Konjunktur Deutschland

Konjunktur Deutschland
26. Mai 2015
Volkswirtschaft
5/2015
Inhalt
2
Mäßiger Auftakt, lebhafte Binnennachfrage
3
Ausblick: Wendepunkt scheint erreicht
4
Überblick: Konjunkturuhr und Prognose
5
Zaghafter Aufwärtstrend im Bestelleingang
6
Industriekonjunktur aktuell kein Impulsgeber
8
Einzelhandelsentwicklung vorerst rege
10
Schwacher Euro kaschiert labilen Export
12
Kaum Preisdruck, aber auch keine Deflation
14
Arbeitsmarkt: Viele offene Stellen
15
Volkswirtschaft
5/2015
Mäßiger Auftakt, lebhafte Binnennachfrage
Das Wachstum hat sich im ersten Quartal auf 0,3%
verlangsamt, obwohl Konsum und Investitionen
durchaus ansehnliche Zuwachsraten zeigten. Der
Private Verbrauch (+0,6%) wuchs das dritte Mal
infolge überdurchschnittlich. Bei den Ausrüstungsinvestitionen brachte das erste Quartal eine Wachstumsbeschleunigung auf 1,3%. Die kaum höhere
Jahresrate (1,5%) weist jedoch darauf hin, dass die
bisherige Investitionszurückhaltung damit bisher
nur ansatzweise überwunden wurde.
Der insgesamt enttäuschende BIP-Verlauf zum
Jahresauftakt ist Resultat von negativen Wachstumsbeiträgen sowohl seitens der Nettoexporte (0,2
Prozentpunkte) als auch eines beschleunigten Abbaus von Lagerbeständen um weitere 0,3 Prozent
des BIP. Die Daten bringen zum Ausdruck, dass
der Rückgang der Lagerbestände trotz vergleichsweise lebhafter Einfuhrentwicklung bisher nicht
gedrosselt wird. Diese ungewöhnliche Konstellation
ist umso bemerkenswerter, als der Vergleichswert
für den Außenbeitrag vom vierten Quartal mit der
aktuellen Meldung sogar um einen halben BIPProzentpunkt nach unten korrigiert worden ist. Generell bringen die einzelnen Verwendungskomponenten die Verlagerung der konjunkturellen An-
triebskräfte in Richtung Binnennachfrage inzwischen deutlich zum Ausdruck.
Im weiteren Jahresverlauf könnte sich auf Basis
dieser beschriebenen Ausgangslage noch ein Aufholeffekt einstellen. Insgesamt scheint die Entwicklung aber auch stetiger zu verlaufen als im Vorjahr.
Dies war noch durch markante Wechsel zwischen
dynamischem Wachstum im Start- und Schlussquartal sowie eine Phase der Stagnation dazwischen gekennzeichnet.
Die mäßige Bilanz für das erste Quartal sollte einerseits auch im Lichte des nach dem Endspurt von
2014 hohen Vergleichswerts bewertet werden. Auf
der anderen Seite ist jedoch auch darauf hinzuweisen, dass Ölpreisverfall und Euro-Schwäche um die
Jahreswende sehr günstige konjunkturelle Rahmenbedingungen schufen, die in dieser Form kaum
Bestand haben dürften.
Fazit: Trotz mäßigem Abschneiden zu Jahresbeginn ist eine Belebung der Binnennachfrage zu
beobachten. Jahresdurchschnittlich dürfte das
Wachstum noch etwas höher ausfallen als im Vorjahr.
BIP-Entwicklung in Deutschland
Mrd. Euro in Preisen von 2010, Wachstumsraten ggü. Vorquartal annualisiert in % (rechte Skala)
735
9
720
6
705
3
690
0
675
-3
660
-6
645
-9
630
-12
615
-15
600
2009
Quelle: Destatis
2010
2011
2012
2013
2014
2015
2016
-18
22.5.2015
3
Volkswirtschaft
5/2015
Ausblick: Wendepunkt scheint erreicht
Das Ifo-Geschäftsklima zog zwischen Oktober und
April um fünf Punkte an und holte damit zwei Drittel
des Verfalls im vorangegangenen halben Jahr wieder auf. Das aktuelle Niveau des IfoGeschäftsklima würde eine Wachstumserwartung
von 2% durchaus rechtfertigen.
Allerdings kam es im Mai – bedingt durch vorsichtigere Geschäftserwartungen zu einem ersten kleinen Rückgang im Gesamtindex. Gemessen an der
zurückliegenden Aufhellung des Lagebilds ist der
Ausblick der Unternehmen mittlerweile auch schon
wieder von Skepsis geprägt. Immerhin ist der Umfragesaldo aber noch positiv, so dass sich die IfoDaten weiterhin im Boom-Quadranten befinden.
Auch bei Finanzanalysten sowie dem Anlegervertrauen waren bereits Anzeichen einer bevorstehenden Stimmungswende auszumachen. Damit würde
sich ein weiteres Mal bewahrheiten, dass sich das
hiesige Geschäftsklima nicht dauerhaft von den
US-Trends abkoppeln kann. Da auch andere Exportmärkte wie etwa China eine labilere Wirtschaftsentwicklung verzeichnen und die Segnungen des günstigen Euro-Kurses allmählich nachlassen, würden weitere kleinere Abwärtskorrekturen
der Ifo-Daten nicht überraschen.
Beim zuletzt wichtigen Konsum muss man ebenfalls von einer künftig wieder gemächlicheren
Gangart ausgehen. Zum einen wachsen die Realeinkommen mit Normalisierung des Preisauftriebs
wieder langsamer, zum zweiten hat sich die Sparquote der Privathaushalte bereits im ersten Quartal
wieder um 0,4 Prozentpunkte zurückgebildet, so
dass weitere Impulse dieser Art weniger wahrscheinlich sind.
Auch bei den Investitionen ist die Datenlage – etwa
im Hinblick auf die Inlandsbestellungen des Maschinenbaus – nicht gefestigt genug, um die Erwartung eines anhaltend robusten Wachstums zu
rechtfertigen, und nicht zuletzt wird das Ausfuhrgeschäft künftig noch unter den Mindereinnahmen der
Ölförderländer zu leiden haben.
Fazit: Die zuletzt günstigen äußeren Rahmenbedingungen wirkten nur temporär wachstumsbelebend. Ausgehend von niedrigen Ausgangswerten
im Außenbeitrag und dem zuletzt schon starken
Lagerabbau könnte im zweiten Quartal zwar neuerlich ein vergleichsweise robustes Wachstum verzeichnet werden. Nachfolgend wäre aber eher wieder von einem langsameren Expansionstempo
auszugehen.
Frühindikatoren – Ifo-Index versus ZEW
116
80
112
60
108
40
104
20
100
0
96
-20
92
-40
88
-60
84
2005
2007
Ifo-Geschäftsklima
Quelle: Ifo, ZEW
4
2009
2011
2013
2015
-80
ZEW-Konjunkturerwartungen - 3 Monate Vorlauf (rechte Skala)
22.5.2015
Volkswirtschaft
5/2015
Ifo Konjunktur-Uhr Deutschland
Erwartungen für die nächsten 6 Monate
(Verarbeitendes Gewerbe einschließlich Ernährungsgewerbe – saisonbereinigt)
30
Aufschwung
Boom
20
10
0
-10
-20
-30
-40
-50
-60 Rezession
-60
-40
Abschwung
-20
0
20
40
60
Beurteilung der Geschäftslage
2008
Quelle: ifo
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
22.5.2015
Deutschland – BIP (in Preisen von 2010)
2012
BIP
Mrd. €
2013
% % (a)
Vj. Vq. Mrd. €
2014
% % (a)
Vj. Vq. Mrd. €
2015
% % (a)
Vj. Vq. Mrd. €
2016
% % (a)
Vj. Vq. Mrd. €
% % (a)
Vj. Vq.
1. Quartal
2. Quartal
670
671
0,9
0,8
1,3
0,5
666
671
-0,6
0,1
-1,6
3,2
681
681
2,3
1,4
3,1
-0,3
688
693
1,0
1,8
1,1
3,1
703
706
2,1
1,8
1,4
1,8
3. Quartal
4. Quartal
671
668
0,5
0,1
0,3
-1,6
673
676
0,3
1,1
1,2
1,8
681
686
1,2
1,5
0,3
2,8
697
700
2,3
2,1
2,2
1,9
708
711
1,7
1,5
1,6
1,3
Gesamt
2680
0,6
2686
0,2
2729
1,6
2778
1,8
2827
1,8
Gesamt *
2679
0,4
2682
0,1
2725
1,6
2778
1,9
2831
1,9
Priv. Verbr. *
Staatsverbr. *
1489
503
0,7
1,2
1501
507
0,8
0,7
1518
513
1,1
1,2
1551
523
2,2
2,0
1571
530
1,3
1,4
Ausrüst.inv. *
Bauinvest. *
180
259
-3,1
0,6
175
258
-2,4
-0,1
183
267
4,3
3,4
188
276
3,0
3,3
195
287
3,5
4,1
sonst. Anl. *
Exporte *
92
1210
0,1
2,8
94
1229
1,3
1,6
95
1276
1,2
3,8
97
1330
2,0
4,3
99
1380
3,0
3,7
Importe *
1024
0,0
1056
3,1
1093
3,5
1155
5,7
1211
4,9
* nicht saisonbereinigt
5
Volkswirtschaft
5/2015
Zaghafter Aufwärtstrend im Bestelleingang
Die Auftragseingänge erholten sich zum März nur
um 0,9%. Gleichwohl wurde der über die letzten
Monate leicht aufwärtsgeneigte Trend bestätigt, da
die Ausschläge nach oben in diesem schwankungsanfälligen Index zumeist etwas größer waren,
als vorherige Einbußen. Allerdings ist der Indexstand durch Großaufträge aktuell noch um ca. 1%
nach oben verzerrt. Vor allem hohe Flugzeugorder
dürften hier eine Rolle gespielt haben. Dabei sind in
dieser Branche Rückschlüsse von der Bestelltätigkeit auf die künftige Produktionsentwicklung mit
besonderen Unsicherheiten behaftet.
Wenig Zulauf war über die letzten Monate bei den
Inlandsbestellungen im Maschinenbau auszumachen. Vorerst muss somit festgehalten werden,
dass sich die über die letzten Monate eingetretene
Stimmungsaufhellung in der Gewerblichen Wirtschaft noch nicht in einen nachhaltigen Aufwärtstrend bei den Unternehmensinvestitionen zu übersetzen scheint.
Unterstützung, die deutsche Anbieter derzeit durch
den niedrigen Euro-Außenwert erfahren, verlief
diese Erholung jedoch eher schleppend.
Auch in den allgemeinen Urteilen zur Nachfragesituation und zur Einschätzung der Auftragsbestände
war eine leichte Aufwärtstendenz feststellbar. Sie
ist jedoch nicht stark genug, um eine Wachstumsbeschleunigung bei den eingehenden Bestellungen
erwarten zu lassen. Auch die Auftragsreichweite
hat über die letzte Zeit keine einschneidenden Änderungen erfahren.
Fazit: Zur Jahreswende verlief die Bestelltätigkeit
wechselhaft. Im weiteren Verlauf kann von einer
aufwärtsgerichteten Bewegung ausgegangen werden. Wirklich dynamisch entwickelt sich das Auftragsgeschehen aber nicht.
Zugleich hob sich aber auch die Auslandsnachfrage
über die letzten Monate nicht wesentlich vom allgemeinen Trend ab. Zwar hatten sich die vom IfoInstitut abgefragten Exporterwartungen seit letztem
September wieder erholt. Angesichts der kräftigen
Auftragseingang und Ifo-Geschäftserwartungen
30
120
25
116
20
112
15
108
10
104
5
100
0
96
-5
92
-10
88
-15
84
-20
80
-25
76
-30
72
-35
2005
2007
2009
2011
2013
Auftragseingang - gleitender 3-Monatsdurchschnitt ggü. Vj., %
Ifo-Erwartungen, Verarbeitendes Gewerbe - 3 Monate Vorlauf (rechte Skala)
Quelle: Destatis, ifo
6
2015
68
22.5.2015
Volkswirtschaft
5/2015
Auftragseingänge bei Investitionsgütern
Indizes (2010 = 100)
127
260
124
240
121
220
118
200
115
180
112
160
109
140
106
120
103
100
100
80
97
2011
2012
insgesamt
Fahrzeugbau
Quelle: Destatis
2013
2014
2015
Maschinenbau
sonstige Fahrzeuge (rechte Skala)
60
22.5.2015
Auftragsreichweite
3,4
40
3,3
30
3,2
20
3,1
10
3,0
0
2,9
-10
2,8
-20
2,7
-30
2,6
-40
2,5
-50
2,4
-60
2,3
1999
Quelle: Ifo
2001
2003
2005
2007
2009
2011
2013
2015
-70
Verarbeitendes Gewerbe - Monate
Ifo: Auftragsbestand: groß / zu klein - Saldo (rechte Skala)
26.5.2015
7
Volkswirtschaft
5/2015
Industriekonjunktur aktuell kein Impulsgeber
Die industrielle Ausbringung konnte im Verlauf des
Schlussquartals 2014 um 1,5% gesteigert werden.
Zu Jahresbeginn stagnierte die Produktion zunächst und fiel erst im März um 0,5% zurück, wobei
sich in quartaldurchschnittlicher Rechnung damit
dennoch ein Zuwachs um 0,5% einstellte. Gleichwohl wird im Vorjahresvergleich nur eine minimale
Steigerung ausgewiesen, da die zuletzt etwas lebhaftere Entwicklung zunächst einmal nur die Einbußen ausgeglichen hatte, die um die Jahresmitte
hinzunehmen waren.
Im Vergleich zu den Umsatzzahlen des Verarbeitenden Gewerbes sowie im Verhältnis zu den Ausfuhrdaten war die Entwicklung des Produktionsindex zuletzt unauffällig. Die aktuelle Indexausprägung dürfte somit einen unverfälschten Eindruck
von der Situation liefern. Die ebenfalls unauffälligen
Einschätzungen der Unternehmen zu den Lagerbeständen erhärten diesen Eindruck.
sich genommen aber sogar eine weitere und etwas
raschere Belebung der industriellen Aktivität erwarten lassen. Doch bleibt diese Schlussfolgerung
unsicher, da gleichzeitig der Antwortsaldo zur Beschreibung des aktuellen Produktionsgeschehens
noch nahe der Nulllinie verharrt. Zumindest in den
Bezug auf ihre Produktionspläne blieben die Unternehmen aber optimistisch und zeigten sich auch im
Hinblick auf ihre Auftragsbestände zufriedener.
Fazit: Nach der Erholung im Schlussabschnitt hat
sich das Produktionswachstum wieder verlangsamt.
Grundsätzlich bleibt der Trend aufwärts gerichtet.
Während Stimmung und Produktionsabsichten
durchaus mit einer etwas dynamischeren Entwicklung kompatibel wären, sprechen konkretere Abfragen zum aktuellen Produktionsgeschehen für eine
vorsichtigere Einschätzung. Somit wird der Produktionsanstieg im laufenden Jahr wohl nicht ganz an
die gesamtwirtschaftliche Wachstumsrate heranreichen.
Der Einkaufsmanagerindex hält sich am aktuellen
Rand noch oberhalb der Marke von 51 Punkten und
zeigt damit leichte Aktivitätssteigerungen an. Die
vom Ifo-Institut erhobenen Lageeinschätzungen
deutscher Unternehmen haben sich im Mai zwar
nicht mehr entscheidend verbessert, würden für
Industrieproduktion in Deutschland
Index, Veränderung ggü. Vj. in % (rechte Skala)
115
16
112
12
109
8
106
4
103
0
100
-4
97
-8
94
-12
91
-16
88
-20
85
2009
2010
Quelle: Destatis
8
2011
2012
2013
2014
2015
2016
-24
22.5.2015
Volkswirtschaft
5/2015
Industrieproduktion und Auftragseingang
Indizes (2010 = 100)
113
113,5
112
112,0
111
110,5
110
109,0
109
107,5
108
106,0
107
104,5
106
103,0
105
101,5
104
2011
2012
2013
2014
2015
100,0
Industrieproduktion (ohne Bau und Energie)
Auftragseingänge, 3 Monate Vorlauf (rechte Skala)
Quelle: Destatis
22.5.2015
Industrieproduktion (o. Bau)
Produktionspläne ("Erhöhung / Rückgang") in den nächsten 3 Monaten
2,1
21
1,8
18
1,5
15
1,2
12
0,9
9
0,6
6
0,3
3
0,0
0
-0,3
-3
-0,6
-6
-0,9
-9
-1,2
-12
-1,5
2011
2012
2013
2014
2015
Industrieproduktion - ggü. Vm., gleitende 3-Monatsdurchschnitte in %
Produktionspläne - Umfragesaldo (rechte Skala)
Quelle: Destatis, Ifo
-15
26.5.2015
9
Volkswirtschaft
5/2015
Einzelhandelsentwicklung vorerst rege
Über die letzten beiden Berichtsmonate kam es
zwar zu einem kumulierten Rückgang der Einzelhandelsumsätze um 1,6%. Da der Vergleichswert
vom Januar jedoch sehr hoch war, ergab sich quartalsdurchschnittlich gleichwohl ein Anstieg um 1%
gegenüber der Vorperiode. Zudem dürfte der jüngste Wert für den März auch durch kalendarische
Effekte belastet gewesen sein, die sich der üblichen
Bereinigung entzogen möglicherweise haben. Jedenfalls waren in den Einschätzungen der vom IfoInstitut befragten Händler keine Anhaltspunkte für
eine akute Umsatzflaute auszumachen. Somit darf
für April auch wieder mit einem kleinen Ausschlag
nach oben gerechnet werden.
Das allgemeine Urteil zur Geschäftslage ist laut IfoErhebung im bisherigen Jahresverlauf deutlich
freundlicher geworden und auch die insgesamt
vorsichtiger formulierten Geschäftserwartungen
hellten sich weiter auf. Gleichzeitig wurde im Konsumentenvertrauen das langjährige Hoch aus dem
Jahr 2007 sogar noch übertroffen. Die Privathaushalte haben ihre zwischenzeitliche Skepsis hinsichtlich der konjunkturellen Perspektiven abgelegt und
zeigen sich in der Anschaffungsneigung kauffreudiger denn je. (Lediglich 2006 vor der damaligen
Mehrwertsteueranhebung um 3 Punkte wurden
kurzzeitig höhere Werte gemessen.) Allerdings
waren diese Umfragewerte in der Vergangenheit
nur sehr locker an das tatsächliche Ausgabeverhalten gekoppelt, so dass die mäßigeren Ifo-Werte als
bessere Messlatte für künftige Umsatztrends gelten
müssen.
Entgegen der landläufigen Vermutung ist die Sparquote der Privathaushalte trotz Niedrigzinsumfeld in
2014 um 0,3 Punkte auf 9,4% gestiegen. Zwar
kann einschränkend darauf verweisen werden,
dass sich der plötzliche Anstieg der Realeinkommen nur zögerlich auf das Ausgabeverhalten überträgt. Doch ist mit der regen Einzelhandelsentwicklung im ersten Quartal die kurzzeitige Spitze in der
Sparquote (saisonbereinigt 9,8% im Schlussabschnitt) nun bereits vollständig korrigiert. Entsprechende Aufholeffekte sollten im weiteren Jahresverlauf folglich nur noch eine geringe Rolle spielen.
Fazit: Zum April könnte sich bei den Umsätzen
zunächst eine kleinere Aufwärtskorrektur eingestellt
haben. Auch danach dürfte es zu einer vergleichsweisen regen Umsatzentwicklung kommen. Im
zweiten Halbjahr dürfte sich das Konsumwachstum
aber nicht mehr entscheidend vom mittelfristig zu
erwartenden gesamtwirtschaftlichen Wachstumspfad abheben.
Reale Einzelhandelsumsätze und Einkommenserwartungen
5
8
4
6
3
4
2
2
1
0
0
-2
-1
-4
-2
-6
-3
-8
-4
2005
2007
2009
2011
2013
2015
Einzelhandelsumsätze o. KFZ - gleitende Dreimonatsdurchschnitte ggü. Vorjahr, %
Einkommenserwartungen - Saldo (rechte Skala)
Quelle: Destatis, EU-Comm
10
-10
22.5.2015
Volkswirtschaft
5/2015
Einzelhandel - Stimmung
Ifo-Geschäftsklima (2005=100)
144
125
136
120
128
115
120
110
112
105
104
100
96
95
88
2005
Quelle: Ifo
2007
2009
2011
Geschäftslage im Vormonat
2013
90
2015
Geschäftserwartungen (rechte Skala)
22.5.2015
Reale Einzelhandelsumsätze und Benzinpreis
Veränderungen zum Vormonat in %
3,00
-8
2,25
-6
1,50
-4
0,75
-2
0,00
0
-0,75
2
-1,50
4
-2,25
6
-3,00
2011
2012
2013
Einzelhandelsumsätze o. KFZ
Quelle: Destatis
2014
8
2015
Kraftstoffpreise (rechte Skala, invertiert)
22.5.2015
11
Volkswirtschaft
5/2015
Schwacher Euro kaschiert labilen Export
Laut Volumenindex des niederländischen Büros für
Politische Analyse ist im zurückliegenden Jahr im
Welthandel lediglich ein Zuwachs von wenig mehr
als 3% verzeichnet worden. Auch zur Jahreswende
waren die Aktivitäten eher verhalten. So lagen die
chinesischen Einfuhren in den ersten vier Monaten
um 17% unter Vorjahresniveau und der chinesische
Handelsbilanzüberschuss verdoppelte sich im gleichen Zeitraum um 272 Mrd. auf 503 Mrd.US-$.
Auch wenn diese Verschiebungen im bilateralen
Austausch mit Deutschland (zumindest gemäß
chinesischer Angaben) nicht direkt zum Tragen
kamen, zeigen sie doch erhebliche Spannungen
auf, denen der Welthandel derzeit unterliegt.
Vor diesem Hintergrund und angesichts eines flauen Wirtschaftsgangs auf vielen Exportmärkten sowie der zusätzlichen Belastung im Zusammenhang
mit der Ukraine-Krise überraschte der deutsche
Export positiv. 2014 wurde immerhin ein mengenmäßiger Anstieg um vier Prozent verzeichnet. Zum
Jahresauftakt konnten der Ausfuhrwert jedoch nur
noch um 0,6% (erstes Quartal) gesteigert werden.
In der regionalen Aufgliederung der Handelsbilanzdaten zeigt sich, dass der Negativtrend im Ausfuhrüberschuss mit den übrigen Staaten des Euro-
Gebiets gestoppt werden konnte. Die Entwicklung
im Handel mit den Schwellenländern wies hingegen
ebenso wie das Nettoergebnis im Austausch mit
den Vereinigten Staaten eine positive Tendenz auf.
Generell sind die Werte schwankungsanfälliger
geworden. Eine Ursache könnte in den vergleichsweise starken Verschiebungen etlicher Wechselkursrelationen zu suchen sein.
Die Ifo-Exporterwartungen hatten sich über den
Winter stärker aufgehellt als das Exportklima als
Querschnitt der wirtschaftlichen Aussichten auf den
jeweiligen Exportmärkten deutscher Anbieter. Vor
dem Hintergrund des stark verminderten EuroAußenwerts war dies kurzzeitig plausibel. Auf mittlere Sicht dürften solche Impulse jedoch wieder
nachlassen. Zudem sollte die Importneigung der
Ölförderländer aufgrund deren deutlich gesunkener
Exporterlöse zurückgehen.
Fazit: Nicht nur das politische Zerwürfnis mit Russland sondern auch eine schwächere Nachfrage aus
Fernost dürfte belasten. Der schwächere Euro kaschiert diese Trends vorerst. Bei anhaltendem Gefälle der Binnennachfrage innerhalb des Euroraums
wird der Außenhandel kaum mehr konjunkturelle
Impulse liefern können.
Export und Auslandsnachfrage
95
132
90
124
85
116
80
108
75
100
70
92
65
84
60
76
55
2005
2007
2009
2011
2013
Warenexport - Mrd. € in Preisen von 2005
Auftragseingänge Ausland - 2010 = 100, 3 Monate Vorlauf (rechte Skala)
Quelle: Bundesbank, Destatis
12
2015
68
21.5.2015
Volkswirtschaft
5/2015
Exportentwicklung
9
24
6
16
3
8
0
0
-3
-8
-6
-16
-9
-24
-12
-32
-15
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
-40
Warenexport - real - gleitende 3-Monatsdurchschnitte ggü. Vorperiode, %
Ifo: Exporterwartungen Verarbeitendes Gewerbe - Saldo
Quelle: Destatis, Ifo
26.5.2015
Handelsbilanzsaldo
in Mrd. Euro, monatlich
14
12
10
8
6
4
2
0
-2
2009
2010
Euroraum
Quelle: Destatis
2011
Europa
2012
2013
USA
2014
2015
außereuropäische Länder
21.5.2015
13
Volkswirtschaft
5/2015
Kaum Preisdruck, aber auch keine Deflation
Von Oktober bis Januar sackte die Teuerung um
1,1 Prozentpunkte auf einen Tiefstand von –0,3%,
erholte sich bis zum April aber zumindest wieder
auf einen positiven Wert von 0,5%.
Die Lebenshaltungskosten bildeten damit in abgeschwächter Form die Bewegungen des Ölpreises
nach. Ein allgemeiner Preisrückgang war demgegenüber nicht zu beobachten. Zwar war auch in
den weniger schwankungsanfälligen Messzahlen
vorübergehend kaum mehr Preisdruck auszumachen. Beispielsweise hatte sich der saisonbereinigte Index ohne energiebezogene Bestandteile
zwischen Oktober und Januar kaum verändert.
Doch wandelte sich dieses Bild in den letzten drei
Monaten, so dass in der Jahresrate für April mit
1,2% wieder derselbe Stand ausgewiesen wurde
wie im Oktober letzten Jahres.
Auch bei den Erwartungen des Einzelhandels an
künftig erzielbare Verkaufspreise war eine entsprechende Umkehr zu beobachten. Der korrespondierende Umfragesaldo des Ifo-Instituts lässt inzwischen wieder auf Anhebungen zwischen ein und
anderthalb Prozent schließen. Hintergrund dieser
Entwicklung sind nicht zuletzt höhere Einfuhrpreise
für langlebige Konsumgüter, welche sich im Zuge
der markanten Euro-Abwertungen ergeben haben.
Zudem profitiert der Handel gerade auch von den
zusätzlichen Ausgabespielräumen der Privathaushalte im Nachgang der gesunkenen Treibstoffpreise.
Durchsickereffekte aus den vorgelagerten Fertigungsstufen werden die Inflation im weiteren Jahresverlauf gleichwohl noch dämpfen. Gleichzeitig
wird die Lohnentwicklung von der guten wirtschaftlichen Lage geprägt. So wies der Index der Tarifverdienste 2014 mit 3,1% einen deutlich höheren
Anstieg aus als im Vorjahr (2,4%). Diese Entwicklung dürfte sich im laufenden Jahr noch fortsetzen.
Zudem macht sich die Einführung des gesetzlichen
Mindestlohns zum Jahresanfang bemerkbar, wobei
um die Jahreswende nur vereinzelt unmittelbare
Überwälzungen höherer Lohnkosten beobachtet
worden waren. Die Gemeinschaftsdiagnose der
Wirtschaftsforschungsinstitute unterstellt aber eine
mindestlohnbedingt um 0,2 Prozentpunkte erhöhte
Teuerung.
Ausblick: Grundlegende Niveauverschiebungen
zeichnen sich bei der Inflation nicht ab, auch wenn
Basiseffekte die Jahresrate in den Sommermonaten etwas drücken dürften. Erst zur Jahreswende
sollte die Teuerung dann etwas stärker anziehen.
Inflation in Deutschland
Index, Veränderung ggü. Vj. in % (rechte Skala)
111
3,0
110
2,7
109
2,4
108
2,1
107
1,8
106
1,5
105
1,2
104
0,9
103
0,6
102
0,3
101
0,0
100
-0,3
99
-0,6
98
-0,9
2009
2010
Quelle: Destatis
14
2011
2012
2013
2014
2015
2016
21.5.2015
Volkswirtschaft
5/2015
Arbeitsmarkt: Viele offene Stellen
Die Zahl der Arbeitslosen ist im April um 88.700
auf 2,843 Mio. gesunken. Saisonal bereinigt blieb
es jedoch bei einem Rückgang um 8.000 auf
2,792 Mio. Erwerbslose. Die Arbeitslosenquote
blieb zunächst unverändert bei 6,4% (unbereinigt
6,5%), lag damit jedoch um 0,3 Punkte niedriger
als im Vorjahresmonat.
Hintergrund dieser Entwicklung ist ein auch im
Verhältnis zum gesamtwirtschaftlichen Wachstum
kräftiger Beschäftigungsaufbau, wobei die Zahl
der zusätzlich Beschäftigten den Rückgang der
Arbeitslosenzahlen darüber hinaus auch deutlich
übertrifft. So wurde bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten über die letzten Monate
(Datenstand Februar) ein Zuwachs um jeweils gut
50.000 festgestellt. Bezogen auf die Zahl aller
Erwerbstätigen kam der Stellenzuwachs hingegen
seit dem Jahreswechsel weitgehend zum Erliegen.
Diese Unwucht ist jedoch mutmaßlich kurzfristiger
Natur, da sie dem Wegfall von etlichen Minijobs
zuzuschreiben ist, die bei mindestlohnbedingt
steigender Vergütung vermehrt sozialversicherungspflichtig würden.
gewachsen. Auch das Niveau unbesetzter regulären Vollzeitstellen (372.000 im April) ist weiterhin
hoch. Abgerundet wird dieses Bild durch einen
Stellenindex der Bundesagentur für Arbeit auf
Rekordniveau sowie eine immer noch rege Einstellungsneigung der vom Ifo-Institut befragten
Unternehmen.
Die Zahl der Arbeitslosen dürfte allerdings weiterhin nur noch langsam sinken, weil die Qualifikationsanforderungen einer adäquaten Besetzung
offener Stellen oft im Wege stehen. Somit kann
die zusätzliche Arbeitskräftenachfrage zu weiten
Teilen nur durch Zugänge aus der stillen Reserve
im Zuge einer generell steigenden Erwerbsneigung sowie durch Zuwanderungen in den deutschen Arbeitsmarkt befriedigt werden.
Fazit: Der Beschäftigungsaufbau hält an, übersetzt
sich aber nur zu Teilen in einen weiteren Rückgang der Arbeitslosenzahlen. Die zusätzliche Arbeitskräftenachfrage kann zumeist nur noch durch
Zuwanderungen in den deutschen Arbeitsmarkt
befriedigt werden.
Die Zahl der offenen Stellen ist nach wie vor hoch
und lässt auf eine Fortschreibung des Beschäftigungsaufbaus schließen. Mit 542.000 ist die Zahl
der gesamten Vakanzen zuletzt noch weiter an-
Arbeitslosenquote in Deutschland
in % der zivilen Erwerbsbevölkerung, Veränderung ggü. Vj. in Prozentpunkten (rechte Skala)
8,7
0,8
8,4
0,6
8,1
0,4
7,8
0,2
7,5
0,0
7,2
-0,2
6,9
-0,4
6,6
-0,6
6,3
-0,8
6,0
2009
2010
Quelle: Destatis
2011
2012
2013
2014
2015
2016
-1,0
21.5.2015
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Herausgeber:
Berliner Sparkasse
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