Ausgabe | 21 05. Juni 2015 powered by Pflege Unternehmen suchen kaum Pflegekräfte im Ausland Der Mangel an qualifiziertem Pflegepersonal in Deutschland führt nicht dazu, dass Unternehmen im Ausland nach Personal suchen P Angebote an Sprach- und Integratiflege-Betriebe können kaum onskursen (87 %) und mehr Informaausländische Fachkräfte aktionsmöglichkeiten über Bewerber (73 quirieren. Selbst wenn es ihnen an %). 83 Prozent der befragten UnterFachkräften mangelt, werben sie nehmen mit Rekrutierungserfahrung nur selten gezielt Arbeitnehmer stießen bei ihrer internationalen aus dem Ausland an. Kaum ein anFachkräftegewinnung auf bürokraderer Wirtschaftszweig in Deutschtische Hemmnisse, 67 Prozent auf land hat derart große SchwierigProbleme bei der Anerkennung von keiten, qualifiziertes Personal zu Qualifikationen. 60 Prozent hatten finden. Schwierigkeiten mit der EinwandeBis 2030 werden in Deutschland rungserlaubnis für Drittstaatler. etwa 250.000 Vollzeitstellen im PfleInsbesondere kleine und mittlere gebereich fehlen, teilt das Institut für Unternehmen benötigen UnterstütArbeit und Technik mit. Seit den 70er zung. Je größer das Unternehmen Jahren hat die Politik qualifizierte und je professioneller seine PersonalZuwanderung allenfalls erlaubt, abteilung, desto mehr Arbeitskräfte aber selten aktiv ermöglicht. Genau Pflege-Unternehmen werben lieber Fachkräfte aus anderen Einaus dem Ausland gewinnt es. Kaum das jedoch wäre heute notwendig, richtungen ab, als sie im Ausland zu suchen. aktiv sind vor allem die ambulanten zeigt eine Studie des Zentrums für Foto: Dieter Schütz/pixelio.de Pflegedienste, von denen nur jeder Europäische Wirtschaftsforschung für die Bertelsmann Stiftung. 61 Prozent der Pflegebetriebe versucht, Fachkräfte im zehnte in den vergangenen drei Jahren Rekrutierungsversuche im Ausland under Pflegeeinrichtungen haben Vakanzen, Ausland zu rekrutieren, so die Studie. Die Unternehmen wünschen sich einen ternommen hat. Dagegen war jede fünfte durchschnittlich sind dort 4,3 Stellen unbesetzt. Dennoch hat bislang nur ein Sechstel Abbau rechtlicher Hürden (67 %), bessere stationäre Krankenpflegeeinrichtung und Analyse „Pille danach“ beschert HRA Pharma riesen Absatzwachstum Nachdem die „Pille danach“ nun rezeptfrei in Apotheken bezogen werden kann, ist der Absatz des Verhütungsmedikaments im Vergleich zu den absatzstärksten Monaten des Vorjahres um 25 Prozent angestiegen. Der Pharmahersteller HRA Pharma profitiert besonders von dieser Entwicklung. Der monatliche Absatz der Marke EllaOne mit dem Wirkstoff Ulipristal hat sich in den vergangenen sechs Monaten mehr als verdoppelt. 2014 wurden im Schnitt 37.000 bis 44.000 Packungen des Präparates abgegeben. Seit Mitte Mai ist die Abgabe der Pille rezeptfrei. Im April stieg der Absatz auf über 55.000 Packungen, berichtet der Statistikdienstleister Insight Health. Die höchste Abgabe des Medikaments pro Einwohner gibt es in Hamburg, Ber- lin und Bremen. In Berlin ist die Abgabe pro Person im April um das Fünffache gestiegen. Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) plädiert dafür, dass sich Frauen dennoch vor der Einnahme von einem Arzt beraten lassen. „Es handelt sich um ein stark wirksames Arzneimittel, das gravierend in den Hormon-haushalt der Frauen eingreift”, warnte Huml einem Bericht des Ärzteblatts zufolge. Das Präparat könne starke Nebenwirkungen wie Übelkeit oder Blutungen bis hin zu Zyklusstörungen hervorrufen. Es sei viel stärker dosiert als die normale Anti-BabyPille. Berufsverbände und Fachgesellschaften der Gynäkologen in Deutschland warnen vor einer unzureichenden Beratung zur „Pille danach“. Aufgrund des Wirkstoffs Levonorgestrel im Präparat Pidana – ebenfalls von HRA Pharma hergestellt – kann es zu einer nachlassenden Wirkung ab einem Körpergewicht von über 75 Kilogramm kommen. Die nachlassende Wirkung von Ulipristalacetat beginnt erst bei einem Körpergewicht von 90 Kilogramm. Nach der Einnahme der „Pille danach“ sollen Frauen auf die Einnahme der herkömmlichen Pille bis zur nächsten Menstruation verzichten und unbedingt nichthormonell verhüten. Die Pille verliert in diesem Zeitraum nämlich ihre Wirkung. „Es ist zu befürchten, dass diese unverzichtbaren Informationen in den Apotheken nicht in jedem Fall mit der gebotenen Dringlichkeit an Mädchen und Frauen weitergegeben werden“, warnen die Gesellschaften. 1 powered by Ausgabe | 21/15 Altenpflegeeinrichtung aktiv, um international zu rekrutieren. Drei von vier Pflegeeinrichtungen, die vakante Stellen haben, bezeichnen die Suche nach geeigneten Fachkräften auch in Deutschland als schwierig. Trotzdem nimmt die Rekrutierung aus dem Ausland den letzten Platz unter den Strategien ein, mit denen die Pflegebranche diesem Arbeitskräftemangel begegnet. Gerade einmal 16 Prozent der Einrichtungen wählen diesen Weg. Lieber werben die Unternehmen Personal von der Konkurrenz ab (20 %) oder versuchen, den Krankenstand abzusenken (83 %). Trotz aller Personalknappheit ist dies für 59 Prozent der Pflegebetriebe ohne Erfahrung mit Rekrutierung aus dem Ausland auch künftig keine Option: Zu aufwendig, zu teuer, zu hohe rechtliche Hürden, lauten die Begründungen. Das Land, in dem die deutschen Pflegebetriebe in den vergangenen drei Jahren am häufigsten Arbeitskräfte gesucht haben, ist Spanien. Dort waren 61 Prozent aller Unternehmen mit internationaler Rekrutierungserfahrung aktiv. Dahinter folgen Polen (19 %), Kroatien (16 %) und Rumänien (14 %). Bei den wenigen Unternehmen, die 05. Juni 2015 auch Rekrutierungsversuche außerhalb der Europäischen Union unternommen haben, verteilen sich die Aktivitäten vor allem auf osteuropäische Länder (Bosnien und Herzegowina, Ukraine, Russland) sowie asiatische Länder (China, Philippinen, Vietnam). Pflegeeinrichtungen, die Mitarbeiter aus dem Ausland eingestellt haben, ziehen mehrheitlich ein positives Fazit. 60 Prozent der Unternehmen sind mit diesen Pflegefachkräften zufrieden oder sehr zufrieden. Positiv bewerten die Unternehmen bei den aus dem Ausland eingestellten Mitarbeitern vor allem die Einsatzbereitschaft. Organspende Infokampagnen steigern Spendebereitschaft nur geringfügig Informationskampagnen zum Thema Organspende bauen die Hemmungen für die Spendebereitschaft kaum ab Jeder dritte Befragte trägt den Organspendeausweis einer Umfrage zufolge stets mit sich. D ie Bereitschaft der Bürger für eine Spende der Organe nach ihrem Tod ist in den vergangenen zwei Jahren nur leicht gestiegen. 80 Prozent der Befragten stehen einer Organ- und Gewebespende positiv gegenüber, 71 Prozent der Befragten sind grundsätzlich damit einverstanden, dass man ihnen nach ihrem Tod Organe und Gewebe entnimmt. 2013 waren es 68 Prozent. Das ergibt eine Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), die am Montag veröffentlicht wurde. Doch nur „jeder Dritte in Deutschland hat seine Entscheidung zur Organ- und Gewebespende in einem Organspendeausweis festgehalten“, sagt Heidrun Thaiss, Leiterin der BZgA. Die Bürger müssten noch besser informiert werden über die Organ- und Foto: BZgA Gewebespende, damit sie ihre persönliche Entscheidung bewusst treffen und auch dokumentieren könnten. Die Verbindlichkeit müsse sichergestellt werden. „Alle 8 Stunden stirbt ein Mensch, weil kein passendes Organ zur Verfügung steht“, sagt Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU). Denn viele hielten weder ihren Willen schriftlich fest, noch teilten sie ihre Entscheidung ihren Angehörigen mit. „Deshalb ist der Organspendeausweis so wichtig“, so Gröhe. „Jeder sollte sich informieren, bewusst entscheiden und mit der eigenen Familie darüber sprechen. Denn diese Entscheidung kann Leben retten.“ Die aktuelle Befragung zeigt eine weitgehende Akzeptanz und eine leicht höhere Bereitschaft zur Organ- und Gewebespende als in den vergangenen Jahren. Auf die Frage nach den Motiven für eine Organ- und Gewebespende sagen 64 Prozent aller Befragten, dass sie anderen Menschen helfen wollen. Für 45 Prozent ist die Entlastung ihrer Angehörigen eine wichtige Spendenmotivation. 12 Prozent der Befragten lehnen eine Organ- und Gewebespende ab, weil sie den Missbrauch durch Organhandel fürchten, und 9 Prozent aus Angst, dass medizinisch nicht mehr alles für sie getan würde, wenn ein Organspendeausweis vorliege. Das Deutsche Herzzentrum in Berlin stand vor diesem Hintergrund bereits vor einem Jahr unter Manipulationsverdacht. Die Staatsanwaltschaft leitete ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf fahrlässige Tötung in 28 Fällen ein, heißt es verschiedenen Medienberichten zufolge. Einem anschließenden Prüfbericht zufolge gab es in 14 Fällen manipulierte Transplantationen. Krankheitsbilder wurden falsch beschrieben und die Dosis von Medikamenten zu hoch angesetzt. So kamen einige Patienten schneller zu einem Spenderorgan, als es ihnen tatsächlich zustand. Seit 2012 steigt in Deutschland die Zahl der Personen, die einen Organspendeausweis ausgefüllt haben: Hatten 2012 lediglich 22 Prozent ihre Entscheidung zur Organ- und Gewebespende in einem Ausweis dokumentiert, waren es 2013 schon 28 Prozent. Dieser Trend setzt sich 2014 fort – inzwischen besitzen 35 Prozent der Befragten einen Organspendeausweis. 2 powered by Ausgabe | 21/15 Das liegt auch an der Forschung, die die Zahl der verwertbaren Spenderorgane ansteigen lässt. Bis zu 30 Prozent mehr Herzen können in Zukunft transplantiert werden. Zwei australische Herzkranke erhielten Berichten der Website IFLScience zufolge bei Transplantationen in Sidney bereits Spenderherzen, die bis vor kurzem nicht hätten genutzt werden können. Beide Herzen hatten schon mindestens 20 Minuten nicht mehr geschlagen und konnten dennoch erfolgreich den Spendern entnommen, wiederbelebt und ihren neuen Besitzern eingesetzt werden. Die große Mehrheit (86 %), die einen Organspendeausweis ausgefüllt hat, stimmt einer Organ- und Gewebespende zu. 7 Prozent benennen eine andere Person, die im Todesfall über eine Organ- und Gewebespende entscheiden soll. Lediglich 4 Prozent dokumentieren ihren Widerspruch im Organspendeausweis. Die Ergebnisse zeigen ebenfalls, dass bereits 46 Prozent aller Befragten ihren Angehörigen ihre persönliche Entscheidung zur Organ- und Gewebespende mitgeteilt 05. Juni 2015 haben. Das Transplantationsgesetz schreibt vor, dass Krankenkassen und Krankenversicherungsunternehmen ihre Versicherten alle zwei Jahre über die Organ- und Gewebespende und über den Nutzen und die Möglichkeiten des Organspendeausweises informieren müssen. Doch mehr als die Hälfte der Befragten (57 %) fühlt sich zum Thema Organ- und Gewebespende weniger gut bis schlecht informiert. Die BZgA hält deshalb ein breites Informationsangebot bereit. Gesundheitswirtschaft Künstliche Befruchtung: In Griechenland billiger als in Deutschland Die Fruchtbarkeitsindustrie in Griechenland boomt. Spenderinnen erhalten 1.000 Euro für ihre Eizellen I n Griechenland boomt das Geschäft mit der künstlichen Befruchtung. Die Behandlungen haben sich in den vergangenen Jahren im Schnitt verfünffacht. Das Land will nun Profit aus der assistierten Fortpflanzungstechnologie (ART) ziehen: Denn trotz Finanzkrise im Land seien viele dazu bereit, für eine künstliche Befruchtung zu zahlen, zitiert der Nachrichtendienst Bloomberg den Chef der größten Fertilitätsklinik des Landes. Das weltweite Marktvolumen wird auf 20 Milliarden Dollar bis zum Jahr 2020 geschätzt – das wäre mehr als eine Verdoppelung seit dem Jahr 2012 (rund 9,3 Milliarden Dollar). Doch nicht nur Griechinnen sollen die Kliniken füllen, auch um Patientinnen aus dem Ausland wird geworben: Ähnlich wie es bereits Spanien praktiziert, soll die Behandlung in Verbindung mit einem Urlaub angeboten werden. So könnten gleich zwei Wachstumsbranchen neu belebt werden. In Griechenland werden die Behandlungen, Zyklen genannt, zudem viel günstiger angeboten als anderswo. Zum Vergleich: Ein Behandlungszyklus in den USA kostet beim ersten Versuch 9.500 Dollar, sollte dieser fehlschlagen, kommt der zweite Zyklus auf 8.000 Dollar. In Griechenland kosten zwei Versuche nur 4.500 Euro, berichtet der Nachrichtendienst Bloomberg. Zudem haben die Staatsschuldenkrise und die damit verbundenen Haushaltskürzungen der griechischen Regierung der Fruchtbarkeitsindustrie geholfen: Das griechische Recht erlaubt nämlich, dass Frauen anonym Eizellen spenden können und dafür rund 1.000 Euro erhalten. Während die Geburtenrate in der Krise fiel, stieg gleichzeitig die Abgabe von Eizellen. Der griechische Markt ist auch deswegen größer als in anderen Ländern, weil die Behandlung bei Frauen bis 50 Jahren erlaubt ist und eben nur ein Viertel von dem kostet, was etwa in den USA für so einen Eingriff veranschlagt wird. „Das Land ist an einem kritischen Punkt angekommen“, so Gesundheitsminister Panagiotis Kouroublis auf einer Pressekonferenz zur Förderung des „Fruchtbarkeitstourismus“. „Wenn es um das Thema Wachstum geht, müssen wir Forschung und Wissenschaft nutzen.“ Europa sei weltweit führend bei der Zahl der durchgeführten ART-Verfahren, so die European Society of Human Reproduction and Embryology (ESHRE). Aufgrund der steigenden altersbedingten Unfruchtbarkeit werde die Nutzung von gespendeten Eizellen immer wichtiger, so ESHRE. Laut der ESHRE werden die meisten Behandlungen mit gespendeten Eizellen derzeit noch in Spanien durchgeführt. Über Griechenland gibt es bislang wenig gesicherte Daten: Es gibt noch nicht einmal eine genaue Zahl, wie viele Fruchtbarkeitszentren entstanden sind, seitdem im Jahr 2005 das Gesetz verabschiedet wurde, welches solche Zentren erlaubt. Die alternde Gesellschaft sorgt für einen Boom bei den künstlichen Befruchtungen. Griechenland will an dem Geschäft kräftig mitverdienen. Foto: Flickr/Kamaljith K V/CC BY 2. 3 powered by Ausgabe | 21/15 05. Juni 2015 Genforschung Gespiegelte DNA macht den perfekten Menschen möglich Berliner Wissenschaftlern ist es gelungen, ein perfektes Spiegelbild eines DNS-Moleküls zu erschaffen I n der Natur spielt Symmetrie eine große Rolle. An uns selbst und in der Tierwelt sind dutzende solcher Symmetrien zu erkennen: zwei symmetrische Arme und Beine, zwei symmetrische Nasenlöcher, zwei symmetrische Lungenflügel. Laut der Wissenschaft entspricht ein absolut symmetrisches Gesicht außerdem dem Schönheitsideal. Umso verwunderlicher ist es, dass Symmetrie im Innern unseres Körpers eine weniger bedeutsame Rolle zu spielen scheint. Blickt man beispielsweise auf Nukleotide und Aminosäuren, die auch als die Bausteine des Lebens bezeichnet werden, da sie Grundlage für die Entstehung von DNS, RNS und Proteinen sind, zeigt sich, dass Spiegelbilder hier kaum vorkommen. Niemand weiß bisher, weshalb das so ist. Unweigerlich stellt sich aber die Frage, was wäre, wenn im Körper auch das Spiegelbild der Moleküle vorzufinden wäre. Seit bekannt wurde, dass die molekularen Grundlagen unseres Lebens nur auf ein Abbild reagieren, versuchen Forscher mittels gespiegelter Moleküle, den Körper zu überlisten und Krankheiten zu bekämpfen. So beispielsweise das Berliner PharmaUnternehmen NOXXON Pharma AG. Deren Forschern ist es gelungen, eine neue Klasse Aptamere zu erschaffen, berichtet die Nachrichten-Website Sciencedaily. Aptameren sind einzelsträngige Moleküle, die Bestandteile der DNS sind. Aptamere können spezifische Moleküle über ihre dreidimensionale Struktur an sich binden. Normalerweise baut die Natur solche Aptamere aus D-Nukleotiden. Die Forscher kreierten jedoch Aptamere aus L-Nukleotiden. Diese sind komplett identisch mit ihren natürlichen Pendants, aus denen die DNS gebaut wird. Der einzige Unterschied ist, dass es sich um ihr Spiegelbild handelt. Die Berliner Wissenschaftler schufen auch gleich einen neuen Begriff für die gespiegelten Aptamere: Spiegelmere. Schon lange arbeiten Forscher daran, Aptamere effizient zur Abwehr von Krankheiten einzusetzen. Allerdings werden sie schnell vom Immunsystem erkannt und als Gefahr eingestuft. Die Folge ist eine ra- Je symmetrischer die DNA, desto perfekter der Mensch. sche Zersetzung durch bestimmte Enzyme. Spiegelmere jedoch werden vom Immunsystem nicht erkannt und lassen sich auch von Enzymen nicht zersetzen. Die Folge ist eine deutlich längere Überlebenszeit im Körper. Eine Eigenschaft, die Wissenschaftler sich im Rahmen der Krankheitsabwehr zunutze machen möchten. Ein Beispiel dafür ist ein von NOXXON entwickeltes Spiegelmer, das in der Lage ist, das Protein C5a zu hemmen. C5a wird vom Immunsystem ausgeschüttet, wenn im Körper pathogene, also krankheitserregende Stoffe gefunden werden. Das C5a bindet sich dann an Mastzellen, wodurch die Ausschüttung von Histamin bewirkt wird. C5a spielt also eine große Rolle bei der Abwehr von Infektionen und Entzündungen. Wird jedoch zu viel des Proteins ausgeschüttet, kann dies zu ernsten Komplikationen führen. Die Folge können schwerwiegende Entzündungen sein. Außerdem lieferten Tests an Mäusen Hinweise darauf, dass C5a das Tumorwachstum positiv beeinflusst. Es wird ferner vermutet, dass C5a in lebensbedrohlichen Situationen wie bei einer Lungenentzündung für Organversagen verantwortlich ist. Eine Hemmung des Proteins könnte also große Fortschritte beim Kampf gegen Krankheiten und in der Krebsimmuntherapie bringen. Axel Vater von NOXXON ist es zusammen mit Forschern des Instituts für Mole- Foto: Flickr/Stuart Cale/CC BY 2.0 kularbiologie und Genetik an der Universität von Aarhus in Dänemark nun gelungen, die dreidimensionale Struktur eines Spiegelmers darzulegen, das sich an C5a gebunden hat. Dies half den Wissenschaftlern zu verstehen, wie ein Spiegelmer es schafft, die Bindung von C5a an Rezeptoren der Mastzellen zu verhindern. Dadurch wird die massenhafte Histaminausschüttung unterbunden und Entzündungen können eingedämmt werden. Dabei standen die Wissenschaftler vor einer großen technischen Herausforderung. „Die Computerprogramme, die wir nutzen, um die Struktur nukleotider Säuren zu analysieren, sind für normale Bausteine, die D-Nukleotide, entworfen. Den Programmen musste also erst beigebracht werden, wie sie mit den Spiegelmeren, geschaffen aus deren Spiegelbildern, den L-Nukleotiden, umzugehen haben.“ Nichtsdestotrotz ist es ihnen gelungen, die atomare Struktur eines an C5a gebundenen Spiegelmers zu zeigen. Möglich wurde das, indem Teilchen des gebundenen Proteins Röntgenstrahlen ausgesetzt wurden. Die Forschungsergebnisse offenbarten dabei Moleküle, die ein perfektes Spiegelbild zu natürlich vorkommenden DNS- und RNSMolekülen darstellen. Dabei sind die Moleküle dennoch in der Lage, sich an Proteine zu binden, die aus natürlichen Aminosäuren entstanden sind. 4 powered by Ausgabe | 21/15 05. Juni 2015 Medizintechnik Mediziner entwickeln gedankengesteuerte Beinprothese Ein Chip im Bein überträgt den Muskelimpuls auf die Prothese. Bisher war dies nur für die oberen Gliedmaßen möglich D as biomedizinische Unternehmen Össur hat eine Beinprothese entwickelt, die durch die Gedanken des Trägers gesteuert wird. In die künstlichen Gliedmaßen wird ein Computerchip eingebaut, der über einen Funksensor Signale erhält. Der Sensor befindet sich im Muskelgewebe. Im Gliedmaßenstumpf befinden sich die Überreste der Muskelstränge. Dort wird ein Sensor implantiert, der in Echtzeit die Muskelreize an den Chip in der Prothese überträgt. Das künstliche Bein reagiert schnell auf die Signale und macht einen ununterbrochenen Bewegungsablauf möglich. Össur hat diese Technologie mit verschiedenen Prothesentypen getestet und die Ergebnisse sind durchweg überzeugend. Der drahtlose Verbund zwischen Muskel und Prothese erlaubt es dem Träger, seinen natürlichen Bewegungsablauf wiederzuerlangen. Die Technologie der Muskelimpuls-Übertragung ist nicht neu, allerdings gab es früher andere Ansätze. Der Sensor wurde bisher auf die Hautoberfläche gelegt. Dort nahm er die Muskelimpulse auf. Es ist so nur schwer möglich, bestimmte Impulse isoliert zu erkennen. Außerdem erfordert der Einsatz einer solchen Prothese sehr viel Übung. Die Nutzung der alten Varianten zu perfektionieren zog einen langen Lernprozess mit sich und viele Anwender waren von der Technik stark frustriert. Die Antwort lag in einer gezielteren Sensorverwendung. Mehrere Sensoren erfassen lediglich bestimmte Muskelreize und geben diese weiter. Die Multi-Sensor-Methode funktioniert gut an den oberen Gliedmaßen. Sogar künstliche Hände können so kontrolliert werden. Weniger erfolgreich war es aber im Bereich der unteren Gliedmaßen. Für die Bewegung der oberen Gliedmaßen ist häufig eine bewusste Kontrolle des Handelns notwendig. Arme und Hände werden verwendet, um ganz unterschiedliche Bewegungen auszuführen. Das Öffnen eines Buches oder das Arbeiten mit einem Schraubenzieher erfordern dem Rückenmark. „Diese Technologie erlaubt es dem Nutzer, eine gezielte Muskelsteuerung. Beine werden weniger bewusst eingesetzt. Die Fortbewegung den Einsatz der Prothese intuitiver und integraist zum großen Teil ein Automatismus und es tiver zu erfahren“, sagt Thorvaldur Ingvarsson, kommt regelmäßig zum Einsatz von unkon- Leiter des Prothesen-Projektes. Weiterhin gibt trollierbaren Reflexen. Reflexe werden vom er an, dass die physikalische Bewegung der ProRückenmark ausgelöst und sie entstehen ohne these den Intentionen des Trägers entspricht. einen direkten Befehl vom Gehirn. Anwender müssen nicht darüber nachdenken, Wir sind ohne Probleme in der Lage, in dass sie das Bein bewegen möchten. Es bewegt einen Schuh zu schlüpfen, ohne uns der Kom- sich passend zum geplanten Bewegungsabplexität des gesamten Bewegungsvorgangs lauf. Die unterbewussten Reflexe, die diesen bewusst zu sein. Beine und Füße tun ganz Teil der Bewegung steuern, werden durch die einfach das, was sie tun sollen. Würde das neu- myoelektrischen Impulse nachgeahmt. romuskuläre System nicht auf diese Mechanismen zurückgreifen, wären wir kaum in der Lage, eine Treppe herunterzugehen. Die gedankengesteuerte ProthesenTechnologie von Össur soll kompatibel mit bionischen Füßen, Knien und Beinen der Firma sein. Die computerunterstützten bioDie bionische Beinprothese wird über ein Chip-Implantat gesteuert. Screenshot nischen Prothesen sind in der Lage, in Echtzeit die Fähigkeit zu erlernen, sich dem Gang des Im Rahmen des Forschungsprojektes Trägers anzupassen. Auch die Bewegungsge- haben zwei Probanden bereits für ein Jahr schwindigkeit und das Terrain werden erkannt. mit den implantierten Sensoren gelebt. BeiDas Steuersystem arbeitet mit dem so- de sind äußerst positiv von der Technologie genannten Implantable MyoElectric Sensor überrascht und werden künftig auch an einer (IMES), der von der Alfred Mann Foundation entsprechenden klinischen Studie teilnehmen. Jon Sigurdsson, Präsident und CEO von entwickelt wurde. Die Sensoren haben die GröÖssur, ist mit der neuen Technologie mehr ße eines Streichholzes und werden direkt in den Muskel eingepflanzt. Innerhalb der Prothese als zufrieden: „Gedankengesteuerte bionische befindet sich ein Spiraldraht-Empfänger, der Beinprothesen sind ein bemerkenswerter klinidie Impulse an den Computerchip überträgt. scher Durchbruch für die nächste Generation Der IMES und die computergesteuerte von Bionic-Technologie. Durch die Anpassung, Prothese wirken gemeinsam als eine Art ky- nicht nur auf gezielte Bewegungen des Einbernetisches Rückenmark. Die künstlichen zelnen, sondern auch auf intuitive Aktionen, Extremitäten werden also nicht über ein sind wir näher als je zuvor daran, Prothesen bewusstes Signal gesteuert, sondern durch erstellen zu können, die voll und ganz in den unbewusste Befehle, ähnlich der Reflexe aus Nutzer integriert werden.“ Impressum Geschäftsführer: Christoph Hermann, Karmo Kaas-Lutsberg. Herausgeber: Dr. Michael Maier (V.i.S.d. §§ 55 II RStV). Chefredakteurin: Jennifer Bendele. Redaktion: Thomas Gollmann, Anika Schwalbe, Gloria Veeser. Sales Director: Philipp Schmidt. Layout: Nora Lorz. Copyright: Blogform Social Media GmbH, Kurfürstendamm 206, D-10719 Berlin. HR B 105467 B. Telefon: +49 (0) 30 / 81016030, Fax +49 (0) 30 / 81016033. Email: [email protected]. Erscheinungsweise wöchentliches Summary: 52 Mal pro Jahr. Bezug: [email protected]. Mediadaten: [email protected]. www.deutsche-gesundheits-nachrichten.de 5
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