Konjunktur Deutschland 26. Mai 2015 Volkswirtschaft 5/2015 Inhalt 2 Mäßiger Auftakt, lebhafte Binnennachfrage 3 Ausblick: Wendepunkt scheint erreicht 4 Überblick: Konjunkturuhr und Prognose 5 Zaghafter Aufwärtstrend im Bestelleingang 6 Industriekonjunktur aktuell kein Impulsgeber 8 Einzelhandelsentwicklung vorerst rege 10 Schwacher Euro kaschiert labilen Export 12 Kaum Preisdruck, aber auch keine Deflation 14 Arbeitsmarkt: Viele offene Stellen 15 Volkswirtschaft 5/2015 Mäßiger Auftakt, lebhafte Binnennachfrage Das Wachstum hat sich im ersten Quartal auf 0,3% verlangsamt, obwohl Konsum und Investitionen durchaus ansehnliche Zuwachsraten zeigten. Der Private Verbrauch (+0,6%) wuchs das dritte Mal infolge überdurchschnittlich. Bei den Ausrüstungsinvestitionen brachte das erste Quartal eine Wachstumsbeschleunigung auf 1,3%. Die kaum höhere Jahresrate (1,5%) weist jedoch darauf hin, dass die bisherige Investitionszurückhaltung damit bisher nur ansatzweise überwunden wurde. Der insgesamt enttäuschende BIP-Verlauf zum Jahresauftakt ist Resultat von negativen Wachstumsbeiträgen sowohl seitens der Nettoexporte (0,2 Prozentpunkte) als auch eines beschleunigten Abbaus von Lagerbeständen um weitere 0,3 Prozent des BIP. Die Daten bringen zum Ausdruck, dass der Rückgang der Lagerbestände trotz vergleichsweise lebhafter Einfuhrentwicklung bisher nicht gedrosselt wird. Diese ungewöhnliche Konstellation ist umso bemerkenswerter, als der Vergleichswert für den Außenbeitrag vom vierten Quartal mit der aktuellen Meldung sogar um einen halben BIPProzentpunkt nach unten korrigiert worden ist. Generell bringen die einzelnen Verwendungskomponenten die Verlagerung der konjunkturellen An- triebskräfte in Richtung Binnennachfrage inzwischen deutlich zum Ausdruck. Im weiteren Jahresverlauf könnte sich auf Basis dieser beschriebenen Ausgangslage noch ein Aufholeffekt einstellen. Insgesamt scheint die Entwicklung aber auch stetiger zu verlaufen als im Vorjahr. Dies war noch durch markante Wechsel zwischen dynamischem Wachstum im Start- und Schlussquartal sowie eine Phase der Stagnation dazwischen gekennzeichnet. Die mäßige Bilanz für das erste Quartal sollte einerseits auch im Lichte des nach dem Endspurt von 2014 hohen Vergleichswerts bewertet werden. Auf der anderen Seite ist jedoch auch darauf hinzuweisen, dass Ölpreisverfall und Euro-Schwäche um die Jahreswende sehr günstige konjunkturelle Rahmenbedingungen schufen, die in dieser Form kaum Bestand haben dürften. Fazit: Trotz mäßigem Abschneiden zu Jahresbeginn ist eine Belebung der Binnennachfrage zu beobachten. Jahresdurchschnittlich dürfte das Wachstum noch etwas höher ausfallen als im Vorjahr. BIP-Entwicklung in Deutschland Mrd. Euro in Preisen von 2010, Wachstumsraten ggü. Vorquartal annualisiert in % (rechte Skala) 735 9 720 6 705 3 690 0 675 -3 660 -6 645 -9 630 -12 615 -15 600 2009 Quelle: Destatis 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 -18 22.5.2015 3 Volkswirtschaft 5/2015 Ausblick: Wendepunkt scheint erreicht Das Ifo-Geschäftsklima zog zwischen Oktober und April um fünf Punkte an und holte damit zwei Drittel des Verfalls im vorangegangenen halben Jahr wieder auf. Das aktuelle Niveau des IfoGeschäftsklima würde eine Wachstumserwartung von 2% durchaus rechtfertigen. Allerdings kam es im Mai – bedingt durch vorsichtigere Geschäftserwartungen zu einem ersten kleinen Rückgang im Gesamtindex. Gemessen an der zurückliegenden Aufhellung des Lagebilds ist der Ausblick der Unternehmen mittlerweile auch schon wieder von Skepsis geprägt. Immerhin ist der Umfragesaldo aber noch positiv, so dass sich die IfoDaten weiterhin im Boom-Quadranten befinden. Auch bei Finanzanalysten sowie dem Anlegervertrauen waren bereits Anzeichen einer bevorstehenden Stimmungswende auszumachen. Damit würde sich ein weiteres Mal bewahrheiten, dass sich das hiesige Geschäftsklima nicht dauerhaft von den US-Trends abkoppeln kann. Da auch andere Exportmärkte wie etwa China eine labilere Wirtschaftsentwicklung verzeichnen und die Segnungen des günstigen Euro-Kurses allmählich nachlassen, würden weitere kleinere Abwärtskorrekturen der Ifo-Daten nicht überraschen. Beim zuletzt wichtigen Konsum muss man ebenfalls von einer künftig wieder gemächlicheren Gangart ausgehen. Zum einen wachsen die Realeinkommen mit Normalisierung des Preisauftriebs wieder langsamer, zum zweiten hat sich die Sparquote der Privathaushalte bereits im ersten Quartal wieder um 0,4 Prozentpunkte zurückgebildet, so dass weitere Impulse dieser Art weniger wahrscheinlich sind. Auch bei den Investitionen ist die Datenlage – etwa im Hinblick auf die Inlandsbestellungen des Maschinenbaus – nicht gefestigt genug, um die Erwartung eines anhaltend robusten Wachstums zu rechtfertigen, und nicht zuletzt wird das Ausfuhrgeschäft künftig noch unter den Mindereinnahmen der Ölförderländer zu leiden haben. Fazit: Die zuletzt günstigen äußeren Rahmenbedingungen wirkten nur temporär wachstumsbelebend. Ausgehend von niedrigen Ausgangswerten im Außenbeitrag und dem zuletzt schon starken Lagerabbau könnte im zweiten Quartal zwar neuerlich ein vergleichsweise robustes Wachstum verzeichnet werden. Nachfolgend wäre aber eher wieder von einem langsameren Expansionstempo auszugehen. Frühindikatoren – Ifo-Index versus ZEW 116 80 112 60 108 40 104 20 100 0 96 -20 92 -40 88 -60 84 2005 2007 Ifo-Geschäftsklima Quelle: Ifo, ZEW 4 2009 2011 2013 2015 -80 ZEW-Konjunkturerwartungen - 3 Monate Vorlauf (rechte Skala) 22.5.2015 Volkswirtschaft 5/2015 Ifo Konjunktur-Uhr Deutschland Erwartungen für die nächsten 6 Monate (Verarbeitendes Gewerbe einschließlich Ernährungsgewerbe – saisonbereinigt) 30 Aufschwung Boom 20 10 0 -10 -20 -30 -40 -50 -60 Rezession -60 -40 Abschwung -20 0 20 40 60 Beurteilung der Geschäftslage 2008 Quelle: ifo 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 22.5.2015 Deutschland – BIP (in Preisen von 2010) 2012 BIP Mrd. € 2013 % % (a) Vj. Vq. Mrd. € 2014 % % (a) Vj. Vq. Mrd. € 2015 % % (a) Vj. Vq. Mrd. € 2016 % % (a) Vj. Vq. Mrd. € % % (a) Vj. Vq. 1. Quartal 2. Quartal 670 671 0,9 0,8 1,3 0,5 666 671 -0,6 0,1 -1,6 3,2 681 681 2,3 1,4 3,1 -0,3 688 693 1,0 1,8 1,1 3,1 703 706 2,1 1,8 1,4 1,8 3. Quartal 4. Quartal 671 668 0,5 0,1 0,3 -1,6 673 676 0,3 1,1 1,2 1,8 681 686 1,2 1,5 0,3 2,8 697 700 2,3 2,1 2,2 1,9 708 711 1,7 1,5 1,6 1,3 Gesamt 2680 0,6 2686 0,2 2729 1,6 2778 1,8 2827 1,8 Gesamt * 2679 0,4 2682 0,1 2725 1,6 2778 1,9 2831 1,9 Priv. Verbr. * Staatsverbr. * 1489 503 0,7 1,2 1501 507 0,8 0,7 1518 513 1,1 1,2 1551 523 2,2 2,0 1571 530 1,3 1,4 Ausrüst.inv. * Bauinvest. * 180 259 -3,1 0,6 175 258 -2,4 -0,1 183 267 4,3 3,4 188 276 3,0 3,3 195 287 3,5 4,1 sonst. Anl. * Exporte * 92 1210 0,1 2,8 94 1229 1,3 1,6 95 1276 1,2 3,8 97 1330 2,0 4,3 99 1380 3,0 3,7 Importe * 1024 0,0 1056 3,1 1093 3,5 1155 5,7 1211 4,9 * nicht saisonbereinigt 5 Volkswirtschaft 5/2015 Zaghafter Aufwärtstrend im Bestelleingang Die Auftragseingänge erholten sich zum März nur um 0,9%. Gleichwohl wurde der über die letzten Monate leicht aufwärtsgeneigte Trend bestätigt, da die Ausschläge nach oben in diesem schwankungsanfälligen Index zumeist etwas größer waren, als vorherige Einbußen. Allerdings ist der Indexstand durch Großaufträge aktuell noch um ca. 1% nach oben verzerrt. Vor allem hohe Flugzeugorder dürften hier eine Rolle gespielt haben. Dabei sind in dieser Branche Rückschlüsse von der Bestelltätigkeit auf die künftige Produktionsentwicklung mit besonderen Unsicherheiten behaftet. Wenig Zulauf war über die letzten Monate bei den Inlandsbestellungen im Maschinenbau auszumachen. Vorerst muss somit festgehalten werden, dass sich die über die letzten Monate eingetretene Stimmungsaufhellung in der Gewerblichen Wirtschaft noch nicht in einen nachhaltigen Aufwärtstrend bei den Unternehmensinvestitionen zu übersetzen scheint. Unterstützung, die deutsche Anbieter derzeit durch den niedrigen Euro-Außenwert erfahren, verlief diese Erholung jedoch eher schleppend. Auch in den allgemeinen Urteilen zur Nachfragesituation und zur Einschätzung der Auftragsbestände war eine leichte Aufwärtstendenz feststellbar. Sie ist jedoch nicht stark genug, um eine Wachstumsbeschleunigung bei den eingehenden Bestellungen erwarten zu lassen. Auch die Auftragsreichweite hat über die letzte Zeit keine einschneidenden Änderungen erfahren. Fazit: Zur Jahreswende verlief die Bestelltätigkeit wechselhaft. Im weiteren Verlauf kann von einer aufwärtsgerichteten Bewegung ausgegangen werden. Wirklich dynamisch entwickelt sich das Auftragsgeschehen aber nicht. Zugleich hob sich aber auch die Auslandsnachfrage über die letzten Monate nicht wesentlich vom allgemeinen Trend ab. Zwar hatten sich die vom IfoInstitut abgefragten Exporterwartungen seit letztem September wieder erholt. Angesichts der kräftigen Auftragseingang und Ifo-Geschäftserwartungen 30 120 25 116 20 112 15 108 10 104 5 100 0 96 -5 92 -10 88 -15 84 -20 80 -25 76 -30 72 -35 2005 2007 2009 2011 2013 Auftragseingang - gleitender 3-Monatsdurchschnitt ggü. Vj., % Ifo-Erwartungen, Verarbeitendes Gewerbe - 3 Monate Vorlauf (rechte Skala) Quelle: Destatis, ifo 6 2015 68 22.5.2015 Volkswirtschaft 5/2015 Auftragseingänge bei Investitionsgütern Indizes (2010 = 100) 127 260 124 240 121 220 118 200 115 180 112 160 109 140 106 120 103 100 100 80 97 2011 2012 insgesamt Fahrzeugbau Quelle: Destatis 2013 2014 2015 Maschinenbau sonstige Fahrzeuge (rechte Skala) 60 22.5.2015 Auftragsreichweite 3,4 40 3,3 30 3,2 20 3,1 10 3,0 0 2,9 -10 2,8 -20 2,7 -30 2,6 -40 2,5 -50 2,4 -60 2,3 1999 Quelle: Ifo 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013 2015 -70 Verarbeitendes Gewerbe - Monate Ifo: Auftragsbestand: groß / zu klein - Saldo (rechte Skala) 26.5.2015 7 Volkswirtschaft 5/2015 Industriekonjunktur aktuell kein Impulsgeber Die industrielle Ausbringung konnte im Verlauf des Schlussquartals 2014 um 1,5% gesteigert werden. Zu Jahresbeginn stagnierte die Produktion zunächst und fiel erst im März um 0,5% zurück, wobei sich in quartaldurchschnittlicher Rechnung damit dennoch ein Zuwachs um 0,5% einstellte. Gleichwohl wird im Vorjahresvergleich nur eine minimale Steigerung ausgewiesen, da die zuletzt etwas lebhaftere Entwicklung zunächst einmal nur die Einbußen ausgeglichen hatte, die um die Jahresmitte hinzunehmen waren. Im Vergleich zu den Umsatzzahlen des Verarbeitenden Gewerbes sowie im Verhältnis zu den Ausfuhrdaten war die Entwicklung des Produktionsindex zuletzt unauffällig. Die aktuelle Indexausprägung dürfte somit einen unverfälschten Eindruck von der Situation liefern. Die ebenfalls unauffälligen Einschätzungen der Unternehmen zu den Lagerbeständen erhärten diesen Eindruck. sich genommen aber sogar eine weitere und etwas raschere Belebung der industriellen Aktivität erwarten lassen. Doch bleibt diese Schlussfolgerung unsicher, da gleichzeitig der Antwortsaldo zur Beschreibung des aktuellen Produktionsgeschehens noch nahe der Nulllinie verharrt. Zumindest in den Bezug auf ihre Produktionspläne blieben die Unternehmen aber optimistisch und zeigten sich auch im Hinblick auf ihre Auftragsbestände zufriedener. Fazit: Nach der Erholung im Schlussabschnitt hat sich das Produktionswachstum wieder verlangsamt. Grundsätzlich bleibt der Trend aufwärts gerichtet. Während Stimmung und Produktionsabsichten durchaus mit einer etwas dynamischeren Entwicklung kompatibel wären, sprechen konkretere Abfragen zum aktuellen Produktionsgeschehen für eine vorsichtigere Einschätzung. Somit wird der Produktionsanstieg im laufenden Jahr wohl nicht ganz an die gesamtwirtschaftliche Wachstumsrate heranreichen. Der Einkaufsmanagerindex hält sich am aktuellen Rand noch oberhalb der Marke von 51 Punkten und zeigt damit leichte Aktivitätssteigerungen an. Die vom Ifo-Institut erhobenen Lageeinschätzungen deutscher Unternehmen haben sich im Mai zwar nicht mehr entscheidend verbessert, würden für Industrieproduktion in Deutschland Index, Veränderung ggü. Vj. in % (rechte Skala) 115 16 112 12 109 8 106 4 103 0 100 -4 97 -8 94 -12 91 -16 88 -20 85 2009 2010 Quelle: Destatis 8 2011 2012 2013 2014 2015 2016 -24 22.5.2015 Volkswirtschaft 5/2015 Industrieproduktion und Auftragseingang Indizes (2010 = 100) 113 113,5 112 112,0 111 110,5 110 109,0 109 107,5 108 106,0 107 104,5 106 103,0 105 101,5 104 2011 2012 2013 2014 2015 100,0 Industrieproduktion (ohne Bau und Energie) Auftragseingänge, 3 Monate Vorlauf (rechte Skala) Quelle: Destatis 22.5.2015 Industrieproduktion (o. Bau) Produktionspläne ("Erhöhung / Rückgang") in den nächsten 3 Monaten 2,1 21 1,8 18 1,5 15 1,2 12 0,9 9 0,6 6 0,3 3 0,0 0 -0,3 -3 -0,6 -6 -0,9 -9 -1,2 -12 -1,5 2011 2012 2013 2014 2015 Industrieproduktion - ggü. Vm., gleitende 3-Monatsdurchschnitte in % Produktionspläne - Umfragesaldo (rechte Skala) Quelle: Destatis, Ifo -15 26.5.2015 9 Volkswirtschaft 5/2015 Einzelhandelsentwicklung vorerst rege Über die letzten beiden Berichtsmonate kam es zwar zu einem kumulierten Rückgang der Einzelhandelsumsätze um 1,6%. Da der Vergleichswert vom Januar jedoch sehr hoch war, ergab sich quartalsdurchschnittlich gleichwohl ein Anstieg um 1% gegenüber der Vorperiode. Zudem dürfte der jüngste Wert für den März auch durch kalendarische Effekte belastet gewesen sein, die sich der üblichen Bereinigung entzogen möglicherweise haben. Jedenfalls waren in den Einschätzungen der vom IfoInstitut befragten Händler keine Anhaltspunkte für eine akute Umsatzflaute auszumachen. Somit darf für April auch wieder mit einem kleinen Ausschlag nach oben gerechnet werden. Das allgemeine Urteil zur Geschäftslage ist laut IfoErhebung im bisherigen Jahresverlauf deutlich freundlicher geworden und auch die insgesamt vorsichtiger formulierten Geschäftserwartungen hellten sich weiter auf. Gleichzeitig wurde im Konsumentenvertrauen das langjährige Hoch aus dem Jahr 2007 sogar noch übertroffen. Die Privathaushalte haben ihre zwischenzeitliche Skepsis hinsichtlich der konjunkturellen Perspektiven abgelegt und zeigen sich in der Anschaffungsneigung kauffreudiger denn je. (Lediglich 2006 vor der damaligen Mehrwertsteueranhebung um 3 Punkte wurden kurzzeitig höhere Werte gemessen.) Allerdings waren diese Umfragewerte in der Vergangenheit nur sehr locker an das tatsächliche Ausgabeverhalten gekoppelt, so dass die mäßigeren Ifo-Werte als bessere Messlatte für künftige Umsatztrends gelten müssen. Entgegen der landläufigen Vermutung ist die Sparquote der Privathaushalte trotz Niedrigzinsumfeld in 2014 um 0,3 Punkte auf 9,4% gestiegen. Zwar kann einschränkend darauf verweisen werden, dass sich der plötzliche Anstieg der Realeinkommen nur zögerlich auf das Ausgabeverhalten überträgt. Doch ist mit der regen Einzelhandelsentwicklung im ersten Quartal die kurzzeitige Spitze in der Sparquote (saisonbereinigt 9,8% im Schlussabschnitt) nun bereits vollständig korrigiert. Entsprechende Aufholeffekte sollten im weiteren Jahresverlauf folglich nur noch eine geringe Rolle spielen. Fazit: Zum April könnte sich bei den Umsätzen zunächst eine kleinere Aufwärtskorrektur eingestellt haben. Auch danach dürfte es zu einer vergleichsweisen regen Umsatzentwicklung kommen. Im zweiten Halbjahr dürfte sich das Konsumwachstum aber nicht mehr entscheidend vom mittelfristig zu erwartenden gesamtwirtschaftlichen Wachstumspfad abheben. Reale Einzelhandelsumsätze und Einkommenserwartungen 5 8 4 6 3 4 2 2 1 0 0 -2 -1 -4 -2 -6 -3 -8 -4 2005 2007 2009 2011 2013 2015 Einzelhandelsumsätze o. KFZ - gleitende Dreimonatsdurchschnitte ggü. Vorjahr, % Einkommenserwartungen - Saldo (rechte Skala) Quelle: Destatis, EU-Comm 10 -10 22.5.2015 Volkswirtschaft 5/2015 Einzelhandel - Stimmung Ifo-Geschäftsklima (2005=100) 144 125 136 120 128 115 120 110 112 105 104 100 96 95 88 2005 Quelle: Ifo 2007 2009 2011 Geschäftslage im Vormonat 2013 90 2015 Geschäftserwartungen (rechte Skala) 22.5.2015 Reale Einzelhandelsumsätze und Benzinpreis Veränderungen zum Vormonat in % 3,00 -8 2,25 -6 1,50 -4 0,75 -2 0,00 0 -0,75 2 -1,50 4 -2,25 6 -3,00 2011 2012 2013 Einzelhandelsumsätze o. KFZ Quelle: Destatis 2014 8 2015 Kraftstoffpreise (rechte Skala, invertiert) 22.5.2015 11 Volkswirtschaft 5/2015 Schwacher Euro kaschiert labilen Export Laut Volumenindex des niederländischen Büros für Politische Analyse ist im zurückliegenden Jahr im Welthandel lediglich ein Zuwachs von wenig mehr als 3% verzeichnet worden. Auch zur Jahreswende waren die Aktivitäten eher verhalten. So lagen die chinesischen Einfuhren in den ersten vier Monaten um 17% unter Vorjahresniveau und der chinesische Handelsbilanzüberschuss verdoppelte sich im gleichen Zeitraum um 272 Mrd. auf 503 Mrd.US-$. Auch wenn diese Verschiebungen im bilateralen Austausch mit Deutschland (zumindest gemäß chinesischer Angaben) nicht direkt zum Tragen kamen, zeigen sie doch erhebliche Spannungen auf, denen der Welthandel derzeit unterliegt. Vor diesem Hintergrund und angesichts eines flauen Wirtschaftsgangs auf vielen Exportmärkten sowie der zusätzlichen Belastung im Zusammenhang mit der Ukraine-Krise überraschte der deutsche Export positiv. 2014 wurde immerhin ein mengenmäßiger Anstieg um vier Prozent verzeichnet. Zum Jahresauftakt konnten der Ausfuhrwert jedoch nur noch um 0,6% (erstes Quartal) gesteigert werden. In der regionalen Aufgliederung der Handelsbilanzdaten zeigt sich, dass der Negativtrend im Ausfuhrüberschuss mit den übrigen Staaten des Euro- Gebiets gestoppt werden konnte. Die Entwicklung im Handel mit den Schwellenländern wies hingegen ebenso wie das Nettoergebnis im Austausch mit den Vereinigten Staaten eine positive Tendenz auf. Generell sind die Werte schwankungsanfälliger geworden. Eine Ursache könnte in den vergleichsweise starken Verschiebungen etlicher Wechselkursrelationen zu suchen sein. Die Ifo-Exporterwartungen hatten sich über den Winter stärker aufgehellt als das Exportklima als Querschnitt der wirtschaftlichen Aussichten auf den jeweiligen Exportmärkten deutscher Anbieter. Vor dem Hintergrund des stark verminderten EuroAußenwerts war dies kurzzeitig plausibel. Auf mittlere Sicht dürften solche Impulse jedoch wieder nachlassen. Zudem sollte die Importneigung der Ölförderländer aufgrund deren deutlich gesunkener Exporterlöse zurückgehen. Fazit: Nicht nur das politische Zerwürfnis mit Russland sondern auch eine schwächere Nachfrage aus Fernost dürfte belasten. Der schwächere Euro kaschiert diese Trends vorerst. Bei anhaltendem Gefälle der Binnennachfrage innerhalb des Euroraums wird der Außenhandel kaum mehr konjunkturelle Impulse liefern können. Export und Auslandsnachfrage 95 132 90 124 85 116 80 108 75 100 70 92 65 84 60 76 55 2005 2007 2009 2011 2013 Warenexport - Mrd. € in Preisen von 2005 Auftragseingänge Ausland - 2010 = 100, 3 Monate Vorlauf (rechte Skala) Quelle: Bundesbank, Destatis 12 2015 68 21.5.2015 Volkswirtschaft 5/2015 Exportentwicklung 9 24 6 16 3 8 0 0 -3 -8 -6 -16 -9 -24 -12 -32 -15 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 -40 Warenexport - real - gleitende 3-Monatsdurchschnitte ggü. Vorperiode, % Ifo: Exporterwartungen Verarbeitendes Gewerbe - Saldo Quelle: Destatis, Ifo 26.5.2015 Handelsbilanzsaldo in Mrd. Euro, monatlich 14 12 10 8 6 4 2 0 -2 2009 2010 Euroraum Quelle: Destatis 2011 Europa 2012 2013 USA 2014 2015 außereuropäische Länder 21.5.2015 13 Volkswirtschaft 5/2015 Kaum Preisdruck, aber auch keine Deflation Von Oktober bis Januar sackte die Teuerung um 1,1 Prozentpunkte auf einen Tiefstand von –0,3%, erholte sich bis zum April aber zumindest wieder auf einen positiven Wert von 0,5%. Die Lebenshaltungskosten bildeten damit in abgeschwächter Form die Bewegungen des Ölpreises nach. Ein allgemeiner Preisrückgang war demgegenüber nicht zu beobachten. Zwar war auch in den weniger schwankungsanfälligen Messzahlen vorübergehend kaum mehr Preisdruck auszumachen. Beispielsweise hatte sich der saisonbereinigte Index ohne energiebezogene Bestandteile zwischen Oktober und Januar kaum verändert. Doch wandelte sich dieses Bild in den letzten drei Monaten, so dass in der Jahresrate für April mit 1,2% wieder derselbe Stand ausgewiesen wurde wie im Oktober letzten Jahres. Auch bei den Erwartungen des Einzelhandels an künftig erzielbare Verkaufspreise war eine entsprechende Umkehr zu beobachten. Der korrespondierende Umfragesaldo des Ifo-Instituts lässt inzwischen wieder auf Anhebungen zwischen ein und anderthalb Prozent schließen. Hintergrund dieser Entwicklung sind nicht zuletzt höhere Einfuhrpreise für langlebige Konsumgüter, welche sich im Zuge der markanten Euro-Abwertungen ergeben haben. Zudem profitiert der Handel gerade auch von den zusätzlichen Ausgabespielräumen der Privathaushalte im Nachgang der gesunkenen Treibstoffpreise. Durchsickereffekte aus den vorgelagerten Fertigungsstufen werden die Inflation im weiteren Jahresverlauf gleichwohl noch dämpfen. Gleichzeitig wird die Lohnentwicklung von der guten wirtschaftlichen Lage geprägt. So wies der Index der Tarifverdienste 2014 mit 3,1% einen deutlich höheren Anstieg aus als im Vorjahr (2,4%). Diese Entwicklung dürfte sich im laufenden Jahr noch fortsetzen. Zudem macht sich die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns zum Jahresanfang bemerkbar, wobei um die Jahreswende nur vereinzelt unmittelbare Überwälzungen höherer Lohnkosten beobachtet worden waren. Die Gemeinschaftsdiagnose der Wirtschaftsforschungsinstitute unterstellt aber eine mindestlohnbedingt um 0,2 Prozentpunkte erhöhte Teuerung. Ausblick: Grundlegende Niveauverschiebungen zeichnen sich bei der Inflation nicht ab, auch wenn Basiseffekte die Jahresrate in den Sommermonaten etwas drücken dürften. Erst zur Jahreswende sollte die Teuerung dann etwas stärker anziehen. Inflation in Deutschland Index, Veränderung ggü. Vj. in % (rechte Skala) 111 3,0 110 2,7 109 2,4 108 2,1 107 1,8 106 1,5 105 1,2 104 0,9 103 0,6 102 0,3 101 0,0 100 -0,3 99 -0,6 98 -0,9 2009 2010 Quelle: Destatis 14 2011 2012 2013 2014 2015 2016 21.5.2015 Volkswirtschaft 5/2015 Arbeitsmarkt: Viele offene Stellen Die Zahl der Arbeitslosen ist im April um 88.700 auf 2,843 Mio. gesunken. Saisonal bereinigt blieb es jedoch bei einem Rückgang um 8.000 auf 2,792 Mio. Erwerbslose. Die Arbeitslosenquote blieb zunächst unverändert bei 6,4% (unbereinigt 6,5%), lag damit jedoch um 0,3 Punkte niedriger als im Vorjahresmonat. Hintergrund dieser Entwicklung ist ein auch im Verhältnis zum gesamtwirtschaftlichen Wachstum kräftiger Beschäftigungsaufbau, wobei die Zahl der zusätzlich Beschäftigten den Rückgang der Arbeitslosenzahlen darüber hinaus auch deutlich übertrifft. So wurde bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten über die letzten Monate (Datenstand Februar) ein Zuwachs um jeweils gut 50.000 festgestellt. Bezogen auf die Zahl aller Erwerbstätigen kam der Stellenzuwachs hingegen seit dem Jahreswechsel weitgehend zum Erliegen. Diese Unwucht ist jedoch mutmaßlich kurzfristiger Natur, da sie dem Wegfall von etlichen Minijobs zuzuschreiben ist, die bei mindestlohnbedingt steigender Vergütung vermehrt sozialversicherungspflichtig würden. gewachsen. Auch das Niveau unbesetzter regulären Vollzeitstellen (372.000 im April) ist weiterhin hoch. Abgerundet wird dieses Bild durch einen Stellenindex der Bundesagentur für Arbeit auf Rekordniveau sowie eine immer noch rege Einstellungsneigung der vom Ifo-Institut befragten Unternehmen. Die Zahl der Arbeitslosen dürfte allerdings weiterhin nur noch langsam sinken, weil die Qualifikationsanforderungen einer adäquaten Besetzung offener Stellen oft im Wege stehen. Somit kann die zusätzliche Arbeitskräftenachfrage zu weiten Teilen nur durch Zugänge aus der stillen Reserve im Zuge einer generell steigenden Erwerbsneigung sowie durch Zuwanderungen in den deutschen Arbeitsmarkt befriedigt werden. Fazit: Der Beschäftigungsaufbau hält an, übersetzt sich aber nur zu Teilen in einen weiteren Rückgang der Arbeitslosenzahlen. Die zusätzliche Arbeitskräftenachfrage kann zumeist nur noch durch Zuwanderungen in den deutschen Arbeitsmarkt befriedigt werden. Die Zahl der offenen Stellen ist nach wie vor hoch und lässt auf eine Fortschreibung des Beschäftigungsaufbaus schließen. Mit 542.000 ist die Zahl der gesamten Vakanzen zuletzt noch weiter an- Arbeitslosenquote in Deutschland in % der zivilen Erwerbsbevölkerung, Veränderung ggü. Vj. in Prozentpunkten (rechte Skala) 8,7 0,8 8,4 0,6 8,1 0,4 7,8 0,2 7,5 0,0 7,2 -0,2 6,9 -0,4 6,6 -0,6 6,3 -0,8 6,0 2009 2010 Quelle: Destatis 2011 2012 2013 2014 2015 2016 -1,0 21.5.2015 15 Herausgeber: Berliner Sparkasse Volkswirtschaft Ansprechpartner: Uwe Dürkop Telefon 030/869 934 67
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