.
http://www.netzentwicklungsplan.de/NEP_2013_2_Entwurf_Teil_1_Kap_1_bis_9.pdf
NEP (Netzentwicklungsplan), 2012. Netzentwicklungsplan Strom 2012. 2. Überarbeiteter Entwurf der
Übertragungsnetzbetreiber.
http://www.netzentwicklungsplan.de/sites/default/files/NEP_2012_2/NEP2012_2_Kapitel_1_bis_8.pdf
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Mit freundlichen Grüßen
Sabine Schmedding
Stellvertretende Leiterin Politik
Bundesverband WindEnergie e.V. (BWE)
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