PRESSEMITTEILUNG »Diabelli«-Projekt-Reihe Beethovens »33 Veränderungen über einen Walzer von Anton Diabelli« – gespielt, erweitert, diskutiert, versenkt Bonn, 14. April 2015 – An einem langen Wochenende vom 10. bis 14. September, widmet sich das Beethovenfest Ludwig van Beethovens »33 Veränderungen über einen Walzer von Anton Diabelli«, den »Diabelli-Variationen«. Auf modernem Flügel präsentiert sie der Pianist András Schiff (10.9.), auf dem Hammerklavier Ronald Brautigam (11.9.). Die Variationen, die Beethovens Zeitgenossen auf dieses WalzerThema komponierten, werden in einem Gruppen-Projekt von Studenten der Universität Mozarteum Salzburg vorgestellt (13.9., 18h). Kurator ist der Pianist Siegfried Mauser, der in einer eigenen Veranstaltung eine Neu-Auflage der »Diabelli-Variationen« aus dem Jahr 1981 zu Gehör bringen wird – »Diabelli ´81« (11.9.). Eine Gesprächsrunde im Beethoven-Haus beschäftigt sich mit den »DiabelliVariationen« in Geschichte und Gegenwart (13.9., 11h), und Jean-François Heisser führt ein zeitgenössisches französisches Werk auf, das sich Beethovens Opus 120 auf seine Weise aneignet (14.9.). Mit seinen »Diabelli-Variationen« hat Beethoven Kompositionsgeschichte geschrieben. Dabei hatte ihn der Komponist und Verleger Anton Diabelli bloß gebeten, »eine« Variation auf sein Walzerthema zu komponieren und diese einem Sammelband beizugeben, der auch die Variationen anderer Komponisten enthalten würde. Beethoven nahm sich Zeit – dazwischen lag die Arbeit an der Neunten und der »Missa solemnis«! – und komponierte nicht eine, sondern 33 Variationen auf dieses Thema, das er abfällig als »Schusterfleck« bezeichnete. Die »DiabelliVariationen« haben sich, da schwer einzuordnen, nur sehr langsam im Repertoire durchgesetzt. Heute aber gelten sie als unübertroffenes Meisterwerk, als ein Kosmos musikalischer Ausdrucksformen, mit viel Witz und einer schier unglaublichen Souveränität. Das Autograph wird seit 2009 im Archiv des Beethoven-Hauses aufbewahrt und gibt Zeugnis von der Arbeitsweise des Komponisten, von seinen Ergänzungen, Streichungen, Überklebungen. Der Pianist András Schiff hat die Originalhandschrift studiert, bevor er 2013 eine Einspielung dieses Werkes vornahm – nicht nur auf einem Bechsteinflügel von 1921, 2 sondern auch auf einem Hammerflügel aus der Zeit Beethovens. Beim Beethovenfest 2015 spielt er die »Diabellli-Variationen« auf einem modernen Konzertflügel. Vor das fast einstündige Werk setzt er – im Sinne des Mottos 2015 – eine Vielzahl von Variationen anderer Komponisten: Mozarts 12 Variationen über ein Allegretto unbekannter Herkunft, Mendelssohn Bartholdys »Variations sérieuses«, Haydns Variationen für Klavier f-Moll und Schumanns »Geister-Variationen«. Im »Originalklang« erscheinen die »Diabelli-Variationen«, wenn ein Experte für authentische Aufführungspraxis wie der niederländische Pianist Ronald Brautigam sie auf dem Hammerklavier spielt. An diesem Abend stehen ausschließlich Variationenwerke von Beethoven auf dem Programm: zunächst die 32 Variationen über ein eigenes Thema in c-Moll und danach die »Eroica-Variationen«, die, wie Beethoven sagte, »auf eine wircklich gantz neue Manier« gearbeitet sind. Ihr Titel erinnert daran, dass er ihr Hauptthema im letzten Satz seiner dritten Symphonie wieder verwendete. Rund ein Jahr nach dem Erscheinen des Beethovenschen Opus 120 kündigte Anton Diabelli einen Sammelband II mit dem Titel »Vaterländischer Künstlerverein« an, der 50 weitere Variationen über sein Thema enthielt. Beethovens Zeitgenossen, darunter die Komponisten Carl Czerny, Franz Liszt, Johann Nepomuk Hummel und auch Mozart jüngster Sohn Franz Xaver Wolfgang Mozart, waren der Bitte des Verlegers um Variationen nachgekommen. Diese 50 weiteren »Veränderungen« werden von Klavier-Studenten der Universität Mozarteum Salzburg präsentiert. Kurator und Moderator ist der Rektor des Mozarteums, Pianist Siegfried Mauser. Es spielen Hanna Bachmann, Andrey Dubov, Judith Engel, Noriko Kitada, Chen Nie und Alexey Sychev. Diabellis Projekt fand eine Fortsetzung im Jahr 1981. Anlässlich des 200. Geburtstags von Anton Diabelli erlaubte sich der Wiener Musikverlag Doblinger ein Remake: In einer Ausschreibung wurden zeitgenössische österreichische Komponisten gebeten, sich erneut Diabellis »Schusterfleck« zu widmen. So entstand die Sammlung »Diabelli ‘81«, Variationen von 17 namhaften Komponisten jener Zeit, darunter Gerold Amann, Cesar Bresgen, Helmut Eder, Iván Eröd, Gösta Neuwirth, Gerhard Wimberger. Siegfried Mauser, der immer wieder als Interpret von Klavierwerken des 20. Jahrhunderts in Erscheinung tritt, führt diese modernen und ebenfalls sehr vergnüglichen »Diabelli-Variationen« im Beethoven-Haus auf. Der junge Schubert war fassungslos über Beethovens Musik. Sie schien ihm »das Heiligste mit dem Harlequino« zu vereinen. Dieser Widerspruch tönt für Kenner und Wissenschaftler wie auf die »Diabelli-Variationen« gemünzt. Sie gehen den Rätseln dieses Spätwerks in einer Gesprächsrunde nach. Das Opus 120 in Geschichte und Gegenwart, wie sieht die Interpretationsgeschichte dieses ausladenden Werkes aus? Es diskutieren Hans-Joachim Hinrichsen, Zürich, Lars E. Haubold, Salzburg, 3 Wolfgang Sander, Frankfurt/Main und Wolfgang Steinbeck, Köln/Bonn. Das Gespräch leitet Jürg Stenzl, Salzburg. Den Abschluss der Diabelli-Projekt-Reihe bildet ein Abend, der das Fortwirken von Beethovens Spätwerk in unserer Zeit zeigt. »Unmöglich, die >Diabelli-Variationen< so zu lieben wie man die »Pastorale« liebt« meinte der französische Komponist Philippe Manoury – Forscher und Wegbereiter von Musik mit Live-Elektronik – und macht etwas Neues. »Veränderungen (… deuxième sonate …) pour piano« ist keine weitere Variation, sondern »versenkt« Beethoven`sche Elemente ins eigene Idiom, ein Werk »unter Beethovens Einfluss«. Dazu spielt der renommierte Pianist Jean-François Heisser Beethovens Opus 111 und als »exotische Farben« Werke der Spanier Isaac Albéniz (»Iberia«) und Federico Mompou (»Música Callada«).
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