Ausgabe | 17 08. Mai 2015 Deutsche MittelstandsNachrichten powered by Einzelhandel Lebensmittel: Einzelhandel verschläft Trend zum E-Commerce Das Internet bietet dem Einzelhandel der Lebensmittelbranche große Chancen für Kundenbindung und das Werben neuer Kunden R großen Auswirkungen auf den Umewe, Edeka, Kaiser’s Tengelmann und noch ein paar andere Susatz gehabt, weil sich die Kaufentpermarktketten haben mittlerweile scheidung bei Lebensmitteln noch einen Lebensmittel-Lieferservice. grundlegend von der bei Bekleidung Online bestellen, Lieferzeit aussuunterscheide. Zwar hätten die opchen und bis vor die Wohnungstür tischen und haptischen Qualitätsliefern lassen. Solche Dienste werden ansprüche etwa im Frischebereich immer mehr vom Kunden angenomzur Folge, dass der Stellenwert des men. Doch angesichts des riesigen stationären Handels auch langfrisUmsatzes der Textilindustrie im Intig hoch sein werde. Aber die „Digiternet, herrscht in der Lebensmitteltalisierung der Gesellschaft und das branche noch immer ein enormer Supermärkte werden nie ganz verschwinden. Dennoch dürfen zunehmende Selbstverständnis von Nachholbedarf im Online-Bereich. die Einzelhändler in der Lebensmittelbranche die Digitalisie- Multioptionalität beim Einkaufen“ rung nicht verpassen. Foto: Flickr/Dean Hochman/CC BY 2.0 Kleine Bildchen der offerierten Prowürden auch den LEH zukünftig vor dukte und das ein oder andere AnHerausforderungen stellen. Strukgebot der Woche – vielmehr bieten die im Zeitalter der Smartphones und Tab- turanpassungen seien notwendig. meisten Lebensmittel-Einzelhändler (LEH) lets immer wichtiger. Während die TexEntscheidend für diese Entwicklung noch nicht. ist die rasante Verbreitung der Smart Detil- und Bekleidungsbranche bereits 25 Mit Blick auf die Entwicklung im E- % des deutschen E-Commerce-Umsatzes vices. So werden bis 2020 weltweit etwa Commerce muss sich demnach noch eini- ausmacht, ist der LEH „von digitalisierten 26 Milliarden Smart Devices im Umlauf ges tun. Dies bestätigt auch eine aktuelle Geschäftsmodellen bisher weitestgehend sein. Auch in Deutschland sind sie bereits Bestandteil des täglichen Lebens. „Euler Studie von Euler Hermes Rating. Anspre- verschont geblieben“, so die Studie. Bisher habe dies noch keine allzu Hermes Rating erwartet, dass auch im chende, innovative Kundenbindung wird Analyse Online-Handel weist große Wachstumsmargen auf 74 Prozent der deutschen Konsumenten, die schon mindestens einmal im Internet eingekauft haben, bestellen Bücher, Musik, Filme oder Videospiele am liebsten online, zeigt der aktuelle „Total Retail 2015“-Bericht der Unternehmensberatung PricewaterHouseCoopers (PwC). Allerdings ist bei Büchern, Unterhaltungselektronik und Bekleidung schon eine gewisse Sättigung zu spüren. „Beim Verkauf von Büchern, Unterhaltungselektronik und Bekleidung lassen sich kaum noch neue Online-Shopper gewinnen“, sagt Gerd Bovensiepen von PwC. Hier ginge es mittlerweile vor allem um die Kundenbindung und -abwerbung. 39 Prozent der deutschen Verbraucher kaufen Kleidung und Schuhe am liebsten online – ein Minus von sieben Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr. 30 Prozent der Deutschen kaufen Möbel und Haushaltswaren bereits online, bei Heimwerkerprodukten sind es 25 Prozent. Aber ihre Lebensmittel kaufen in Deutschland erst 12 Prozent der Konsumenten online. In „Segmenten mit einem relativ niedrigen Anteil an Online-Shoppern bestehen gute Wachstumsaussichten für Online-Händler“, so PwC. Ihre Lebensmittel und Möbel würden die Deutschen zwar weiterhin am liebsten im Laden kaufen. Die Vorliebe für Online-Shopping wachse jedoch auf bemerkenswertem Niveau von rund 28 Prozentpunkten pro Jahr, heißt es in dem Bericht. „Konsumenten werden ihre Einkäufe auch in diesen Produktgruppen künftig verstärkt ins Internet verlagern“, betont Gerd Bovensiepen. „Für Händler und Hersteller lohnt es sich, ihre Online- Angebote weiter kundenorientiert auszubauen und sich so Marktanteile zu sichern.“ Der E-Commerce-Bereich befindet sich weiter im Wachstum. Im Juni will nun die Deutsche Börse eine OnlinePlattform für Start-ups und Investoren starten. Es seien bereits eine Reihe von Firmen ausgewählt worden, die sich dort ab Sommer präsentieren werden, erklärte Deutschlands größter Börsenbetreiber am Mittwoch. Dazu zählen unter anderem der Online-Kreditanbieter Kreditech, die Optiker-Kette brillen.de und der Internet-Möbelmarkt Home24, eine Tochter von Rocket Internet. Auf der Online-Plattform sollen junge Firmen mit Kapitalbedarf und risikofreudige Investoren mit tiefen Taschen zusammengebracht werden. 1 Deutsche MittelstandsNachrichten powered by Ausgabe |17/15 Food-Segment ein erhebliches Potenzial zur Nutzung von digitalen Services liegt, welches bisher nur eingeschränkt ausgeschöpft wird.“ Der Bereich des Curated Shoppings werde zukünftig im LEH eine große Rolle spielen, so die Studie. Beispielsweise sollen individualisierte Rezeptvorschläge, Ernährungstipps etc. den Kunden stärker binden. Smarte Kühlschränke könnten dem LEH ebenfalls als Brücke zum Kunden dienen. Die Auswertung von mobilen Daten kann außerdem zu einer besseren Auswertung der Online-Seiten und auch der stationären Geschäfte genutzt werden. „Der digitale Wandel wird zukünftig von den LEHs hohe Investitionen erfordern, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und Marktanteile zu verteidigen“, heißt es in der Studie. Vor allem vor dem Hintergrund neuer Konkurrenten wie Amazon Fresh etc. müssen die Einzelhändler handeln. Gleichzeitig sei ein hohes Maß an Investitionen in Datenschutz notwendig. In diesem Zusammenhang zeigt auch die Unternehmensberatung PricewaterHouseCoopers (PwC) eine weitere Chance, die sich den Lebensmittel-Einzelhändlern im Online-Bereich bietet. Angesichts stetig neuer Lebensmittelskandale und zunehmender Globalisierung der Lebensmittelbranche suche der Konsument verstärkt nach Transparenz und Nachhaltigkeit in der Lebensmittelbranche. LEHs könnten daher vor allem mit ihrem Online-Angebot den Konsumenten Transparenz bei ihren Produkten bieten und diese so weiter an sich binden bzw. neue Kunden für sich gewinnen. Eine aktuelle Studie von PwC kommt 08. Mai 2015 diesbezüglich zu dem Schluss: „Ein Großteil der Unternehmen (…) ist sich bewusst, dass Kunden und Gesetzgeber zunehmend eine lückenlose Rückverfolgbarkeit und Transparenz von Produkten entlang von Wertschöpfungsketten fordern, und setzt bereits entsprechende Technologien ein.“ Digitale Lösungen seien hier besonders geeignet, da sie ein einheitliches, abgestimmtes Handeln über alle Wertschöpfungsstufen hinweg ermöglichen. Außerdem können sie optimal an die von den Konsumenten auf breiter Basis genutzten digitalen Kanäle wie Smartphone oder Tablet angebunden werden. „Zudem lassen sich mit digitalen Lösungen Vorteile generieren, wie etwa Effizienzgewinne, bessere Vergleichbarkeit mit Wettbewerbern, höhere Produktsicherheit sowie eine Erhöhung von Reputation und Vertrauenswürdigkeit“, so die Studie. Investitionen Auf Einkaufstour: Jeder zweite Mittelständler erwägt Zukäufe Viele deutsche mittelständische Unternehmen setzen wie amerikanische Firmen beim Expansionskurs auf Übernahmen I Prozentpunkte mehr als noch n den vergangenen zwölf 2012. In Italien und Frankreich Monaten haben 57 Prozent erwägen sogar 41 Prozent und der deutschen Mittelständler 37 Prozent der Mittelständler, eine mögliche Übernahme mittels Zukäufen in den komgeprüft. „Im weltweiten Vergleich werden deutsche Firmenden drei Jahren ihr Unmen damit nur von US-Unterternehmen auszubauen. „Vom Kaufinteresse in nehmen übertroffen“, heißt es diesen Ländern profitieren im aktuellen „Internationaler deshalb auch deutsche UnBusiness Report – M&A 2015“ der Wirtschaftsprüfungsgeternehmen – sie gelten als mögliche Akquisitionsziele“, sellschaft Warth & Klein Grant so Bartels. Die Ziele der deutThornton. In den USA zogen 61 Prozent der Unternehmen schen Unternehmen würden Zukäufe in Betracht, in Franksich dagegen nahezu gleicherreich waren es 45 Prozent. Für 57 Prozent der Deutschen und 61 Prozent der US-Unternehmen haben im ver- maßen auf Größenwachstum den Bericht befragte die Wirt- gangenen Jahr mögliche Zukäufe geprüft. Grafik: Warth & Klein Grant Thornton und das Erschließen neuer geografischer Märkte verteischaftsprüfungsgesellschaft zwischen September und Dezember 2014 na und in einigen Euroländern wie Spani- len, wie der Bericht zeigt. mehr als 5.000 Führungskräfte mittel- en ist mit der wirtschaftlichen Erholung Mit Blick auf zukünftige Investitiständischer und großer Privatunterneh- der Appetit auf Zukäufe deutlich gewach- onen dieser Art setzen die deutschen Unternehmen jedoch vor allem auf ihre men in 35 Ländern. sen.“ „Die Unternehmen in Deutschland Weltweit gaben 33 Prozent der mit- eigenen Rücklagen. 77 Prozent wollen und den USA sind wirtschaftlich stark telständischen Unternehmen an, in den mögliche Zukäufe selbst finanzieren. 19 und können auch größere Akquisitionen nächsten drei Jahren mit Akquisitionen Prozent können sich auch die Mithilfe angehen”, sagte Kai Bartels von Warth & wachsen zu wollen. Bei den deutschen von Finanzinvestoren vorstellen: doppelt Klein Grant Thornton. „Aber auch in Chi- Unternehmen waren dies 23 Prozent: acht so viele wie 2012. 2 Deutsche MittelstandsNachrichten powered by Ausgabe |17/15 08. Mai 2015 Innovation Audi stellt Diesel aus CO2 und Wasser her Dem Ingolstädter Automobilkonzern ist es gelungen, kohlenstoffneutrale Brennstoffe herzustellen. Wasser, CO2 und Ökostrom sind die Grundlage für den „e-diesel“. E in Paradigmenwechsel zeichnet sich ab. Der Automobilhersteller Audi hat es erstmals geschafft, kohlenstoffneutrale Brennstoffe herzustellen. In einer Pilot-Fabrik in Dresden wurde der Versuch durchgeführt. Das dortige Audi-Werk wird von der Technologieschmiede Sunfire geführt. Täglich sollen dort in den kommenden Monaten 160 Liter synthetischer Diesel produziert werden. Das gab Audi per Pressemeldung bekannt. Einen prominenten ersten Testfahrer gibt es auch schon. Forschungsministerin Johanna Wanka (CDU) bekommt von Audi einen A8 3.0 TDI gestellt, der die zusätzliche Beschreibung „clean diesel quattro“ trägt. Wanka zeigt sich beeindruckt von der Anlage und dem Projekt: „Wenn es uns gelingt, CO2 breit als Rohstoff einzusetzen, leisten wir einen entscheidenden Beitrag zu Klimaschutz und Ressourceneffizienz und ebnen den Weg hin zu einer Green Economy.“ Allerdings ist mit dem erfolgreichen Test in der Herstellung nur der erste Dominostein gefallen. Allein die geringe Produktionsmenge von 160 Litern pro Tag zeigt, dass es sich hierbei mehr um ein Entwicklungsprojekt als um Serienreife handelt. Die Alchemie hat das Wunder be- Foto: Audi wirkt und quasi flüssiges Gold hergestellt. Jetzt starten längere Tests, bevor weiter geplant wird. Der Audi-Konzern weiß, dass er eine kleine Revolution bewirken kann und dementsprechend vorsichtig geht er vor. In den kommenden Monaten sollen etwa 3.000 Liter produziert und zahlreiche Tests durchgeführt werden. Es gibt nämlich auch noch keine offiziellen Emissionswerte von dem sogenannten „e-diesel“. Während diese und viele weitere Informationen noch veröffentlicht werden müssten, ist dagegen bereits bekannt, wie das Verfahren abläuft, mit dem der Autobauer den künstlichen Dieseltreibstoff herstellt. So liefert die Nachrichten-Website sciencealert.com dazu eine passende Grafik. Zuerst wird dabei Wasser verdampft. Der über 800 °C heiße Dampf wird dann per Elektrolyse in Wasserstoff und Sauerstoff gespaltet. Beide Verfahren – die Erwärmung und die Spaltung – sind ökologisch und nachhaltig ausgerichtet. So wird Wasser dank Wärmerückgewinnung erhitzt, die effizienter sei als herkömmliche Methoden. Die Hochtemperaturelektrolyse dagegen kann sich an die Spitzenzeiten beim Ökostrom ausrichten und somit genau dann arbeiten, wenn die Stromnetze besonders viel Ökostrom bekommen. Im Anschluss an die Spaltung gibt es noch zwei weitere Prozeduren bei der Entwicklung. Dabei reagiert der Wasserstoff unter Druck mit dem Kohlendioxid. Als Ergebnis gibt es laut Audi eine flüssige und langkettige Kohlenwasserstoffverbindung, die sie „Blue Crude“ nennen. Doch nicht nur das gesamte Verfahren ist auf ökologischen Ressourcen aufgebaut – auch die Effizienz kann sich sehen lassen. Von Strom aus erneuerbaren Energiequellen bis hin zum flüssigen Kohlenwasserstoff beträgt der Wirkungsgrad schier unglaubliche 70 Prozent. Eine Raffinerie wird übrigens immer noch benötigt. Denn genau wie aktuelles fossiles Rohöl wird Blue Crude dort veredelt, damit als Endprodukt Audis e-diesel herauskommt. Ein spezielles Merkmal von Audis synthetischem Diesel ist das völlige Fehlen von Schwefel und Aromaten. Außerdem sei die Cetanzahl besonders hoch. Das ist generell ein Qualitätsmerkmal von leicht entzündlichem Dieselkraftstoff. Audi selbst sieht seinen neuen e-diesel entweder als Beimischung zu gewöhnlichem Diesel oder als eigenständigen Kraftstoff. Letztlich werden auch die Produktionskosten darüber entscheiden, ob es den Ökodiesel in reiner Form zu kaufen geben wird. Sunfire und Audi arbeiten bereits seit Mai 2012 an diesem Projekt. Im Juli 2013 wurde mit dem Bau der Anlage in Dresden begonnen. Im November 2014 startete die Versuchsreihe. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat die Arbeit zusätzlich unterstützt. Wissenschaftler aus Japan und China haben eine ähnliche Methode entwickelt, die den Verbrennungsprozess quasi umkehrt: Statt fossile Brennstoffe wie Erdöl oder Erdgas zu CO2 zu verbrennen, ließe sich aus dem klimaschädlichen Abgas der eigentliche Brennstoff zurückgewinnen. Damit wäre es möglich, das CO2 sozusagen zu „recyceln“. 3 Deutsche MittelstandsNachrichten powered by Ausgabe |17/15 08. Mai 2015 Innovation Tesla steigt mit Batterien für Unternehmen in Strombranche ein Vor allem Haushalte und mittelständische Unternehmen sollen so unabhängiger vom Stromnetz werden können A m Freitag stellte Tesla-Chef Elon Musk eine neue Batterie vor: die „Powerhall Home Battery“. „Die neuen TeslaBatterien markieren einen Meilenstein, denn kostengünstige und leistungsfähige Speicher sind eine Schlüsseltechnologie der dezentralen Energie-Revolution“, sagte LichtBlick-Gründer und CEO Heiko von Tschischwitz in Los Angeles. Sein Unternehmen ist eine Kooperation mit Tesla eingegangen, um die „intelligente Einbindung in die Energiemärkte“ zu realisieren. Die neue Batterie solle es mittelständischen Unternehmen und Haushalten ermöglichen, ihren selbst erzeugten Solarstrom zu nutzen. Aber auch eine Speicherung von Strom, wenn er gerade günstig ist, ist mit der Powerwall möglich. Ab Mitte des Jahres sollen die Batterien, die auch in den TeslaAutos eingebaut werden, auf den Markt kommen. Haushalte und Unternehmen könnten sich mit der Batterie gegen potentielle Stromausfälle wappnen, so Tesla. „LichtBlick vernetzt lokale Batterien zu einem leistungsstarken Schwarmstrom-Speicher“, so Tschischwitz. „Die optimierte Nutzung millionenfach installierter Batterien auch außerhalb der Gebäude ist der entscheidende Schritt, um die dezentrale Energiewelt zum sys- Die Batterien, die sonst in Teslas Autos stecken, sollen nun auch Unternehmen als Absicherung gegen Stromausfälle dienen. Foto: Flickr/Don McCullough/CC BY 2.0 tembestimmenden Fundament unserer Energieversorgung zu machen.“ Zwei Modelle der Powerwall sind geplant. Die 10-KWh-Variante wird für 3.500 Dollar (etwa 3.100 Euro) zu haben sein, die mit 7 KWh für 3.000 Dollar. Die Batterie wiegt etwa 100 Kilogramm und ist mit einer Höhe von 1300 mm und einer Breite von 860 mm noch recht kompakt. Im vergangenen Jahr hatte der Sportwagenhersteller Tesla vor allem mit hohen Investitionskosten zu kämpfen. Dennoch baut das Unternehmen aus. Für seine Tesla-S-Modelle hatte Tesla zuletzt angekündigt, eine Autopilot-Funktion bereitzustellen. Und während das Unternehmen in China mit Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, baut es in Deutschland seine Ladestationen aus. Finanzen OECD: Unternehmen dürfen sich nicht auf Euro-Kurs ausruhen Der schwache Euro hat bei einigen deutschen Unternehmen für kurzfristig bessere Unternehmenszahlen gesorgt D ie anhaltende Schwäche des Euros hat bei Exportunternehmen für einen höheren Absatz gesorgt. Über die positiven Effekte bei der Umrechnung hinaus können die Konzerne Produkte außerhalb des Euroraums günstiger anbieten und damit den Absatz ankurbeln. Die Ausfuhren deutscher Unternehmen in die USA steigen, obwohl die dortige Wirtschaft stagniert. In den ersten beiden Monaten 2015 stiegen die US-Exporte um zwölf Prozent, während die Gesamtausfuhren nur um 1,7 Prozent zulegten, wie aus Daten des Statistischen Bundesamtes hervorgeht. Doch Experten warnen vor negativen Nebenwirkungen der „Wunderkur Euro-Schwäche“. „Deutschlands Unternehmen dürfen nicht vergessen, dass es die Innovationskraft und die Qualität deutscher Produkte sind, die den Erfolg in Auslandsmärkten garantieren – nicht die niedrigeren Preise“, erklärt Stefan Kapferer, der stellvertretende Generalsekretär der Organisation für wirtschaftliche Zu- sammenarbeit und Entwicklung (OECD). Kurzfristig verbessere der niedrige EuroKurs für viele Unternehmen zwar die Wettbewerbsposition. Langfristig sei dies allerdings nicht ungefährlich, weil der Anreiz zur Produktivitätssteigerung und Entwicklung neuer Produkte schwinde, so der ehemalige Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium. Vorsicht vor zu viel Komfort ist dem Experten zufolge also angebracht, auf ihrem durch die Euro-Schwäche erzielten 4 Deutsche MittelstandsNachrichten powered by Ausgabe |17/15 Erfolg sollten sich die mit dem Gütesiegel „Made in Germany“ großgewordenen Unternehmen nicht ausruhen. Daimler rechnet in diesem Jahr dank der EuroSchwäche mit einer Milliarde Euro an zusätzlichem Gewinn. Zulieferer Bosch profitiert ebenfalls davon: Das Unternehmen geht im ersten Quartal 2015 mit Währungseffekten von einem Umsatzplus von 13 Prozent aus, ohne sie von rund fünf Prozent. Der Pharma- und Chemiekonzern Bayer wagte dank der Stärke von Dollar und chinesischem Yuan sogar eine Anhebung seiner Jahresprognose. Bayer geht von positiven Währungseffekten in Höhe von etwa neun Prozent im Vergleich zum Vorjahr aus. Bisher waren diese mit drei Prozent beziffert worden. Das Unternehmen erzielt in Nordamerika und Asien rund die Hälfte seiner Umsätze. „Ich scheue mich schon anzunehmen, dass der Dollar-Kurs auf dem derzeit hohen Niveau bleiben wird“ zitiert die Nachrichtenagentur Reuters BASFVorstandschef Kurt Bock. Der Chemiekonzern macht rund 40 Prozent seines Umsatzes außerhalb Europas. Eine ganzjährige Aufwertung des Dollar um einen Cent pro Euro steigert bei sonst gleichen Bedingungen das Ergebnis der Ludwigshafener um etwa 50 Millionen Euro. Doch das jetzt kalkulierte Zusatzwachstum kann auch wieder schwinden, wenn der Euro wieder steigen sollte. Oft verzerrt der Rückenwind durch den Euro auch die Bilanzen der Firmen, die trotz einer eigentlich schwachen Nachfrage deutliche Umsatzsprünge ausweisen. So kletterten Umsatz und Betriebsgewinn des Industriegaskonzerns Linde im ersten Quartal um neun Pro- 08. Mai 2015 zent, obwohl sich Kunden mit Aufträgen überraschend zurückhielten. „Die positiven Währungskurseffekte haben dies aber insgesamt deutlich überkompensiert“, erläuterte Linde-Chef Wolfgang Büchele. Ohne Wechselkurseffekte wären Umsatz und Ergebnis gesunken. Der schwache Euro-Kurs kann nur kurzfristig für ein Plus sorgen, steigt der Euro, sind die Gewinne schnell wieder verpufft. Außerdem wirkt sich der schwache Euro negativ auf deutsche Unternehmen aus, die auf den Import von Vorleistungen angewiesen sind. Im April sanken die Industrie-Aufträge das zweite Mal in Folge. Bereits im April warnte die DIHK bereits vor dem Risiko des schwachen Euros. Denn der Wechselkurs erschwere langfristige Planungen und könne somit zum Risiko für den Mittelstand werden. Industrie Chinas Industrie setzt Abwärtstrend fort Einkaufsmanager-Index für China rutscht auf den niedrigsten Stand seit einem Jahr. Die deutsche Industrie kühlt ab I m April ist der von der HSBC und Markit erhobene Einkaufsmanager-Index (PMI) für China den zweiten Monat in Folge gesunken. Der Index rutschte von 49,6 Punkten im März auf 48,9 Punkte im April. Der Index sank so schnell, wie seit einem Jahr nicht mehr. Ein Wert unter der 50-Punkte-Marke signalisiert ein Schrumpfen der Branche. „Die Bedingungen in Chinas verarbeitender Industrie haben sich den zweiten Monat in Folge verschlechtert“, sagt Annabel Fiddes von Markit. Die Produktion stieg nur geringfügig, die Neuaufträge gingen zurück. „Die relativ schwache Nachfrage wird von einem sich verstärkenden deflationären Druck begleitet“, so Fiddes. Die Nachfrage aus dem Ausland verbesserte sich im April hingegen. Chinas Wirtschaft ist unter Druck. Neben steigenden faulen Krediten, den wachsenden Schattenbanken und der immensen Verschuldung der lokalen Regierungen kämpft die Wirtschaft des Landes mit einer Abkühlung der Konjunktur. Die chinesische Regierung rechnet nur mehr mit einem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von sieben Prozent in diesem Jahr. Zudem wird die Umstrukturierung der staatlichen Unternehmen des Landes in den kommenden Monaten auch negative Auswirkungen auf die Industrie nach sich ziehen. In der deutschen Industrie hat sich das Wachstum im April etwas abgekühlt. Der Einkaufsmanager-Index sank von seinem 11-Monatshoch im März (52,8 Punkte) auf 52,1 Punkte im April. „Damit signalisierte er einen fortgesetzten, wenn auch abgeschwächten Aufwärtstrend im Industriesektor“, so Markit. Das Produktions- und Auftragswachstum habe sich verlangsamt, „blieb aber weiterhin überdurchschnittlich hoch“. Sowohl in Deutschland als auch in der Eurozone (ausgenommen Österreich) haben sich jedoch die Einkaufspreise im April erhöht. „Aus den jüngsten Umfragedaten geht auch hervor, dass die Unternehmen ihre Mehrkosten zumindest teilweise an ihre Kunden weitergaben und die Verkaufspreise den zweiten Monat in Folge anhoben.“ Der Einkaufsmanager-Index (PMI) der Eurozone lag mit 52,2 Punkten im April unter den Daten des Vormonats (52,4 Punkte). „Besonders grell blinken die Warnlampen über Frankreich und Griechenland. Beide Länder verzeichneten zu Beginn des zweiten Quartals verstärkte Einbußen“, betonte Chris Williamson von Markit. Den zweiten Monat in Folge ist der PMI Chinas unter die 50-Punkte-Marke gerutscht. Grafik: Markit Impressum Geschäftsführer: Christoph Hermann, Karmo Kaas-Lutsberg. Herausgeber: Dr. Michael Maier (V.i.S.d. §§ 55 II RStV). Chefredakteurin: Jennifer Bendele. Redaktion: Thomas Gollmann, Anika Schwalbe, Gloria Veeser. Sales Director: Philipp Schmidt. 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