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Sucht- und Gewaltprävention
in der Schule
Dr. Ilse Polleichtner
Institut Suchtprävention
Abteilung „Schule, Familie, Kinder“
Wissenschaftlicher Hintergrund
Definition von Gewalt – WHO (2002)
„Gewalt ist der tatsächliche oder angedrohte
absichtliche Gebrauch von physischer oder
psychologischer Kraft oder Macht, die gegen die
eigene oder eine andere Person, gegen eine
Gruppe oder Gemeinschaft gerichtet ist und die
tatsächlich oder mit hoher Wahrscheinlichkeit zu
Verletzungen, Tod, psychischen Schäden,
Fehlentwicklung oder Deprivation führt.“
Wissenschaftlicher Hintergrund
Definition von Gewalt
Gewalt
Schädigungsabsicht
Schaden
Wissenschaftlicher Hintergrund
Definition von Mobbing
Mobbing
Schädigungsabsicht
Wiederholt
über einen
längeren
Zeitraum
Schaden
Machtungleichgewicht
zwischen
Opfer
und
TäterIn
Gewalt zwischen Schüler/innen
Beispiele
verspotten
hänseln
ausschließen
ärgern
schlagen
nicht mitspielen
lassen
schubsen
treten zwicken
beißen
Gewalt zwischen Schüler/innen
Beispiele
ärgern via sms oder
Internet
happy slapping
Auf sozialen NetzwerkSeiten: Ausgrenzungen
Körperliche Drohungen
via Internet
Warum entsteht Gewalt?
Gewalt entsteht aus dem Zusammenwirken von
Person und Umwelt.
Person
Die Unterscheidung von zwei Ursachenkomplexen ist
wichtig:
(1) Zielerreichung als Motiv
(2) Frustration als Motiv.
Umwelt
Die Unterscheidung von zwei “Umwelten” ist wichtig.
(1) Verhalten von Mitschüler/innen
(2) Verhalten von Erwachsenen
Ursachen in der Person
Zielerreichung als Motiv
Geplantes Verhalten um ein Ziel zu erreichen, z.B.:
•
•
•
Macht auszuüben
andere zu dominieren
Anerkennung in der Gruppe zu bekommen.
Das Verhalten wird von positiven
Gefühlen (Freude, Spaß) begleitet.
„kalte Gewalt“
„instrumentelle Aggression“
Ursachen in der Person
Frustration als Motiv
Verhalten als Konsequenz einer wahrgenommenen
Provokation, Bedrohung oder Frustration
 inadäquate Informationsverarbeitung
Verhalten wird von negativen Gefühlen begleitet, z.B. Ärger
und Wut
 Emotionsregulationsdefizite
„heiße Gewalt“
„impulsive Aggression“
Ursachen in der Umwelt
Verstärkungslernen durch Mitschüler/innen
In 88% der Fälle sind Mitschüler Zeugen, sie greifen
aber nur in 19% der Fälle ein!
Wenn Mitschüler eingreifen, können 57% der
Vorfälle SOFORT beendet werden.
Gleichaltrige verwenden 54% ihrer Zeit mit
passiver Verstärkung durch Zuschauen, 21%
mit aktiver Nachahmung der Täterin / des Täters und
nur 25% der Zeit mit Eingreifen und Stoppen.
Ursachen in der Umwelt
Mitschüler/innen sind beteiligt!
Täter/innen
Helfer/innen der Täter/innen
Verstärker/innen der Täter/innen
Verteidiger/innen der Opfer
Außenstehende
Opfer
Mobbing als Gruppenphänomen
(Participant Role Approach nach Salmivalli)
Ursachen in der Umwelt
Erwachsene sind Vorbilder!
• Erziehungsverhalten
• Null-Toleranz für aggressives
Verhalten
• Schutz von Opfern
• Klare Mißbilligung der Tat!
Prävalenzraten (HBSC)
Mobbing im internationalen Vergleich
10 Länder mit dem höchsten Prozentanteil von TäterInnen (HBSC
Studie; Currie et al., 2012)
11-year-olds
13-year-olds
mind. 2x in letzten Monaten andere gemobbt
15-year-olds
Prävalenzraten (HBSC)
Mobbing im internationalen Vergleich
10 Länder mit dem höchsten Prozentanteil von Opfern
(HBSC Studie; Currie et al., 2012)
11-year-olds
13-year-olds
Wurde mind. 2x in letzten Monaten von anderen gemobbt
15-year-olds
Prävalenzen Cybermobbing
EU Kids Online II (2011):
Gewalt mit neuen Medien („Cybergewalt“) ist in Ländern häufiger, die auch
hohe Raten an traditionellen Gewaltformen haben:
Österreich liegt an 8. Stelle in einer Studie in 25 Europäischen Ländern bei 916jährigen
7% Cyber Opfer
Nationale Zusatzerhebung (PISA 2009):
Repräsentative Stichprobe von 15jährigen Mädchen und Jungen
12% der Mädchen und 29% der Jungen gehören einer Risikogruppe an (als
Täter, Opfer oder Täter-Opfer)
Cybertäter: 11% Jungen, 4% Mädchen
Cyberopfer: 11% Jungen, 3% Mädchen
Beispiel
Ein 12-jähriger Schüler wurde wiederholt von
einem anderen, stärkeren Schüler gehänselt
und beschimpft.
Der Täter hat erfolgreich Mitschüler davon
überzeugt, den schikanierten Schüler so oft
wie möglich auszuschließen. In Folge des
Verhaltens fühlt sich das Opfer wütend, elend
und einsam.
Was würden Sie tun?
 Brainstorming ca. 5 Minuten
Welche Möglichkeiten gibt es?
z.B.
• Den Vorfall ignorieren
• Den Täter/ die Täterin disziplinieren
• Weitere Erwachsene einbeziehen
• Mit dem Täter / der Täterin arbeiten
• Mit dem Opfer arbeiten
• Mit der Gruppe arbeiten
• ….
Wie reagieren LehrerInnen?
Basierend auf einer Studie mit 289 Lehrer/innen
(Strohmeier, Spröber, Bauman & Rigby, durchgeführt
Ende 2006)
Häufigste Reaktionen
1. Den Täter / die Täterin disziplinieren
2. Mit dem Täter / der Täterin arbeiten
3. Weitere Erwachsene einbeziehen
4. Mit dem Opfer arbeiten
5. Den Vorfall ignorieren
Bei Lehrer/innen herrscht eine große Unsicherheit
darüber, WIE mit Täter/innen und Opfern gearbeitet
werden soll. Strategien zu erlernen und zu wissen,
wann man sie am besten einsetzt, ist daher sehr
wichtig.
Gemeinsam Vorgehen!
Wichtig ist, dass die Schule eine gemeinsame
Vorgehensweise im Ernstfall ausarbeitet und an alle
Schulpartner/innen kommuniziert.
Die Hauptaufgaben der Schule liegen in
(1) einer möglichst genauen Analyse des Sachverhalts und
(2) der Gesprächsführung.
Alle weiteren Maßnahmen (z.B. Therapien) müssen
von einschlägigen Expert/innen (in und außerhalb der Schule)
durchgeführt werden. Die Schule soll die Eltern darauf
hinweisen, dass externe Hilfe und Beratung erforderlich ist.
Gesprächsführung im Ernstfall
Vorgehen:
•
Einzelgespräche mit Opfer
evtl.: Gespräch mit Eltern des Opfers
•
Einzelgespräche mit Täter/in
evtl.: Gespräch mit Eltern der Täter/in
•
Gruppengespräche mit Beteiligten
•
Zusammenführung Opfer und Täter/in
Gespräche mit dem Opfer
Leitgedanken:
Verantwortlichkeit zeigen: Erwachsene sind da und helfen
Vertrauen aufbauen: den/die Jugendliche/n ernst nehmen
Jugendlichen stärken, dass er / sie solche Situationen
bewältigen kann
Gesprächsablauf:
(1) Unterstützung zeigen
(2) Klären der Situation (nicht im Verhörstil!)
(3) Information über weiteres Vorgehen
(4) Vereinbarung eines zweiten Gesprächs um
Handlungsmöglichkeiten in Gewaltsituationen zu
erarbeiten
Gespräche mit der/ dem TäterIn
Leitgedanken:
Klarstellen, dass Gewalt nicht toleriert wird
Die Tat (nicht die TäterInnen) missbilligen
Tateinsicht herstellen
Empathie mit dem „Opfer“ fördern
Gesprächsablauf:
(1) Konfrontation mit Tat: Ernsthaftigkeit aufzeigen
(2) Auf keine Diskussion einlassen
(3) Finden einer angemessenen Wiedergutmachung
(4) Vereinbarung eines zweiten Gesprächs um alternative
Handlungsmöglichkeiten zu erarbeiten
Gespräche mit den Beteiligten
Leitgedanken:
Klarstellen, dass Gewalt nicht toleriert wird
Empathie mit dem „Opfer“ fördern
Verantwortung der Beteiligten bewusst machen
Gesprächsablauf:
(1) Ansprechen der Tat: Ernsthaftigkeit aufzeigen
(2) Verantwortung der Beteiligten bewusst machen: Wenn
man nichts tut, tut man auch etwas!
(3) Handlungsmöglichkeiten erarbeiten: Wie kann man
eingreifen? Wie kann man solche Vorfälle verhindern?
Was kann man tun, wenn selbst Opfer ist?
Weitere Informationen
Auf www.gemeinsam-gegen-gewalt.at finden Sie
zahlreiche weitere Tipps für den Umgang mit Gewalt
in der Schule.
Zum Beispiel:
• Was Lehrer/innen bei andauerndem Mobbing oder
emotional aufgeladenen Konflikten tun können.
• Wie Schüler/innen sich bei Gewalthandlungen verhalten
können
• Was Eltern tun können, wenn ihr Kind Opfer oder Täter/in
geworden ist.
• Leitfäden für Gespräche Schüler/innen und Eltern.
Mobbing
Sekundär/Tertiärprävention
KiJA OÖ: Mobbing- und Gewaltpräventionsstelle
– Schulbegleitende Projekte (Erarbeitung eines Schulleitbildes,
Regeln für ein respektvolles Miteinander,...)
– Beratung, Begleitung und fachlicher Input für SchülerInnen,
LehrerInnen, Eltern und öffentlichen Institutionen bei aktuellen
Konfliktsituationen.
– Durchführung von Workshops in OÖ zum Thema "Wir dulden keine
Gewalt" in der Klasse.
– Beratung und Begleitung von Mobbingopfer, Mobbingtäter und
deren Eltern
http://www.kija-ooe.at
Schulpsychologischer Dienst des LSR OÖ
http://www.lsr-ooe.gv.at/schulpsychologie/