Asylverfahren (Reinhard Pohl)

Einführung
in das Asylrecht
19. Mai 2015, Husum
Reinhard Pohl, Journalist, Kiel
[email protected]
Ablauf des Asylverfahrens
a) Asylbegehren (BüMa = Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender)
b) Registrierung, Fingerabdrücke
c) (nach 2 bis 4 Wochen:) Verteilung
d) Asylantrag
e) Reiseweg-Befragung
f) Dublin-III-Verfahren
g) Anhörung zum Asylantrag
h) Entscheidung
i) Klage, Verwaltungsgerichts-Verfahren
Begriffsklärung
Flüchtling / Asylbewerber
Asylverfahren
Anerkennung / Flüchtlingseigenschaft
Erstaufnahme / Landesunterkunft
Gemeinschaftsunterkunft / Flüchtlingsheim
Zuständigkeiten: Bundesrecht / Landesrecht / Kommunalrecht
Wichtige Gesetze: Aufenthaltsgesetz, Asylverfahrensgesetz,
Asylbewerberleistungsgesetz, Dublin-III-Verordnung (EU)
Asylantrag
EASY-Verfahren: Verteilung auf Bundesländer
Königsteiner Schlüssel (Quote für SH: 3,38 %)
Familieneinheit
Nach persönlicher Asylantragstellung:
Aufenthaltsgestattung
Asylmündig: ab 16 Jahre (Änderung geplant)
Dokumente abgeben (Kopie)
[Asylfolgeantrag „2. Antrag“: Duldung]
HKL-Zuständigkeit
EASY Verfahren (Länderquote)
HKL-Zuständigkeit
Neumünster / Schleswig-Holstein:
Afghanistan, Albanien, Armenien, Eritrea, Irak, Iran, Jemen*,
Kosovo, Mazedonien, Russische Föderation, Serbien, Somalia,
Syrien, Türkei
Hamburg:
Afghanistan, Albanien, Bosnien + Herzegowina, Eritrea, Irak, Iran,
Kosovo, Mazedonien, Russische Föderation, Serbien, Somalia,
Syrien
Anhörung gem. § 24 AsylVfG
Die Anhörung - das Herzstück des Asylantrags
• Glaubhaftigkeit des persönlichen Schicksals und
der Situation im Herkunftsland
• Merke: Auf Vollständigkeit achten und
Widersprüche auf Vorhalt erläutern
• Es gilt der Amtsermittlungsgrundsatz, welcher
vom BAMF zu beachten ist
Probleme bei der Anhörung
• Traumatisierte haben oft die
Geschehnisse verdrängt
• Folterüberlebende können nicht über die
Geschehnisse reden
• Frauen können nicht über sexuelle
Übergriffe sprechen
Worum geht es bei der Anhörung?
1. 24 Fragen zu Familie, Herkunft und
Fluchtweg
● Fragen zur Person
● Persönliche Verhältnisse, Familienstand, Kinder
Adresse und Beruf
● Reiseweg
Hier unbedingt den Reiseweg so detailreich wie möglich
erläutern!
Zusammenhänge müssen erläutert werden, vor allem
wenn zwischen Ereignissen und Flucht einige Monate
liegen!
Worum geht es bei der Anhörung?
2. Vorletzte Frage: Fluchtgründe? Art. 16 a GG und § 60 Abs. 1
AufenthG
Haft, Misshandlungen, Folter etc..
Auch hier muss eine sehr genaue Darstellung der Gründe erfolgen!
Die Furcht vor politischer Verfolgung muss deutlich dargelegt
werden.
-> Beweismittel, wenn möglich aushändigen
3. Letzte Frage. Hindernisse für eine Rückkehr?
Abgesehen von politischen Gründen, hier wird gem. § 60 Abs. 2 bis
7 AufenthG ein Vortrag zu Abschiebehindernissen gefordert
z.B. zur Medizinische Versorgung
Durch das Vorbringen dieses Rechts kann die Abschiebung
ausgesetzt werden, sog. Abschiebeverbot
Anhörung allgemein
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Ruhe bewahren
Peinliches und Bedrückendes muss erzählt werden
Recht auf weibl. / männl. AnhörerIn
Recht auf weibl. / männl. DolmetscherIn
Recht auf Pausen
Probleme mit der Verständigung / Dolmetscher
müssen aufgeklärt werden
–> ggf. selbst einen Dolmetscher mitnehmen gem.
§17 Abs. 2 AsylVfG möglich
auf Rückübersetzung nicht verzichten
Nach der Anhörung
• Protokoll lesen und Korrekturen beim
BAMF immer angeben!
• Aufforderung Unterlagen abzugeben
nachkommen, meistens werden Fristen
vom BAMF gesetzt
• laufend Unterlagen nachsenden, falls
vorhanden, etwa Arztberichte
Sozialleistungen und Zugang
anderen Leistungen
Zugang zur Gesundheitsversorgung eingeschränkt
auf akute Krankheiten / Schmerzbehandlung
Leistungen nach dem AsylbLG
Problem Vermögen (Geld von Verwandten)
Arbeiten
3 Monate Arbeitsverbot (1. bis 3.)
12 Monate Arbeitserlaubnis / Vorrangprüfung (4. bis 15.)
33 Monate Arbeitserlaubnis / Mindestlohn (16. bis 48.)
nach 48 Monaten Arbeiten erlaubt.
Selbständigkeit muss gesondert erlaubt werden / Antrag
Weitere Besonderheiten
Dem Bundesamt (BAMF, Neumünster) muss jede
Adressänderung mitgeteilt werden, sonst wird das
Asylverfahren ohne Ergebnis abgebrochen.
Umzug normalerweise nicht möglich.
Wohnsitzauflage
Reisen innerhalb Deutschlands erlaubt.
Reisen innerhalb Europas nicht erlaubt.
Entscheidung
• Kommt in der Post
• Brief aufbewahren, wegen Fristablauf
• Rechtsmittel schnell prüfen
• Fristen erkennen und berechnen
Positiv I: Asyl
• meistens ausgeschlossen wegen der
Drittstaatenregelung (Art. 16 a GG)
• Familienasyl
• Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre
• Familienzusammenführung
• Umzugserlaubnis
• nach drei Jahren erneute Prüfung, dann
Niederlassungserlaubnis
• Einbürgerung nach fünf Jahren möglich
Positiv II: Flüchtling
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„Flüchtlingseigenschaft“
es gilt die „Genfer Flüchtlingskonvention“
Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre
Familienzusammenführung
Umzugserlaubnis
nach drei Jahren erneute Prüfung, dann
Niederlassungserlaubnis
• Einbürgerung nach fünf Jahren möglich
Positiv III: Internationaler
subsidiärer Schutz
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„Flüchtlingseigenschaft“
Status nach EU-Richtlinie
Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre
keine Erleichterung bei
Familienzusammenführung
• Wohnsitzauflage bleibt
Positiv IV: nationaler
subsidiärer Schutz
• keine „Flüchtlingseigenschaft“
• Abschiebeschutz z.B. wegen Krankheit,
die im Herkunftsland nicht behandelt
werden wird und Verschlechterung zu
erwarten.
• Aufenthaltserlaubnis für ein Jahr
• bei jeder Verlängerung Überprüfung
Bescheide
und wie sie lauten können
Flüchtlingsanerkennung:
1. Der Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter wird abgelehnt.
2. Dem Antragsteller wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt.
Abschiebeschutz:
Der Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter wird abgelehnt.
Der Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft wird
abgelehnt.
Das Abschiebungsverbot des § 60 Abs. … (z.B. 2, 3 5 oder 7) des
Aufenthaltsgesetzes liegt hinsichtlich … (z.B. Afghanistan) vor.
Im Übrigen liegen Abschiebungsverbote nach § 60 des
Aufenthaltsgesetzes nicht vor.
Flüchtlingsanerkennung
(blauer Pass)
Anerkennung nach § 3 AsylVfG, Reiseausweis nach
§ 28 GFK, Abschiebeschutz nach § 60 Abs. 1
AufenthG und eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25
Abs. 2 AufenthG
Flüchtling ist danach ein Drittstaatsangehöriger, der aus
der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen seiner
Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung
oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
sich außerhalb des Landes befindet, dessen
Staatsangehörigkeit er besitzt, und den Schutz dieses
Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen
dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will; ebenso gilt
dies für Staatenlose.
Flüchtlingsanerkennung
Problembereiche und Prüfungsreihenfolge:
• Droht eine Verfolgung, welche eine schwere
Menschenrechtsverletzung darstellt, von einem
verfolgungsmächtigen Akteur, ohne dass ein
schutzbietender Akteur zur Verfügung steht,ohne dass
interner Schutz besteht, und die an flüchtlingsrechtlich
relevante Umstände anknüpft, ohne dass ein
Ausschlussgrund gegeben ist?
• Zeitlicher Zusammenhang mit der Flucht
• Gruppenverfolgung und Nachfluchtgründe
• Nichtstaatliche Verfolgung (Staat schutzunwillig oder schutzunfähig)
Negative Entscheidungen
Ablehnung
„der Asylantrag ist
unbegründet“
Klage innerhalb von
zwei Wochen
Ausreise innerhalb
von einem Monat
Ablehnung
„der Asylantrag ist
offensichtlich
unbegründet“
Klage innerhalb von
einer Woche
Ausreise innerhalb
von einer Woche
Bescheide und wie sie lauten können
Normale Ablehnung:
Der Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter wird abgelehnt.
Der Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft wird
abgelehnt.
Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 des Aufenthaltsgesetzes
liegen nicht vor.
Der Antragsteller wird aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland
innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu
verlassen; im Falle einer Klageerhebung endet die Ausreisefrist einen
Monat nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens. Sollte
der Antragsteller die Ausreisefrist nicht einhalten, wird er nach
abgeschoben. Der Antragsteller kann auch in einen anderen Staat
abgeschoben werden, in den er einreisen darf oder der zu seiner
Rückübernahme verpflichtet ist.
 Dies ist die sogenannte Abschiebungsandrohung
Bescheide und wie sie lauten können
OU-Ablehnung:
Der Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter wird als offensichtlich
unbegründet abgelehnt.
Der Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft wird als
offensichtlich unbegründet abgelehnt.
Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 2 bis 7 des
Aufenthaltsgesetzes liegen nicht vor.
Der Antragsteller wird aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland
innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu
verlassen; im Falle einer Klageerhebung endet die Ausreisefrist einen
Monat nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens. Sollte
der Antragsteller die Ausreisefrist nicht einhalten, wird er nach …
abgeschoben. Der Antragsteller kann auch in einen anderen Staat
abgeschoben werden, in den er einreisen darf oder der zu seiner
Rückübernahme verpflichtet ist.
Rechtsmittel und Fristen
• „unbegründet“: 2 Wochen, Klage hat aufschiebende
Wirkung.
• „offensichtlich unbegründet“: 1 Woche, Klage hat keine
aufschiebende Wirkung. Wichtig: Eilantrag auf
Herstellung der aufschiebenden Wirkung mit
Begründung (eine Woche Frist)
Merke: wenn Akte mitgeschickt wird, dann ist es ein OU
Fall (großer gelber Umschlag)
• „Positive“ Entscheidung (nicht positiv genug):
2 Wochen Frist zur Klage.
Es kann keine Verschlechterung geben.
Klage und Fristen zur
Begründung
Begründungsfrist- -> vier Wochen nach Erhalt der Entscheidung
§87b Frist beachten vor der mündlichen Verhandlung --> letzte
Chance noch Beweismittel (Atteste, Urkunden und Zeugen etc.)
zu benennen. Immer möglich: Richterin / Richter fragen.
Immer mit Anwalt / Anwältin zusammenarbeiten!
VG Verhandlung -> Ablauf
a) Darstellung b) Befragung c) rechtl. Erörterung
Urteil
Asylfolgeantrag
Kein Schutz vor Abschiebung, solange das
BAMF die Sache nicht zur weiteren Entscheidung
annimmt
Frist: innerhalb von drei Monaten müssen die
neu bekannt gewordenen Tatsachen vorgetragen
werden
Wiederaufgreifungsantrag auch möglich wegen
neu oder chronifizierten auftretenden
Erkrankungen
Kein Schutz bis zur Entscheidung in der
Hauptsache
Hinweise
www.frsh.de
www.info4alien.de