Sprung ins Wasser

D 8512
51. Jahrgang
nachrichten
Politik
Weißbuch-Gespräch
nr. 17
montag, 4. mai 2015
Sprung ins Wasser
Géza Andreas von Geyr im Inter­
view über den Dialog zum neuen
Weißbuch.
Seite 4
militärgeschichte
Angriff mit HE-111
75 Jahre nach dem Angriff der
Deutschen auf Rotterdam zeigt
eine gemeinsame Ausstellung
beide Perspektiven. Seite 6/7
Vermischtes
Der Wolf ist zurück
Auf dem Truppenübungsplatz in
Munster hat sich ein Wolfsrudel
niedergelassen.
Seite 11
Die BunDeswehr im internet
„Überleben in See“: Im neuen
Übungszentrum in Bremerhaven
trainieren Soldaten für den Notfall. Seite 8
Foto: Bienert/RedBw
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G 36: Zweite Runde im Ausschuss
Bundestagsabgeordnete wollen am Mittwoch weitere Fragen zum Sturmgewehr stellen.
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Berlin. Für die Sitzung des Ver­
teidigungsausschusses steht in
dieser Woche erneut das Sturm­
gewehr G 36 auf der Agenda.
In Zusammenhang mit den Prä­
zisionsproblemen des Gewehrs
haben die Mitglieder des Aus­
schusses zahlreiche zusätzliche
Fragen beim Ministerium einge­
reicht. Nach Angaben des Minis­
teriums wurden bis Ende der ver­
gangenen Woche umfangreiche
Unterlagen zusammengestellt, die
den Bundestagsabgeordneten zeit­
gerecht vor der Sitzung an diesem
Mittwoch zugestellt werden sollten.
Ob Verteidigungsministerin
Ursula von der Leyen im Aus­
schuss persönlich präsent sein
wird, stand vergangene Woche
noch nicht fest. Sie hatte den
Ausschussmitgliedern bereits am
22. April in einer nichtöffentli­
chen Sitzung Auskunft über den
Sachstand zum G 36 gegeben. Im
Anschluss hatte die Ministerin
öffentlich erklärt, das G 36 habe
in seiner derzeitgen Form „keine
Zukunft“ in der Bundeswehr.
Ob das G 36 komplett ersetzt
werden muss, oder aber der Bun­
deswehr in einer überarbeiteten
Form doch erhalten bleiben kann,
ist nach Angaben des Ministe­
riums weiterhin offen.
Insgesamt hat die Bundes­
wehr in den vergangenen Jah­
ren 176 544 G 36 beschafft. Der­
zeit sind 166 619 der Gewehre im
Bestand. Eine weitere Beschaf­
fung ist seit vergangenem Som­
mer gestoppt.
N ac h wi de rs pr üch li ch en
Berichten über Probleme mit der
Treffgenauigkeit des Gewehres
hatte die Ministerin im vergange­
nen Jahr eine umfassende Unter­
suchung zum G 36 initiiert. Die
Analyse wurde unter anderem in
Zusammenarbeit mit dem unab­
hängigen Ernst­Mach­Institut in
Freiburg (EMI) erstellt. (vmd)
2
aktuell
Intern
4. Mai 2015
Foto: Bundeswehr
BILD Der WocHe
Konzentriert und fokussiert die Lage im Blick: ein Fallschirmjäger der Bundeswehr beobachtet während einer Aufklärungspatrouille sein Umfeld. Das Bild entstand im
Zuge eines Fotoprojekts des Heeres. Mehr Bilder gibt es im Internet auf www.deutschesheer.de/wirsinddasheer.
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ZItAt
eDItorIAL
„Es fühlt sich an, als würden wir gleich
verschluckt.“
Anfang des Jahres haben renom­
mierte Atomwissenschaftler
– darunter 17 Nobelpreisträger –
entschieden, die Zeiger der Welt­
untergangsuhr auf drei Minuten
vor zwölf vorrücken zu lassen.
Steht die Welt tatsächlich am
Abgrund? „Völlig übertrieben!“,
möchte ich auf Anhieb entgeg­
nen.
Aber etwas lässt mich zögern.
Zuviel ist in den vergangenen
Monaten geschehen, und zuviel
geschieht an jedem weiteren Tag.
Wenn es auch hoffentlich über­
spitzt ist, rhetorisch schon mal
das Ende der Welt einzuläuten, so
stimmt doch, dass sich die Lage
nicht gerade verbessert hat.
Fazit der vergangenen Monate:
Global betrachtet droht der Friede
zu Beginn des 21. Jahrhunderts
klar ins Hintertreffen zu geraten.
Nicht mal in Europa ist er eine
gesicherte, zuverlässige Ange­
legenheit. Theoretisch war das
immer klar, die Realität macht
trotzdem fassungslos. Die bittere
Erkenntnis: Konflikte mit Worten
aufzuhalten, die andere um jeden
Preis mit Waffen – und in man­
chen Teilen der Welt mit barbari­
schen Mitteln – austragen wollen,
erscheint nahezu aussichtslos.
Neun Jahre habe ich als Jour­
nalistin gearbeitet. Zunächst als
Polizeireporterin bei der Han­
Die 24-jährige Sita Gurung aus Nepal über das Erdbeben, das Teile
ihres Heimatlandes völlig zerstört hat.
KALenDerBLAtt
Vor 20 Jahren: Am 7. Mai 1995 wird Jacques Chirac nach zwei
Misserfolgen zum französischen Staatspräsidenten gewählt. Er
vertritt eine strenge Haushaltspolitik, um Frankreich die Teilnahme
am Euro zu ermöglichen. Die Neuwahlen im Jahr 1997 verliert er.
Vor 25 Jahren: Am 5. Mai 1990 treffen die Außenminister der
beiden deutschen Staaten, Hans-Dietrich Genscher und Markus
Meckel, mit Vertretern der vier Siegermächte des Zweiten Weltkriegs
zur Zwei-plus-vier-Konferenz zusammen, um über Deutschlands
Zukunft zu verhandeln.
Vor 55 Jahren: Am 9. Mai 1960 erteilt die US-Gesundheitsbehörde
der „Anti-Baby-Pille“ die Zulassung. 1961 bringt die Schering AG
die erste „Pille“ in Deutschland auf den Markt. Damals ist die Kon­
zentration der Hormonpräparate mehr als doppelt so hoch wie heute.
Vor 60 Jahren: Am 5. Mai 1955 wird der Besatzungszustand in
den westlichen Teilen Deutschlands zehn Jahre nach dem Ende des
Zweiten Weltkriegs beendet. Die Bundesrepublik Deutschland erhält
ihre staatliche Selbstständigkeit und Unabhängigkeit.
Vor 175 Jahren: Am 6. Mai 1840 gibt Großbritannien die welt­
weit erste Briefmarke heraus. Das als „Penny Black“ bekannte Post­
wertzeichen begründet die bis heute anhaltende britische Tradition,
dass alle britischen Briefmarken das Porträt des Königs oder der
Königin zeigen.
noverschen Allgemeinen Zei­
tung, dann im Ressort Politik
der Regionalausgabe von BILD
in Hamburg. Von Beginn an war
auch die Bundeswehr Thema für
mich. Über Soldaten zu schrei­
ben, bedeutet Menschen zu tref­
fen, die sich ihrer Aufgabe mit
einem Ausmaß an Umsicht und
Verantwortung stellen, das viele
nicht erahnen.
Mein neuer Arbeitsplatz ist die
Redaktion der Bundeswehr. Dort
arbeiten Soldaten und Zivilisten
an einem gemeinsamen Auf­
trag. Sie gestalten die Print- und
Onlinemedien der Bundeswehr,
erklären, was Soldaten jeden
Tag leisten. Der neue Arbeits­
platz war eine gezielte Entschei­
dung. Es gibt viel zu berichten.
Gerade jetzt.
Vivien-Marie Bettex
Redakteurin Politik
4. Mai 2015
MinisteriuM / Hintergrund
aktuell
3
Im Osten bereit
Regierungskonsultationen und Besuch in Stettin: Verteidigungsministerin reist nach Polen.
von Jörg Fleischer
und Florian Stöhr
Warschau. Zwei Staaten rücken
weiter zusammen: Seit einigen
Wochen steht fest, dass Deutsch­
land und Polen sich gegensei­
tig jeweils ein Kampfbataillon
unterstellen werden, außerdem ist
eine Kooperationsvereinbarung
der beiden Luftwaffen geplant.
Bei den 13. Deutsch-Polnischen
Regierungskonsultationen in
Warschau haben Verteidigungs­
ministerin Ursula von der Leyen
und ihr polnischer Amtskollegen
Tomasz Siemoniak vergangene
Woche über weitere Möglich­
keiten der militärischen Zusam­
menarbeit zwischen Deutschland
und Polen gesprochen.
Gespräche zur Lage
in der Urkraine
Während des Besuchs der deut­
schen Regierungsmitglieder in
Polen gab es auch eine gemein­
same Plenarsitzung im Parla­
ment in Warschau. Unter der
Leitung der polnischen Minis­
terpräsidentin Ewa Kopacz und
Bundeskanzlerin Angela Merkel
tauschten sich deutsche und pol­
nische Regierungsmitglieder über
europapolitische Fragen aus.
Schwerpunkthema: Die Lage in
der Ukraine.
Bereits wenige Tage zuvor hat­
ten von der Leyen und ihr pol­
nischer Amtskollege Siemoniak
gemeinsam mit dem dänischen
Verteidigungsminister Nicolai
Wammen das Multinationale
Korps Nordost in Stettin besucht.
Auf Initiative der drei Minister
war auf dem NATO-Gipfel im
September 2014 eine Verstär­
kung des Kommandos beschlos­
sen worden, um die Reaktionsfä­
higkeit der NATO zu erhöhen.
So kooperieren Deutschland und Polen bereits
Im Oktober haben Verteidigungsministerin
Ursula von der Leyen und der polnische Vertei­
digungsminister Tomasz Siemoniak verkündet,
eine vertiefte Zusammenarbeit der deutschen und
polnischen Landstreitkräfte anzustreben. Inzwi­
schen haben beide Heeresführungen einen Plan
zur Intensivierung der deutsch-polnischen Hee­
resbeziehungen verabschiedet und sich auf die
Einrichtung einer Arbeitsorganisation geeinigt.
Bereits im Mai 2013 wurde eine Zusammenarbeit
beider Marinen vereinbart. Im November 2013
kaufte das polnische Heer rund 120 Kampfpan­
zer vom Typ „Leopard 2 A4/A5“. Im darauffol­
genden Jahr wurden erstmals polnische Panzerbe­
satzungen und polnisches Instandsetzungspersonal
in Deutschland ausgebildet.
(eb)
„Polen setzt auf die Entwicklung
des Korps“, sagte Siemoniak.
Sein Land werbe dafür, „dass
möglichst viele Bündnispart­
ner in Stettin präsent sind“. Das
Korps solle „zum Organisator
der Verteidigung in Osteuropa“
werden.
An der Speerspitze
des Bündnisses
Schon heute leisten dort mehr
als 200 Soldaten aus 15 Natio­
nen ihren Dienst. Ab September
werden 400 Soldaten aus mehr
als 20 Nationen die Drehscheibe
für die NATO in Osteuropa bil­
den, darunter dann 100 Deutsche.
Von der Leyen wertete das
Multinationale Korps Nordost
als ein unmissverständliches Zei­
chen des Westens, das Stärke
und Besonnenheit ausgewogen
demonstriere. Das Multinatio­
nale Korps Nordost ist Auge und
Ohr der NATO in der Region.
Vom Standort in Stettin aus soll
die Speerspitze des Bündnisses
geführt werden.
Marine auf dem Weg ins Mittelmeer
rostock. Die Fregatte „Hessen“
und der Einsatzgruppenversorger
„Berlin“ sollen in den kommen­
den Tagen das Mittelmeer erreichen. Die Schiffe werden dort
eingesetzt, um in Seenot gera­
tene Flüchtlinge zu retten.
Die zwei deutschen Schiffe
waren zuletzt im Golf von Aden
unterwegs. Vergangene Woche
war zunächst noch unklar, wann
die Schiffe den Suez-Kanal pas­
sieren und somit das Mittelmeer
erreichen können. Sie sollen
dann im Hafen von Souda auf
Kreta einlaufen und medizini­
sches Material sowie Hygieneund Desinfektionsmittel an Bord
Foto: Herholt/Bundeswehr
Die Einheiten „Hessen“ und „Berlin“ sollen in Seenot geratene Flüchtlinge retten.
Auf dem Weg ins Mittelmeer: die Fregatte „Hessen“.
nehmen. Außerdem werden Teile
der Besatzung ausgetauscht.
Die Marine hat unterdessen mit
den Vorbereitungen für die Ret­
tungsmission begonnen. Unter
anderem muss sichergestellt wer­
den, dass die deutschen Kriegs­
schiffe kurzfristig ausländische
Häfen anlaufen können. Nor­
malerweise müssen sich mili­
tärische Einheiten drei Wochen
im Vorfeld anmelden, bevor sie
in fremde Hoheitsgewässer ein­
laufen.
Die rechtliche Grundlage für
die Aufnahme der in Not gerate­
nen Flüchtlinge durch deutsche
Einheiten bildet das Internationale Seerechtsabkommen der
Vereinten Nationen. Hilfsbedürftige Personen werden an Bord
genommen und in den nächstge­
legenen Hafen gebracht.
Der Einsatz der deutschen
Schiffe im Mittelmeer ist unab­
hängig von den Missionen der
europäischen Grenzagentur Fron­
tex. Auch die Bekämpfung von
Schleppern, die Flüchtlinge in
seeuntauglichen Booten übers
Meer schicken, zählt nicht zum
Auftrag der Marine.
(vmd)
Verdienstkreuz für
Befehlshaber
Foto: Ebeling/Bundeswehr
Für die nAtO im Osten: das Multinationale Korps in stettin (l.) – rechts im Bild das Verbandsabzeichen – wird weiter ausgebaut.
Berlin. Die Bundeswehr soll
sich mit bewaffnetem Personal
an der Stabilisierung des ehema­
ligen Bürgerkriegslands Liberia
beteiligen. Das Bundeskabinett
billigte am vergangenen Mitt­
woch den Einsatz von bis zu fünf
deutschen Soldaten für die UNOMission. Die Vereinten Nationen
hatten 2003 nach dem Ende des
Bürgerkriegs in dem westafrika­
nischen Land eine Mission ent­
sandt, um Zivilisten zu schützen
und die Regierung Liberias beim
Aufbau von Justiz- und Sicher­
heitsinstitutionen zu unterstützen.
Der Bundestag muss im verein­
fachten Verfahren noch zustim­
men.
(eb)
Berlin. Der Befehlshaber des
Einsatzführungskommandos,
Generalleutnant Hans-Werner
Fritz, hat das Verdienstkreuz
Erster Klasse des Verdien ­
stordens der Bundesrepublik
Deutschland erhalten. Der Gene­
ralinspekteur der Bundeswehr,
General Volker Wieker, über­
reichte Fritz die Auszeichnung
vergangene Woche für seine
Verdienste um die Bundeswehr
und die Bundesrepublik in mehr
als 42 Dienstjahren. Der Ver­
dienstorden der Bundesrepub­
lik Deutschland ist die höchste
Anerkennung, die die Bundes­
republik ausspricht.
(eb)
Abschied im
Planungsamt
Foto: Twardy/RedBw
Foto: Twardy/RedBw
Liberia: Bundeswehr
schickt Soldaten
Berlin. Nach mehr als zweieinhalb Jahren an der Spitze des
Planungsamtes wechselt Gene­
ralmajor Frank Leidenberger in
das Hauptquartier der Mission
„Resolute Support“ in Afghanis­
tan. Dort übernimmt er die Auf­
gaben des Chef des Stabes. Die
Führung des Planungsamtes hat
der Generalinspekteur, General
Volker Wieker, Konteradmiral
Thomas Jugel übertragen. Er war
zuletzt stellvertretender Leiter. der
Abteilung Strategie und Einsatz im
Verteidigungsministerium. (eb)
aktuell
Politik / Hintergrund
Taliban
starten Offensive
kunduz. In Afghanistan haben
sich einheimische Sicherheits­
kräfte in der vergangenen Woche
heftige Gefechte mit Tali­
ban-Kämpfern geliefert, die auf
die Stadt Kunduz im Norden des
Landes vorrücken. Nach Behör­
denangaben waren die Kämpfe
im nördlichen Bezirk Imam Sahib
nur sechs Kilometer von Kun­
duz entfernt. Hunderte Aufstän­
dische standen den Berichten
zufolge vor der Provinzhaupt­
stadt. Die Taliban hatten zuvor
ihre jährliche Frühjahrsoffensive
gestartet und in den vergange­
nen Tagen außerhalb der Stadt
Kunduz bereits mehrere Kont­
rollpunkte von Polizei und Armee
angegriffen.
(eb)
Foto: imago
7000 Soldaten gegen
Terror in Frankreich
Paris. Wegen der Terrorge­
fahr stärkt Frankreich sein Mili­
tär: Von 2016 bis 2020 würden
3,8 Milliarden Euro zusätzlich für
das Verteidigungsbudget bereit­
gestellt, sagte Präsident François
Hollande vergangenen Mittwoch
in Paris. 7000 Soldaten sollen
im Inland dauerhaft zum Anti­
terroreinsatz abgestellt wer­
den (Foto). Auch Luftwaffe,
Cyber-Abwehr und Geheim­
dienst werden gestärkt. Hollande
sagte, die Franzosen sollten sich
„geschützt“ fühlen.
(eb)
Keine EU-Mission
in der Ukraine
4. Mai 2015
Der Mann fürs Weißbuch
Géza Andreas von Geyr moderiert den Beteiligungsprozess für das neue Grundsatzdokument.
Berlin. Vor 24 Jahren trat Minis­
terialdirektor Géza Andreas von
Geyr in den Auswärtigen Dienst
ein. Nach Stationen im Bundes­
kanzleramt und beim Bundes­
nachrichtendienst leitet er seit
2014 die Abteilung Politik im
Verteidigungsministerium. Im
Interview zum neuen Weißbuch
spricht er über ein sich wan­
delndes sicherheitspolitisches
Umfeld und hybride Kriegsfüh­
rung.
Warum ist ein neues Weißbuch
wichtig? Um Bürgern die politi­
schen Belange der Bundeswehr
nahezubringen?
Ein Weißbuch ist das ent­
scheidende strategische Grund­
lagendokument für die Bun­
deswehr – und damit auch für
unsere Tätigkeit hier im Vertei­
digungsministerium. Es gebie­
tet die Aktualität – weil sich das
sicherheitspolitische Umfeld ja
stark ändert – dass man von Zeit
zu Zeit das Weißbuch überarbeitet, die strategischen Grundlagen
zurechtlegt, auf deren Basis man
Verteidigungspolitik macht, für
die Bundeswehr plant, sie führt
und in Einsätze bringt – mit dem
man also den ganzen Aktionsra­
dius der Bundeswehr ausleuchtet.
Sie ziehen militärisches, wissen­
schaftliches, politisches Fach­
wissen und Bürgerfachwissen
zusammen. Wie soll das alles in
das Weißbuch einfließen?
Wir brauchen vieles, um einen
kompletten Blick zu haben:
Von der Tiefenschärfe, die uns
Experten geben können, über die
besondere Expertise aus dem par­
Foto: Bundeswehr/Twardy
4
Bringt alle Stimmen zusammen: géza Andreas von geyr während des interviews in seinem Büro.
lamentarischen Raum, die spezifischen Erfahrungen von NGOs,
bis zu Einstellungen die sich zeigen, wenn man gewissermaßen
der Bevölkerung auf den Puls
fühlt: Wie deren Befindlichkeiten
sind, deren Sorgen, die Bedro­
hungsvorstellungen, gegen die
wir ja schützen sollen. All das
zusammen ergibt ein komplet­
tes Bild.
Inwiefern lassen Sie sich leiten
von der aktuellen, auch außen­
politischen Lage?
Es wird unser Ziel sein, zum
Schluss Aussagen zu bekom­
men, die perspektivische Halt­
barkeit haben, die sich bewäh­
ren in den kommenden Jahren,
unter Umständen, die wir heute
teils noch gar nicht kennen.
Stichwort hybride Kriegsführung. Werden wir auch dazu
etwas lesen können am Ende
des Weißbuch-Prozesses?
Hybride Kriegsführung zu
begreifen und ihr vorherzukommen, ist bestimmt eine der
zentralen sicherheitspolitischen
Zukunftsfragen. Hybride Kriegs­
führung erleben wir aktuell bei­
spielhaft im Osten der Ukraine,
wo es um eine eigentlich über­
holt geglaubte Machtprojektion
zum Erhalt von Einflusszonen
geht. Die Gegenmaßnahmen der
NATO zeigen, dass sich Bünd­
nispartner konkret bedroht füh­
len. Hybride Kriegsführung
wird unsere Sicherheitspolitik
gewiss noch lange fordern und
ein zentrales Thema des Weiß­
buchs sein.
Eine innenpolitisch sensible
Frage: Wird es ein „Weißbuch
der Großen Koalition“?
Ich würde es folgenderma­
ßen sagen: Es sollte ein Weißbuch sein, das ausgeht von den
Bedrohungen, denen unser Land
Deutschland, Europa, unsere ver­
bündeten entgegensehen – und zu
einem gewissen Maß auch der
gesamte Westen. Bedrohungen,
gegen die wir uns vereinen müs­
sen, gegen die wir uns miteinan­
der wappnen müssen. Das Thema
ist zu groß, um es in einer innen­
politischen Auseinandersetzung
zum Spielball zu machen.
Die Fragen stellte Andrea Zückert.
Das vollständige Interview lesen
Sie auf www.bmvg.de.
Foto: imago
Workshop in Brüssel: Deutschland muss Interessen im neuen Weißbuch klar benenen
Brüssel. Die EU lehnt Kiews
Forderung nach einer interna­
tionalen Friedenstruppe für die
Ostukraine ab. „Es ist unmöglich,
eine Militärmission zu entsen­
den“, sagte EU-Ratschef Donald
Tusk. Der ukrainische Präsident
Petro Poroschenko hatte zuvor
erneut um eine Militärmission
gebeten, um die vollständige
Umsetzung des Minsker Frie­
densabkommens sicherzustellen.
Die prorussischen Rebellen und
die ukrainische Führung haben
das Abkommen zwar unter­
zeichnet. Dennoch wird weiter
gekämpft (Foto).
(eb)
Brüssel. Deutschland will in Zukunft
mehr Verantwortung übernehmen. Das ist
der eigene Anspruch. Doch dazu muss das
Land klar Stellung zu den eigenen Interessen beziehen. Das ist das Fazit eines Workshops zum neuen Weißbuch, an dem vergangene Woche in Brüssel zahlreiche
Wissenschaftler, Experten aus
Reihen der Politik und des Mili­
tärs sowie Vertreter von Nicht­
regierungsorganisationen teilge­
nommen haben.
Während des Workshops zum
Thema „Perspektiven der Part­
nerschaften und Allianzen” for­
mulierten die Teilnehmer klare Erwartun­
gen an Deutschland. Sie befassten sich mit
der Entwicklung internationaler Allianzen,
Deutschlands Rolle in diesem Prozess sowie
Erwartungen an zukünftige Missionen.
Tenor unter den Experten: Das sicherheits­
politische Umfeld habe sich massiv verändert,
die Gemengelage der Bedrohungen sei noch
diffuser geworden. Neue und schon bekannte
Herausforderungen träten jetzt parallel auf und stellten klassische Bündnissysteme vor große Probleme.
Verteidigungsministerin Ursula von der
Leyen sprach sich bei einem an den Workshop anschließenden Kolloquium für eine
stärkere europäische Integration im mili­
tärischen Bereich bis hin zur Europäischen
Armee aus. Eine Stärkung der EU auf die­
sem Sektor bedeute stets eine Stärkung der
NATO.
Ein Teil der Experten erwartet in diesem
Zusammenhang Schwierigkeiten. Genannt
wurde die Gefahr von Doppelungen mit
NATO-Strukturen. Hier sei eine gute Abstim­
mung in der Entwicklung und bei der Teilung
von Fähigkeiten und Aufgaben notwendig.
Von großer Bedeutung sei die Bedrohung im
Cyberraum, der die EU mit einer rein mili­
tärischen Herangehensweise nicht gerecht
werden könne. Zudem lasse die aktuelle
Entwicklung und die Nicht-Nutzung bestehender Instrumente in
der EU einen echten politischen
Willen zur Bildung einer europä­
ischen Armee vermissen. Wenn
Deutschland diese Entwicklung
wirklich wolle, müsse es auch
in diesem Zusammenhang klare
Interessen formulieren, befand ein
Teil der Experten.
Verteidigungsministerin von der Leyen
will bei der Entstehung des neuen Weißbu­
ches zahlreiche externe Experten einbinden.
Für die kommenden Wochen sind weitere
Workshops geplant.
(afl)
Mehr Informationen zum neuen Weißbuch
auf www.bmvg.de.
4. Mai 2015
Einsatz / BundEswEhr
aktuell
5
Berg- und Talfahrt: die Versorgungsgruppe Prizren im Einsatz.
Prizren. Rund 700 deutsche Sol­
daten leisten zurzeit ihren Dienst
bei KFOR. Fast jeder möchte
mindestens drei Mahlzeiten am
Tag zu sich nehmen. Der Nach­
schub an Lebensmitteln ist kein
Problem – eigentlich. Doch so
einfach wie in Prizren ist die Ver­
pflegung für die Fernmeldesolda­
ten auf dem Mount Cviljen nicht.
Stabsunteroffizier Marcel
G. und Oberstabsgefreiter
Martin G. von der Transport­
gruppe im 40. Deutschen Ein­
satzkontingent KFOR fahren
mit ihrem Fünf-Tonner vor der
Lebens mittelumschl agstelle
im Feldlager Prizren vor. Zwei
Kühlcontainer haben sie auf der
Ladefläche. „Jede Woche machen
wir mehrere Versorgungsfahrten
auf den Cviljen. Dreimal jeweils
10 000 Liter Frischwasser (Foto)
und pro Woche rund 1,5 Tonnen
Lebensmittel“, sagt Oberstabs­
gefreiter G. Mit vollbeladenem
Lkw beginnen die beiden Solda­
ten ihre rund 45-minütige Fahrt
hoch auf den Berg.
Schnee und Eis auf
dem Cviljen
Erst gehts durch den Verkehr
von Prizren, dann hinauf auf der
engen Serpentinenstraße zum
Camp. Kurz vor dem Ziel ein
auch zu dieser Jahreszeit noch
notwendiger Stopp: Die Witte­
rungsbedingungen machen
immer noch Schneeketten erfor­
derlich. Bei einem Lkw ist das
nicht ganz so leicht. Doch nach
15 Minuten kann es schon wei­
tergehen. Hier oben ist die Straße
nicht mehr befestigt – Schnee und
Eis erfordern die volle Aufmerk­
samkeit des Fahrers.
In 1 396 Metern Höhe werden
die beiden mit ihrer Lieferung
bereits erwartet. Beim Entladen
packt jeder mit an – schließlich
wird die Lieferung auch von
allen benötigt. Bei Temperatu­
ren nah am Gefrierpunkt stellen
sich die Soldaten in einer Kette
auf die 1500 Kilo Trockenware.
Obst, Salat und Tiefkühlkost ver­
schwinden schnell in den Vor­
ratscontainern. Das Ganze dau­
ert eine gute halbe Stunde, aber
für die nächste Woche ist sicher:
Die Küche bleibt nicht kalt.
nämlich gleich nochmal hier
hoch, dann aber mit 10 000 Litern
Trinkwasser“, so der Stabs­
unteroffizier über den Rest sei­
nes Arbeitstages.
Vom Aufladen der Lebens­
mittel in Prizren bis zur Rück­
kehr ins Feldlager hat die Fahrt
gute drei Stunden gedauert. Deut­
lich länger als die heimatliche
Fahrt zum Supermarkt um die
Ecke. Doch der Dank der Kame­
raden oben auf dem Berg ist den
Soldaten der Transportgruppe
gewiss.
Berg- und Talfahrt
sind Routine
Für Stabsunteroffizier Marcel
G. und Oberstabsgefreiter Martin
G. ist damit der Tag noch lange
nicht vorbei: „Wir fahren jetzt
wieder nach Prizren und tauschen
dann das Fahrzeug. Wir müssen
Foto: Koch/Bundeswehr
von Lars Koch
Entladen auf dem Berg Cviljen.
Mayday, Mayday, Mayday
Deutsch-zyprische Seenotrettungsübung mit der Korvette „Erfurt“ vor der Küste Zyperns.
Limassol. Zwei lange Klin­
gelsignale ertönen: „Mann über
Bord, Mann über Bord!“ Sofort
finden sich alle Besatzungsange­
hörigen der Korvette „Erfurt“ an
den Sammelpunkten zur Über­
prüfung der Vollzähligkeit ein.
Zwei Mann fehlen. Eine Per­
son kann geret­
tet werden, die
Zweite ist nicht
auffindbar. Die zyprische See­
notrettung wird alarmiert.
Dieses fiktive Szenario ist die
Ausgangslage für eine „Search
and Rescue“-Übung: Das Joint
Rescue Coordination Centre“ in
Larnaca auf Zypern führt zusam­
men mit der deutschen Korvette
„Erfurt“ eine Seenotrettungs­
übung durch.
Um zehn
Uhr wird
die
Übungspuppe von der Besat­
zung der Korvette „Erfurt“ über
Bord geworfen. Der Notruf wird
abgesetzt. Nur wenige Minuten
später meldet die Operationszen­
trale der Korvette einen neuen
Luftkontakt – ein zypri­
scher Rettungshelikop­
der SAR-Hubschrauber seine
Ankunft. Nach kurzer Suche wird
die Hubschrauberbesatzung fün­
dig: Der Dummy wird mittels
eines an einer Winde herabgelas­
senen Rettungssanitäters an Bord
des Helikopters geholt.
Anschließend nimmt der
Hu bsc hr aub er K urs a uf
das Flugdeck der Korvette
Foto: Bun
deswehr
ter vom Typ „Agusta
Westland“. Zeitgleich
wird der bereits geret­
tete Seemann
erstversorgt.
15 Minuten
später meldet
(Foto). Zwei Sani­
täter des Rettungs­
dienstes werden
a bg es et z t un d
auch der geret­
tete Seemann
wird in den Helikopter gebracht.
Beide verunglückten Personen
werden in Richtung des zypri­
schen Paphos ausgeflogen.
Die Übung stellt ein Beispiel
für zivil-militärische Koopera­
tion dar. Sie unterstreicht die
professionelle Zusammenar­
beit zwischen den deutschen
und zyprischen Einsatzkräften.
Die lokalen
Rettungskräfte und Pilo­
ten können so Erfahrungen im
Umgang mit Kriegsschiffen sam­
meln und ihre Alarmierungs­
kette überprüfen. Für die Besat­
zung der Korvette bedeutet es
dagegen, Maßnahmen bei See­
notfällen sowie das Start- und
Landeverfahren von zivilen
Helikoptern auf dem eige­
nen Schiff zu trainie­
ren.
(eb)
Erbil. Die Peschmerga des
4. Bataillons haben nach vierwö­
chiger Ausbildung ihre Abschluss­
zertifikate erhalten. Minister
Mustafa Sayid Quadir lobte Ende
April die gute Ausbildung und
betonte ihre Bedeutung für den
weiteren Kampf gegen die Terror­
organisation „Islamischer Staat“.
Nach der offiziellen Zeremonie
ließen es sich die internationa­
len Ausbilder des Kurdistan Trai­
ning Coordination Center nicht
nehmen, „ihren“ Peschmerga
persönlich die Zeugnisse zu
überreichen und sie zu verab­
schieden.
(eb)
Marsch auf den
„Kapi Cam“
Kahramanmaras. 25 Soldaten
vom deutschen Einsatzkontingent
„Active Fence Turkey“ haben
Ende April auf Einladung ihrer
türkischen Kameraden an einem
Bergmarsch teilgenommen.
Angeführt von Oberst Acar, Kom­
mandeur der türkischen Garnison
und Oberst Wolfgang Rasquin,
dem deutschen Kontingentführer,
ging der Marsch über sieben Kilo­
meter auf den Berg „Kapi Cam“.
Neben dem Gemeinschaftsge­
fühl wurden die Soldaten auf
dem Gipfel mit einem atembe­
raubenden Blick über Kahra­
manmaras und einem Frühstück
belohnt.
(eb)
Material für den
Nordirak
Foto: Bundeswehr
Essen auf Rädern
Foto: Müller/Bundeswehr
Foto: Bundeswehr
Bataillonsausbildung
abgeschlossen
Erbil. Mit einem Transport­
flugzeug vom Typ „Antonov
AN-124“ sind weitere 70 Ton­
nen Material von Leipzig in den
Nordirak geflogen worden. Zur
Lieferung gehörten unter ande­
rem Waffen für den Ausbildungs­
und Übungsbetrieb, Fahrzeuge,
Ausrüstung und Ersatzteile. In
einer Erklärung verpflichtete sich
die kurdische Regionalregierung
bei der Übergabe, das Material
nicht an Dritte weiterzugeben und
zweckgebunden zu verwenden.
Seit September 2014 wurden auf
20 Flügen bereits rund 1500 Ton­
nen Material geliefert.
(eb)
6
aktuell
Militärgeschichte
Angriff auf Rotterdam
aktuell
Eine besondere Herausfor­
derung ergab sich aus dem
Umstand, dass viele Details zum
Angriff noch nicht abschließend
historisch untersucht sind. Daher
sei großer Wert darauf gelegt
worden, ein möglichst diffe­
renziertes Bild zu zeigen: „Uns
war es wichtig, die Geschichte
aus niederländischer und deut­
scher Perspektive zu zeigen.
Dadurch wollen wir die Besucher
zum Nachdenken anregen, statt
ihnen fertige Antworten zu prä­
sentieren“, erklärt Oberstleutnant
Ralf-Gunther Leonhardt, Leiter
der Außenstelle des Militärhis­
torischen Museums in BerlinGatow.
75 Jahre danach: gemeinsame Aufarbeitung der
Niederlande und Deutschland als Beitrag zur
Völkerverständigung.
Ausstellungsstart
„heinkel“ he 111: Mit dem mittleren Bomber flog Deutschland einen großteil der luftangriffe zwischen 1939 und 1942.
von Alessa Weber
rotterdam. Es ist kalt am Hafen
von Rotterdam. Der Himmel ist
wolkenverhangen und der Wind
bläst Regen vom Meer an die
Anleger. An einem dieser Anle­
ger, unmittelbar vor einem nieder­
ländischen U-Boot-Hangar, liegt
ein Schiff mit besonderer Fracht:
An Bord ist ein Bomber, Typ
„Casa“ 2.111. Die „Casa“ ist ein
spanischer Lizenznachbau einer
„Heinkel“ He 111, dem Flugzeug,
mit dem die deutsche Wehrmacht
die Innenstadt Rotterdams am
14. Mai 1940 dem Erdboden gleich
gemacht hat. Heute, 75 Jahre nach
dem Angriff, kommt der Bom­
ber zurück – aus Freundschaft.
Die „Casa“ ist das zentrale Aus­
stellungsstück in der Ausstellung
„De Aanval“, die vom Museum
Rotterdam, dem Stadtarchiv und
dem Militärhistorischen Museum
gemeinsam konzipiert wurde.
Angefangen hat alles mit einer
Versteigerung beim Online-
Auktionshaus Ebay. 3-2-1 und
das Kriegstagebuch eines deut­
schen Offiziers wechselte den
Besitzer. Geschrieben hatte er
es vor und während des deut­
schen Angriffs auf Rotterdam.
Als das Museum Rotterdam
von dem Verkauf erfuhr, kam
die Idee auf, zum 75. Jahres­
tag eine Ausstellung zum Bom­
bardement der Stadt zu kon­
zipieren – in Zusammenarbeit
mit deutschen Partnern. Der
Anfrage kam das Militärhisto­
rische Museum in Berlin-Gatow
gerne nach.
Deutsch-Niederlän­
dische Kooperation
Das war 2012. Mehr als zwei
Jahre intensiver Recherche, Dis­
kussionen niederländischer und
deutscher Historiker, Entwick­
lung des Gestaltungskonzeptes
und das Zusammentragen der
Objekte folgten. Die Zusammen­
arbeit sei optimal verlaufen und
habe mehr bewirkt als zunächst
erwartet: „Deutschland und
die Niederlande waren immer
Freunde. Das Bombardement
hat viel zerstört, auch zwischen
den Ländern. Was könnte da ein
besserer Weg der Versöhnung
sein, als gemeinsam ein so heik­
les Thema aufzuarbeiten? Die
Zusammenarbeit an dieser Aus­
stellung ist ein Beispiel, wie man
partnerschaftlich weiterkommt“,
sagte Paul van de Laar, Direktor
des Museums Rotterdam.
Foto : Rogier Bos
Foto (2): ullstein
Zentrales Exponat ist
eingetroffen
Im März dieses Jahres traf mit
der „Casa“ das zentrale Exponat
in Rotterdam ein. Der Bomber
ist eine Leihgabe des Militärhis­
torischen Museums in Gatow.
Nach neun Tagen Transport über
den Seeweg wurde er in Rotter­
dam ausgeladen und kam als ers­
tes Objekt in die Ausstellungs­
halle. Ein wichtiger Moment, zu
dem neben dem deutschen und
dem niederländischen Team
auch viele Journalisten anreis­
ten. Weitere Highlights sind
die vollständige Uniform eines
Fallschirmjägers, aber auch viele
persönliche Gegenstände, die aus
den Trümmern nach dem Bom­
bardement gerettet wurden.
eröffnung: etwa 1100 geladene gäste verfolgen den Festakt.
„Heinkel“ He 111 Nachbau – „Casa“ 2.111
Im Herbst 1939 nahm die Wehrmacht die „Heinkel“ He 111 Typ
P3 (Foto) erstmalig in Betrieb. Angetrieben wird die zweimoto­
rige Maschine von zwei DB-601-Triebwerken. Die He 111 P-3
hat eine Spannweite von 22,6 Metern. Sie ist 16,4 Meter lang
und 3,40 Meter hoch, typische Maße für einen mittleren Bom­
ber aus der Anfangszeit des Zweiten Weltkrieges. Die vierköp­
fige Besatzung bestand aus je einem Piloten, Navigator, Bombenschützen und Heckschützen. Der Schütze war gleichzeitig auch
der Funker in der Maschine. Kontakt zum Boden hielt er über
Schleppantennen, die am Heck des Flugzeugs angebracht waren,
mit etwa 400 Kilometern allerdings eine sehr kurze Reichweite
hatten. Funksprüche mussten daher am Boden oft mehrere Stati­
onen durchlaufen bis sie zur Besatzung durchstellt werden konn­
ten. Vor Angriffsflügen wurden die Antennen allerdings eingekur­
belt. Die Piloten waren dadurch nicht mehr erreichbar – mit fatalen
Konsequenzen, wie auch der Angriff auf Rotterdam gezeigt hat.
Historiker vermuten, dass die Bomben im Mai 1940 aus einer
Flughöhe von 800 bis 1000 Metern über der holländischen Hafen­
stadt abgeworfen wurden. Dabei haben die Schützen vermut­
lich auch mit automatischen Bombenzielgeräten gearbeitet. Die
Foto (2): Neumann/RedBw
Foto: Wilke/RedBw
Position der niederländischen Truppen
Grafik: Nothing/RedBw
Position der deutschen Truppen
Abschussstelle des Leuchtsignals
Heinkel HE-111 Bomberstaffel
bombardiertes Gebiet
He 111 P3 konnte etwa zwei Tonnen Bomben laden. 90 Tonnen
wurden am 14. Mai über Rotterdam abgeworfen. Neben der
Junkers Ju 88 war die „Heinkel“ He 111 der Standardbomber der
Wehrmacht, mit dem Ende der 1930er, Anfang der 1940er-Jahre
alle Bombenangriffe geflogen wurden. Zwischen 1939 und 1942
wurden 388 „Heinkel“-Maschinen Typ P gebaut. Ab 1942 löste
das Modell H-16 die He 111 P-3 ab. Die „Heinkel“ H-16 diente
als Vorlage für den „Casa“ Nachbau, der aktuell in der Ausstel­
lung „De Aanval“ in Rotterdam zu sehen ist.
(kwe)
rotterdam. Am vergange­
nen Mittwoch haben Nieder­
länder und Deutsche gemein­
sam in Rotterdam vor 1 100
Gästen die Ausstellung „De
Aanval“ eröffnet. Neben dem
Bürgermeister von Rotterdam,
Ahmed Aboutaleb und dem
Ausstellungsteam waren auch
Zeitzeugen gekommen.
„De Aanval“ zeigt erstmalig
eine Aufbereitung des Bom­
benangriffs auf Rotterdam
am 14. Mai 1940 in deutsch­
niederländischer Koopera­
tion. Statt ausschließlich die
Perspektive der Opfer einzu­
nehmen, überrascht die Aus­
stellung mit einem Blick, der
sowohl die holländische als
auch die deutsche Perspektive
zeigt. Eine Herangehensweise,
die bislang einzigartig ist.
Der Leiter der Außen­
stelle des Militärhistorischen
Museums in Berlin-Gatow,
Oberstleutnant Ralf-Gunther
Leonhardt, ist von dem Ergeb­
nis begeistert: „Es ist wun­
derbar. Die Ausstellung wirft
Fragen auf, genau wie wir es
uns gewünscht haben. Und sie
hat schon jetzt ein Beitrag zur
Völkerverständigung geleis­
tet.“ Paul van de Laar, Direk­
tor des Stadtmuseums Rot­
terdam, ergänzt: „Ein solch
sensibles Thema gemeinsam
zu bearbeiten und auch Span­
nungen gemeinsam auszuhal­
ten, schafft einen Grundstein
um auch andere große The­
men gemeinsam anzugehen.“
Neben der „Casa“ zeigt die
Ausstellung auch Berichte von
Zeitzeugen. Die Besonderheit:
Ihre Berichte geben nicht aus­
schließlich dem Schrecken des
Krieges ein Gesicht, sie zeigen
vielmehr, dass es selbst im
Kriegsgeschehen solidarische
Begegnungen zwischen Deut­
schen und Niederländern gab.
Durch die parallel gezeigten
historischen Bilder von den
jeweiligen Orten entsteht eine
besondere Nähe zu den Zeit­
zeugen.
(kwe)
Die Ausstellung ist bis zum
25. Oktober 2015 im Waal­
haven in Rotterdam zu sehen.
Mehr auf www.mhm-gatow.de.
Aufwendiger transport: Die „casa“ 2.111 wird von Berlin-gatow nach rotterdam verlegt.
10. Mai
12. Mai
Die Deutsche Wehrmacht überfällt Holland
und besetzt strategisch wichtige Punkte
wie Brücken und Flugplätze.
9. Panzerdivision erreicht Moerdijk
bei Rotterdam.
11. Mai
Luftlander warten auf Unterstützung
der Infantrie.
14. Mai - 10:40 Uhr
14. Mai - 13:40 Uhr
Entsendung der deutschen Delegation, um Übergabe
Rotterdams mit dem Stadtkommandanten
Scharro zu verhandeln.
13. Mai
An der Niuewe Maas Brücke in Rotterdam kommt
der Angriff ins Stocken. Befehl: Widerstand brechen.
Deutscher Gesandter benachrichtigt General
Schmidt bei Noordereiland über die
Verhandlungsbereitschaft der Niederländer
und befiehlt Abbruch des Angriffs.
14. Mai - 12:15 Uhr
Schaaro empfängt die Delegation.
Noch zwei Stunden bis zum Ablauf
des Ultimatums.
14. Mai - 14:10 Uhr
Holländischer Gesandter trifft bei General
Schmidt ein und moniert Formfehler auf dem Ultimatum.
Schmidt setzt umgehend ein neues Ultimatum auf.
14. Mai - 13:50 Uhr
Etwa 100 „Heinkel“ He 111 Bomber des
Kampfgeschwaders (KG) 54 starten in
Richtung Rotterdam.
7
14. Mai - 14:45 Uhr
KG 54 fliegt den Angriff mit zwei Staffeln, wobei
eine Staffel von Osten und eine von Süden die
Stadt anfliegt.
14. Mai - 14:15 Uhr
Funkspruch: „Luftangriff auf Rotterdam
wegen laufender Verhandlungen
abgebrochen“ erreicht KG 54 nicht mehr.
14. Mai - 15:00 Uhr
15. Mai
Abgefeuerte Leutsignale zum Stoppen des Angriffs
werden nur von der aus Süden anfliegenden Staffel
gesehen, die daraufhin abdreht.
14. Mai - 14:55 Uhr
Bis 18:00 Uhr verlängertes Ultimatum
wird holländischen Gesandten übergeben.
Die Niederlande kapitulieren, um Bombar­
dierungen weiterer Großstädte zu verhindern.
14. Mai - 15:23 Uhr
Ost-Staffel des KG 54 beendet Angriff auf Rotterdam:
90 Tonnen Bomben abgeworfen, Altstadt vollständig
zerstört, etwa 900 Tote und 78 000 Obdachlose.
Pilotprojekt Berliner
Dialog Sicherheit
berlin. Der Showroom der Bun­
deswehr in Berlin Mitte wurde
jüngst zum Ort für Dialog und
Diskussion. Mit einer ersten
Veranstaltung der Berliner
Jugendoffiziere wurde das Pilot­
projekt „Berliner Dialog Sicher­
heit“ als Forum zur offenen
Diskussion gestartet. Schüler,
Lehrer, Studenten, Redakteure
und politisch interessierte Bürger
nahmen das Informations- und
Diskussionsangebot wahr. Teil­
nehmer begrüßten insbesondere
die Offenheit, mit der sich die
Bundeswehr den aktuellen Fra­
gen zur Sicherheitspolitik stellte.
Die Jugendoffiziere beabsichti­
gen das Pilotprojekt „Berliner
Dialog Sicherheit“ weiterzufüh­
ren und quartalsweise mit wech­
selnden, aktuellen Themen anzu­
bieten.
(eb)
Neue Ausgabe des
Y-Magazins ist da
berlin.
Diese Woche
erscheint die
neue Y! Das
Magazin der
Bundeswehr
berichtet in
der aktuellen
Ausgabe unter anderem über die
nigerianische Terrorgruppe Boko
Haram, Hybride Kriegsführung,
das Gefechtsschießen eines Pan­
zergrenadierzuges, das Qualifika­
tionstraining für den Deutschlandachter und über die Jagd. Die
neue Y liegt ab Donnerstag in
den Einheiten, Verbänden und
Dienststellen der Bundeswehr
aus.
(mbg)
„Mit Olli“ - neues
Format auf YouTube
berlin. Mehr als 180 000 Sol­
daten an hunderten Standorten
in ganz Deutschland verheißen
viele interessante Geschich­
ten. Diese Woche startet auf
dem Youtube-Kanal der Bun­
deswehr das neue Format „Mit
Olli“. Ab Donnerstag widmet
sich Hauptfeldwebel Oliver
Bender darin jeden zweiten Don­
nerstag einem neuen Thema aus
dem Bereich der Truppe. Dazu
geht der Protagonist auf Tuch­
fühlung mit den Soldaten aller
Teilstreitkräfte. Die erste Folge
führt den Ex-Panzerkomman­
danten Bender, eine bekennende
Landratte, auf das Schulschiff
„Gorch Fock“.
(mat)
Der Beitrag „Mit Olli“
finden Sie unter www.
youtube.com/bundes­
wehr.
bundeswehr
4. Mai 2015
Vorbereiten für den Ernstfall
Der Lehrgang „Überleben auf See“ bereitet Soldaten auf Flugunfälle über dem Wasser vor.
Foto (2): Bienert/RedBw
aktuell
Anspruchsvolle Ausbildung: sowohl in der halle als auch auf see fordert das Training den Lehrgangsteilnehmern einiges ab.
von Stefan Rentzsch
bremerhaven. Der Helikop­
ter fällt aus. Schnell verliert er
an Höhe. Unaufhaltsam steuert
er auf die Wasseroberfläche zu.
Dann schlägt er auf. Die Insassen
haben Glück – alle überleben den
Aufprall. Verzweifelt versuchen
sie, einen Weg aus dem Fluggerät
zu finden. Es ist ein Horrorsze­
nario für alle Beteiligten. Eines,
das sich niemand wünscht, aber
dennoch vorkommen kann.
Neue Halle bietet
viele Möglichkeiten
„Etwa ein Drittel aller Flugun­
fälle ereignet sich über Was­
ser“, weiß Korvettenkapitän Jan
Oliver Möller. „Wir trainieren
hier, wie man sich in einer sol­
chen Extremsituation verhält.“
Der Marineoffizier ist Leiter der
Inspektion „Überleben auf See“
an der Marineoperationsschule
in Bremerhaven. Damit trägt er
die Verantwortung für einen der
außergewöhnlichsten Lehrgänge
in der Bundeswehr. Die eigens
dafür neu gebaute Rettungs- und
Wasserübungshalle in der Nord­
seestadt ersetzt die in die Jahre
gekommene Halle am Standort
Nordholz. Seit Anfang März öff­
net sie ihre Türen für das flie­
gende Personal der Bundeswehr.
Die moderne Ausstattung
ermöglicht viele Übungsszena­
rien. Stolze 1500 Kubikmeter
Wasser fasst das Hallenbecken.
Um ganztags trainieren zu kön­
nen, wird die Luft auf angenehme
30 Grad Celsius erwärmt – das
Wasser ist fast genauso warm.
Die Grundübungen des Lehr­
gangs bilden die kontrollierte
Landung mit dem Fallschirm
bei Sturm und Windstille sowie
der Umgang mit einer Rettungs­
insel. Auch das Winschen – also
die Rettung per Seilwinde durch
einen Hubschrauber – und das
Tauchen in fünf Metern Wasser­
tiefe lernen die Soldaten.
Das Herzstück der Ausbil­
dung bildet der METS (Modu­
lar Egress Training Simulator). In
dem mehr als drei Tonnen schwe­
ren und über vier Meter langen
Metallgestell üben die Soldaten
den Ausstieg aus einem über
Wasser verunglückten Flugge­
rät. „Ist der METS untergetaucht,
heißt es für die Teilnehmer: Luft
anhalten, Ruhe bewahren, Sicher­
heitsgurt lösen und nacheinander
aussteigen“, erklärt Möller. Die
Übung wird in mehreren Varian­
ten trainiert. So können die Aus­
bilder beispielsweise die „Hub­
schrauberrolle“ simulieren, bei
der sich der METS unter Was­
ser um 180 Grad dreht. „Zudem
können sie vorgeben, dass nur
bestimmte Notausgangstüren
zu öffnen sind, oder die Halle
abdunkeln“, ergänzt der Inspek­
tionschef.
Zum Schluss geht es
auf die hohe See
Ein besonderes Erlebnis für
jeden Teilnehmer ist der letzte
Lehrgangstag. Dann geht es
auf hohe See, wo jeder zeigen
muss, dass er die vorher gelern­
ten Übungen verinnerlicht hat.
„In der Halle können wir eini­
ges simulieren, aber das Training
in der Nordsee ist noch mal was
ganz anderes“, sagt Möller. „Hier
hat man mit Salzwasser, Wellen­
gang und kalten Wassertempera­
turen zu kämpfen.“
Eine der Ersten, die die drei­
tägige Ausbildung in der neuen
Halle in Bremerhaven hinter sich
hat, ist Oberfeldwebel Jacqueline
Konrad. „Ich bin zufrieden und
froh, dass ich es geschafft habe.
Durch den Lehrgang habe ich
neue Grenzen erfahren“, schil­
dert die 29-Jährige ihre Eindrü­
cke. „Für mich war ganz klar
der METS die größte Schwie­
rigkeit. Dort habe ich Unterstüt­
zung gebraucht. Und ich habe sie
bekommen. Ein großes Lob geht
daher an die Ausbilder“. Diese
werden auch weiterhin Gelegen­
heit haben, ihre Hilfe anzubieten.
Denn Woche für Woche machen
sich neue Soldaten auf den Weg
nach Bremerhaven, um sich für
den Ernstfall vorzubereiten.
Der Beitrag „Überleben
auf See“ unter www.
youtube.com/bundes­
wehr.
Flugzeuge am Haken
Bei der Übung „Elephant Recovery“ wird in Schortens das Bergen von Luftfahrzeugen trainiert.
Foto: Wilke/ RedBw
8
hängepartie: der bergepanzer „büffel“ birgt einen „Tornado“.
schortens. Der stillgelegte Flug­
platz auf dem Fliegerhorst Jever
sieht aus wie ein Friedhof für Flug­
zeuge und Hubschrauber. Auf sie­
ben Stationen verteilt erstrecken
sich acht ausgesonderte Luftfahr­
zeuge der Luftwaffe. Einige lie­
gen mit eingeknickten Fahrwerken
oder abseits der Start- und Lande­
bahn. Darunter die Waffensysteme
„Tornado“, „Bell“ UH-1D, CH-53
und die C-160 „Transall“.
„Wir haben hier die optima­
len Voraussetzungen, um die
Bergeübung von Luftfahrzeu­
gen so realistisch wie möglich
darzustellen“, so Oberstleut­
nant Markus Rist, stellvertre­
tender Kommandeur des Takti­
schen Luftwaffengeschwaders
33. An der jährlich stattfin­
denden Übung sind rund 150
Soldaten aus 20 Dienststellen
eingebunden. Das Gelände in
Schortens eigne sich durch die
gute Infrastruktur und den ausreichenden Platz für die Übung
„Elephant Recovery“ besonders
gut. Zudem unterstütze die ehe­
malige Luftwaffeninstandhal­
tungsgruppe 21 mit ausgeson­
derten Luftfahrzeugen.
Die Übungsteilnehmer aus
den verschiedenen Verbänden
werden gemischt in feste
Bergeteams eingeteilt. Sie haben
die Aufgabe, die unterschiedli­
chen Luftfahrzeuge im Laufe
der Übung sorgsam zu bergen,
sodass diese nach Zuführung zu
Instandsetzungseinrichtungen
wieder in den Flugbetrieb ent­
lassen werden könnten.
Die Bergespezialisten sind in
der Regel technisches Personal aus den Luftwaffenverbän­
den. Unterstützt werden sie vom
Technischen Hilfswerk aus der
Region, sowie mit Bergepanzern
„Büffel“ vom Heer.
(of)
Der Beitrag „Elephant
Recovery“ finden Sie
unter www.youtube.
com/bundeswehr.
4. Mai 2015
innere Führung / Militärgeschichte
aktuell
9
Die Waffen schweigen endlich
Vor 70 Jahren endet der Zweite Weltkrieg mit der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht.
Seit 1943, dem Wendejahr
des Zweiten Weltkrieges, wur­
den die deutschen Armeen an
allen Fronten kontinuierlich
zurückgedrängt. Von allen Sei­
ten bestürmten die Truppen der
Anti-Hitler-Koalition die völlig
überdehnten deutschen Linien,
zunehmend dramatischer auch
aus der Luft. Die zuvor so sie­
gesgewohnte Wehrmacht erlitt
Niederlage um Niederlage und
hielt im Mai 1945 nur noch zwei
kleine Räume auf deutschem
Reichsgebiet. Faktisch waren
zu diesem Zeitpunkt allerdings
noch Dänemark und Norwegen
sowie diverse Ägäisinseln von
deutschen Soldaten besetzt.
Gleichzeitig befreite der Rück­
zug die zuvor eroberten Land­
striche von den Kämpfen: In
Afrika endeten sie bereits 1943,
in vielen osteuropäischen Staa­
ten 1944 ebenso wie in Finnland
und Frankreich. Selbst innerhalb
des Deutschen Reiches verhielt
es sich unterschiedlich: Wäh­
rend in Berlin noch Anfang Mai
Foto (2): dpa/pa
Wehrmacht erleidet erste Niederlagen
Das ende: Am 9. Mai 1945 unterzeichnet generalfeldmarschall Wilhelm Keitel (Mitte) mit dem
generalstabschef der luftwaffe, hans-Jürgen stumpf (links), und generaladmiral hans-georg von
Friedeburg (rechts) die Kapitulationsurkunde in Berlin.
1945 brutale Häuserkämpfe
tobten, war Aachen beispiels­
weise bereits seit September
1944 befreit.
Der Krieg geht
andernorts weiter
Das offizielle Kriegsende am
8. Mai ist also nur ein politi­
sches Datum. Dieser Tag ziert die
Kapitulationsurkunde, mit dem
tatsächlichen Töten und Sterben
hat er nur mittelbar zu tun. Darü­
ber hinaus beschloss es auch nur
diesen Krieg.
Im Pazifik lieferten die kai­
serlich-japanischen Verbände
den britischen und US-amerika­
nischen Truppen noch bis zum
September 1945 harte Rückzugs­
gefechte. Und wo der Zweite
Weltkrieg beendet worden war,
ging er oft in andere militäri­
sche Auseinandersetzungen
über: Frankreich schickte sich
in Indochina an, seinen vorma­
ligen Kolonialbesitz zurückzu­
erobern. In Griechenland ent­
brannte ein Bürgerkrieg und auf
dem afrikanischen Kontinent
brachen sich diverse Konflikte
gewalttätig Bahn.
Durch den Zweiten Weltkrieg
ordnete sich schließlich die Welt
politisch neu. Die aus ihm her­
vorgegangenen beiden Super­
mächte USA und UdSSR teil­
ten sie in ihre Einflusssphären
auf und scharten ihre jeweiligen
Verbündeten um sich. Der Kalte
Krieg ersetzte den Heißen jedoch
nur grundsätzlich. Statt auf ihrem
Boden ließen die Industriestaa­
ten ihre Schlachten fortan in so
genannten Stellvertreterkriegen
schlagen, vor allem in der „Drit­
ten Welt“, beginnend mit dem
Korea-Krieg kein halbes Jahr­
zehnt nach dem Schweigen der
Waffen in Europa.
Ächtung des
Kriegsbegriffs
gehisst: Fahne der sowjets auf dem zerstörtem reichstag 1945.
In Zentraleuropa aber herrscht
seitdem Frieden. Die Monstrosi­
tät des Zweiten Weltkrieges und
die ohne ihn kaum vorstellbare
Unmenschlichkeit des national­
sozialistischen Deutschland hat
über die Nachkriegsgeneratio­
nen hinweg einen Entwicklungs­
prozess in Gang gesetzt, der zu
einer wenigstens grundsätzlichen
Ächtung des Krieges als Mittel
der Politik geführt hat.
Was Krieg bedeutet, zumal
in seiner totalitarisierten Form,
kennt die deutsche Gesellschaft
glücklicherweise auch deswegen
nur mehr aus den Geschichts­
büchern und medialen Insze­
nierungen, weil die Soldaten
der Anti-Hitler-Koalition ihre
deutschen Gegner bis zum Mai
1945 niedergerungen und sie
anschließend demokratisiert
haben. Weder die Einsicht in die
unumgängliche Niederlage noch
einem verbrecherischen Regime
zu dienen, war im Zweiten Welt­
krieg bis über sein Ende hinaus
in Deutschland mehrheitsfä­
hig. Nicht einmal als die westli­
chen Verbündeten erfolgreich in
Frankreich gelandet waren und
die Wehrmacht bis zum Spätsom­
mer 1944 auf die Reichsgren­
zen zurückgedrängt hatten, wäh­
rend die Rote Armee zeitgleich
die Heeresgruppe Mitte im Osten
Europas zerschlagen hatte und
in Ostpreußen auf Reichsge­
biet vorgestoßen war, erfolgte
ein Umdenken. Mit übergroßer
Mehrheit folgte die deutsche
Gesellschaft mitsamt ihren Streit­
kräften ihrem „Führer“ in den all­
gemeinen Untergang.
Am 8. Mai der Opfer
gedenken
Der Preis, der dafür entrich­
tet worden ist, scheint unfass­
bar: Alleine im letzten Jahr des
Zweiten Weltkrieges in Europa
fielen beinahe ebenso viele deut­
sche Soldaten wie in den Kriegs­
jahren zuvor zusammengerech­
net, im Durchschnitt 300 000 pro
Monat seit Dezember 1944. Stadt
um Stadt fiel im alliierten Bom­
benhagel in Schutt und Asche,
Hunderttausende verloren dabei
Leben oder Gesundheit. Dieser
grausigen Bilanz hinzuzurech­
nen sind die Verluste der spä­
teren Siegermächte. Und nicht
zuletzt ist daran zu erinnern, dass
das Morden in Deutschland ver­
längert worden ist. Zehntausende
konnten währenddessen noch in
den Konzentrationslagern umge­
bracht werden, zuletzt auf barba­
rischen Todesmärschen, als die
KZ vor den anstürmenden Befrei­
ern evakuiert wurden.
Wer also, wie in den letzten
Jahren immer wieder, im Kon­
text mit dem Ende des Zweiten
Weltkrieges darüber diskutieren
möchte, ob es sich beim 8. Mai
1945 um einen Tag der Nieder­
lage oder der Befreiung handelt,
mag sich überlegen, was er den
Opfern und deren Angehörigen
dazu mitteilen möchte. An diese
Opfer, nicht an das juristische
Ende des Zweiten Weltkrieges,
sollten wir uns an diesem 8. Mai
erinnern.
Autor: Oberstleutnant Dr. John
Zimmermann ist wissenschaft­
licher Mitarbeiter am Zentrum
für Militärgeschichte und Sozial­
wissenschaften der Bundeswehr.
Bw Classix
Foto: dpa/pa
geschichte. Dass der Zweite
Weltkrieg in Europa am 8. Mai
1945 endete, gehört zum Allge­
meinwissen. Der genaue Zeit­
ablauf der Kapitulation war wie
folgt: Sie wurde am 7. Mai 1945
im Obersten Hauptquartier der
Alliierten Expeditionsstreitkräfte
in Reims unterzeichnet und trat
am 8. Mai 1945 um 23:01 Uhr
MEZ in Kraft. Aus protokollari­
schen Gründen wurde die Unter­
zeichnung im Hauptquartier der
Fünften Sowjetarmee in Ber­
lin-Karlshorst wiederholt - kurz
nach Mitternacht am 9. Mai 1945.
Abgesehen davon, dass mit der
Kapitulation mitnichten die Waf­
fen überall schwiegen, vielerorts
noch weiter gestorben worden ist,
bis der Frieden durchgesetzt war,
hatte der Krieg andernorts schon
lange zuvor aufgehört.
Filmbeiträge aus sechs Jahr­
zehnten Bundeswehr – das sind
die Bw Classix. Mal informa­
tiv, mal humorvoll berichten
sie über die politischen und
gesellschaftlichen Verhält­
nisse vergangener Zeiten.
Diesmal geht es um die
Unterstützung der Bevöl­
kerung in der Türkei: Nach
einem schweren Erdbeben
im November 1977 sind tausende Menschen obdachlos.
Die Bundeswehr stellt eine
Luftbrücke und versorgt die
Menschen in den Dörfern
mit dem Nötigsten.
Der Beitrag „Erd­
bebenhilfe für
die Türkei“ unter
www.youtube.com/
bundeswehr.
sport
Dritter Platz für
Klein und Hausding
Wasserspringen. Hauptfeld­
webel Sascha Klein und Stabsun­
teroffizier (FA) Patrick Hausding
haben auch bei der dritten Station
der World Series im russischen
Kasan eine Podestplatzierung
erreicht. Im Synchronspringen
vom Zehnmeterturm belegten die
Weltmeister im Austragungsort
der kommenden WM den dritten
Platz. Das Erfolgsduo musste
sich nur den Chinesen Aisen
Chen/Yue Lin sowie den Mexi­
kanern Ivan Garcia/German San­
chez geschlagen geben. Bereits
in Peking hatten sie Rang zwei
und in Dubai Rang drei verbucht.
Hausding kam auch in der Ein­
zelkonkurrenz vom Dreimeter­
brett auf den dritten Platz. (sid)
Foto: dpa/pa
Segler weiter auf
Erfolgskurs
segeln. Obermaat (BA) Erik
Heil (Foto links) hat beim
Segelweltcup im südfranzösi­
schen Hyeres in der olympischen
49er-Bootsklasse den dritten
Platz belegt. Gemeinsam mit sei­
nem Vorschoter Thomas Plößel
gelang Heil im Laufe des Wett­
kampfs eine spektakuläre Auf­
holjagd. Am ersten der vier Renn­
tage an der Cote d‘Azur hatte das
Europameisterduo noch auf Platz
29 gelegen, kämpfte sich jedoch
immer weiter nach vorn. Die bei­
den Berliner setzten damit nach
dem zweiten Platz beim Cham­
pions Sailing Cup vor Mallorca
ihre Erfolgsserie fort. Oberge­
freiter Leonie Meyer kam mit
Elena Stoffers in der leichten
49er-FX-Bootsklasse als Achte
ins Ziel.
(sid/sr)
Top Ten für die
Triathletinnen
triathlon. Die Triathletinnen der
Bundeswehr haben beim vierten
World-Series-Rennen in Kapstadt
mit einem starken Mannschaftsergebnis geglänzt. Beim Sieg
der Britin Vicky Holland belegte
Oberfeldwebel Rebecca Robisch
einen starken fünften Platz.
Hauptgefreiter Anne Haug kam
nach 1,5 Kilometern Schwim­
men, 40 Kilometern Radfahren
und fünf Kilometern Laufen auf
Rang acht. Damit rehabilitier­
ten sie sich vom enttäuschenden
Abschneiden beim dritten Saisonrennen in Australien.
(sr)
4. Mai 2015
Kurs auf Rio
Richard Schmidt ist bereit für Olympia 2016.
von Stefan Rentzsch
sevilla. Der Kraftraum ist voller
Sportler. Es riecht nach Schweiß.
Von allen Seiten hört man ange­
strengtes Schnaufen. Es wird nur
von dem regelmäßigen Schep­
pern der Gewichte, die Stabsun­
teroffizier (FA) Richard Schmidt
unermüdlich hebt und wieder
absetzt, übertönt. Ein Meter über
dem Boden auf dem Bauch lie­
gend stemmt er die Langhantel.
Die Arme bewegen sich dabei
fast genauso wie im Ruderboot.
Krafttraining ist gerade hier
in Sevilla, wo der Deutsche
Ruderverband (DRV) sein Trai­
ningslager aufgeschlagen hat,
ein wesentlicher Bestandteil
im Tagesablauf. Das sieht man
auch Schmidts Körper an. An
dem Kraftpaket ist kein Gramm
Fett sichtbar. Ständig topfit zu
sein ist allerdings auch Voraus­
setzung, wenn man sich einen
Platz im Deutschlandachter, dem
„Flaggschiff“ des DRV, erkämpfen möchte.
Die Weichen in Richtung Leis­
tungssport stellte Schmidt schon
im Alter von acht Jahren. Damals
nahmen ihn Freunde mit zum
Rudern. Zunächst spielte er par­
allel noch erfolgreich Handball.
Doch als er im Alter von 15 Jah­
ren sein erstes Rennen auf dem
Wasser gewann, war klar, wohin
sein Weg gehen wird. „Meine
Eltern wollten immer, dass ich
Sport mache und haben mich die
ganze Zeit über unterstützt“, ist
der Sportsoldat dankbar.
Heute weiß er, was er am Trai­
nieren mit seinen Mannschaftska­
meraden und dem Teamgeist im
Wettkampf hat: „Die Faszination
Deutschlandachter liegt für mich
darin, dass man als Team wort­
wörtlich in einem Boot sitzt und
alles für den gemeinsamen Erfolg
gibt“, beschreibt der Athleten­
sprecher des DRV seine Passion.
Erfolge hat Schmidt in sei­
ner Karriere schon viele
vorzuweisen. 2010
und im vorigen Jahr
gewann er den Euro­
pa m ei s te r ti te l i m
Achter. Von 2009
bis 2011 wurde er mit
dem „Flaggschiff“ drei
Mal in Folge Weltmeis­
ter. Zusammen mit seinem
Trainingspartner, Stabsunter­
offizier (FA) Felix Drahotta, ist er
zudem aktueller Deutscher Meis­
ter im Zweierboot ohne Steuer­
mann. Der bisherige Höhepunkt
seiner Karriere war jedoch die
Goldmedaille bei den Olympi­
schen Spielen 2012 in London –
ebenfalls mit dem Achter.
Die Titel sind hart erkämpft.
Das fordernde Training beginnt
Foto (2): Wilke/RedBw
aktuell
Am Limit: richard schmidt gibt auch im
training alles.
bereits im
Winter am
Ergometer und
im Kraftraum. Im
Frühjahr setzt es sich mit diver­
sen Trainingslagern und Klein­
wettkämpfen fort. Doch trotz
aller Anstrengungen: Schmidt
denkt auch an seine Zukunft nach
dem Leistungssport. Nebenbei
studiert er Wirtschaftsingenieurwesen an der Technischen Uni­
versität Dortmund. „Was genau
ich nach dem Rudern machen
möchte, darüber habe ich mir
noch keine Gedanken gemacht“,
gibt er allerdings zu. „Der Sport
steht erstmal im Vordergrund.“
Und das mindestens noch bis
2016, wie er versichert. Denn
im kommenden Jahr steht das
große Ziel: Die Verteidigung
des Olympiasieges in Rio de
Janeiro. Und bis dahin wird
Schmidt noch einige Male zur
Langhantel greifen.
Rudern: Bereits in der Antike bekannt
Die erste Deutsche Meisterschaft im Rudern,
das bereits in der Antike als Sportart betrieben
wurde, fand 1882 in Frankfurt am Main statt. 1900
wurde Rudern zur olympischen Disziplin. Das erste
Rennen im Einer ging über eine Distanz von
1750 Metern. Heute sind 2000-Meter-Rennen
üblich. Die Bundeswehr betreut derzeit rund
30 Ruderer in der Sportfördergruppe Appen.
Beim Rudern wird nach Riemen- und Skull­
booten unterschieden. Beim Skullen hält ein
Ruderer in jeder Hand ein sogenanntes Skull. Beim
Riemenrudern hält der Sportler ein Ruder mit
beiden Händen. Gerudert wird mit Gewichts­
limit (Leichtgewicht) oder ohne (unbeschränkt).
Die vom Weltruderverband anerkannten olym­
pischen Bootsklassen sind Einer, Zweier und
Vierer (jeweils mit oder ohne Steuermann) sowie
Achter (immer mit Steuermann). Ein guter Steu­
ermann, von dem ein ganzes Rennen abhängen
kann, ist immer sehr gefragt und erhält bei
Siegen auch eine Medaille.
Wegen äußerer Einflüsse wie Wind und Strö­
mung kennt Rudern keine Weltrekorde, sondern
Weltbestzeiten. Im Finale der Weltmeisterschaf­
ten 2014 erreichten etwa die deutschen Frauen
im Doppelvierer mit Steuerfrau eine Weltbest­
zeit von 6:06 Minuten; der neuseeländische Vie­
rer ohne Steuerfrau brauchte 6:14 Minuten. (vie)
Lichtblick für Versehrte
Spende macht Erwerb von Sportrollstühlen am Zentrum für Sportmedizin in Warendorf möglich.
Warendorf. Mitte vergangenen
Monats sind im Zentrum für
Sportmedizin der Bundeswehr in
Warendorf zwölf Sportrollstühle
im Gesamtwert von 30 000 Euro
übergeben worden. Sie kommen
versehrten Soldaten zugute, die
am Zentrum für Sportmedizin und
der Sportschule der Bundeswehr
in Warendorf therapiert werden.
Oberstarzt Andreas Lison nahm
symbolisch die Sportrollstühle
entgegen. Der Leiter des Zent­
rums für Sportmedizin arbeitet
seit vielen Jahren mit versehr­
ten Soldaten zusammen.
Es sind Schicksale wie das von
Stabsgefreiter Jens Engelke, die
Lison bewegen und antreiben.
Engelke erlitt bei einer Lehr­
übung einen schweren Unfall.
Foto: Kemper/ Bundeswehr
10
Für den guten Zweck: Die soldatinnen und soldaten freuen sich
über die neuen sportgeräte.
Beide Beine wurden einge­
quetscht und mussten amputiert
werden. Ein schweres Schicksal
für den 28-jährigen Familienva­
ter. Doch Engelke nahm – auch
unterstützt durch die sportthera­
peutische Behandlung am Zen­
trum für Sportmedizin – sein
körperliches Handicap an. Die
Übergabe der Sportrollstühle war
denn auch ein großer emotionaler
Moment für Engelke und Lison.
Der Förderverein zur Unter­
stützung der Arbeit mit Versehr-
ten (FUAV) machte gemeinsam
mit dem Soldatenhilfswerk die
aufwändige Investition möglich.
„Die neuen Rollstühle werden
den Patienten helfen, zurück ins
Leben zu finden“, ist Lison zuversichtlich.
Auch Engelke zeigte sich nach
seiner ersten Proberunde ange­
tan von dem neuen Gefährt:
„Das Teil läuft leicht, es lässt
sich gut bewegen.“ Die Schirm­
herrin des Fördervereins, Gene­
ralarzt Gesine Krüger, war sicht­
lich erfreut: „Schließlich wurde
der Verein gegründet, um das
Therapieprogramm für Soldatin­
nen und Soldaten, die beispiels­
weise im Einsatz an Körper und
Seele erkrankt sind, projektbezo­
gen zu unterstützen.“
(uh)
4. Mai 2015
VerMischtes
Comeback des Isegrim
Wildes Wolfstreiben auf den Truppenübungsplätzen – ein Erfolg für den Artenschutz.
Foto: imago
Munster/Bergen. Rund um
den Truppenübungsplatz Munster Nord und Süd geht ein dort
niedergelassenes Wolfsrudel auf
Tuchfühlung. Warum das sonst
so scheue Wildtier dem Menschen so nah kommt, wird derzeit
von Wolfsberatern wie Bundesförster Jörg-Rüdiger Tilk geprüft.
Er leitet den Funktionsbereich
Naturschutz im Bundesforst
Lüneburger Heide.
A l s W ol f s b e r a ­
ter analysiert er die
ansässigen Wölfe
und ihr Verhalten
auf den Trup­
penübungs­
plätzen Muns­
ter Nord und
Süd sowie
Bergen. Dabei
sammelt der
Bundesförs ­
ter Daten für
ein sogenann­
tes Wolfsmo­
nitoring: Eine
dauerhafte
und struktu­
rierte Überwa­
chung der Wölfe
durch Sichtbeob­
achtung, Fotofal­
len oder mittels
genetischer Daten­
erhebung wie Kot,
Speichelproben,
Haaren oder Blut.
Ziel seiner Arbeit:
Die Ausbreitung der
Art zu doku­
mentieren
und zu überwachen bei gleichzei­
tiger Minimierung der Konflikte
zwischen Mensch und Wolf.
Außerdem steht er der Bevölke­
rung mit Rat und Informationen
zur Seite und dokumentiert mög­
liche Angriffe auf Nutztiere wie
beispielsweise Schafe.
Dynamische
Population
Einst war der Wolf eines der
weltweit am stärksten verbreite­
ten Säugetiere. Seit
1850 hingegen galt
Deutschland nahezu
als wolfsfrei. Heute
genießt der in der
Fabel Isegrim
genannte Wolf als
stark gefährdete
Art in Deutschland
und der EU
den höchs­
ten Schutz­
status.
Im Jahre
1 9 9 8
wurde
das erste
Wolfs­
paar in
der Mus­
kauer
Heide in
Sachsen
wieder
sesshaft.
Seitdem
nimmt
die Popu­
lation
stetig zu.
Foto: Privat
von Jennifer Fiebig-Schulze
Bundesförster und Wolfsberater: Jörg-rüdiger tilk.
Innerhalb Deutschlands sind
38 Wolfsterritorien bekannt, die
34 Rudel beziehungsweise Paare
und drei Einzelwölfe unter sich
aufgeteilt haben. Die zuneh­
mende Zahl der Wölfe ist ein
Erfolg für den Artenschutz. „Es
ist eine Population mit unglaubli­
cher Dynamik“, bemerkt Wolfs­
berater Tilk zur natürlichen Ver­
breitung der Wölfe. Oberflächlich
betrachtet mag die Zahl der
Wölfe eine rasante Entwicklung
beschreiben, aber rein biologisch
wäre noch mehr möglich. „Wölfe
können mit vier Jahren bereits
Großeltern werden und mit sechs
Jahren schon Urgroßeltern.“
Andere Rudel,
andere Sitten
In Niedersachsen konnten
bisher fünf Wolfsrudel beob­
achtet werden. „Durchschnitt­
lich besteht ein Rudel aus dem
Elternpaar, den Welpen sowie
den noch nicht geschlechtsreifen
Jungtieren des vorangegangenen
Jahres, den sogenannten Jährlingen“, erklärt Tilk. Die Anzahl
könne aber nie genau beziffert
werden. Sobald die Nach­
kommen geschlechtsreif
sind, machen sie sich auf
die Suche nach einem eige­
nen Revier.
So hat auch der Wolf
auf den Truppenübungs­
plätzen Fuß gefasst. Seit 2012
ist ein Wolfsrudel auf den Trup­
penübungsplätzen in Munster
unterwegs. 2013 konnte auch in
Bergen ein Wolfspaar mit Nach­
wuchs festgestellt werden. Die
einzelnen Rudel in Bergen und
Munster unterscheiden sich stark
in ihrem Verhalten: Im Gegensatz
zu den Munsteraner Artgenossen
hat das Rudel in Bergen seine
natürliche Scheu nicht verloren.
Eine Begegnung mit ihnen ist
möglich, aber äußerst selten. Die
Wölfe aus Munster sind auch am
Tage weiträumig aktiv, wodurch
häufig Begegnungen zwischen
Wolf und Mensch – auch außer­
halb des Geländes der Truppen­
übungsplätze – entstehen.
Da diese Wolfsgemeinschaft
oft im gesamten Rudel auftritt,
kann das für die Menschen sehr
befremdlich und gefährlich wir­
ken. „Das Problem ist, dass die
Munsteraner Wölfe einfach nicht
genug Distanz zu den Menschen
halten“, bestätigt Tilk. „Das kann
an der Vielzahl an Jungtieren lie­
gen, die zwar körperlich ausge­
wachsen sind, aber sich im Kopf
wie Kinder von Neugier lenken
lassen.“ Dennoch erklärt der
Wolfsberater, dass es in seinem
Bereich rund um die Übungs­
plätze noch zu keiner Begegnung
gekommen ist, bei der von Wöl­
fen aggressives Verhalten gegen­
über Menschen zu erkennen war.
Als Tipp gibt er mit auf den
Weg: „Bei einer Begegnung mit
Wölfen sollte man sich möglichst auffällig verhalten – auf
keinen Fall verstecken. Klat­
schen, Pfeifen, Rufen und andere
laute Geräusche oder Gesten
führen dazu, dass der Wolf den
Menschen frühzeitig bemerkt.
Das vermeidet ein Schreck­
erleben des Tieres auf naher Dis­
tanz, das zu einer unvorherseh­
baren Reaktion des Wolfes füh­
ren könnte.“
Sean Penn lässt die Muskeln spielen.
Kino. Der Actionthriller „The
Gunman“ hält, was er verspricht:
Unterhaltung gepaart mit knallhar­
ten Kampfszenen, in denen blanke
Fäuste oder Waffen aller Art zum
Einsatz kommen.
Der zweifache Oscar-Preisträ­
ger Sean Penn verkörpert in „The
Gunman“ den Ex-Söldner Jim
Terrier, der von seiner brisanten
Vergangenheit eingeholt wird. Jahre nach sei­
nem letzten Einsatz und getarnt als Mitarbei­
ter einer gemeinnützigen Organisation in der
Demokratischen Republik Kongo gerät er ins
Visier des einstigen Auftraggebers. Denn die
Details des tödlichen Attentates auf den Berg­
bauminister der Demokratischen
Republik Kongo dürfen nie ans
Licht kommen - alle Beteiligten
müssen ausgelöscht werden.
Schnell beginnt eine Verfolgungs­
jagd von Afrika über London und
weiter durch Europa, auf der er nicht
nur sich, sondern auch die Liebe sei­
nes Lebens, die Ärztin Annie (Jas­
mine Trinca), beschützen muss. Ter­
rier sucht nach den unbekannten Auftraggebern
seiner Mission im Kongo und nimmt es dabei
auch mit zwielichtigen Ex-Kollegen wie Felix
(Javier Bardem) und Cox (Mark Rylance) auf.
Die eher ungewohnte Rolle des adrena­
lingeladenen Helden, steht dem 54-Jähri­
gen gut zu Gesicht. Muskelbepackt präsen­
tiert er den gesundheitlich angeschlagenen
Terrier, der in dem actiondominierten Kino­
film erbittert um sein Überleben kämpft.
Regie führte Pierre Morel, der mit „96
Hours“ oder „From Paris With Love“ für
actionreiche Filme bekannt ist. In „The
Gunman“ versucht er nun mit Charakter­
darsteller Sean Penn an seine Erfolge anzu­
knüpfen. Es bleibt abzuwarten, ob sich Penn
als Actionheld beim Publikum etablieren
lässt. Durch den hohen Anteil an eindrucks­
vollen Actionszenen, ist der Film erst ab
16 Jahren freigegeben.
(jfs)
Kinostart: 30. April
aktuell
11
Gewinnauslosung
aktuell 13/2015:
Über die Blu Ray Mr. Turner
- Meister des Lichts darf sich
Johannes Silberhorn freuen.
Herzlichen Glückwunsch!
Von leckerer, glutenfreier Kost
Buch. Bereits beim ersten Durch­
blättern des Buches „glutenfrei!“
läuft einem das Wasser im Munde
zusammen. Und das, obwohl auf
diverse Zutaten im Sinne einer
glutenfreien Kost verzichtet wird:
beispielsweise auf Hafer, Wei­
zen, Dinkel oder auch Roggen.
Da fallen zahlreiche Lebensmit­
tel von der Einkaufsliste weg –
zumindest diejenigen, für die es
keine glutenfreie Variante gibt.
Die Autorin und gelernte Köchin
Pamela Moriarty geht positiv an
die Herausforderung heran: Sie
selber leidet seit Jahren an Glu­
tenunverträglichkeit, der soge­
nannten Zöliakie; statt aber von
Verzicht auf Lebensmittel zu spre­
chen, sieht sie darin die Chance,
die Nahrungsmittel zu entdecken
und erkunden, die sie essen darf.
100 Rezepte hat sie in diesem
Buch vereint, von schmackhaften
Vorspeisen und Partyhäppchen
über teils exotisch anmutende
Hauptspeisen und Beilagen bis
hin zu himmlischen Nachtischen.
Es findet sich alles wieder, was
den Gaumen erfreut: Fladenbrot
mit Kichererbsenmehl, Nudel­
suppe mit Ingwer und Huhn, Cup­
cakes oder Macarons. Es gibt
nichts, was nicht geht - und man
hat das Gefühl: Hier wird gar
nicht verzichtet – von Schonkost
keine Spur. Einfach hineinhüp­
fen in die Seiten und mitschlem­
men.
(eic)
Pamela Moriarty: „glutenfrei!
100 leckere Rezepte für alle,
die auf Gluten verzichten wol­
len oder müssen“, 223 Seiten,
Südwest-Verlag, München 2015,
17,99 Euro, ISBN 978-3-517­
09371-0
aktuell verlost zwei Kochbücher.
Einfach eine E-Mail mit Adresse
und Betreff „glutenfrei“ bis zum
11. Mai an aktuell@bundeswehr.
org schicken.
aktuell
Ausgewählte
Medienbeiträge
7. April, 11:00 Uhr, hr:
Auftrag umstritten? Die Bundes­
wehr im Wandel
Ein Übernahmebeitrag des SWR
zur Sendereihe „Quo vadis
BRD?“, die sich unter anderem
mit der Frage befasst: „Wie sind
die Auslandseinsätze der Bun­
deswehr vor dem Hintergrund
des Grundgesetzes zu bewerten?“
Vor diesem Hintergrund wird
Deutschland anhand der Prinzi­
pien seiner demokratischen Verfassung, wie Gewaltenteilung,
Föderalismus, Unabhängigkeit
des Mandats, Informationsfrei­
heit, Sozialstaatsprinzip, Demo­
kratieprinzip oder Freiheit der
Person kritisch betrachtet.
Youtube-video der Woche:
Betriebliches Gesundheitsma­
nagement, kurz BGM: ein Pilot­
projekt in der Bundeswehr. Koor­
dinator ist Oberleutnant Michael
Holly beim Panzergrenadierba­
taillon 391 aus Bad Salzungen.
Elf Fitnesskurse, darunter Aqua­
fitness und Rückenfitness, bietet
der studierte Sportwissenschaft­
ler an. Erste Erfolge sind schon
nachweisbar.
(eb)
Der Beitrag „Fit am
Arbeitsplatz“ unter
www.youtube.com/bun­
deswehr.
015
17/2
vermischtes
4. mai 2015
Ausbilder aus Leidenschaft
Sascha Konitzer trainiert fliegendes Personal an der Inspektion „Überleben auf See“.
Bremerhaven.
„Wir sind als
Ausbilder Dienst­
leister. Der Erfolg
des Einzelnen
und der Gruppe
steht im Vordergrund.“ Wer Kapitänleutnant Sascha
Konitzer bei der
Arbeit beobachtet,
weiß, dass er sein
Credo ernst meint.
Der 45-Jährige ist einer von drei
Hörsaalleitern in der Inspektion
„Überleben auf See“ an der Mari­
neoperationsschule Bremerhaven
(S. 8). Er bereitet einen Teil des
fliegenden Personals der Bun­
deswehr auf die Extremsituation
eines Absturzes über Wasser vor.
Am spannendsten seien die
Menschen, die vorher sagen:
„Hier kriegt ihr mich nicht
rein“, beschreibt Konitzer den
anspruchsvollsten Teil seiner
Arbeit. „Mein Ziel in solchen
Situationen ist es, den Teilneh­
mer an seine Grenzen zu führen
und diese gemeinsam mit ihm zu
überschreiten.“
Der Marineoffizier weiß um
die motivierende Wirkung des
Humors. „Bei der Ausbildung
darf auch mal gelacht werden.
Aber nur miteinander, nicht über­
einander“, so Konitzer. Die Sol­
Welches Wort oder welche Redewendung gebrauchen Sie zu häufig?
„Schauen wir mal...“
Wie können Sie am besten entspannen?
Bei Country-Musik.
Was treibt Sie an?
Beruflich: Die Freude am Job. Privat: Die Freude am Leben.
Foto: Bienert/RedBw
12
daten, die von ihm trainiert wer­
den, können aber auch von seiner
großen Erfahrung profitieren. Der
gebürtige Bremerhavener ist
vor seiner derzeitigen Tätigkeit
20 Jahre lang auf Seefernaufklä­
rern der Marine zur See geflo­
gen. Außerdem kann er auf fünf
verschiedene Auslandseinsätze
zurückblicken.
„Für mich ist es erfüllend,
erworbenes Wissen weiterge­
ben zu dürfen“, meint der Aus­
bilder. Sowohl im Unterrichtsraum als auch bei der Praxis im
Wasser merkt man ihm seine Lei­
denschaft an. Wer während der
Ausbildung Probleme bekommt,
kann auf sein Einfühlungsvermö­
gen vertrauen. „Am schönsten ist
es, wenn man am Ende des Tages
in stolze Gesichter blickt. Dann
weiß man, wofür man es gemacht
hat“, sagt Konitzer.
(sr)
Was können Sie besonders gut kochen?
Italienisch.
Welche Eigenschaften schätzen Sie an einem anderen Menschen
am meisten?
Toleranz.
Was können Sie überhaupt nicht leiden?
Schlechten Führungsstil.
Welches Lied singen oder hören Sie gern?
„Shotgunrider“ von Tim McGraw.
Wozu können Sie nicht „Nein“ sagen?
Zu Schokolade.
Was mögen Sie an sich selbst nicht?
Dass ich manchmal unangenehme Dinge aufschiebe.
Wo möchten Sie am liebsten leben?
In den USA. Meine Favoriten sind die Bundesstaaten Montana und
Idaho.
Was ist Ihr Hauptcharakterzug?
Geradlinigkeit.
Wie lautet Ihr Lebensmotto?
„Nutze den Tag, denn Du hast nur ein Leben.“
SUDOKU
Vi
el G
Senden Sie die vier Lösungszahlen,
lück
die sich aus den farbigen Feldern
!
ergeben, per E-Mail mit dem Betreff
“Sudoku 17/2015” und Ihrer Postanschrift an:
[email protected]
Einsendeschluss:
Sonntag dieser Woche
Der Gewinn:
Eine Outdoor-Kaffeepresse
Lösung der Ausgabe 15/2015:
4 9 8 1
Gewonnen hat:
Nadin Hubrich
Spielregeln: Füllen Sie das Raster mit den Zahlen von 1 bis 9. In jeder Zeile und jeder Spalte darf jede Zahl nur einmal vorkommen.
Zudem kommt auch in jedem 3 x 3 Feld jede Zahl nur einmal vor. Doppelungen sind nicht erlaubt.
Aus allen richtigen Einsendungen wird der Gewinner ausgelost. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.