Lösung Fall 8

Christoph Sennekamp
Vizepräsident des Verwaltungsgerichts
Verwaltungsgerichtliche Praxis
Veranstaltungsreihe des Verwaltungsgerichts Freiburg
8. Besprechungsfall
24.03.2015
„Von Striebele und Nonnenseufzern“
(Zulassung zum Weihnachtsmarkt, Organisationsrecht, Konkurrentenklage)
Lösungsskizze:
Vorbemerkung: Es handelt sich um einen „Prüfungsklassiker“, der dem rechtskräftigen Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 11.11.2014 - 4 K 2310/14 - juris, nachgebildet
ist.
Der Antrag des B hat Erfolg, wenn er zulässig und begründet ist.
Hinweis: Die Zulässigkeitsvorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung sind für die Klageverfahren konzipiert. Sie werden - soweit sich für die Antragsverfahren keine abweichende
Regelung findet - regelmäßig auch analog auf die Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes
angewandt. Terminologisch wird zwischen Klagen und Anträgen unterschieden. Rechtsbehelfe in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes sind immer „Antragsverfahren“ mit der
Folge, dass von „Antragstellern“ und „Antragsgegnern“, nicht von „Klägern“ und „Beklagten“
gesprochen wird.
A. Zulässigkeit des Antrags vor dem Verwaltungsgericht
I. Ordnungsgemäße Antragstellung (§§ 81, 82 VwGO analog)
Es ist davon auszugehen, dass der Antrag schriftlich gestellt wurde und dass B darin als Antragsteller und die Stadt Freiburg als Antragsgegnerin eindeutig bezeichnet sind. Die Antragsgegnerin hält den Antrag („Eilrechtsschutz wegen Zulassung zum Weihnachtsmarkt“)
indes mit der Begründung für unzulässig, er sei nicht hinreichend bestimmt. Insoweit ist § 82
Abs. 1 Satz 2 VwGO angesprochen, wonach die Klage - für den Antrag gilt das entsprechend - einen bestimmten Antrag enthalten soll. Das setzt voraus, dass der erhobene Anspruch konkret bezeichnet und dadurch der Rahmen der sich aus § 88 VwGO ergebenden
richterlichen Entscheidungsbefugnis abgesteckt wird (Geiger, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl.
[2014], § 82 Rn. 10). Dem genügt das Vorbringen des B. Aus ihm wird klar, dass er die Zulassung zum Freiburger Weihnachtsmarkt im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes erstreiten will. Damit ist dem Bestimmtheitsgrundsatz genügt (Bostedt, in: Fehling/Kastner/Störmer,
Hk-VerwR, 3. Aufl. [2013], § 123 VwGO Rn. 28; s. auch Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier,
VwGO, Loseblattslg., Band 2, § 123 Rn. 104). Die Formulierung des Antrags ist keine Frage
der Bestimmtheit, sondern eine solche der Aufklärungs- und Hinweispflichten des Vorsitzenden. Deren Umfang bestimmt sich nach § 86 Abs. 3 VwGO. Eine zur Unzulässigkeit des Antrags führende Unbestimmtheit des Begehrens ist hier jedenfalls nicht gegeben. Damit ist
-2den Voraussetzungen der entsprechend anzuwendenden §§ 81, 82 VwGO im vorliegenden
Fall Genüge getan.
II. Verwaltungsrechtsweg und zuständiges Verwaltungsgericht (§ 40 Abs. 1, §§ 45 ff.
VwGO analog)
Hinweis: Die Frage der Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs und die sich anschließende
Frage des sachlich und örtlich zuständigen Gerichts sind keine „echten“ Zulässigkeitsfragen.
Denn im Falle eines Mangels wäre der Antrag nach ganz überwiegender Auffassung nicht
als unzulässig abzuweisen, sondern gemäß § 173 VwGO in Verbindung mit §§ 17 bis 17b
GVG (Rechtswegverweisung) bzw. § 83 Satz 1 VwGO in Verbindung mit §§ 17 bis 17b GVG
(Zuständigkeitsverweisung) an das zuständige Gericht des jeweiligen Rechtswegs zu verweisen. Das gilt nach ganz herrschender Meinung auch für die Verfahren des vorläufigen
Rechtsschutzes (vgl. statt Vieler: Ehlers, in: Schoch/Scheider/Bier, VwGO, Loseblattslg.,
Band 1, Vorb § 41 Rn. 17 - auch zur Gegenauffassung).
1. Verwaltungsrechtsweg
In der Klausur im Ersten Staatsexamen wird die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs
regelmäßig anzusprechen sein. Weitschweifige Ausführungen sind dann nicht angezeigt,
wenn alle zur Abgrenzung der öffentlich-rechtlichen von der privatrechtlichen Streitigkeit vertretenen Theorien (vgl. dazu Schenke, Verwaltungsprozessrecht, 14. Aufl. [2014], Rn. 99 ff.)
zum selben Ergebnis führen, namentlich dann, wenn die Behörde durch belastenden Verwaltungsakt gehandelt hat.
Im vorliegenden Fall, für den eine aufdrängende Sonderzuweisung an die Verwaltungsgerichte nicht ersichtlich ist, bedarf es eines Eingehens auf die Frage des Vorliegens einer öffentlich-rechtlichen Streitigkeit im Sinne des entsprechend anzuwendenden § 40 Abs. 1
VwGO. Denn gehandelt hat hier die FWTM und damit eine juristische Person des Privatrechts. Indes richtet sich gegen diese nicht der Antrag des B. Vielmehr hat B sein Rechtsschutzgesuch gegen die Stadt Freiburg gerichtet. Insoweit bedarf die „Rechtsnatur“ dieser
Streitigkeit einer vertieften Prüfung, die anhand der so genannten Zwei-Stufen-Theorie zu
vollziehen ist. Mit Hilfe dieser Theorie werden die zwei Ebenen hinsichtlich des Zugangs zu
öffentlichen Einrichtungen erfasst und dem öffentlichen oder dem privaten Recht zugeordnet
(vgl. hierzu Hufen, Verwaltungsprozessrecht, 9. Aufl. [2013], § 11 Rn. 32 ff.). Die erste Stufe
befasst sich mit dem Zugang zur öffentlichen Einrichtung. Sie fragt nach dem „Ob“ des Zugangs, während auf der zweiten Stufe die Frage des „Ob“ bereits (positiv) geklärt ist und das
Nutzungs- oder Betriebsverhältnis - gleichsam das „Wie“ - dem öffentlichen oder privaten
Recht zugeordnet wird. Hierbei wird das Benutzungsverhältnis auf seine privat- oder öffentlich-rechtliche Ausgestaltung hin untersucht.
Hinweis: Das (angestrebte) Benutzungsverhältnis besteht immer zwischen dem Einwohner/Bewerber und dem Einrichtungsträger (Rennert, JuS 2008, 211, 212). Ist der Einrichtungsträger - wie hier- eine juristische Person des Privatrechts (GmbH, AG), so ist das Benutzungsverhältnis immer zivilrechtlicher Natur (z.B. Miete). Ist der Einrichtungsträger eine
juristische Person des öffentlichen Rechts (sei es die Gemeinde selbst, sei es eine rechtlich
selbstständige Kommunalanstalt), so kann das Benutzungsverhältnis öffentlich-rechtlich,
aber ebenso privatrechtlich ausgestaltet sein; den öffentlich-rechtlichen Trägern kommt insofern „Wahlfreiheit” zu. Auch wenn die Gemeinde eine öffentliche Einrichtung (z.B. ihre Stadt-
-3bibliothek) selbst betreibt, kann sie mit den Benutzern also privatrechtliche Verträge (z.B.
Dienst-, Miet-, Leihverträge) abschließen (vgl. Rennert, JuS 2008, 211, 212).
Im vorliegenden Fall interessiert nach dem Sachverhalt allein die erste Stufe („Ob“). Denn
es geht B nicht um die Modalitäten der Zulassung (Höhe des Entgelts, Betreiberpflichten,
etc.), sondern um die Zulassung überhaupt. Da die Gemeinde den Weihnachtsmarkt ausweislich ihrer eigenen Richtlinien als öffentliche Einrichtung betreibt und ein entsprechender
Widmungsakt vorliegt, kann für die Frage des aus § 10 Abs. 2 Satz 1 GemO, § 70 GewO
folgenden Zugangsrechts zu dieser öffentlichen Einrichtung keine privatrechtliche Dispositionsfreiheit herrschen. Vielmehr unterliegt die Gemeinde für diese erste Stufe spezifisch öffentlich-rechtlichen Bindungen, derer sie sich nicht durch die im Sachverhalt angesprochene
„Flucht ins Privatrecht“ entziehen kann. Im vorliegenden Fall war sich die Stadt Freiburg dessen auch bewusst, denn sie hat durch Gemeinderatsbeschluss die verfahrens- und materiellrechtlichen Regelungen gesetzt, die ihren spezifischen Bindungen Rechnung tragen. Die
erste Stufe der Zwei-Stufen-Theorie knüpft an diese spezifischen öffentlich-rechtlichen Bindungen an und entlässt die eine öffentliche Einrichtung betreibende Gemeinde - in den Fällen der materiellen Privatisierung kann es anders liegen (vgl. nachfolgenden Exkurs) - auch
dann nicht aus diesen Bindungen, wenn sie die Durchführung des Weihnachtsmarktes - wie
hier - einer juristischen Person des Privatrechts überträgt. Namentlich kann der Zulassungsanspruch immer gegen die Gemeinde gerichtet werden, unabhängig davon, ob sie selbst
Trägerin der Einrichtung ist oder nicht.
Hinweis: Gegen die Einrichtungsträgerin - hier die FWTM - kann B ebenfalls Klage erheben.
Dann kann er sich aber nicht auf den gesetzlichen Zulassungsanspruch aus § 10 Abs. 2
GemO, § 70 GewO berufen, sondern nur auf zivilrechtliche Anspruchsgrundlagen. Nach der
ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urt. v. 14.03.1969, DVBl.
1970, 735; Urt. v. 11.12.1980, BVerwGE 61, 222 , 224 ff.; Beschl. v. 06.03.1990, JZ 1990,
446; Beschl. v. 29.05.1990, DÖV 1990, 977) unterfällt die Tätigkeit juristischer Personen des
Privatrechts, auch wenn sie in den Dienst der Daseinsvorsorge des Staates für seine Bürger
gestellt sind, grundsätzlich dem Privatrecht und infolgedessen der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte, es sei denn, die betreffende juristische Person wäre durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes mit öffentlich-rechtlichen Handlungs- oder Entscheidungsbefugnissen
ausgestattet.
Die Gemeinde kann sich ihrer gesetzlichen Zulassungsverpflichtung - mit Ausnahme der
materiellen Privatisierung, nach der es ja schon an öffentlich-rechtlichen Bindungen fehlt (s.
u.) - also nicht durch die Übertragung der Einrichtung auf einen rechtlich selbstständigen
Träger entziehen. Eine andere - hiervon wiederum abzugrenzende - Frage ist, wie die Zulassung von der Gemeinde rechtlich bewirkt werden kann. Hierauf wird im Rahmen der statthaften Antragsart näher einzugehen sein.
Exkurs: Materielle Privatisierung von öffentlichen Einrichtungen
Eine materielle Privatisierung ist gegeben, wenn sich die Gemeinde vollständig aus der Aufgabenerfüllung zurückzieht. In diesen Fällen handelt es sich nicht mehr um eine Veranstaltung bzw. öffentliche Einrichtung der Gemeinde. Der Verwaltungsrechtsweg ist für einen gegen die Gemeinde gerichteten Rechtsstreit auf Zulassung dann nicht gegeben.
-4Die Frage der materiell-rechtlichen Zulässigkeit einer materiellen Privatisierung ist in
einer (kommunalrechtlichen) Klausur auf der Ebene der Begründetheit zu erörtern. Das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 27.05.2009, JuS 2010, 375; ebenso Gröpl, GewArch 1995,
367, 371) hat in einer Aufsehen erregenden Entscheidung über die Feststellungsklage eines
Standbetreibers die materielle Privatisierung des Offenbacher Weihnachtsmarkts mit Blick
auf Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG für rechtswidrig gehalten (dagegen etwa Schoch, DVBl. 2009,
1533) und ausgeführt:
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht es nicht im freien Ermessen einer Gemeinde, "freie Selbstverwaltungsangelegenheiten" zu übernehmen oder sich auch jeder Zeit wieder
dieser Aufgaben zu entledigen. Gehören Aufgaben zu den Angelegenheiten des örtlichen Wirkungskreises, so darf sich die Gemeinde im Interesse einer wirksamen Wahrnehmung dieses örtlichen Wirkungskreises, der ausschließlich der Gemeinde, letztlich zum Wohle der Gemeindeangehörigen, anvertraut ist, nicht ihrer gemeinwohlorientierten Handlungsspielräume begeben. Der Gemeinde steht es
damit nicht grundsätzlich zu, sich ohne Weiteres der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft zu
entledigen. Anderenfalls hätten es die Gemeinden selbst in der Hand, den Inhalt der kommunalen
Selbstverwaltung durch Abstoßen oder Nichtwahrnehmung ihrer ureigenen Aufgaben auszuhöhlen.
Um ein Unterlaufen des ihr anvertrauten Aufgabenbereichs zu verhindern, muss sich die Gemeinde
grundsätzlich zumindest Einwirkungs- und Steuerungsmöglichkeiten vorbehalten, wenn sie die Angelegenheiten des örtlichen Wirkungskreises anderen übertragen will. Sie kann sich damit nicht ihres
genuinen Verantwortungsbereichs für die Wahrnehmung ihrer Angelegenheiten des örtlichen Wirkungskreises entziehen. Will sie Dritte bei der Verwaltung bestimmter Bereiche ihres eigenen Aufgabenbereichs einschalten, die gerade das Zusammenleben und das Zusammenwohnen der Menschen
in der politischen Gemeinschaft betreffen, so muss sie ihren Einflussbereich über die Entscheidung
etwa über die Zulassung im Grundsatz behalten. Der Gemeinde ist es verwehrt, gewissermaßen den
Inhalt der Selbstverwaltungsaufgaben selbst zu beschneiden oder an Dritte abzugeben.
Geht es allein um eine wirtschaftliche Betätigung der Gemeinde, bei der von vornherein zweifelhaft sein kann, ob es sich um eine Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft handelt, die das Zusammenleben und Zusammenwohnen der Menschen in der politischen Gemeinschaft betrifft, so wird
die Frage einer Pflicht der gemeindlichen Wahrung und Sicherung ihres eigenen Aufgabenbestandes
anders zu beantworten sein, als wenn es sich um öffentliche Einrichtungen mit kulturellem, sozialen
und traditionsbildenden Hintergrund handelt, die schon lange Zeit in der bisherigen kommunalen Alleinverantwortung lagen. Je länger die kommunale Verantwortung für derart geprägte öffentliche Einrichtungen dauerte, umso mehr ist die Gemeinde zu einer wirksamen Wahrnehmung dieser Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft verpflichtet. Eine Gemeinde kann sich damit nicht der Aufgabenverantwortung für die so geprägten eigenen Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft entziehen. Vielmehr obliegt ihr auch die Sicherung ihres Aufgabenbereichs, um eine wirkungsvolle Selbstverwaltung und die effektive Wahrnehmung der ureigenen Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft sicherzustellen.
Aus dem Gebot der Sicherung und Wahrung des Aufgabenbestandes der Gemeinden ergibt
sich, dass eine vollständige Übertragung von Aufgaben besonderer sozialer, kultureller und traditioneller Prägung wie ein Weihnachtsmarkt, an Dritte nicht zulässig ist.
Gegen diese Entscheidung ist mit Recht eingewandt worden, aus dem aus Art. 28 Abs. 2
Satz 1 GG folgenden Recht der Gemeinden, die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln, folge keine verfassungsunmittelbare Wahrnehmungspflicht. In Bezug auf die freiwilligen Aufgaben müsse die
Gemeinde eigenverantwortlich entscheiden können, ob, wann und wie sie eine solche Aufgabe wahrnimmt. Von Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG sei aber auch das Recht umfasst, eine einmal freiwillig wahrgenommene Tätigkeit (wie die eines Weihnachtsmarktes) wieder zu been-
-5digen (Schoch, DVBl. 2009, 1533, 1535; Donhauser, NVwZ 2010, 931, 932; vgl. auch Waldhoff, JuS 2008, 925, 926).
Nach dem Vorstehenden handelt es sich demnach um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit
nichtverfassungsrechtlicher Art, für die keine (abdrängende) Sonderzuweisung zu anderen
Gerichten begründet ist; der Verwaltungsrechtsweg ist damit analog § 40 Abs. 1 VwGO eröffnet.
2. Zuständiges Gericht
Für das Antragsverfahren des B ist das Gericht der Hauptsache (§ 123 Abs. 2, § 80 Abs. 5
VwGO) zuständig. Zu prüfen ist daher, welches Gericht für das auf Zulassung zum Freiburger Weihnachtsmarkt gerichtete Klageverfahren zuständig wäre. Das ist das Verwaltungsgericht Freiburg, das sachlich nach § 45 VwGO und örtlich gemäß § 52 Nr. 1 VwGO zuständig
wäre (vgl. zur Vorgehensweise: Sennekamp, Sonderbeilage VBlBW Heft 10/2012, S. 40, 41).
III. Beteiligungs- und Prozessfähigkeit (§§ 61, 62 VwGO)
B ist als natürliche Person nach § 61 Nr. 1 VwGO beteiligungsfähig und als nach bürgerlichem Recht Geschäftsfähiger auch prozessfähig (§ 62 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Die Stadt Freiburg ist als juristische Person des öffentlichen Rechts beteiligungsfähig (§ 61 Nr. 1 VwGO)
und wird durch ihren Bürgermeister vertreten, der sich aber in der Praxis wiederum durch
Gemeindebedienstete vertreten lässt.
IV. Statthafte Antragsart
a) Abgrenzung der Antragsarten
Der Sachverhalt spricht davon, dass ein „Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes“
zur Entscheidung steht. Nach § 123 Abs. 5 VwGO ist zunächst zu prüfen, ob sich das
Rechtsschutzbegehren nach § 80 Abs. 5 VwGO richtet. Dies ist der Fall, wenn in der Hauptsache die Situation eines Anfechtungsrechtsbehelfs gegeben ist, wenn sich der Betroffene
also gegen die sofortige Vollziehung eines belastenden VA wendet (vgl. Bostedt, in: Fehling/Kastner/Störmer, Hk-VerwR, 3. Aufl. [2013], § 80 VwGO Rn. 129). Das ist hier nicht der
Fall. Denn die Aufhebung des ihm am 14.06.2014 zugegangenen ablehnenden Schreibens
der FWTM bringt ihn seinem Klageziel nicht näher. Erreichen will er die Zulassung zum Freiburger Weihnachtsmarkt, er will also seinen Rechtskreis erweitern. Hierfür kommt die Anfechtungsklage nicht in Betracht, so dass statthafte Antragsart die einstweilige Anordnung
gemäß § 123 VwGO ist.
b) Antragsziel
Für die statthafte Antragsart kommt es an sich nicht darauf an, ob in der Hauptsache eine
Verpflichtungsklage oder allgemeine Leistungsklage statthaft wäre. In beiden Fällen wäre
vorläufiger Rechtsschutz nach § 123 VwGO zu bewerkstelligen. Gleichwohl verdient diese
Frage, auch mit Blick auf die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen, eine vertieftere Untersuchung: Die Verpflichtungsklage wäre in der Hauptsache statthaft, wenn die begehrte Leistung im Erlass eines Verwaltungsakts der Stadt Freiburg bestünde (§ 42 Abs. 1 Alt. 2
VwGO). Im vorliegenden Fall erscheint dies fraglich. Denn die Stadt Freiburg hat die Durchführung des Weihnachtsmarkts auf die FWTM übertragen, die die Aufgaben des Veranstalters in eigenem Namen übernimmt (Nr. 1 der Richtlinien des Gemeinderats). Deshalb ist zu
-6prüfen, ob Stadt oder FWTM über die Zulassung entscheiden. Hierbei ist Folgendes zu berücksichtigen:
o
Gemeinde als Einrichtungsträgerin
Unproblematisch sind die Fälle, in denen die Gemeinde selbst Einrichtungsträgerin
ist, die Einrichtung also durch ihr Bürgermeisteramt betreiben. Häufig wird es sich
dann um einen so genannten Regiebetrieb handeln - ein unselbstständiges, in die
Gemeindeverwaltung eingegliedertes Unternehmen (vgl. hierzu Engel/Heilshorn,
Kommunalrecht Baden-Württemberg, 10. Aufl. [2015], § 19 Rn. 70 f.). Ein typisches
Beispiel hierfür ist der gemeindliche Bauhof. Die Gemeinde ist auch in den Fällen
Einrichtungsträgerin, in denen sie die öffentliche Einrichtung als Eigenbetrieb betreibt (s. hierzu näher Engel/Heilshorn, a.a.O., § 19 Rn. 72 ff.). Denn auch Eigenbetriebe sind unselbständige Anstalten des öffentlichen Rechts ohne eigene Rechtspersönlichkeit, die zugleich öffentliche Einrichtung im Sinne von § 10 Abs. 2 Satz 1 GemO sein können (vgl. VGH BW, Urt. v. 18.10.1990, VBlBW 1991, 263). In all diesen
Fällen verbleibt die Zulassungsentscheidung bei der Gemeinde; sie wird regelhaft aber nicht zwingend (s.o.) - durch Verwaltungsakt erfolgen und kann deshalb mit der
Verpflichtungsklage erstritten werden.
o
Einbeziehung Privater
Werden Private in den Betrieb der öffentlichen Einrichtung einbezogen oder mit ihm
betraut, ist zwischen zwei Varianten zu differenzieren (vgl. BVerwG, Urt. v.
27.05.2009, JuS 2010, 375):
 Bei einer sog. "funktionellen Privatisierung" (Verfahrensprivatisierung)
kommt es zu einem Zusammenwirken von Privatrechtsträgern und der Gemeinde, etwa in Form von Betreiber- und Betriebsführungsmodellen. Die Gemeinde kann etwa einen privaten Unternehmer als Erfüllungsgehilfen im so
genannten Submissionsmodell mit der Durchführung der Veranstaltung in ihrem Namen betrauen. Damit bleibt die Gemeinde aber in rechtlicher Hinsicht
der Veranstalter des Marktes. Ebenso kann das sog. Konzessionsmodell zugrunde gelegt werden, wonach eine öffentliche Einrichtung verpachtet werden
und die Wahrnehmung an private Unternehmer weitergegeben werden kann.
Hierbei ist allerdings zu beachten, dass die Rechtspflichten der Gemeinden
gegenüber Beschickern, Besuchern und Dritten fortbestehen müssen. Die
Gemeinde muss sich in diesem Fall jedenfalls Kontroll- und Einwirkungsrechte
vorbehalten.
 Die Gemeinde hat ferner die Möglichkeit, durch eine sog. "formelle Privatisierung" (Organisationsprivatisierung) bei der Veranstaltung etwa von Märkten, Messen, aber auch von Weihnachtsmärkten, die unmittelbare Veranstaltungszuständigkeit der Gemeinde einer kommunalen Eigengesellschaft zu
übertragen und diese mit der Durchführung des Marktes beauftragen (vgl. etwa Windoffer, GewArch 2013, 265, 268). Die Verantwortlichkeit der Gemeinde
für die Angelegenheit des örtlichen Wirkungskreises bleibt damit vollständig
erhalten.
-7Während sich die statthafte Klageart in den Fällen der funktionellen Privatisierung je
nach Ausgestaltung des Modells im Einzelfall bestimmt, hat die Gemeinde bei der
formellen Privatisierung die Zulassungsentscheidung auf die juristische Person des
Privatrechts übertragen. Diese ist - wie im vorliegenden Fall (vgl. Nr. 1 der Richtlinien)
- Veranstalterin. Die Gemeinde ist deshalb von Rechts wegen gehindert, die Zulassung selbst auszusprechen. Eine gegen sie gerichtete Verpflichtungsklage auf Zulassung zur öffentlichen Einrichtung scheidet damit aus. Indes verbleiben bei der
Gemeinde - sie ist regelmäßig Allein- oder Mehrheitsgesellschafterin - auch in den
Fällen der formellen Privatisierung gesellschaftsrechtliche Einwirkungsmöglichkeiten.
Mithilfe dieser Einwirkungsmöglichkeiten lässt sich der Verschaffungsanspruch gegen
die Gemeinde prozessual bewältigen. Jedoch wird die Einwirkung auf die FWTM mit
den Mitteln des Gesellschaftsrechts nicht mittels Verwaltungsakt bewirkt. Es handelt
sich um ein rein tatsächliches Verwaltungshandeln. Der Verschaffungsanspruch ist
daher im Wege der allgemeinen Leistungsklage zu verfolgen (VGH BW, Urt. v.
19.05.2003, BWGZ 2003, 804; Burgi, Kommunalrecht, 3. Aufl. [2010], § 16 Rn. 39).
Der in einem Klageverfahren zu stellende Antrag könnte etwa wie folgt formuliert
sein: Die Beklagte wird verurteilt, die Freiburg Wirtschaft und Touristik BeteiligungsGmbH anzuweisen, dem Kläger einen Standplatz für das Angebot Striebele/Glühwein
auf dem Freiburger Weihnachtsmarkt in der Zeit vom 24.11.2014 bis zum 23.12.2014
zur Verfügung zu stellen und mit ihm einen Vertrag hierüber abzuschließen.
c) „Anfechtung“ der Zulassung des A?
Fraglich erscheint, ob B auch gehalten ist, die gegenüber A ausgesprochene Zulassung anzugreifen. Für die hier in Rede stehenden Fälle der so genannten verdrängenden Konkurrentenklage wird das teilweise befürwortet. Denn es kann nur eine begrenzte Zahl von Zulassungen ausgesprochen werden, so dass der Bewerber jedenfalls der Sache nach das
Anliegen haben muss, dem Konkurrenten die diesem zugesprochene Vergünstigung zu entziehen und selbst in den Genuss derselben zu gelangen. Die Rechtsprechung hat in Fällen
dieser Art bislang nicht zu einer einheitlichen Linie gefunden. Das Bundesverwaltungsgericht
hat in einem Konkurrentenstreit um eine Güterfernverkehrsgenehmigung eine auf erneute
Verbescheidung gerichtete Verpflichtungsklage ohne Anfechtung der den Konkurrenten gewährten Genehmigung als ausreichend und zulässig erachtet (BVerwG, Urt. v. 07.10.1988,
BVerwGE 80, 270, 272). Entsprechend verfährt es bei der Klage im Zusammenhang mit der
Aufnahme in den Krankenhausplan (BVerwG, Urt. v. 25.09.2008, BVerwGE 132, 64: „Die
Klage in eigener Sache bietet grundsätzlich vollständigen Rechtsschutz“). Die Spruchpraxis
der Oberverwaltungsgerichte sowie die Literatur sind uneinheitlich: Teilweise wird die Verpflichtungsklage mit dem Ziel der erneuten Verbescheidung (Schenke, DVBl. 1996, 388),
teilweise die Anfechtungsklage für ausreichend gehalten (vgl. in diese Richtung in einem
vorläufigen Rechtsschutzverfahren um die Zulassung als privater Hörfunkveranstalter: VGH
BW, Beschl. v. 14.12.1988, VBlBW 1989, 211, 213). Die wohl herrschende Meinung fordert
eine Kombination beider Klagearten (vgl. etwa für das vorläufige Rechtsschutzverfahren:
Bostedt, in: Fehling/Kastner/Störmer, Hk-VerwR, 3. Aufl. [2013], § 123 VwGO Rn. 18; s.
auch Quaas, DÖV 1982, 434, 438; Horn, GewArch 1985, 73, 81; Huber, Konkurrenzschutz
im Verwaltungsrecht [1991], S. 472). Die zuletzt genannte Vorgehensweise dürfte vor allem
dann sinnvoll sein, wenn ein überschaubarer (kleiner) Kreis an Konkurrenten besteht, deren
Eignung für die Begünstigung nachvollzogen werden kann, und dem Kläger die Auswahlentscheidung mit Begründung bekannt gegeben worden ist. In diesem Fall ist es zulässig, ne-
-8ben der Geltendmachung des Verschaffungsanspruchs auch die Zulassung des Konkurrenten anzugreifen.
Im vorliegenden Fall kommt eine Anfechtung der Zulassung des A mittels Widerspruch und
Anfechtungsklage nicht in Betracht. Denn die FWTM hat ihrerseits gegenüber den übrigen
Bewerbern, namentlich A, keine Verwaltungsakte erlassen, sondern wird mit ihnen nur Verträge abschließen (vgl. Nr. 5.6.3 der Richtlinie). Deshalb kommt mit Blick auf die Verdrängung der Konkurrenten auch keine Anfechtungsklage in Betracht. Insoweit müsste - hielte
man den Angriff auf die Zulassung des A prozessual überhaupt für erforderlich - die allgemeine Leistungsklage gegen die Gemeinde insofern erweitert werden, als sich der Einwirkungsanspruch auch darauf erstreckt, der FWTM den Abschluss einschlägiger Miet- oder
Pachtverträge zu untersagen oder - je nach vertragsrechtlicher Konstellation - von bereits
abgeschlossenen Verträgen wieder zurückzutreten, sie zu kündigen oder einvernehmlich
aufzulösen (Windoffer, GewArch 2013, 265, 268).
V. Antragsbefugnis
Nach § 42 Abs. 2 VwGO, der auf die allgemeine Leistungsklage entsprechend anzuwenden
ist (vgl. Sennekamp, in: Fehling/Kastner/Störmer, Hk-VerwR, 3. Aufl. [2013], § 42 VwGO Rn.
44 m.w.N.), ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein. Diese
Vorschrift ist im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 123 VwGO entsprechend
heranzuziehen (allg. Meinung, vgl. etwa Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Loseblattslg., Band 2, § 123 Rn. 107; Bostedt, in: Fehling/Kastner/Störmer, Hk-VerwR, 3. Aufl.
[2013], § 123 VwGO Rn. 30). Sie bereitet im vorliegenden Fall keine Probleme, da B möglicherweise ein Anspruch auf Zulassung zum Freiburger Weihnachtsmarkt nach Maßgabe
von § 10 Abs. 2 GemO und § 70 GewO in Verbindung mit den Richtlinien der Stadt Freiburg
zusteht.
Hinweis: Die genaue Zuordnung der Anspruchsgrundlagen und die Klärung des Vorrang/Nachrangverhältnisses muss in der Zulässigkeit nicht geleistet werden. Diese Prüfung erfolgt erst im Rahmen der Begründetheit des Eilantrags.
VI. Allgemeines Rechtsschutzinteresse
Das allgemeine Rechtsschutzinteresse für den Eilantrag ist gegeben. Allenfalls kurz könnte
problematisiert werden, ob das allgemeine Rechtsschutzinteresse mit der Begründung in
Abrede gestellt werden kann, dass B seine Zulassung zum Freiburger Weihnachtsmarkt bislang nur bei der FWTM beantragt hat, einen vorherigen Antrag bei der Behörde hinsichtlich
des Einwirkungsanspruchs aber vor Befassung des Verwaltungsgerichts nicht gestellt hat
(vgl. zum Erfordernis vorheriger Antragstellung VGH BW, Beschl. v. 22.07.2004, VBlBW
2004, 482; Bostedt, in: Fehling/Kastner/Störmer, Hk-VerwR, 3. Aufl. [2013], § 123 VwGO Rn.
31 m.w.N.; Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Loseblattslg., Band 2, § 123 Rn.
121). Das führt aber nicht zur Unzulässigkeit des Eilantrags. Denn die Behörde muss sich
insoweit das Handeln der FWTM zurechnen lassen.
VII. Entgegenstehende Bestandskraft der Ablehnung?
Ein Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wäre unzulässig, wenn die Ablehnung, gegen die vorläufiger Rechtsschutz in Anspruch in Anspruch genommen werden soll,
-9bereits in Bestandskraft erwachsen wäre. Teilweise wird dieser Prüfungspunkt auch als Frage der Antragsbefugnis begriffen (Bostedt, in: Fehling/Kastner/Störmer, Hk-VerwR, 3. Aufl.
[2013], § 123 VwGO Rn. 30). Der Sachverhalt enthält insoweit eine (doppelte) „Falle“. Danach wurde B am 14.06.2014 - einem Samstag - das Ablehnungsschreiben bekannt; er hat
hiergegen jedoch erst am 15.07.2014 Widerspruch eingelegt. Wie gezeigt, kann das Schreiben der FWTM kein Verwaltungsakt sein, gegen den Widerspruch einzulegen wäre und der
in Bestandskraft erwachsen könnte. Bearbeiter, die dies nicht erkennen, werden überlegen,
ob der Umstand der Bekanntgabe an einem Samstag Einfluss auf den Fristablauf für die Einlegung des Widerspruchs (§ 70 Abs. 1 VwGO) haben kann. Sie werden über § 57 Abs. 2
VwGO (sog. verwaltungsprozessuale Lösung) oder § 31 Abs. 1 VwVfG (verwaltungsverfahrensrechtliche Lösung; vgl. hierzu näher Mattes, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG
[2014], § 31 Rn. 13) auf § 222 Abs. 2 ZPO bzw. § 193 BGB stoßen und erwägen, ob die Frist
- wegen der Bekanntgabe an einem Samstag - erst am 16.06.2014 zu laufen begonnen hat
mit der Folge, dass der am 15.07.2014 eingelegte Widerspruch die Frist des § 70 Abs. 1
VwGO gewahrt hat. Das ist aber nicht der Fall, denn sowohl § 193 BGB als auch § 222 ZPO
verlängern die Frist nur, wenn ihr Ende auf einen Sonntag, einen staatlich anerkannten allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend fällt. Das war hier nicht der Fall. Wer demnach in
die „doppelte Falle“ tappt, kann das Ergebnis der Unzulässigkeit des Eilantrags nur vermeiden, wenn er davon ausgeht, dass eine Rechtsmittelbelehrung unrichtig erteilt oder ganz
unterblieben ist mit der Folge, dass die Jahresfrist der §§ 70 Abs. 2, 58 Abs. 2 VwGO maßgeblich ist.
VIII. Zwischenergebnis
Der gegen die Stadt Freiburg gerichtete Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes
des B ist demnach zulässig.
B. Begründetheit
Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung
zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche
Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Der Erlass einer solchen Anordnung setzt voraus, dass die Antragsgegnerin
passivlegitimiert ist, der zugrunde liegende materielle Anspruch (Anordnungsanspruch) und
die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) glaubhaft gemacht sind (§
123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO).
I. Passivlegitimation
Für den auf Einwirkung auf die stadteigene FWTM gerichteten Verschaffungsanspruch ist die
Stadt Freiburg passivlegitimiert. Über diesen Anspruch kann (nur) sie verfügen.
Hinweis: Zwischen der Passivlegitimation und der passiven Prozessführungsbefugnis besteht ein Unterschied. Während die passive Prozessführungsbefugnis die Befugnis meint, für
denjenigen, dessen Verpflichtung durch den Kläger behauptet wird, als Beklagter in eigenem
Namen den Prozess zu führen, meint die Passivlegitimation die dem materiellen Recht zuzuordnende Frage der Sachlegitimation. Passivlegitimiert ist also derjenige, der durch das
Recht tatsächlich verpflichtet wird (vgl. näher Schenke, Verwaltungsprozessrecht, a.a.O., Rn.
539 ff.). Die Frage, ob die mit „Beklagter“ überschriebene Vorschrift des § 78 VwGO die in
- 10 der Zulässigkeit zu prüfende Frage des „richtigen Beklagten“, also des passiv Prozessführungsbefugten, regelt oder die der Begründetheitsprüfung überantwortete Passivlegitimation,
ist streitig. Entgegen der nicht näher begründeten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urt. v. 03.03.1989, NVwZ-RR 1990, 44) dürfte § 78 VwGO eher als klageartspezifische Regelung der passiven Prozessführungsbefugnis zu verstehen sein. Hierfür
sprechen Wortlaut („die Klage ist zu richten“) und systematische Stellung des § 78 VwGO im
die Zulässigkeitsvoraussetzungen von Anfechtungs- und Verpflichtungsklage regelnden
8. Abschnitt der VwGO (vgl. näher Schenke, a.a.O., Rn. 546; Jestaedt, NWVBl. 1989, 45, 47;
speziell zum Verfahren nach § 123 VwGO: Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Loseblattslg., Band 2, § 123 Rn. 108).
II. Anordnungsgrund
Der Anordnungsgrund umschreibt die Dringlichkeit der begehrten Anordnung. Er liegt nicht
vor, wenn die Rechtsposition in zeitlicher Hinsicht auch im Hauptsacheverfahren ohne
Rechtsverlust geklärt werden kann und dem Antragsteller dies zumutbar ist. Der erforderliche Anordnungsgrund liegt hier angesichts des am 24.11.2014 beginnenden Weihnachtsmarktes vor. Denn mit einer abschließenden gerichtlichen Entscheidung über das in der Sache geltend gemachte Begehren im Hauptsacheverfahren ist bis zu diesem Zeitpunkt nicht
zu rechnen. Im Hinblick auf die wirtschaftlichen Nachteile, die B im Falle einer rechtswidrigen
Verweigerung der Zulassung entstünden, ist im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG vom Vorliegen
eines Anordnungsgrundes ohne Weiteres auszugehen.
III. Anordnungsanspruch
Der Anordnungsanspruch ist der zu sichernde bzw. zu regelnde materielle Anspruch, den
der Antragsteller in der Hauptsache verfolgt, hier also der Einwirkungsanspruch auf die
FWTM (Bostedt, in: Fehling/Kastner/Störmer, Hk-VerwR, 3. Aufl. [2013], § 123 VwGO Rn.
67). Es ist daher zu untersuchen, ob der von B behauptete Einwirkungsanspruch bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage besteht.
1. In Betracht kommende Anspruchsgrundlagen
Im vorliegenden Fall kommen zwei Anspruchsgrundlagen in Betracht. Nach § 10 Abs. 2 GemO schafft die Gemeinde in den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit die für das wirtschaftliche,
soziale und kulturelle Wohl ihrer Einwohner erforderlichen öffentlichen Einrichtungen. Die
Einwohner sind im Rahmen des geltenden Rechts berechtigt, die öffentlichen Einrichtungen
der Gemeinde nach gleichen Grundsätzen zu benutzen. Wie der Normtext eindeutig besagt,
handelt es sich um einen Anspruch des Einwohners der nämlichen Gemeinde. Gebietsfremde können sich auf § 10 Abs. 2 Satz 2 GemO nicht berufen, können aber - soweit die
Gemeinde die öffentliche Einrichtung auch für Gebietsfremde geöffnet hat - einen Anspruch
auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Zulassung haben; insoweit kommt namentlich dem Gleichheitssatz eine ermessenslenkende Funktion zu (vgl. hierzu auch Engel/Heilshorn, a.a.O., § 21 Rn. 28; Kniesel, GewArch 2013, 270, 273). Geht man im vorliegenden Fall davon aus, dass B seinen Wohnsitz in Freiburg hat, könnte er sich auf § 10 Abs.
2 Satz 2 GemO berufen. Soweit, wie in den Fällen der Märkte häufig, die Kapazität der
Standplätze erschöpft ist, wandelt sich der Zulassungsanspruch in einen solchen auf ermessensfehlerfreie Auswahl, wobei die Auswahlentscheidung nach sachgerechten Kriterien zu
treffen ist (s. hierzu Engel/Heilshorn, a.a.O., § 21 Rn. 44 ff.).
- 11 Als zweite Anspruchsgrundlage kommt § 70 GewO in Betracht. Denn der Freiburger Weihnachtsmarkt ist nach den Richtlinien des Gemeinderats eine nach § 69 GewO festgesetzte
Veranstaltung. Nach § 70 Abs. 1 GewO ist jedermann - also nicht nur der Einwohner - nach
Maßgabe der für alle geltenden Bestimmungen zur Teilnahme an der Veranstaltung berechtigt. Es besteht mithin grundsätzlich ein subjektiv-öffentliches Recht auf Teilnahme. Dieser Anspruch wird jedoch beschränkt durch § 70 Abs. 3 GewO. Danach kann der Veranstalter aus sachlich gerechtfertigten Gründen einzelne Aussteller oder Anbieter von der Teilnahme ausschließen. Hierbei handelt es sich um eine verfassungsrechtlich zulässige Beschränkung der Freiheit der Berufsausübung (VGH BW, Urteil v. 01.10.2009, BWGZ 2011,
613; Urteil v. 27.02.2006, ESVGH 56, 169). Als Beispiel für sachlich gerechtfertigte Gründe
nennt die Vorschrift den häufigen Fall, dass der zur Verfügung stehende Platz nicht ausreicht
(„Platzmangel“). Liegt Platzmangel vor, muss der Veranstalter eine Auswahl unter den konkret vorhandenen Bewerbern treffen, wobei ihm, wie sich aus dem Wortlaut des § 70 Abs. 3
GewO ergibt, ein Ermessensspielraum zusteht, der insbesondere die Festlegung der Auswahlkriterien bei einem Bewerberüberhang sowie die Gewichtung zwischen mehreren Kriterien einschließt. Der Zulassungsanspruch des § 70 Abs. 1 GewO wandelt sich in diesem Fall
um in einen Anspruch auf bloße Teilhabe im Verfahren um die Vergabe der vorhandenen
Plätze. Dies bedeutet, dass sich die gerichtliche Nachprüfung der jeweiligen Auswahlentscheidung darauf beschränken muss, ob ein Fall des das Ermessen eröffnenden § 70 Abs. 3
GewO - insbesondere Platzmangel - vorliegt, und falls ja, ob der Veranstalter in seiner ablehnenden Entscheidung von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist und ob der
Ausschluss aus „sachlichen Gründen“ erfolgt ist, zu denen gerade auch die Orientierung am
jeweiligen Gestaltungswillen zählt. Ist dies der Fall, ist es nicht Aufgabe der Gerichte, ihr Ermessen an die Stelle der Entscheidung des Veranstalters zu setzen und eigenständig zu
entscheiden, welcher von mehreren vertretbaren Lösungen denn nun der Vorzug zu geben
sei (vgl. VGH BW, Urteil v. 01.10.2009, a.a.O.; Urteil v. 27.02.2006, a.a.O.; Heitsch, GewArch 2004, 225).
Die letztgenannte Vorschrift (§ 70 Abs. 1 und 3 GewO) kommt hier allein und ausschließlich
als Anspruchsgrundlage in Betracht. Denn es ist in der Rechtsprechung hinreichend geklärt,
dass § 70 GewO als bundesrechtliche Regelung den landesrechtlichen Bestimmungen
über eine Zulassung zu gemeindlichen Einrichtungen vorgeht (vgl. etwa VGH BW, Beschl. v.
19.07.2001, GewArch 2001, 420; Hösch, GewArch 1996, 402, 406; Kniesel, GewArch 2013,
270, 276; Engel/Heilshorn, a.a.O., § 21 Rn. 26).
2. Voraussetzungen des § 70 GewO
Der sich aus § 70 Abs. 1 GewO ergebende Zulassungsanspruch setzte nach dem eben Gesagten voraus, dass nach der im Rahmen vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen summarischen Prüfung entweder hinreichend Platz für einen Stand des B - und somit kein
Platzmangel - vorläge oder aber dass sich das im Rahmen des § 70 Abs. 3 GewO bestehende Auswahlermessen der Stadt Freiburg zugunsten des B auf Null verdichtet hätte.
a) Platzmangel
Zu prüfen ist, ob der von der Stadt Freiburg behauptete Platzmangel tatsächlich vorgelegen
oder ob die Stadt Freiburg das Angebotssegment Imbiss/Glühwein in rechtswidriger Weise
beschränkt hat.
- 12 aa) In tatsächlicher Hinsicht sind alle zur Verfügung stehenden Standplätze vergeben worden; insoweit dürfte demnach Platzmangel herrschen.
bb) Fraglich ist aber, ob der Platzmangel konzeptionsbedingt ist und die Stadt Freiburg für
dieses Angebotssegment hätte Platz schaffen müssen. Die FWTM hat wie in den zurückliegenden Jahren auch für das Jahr 2014 drei Stände für das gemischte Sortiment „Imbiss/Glühwein“ vorgesehen. In diesem Segment, in dem sich auch B beworben hat, lagen 11
Bewerbungen und damit mehr Bewerber als Plätze vor; dies gilt auch für die von der FWTM
gebildete Unterkategorie „Glühwein/Punsch/Striebele/Nonnenseufzer“, in der letztlich zwei
(vollständige und berücksichtigungsfähige) Bewerbungen für einen Platz vorlagen, so dass
es einer Auswahlentscheidung zwischen A und B bedurfte. Fraglich ist allerdings, ob die Bildung von „Angebotssegmenten“ (hier Striebele, Pommes und Spätzle) und deren Kombination mit (verhältnismäßig geringen) Standplatzzahlen durch die FWTM rechtmäßig erfolgte.
Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, dass dem Veranstalter eines Marktes für die Konzeption des Marktes ein weiter und gerichtlich nur beschränkt nachprüfbarer Gestaltungsspielraum eingeräumt ist; dies gilt insbesondere für die räumliche Ausdehnung und Aufteilung des Marktes, die Belegungsdichte und das gewünschte Gesamtbild des Marktes (vgl.
VGH BW, Urt. v. 01.10.2009, a.a.O., m.w.N.; BayVGH, Beschl. v. 20.07.2011, BayVBl. 2012,
118). Von der Ausgestaltungsbefugnis umfasst ist unter anderem die Befugnis, die Art der
zuzulassenden Betriebe (Branchen, Sparten) zu bestimmen und gleichzeitig zur Vermeidung
eines einförmigen Erscheinungsbildes und im Interesse der Ausgewogenheit und Vielseitigkeit des Gesamtangebotes und der verschiedenen Sparten Geschäfte der Zahl nach zu begrenzen (vgl. VG Freiburg, Beschl. v. 11.11.2014 - 4 K 2310/14 - juris Rn. 16; VG Karlsruhe,
Urt. v. 07.04.2005, GewArch 2005, 341; Gieseler, GewArch 2013, 151; Braun, NVwZ 2009,
747). Vor diesem Hintergrund sind die Entscheidungen der FWTM zu sehen, die auf die Warengruppe 3.2.1 entfallende Stände zahlenmäßig gegenüber den anderen Warengruppen
eng zu beschränken und innerhalb der Warengruppe 3.2.1 Unterkategorien / Angebotssegmente zu bilden und hier ebenfalls Höchstzahlen vorzusehen. Das VG Freiburg, Beschl. v.
11.11.2014, a.a.O., Rn. 17 ff. führt insoweit aus:
Die Entscheidung der ..., für die Warengruppe 3.2.1 („Speisen an Imbissständen, alkoholfreie
und weihnachtsmarkttypische Getränke zum Verzehr an Ort und Stelle, Fleisch- und Wurstwaren“) insgesamt (nur) 25 Stände von insgesamt 120 Ständen vorzusehen, ist vor dem Hintergrund der von der Antragsgegnerin ausführlich geschilderten Konzeption des Freiburger Weihnachtsmarktes zu sehen, dessen ganztägige Attraktivität zuvörderst auf den Kunsthandwerkerständen beruhe, und begegnet insoweit keinerlei rechtlichen Bedenken; auch der Antragsteller
hat nicht substantiiert begründet, inwieweit sich die von der FWTM entwickelte Konzeption außerhalb des ihr zustehenden weiten Gestaltungsspielraums bewegen sollte.
Das Vorgehen der FWTM, innerhalb der Warengruppe Nr. 3.2.1 Weihnachtsmarkt-RL drei
Gruppen (reiner Glühweinausschank, reine Imbissstände sowie „gemischtes Angebot Imbiss/Glühwein“) zu bilden, letzterer Gruppe 3 Standplätze zuzuweisen und in dieser Gruppe
wiederum drei Unterkategorien - genannt „Angebotssegmente“ -, darunter die Unterkategorie
„Glühwein / Punsch / Striebele / Nonnenseufzer“, mit jeweils einem Standplatz zu bilden, wird
von der Antragsgegnerin mit dem Ziel begründet, eine ausgewogene und für das Publikum interessante und ansprechende Mischung der unterschiedlichen Angebote zu erreichen. Dafür,
dass dieses Vorgehen, insbesondere die Bildung eines Angebotssegments „Glühwein / Punsch
/ Striebele / Nonnenseufzer“, von dem weiten Gestaltungsspielraum der FWTM nicht umfasst
- 13 sein, etwa auf sachfremden Motiven beruhen könnte, gibt es keinerlei Anhaltspunkte; solche
werden auch vom Antragsteller nicht vorgetragen.
cc) Im Hinblick auf den von der Stadt Freiburg behaupteten Platzmangel könnte allerdings
anderes gelten, wenn die Vorgehensweise der FWTM gegen die Weihnachtsmarktrichtlinie verstößt. Jedoch kann sich der einzelne Bewerber im Rahmen des Auswahlverfahrens
nicht unmittelbar auf die Richtlinie, sondern nur im Rahmen des Gleichbehandlungsgrundsatzes auf eine durch die Richtlinie begründete Selbstbindung der Verwaltung berufen. Soweit man die Richtlinie insoweit mittelbar heranzuziehen hat, ist ein Widerspruch gegen sie
durch die Bildung von Angebotssegmenten nicht ersichtlich. Der insoweit maßgebliche Wortlaut von Nr. 3.3 Weihnachtsmarktrichtlinie lautet wie folgt: „Die Höchstzahl der Stände für
jede unter Nr. 3.2 genannte Warengruppe sowie die Warenarten innerhalb der Gruppen werden von der FWTM GmbH & Co KG festgelegt, um die Ausgewogenheit und Vielfalt unter
bestmöglicher Nutzung der beschränkten Platzverhältnisse zu wahren.“ Auch wenn der Begriff des „Angebotssegments“ im Text der Richtlinie nicht auftaucht, ist in Nr. 3.3 Weihnachtsmarktrichtlinie eindeutig vorausgesetzt, dass es innerhalb der Gruppen - so auch der
Gruppe Nr. 3.2.1 - jeweils einzelne „Warenarten“ mit einer ihnen zugeordneten Zahl an
Standplätzen gibt.
dd) Fraglich erscheint aber, ob das durchgeführte - für die Bewerber so nicht vorhersehbare Verfahren mit der Bildung von Untergruppen zu einer rechtswidrigen Verkürzung des Zulassungsanspruchs aus § 70 Abs. 1 GewO geführt hat.
Insoweit ist zu beachten, dass die mit dem Auswahlverfahren und der Auswahlentscheidung
verbundene erhebliche Grundrechtsrelevanz für die sich bewerbenden Anbieter, die nur begrenzte gerichtliche Kontrolle im Rahmen des § 70 Abs. 3 GewO und die Notwendigkeit der
Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG ein transparentes Verfahren erforderlich machen (NdsOVG, Beschl. v. 09.09.2013 - 7 ME 56/13 - juris; Donhauser,
NVwZ 2010, 931, 934). Allerdings dürfen die diesbezüglichen Anforderungen nicht überspannt werden. Zwar dürfte es geboten sein, das Vergabeverfahren und die Auswahlkriterien
für Standplätze und ihr Verhältnis zueinander in ihren wesentlichen Grundsätzen in gemeindlichen Richtlinien und damit im Vorfeld der Entscheidung nach außen sichtbar zu regeln, um
eine einheitliche Anwendung gegenüber sämtlichen Bewerbern nachvollziehbar und damit
auch im Hinblick auf die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes justiziabel zu machen
(VG Bremen, Beschl. v. 02.10.2012 - 5 V 1215/12 - juris; VG Oldenburg, Beschl. v.
03.09.2003 - 12 B 1761/03 - juris; NdsOVG, Urt. v. 16.06.2005 - 7 LC 201/03 - juris und Beschl. v. 17.11.2009 - 7 ME 116/09 - juris; Gieseler, GewArch 2013, 151; speziell zum Erfordernis des Erlasses entsprechender Richtlinien durch den Gemeinderat: Landmann/Rohmer,
GewO, Stand 2014, § 70 Rn. 11, 24; Braun, NVwZ 2009, 747; VG Oldenburg, Beschl. v.
03.09.2003 - 12 B 1761/03 - juris; VG Chemnitz, Urt. v. 28.06.1995 - 4 K 2345/94 - LKV
1996, 301; VG Neustadt, Urt. v. 23.05.2003, GewArch 2003, 339). Dies heißt jedoch nicht,
dass die Plankonzeption und daraus folgend die Auswahlkriterien bereits bis ins Detail im
Voraus feststehen müssten. Insoweit hat das Verwaltungsgericht Freiburg (Beschl. v.
11.11.2014, a.a.O., juris Rn. 23) in seiner Entscheidung ausgeführt:
„Bei einer - dem Charakter als Eilverfahren geschuldeten - nur vorläufigen Prüfung der Weihnachtsmarkt-Richtlinien haben sich für die Kammer keine durchgreifenden Bedenken an der
- 14 Rechtmäßigkeit der Weihnachtsmarkt-Richtlinien unter dem Gesichtspunkt der erforderlichen
Transparenz im Hinblick auf die Bildung von Untergruppen gegeben. Denn, wie bereits gezeigt,
ergibt sich aus Nr. 3.3 Weihnachtsmarkt-RL mit hinreichender Deutlichkeit, dass im Vorfeld der
konkreten Auswahlentscheidung durch die FWTM die Einteilung in Warengruppen - diese sind
in Nr. 3.2 genannt - sowie in Warenarten innerhalb der Gruppen erfolgt und jeweils eine
Höchstzahl an Ständen festgesetzt wird. Die Bewerbung erfolgt für jeweils eine Warenart gemäß Nr. 3.2 (Nr. 3.6 Weihnachtsmarkt-RL). Richtig ist, dass die Untergruppen der einzelnen
Warengruppen in der Richtlinie nicht im Einzelnen aufgeführt sind und es damit dem Antragsteller nicht möglich war, sich im Vorfeld auf eine konkrete Untergruppe zu bewerben. Eine derartige abstrakte Auflistung der zu bildenden Unterkategorien sowie deren Standzahl erhöhte zwar
tatsächlich die Transparenz, wäre jedoch im Hinblick auf den offenen und damit wechselnden
Bewerberkreis und das Bestreben der Antragsgegnerin nach Ausgewogenheit und Vielfalt wenig praktikabel; denn wie sie überzeugend ausgeführt hat, können eine Gruppenbildung und die
Zuordnung der Zahl an Standplätzen etwa innerhalb der Kategorie Nr. 3.2.1 sinnvollerweise in
jedem Jahr erst nach Abschluss der Bewerbungsfrist erfolgen, wenn klar ist, für welche unterschiedlichen Speisen und Getränke, ggf. in welcher Kombination, es überhaupt Angebote gibt
und wie hoch deren konkreter Platzbedarf ist. Diese Feingliederung entzieht sich einer vorherigen abstrakten Festlegung (vgl. dazu auch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 01.10.2009 - 6 S 99/09
-, juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 22.01.2008 - 3 K 2263/07 -, juris; Bayer. VGH, Beschluss
vom 25.07.2011 - 22 CE 11.1414 -, juris). Selbst wenn es zutreffen sollte, dass, wie der Antragsteller vermutet, die Bildung von Untergruppen und die Zuordnung der Anzahl der Plätze erst
nach Sichtung der Angebote erfolge, um es auszuschließen, einem einzelnen, jedoch unattraktiven Bewerber einer Unterkategorie einen Standplatz zuweisen zu müssen, während hoch attraktive Bewerber eines anderen Segments aufgrund der zugewiesenen Platzzahl nicht berücksichtigt werden könnten, wäre ein derartiges Vorgehen vom weiten Gestaltungsspielraum der
FWTM, getragen vom Bestreben nach höchstmöglicher Attraktivität, Ausgewogenheit und Vielfalt, gedeckt und jedenfalls nicht willkürlich.“
ee) Stand die konkrete Bildung von (Unter-)Gruppen durch die FWTM voraussichtlich im
Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben, folgt hieraus, dass ein Fall des § 70 Abs. 3 GewO Platzmangel - vorliegt, denn für die Unterkategorie „Glühwein / Punsch / Striebele / Nonnenseufzer“, der ein Standplatz zugeordnet ist, gibt es neben B mit A einen weiteren Antragsteller, der die formalen Bewerbungsvoraussetzungen vollumfänglich erfüllt hat. Daher hat B
keinen unmittelbar aus § 70 Abs. 1 GewO folgenden Anspruch auf Zulassung zum Weihnachtsmarkt; vielmehr musste die FWTM als Veranstalterin hinsichtlich dieses Standplatzes
gemäß § 70 Abs. 3 GewO eine Auswahlentscheidung unter den beiden konkret vorhandenen
Bewerbern treffen.
Exkurs: Organzuständigkeit für Richtlinien
In Verfahren um die Zulassung zu öffentlich-rechtlichen Einrichtungen wird immer wieder
thematisiert, welches Organ innerhalb der Gemeinde für den Erlass abstrakt-genereller Zulassungsrichtlinien zuständig ist. Der VGH BW (Urt. v. 19.05.2003, ESVGH 53, 251) hat hierzu ausgeführt: Der Gemeinderat war zum Erlass Vergaberichtlinien zuständig. Werden allgemeine Richtlinien erlassen, welche die Ermessenspraxis der Gemeinde bei der Vergabe
von Liegeplätzen bestimmen sollen, so ist die Entscheidung hierüber grundsätzlich dem
Gemeinderat vorbehalten (vgl. auch BayVGH, Urteil vom 17.02.1999, NVwZ 1999, 1122;
VGH BW, Urteil vom 06.07.2001, VBlBW 2002, 122). Dies gilt auch dann, wenn die einzelne
Vergabeentscheidung auf eine Betriebsgesellschaft übertragen wurde, deren alleinige Gesellschafterin die Gemeinde ist. Allerdings können die Vergaberichtlinien vom Aufsichtsrat
- 15 der Betriebsgesellschaft erarbeitet werden; der Gemeinderat ist jedoch für diesen Fall an die
Empfehlung nicht gebunden.
Nicht einheitlich wird auch die Frage beantwortet, welche Rechtsfolgen sich für die Zulassungsentscheidung ergeben, wenn die Richtlinien vom unzuständigen Organ gesetzt wurden. OVG NRW (Urt. v. 27.05.1993, NVwZ-RR 1994, 157) und OVG Rh.-Pf. (Beschl. v.
22.12.2000 - 11 A 11462/99 - juris Rn. 4) vertreten die Auffassung, für die gerichtliche Überprüfung einer gemäß § 70 Abs. 3 GewO getroffenen Auswahlentscheidung sei es unerheblich, ob die zugrundeliegenden Vergaberichtlinien von der dafür zuständigen Stelle erlassen
worden seien. Der VGH BW (Urt. v. 27.08.1990, VBlBW 1991, 185) vertritt die gegenteilige
Auffassung (ebenso Windoffer, GewArch 2013, 265, 266).
b) Anspruch auf ermessensfehlerfreie Auswahl (§ 70 Abs. 3 GewO)
Wie sich aus dem Wortlaut des § 70 Abs. 3 GewO ergibt, steht dem Veranstalter bei der
Auswahlentscheidung ein Ermessensspielraum zu, der insbesondere die Festlegung der
Auswahlkriterien bei einem Bewerberüberhang sowie die Gewichtung zwischen mehreren
Kriterien einschließt (NdsOVG, Urt. v. 16.05.2012, GewArch 2012, 403; SächsOVG, Beschl.
v. 26.11.2013, GewArch 2014, 128). Dies bedeutet, dass sich die gerichtliche Nachprüfung
der jeweiligen Auswahlentscheidung im Rahmen des § 70 Abs. 3 GewO darauf beschränken
muss, ob der Veranstalter in seiner ablehnenden Entscheidung von einem zutreffenden
Sachverhalt ausgegangen ist und ob der Ausschluss aus „sachlichen Gründen“ erfolgt ist, zu
denen gerade auch die Orientierung am jeweiligen Gestaltungswillen zählt. B hätte mit Blick
auf den der FWTM einzuräumenden Ermessensspielraum folglich nur dann einen durch vorläufige Anordnung sicherbaren unmittelbaren Anspruch auf Zulassung zum Weihnachtsmarkt, wenn nicht nur die FWTM ihr Ermessen bei der zulasten des Antragstellers getroffenen Auswahlentscheidung fehlerhaft ausgeübt hätte, sondern sich darüber hinaus das in §
70 Abs. 3 GewO normierte Ermessen zugunsten des Antragstellers auf Null reduziert hätte.
Exkurs: Ermessensausübung durch einen Privaten?
In Fällen wie dem vorliegenden stellt sich jedenfalls gedanklich die Frage, wie weit der Private in die Entscheidung über die Bewerberauswahl eingebunden werden kann. Hierzu wird
gelegentlich vertreten, der Private dürfe die Auswahlentscheidung lediglich vorbereiten, nicht
jedoch selber treffen. Dazu müsste er Beliehener sein, wofür aber - neben dem Beleihungsakt selbst - bereits die erforderliche gesetzliche Grundlage fehle. Die Gemeinde könne daher
dem Privaten keine demokratische Legitimation vermitteln. Als bloßer Verwaltungshelfer, der
er sei, dürfe der Private keine Zulassungsentscheidung treffen. Darüber hinaus sei ihm jegliches Handeln verwehrt, welches die Gemeinde rechtlich oder faktisch binde und in ihrer Ermessensbetätigung beschränke. Insoweit wird aus der Zwei-Stufen-Theorie auch die Pflicht
abgeleitet der Gemeinde abgeleitet, alle wesentlichen Entscheidungen, darunter diejenigen
über die Zulassung, selbst zu treffen (vgl. v.a. VG Stuttgart, Beschl. v. 11.07.2006, NVwZ
2007, 614; Urt. v. 10.03.2008, GewArch 2008, 302). Ein besonderer Akzent wird außerdem
auf den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und das Demokratieprinzip aus Art.
20 Abs. 2 GG gelegt, da eine Gemeinde keine anderen, nicht in der Gemeindeordnung vorgesehenen Entscheidungsträger schaffen dürfe, weil diese keine demokratische Legitimation
hätten (BayVGH, Urt. v. 17.02.1999. GewArch 1999, 197; VG Oldenburg, Beschl. vom
01.07.2004, GewA 2004, 419; offen gelassen VGH BW, Urt. v. 01.10.2009, BWGZ 2011,
613). Teilt man diese Ansicht, bestünde ein Anspruch auf Neubescheidung schon deshalb,
- 16 weil die Stadt Freiburg an der Zulassungsentscheidung als solcher nicht beteiligt war. Legt
man hingegen zugrunde, dass die Stadt Freiburg die Ermessensentscheidung durch die
Richtlinien ihres Gemeinderats hinreichend vorgeprägt hat, so käme man wohl zu dem Ergebnis, dass die hier gewählte Verfahrensweise insoweit nicht zu beanstanden ist. Der Einwand mangelnder demokratischer Legitimation verfängt jedenfalls nicht. Denn das erforderliche sachlich-inhaltliche Legitimationsniveau ist nicht an eine bestimmte Rechtsform des
Handelns gebunden, sondern kann ebenso über die Kontroll- und Einwirkungsmöglichkeiten
der Gemeinde hergestellt werden (Windoffer, GewArch 2013, 265, 268).
aa) Fehlerhafte Ermessensausübung
Grundsätzlich steht es in dem gerichtlich nur beschränkt nachprüfbaren Ermessen des Veranstalters, nach welchem System er die nach § 70 Abs. 3 GewO erforderliche Auswahlentscheidung zwischen mehreren Bewerbern trifft. Allerdings spricht auch insoweit im Hinblick
auf Art. 19 Abs. 4 GG Vieles dafür, dass bereits im Vorfeld, etwa durch gemeindliche Richtlinien, geklärt sein muss, anhand welcher Kriterien - v.a. Attraktivität, „bekannt und bewährt“
oder Losentscheid - die Auswahlentscheidung erfolgt und in welchem Verhältnis diese Kriterien zueinander stehen.
(1) Weihnachtsmarktrichtlinien
Vorliegend bestehen hinreichend konkrete, die Ermessensausübung steuernde Regelungen
in den Weihnachtsmarkt-Richtlinien. Gemäß Nr. 5.3.1 erfolgt die Auswahl in erster Linie unter den Aspekten der Attraktivität des Weihnachtsmarktes und dessen Ausgewogenheit in
der Besetzung der einzelnen Geschäftssparten unter bestmöglicher Ausnutzung der Platzverhältnisse; ergänzend sind die persönliche Zuverlässigkeit des Bewerbers, die Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung und der reibungslose Veranstaltungsablauf zu berücksichtigen. Als besondere Ausprägung der Attraktivität ist Nr. 5.3.2 anzusehen, wonach Geschäfte, von denen angenommen wird, dass sie wegen ihrer Art, Ausstattung oder Betriebsweise
eine besondere Anziehungskraft auf die Besucher ausüben - die, mit anderen Worten, besonders attraktiv sind (vgl. zu einer ähnlichen Formulierung VGH BW, Urt. v. 27.02.2006,
ESVGH 56, 169) - bevorzugt Platz erhalten können. Ergeben sich nach den Maßstäben der
Attraktivität und den sachlichen Kriterien keine Unterschiede, entscheidet das Los (Nr. 5.3.3).
Schließlich können Geschäfte mit sehr hohem Anschlusswert oder überdurchschnittlichem
Energie- oder Platzbedarf unbeschadet der genannten Kriterien abgelehnt werden (Nr.
5.3.4). Vorrangiges Kriterium ist damit das der Attraktivität (vgl. auch Kniesel, GewArch
2013, 270, 272).
Die Anwendung des Kriteriums der Attraktivität als Auswahlmaßstab für die Zulassung zu
Weihnachtsmärkten in Fällen nicht ausreichender Kapazität begegnet ungeachtet der damit
notwendigerweise verbundenen - ihrerseits wiederum einen Beurteilungsspielraum bedingenden - Wertungsentscheidung des Marktveranstalters keinen prinzipiellen Bedenken, sondern wird im Gegenteil dem Grundsatz der Marktfreiheit im besonderen Maße gerecht, da es
keinen Bewerber von vornherein ausschließt, sondern jedem im Rahmen eines durch ihn zu
beeinflussenden Faktors - der Steigerung der Anziehungskraft seines Geschäfts - eine gesicherte Zulassungschance eröffnet. Auch das Vorgehen bei gleich attraktiven und auch im
Übrigen anhand der Kriterien der Nr. 5.3.1 als gleichwertig anzusehenden Bewerbungen ist
in Nr. 5.3.3 eindeutig im Sinne eines Losentscheids entschieden; gegen die Vergabe durch
Losentscheid bestehen ebenfalls keine rechtlichen Bedenken (BVerwG, Beschl. v.
- 17 04.10.2005, NVwZ-RR 2006, 786). Insgesamt ermöglicht mithin die WeihnachtsmarktRichtlinie der FWTM die Feststellung der abstrakten, vorab festgelegten Erwägungen, nach
denen über die Zulassung der Bewerber zum Weihnachtsmarkt entschieden wird. Die Richtlinien sind demnach nicht zu beanstanden.
(2) Anwendung der Richtlinien
Fraglich ist, ob die konkrete Anwendung der in den Weihnachtsmarkt-Richtlinien vorgegebenen Kriterien im Falle von A und B rechtsfehlerfrei erfolgt ist. Ob die getroffene Auswahlentscheidung den vom Veranstalter selbst aufgestellten Anforderungen im Einzelfall gerecht
wird, unterliegt der gerichtlichen Nachprüfung (vgl. OVG NRW, Urt. vom 27.05.1993, NVwZRR 1994, 157; Gieseler, GewArch 2013, 151).
Die FWTM begründet ihre ablehnende Entscheidung über die Bewerbung des B damit, dass
sich dessen Angebot gegenüber dem Angebot von B als das weniger attraktive darstelle. Sie
hat sich damit an dem von Nr. 5.3.1 vorgegebenen primären Auswahlkriterium orientiert. Insbesondere im Hinblick auf die Festlegung des die Attraktivität bildenden Maßstabs ist dem
Veranstalter ein weiter Konkretisierungs- und Beurteilungsspielraum zuzubilligen. Denn die
Beurteilung der Attraktivität ist notwendigerweise mit subjektiven Vorstellungen und Wertentscheidungen verbunden; sie ist letztlich das Ergebnis höchstpersönlicher Wertungen. Das
Gericht könnte nur seine eigenen - nicht notwendig richtigeren - Einschätzungen an die Stelle derjenigen des Veranstalters setzen. Dass die Feststellung solcher Unterschiede letztlich
auf subjektiven Wertungen von Mitarbeitern des Veranstalters beruht, ist unvermeidlich und
führt nicht zur Rechtswidrigkeit der Auswahlentscheidung. Allerdings ist das dem Veranstalter zustehende Verteilungsermessen nicht unbegrenzt. Die Auswahlentscheidung muss
vielmehr auf einem zutreffend ermittelten Sachverhalt beruhen; einschlägige Verfahrensregeln sowie allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe müssen beachtet werden. Die Kriterien,
von denen sich der Veranstalter bei Ausübung seiner Ausschlussbefugnis nach § 70 Abs. 3
GewO leiten lässt, dürfen keinen diskriminierenden Charakter haben und nicht sachwidrig
sein, sie müssen hinreichend transparent und nachvollziehbar sein (NdsOVG, Beschl. v.
17.11.2009, a.a.O.). Das gilt sowohl nur für die Kriterien, von denen sich die Behörde bei
ihrer Auswahlentscheidung leiten lässt, als auch für den konkreten Auswahlvorgang selbst
(vgl. BayVGH, Beschl. v. 12.08.2013, a.a.O.).
Die FWTM hat für die Entscheidung über die Vergabe des einen Standplatzes für das Angebotssegment Glühwein/Striebele ausdifferenzierte Bewertungskriterien entwickelt und die
Bewerbung u.a. des B und des Konkurrenten A anhand dieser Bewertungskriterien durch
Vergabe von Punkten auf einer Skala, die eine Bewertung von zwischen einem und sechs
Punkten vorsieht, wie folgt bewertet:
- 18 -
Danach schnitt B in den Bereichen Attraktivität des Standes, technische Ausstattung sowie
Höhe der Investitionskosten um jeweils einen Punkt schlechter ab als der letztlich ausgewählte Bewerber A (zwei statt drei Punkte), während beide Bewerber in den anderen fünf
Bereichen mit jeweils drei Punkten gleich bewertet wurden. Es erscheint fraglich, ob diese
Bewertung der Attraktivität die Grenzen des der FWTM zustehenden Auswahlermessens
überschreitet.
Zunächst begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, dass die FWTM zur Ausfüllung der in
Nr. 5.3.1 Weihnachtsmarkt-RL genannten, für die Auswahlentscheidung maßgeblichen Aspekte - hier dem primären Kriterium der Attraktivität sowie den ferner zu berücksichtigenden
Aspekten der persönlichen Zuverlässigkeit sowie der Gewährleistung von Sicherheit und
Ordnung / eines reibungslosen Veranstaltungsablaufs - eine Matrix mit konkreten Bewertungskriterien entwickelt und diese mit unterschiedlichen Prozentzahlen gewichtet hat. Das
hier gewählte Vorgehen einer Konkretisierung und Ausdifferenzierung des Merkmals der
Attraktivität, verbunden mit einer Gewichtung der verschiedenen Kriterien, ist grundsätzlich
vom weiten Gestaltungsspielraum des Veranstalters umfasst; dies gilt sowohl für die Auswahl der konkreten Bewertungskriterien als auch für deren Gewichtung. Gerade weil das
Bemühen um besondere Objektivierung und Differenzierung die letztlich getroffene Auswahlentscheidung in besonderem Maße einer rationalen und zugleich nachprüfbaren Handhabung zugänglich macht, entspricht ein derartiges Vorgehen entgegen der Auffassung des
B grundsätzlich den an eine Auswahlentscheidung zu stellenden verfassungs- wie einfachrechtlichen Anforderungen (VGH BW, Urt. v. 27.02.2006, a.a.O.).
Dass die FWTM für ihre Auswahlentscheidung einen Katalog von acht Kriterien entwickelt
und diese mit Prozentzahlen von 6% bis 20% gewichtet hat, ist daher grundsätzlich nicht zu
beanstanden, wenn auch der Umstand, dass alle fünf Bewerber bei allen acht Kriterien ausnahmslos mit zwei oder drei Punkten bewertet wurden, angesichts des möglichen Notenspektrums von einem bis sechs Punkten zu einem wenig aussagekräftigen Ergebnis der Bewertung führt und gewisse Zweifel an der Tauglichkeit der Kriterien für eine differenzierte
Bewertung der eingereichten Bewerbungen oder auch an der Ernsthaftigkeit, mit der die
FWTM die Bewertungsentscheidungen trifft, wecken mag (VG Freiburg, Beschl. v.
- 19 11.11.2014, a.a.O., juris Rn. 38). Problematisch ist aber die von der FWTM zugrunde gelegte
Tatsachengrundlage. Das VG Freiburg (a.a.O., Rn. 39 ff.) führt insoweit aus (Hervorhebungen nur hier):
Denn gerade vor dem Hintergrund, dass die konkrete Entscheidung der FWTM über die Bewertung der einzelnen Kriterien bei den jeweiligen Bewerbern naturgemäß in hohem Maße von
subjektiven Wertungen abhängig und einer gerichtlichen Überprüfung damit nur eingeschränkt
zugänglich ist, ist es zur Überzeugung der Kammer erforderlich, dass die FWTM ihre Bewertungsentscheidungen auf einer hinreichend ermittelten Tatsachengrundlage trifft, dass sich die
wesentlichen Tatsachen, auf deren Grundlage die FWTM ihre konkrete Auswahlentscheidung
trifft, aus den Akten ergeben und, eng damit verknüpft, dass die Bewerber, sei es durch eine
rechtzeitige Veröffentlichung der maßgeblichen Bewertungskriterien, sei es zumindest durch
entsprechende Anforderungen im Bewerbungsformular, die Möglichkeit bekommen, Angaben
zu den von der FWTM als relevant angesehenen Punkten zu machen und sich mit ihrer
Bewerbung damit auf die von der FWTM für wesentlich erachteten Kriterien auszurichten.
Diese Anforderungen ergeben sich aus einer den Grundrechtsschutz für alle Bewerber sichernden fairen und transparenten Verfahrensgestaltung.
Eine derartige tragfähige Tatsachengrundlage wie auch transparente Verfahrensgestaltung hält
die Kammer bei den Kriterien „Attraktivität des Standes“, „zweites Produkt zum Glühwein“ und
„Höhe der Investitionskosten“ ohne weiteres für gegeben, wobei der Begriff der „Höhe der Investitionskosten“ zwar unglücklich gewählt ist, sich aus den näheren in der Matrix vorhandenen
Erläuterungen jedoch mit hinreichender Klarheit entnehmen lässt, dass hier nicht die Summe
der finanziellen Aufwendungen gemeint ist, sondern die konkreten den Stand in seiner Attraktivität steigernden Maßnahmen, für die diese Investitionen getätigt wurden. Dass diese Kriterien,
insbesondere auch die innere und äußere Gestaltung und Dekoration des Standes sowie das
Preis-Leistungsverhältnis, für die Auswahlentscheidung der FWTM im Rahmen der Bewertung
der Attraktivität eines Weihnachtsmarktstandes von entscheidender Bedeutung wären, war für
die Bewerber ohne weiteres klar erkennbar; im Übrigen wurden die für eine Bewertung dieser
genannten Kriterien erforderlichen Informationen im Bewerbungsformular im Wesentlichen abgefragt. Der Auffassung des Antragstellers, die Bedeutung des äußeren Erscheinungsbildes
des Standes sei unvorhersehbar gewesen, vermag die Kammer daher - auch wenn ein ausdrücklicher Hinweis im Bewerbungsformular darauf, dass aktuelle Fotos auch vom Stand und
seiner Dekoration vorzulegen seien, sicherlich sinnvoll wäre - nicht zu folgen.
Für die weiteren von der FWTM im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums als für die Bewertung
der Attraktivität erheblich eingestuften Kriterien gilt dies nicht in gleicher Weise. Bereits für die
„technische Ausstattung - zusätzliche Beschreibung von Geräte, Beleuchtung, Lüftung, Hygienepakete, Feuerlöscher, Löschdecke, Nachweise Flüssiggas, etc., Stromanschluss“ und „Produkte aus der Region - Herkunftsnachweise Beschreibung der Produkte“ wird der Kammer auf
Grundlage der Akten nicht vollumfänglich deutlich, welche Informationen die FWTM ihrer Bewertung zugrunde gelegt hat, auch wenn einige Aspekte wie die Verwendung von Flüssiggas
oder der benötigte kW-Anschluss im Bewerbungsformular abgefragt werden und es für einen
Bewerber möglicherweise erwartbar und leistbar ist, bei der Beschreibung des weihnachtlichen
Warenangebots von sich aus auch die Herkunft der angebotenen Produkte anzugeben.
Insbesondere aber erfüllt nach Auffassung der Kammer die Berücksichtigung der Kriterien
„Qualität der Dienstleistung - Schulungsnachweise von Personal, Erfahrung bei Großveranstaltungen“, „Persönliche Anwesenheit - Nennung einer Person mit Qualifizierung und evtl. Schulungsnachweise“ oder „Bewährt aus anderen Veranstaltungen - Referenzen, Nachweise, Qualitätsbeschreibung“ in der von der FWTM erstellten Matrix als Grundlage der Auswahlentschei-
- 20 dung nicht die Anforderungen, die an eine faire und transparente Verfahrensgestaltung sowie an die Qualität der Tatsachengrundlagen zu stellen sind. Denn im Bewerbungsformular
werden die in der Matrix genannten Informationen nicht, wie es das Transparenzgebot verlangte, abgefragt, geschweige denn, dass die Bewerber zur Vorlage entsprechender Nachweise,
Referenzen oder Beschreibungen aufgefordert würden. Auch in der „Ausschreibung Freiburger
Weihnachtsmarkt 2014“ werden keine über das Bewerbungsblatt hinausgehenden Nachweise
oder Informationen gefordert, vielmehr wird lediglich auf die Weihnachtsmarkt-Richtlinien verwiesen, die ihrerseits lediglich unter Nr. 5.1 regeln, dass mit dem Antrag die „in der Ausschreibung geforderten Nachweise vorzulegen und Erklärungen abzugeben“ seien. Ferner ist den Akten nicht zu entnehmen, ob und welche Informationen und Kenntnisse der FWTM, die diese unabhängig vom konkreten Bewerbungsverfahren erlangt hat, in die Entscheidung eingeflossen
sind. Es erhellt sich der Kammer daher nicht, auf welcher Grundlage die FWTM ihre Punkte in
diesen Bereichen vergeben hat oder ob die Punktvergabe, worauf die ausnahmslose Vergabe
von drei Punkten für alle Bewerber bei allen der genannten Kriterien hindeuten könnte, ohne Informationsgrundlage erfolgte. Insbesondere bleibt aufgrund gänzlich fehlender entsprechender
Dokumentation in den Akten unklar, ob und welche Informationen möglicherweise zusätzlich zu
den aktuellen, von den Bewerbern vorgelegten Bewerbungsunterlagen im Rahmen der Punktevergabe Berücksichtigung fanden. Damit aber dürfte die FWTM bei ihrer Auswahlentscheidung
nach Lage der Akten nicht nur gegen das Gebot verstoßen haben, sich die für die Entscheidung
erforderliche Tatsachengrundlagen zu verschaffen, sondern vor allem auch den Grundsatz fairer und transparenter Verfahrensgestaltung missachtet haben. Hinzu kommt folgender Aspekt:
Selbst wenn einige Bewerber, möglicherweise aufgrund von Erfahrungen aus Bewerbungsverfahren in anderen Städten, entsprechende Angaben zu den Bewertungskriterien gemacht haben sollten, hinge der Erfolg einer Bewerbung davon ab, ob der Bewerber die Entscheidungskriterien der FWTM in diesem Bereich zufällig trifft oder nicht; dies gilt etwa für das Kriterium der
Regionalität der Produkte, zu dem ausweislich der Angaben der Antragsgegnerin in ihrer Antragserwiderung „nur das Angebot des Erstplatzierten eine entsprechende Aussage in den Bewertungsunterlagen erhielt“. Wenn das Ergebnis des Auswahlverfahrens von solchen Zufälligkeiten abhängt, wird dies der wirtschaftlichen Bedeutung, die der Freiburger Weihnachtsmarkt
für die Beschicker hat, und der Grundrechtsrelevanz der Entscheidung nicht gerecht; insoweit
fehlt es an der erforderlichen Transparenz und Fairness des Verfahrens (vgl. dazu VG Mainz,
Beschl. v, 12.08.2014 - 6 L 712/14.MZ -, juris, m.w.N.).“
Damit aber entspricht die Ermessensentscheidung hinsichtlich der Zulassung nur eines von
zwei Bewerbern für die Unterkategorie „Glühwein/Striebele“ zum Freiburger Weihnachtsmarkt 2014 nicht den an sie zu stellenden Anforderungen in puncto Verfahrenstransparenz
und Tatsachengrundlagen; die Entscheidung der FWTM, B nicht zum Weihnachtsmarkt zuzulassen, stellt sich daher insgesamt als ermessensfehlerhaft dar. Auf diesen Fehler kann
sich B auch berufen, obgleich er bei den genannten Kriterien nicht schlechter bewertet wurde
als A; denn wenn die FWTM diese Kriterien offenbar als für die Beurteilung der Attraktivität
des Standes wesentlich ansieht - andernfalls tauchten sie nicht in der Matrix mit einer Gewichtung von insgesamt 26% auf -, sie ihre diesbezügliche Entscheidung aber ohne eine
tragfähige Tatsachengrundlage trifft, nimmt sie B die Möglichkeit, durch Angaben und Nachweise in diesen Bereichen eine gegenüber seinem Mitbewerber bessere Bewertung zu erhalten.
Exkurs: Letztentscheidungsbefugnisse der Verwaltung und gerichtliche Kontrolle
Eines der gewichtigsten Probleme in Verwaltungsrecht und Verwaltungsrechtsschutz ist die
Frage, ob und in welchem Umfang die Legislative der Verwaltung zur Rechtskonkretisierung
Spielräume einräumen kann und in welchem Umfang die getroffene Verwaltungsentschei-
- 21 dung dann auch einer gerichtlichen Kontrolle entzogen ist, mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 Satz 1
GG überhaupt entzogen sein kann. Das BVerfG hat sich mit dieser Problematik ausführlich
in seinen Beschlüssen vom 10.12.2009 (1 BvR 3151/07, NVwZ 2010, 435) und vom
31.05.2011 (1 BvR 857/07, BVerfGE 129, 1) befasst. Hiernach kann festgehalten werden:
Die gerichtliche Überprüfung einer Behördenentscheidung kann nicht weiter reichen als die
materiell-rechtliche Bindung der Exekutive. Die gerichtliche Kontrolle endet also dort, wo das
materielle Recht der Exekutive in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise Entscheidungen abverlangt, ohne dafür hinreichend bestimmte Entscheidungsprogramme vorzugeben.
Insoweit hat die Verwaltung auf Grund normativer Ermächtigung die Befugnis zur Letztentscheidung. Von Gerichten nicht oder nur eingeschränkt überprüfbare Letztentscheidungsbefugnisse über Rechte des Einzelnen dürfen der vollziehenden Gewalt nur aufgrund eines
Gesetzes eingeräumt werden. Dabei hat es der Gesetzgeber in der Hand, Umfang und Gehalt der subjektiven Rechte der Bürger zu definieren und damit mit entsprechenden Folgen
für den Umfang der gerichtlichen Kontrolle auch deren Rechtsstellung gegenüber der Verwaltung differenziert auszugestalten. Auch bei Einräumung einer Letztentscheidungsbefugnis der Exekutive ist von den Gerichten zu prüfen, ob die Verwaltung den Gehalt der anzuwendenden Begriffe und den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich bewegen kann, erkannt
hat, von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist, die
allgemein gültigen Beurteilungsmaßstäbe und die Regeln des inneren Entscheidungsverfahrens beachtet hat und sich nicht von sachfremden - gegen das Willkürverbot aus Art. 3 Abs.
1 GG verstoßenden - Erwägungen hat leiten lassen. Will der Gesetzgeber gegenüber von
ihm anerkannten subjektiven Rechten die gerichtliche Kontrolle zurücknehmen, hat er zu
berücksichtigen, dass die letztverbindliche Normauslegung und die Kontrolle der Rechtsanwendung im Einzelfall grundsätzlich den Gerichten vorbehalten ist. Die in Art. 19 Abs. 4 GG
garantierte Wirksamkeit gerichtlichen Rechtsschutzes darf der Gesetzgeber demnach nicht
durch die Gewährung behördlicher Letztentscheidungsbefugnisse für ganze Rechtsgebiete
oder Sachbereiche aufgeben. Die Freistellung der Rechtsanwendung von gerichtlicher Kontrolle bedarf stets eines hinreichend gewichtigen, am Grundsatz eines wirksamen Rechtsschutzes ausgerichteten Sachgrundes. Thematik und Entscheidungen sollten den Studierenden bekannt sein (vgl. hierzu etwa die instruktive Aufbereitung von Kment/Vorwalter, JuS
2015, 193); es handelt sich um eine wichtige Grundfrage des deutschen Öffentlichen Rechts.
bb) Rechtsfolge der rechtswidrigen Ermessensentscheidung
(1) Anspruch auf Zulassung zum Weihnachtsmarkt?
Dieser Ermessensfehler führt indes vorliegend nicht dazu, dass das Ermessen zugunsten
des Antragstellers auf Null reduziert wäre, weil keine andere Entscheidung rechtmäßig erschiene als diejenige, B zum Weihnachtsmarkt zuzulassen. Denn wie sich aus der Matrix
ergibt, hat B auch im Hinblick auf Kriterien schlechter abgeschnitten, hinsichtlich derer die
FWTM auf Basis einer ausreichenden Tatsachengrundlage entschieden hat. Es erscheint
daher nicht ausgeschlossen, dass die FWTM bei einer erneuten Zulassungsentscheidung
ermessensfehlerfrei zur Bevorzugung des Konkurrenten A gelangt.
Exkurs: Zum „Verbot“ der Vorwegnahme der Hauptsache
Auf Zulassung zu einer öffentlichen Einrichtung gerichtete Verfahren „spielen“ meist im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, weil eine Hauptsacheentscheidung in der Regel zu
spät käme. Für die einstweilige Anordnung nach § 123 VwGO ist das „Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache“ eine weithin anerkannte Rechtsfigur. Damit wird postuliert, im Wege
- 22 der einstweiligen Anordnung dürfe keine Verurteilung erfolgen, die dem begehrten Hauptsacheausspruch gleichkommt. Das widerspreche dem Wesen der auf Vorläufigkeit ausgerichteten einstweiligen Anordnung. Gegen diese Auffassung hat vor allem Schoch (in:
Schoch/Schneider/Bier, a.a.O., § 123 Rn. 146 ff.) zutreffend eingewandt, ein solches Verbot
habe keine gesetzliche Regelung erfahren und werde mit einem unvertretbaren rechtsdogmatischen Absolutheitsanspruch vertreten. Die im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG von der
Rechtsprechung zugelassenen Ausnahmen wirkten beliebig. Dem dürfte kaum zu widersprechen sein. Das Gesetz überantwortet den Verwaltungsgerichten gerade die Regelung der
„Schwebezeit“ und damit eine die Hauptsache insoweit vorweg nehmende Entscheidung. Die
besseren Gründe sprechen deshalb dafür, auf das Vorwegnahmeverbot als eigenständige
Kategorie zu verzichten und die sachliche Problematik bei den Anordnungsvoraussetzungen
und beim Entscheidungsinhalt zu verorten (Schoch, a.a.O., Rn. 150). Im vorliegenden Fall
würde jedoch wohl auch die Rechtsprechung eine Ausnahme von dem Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache zulassen (vgl. hierzu etwa Braun, NVwZ 2009, 747, 752). Allerdings
impliziert dies gesteigerte Anforderungen an die Prognose der Erfolgsaussichten in der
Hauptsache und an die Folgenabschätzung im Hinblick auf die betroffenen Rechtsgüter. Eine Vorwegnahme wäre demnach zulässig, wenn zum einen eine hohe (nicht lediglich überwiegende) Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache festzustellen ist und zum
anderen auf Seiten des Bewerbers ohne die Vorwegnahme schwere und unzumutbare
Nachteile drohen, die durch die Hauptsacheentscheidung nachträglich nicht mehr zu beseitigen wären, mithin eine besondere Dringlichkeit vorliegt (Windoffer, GewArch 2013, 265,
268).
(2) Anspruch auf erneute Entscheidung über eine Einwirkung auf FWTM?
Fraglich ist, ob B wenigstens einen im Wege der einstweiligen Anordnung sicherungsfähigen
Anspruch auf erneute Entscheidung der Stadt Freiburg hat. Denn immerhin ist die bislang
getroffene und zum Ausschluss des B führende Entscheidung - wie gezeigt - rechtswidrig.
Insoweit wird überwiegend die Auffassung vertreten, der Anspruch auf erneute Entscheidung
über einen Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts könne im Wege der
einstweiligen Anordnung nicht erstritten werden (BVerwG, Beschl. v. 16.08.1978, BVerwGE
68, 110, 112; VGH BW, Beschl. v. 14.01.1991, VBlBW 1991, 219; BayVGH, Beschl. v.
03.06.2002, NVwZ-RR 2002, 839; a.A. Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, a.a.O., § 123 Rn.
159; Grunsky, JuS 1977, 217, 220; Günther, NVwZ 1986, 697, 702; aus der Rechtsprechung: OVG Rh.-Pf., Beschl. v. 27.11.1987, RiA 1988, 109; VG Freiburg, Beschl. v.
11.11.2014, a.a.O., juris Rn. 3; VG Münster, Beschluss vom 23.09.2014 - 9 L 617/14 - juris;
VG Gießen, Beschluss vom 03.12.2013, GewArch 2014, 307; VG Aachen, Beschluss vom
01.12.2006 - 6 L 628/06 - juris; VG Lüneburg, Beschluss vom 07.07.2004 - 1 B 49/04 - juris;
jew. m.w.N.). Diese Auffassung ist indes mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG kaum in Einklang zu
bringen, da die Rechtswidrigkeit des Verwaltungshandelns so für die Schwebezeit gleichsam
folgenlos bliebe. Nicht nur der vollinhaltlich gegebene Leistungsanspruch, sondern auch der
Anspruch auf ermessensfehlerfreie behördliche Entscheidung ist im Wege der einstweiligen
Anordnung sicherungsfähig (Schoch, a.a.O.). Die h.M. übersieht das subjektive Recht auf
ermessensfehlerfreie Entscheidung in seiner Bedeutung für § 123 Abs. 1 VwGO. Dieser Anspruch ist, prozessrechtlich gewendet, der Anordnungsanspruch i. S. d. § 123 Abs. 1 VwGO;
tritt der Anordnungsgrund hinzu, muss das gefährdete Recht mittels einstweiliger Anordnung
gesichert werden (Schoch, a.a.O.). Wie dies geschieht, beantwortet § 123 Abs. 3 VwGO
i. V. m. § 938 Abs. 1 ZPO unter Hinweis auf die richterliche Gestaltungsbefugnis; insoweit
- 23 geht es um eine Frage des Anordnungsinhalts. Demgegenüber bezieht sich die Prognose
auf eine dem Antragsteller wahrscheinlich günstige (zweite) Verwaltungsentscheidung auf
den Anordnungsanspruch. Zur sachangemessenen Beantwortung der aufgeworfenen
Rechtsfragen muss demnach im Ausgangspunkt zwischen den Anordnungsvoraussetzungen
und dem Inhalt der einstweiligen Anordnung unterschieden werden (Schoch, a.a.O.).
Dass der Antragsteller auch dann, wenn man die hier angesprochenen Kriterien im Rahmen
der Bewertung weg ließe und eine Bewertung nur anhand der die Attraktivität des Standes
und der veräußerten Produkte vornähme, auf Grundlage der anhand der bisher verwendeten
Matrix getroffenen Bewertung ein schlechteres Ergebnis erzielt hätte als der Konkurrent A,
führt nicht etwa dazu, das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs zu verneinen. Denn die
Beurteilung, welche Kriterien für die Bewertung der Attraktivität eines Glühwein- und Striebelestandes ausschlaggebend sind, steht im weiten Gestaltungsspielraum der FWTM, welchen
diese durch die Erstellung der Matrix ausgefüllt hat. Hier durch das Gericht bestimmte Bewertungskriterien zu streichen, hieße, das Ermessen des Gerichts an die Stelle der Entscheidung des Veranstalters zu setzen und eigenständig zu entscheiden, welcher von mehreren vertretbaren Lösungen denn nun der Vorzug zu geben sei; dies aber wäre mit dem
Gestaltungs- und Ermessensspielraum der FWTM als Veranstalterin nicht zu vereinbaren.
C. Ergebnis
Das Verwaltungsgericht wird die Stadt Freiburg im Wege der einstweiligen Anordnung verurteilen, die FWTM anzuweisen, unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts
erneut über den Antrag des B auf Zulassung zum Freiburger Weihnachtsmarkt zu entscheiden. Im Übrigen wird es den Antrag ablehnen.