Erläuterungen der 934. Sitzung des Bundesrates, 12. Juni 2015

Redaktion:
Referat 51
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10117 Berlin
Tel.: (0 30) 24 34 58 -20 oder -84
Berlin, den 2. Juni 2015
Erläuterungen
zur 934. Sitzung des Bundesrates am 12. Juni 2015
Inhaltsverzeichnis
Ausgewählte Tagesordnungspunkte
Seite
2 Gesetz zur Tarifeinheit (Tarifeinheitsgesetz)
3
5 Gesetz zur Förderung von Investitionen finanzschwacher Kommunen und zur Entlastung von Ländern und Kommunen bei
der Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerbern
5
7 Neuntes Gesetz zur Änderung des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes (9. BVerfGGÄndG)
8
!
10 Zweites Gesetz zur Änderung des Erneuerbare-EnergienGesetzes
9
!
17 Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Hospiz- und
Palliativversorgung in Deutschland (Hospiz- und Palliativgesetz – HPG)
11
19 Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Speicherpflicht
und einer Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten
13
32 Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den
Rat, die Europäische Zentralbank, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen:
EU-Justizbarometer 2015
15
!
!
_____
*)Mit „!“ sind die Tagesordnungspunkte gekennzeichnet, die auf Initiativen Sachsen-Anhalts zurückgehen oder
bei denen ein besonderer Bezug zu Sachsen-Anhalt bzw. zu den neuen Ländern dargestellt ist.
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Landesvertretung Sachsen-Anhalt: Erläuterungen zum 934. Bundesrat am 12.06.2015; Berlin, den 02.06.2015
!
33a Verordnung zur Bestimmung der Rentenwerte in der gesetzlichen Rentenversicherung und in der Alterssicherung der Landwirte zum 1. Juli 2015 (Rentenwertbestimmungsverordnung
2015 – RWBestV 2015)
17
40 Erste Verordnung zur Änderung der Gorleben-Veränderungssperren-Verordnung
19
3
Landesvertretung Sachsen-Anhalt: Erläuterungen zum 934. Bundesrat am 12.06.2015; Berlin, den 02.06.2015
TOP 2:
Gesetz zur Tarifeinheit (Tarifeinheitsgesetz)
- BR-Drs. 222/15 Einspruchsgesetz
Inhalt der Vorlage
Mit dem am 22.05.2015 vom Deutschen Bundestag beschlossenen Gesetz werden der Grundsatz
der Tarifeinheit geregelt und die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie besser gewährleistet. Die
Regelungen finden nur Anwendung, wenn zwei Gewerkschaften in ein- und demselben Betrieb
dieselben Arbeitnehmergruppen vertreten und für diese unterschiedliche tarifliche Regelungen
treffen wollen. Für so entstehende Tarifkollisionen schlägt das Gesetz Lösungswege vor.
Verfahrensregeln und Anhörungsrechte schützen dabei die Interessen der Minderheitsgewerkschaften. Kernpunkte des Gesetzes sind:

Tarifeinheit nach dem betriebsbezogenen Mehrheitsprinzip
Kann eine Tarifkollision nicht vermieden werden, ist in dem Umfang, in dem sich in einem
Betrieb die Tarifverträge überschneiden, nur der Tarifvertrag der Gewerkschaft anwendbar,
die im Betrieb über die meisten Mitglieder verfügt.

Verfahrensregelungen zum Schutz kleiner Gewerkschaften
Zum Schutz der Rechte von Minderheitsgewerkschaften enthält das Gesetz als flankierende Verfahrensregelungen ein vorgelagertes Anhörungsrecht gegenüber der verhandelnden Arbeitgeberseite sowie ein nachgelagertes Nachzeichnungsrecht.

Stichtagsregelung
Für Tarifverträge, die zu einem Stichtag bestehen, gibt es eine Bestandsschutzregelung,
um der bereits ausgeübten Tarifautonomie in besonderem Maße Rechnung zu tragen.

Arbeitsgerichtsgesetz
Parallel zur neuen Regelung der Tarifeinheit wird das Arbeitsgerichtsgesetz angepasst.
Die Gerichte für Arbeitssachen entscheiden über den im Betrieb anwendbaren Tarifvertrag
auf Antrag einer Tarifvertragspartei eines kollidierenden Tarifvertrags im Beschlussverfahren mit bindender Wirkung für Dritte.

Arbeitskampfrecht
Die neuen Regelungen ändern das Arbeitskampfrecht nicht. Über die Verhältnismäßigkeit
von Arbeitskämpfen, mit denen ein kollidierender Tarifvertrag erwirkt werden soll, wird
künftig allerdings im Einzelfall im Sinne des Prinzips der Tarifeinheit entschieden.
Das Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
Ergänzende Informationen
Ziel der Koalition ist es, Möglichkeiten zur Konfliktlösung für Fälle zu schaffen, in denen Tarifverträge unterschiedlicher Gewerkschaften aufeinanderstoßen. Bei Streitigkeiten gibt es künftig stärkere Anreize für eine friedliche Lösung. So will die Koalition Arbeitskämpfe konkurrierender
Gewerkschaften im selben Betrieb wie etwa bei der Deutschen Bahn AG verhindern.
Mögliche Tarifkollisionen werden nach dem betriebsbezogenen Mehrheitsprinzip aufgelöst. Das
heißt: Wenn in einem Betrieb verschiedene Tarifverträge gelten, wird ausschließlich der Tarifvertrag der Gewerkschaft angewendet, die die meisten Beschäftigten organisiert. Die gesetzliche
Regel ist subsidiär. Sie greift nur ein, wenn es den Tarifvertragsparteien nicht gelingt, bereits durch
autonome Entscheidungen Tarifkollisionen zu vermeiden.
4
Landesvertretung Sachsen-Anhalt: Erläuterungen zum 934. Bundesrat am 12.06.2015; Berlin, den 02.06.2015
1
Durch das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 07.07.2010 wurde der jahrzehntelang geltende
Grundsatz: „Ein Betrieb – ein Tarifvertrag“ aufgegeben. Die Sozialpartner haben daraufhin die
Politik eindringlich gebeten, auf eine gesetzliche Regelung hinzuwirken. Mit dem Gesetz wird die
Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD vom 27.11.2013, die
Tarifeinheit gesetzlich zu regeln, umgesetzt (dort siehe S. 70).
Der Bundesrat hatte in seiner 930. Sitzung am 06.02.2015 keine Einwendungen gegen den
Gesetzentwurf erhoben [BR-Drs. 635/14 (Beschluss)].
Am 04.05.2015 fand im Ausschuss für Arbeit und Soziales des Deutschen Bundestages eine
2
öffentliche Sachverständigenanhörung statt. In der Debatte war die bestimmende Frage, ob das
Gesetz notwendig und angemessen und damit verfassungskonform sei. Die Opposition im
Deutschen Bundestag hält das Gesetz für verfassungswidrig.
Der Deutsche Bundestag hat in seiner 107. Sitzung am 22.05.2015 den von der Bundesregierung
eingebrachten Gesetzentwurf unverändert angenommen. Für das Gesetz stimmten 448 Abgeord3
nete, 126 waren dagegen, 16 enthielten sich.
"Das Koalitions- und Streikrecht tasten wir nicht an", bekräftigte Bundesministerin für Arbeit und
Soziales, Andrea Nahles, im Deutschen Bundestag während der zweiten und dritten Lesung des
4
Gesetzentwurfs am 22.05.2015. Aufgabe des Gesetzgebers sei es, einen ordnenden Rahmen für
eine funktionierende Tarifautonomie zu setzen. "Das Streikrecht steht überhaupt nicht in Rede", so
die Bundesministerin. Es fällt unter die grundgesetzlich geschützte Tarifautonomie und ist ein
hohes Gut. Nach wie vor sollen die Tarifparteien eigenständig die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen der Beschäftigten sinnvoll ordnen und Tarifkollisionen vermeiden.
Kleinere Berufsverbände wie die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), die Vereinigung
Cockpit e. V. oder der Marburger Bund – Verband der angestellten und beamteten Ärztinnen und
Ärzte Deutschlands e. V. sehen in den neuen gesetzlichen Regelungen einen Angriff auf ihre
Existenzfähigkeit. Sie fürchten, dass ihre Rechte durch das Gesetz eingeschränkt werden.
Berufsständische Gewerkschaften wie die Vereinigung Cockpit e. V. und der dbb beamtenbund
und tarifunion (dem auch die GDL angehört) haben bereits angekündigt, dass sie gegen das
Gesetz vor dem Bundesverfassungsgericht Klage erheben wollen. Sie sehen einen unzulässigen
5
Eingriff in die im GG geschützte Koalitionsfreiheit.
Zum Verfahren im Bundesrat
Der allein befasste Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik empfiehlt dem Bundesrat, zu dem Gesetz
die Einberufung des Vermittlungsausschusses nicht zu verlangen.
Das Gesetz bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates.
Der Bundesrat hat nun im zweiten Durchgang darüber zu entscheiden, ob er zu dem Gesetz die
Einberufung des Vermittlungsausschusses verlangt oder es „passieren“ lässt.
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an Frau Kliemann [Telefon-Nr. (0 30) 24 34 58 41].
1
2
3
4
5
Zur Entscheidung:
http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgibin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=en&sid=f45492ce789bc2c0fe41e6da3af9333c&nr=14564
&pos=0&anz=2
Zum Pressebericht: https://www.bundestag.de/presse/hib/2015_05/-/373476
Zum Plenarprotokoll (dort TOP 27a): http://dipbt.bundestag.de/doc/btp/18/18107.pdf
Zur Rede der Bundesministerin:
http://www.bmas.de/DE/Service/Presse/Reden/Andrea-Nahles/rede-22-052015.html;jsessionid=F1D5DF1B22000D2161F8A861BDC4426A
Siehe hierzu Artikel der Süddeutschen Zeitung am 22.05.2015:
http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/tarifeinheitsgesetz-bundestag-schwaecht-mini-gewerkschaften1.2490198
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Landesvertretung Sachsen-Anhalt: Erläuterungen zum 934. Bundesrat am 12.06.2015; Berlin, den 02.06.2015
TOP 5:
Gesetz zur Förderung von Investitionen finanzschwacher Kommunen
und zur Entlastung von Ländern und Kommunen bei der Aufnahme
und Unterbringung von Asylbewerbern
- BR-Drs. 227/15 Zustimmungsgesetz
Inhalt der Vorlage
Mit dem vom Deutschen Bundestag am 21.05.2015 beschlossenen Gesetz werden zum einen die
kommunalen Investitionen gefördert. Zu diesem Zweck werden

mit Artikel 1 ein Sondervermögen des Bundes „Kommunalinvestitionsförderungsfonds“
(KInvF) errichtet, das 2015 mit 3,5 Mrd. € ausgestattet wird und aus dem Finanzhilfen an
finanzschwache Kommunen für Investitionen in Bildungs- und sonstige Infrastruktur
gewährt werden (auf Sachsen-Anhalt entfallen hiervon 110,88 Mio. €), und

mit Artikel 3 das Finanzausgleichgesetz dahingehend geändert, dass der Gemeindeanteil
an der Umsatzsteuer 2017 um 1 Mrd. € zulasten des Bundes erhöht wird, sowie

mit Artikel 5 im SGB II die Erstattungsquoten des Bundes bei den Kosten der Unterkunft
und Heizung um 500 Mio. € erhöht.
Zum anderen werden die Länder im Zusammenhang mit der Unterbringung von Asylbewerbern mit
Artikel 3 durch eine weitere Umverteilung des Umsatzsteueraufkommens 2015 und 2016 in Höhe
von jeweils 500 Mio. € begünstigt.
In Artikel 2 des Gesetzes ist das Kommunalinvestitionsförderungsgesetz enthalten. Gegenüber
dem Gesetzentwurf der Bundesregierung sind in § 3 die Förderbereiche teilweise neu bestimmt
worden. Förderfähig sind jetzt u. a.

Lärmbekämpfung, insbesondere bei Straßen, ohne Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm
(bisher im Gesetzentwurf: Straßen, beschränkt auf Lärmbekämpfung),

Städtebau (ohne Abwasser) einschließlich altersgerechter Umbau, Barriereabbau (auch im
öffentlichen Personennahverkehr, ÖPNV), Brachflächenrevitalisierung (bisher im Gesetzentwurf: Städtebau einschließlich altersgerechter Umbau und Barriereabbau, ohne Abwasser und ÖPNV),

Luftreinhaltung (neu),

Einrichtungen der frühkindlichen Infrastruktur, einschließlich des Anschlusses dieser Infrastruktur an ein vorhandenes Netz, aus dem Wärme aus erneuerbaren Energieträgern
bezogen wird (bisher im Gesetzentwurf: Einrichtungen der frühkindlichen Infrastruktur),

Modernisierung von überbetrieblichen Berufsbildungsstätten (neu).
Entfallen ist der Klimaschutz als eigenständiger Investitionsschwerpunkt, der im Gesetzentwurf
enthalten war (wird durch die Bereiche Lärmbekämpfung und Luftreinhaltung abgedeckt).
Dazu kommen einige Änderungen eher verfahrensrechtlicher Natur: So muss das Finanzierungsverhältnis (Bund bis zu 90 %/Länder einschließlich Kommunen mindestens bis zu 10 %) nur auf
das gesamte Landesprogramm bezogen eingehalten sein, d. h. nicht bei jedem einzelnen Vorhaben.
Das Gesetz soll am Tag nach der Verkündung in Kraft treten.
6
Landesvertretung Sachsen-Anhalt: Erläuterungen zum 934. Bundesrat am 12.06.2015; Berlin, den 02.06.2015
Ergänzende Informationen / Auswirkungen für Sachsen-Anhalt
Am 06.11.2014 hatte der Bundesminister der Finanzen, Dr. Wolfgang Schäuble, ein Investitionspaket über 10 Mrd. € angekündigt. Bei einem Treffen am 02.03.2015 haben sich der Chef des
Bundeskanzleramts, der Bundesminister der Finanzen, der Bundesminister für Wirtschaft und
Energie, der Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur und die Spitzen der Koalitionsfraktionen auf die Verteilung dieses Betrages geeinigt. Zusätzlich sollten die Kommunen um
6
weitere 5 Mrd. € entlastet werden. Durch das beschlossene Gesetz wird diese Einigung sowie
eine Zusage des Bundes im Rahmen der Verständigung zwischen Bund und Ländern über ein
Gesamtkonzept zur Entlastung von Ländern und Kommunen bei der Aufnahme und Unterbringung
von Asylbewerbern vom 11.12.2014 umgesetzt.
In Artikel 2 § 6 Abs. 3 des Gesetzes heißt es zur landesinternen Verteilung der Finanzhilfen: „Den
Ländern obliegt jeweils entsprechend den landesspezifischen Gegebenheiten die Auswahl der
finanzschwachen Gemeinden und Gemeindeverbände bzw. den Stadtstaaten die Auswahl der
förderfähigen Gebiete.“ Sachsen-Anhalt wird die Finanzhilfen im Rahmen des neuen Förderprogramms STARK V ausreichen – als Ergänzung der bisherigen STARK-Förderprogramme für
Kommunen. In diesem Zusammenhang hat die Landesregierung Sachsen-Anhalt entschieden, den
nach dem Gesetz entweder vom Land oder den Kommunen zu erbringenden Eigenanteil von 10 %
zu übernehmen; dies entspricht einem Betrag von 12,3 Mio. €. Das Ministerium der Finanzen (MF)
7
hat eine Liste mit den konkreten Beträgen der zu fördernden Kommunen im Internet veröffentlicht.
Anhand der Kriterien Steuerkraft und Arbeitslosenquote wurden vier (von elf) Landkreisen und 80
(von 233) Einheits- und Verbandsgemeinden als finanzschwach identifiziert; die drei kreisfreien
Städte fanden insoweit keine Berücksichtigung. Die Ausreichung der Mittel an die nach den obigen
Kriterien als finanzschwach eingestuften Kommunen richtet sich zu 75 % nach der Einwohnerzahl
und zu 25 % nach der Fläche.
Der Bundesrat hatte in seiner 933. Sitzung am 08.05.2015 zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung detailliert Stellung genommen. Der Deutsche Bundestag hat das Gesetz mit einigen
inhaltlichen Änderungen beschlossen (siehe „Inhalt der Vorlage“), die überwiegend auf die
Stellungnahme des Bundesrates zurückgehen.
Im Zusammenhang mit diesem Gesetz steht die Beratung des Nachtragshaushaltsgesetzes
2015 (TOP 4). Mit dem Gesetz werden die Einnahmen und Ausgaben des Bundes 2015 auf 301,6
Mrd. € festgestellt; das sind 2,5 Mrd. € mehr als im Haushaltsgesetz 2015 vorgesehen, aber 1 Mrd.
€ weniger, als noch im Gesetzentwurf der Bundesregierung (BR-Drs. 150/15) enthalten waren. Im
Wesentlichen geht es im Nachtragshaushaltsgesetz 2015, das mit Wirkung vom 01.01.2015 in
Kraft tritt, um folgende Änderungen gegenüber dem Haushaltsgesetz 2015:

Die im Haushaltsgesetz 2015 enthaltene Verpflichtungsermächtigung – also die Ermächtigung, zulasten künftiger Haushaltsjahre Verpflichtungen einzugehen – in Höhe von 7 Mrd.
€ (als Teil des 10 Mrd. €-Investitionspakets) wird auf die Einzelpläne verteilt (betrifft die
Haushaltsjahre 2016 bis 2018).

Des Weiteren regelt es die Zuweisung an das neue Sondervermögen des KInvF in Höhe
von 3,5 Mrd. €.
Zum Verfahren im Bundesrat
Der allein befasste Finanzausschuss empfiehlt dem Bundesrat, dem Gesetz zuzustimmen.
Das Gesetz bedarf der Zustimmung des Bundesrates.
6
7
Siehe hierzu:
http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Pressemitteilungen/Finanzpolitik/2015/03/2015-03-03PM09.html#
Zur Veröffentlichung des MF:
http://www.mf.sachsenanhalt.de/fileadmin/Bibliothek/Politik_und_Verwaltung/MF/Dokumente/MF_Nachrichten/PM_STARK_V.pdf
7
Landesvertretung Sachsen-Anhalt: Erläuterungen zum 934. Bundesrat am 12.06.2015; Berlin, den 02.06.2015
Der Bundesrat hat nun im zweiten Durchgang darüber zu entscheiden, ob er dem Gesetz zustimmt
oder ggf. die Einberufung des Vermittlungsausschusses verlangt.
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an Herrn Liedtke [Telefon-Nr. (0 30) 24 34 58 40].
8
Landesvertretung Sachsen-Anhalt: Erläuterungen zum 934. Bundesrat am 12.06.2015; Berlin, den 02.06.2015
TOP 7:
Neuntes Gesetz zur Änderung des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes (9. BVerfGGÄndG)
- BR-Drs. 229/15 Einspruchsgesetz
Inhalt der Vorlage
Das von allen Fraktionen im Deutschen Bundestag initiierte und am 21.05.2015 dort einstimmig
beschlossene Gesetz8 beinhaltet die Änderung des Wahlverfahrens für das höchste deutsche
Gericht, und zwar das Verfahren der Wahl der Richter des Bundesverfassungsgericht (BVerfG).
Durch Änderung des § 6 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes (BVerfGG) wird die Wahl dem
Plenum des Deutschen Bundestages übertragen. Die Wahl soll ohne Aussprache auf Vorschlag
des Wahlausschusses durch Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen, mindestens der
Mehrheit der Stimmen der Mitglieder des Deutschen Bundestages erfolgen. Ein Wahlvorschlag des
Wahlausschusses soll mit mindestens acht Stimmen der Mitglieder beschlossen werden.
Das Gesetz soll am Tag nach der Verkündung in Kraft treten.
Ergänzende Informationen
Gemäß § 94 Abs. 1 Satz 2 GG werden die Mitglieder des BVerfG je zur Hälfte vom Deutschen
Bundestag und vom Bundesrat gewählt. Das BVerfG besteht aus zwei Senaten; in jeden Senat
werden acht Richter gewählt (§ 2 Abs. 1 und 2 BVerfGG).
Die vom Bundesrat zu berufenden Richter werden nach § 7 BVerfGG durch zwei Drittel seiner
Stimmen gewählt.
Für den Bundestag erfolgte bislang gemäß § 6 BVerfGG die Wahl der Richter des BVerfG in
indirekter Wahl durch ein Gremium – bestehend aus zwölf Mitgliedern des Deutschen Bundestages. Mit seinem Urteil vom 19.06.2012 (2 BvC 2/10) hat das BVerfG dieses Verfahren als
verfassungsgemäß erklärt.9
Während der parlamentarischen Beratungen wurde ein Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
debattiert (BT-Drs. 18/4978), der u. a. eine Frauenquote von mindestens drei Richterinnen in
jedem der Gerichtssenate forderte. Dieser Antrag erhielt nur die Stimmen der Oppositionsfraktionen und somit keine Mehrheit im Plenum.
Zum Verfahren im Bundesrat
Der federführende Rechtsausschuss sowie der Ausschuss für Innere Angelegenheiten empfehlen
dem Bundesrat, zu dem Gesetz die Einberufung des Vermittlungsausschusses nicht zu verlangen.
Das Gesetz bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates.
Der Bundesrat hat zu entscheiden, ob er zu dem Gesetz die Einberufung des Vermittlungsausschusses verlangt oder es „passieren“ lässt.
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an Frau Wiese [Telefon-Nr. (0 30) 24 34 58 84].
8
9
Zum Plenarprotokoll vom 21.05.2015 (dort TOP 23):
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btp/18/18106.pdf#P.10193
Zur Pressemitteilung des BVerfG vom 04.07.2012:
http://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2012/bvg12-048.html
9
Landesvertretung Sachsen-Anhalt: Erläuterungen zum 934. Bundesrat am 12.06.2015; Berlin, den 02.06.2015
TOP 10: Zweites Gesetz zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes
- BR Drs. 232/15 Einspruchsgesetz
Inhalt der Vorlage
Das am 21.05.2015 vom Deutschen Bundestag beschlossene Gesetz beinhaltet die Änderung der
Besonderen Ausgleichsregelung im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG 2014), damit Unternehmen aus den Branchen „25.61 Oberflächenveredlung und Wärmebehandlung“ und „25.50 Herstellung von Schmiede-, Press-, Zieh- und Stanzteilen, gewalzten Ringen und pulvermetallurgischen Erzeugnissen“ künftig in die Besondere Ausgleichsregelung einbezogen sind. Damit wird
die bestehende Begünstigung von der EEG-Umlage für stromkostenintensive Unternehmen auf
zwei Branchen erweitert. Dazu werden die Branchenliste 2 in Anlage 4 zum EEG 2014
entsprechend ergänzt und damit in Verbindung stehende Verfahrensfragen in dem neu
einzufügenden § 103 Abs. 7 EEG 2014 geregelt.
Gleichwohl stehe das In-Kraft-Treten der Neuregelung noch unter dem Vorbehalt der Notifizierung
durch die Europäische Kommission (KOM). Diese Notifizierung erfolgt unter Wahrung der
Rechtsauffassung der Bundesregierung, dass es sich bei der Besonderen Ausgleichsregelung
nicht um eine Beihilfe handelt.
Zugleich wird mit dem vorgelegten Gesetz das EEG 2014 auch für eine Konstellation der anteiligen
Direktvermarktung (mehrere Anlagen werden über eine gemeinsame Messeinrichtung erfasst)
angepasst, da für diese Konstellation der seinerzeit verabschiedete Gesetzeswortlaut nicht
hinreichend klar den gesetzgeberischen Willen zum Ausdruck gebracht habe.
Das Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung, hinsichtlich der Regelungen zur anteiligen
Direktvermarktung mit Wirkung vom 01.08.2014 in Kraft.
Ergänzende Informationen / Auswirkungen für Sachsen-Anhalt
Bisher waren die Branchen „25.61 Oberflächenveredlung und Wärmebehandlung“ und „25.50 Herstellung von Schmiede-, Press-, Zieh- und Stanzteilen, gewalzten Ringen und pulvermetallurgischen Erzeugnissen“ nicht in der Besonderen Ausgleichsregelung des EEG 2014 enthalten, weil
sie nicht in den Branchenlisten der Umweltschutz- und Energiebeihilfeleitlinien der KOM aufgeführt
sind.
Die Erweiterung der berechtigten Branchen wird mit neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen
begründet, die belegen, dass beide Branchen die Kriterien der KOM erfüllen. Auf Basis der national
verfügbaren statistischen Daten könne aufzeigt werden, dass die in den Beihilfeleitlinien geforderte
branchenspezifische Handelsintensität von 4 % erreicht wird und große Teile der in den Branchen
enthaltenen Unternehmen eine Stromkostenintensität von mindestens 20 % vorweisen können.
Die KOM hat am 27.05.2015 entschieden, dass die geplanten Änderungen im EEG 2014 mit den
10
EU-Vorschriften über staatliche Beihilfen im Einklang stehen.
Einer Pressemitteilung des Ministeriums für Wissenschaft und Wirtschaft des Landes SachsenAnhalt (MW) vom 19.03.2015 ist zu entnehmen, dass im Land Sachsen-Anhalt in den betroffenen
zwei Branchen rd. 20 Unternehmen mit mehr als 2.000 Beschäftigten tätig sind. Eine Entlastung
dieser Unternehmen bei den Energiekosten stärke die Wettbewerbsfähigkeit und trage zum Erhalt
11
von Arbeitsplätzen in Sachsen-Anhalt bei.
10
11
Zur Pressemitteilung der KOM vom 27.05.2015:
http://ec.europa.eu/deutschland/press/pr_releases/13351_de.htm
Zur Pressemitteilung des MW vom 19.03.2015:
http://www.presse.sachsenanhalt.de/index.php?cmd=get&id=870290&identifier=e4ab0c3f079010e1cdccaddf2cfa22c5
10
Landesvertretung Sachsen-Anhalt: Erläuterungen zum 934. Bundesrat am 12.06.2015; Berlin, den 02.06.2015
Mit der beabsichtigten Klarstellung des vorliegenden Gesetzes hinsichtlich der anteiligen Direktvermarktung wird auch eine Entschließung des Bundesrates vom 19.12.2014 umgesetzt [BR-Drs.
598/14 (Beschluss)]. Hierin bittet der Bundesrat „die Bundesregierung, zeitnah einen Gesetzentwurf vorzulegen, der es Betreibern mehrerer Anlagen, die über eine gemeinsame Messeinrichtung
abgerechnet werden, ermöglicht, auch weiterhin einen Teil des produzierten Stroms direkt zu
12
vermarkten.“
Das vorliegende Gesetz wurde als Initiativgesetz des Bundestages textidentisch mit dem durch die
Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf (BR-Drs. 166/15), gegen den der Bundesrat in
seiner 933. Sitzung am 08.05.2015 keine Einwendungen erhoben hat, beschlossen. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung wurde für erledigt erklärt (zu BR-Drs. 166/15).
Zum Verfahren im Bundesrat
Der allein befasste Wirtschaftsausschuss empfiehlt dem Bundesrat, zu dem Gesetz die Einberufung des Vermittlungsausschusses nicht zu verlangen.
Das Gesetz bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates.
Der Bundesrat hat darüber zu befinden, ob er zu dem Gesetz die Einberufung des Vermittlungsausschusses verlangt oder es „passieren“ lässt.
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an Herrn Nentwich [Telefon-Nr. (0 30) 24 34 58 73].
12
Zur BR-Drs. 598/14 (Beschluss):
http://bundesrat.bund.testa-de.net/dokumente/parlamentsdienst/drucksachen%202014/0598-14B.pdf
11
Landesvertretung Sachsen-Anhalt: Erläuterungen zum 934. Bundesrat am 12.06.2015; Berlin, den 02.06.2015
TOP 17: Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Hospiz- und Palliativversorgung in Deutschland (Hospiz- und Palliativgesetz – HPG)
- BR-Drs. 195/15 Einspruchsgesetz
Inhalt der Vorlage
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung greift ein Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag zwischen
CDU, CSU und SPD vom 27.11.2013 auf, das dem Wunsch vieler Menschen entspricht: mehr
Einfluss darauf zu haben, wo und wie man seine letzte Lebensphase in Würde und ohne unnötiges
Leiden verbringen kann. Auch wenn es in den letzten Jahren bereits viele Bemühungen gegeben
hat, die hierfür notwendigen Angebote an Hospizen bzw. ambulanten Hospizdiensten ebenso
auszuweiten wie die palliativmedizinische Versorgung, so gibt es doch noch keine flächendeckenden Angebote. Es gilt, einerseits die Lücken in strukturschwachen und ländlichen Regionen zu
schließen und andererseits Palliativversorgung weiter auszubauen, indem sie zum Bestandteil der
haus- und fachärztlichen Regelversorgung sowie der häuslichen Krankenpflege wird. Hospizkultur
und Palliativversorgung sollen außerdem insbesondere in Krankenhäusern und Pflegeheimen
weiterentwickelt werden.
Da schwer kranke Menschen und häufig auch deren Angehörige unzureichend über Möglichkeiten
und Angebote des Hospizwesens und der Palliativversorgung informiert sind, sollen die individuelle
Information gestärkt und für Pflegeheimbewohner eine individuelle Versorgungsplanung für die
letzte Lebensphase ermöglicht werden.
Im Gesetzentwurf sind zur Umsetzung dieser Ziele Änderungen und Ergänzungen im SGB V
(Gesetzliche Krankenversicherung), im SGB XI (Soziale Pflegeversicherung) sowie im Krankenhausfinanzierungsgesetz vorgesehen.
Das Gesetz soll im Wesentlichen am Tag nach der Verkündung in Kraft treten. Lediglich eine
Folgeregelung im SGB V im Zusammenhang mit Zuschlägen auf den Orientierungswert nach § 87
Abs. 2e für besonders förderungswürdige Leistungen sowie für Leistungen von besonders zu
fördernden Leistungserbringern soll erst am 01.04.2016 in Kraft treten. Hintergrund ist, dass die
bisherige Möglichkeit der Vereinbarung von spezifischen Zuschlägen auf regionaler Ebene für die
Förderung einer kooperativen und koordinierten ärztlichen und pflegerischen Versorgung von
pflegebedürftigen Versicherten in stationären Pflegeeinrichtungen oder von Kooperationsverträgen
gemäß § 119 b Abs. 1 Satz 1 SGB V entfällt, wenn der einheitliche Bewertungsmaßstab für
ärztliche Leistungen in diesem Zusammenhang angepasst und die Anpassung in Kraft getreten ist.
Ergänzende Informationen / Auswirkungen für Sachsen-Anhalt
Während das Hospizwesen aus dem Ehrenamt kommt und über die medizinische Versorgung von
Menschen am Lebensende hinaus auch eine umfassende Begleitung der Betroffenen und ihrer
Angehörigen umfasst, ist die Palliativversorgung ihrem Wesen nach medizinisch-pflegerisch und
damit von Hauptberuflichen getragen. Sowohl die Hospiz- als auch die Palliativversorgung können
ambulant oder stationär erbracht werden. In den letzten Jahren hat der Bundesgesetzgeber insbesondere den flächendeckenden Ausbau der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung vorangetrieben.
In Sachsen-Anhalt hat sich – wie überall im Bundesgebiet – in den letzten Jahren die Hospiz- und
Palliativversorgung weiterentwickelt. Der Hospiz- und Palliativverband Sachsen-Anhalt e. V. bietet
im Internet u. a. eine Übersicht über Hospize sowie über Angebote der allgemeinen und speziali13
sierten Palliativversorgung an.
13
Zum Internetportal des Hospiz- und Palliativverbandes Sachsen-Anhalt e. V.:
http://www.hospize-sachsen-anhalt.de/index.html
12
Landesvertretung Sachsen-Anhalt: Erläuterungen zum 934. Bundesrat am 12.06.2015; Berlin, den 02.06.2015
Die Bedeutung sowohl des Hospizwesens als auch der Palliativmedizin ist auch vor dem Hintergrund der medizinisch-technischen Möglichkeiten der Lebensverlängerung in den letzten Jahren
gewachsen und häufig mit der Frage nach passiver und aktiver Sterbehilfe verknüpft. Mit dem
vorliegenden Gesetzentwurf hofft die Bundesregierung auch, den im Ausland etablierten Angeboten organisierter Sterbehilfe etwas entgegenzusetzen, das es schwer kranken Menschen
ermöglicht, ihr Leben nicht aus Angst vor vermeidbarem Leiden vorzeitig zu beenden bzw.
beenden zu lassen. Im Deutschen Bundestag werden seit einigen Monaten erneut Überlegungen
14
diskutiert, passive Sterbehilfe ggf. gesetzlich zu regeln.
Zum Verfahren im Bundesrat
Der federführende Gesundheitsausschuss empfiehlt dem Bundesrat, eine umfangreiche Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf abzugeben:
Einige Empfehlungen zielen auf eine zusätzliche Verbesserung der Rahmenbedingungen für die
hospizliche Arbeit ab, so z. B. bezogen auf Kinderhospize, die Personalausstattung stationärer
Hospize, Ergänzung wichtiger ehrenamtlicher Aufgabenfelder von Hospizen oder Zuschläge für
Hospize, die auf Zielgruppen mit einem besonderen Betreuungs- und Begleitungsbedarf spezialisiert sind.
Etliche weitere Vorschläge beziehen sich auf die Verbesserung individueller Beratungsangebote
über die Möglichkeiten der Hospiz- und Palliativversorgung – teils unter Nutzung der vorhandenen
Beratungsstrukturen –, aber auch mit Blick auf allgemeine Informationen der breiten Öffentlichkeit,
z. B. als Ergänzung von Materialien der Verbraucherzentralen oder des Bundesministeriums der
Justiz und für Verbraucherschutz über Patientenverfügungen sowie Betreuungs- und Vorsorgevollmachten. Zudem sollte die individuelle Versorgungsplanung für die letzte Lebensphase nicht
nur Menschen in Pflegeheimen zugute kommen, sondern auch jenen, die zu Hause gepflegt
werden. Außerdem sollte die gesundheitliche Versorgungsplanung am Lebensende nicht allein aus
Mitteln der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung finanziert
werden, sondern aus Steuermitteln bzw. hilfsweise durch einen höheren Bundeszuschuss an den
Gesundheitsfonds.
Weiterhin merkt der Gesundheitsausschuss an, dass die in Bezug auf die Hospiz- und Palliativversorgung vorgesehene Ausweitung des Leistungskatalogs der sozialen Pflegeversicherung zu
Mehrausgaben führen kann, und fordert Vorschläge zu deren Gegenfinanzierung. Nicht zuletzt
sollten Krankenhäuser unabhängig von sachgerechter Vergütung im DRG-System und damit
unbefristet die Möglichkeit haben, für die Palliativversorgung krankenhausindividuelle Entgelte
alternativ zu bundesweit kalkulierten Entgelten auszuhandeln.
In einer allgemeinen Empfehlung soll zudem daran erinnert werden, dass die Hospizbewegung als
Bürgerbewegung entstanden sei und nicht im Zuge der Weiterentwicklung von der hauptamtlichen
Palliativmedizin und –pflege dominiert werden dürfe. „Hospiz“ sei nicht als Ort, sondern als Grundhaltung des Umgangs mit Menschen am Lebensende zu verstehen. Wichtig sei, eine breite
gesellschaftliche Diskussion auf Basis sachlicher Informationen zu führen. Daher solle die Bundesregierung die Umsetzung des Gesetzes durch eine langfristig angelegte Öffentlichkeitskampagne
begleiten.
Der Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik sowie der Ausschuss für Familie und Senioren empfehlen dem Bundesrat, keine Einwendungen gegen den Gesetzentwurf zu erheben.
Das Gesetz bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates.
Der Bundesrat hat im ersten Durchgang darüber zu befinden, ob er zu dem Gesetzentwurf Stellung
nimmt oder keine Einwendungen gegen ihn erhebt.
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an Frau Richter [Telefon-Nr. (0 30) 24 34 58 30].
14
Zur Debatte „Sterbebegleitung“ in der 66. Sitzung des Deutschen Bundestages am 13.11.2014 (dort TOP 3):
http://dip21.bundestag.de/dip21/btp/18/18066.pdf
13
Landesvertretung Sachsen-Anhalt: Erläuterungen zum 934. Bundesrat am 12.06.2015; Berlin, den 02.06.2015
TOP 19: Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Speicherpflicht und
einer Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten
- BR-Drs. 249/15 Einspruchsgesetz
Inhalt der Vorlage
Mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung soll zum einen ein neuer Straftatbestand der Datenhehlerei (§ 202d StGB) eingeführt werden. Zum anderen sieht er die Speicherung und Verwendung
von bei Telekommunikation anfallenden Verkehrsdaten vor.
So soll eine gesetzliche Pflicht zur zeitlich befristeten, im Inland durchzuführenden Speicherung
von Verkehrsdaten (z. B. Rufnummern der beteiligten Anschlüsse, Zeitpunkt und Dauer des Anrufs, bei Mobilfunk die Standortdaten sowie wann und wie lange eine IP-Adresse einem bestimmten Computer, Smartphone o. a. zugeordnet war) durch die Erbringer öffentlicher Telekommunikationsdienste zur Strafverfolgungsvorsorge und zur Gefahrenabwehr eingeführt werden. (Gegenwärtig können die Ermittlungsbehörden nur zukünftig anfallende bzw. noch gespeicherte Verkehrsdaten erheben, wobei die Speicherdauer in den einzelnen Unternehmen von wenigen Tagen bis zu
Monaten reicht.) Nicht gespeichert werden soll der Inhalt von Telefongesprächen, welche Internetseiten aufgerufen wurden oder der Versand und Inhalt von E-Mails. Die Daten werden grundsätzlich zehn Wochen gespeichert (Standortdaten vier Wochen). Nach Fristablauf müssen die
Daten innerhalb von einer Woche irreversibel gelöscht werden. Bei Verstößen drohen den
Unternehmen Geldbußen in Höhe von 100.000 € bis 500.000 €. Von der Speicherpflicht ausgenommen sind Daten, die etwa bei der Kontaktaufnahme zu sozialen und kirchlichen Bereichen
zwecks telefonischer Beratung in seelischen und sozialen Notlagen (etwa zu TelefonseelsorgeHotlines) anfallen.
Die Erhebung der Verkehrsdaten durch die Ermittlungsbehörden wird nur unter engen Voraussetzungen (zur Verfolgung einzeln aufgeführter besonders schwerer Straftaten, insbesondere bei
terroristischen Taten und anderen Delikten gegen Leib, Leben, Freiheit und sexuelle Selbstbestimmung, und unter Richtervorbehalt) ermöglicht. Die Betroffenen sind grundsätzlich vor dem
Datenabruf zu benachrichtigen; eine Zurückstellung der Benachrichtigung erfordert eine richterliche
Entscheidung. Daten über die Kommunikation mit zeugnisverweigerungsberechtigten Personen
(etwa Geistliche, Rechtsanwälte, Ärzte, Apotheker, Journalisten, Volksvertreter) dürfen nicht genutzt werden. Zufallsfunde unterliegen einem Verwertungsverbot. Die Länder können ihre Polizeigesetze so ändern, dass ihre Polizei die Daten auch zur konkreten Gefahrenabwehr nutzen darf.
Das Gesetz soll am Tag nach seiner Verkündung in Kraft treten.
Ergänzende Informationen
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat mit Urteil vom 02.03.201015 Vorschriften des
Telekommunikationsgesetzes und der StPO zur Vorratsdatenspeicherung wegen Verstoßes gegen
Artikel 10 Abs. 1 GG für nichtig erklärt und damit im Ergebnis die maßgeblichen Regelungen zur
Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG über die Vorratsdatenspeicherung16 aufgehoben.
In ihrem Koalitionsvertrag vom 27.11.2013 hatten CDU, CSU und SPD Folgendes aufgenommen:
„Wir werden die EU-Richtlinie über den Abruf und die Nutzung von Telekommunikationsver15
16
Siehe BVerfGE 125, S. 260 bzw. Pressemitteilung des BVerfG vom 02.03.2010 zu 1BvR 256/08, 1BvR
263/08, 1 BvR 586/08:
http://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2010/bvg10-011.html
Richtlinie 2006/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über die Vorratsspeicherung von Daten, die bei der Bereitstellung öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste oder öffentlicher Kommunikationsnetze erzeugt oder verarbeitet werden, und zur Änderung der Richtlinie 2002/58/EG (ABl. EU L 105 S. 54):
http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2006:105:0054:0063:DE:PDF
14
Landesvertretung Sachsen-Anhalt: Erläuterungen zum 934. Bundesrat am 12.06.2015; Berlin, den 02.06.2015
bindungsdaten umsetzen. Dadurch vermeiden wir die Verhängung von Zwangsgeldern durch den
EuGH. Dabei soll ein Zugriff auf die gespeicherten Daten nur bei schweren Straftaten und nach
Genehmigung durch einen Richter sowie zur Abwehr akuter Gefahren für Leib und Leben erfolgen.
Die Speicherung der deutschen Telekommunikationsverbindungsdaten, die abgerufen und genutzt
werden sollen, haben die Telekommunikationsunternehmen auf Servern in Deutschland vorzunehmen. Auf EU-Ebene werden wir auf eine Verkürzung der Speicherfrist auf drei Monate hinwirken.“ (siehe dort Nr. 5.1. Vorratsdatenspeicherung, S. 147).
Der Europäische Gerichtshof hat am 08.04.201417 die o. a., eine Datenspeicherung bis zu 24
Monate ermöglichende Richtlinie für ungültig erklärt, weil sie die Grundrechte aus den Artikeln 7
und 8 der Grundrechtecharta der EU in unverhältnismäßigem Umfang einschränke. Seitdem
besteht keine europarechtliche Verpflichtung mehr zur gesetzlichen Einführung einer Pflicht der
Erbringer öffentlich zugänglicher Telekommunikationsdienste, Verkehrsdaten für einen bestimmten
Zeitraum zu speichern.
Bereits 2012 hatte sich der 69. Deutsche Juristentag für die Einführung eines Straftatbestands zur
Datenhehlerei ausgesprochen. Der Bundesrat hatte auf Antrag des Landes Hessen am 07.06.2013
(BT-Drs. 17/14362) und wegen zwischenzeitlich eingetretener Diskontinuität erneut am 14.03.2014
(BT-Drs. 18/1288) beschlossen, beim Deutschen Bundestag einen Gesetzentwurf zur Einführung
der Strafbarkeit von Datenhehlerei einzubringen. Der Deutsche Bundestag hat diesen Gesetzentwurf noch nicht beraten.
Zum Verfahren im Bundesrat
Der federführende Rechtsausschuss wird über den Gesetzentwurf am 03.06.2015 beraten.
Der Ausschuss für Innere Angelegenheiten empfiehlt dem Bundesrat, keine Einwendungen gegen
den Gesetzentwurf zu erheben.
Der Wirtschaftsausschuss empfiehlt dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf Stellung zu nehmen.
Er fordert u. a. eine Ausweitung der Entschädigungsregelung sowie eine Fristverlängerung bis zum
In-Kraft-Treten der Speicherverpflichtung um sechs Monate auf insgesamt 24 Monate.
Das Gesetz bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates.
Der Bundesrat hat im ersten Durchgang darüber zu entscheiden, ob er zu dem Gesetzentwurf
Stellung nimmt oder keine Einwendungen gegen ihn erhebt.
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an Herrn Baumeister [Telefon-Nr. (0 30) 24 34 58 20].
17
Siehe EuZW 2014, S. 459
15
Landesvertretung Sachsen-Anhalt: Erläuterungen zum 934. Bundesrat am 12.06.2015; Berlin, den 02.06.2015
TOP 32: Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat,
die Europäische Zentralbank, den Europäischen Wirtschafts- und
Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: EU-Justizbarometer 2015
- BR-Drs. 92/15 Inhalt der Vorlage
Die nunmehr dritte Ausgabe des jährlich veröffentlichten EU-Justizbarometers soll einen auf Indikatoren gestützten Überblick über Qualität, Unabhängigkeit und Effektivität der Justizsysteme der
Mitgliedstaaten geben. Damit zielt die Europäische Kommission (KOM) auf eine Unterstützung der
Mitgliedstaaten in ihrem Bemühen um eine leistungsfähigere Justiz in den Bereichen Zivilrecht,
Handelsrecht und Verwaltungsrecht ab. Zusammengefasst stellen sich die wichtigsten Ergebnisse
des EU-Justizbarometers 2015 wie folgt dar:

Die Justizsysteme in den Mitgliedstaaten werden insgesamt effizienter; allerdings differiert
die Situation zwischen Mitgliedstaat und einzelnen Indikatoren stark.

Erhebliche Anstrengungen werden in den Mitgliedstaaten hinsichtlich einer stärkeren
Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) im Justizwesen unternommen. Die KOM stellt allerdings verbreitet Nachholbedarf sowohl in Bezug auf IKTInstrumente für die Gerichtsverwaltungen als auch bezüglich der elektronischen Kommunikation zwischen den Gerichten und Parteien fest.

In den meisten Mitgliedstaaten nahmen mehr als 20 % der Richter an Fortbildungsmaßnahmen zum EU-Recht oder zum Recht anderer Mitgliedstaaten teil. Bis 2020 soll das Ziel
von insgesamt 50 % erreicht sein.

Die Mehrheit der Mitgliedstaaten bietet der breiten Öffentlichkeit einen freien OnlineZugang zu Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen an.

Der Anteil der weiblichen Berufsrichter in erster und zweiter Instanz weist zwar einen
positiven Trend auf; Handlungsbedarf besteht jedoch in den meisten Mitgliedstaaten
hinsichtlich einer ausgewogenen Besetzung der Richterstellen mit Männern und Frauen in
den obersten Gerichten.
Deutschland schneidet nach den Ergebnissen der Untersuchung insbesondere bei der Förderung
der alternativen Streitbeilegung gut ab. Bei der finanziellen Ausstattung der Gerichte liegt
Deutschland wie im Vorjahr an zweiter Stelle hinter Luxemburg. Die relativ lange Verfahrensdauer
bei verwaltungsgerichtlichen Verfahren bleibt weiterhin ein Schwachpunkt. Hinsichtlich der Fortbildung deutscher Richter im EU-Recht bildet Deutschland neben Kroatien allerdings das Schlusslicht. Weiter nachbessern sollte die deutsche Justiz nach Auffassung der KOM auch beim Einsatz
von IKT in Gerichtsverfahren.
Ergänzende Informationen / Auswirkungen für Sachsen-Anhalt
„Ein leistungsfähiges Justizsystem ist ein Grundpfeiler jeder Demokratie. Justizreformen spielen
eine entscheidende Rolle bei der Stärkung der gemeinsamen Werte der Union und der Schaffung
eines investitionsfreundlichen Umfelds, das wir für ein nachhaltiges Wachstum brauchen“, erläuterte die für das Ressort Justiz, Verbraucher und Gleichstellung zuständige EU-Kommissarin Vĕra
18
Jourová. Die Ergebnisse des EU-Justizbarometers fließen in die vertieften länderspezifischen
Bewertungen im Rahmen des Europäischen Semesters mit ein. So haben 2014 zwölf Mitgliedstaaten Empfehlungen erhalten, strukturelle Reformen im jeweiligen Justizbereich in die Wege zu
18
Siehe Pressemitteilung der KOM vom 09.03.2015:
http://europa.eu/rapid/press-release_IP-15-4575_de.htm
16
Landesvertretung Sachsen-Anhalt: Erläuterungen zum 934. Bundesrat am 12.06.2015; Berlin, den 02.06.2015
leiten. Die KOM will das Justizbarometer nicht als Rangliste verstanden wissen. Es gebe lediglich
einen Überblick über die Funktionsweise der Justizsysteme anhand verschiedener Indikatoren, die
für alle Mitgliedstaaten von Interesse seien.
Der Bundesrat hatte bereits zu den Justizbarometern 2014 und 2013 Stellung genommen [siehe
BR-Drs. 171/14 (Beschluss), BR-Drs. 244/13 (Beschluss)]. Er äußerte insbesondere Bedenken, ob
das Vorhaben die Zuständigkeitsverteilung zwischen der EU und den Mitgliedstaaten respektiert
und kritisierte die Einbeziehung in das Europäische Semester. Das schlechte Ranking bei der
Fortbildung deutscher Richter im EU-Recht wurde als Beispiel für verzerrte Aussagen aufgrund
nicht vergleichbarer Daten bzw. unvollständiger Daten erörtert. Die Bundesregierung teilte diese
Kritik im Wesentlichen.
Die deutschen Länder beteiligen sich derzeit an der Erarbeitung geeigneter aussagekräftigerer
Indikatoren und bringen ihre Erkenntnisse über den Europaausschuss der Justizministerkonferenz
in die zuständige Expertengruppe der KOM ein.
Im Bereich der Fortbildung von Justizangehörigen in EU-Angelegenheiten engagiert sich die Landesregierung Sachsen-Anhalt seit Jahren. So beteiligt sich das Ministerium für Justiz und Gleichstellung auch 2015 finanziell und personell u. a. am Austauschprogramm für Juristen des
19
European Judicial Training Network (EJTN) sowie an anderen internationalen Fortbildungsmaß20
nahmen.
Zum Verfahren im Bundesrat
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union und der Rechtsausschuss
empfehlen dem Bundesrat unter Bezugnahme auf seine beiden Beschlüsse aus den Vorjahren
(s. o.) eine grundsätzlich kritische Stellungnahme. Diese beinhaltet vor allem Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Aussagekraft der Daten, die dem Justizbarometer 2015 zugrunde liegen. So räumen die Ausschüsse z. B. zwar prinzipiell einen Einfluss der Fortbildungsmöglichkeiten
im EU-Recht auf die Leistungsfähigkeit der Justizsysteme ein; jedoch werden die Fragestellungen
des Justizbarometers als teilweise unklar und die erhobenen Daten als unvollständig und kaum
vergleichbar bewertet. Die nationalen Justizsysteme sollten daher zukünftig in die Validierung der
erhobenen Daten einbezogen werden. Zusätzliche Belastungen dürften der Justiz durch das
Justizbarometer nicht erwachsen. Dem Bundesrat wird empfohlen, die Stellungnahme an die KOM
direkt zu übermitteln.
Der Ausschuss für Innere Angelegenheiten und der Ausschuss für Kulturfragen empfehlen dem
Bundesrat, von der Vorlage Kenntnis zu nehmen.
Der Bundesrat hat darüber zu entscheiden, ob er zu der Vorlage Stellung oder von ihr Kenntnis
nimmt.
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an Frau Westermann [Telefon-Nr. (0 30) 24 34 58 83].
19
20
European Judicial Training Network (EJTN): http://www.ejtn.eu/
Zum Bericht der Staatskanzlei des Landes Sachsen-Anhalt vom 02.04.2015 „Europäische und internationale
Aktivitäten der Landesregierung Sachsen-Anhalt im Jahr 2015“ (dort S. 48 f):
http://www.europa.sachsenanhalt.de/fileadmin/Bibliothek/Politik_und_Verwaltung/StK/Europa/Bibliothek_Europapolitik/2015_02_04_LIV_
Bericht_2015_endg_LT.pdf
17
Landesvertretung Sachsen-Anhalt: Erläuterungen zum 934. Bundesrat am 12.06.2015; Berlin, den 02.06.2015
TOP 33a: Verordnung zur Bestimmung der Rentenwerte in der gesetzlichen
Rentenversicherung und in der Alterssicherung der Landwirte zum
1. Juli 2015 (Rentenwertbestimmungsverordnung 2015 – RWBestV
2015)
- BR-Drs. 206/15 Inhalt der Vorlage
Mit der Verordnung legt die Bundesregierung insbesondere die ab 01.07.2015 geltenden Rentenwerte sowie Rentenwerte (Ost) in der gesetzlichen Rentenversicherung (SGB VI), in der
Alterssicherung der Landwirte sowie Mindest- und Höchstbeträge des Pflegegeldes in der
gesetzlichen Unfallversicherung (SGB VII) fest. Die Rentenwerte steigen in der gesetzlichen
Rentenversicherung von 28,61 € auf 29,21 € (West) bzw. von 26,39 € auf 27,05 € (Ost) und in der
Alterssicherung der Landwirte von 13,21 € auf 13,49 € (West) bzw. von 12,18 € auf 12,48 € (Ost).
Das Pflegegeld in der Unfallversicherung beträgt ab 01.07.2015 monatlich zwischen 330 € und
1.318 € (West) bzw. zwischen 301 € und 1.206 € (Ost).
Ergänzende Informationen / Auswirkungen für Sachsen-Anhalt
Durch die o. g. Anpassungen ergeben sich insgesamt Mehrausgaben von rd. 3,07 Mrd. € für den
Zeitraum von Juli bis Dezember 2015 sowie 2016 von rd. 6,13 Mrd. €. Davon trägt der Bund 145
Mio. € (für das zweite Halbjahr 2015) bzw. 290 Mio. € (2016). Die neuen Länder haben dem Bund
für die überführten Ansprüche aus Sonder- und Zusatzersorgungssystemen der DDR 2015 rd. 31
Mio. € sowie ab 2016 jährlich rd. 62 Mio. € zu erstatten.
Die Rentenwerterhöhung wird unter Berücksichtigung der Entwicklung der beitragspflichtigen
Löhne und Gehälter des Vorjahres gegenüber dem Vorvorjahr sowie der Veränderungen im
Verhältnis von Beitragszahlern zu Rentenbeziehern (Nachhaltigkeitsfaktor) vorgenommen. Da der
Beitragssatz zur Rentenversicherung 2014 gegenüber 2013 unverändert bei 18,9 % geblieben war
und sich bei den Aufwendungen für die geförderte private Altersvorsorge ebenfalls keine
Änderungen ergeben hatten, wirkt sich dies bei der Anpassung der Rentenwerte 2015 nicht aus.
Außerdem gibt es in diesem Jahr keine Dämpfung durch den Ausgleich von in früheren Jahren
unterbliebenen „Negativanpassungen“ mehr, die sich 2014 noch in den alten Ländern dämpfend
ausgewirkt hatte.
Der Rentenwert Ost beträgt ab Juli 2015 rd. 92,6 % des geltenden Rentenwertes „West“ und
erreicht damit das Niveau, das im Rentenversicherungsbericht 2014 für 2018 avisiert worden ist.
Gleichwohl ist eine vollständige Angleichung allein aufgrund der gesetzlichen Anpassungsfaktoren
bis 2019 nicht in Sicht. Im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD vom 27.11.2013 ist
vorgesehen, zum Juli 2016 zu prüfen, ob politische Schritte für eine Teilangleichung der
Rentenwerte ab 2017 notwendig sind. In seiner 930. Sitzung am 06.02.2015 hatte der Bundesrat in
seiner Stellungnahme zum Rentenversicherungsbericht 2014 (BR-Drs. 563/14) gebeten, möglichst
zeitnah Vorbereitungsschritte für die o. g. Teilangleichung unter Einbeziehung der Länder zu
21
prüfen.
Analog zur Anpassung der Rentenwerte sind auch der Bemessungsbetrag und die Geldleistungen
nach dem Bundesversorgungsgesetz anzupassen (siehe 21. KOV-Anpassungsverordnung 2015,
TOP 33b) und die höheren Beträge in der Verordnung über das anzurechnende Einkommen nach
dem Bundesversorgungsgesetz zu berücksichtigen (siehe Siebenundvierzigste Anrechnungsverordnung, TOP 33c).
21
Zum BR-Beschluss: 563/14 (Beschluss)
18
Landesvertretung Sachsen-Anhalt: Erläuterungen zum 934. Bundesrat am 12.06.2015; Berlin, den 02.06.2015
Zum Verfahren im Bundesrat
Der federführende Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik, der Ausschuss für Agrarpolitik und
Verbraucherschutz sowie der Finanzausschuss empfehlen dem Bundesrat, der Verordnung
zuzustimmen.
Außerdem spricht sich der Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik dafür aus, eine Entschließung zu
fassen: Ebenso wie in der Stellungnahme zum Rentenversicherungsbericht 2014 [siehe BR-Drs.
563/14 (Beschluss)] wird davon ausgegangen, dass die angestrebte Angleichung der Löhne und
Gehälter im Beitrittsgebiet an jene in den alten Ländern bis 2019 nicht erreicht sein dürfte. Die
Differenz reduziere sich gegenüber dem Vorjahr um lediglich 0,42 %. Insofern gebe es auch bei
der Ost-West-Angleichung der Rentenwerte kaum Fortschritte und die Angleichung dürfte 2019 –
also 30 Jahre nach dem Fall der Mauer – nur mit politischem Eingreifen erreichbar sein. Daher
sollte umgehend mit den Vorbereitungen zur Vereinheitlichung der Rentenwerte begonnen und
zeitnah eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe zum Erarbeiten entsprechender Lösungsvorschläge
eingesetzt werden.
Der Bundesrat hat darüber zu entscheiden, ob er der Verordnung zustimmt. Darüber hinaus hat er
über das Fassen einer Entschließung zu befinden.
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an Frau Richter [Telefon-Nr. (0 30) 24 34 58 30].
19
Landesvertretung Sachsen-Anhalt: Erläuterungen zum 934. Bundesrat am 12.06.2015; Berlin, den 02.06.2015
TOP 40: Erste Verordnung zur Änderung der Gorleben-VeränderungssperrenVerordnung
- BR-Drs. 136/15 Inhalt der Vorlage
Die Gorleben-Veränderungssperren-Verordnung wurde 2005 von der Bundesregierung erlassen
und dient für die Dauer von zehn Jahren der Sicherung einer Standorterkundung für eine Anlage
zur Endlagerung radioaktiver Abfälle im Bereich des Salzstocks Gorleben.
Die zehn Jahre werden am 16.08.2015 ablaufen; die Bundesregierung beabsichtigt mit der o. g.
Verordnung u. a. eine Verlängerung der Veränderungssperre im gesamten Planungsgebiet des
Salzstocks Gorleben um weitere zehn Jahre.
In dem festgelegten Planungsgebiet werden erhebliche Veränderungen im Untergrund, die eine
Suche nach einem möglichen Endlager für atomare Abfälle erschweren würden, untersagt. Veränderungen gelten im Sinne der Verordnung als erheblich erschwerend, wenn sie unterhalb einer
Tiefe von 100 m vorgenommen werden. In drei kleinen, gesondert ausgewiesenen Teilgebieten
liegt diese Tiefe bereits bei 50 m.
Ergänzende Informationen
Mit dem Gesetz zur Suche und Auswahl eines Standortes für ein Endlager für Wärme entwickelnde
radioaktive Abfälle (Standortauswahlgesetz, StandAG) von 2013 wurde die Kommission Lagerung
hoch radioaktiver Abfallstoffe mit dem Auftrag eingesetzt, bis spätestens Ende 2015 bzw. mit
Verlängerung bis 01.07.2016 einen Bericht zu erarbeiten, der die Grundlage für eine wissenschaftsbasierte transparente Suche und Auswahl eines Endlagers für radioaktive Abfälle setzt.
Das StandAG regelt zugleich, dass der Salzstock Gorleben – wie jeder andere in Betracht kommende Standort – in das Auswahlverfahren einbezogen wird. Damit wird zugleich vorgegeben,
dass das Erkundungsbergwerk Gorleben längstens bis zur Standortentscheidung unter Gewährleistung aller rechtlichen Erfordernisse offen gehalten werden muss, jedoch auch, dass der
Salzstock im Rahmen des Standortauswahlverfahrens aus dem Suchverfahren ausgeschlossen
werden kann und eine Veränderungssperre nicht mehr nötig sein wird.
Zum Verfahren im Bundesrat
Der federführende Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit empfiehlt dem
Bundesrat, der Verordnung nicht zuzustimmen.
Der Wirtschaftsausschuss empfiehlt dem Bundesrat hingegen, der Verordnung zuzustimmen.
Zugleich empfehlen beide Ausschüsse eine Entschließung zu fassen, mit der die Bundesregierung
gebeten werden soll, innerhalb von zwei Jahren eine gesetzliche Regelung unter Beteiligung der
Kommission Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe zu erarbeiten, die eine frühzeitige Sicherung
von Standortregionen oder Planungsgebieten für potenzielle Endlagerstandorte ermöglicht.
Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit empfiehlt mit einer weiteren Entschließung die Auffassung des Bundesrates darzulegen, dass die Sicherung von Standorten für die
Lagerung von insbesondere hoch radioaktiven Abfällen ein überwiegendes öffentliches Interesse
im Sinne des Bundesberggesetzes und des StandAG darstelle. Die Länder würden daher in den
kommenden zwei Jahren diese Möglichkeit zur Standortsicherung bzw. zur Offenhaltung so lange
nutzen, bis eine Regelung zur Sicherung für alle potenziellen Endlagerstandorte getroffen sei. Vor
diesem Hintergrund sei eine Verlängerung der Veränderungssperre für den Salzstock Gorleben
nicht erforderlich.
20
Landesvertretung Sachsen-Anhalt: Erläuterungen zum 934. Bundesrat am 12.06.2015; Berlin, den 02.06.2015
Der Bundesrat hat darüber zu befinden, ob er der Verordnung zugestimmt. Darüber hinaus hat er
über das Fassen einer Entschließung zu befinden.
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an Herrn Dr. Damerius [Telefon-Nr. (0 30) 24 34 58
51].