Korsch et al. Zementassoziierter Attachmentverlust n1 Michael Korsch, Bernt-Peter Robra, Winfried Walther Zementassoziierter Attachmentverlust Retrospektive Analyse von Weichgewebereaktionen nach Zementierung Michael Korsch INDIZES Zementfixierter Implantatzahnersatz, Zementüberschuss, Implantat, Entzündung, Attachmentverlust Das Ziel der vorliegenden Studie war herauszufinden, welchen Einfluss Zementüberschüsse auf das periimplantäre Gewebe haben. In einer retrospektiven Beobachtungsstudie wurden die klinischen Befunde an Implantaten mit zementierten Suprakonstruktionen (93 Patienten mit 171 Implantaten) analysiert. Für die Zementierung wurde ein Methacrylat-Zement verwendet. Die Patienten wurden abhängig von ihrer Verweilzeit (Zeit zwischen prothetischer Versorgung und Nachuntersuchung) in 2 Gruppen eingeteilt. Gruppe 1 (G1) mit einer Verweilzeit unter 2 Jahren und Gruppe 2 (G2) mit einer Verweilzeit von mehr als 2 Jahren. Per Definition war die durchschnittliche Verweilzeit bei G1 (0,71 Jahre) kürzer als bei G2 (4,07 Jahre). Zementüberschüsse wurden an Implantaten bei G1 zu 59,5 % und bei G2 zu 62,2 % aufgefunden. Die klinischen Befunde waren bei G1 signifikant weniger auffällig als bei G2 (ohne Zementüberschüsse: Suppuration 0 %, Attachmentverlust 0,48 mm; G1 mit Zementüberschuss: Suppuration 21 %, Attachmentverlust 0,76 mm; G2 ohne Zementüberschuss: Suppuration 33 %, Attachmentverlust 0,7 mm; G2 mit Zementüberschuss: Suppuration 85 %, Attachmentverlust 1,8 mm). Einleitung Für die Befestigung von festsitzendem Zahnersatz auf Implantaten gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten: eine Verschraubung und eine Zementierung. Beide Verfahren sind jahrzehntelang klinisch erprobt. Signifikante Unterschiede für die Überlebensraten von Implantat und Restauration konnte bislang nicht festgestellt werden1–3. Zementfixierter Zahnersatz auf Implantaten wurde aufgrund seiner relativen Einfachheit unter Klinikern populär. Der Vorteil dieser Fixierungsmöglichkeit liegt in der Verminderung von Schraubenlockerungen4, einer besseren Passivpassung5,6 und Ästhetik4 sowie geringeren Laborkosten7 im Vergleich zu verschraubten Konstruktio- nen. Ein großes Risiko bei der Zementierung ist der Verbleib von nicht sichtbaren Zementüberschüssen, da diese die Bildung eines Biofilms begünstigen und lokale Entzündungsreaktionen hervorrufen können8–10. Im Allgemeinen werden diese Überschüsse im Anschluss an die Zementierung entfernt. Sollte die Entfernung nicht vollständig gelingen und ein Zementfilm im periimplantären Sulkus verbleiben, besteht die Gefahr einer Perimukositis oder Periimplantitis. Diese können sogar zum Verlust des Implantats führen, sollte diese Komplikation unbemerkt bleiben8,11,12. Implantatdurchmesser13,14 und Tiefe der marginalen Abutmentstufe15 wurden bisher als Prädiktoren für Zementüberschüsse identifiziert. Implantologie 2015;23(2):1–8 Dr. med. dent., M.A. Akademie für Zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe Lorenzstr. 7 76135 Karlsruhe und Klinik für Zahnerhaltung, Parodontologie und Präventive Zahnheilkunde, Universität des Saarlandes, Kirrberger Str. Gebäude 73, 66421 Homburg / Saar, Bernt-Peter Robra Prof. Dr. med. Institut für Sozialmedizin und Gesundheitsökonomie Otto-von-Guericke- University Magdeburg Leipziger Str. 44 39120 Magdeburg Winfried Walther Prof. Dr. med. dent. Akademie für Zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe Lorenzstr. 7 76135 Karlsruhe Kontaktadresse: Dr. Michael Korsch, M.A. E-Mail: michael_korsch@ za-karlsruhe.de Manuskript Eingang: 13.11.2014 Annahme: 18.01.2015 2n Korsch et al. Zementassoziierter Attachmentverlust Tab. 1 Geschlecht, Durchschnittsalter, durchschnittliche Anzahl der Implantate pro Patient und Häufigkeit von Zementüberschüssen. Gruppe 1 Gruppe 2 Statistischer Test 34 (48 %) 37 (52 %) 14 (64 %) 8 (36 %) n. s. Durchschnittsalter der Patienten zum Zeitpunkt der prothetischen Versorgung in Jahren 60,50 59,10 n. s. Durchschnittliche Anzahl der Implantate pro Patient 1,80 2,00 n. s. 60,20 59,10 n. s. 0,71 4,07 n. s. männlich weiblich Häufigkeit von Zementüberschüssen Durchschnittliche Verweilzeit in Jahren In der Literatur werden zwei Möglichkeiten beschrieben, dieses Risiko zu minimieren. Eine Option ist die Modifikation des Zahnersatzes. Abfluss öffnungen in Abutment und Suprakonstruktion können die Menge an Überschuss nach Zementierung reduzieren16–18. Andere Publikationen beschreiben Zementierungsprotokolle, welche das Risiko sub mukosaler Zementüberschüsse minimieren19–21. Ein Röntgenkontrollbild nach Zementierung wird als Möglichkeit beschrieben, belassene Zementreste im periimplantären Sulkus besser zu diagnostizieren22,23. Dieses diagnostische Mittel ist allerdings in seinen Möglichkeiten limitiert, da verschiedene Zemente keine oder zu geringe Röntgenopazitäten aufweisen und kleine Zementpartikel nicht ausreichend dargestellt werden können24. Darüber hinaus macht der Röntgenschatten des Implantats eine Beurteilung der vestibulären und oralen Bereiche unmöglich. Das Ziel der vorliegenden retrospektiven Beobachtungsstudie war herauszufinden, ob Zementüberschüsse mit periimplantärem Attachmentverlust assoziiert sind. Darüber hinaus sollte der Einfluss der Verweilzeit von belassenen Zementüberschüssen auf die periimplantären Weichgewebe beurteilt werden. Material und Methode Im Zeitraum von April 2009 bis Februar 2010 wurde ein Methacrylatzement (Premier Implant Cement = PIC, Premier® Dental Products Company, Plymouth Meeting, USA) für die Fixierung von Zahnersatz auf Implantaten bei 105 Patienten mit 198 Implantaten verwendet (Tab. 1). Alle Implantate wurden vom gleichen Oralchirurgen inseriert. Implantologie 2015;23(2):1–8 Die Suprakonstruktionen wurden von 9 Zahnärzten eingesetzt. Einige Monate nach Zementierung traten bei mehreren Patienten periimplantäre Entzündungen auf. Nach Revision des Zahnersatzes und des Abutments konnten in allen Fällen Zementüberschüsse in der periimplantären Tasche aufgefunden werden (Abb. 1). Nach Entfernung der Zementüberschüsse wurde der Zahnersatz mit einem Zinkoxidzement rezementiert (Temp Bond = TB, Kerr Sybron Dental Specialities, Glendora, USA). Im Rahmen einer Nachkontrolle, 3 bis 4 Wochen nach Revisionstherapie, konnten keine Entzündungszeichen mehr diagnostiziert werden. Aufgrund der beschriebenen Komplikationen sollten alle 105 Patienten für eine Revision der Suprakonstruktion einbestellt werden. Alle Patienten wurden schriftlich über Komplikationen unter Verwendung von PIC informiert. In der Folge wurde versucht, alle 105 Patienten telefonisch zu erreichen. Die Patienten wurden während des Telefonats erneut über mögliche Komplikationen nach Zementierung aufgeklärt und es sollte ein Revisionstermin vereinbart werden. 71 Patienten kamen dieser Empfehlung nach. Weitere 11 Patienten hatten einen Revisionstermin vereinbart, nahmen diesen allerdings nicht wahr. 21 Patienten lehnten trotz Aufklärung über zementassoziierte Komplikationen telefonisch eine Revision der Suprakonstruktion ab. Von weiteren 2 Patienten hatten sich die Adressdaten geändert. Eine Kontaktaufnahme war nicht mehr möglich. Die klinischen Befunde wurden 2013 veröffentlicht9,13. Aufgrund der hohen Prävalenz von Zementüberschüssen (59,5 %) und der Assoziation mit periimplantären Entzündungen wurde entschieden, die verbliebenen 32 Patienten, die bisher eine Revi- Korsch et al. Zementassoziierter Attachmentverlust sion ablehnten, erneut für eine Revisionstherapie zu kontaktieren. Weitere 22 Patienten konnten für eine Revision der Suprakonstruktion zwischen September und Dezember 2013 einbestellt werden. 7 Patienten lehnten nach wie vor eine Revisionstherapie ab. Bei weiteren 3 Patienten hatten sich die Adressdaten geändert. Eine Kontaktaufnahme war nicht mehr möglich. Alle Patienten wurden bei der Terminierung der Revision und direkt davor über die Gründe und Notwendigkeit der Behandlung sowie das Vorgehen aufgeklärt. Dokumentation und Revision – klinisches Vorgehen •Der periimplantäre Sulkus wurde vor Entfernung der Suprakonstruktion an 6 Stellen pro Implantat sondiert. Blutung auf Sondieren und Taschensuppuration wurden dokumentiert. •Mit einer Zange wurde anschließend die Suprakonstruktion entfernt und das Abutment ausgeschraubt. •Nach Revision der Suprakonstruktion und des Abutments wurde das Vorhandensein bzw. Fehlen von Zement im Bereich des periimplantären Gewebes dokumentiert. •Vorhandene Zementüberschüsse wurden vom periimplantären Gewebe sowie von Abutment und Krone entfernt. •Um das Attachmentniveau zu bestimmen, erfolgte eine Sondierung des periimplantären Gewebes mit einer Parodontalsonde an 4 Stellen pro Implantat. •Anschließend wurden Abutment und Krone mit Ethanol gereinigt. Das periimplantäre Gewebe und das Implantat wurden mit Chlorhexidin 0,12 % gespült und in den Hohlkörper des Implantats wurde Chlorhexidingel 0,2 % appliziert. •Abschließend wurde das Abutment wieder eingesetzt und die Suprakonstruktion mit TB rezementiert. •Bei einer vorliegenden Entzündung (BOP oder Suppuration) erfolgte 3 bis 4 Wochen nach Revision eine Nachkontrolle. Aus statistischen Gründen wurden die Patienten in Abhängigkeit ihrer Verweilzeit (Zeit zwischen n3 Abb. 1 Krone nach Revision mit vorhandemem Zementüberschuss (weißer Pfeil). ementierung und Revisionstherapie) in 2 Gruppen Z eingeteilt. Studienpopulation (s. Tab. 1) Gruppe 1 (Verweilzeit unter 2 Jahre): •71 Patienten (34 Männer, 37 Frauen) mit 126 Implantaten. •Durchschnittliches Patientenalter zum Zeitpunkt der Zementierung: 60,5 Jahre (zwischen 32 und 80 Jahren). •Durchschnittliche Anzahl versorgter Implantate pro Patient: 1,8 (zwischen 1 und 5 Implantate). Gruppe 2 (Verweilzeit über 2 Jahre): •22 Patienten (14 Männer, 8 Frauen) mit 45 Implantaten. •Durchschnittliches Patientenalter zum Zeitpunkt der Zementierung: 59,1 Jahre (zwischen 19 und 77 Jahren). •Durchschnittliche Anzahl versorgter Implantate pro Patient: 2,0 (zwischen 1 und 5 Implantate). Die beiden Gruppen wurden weiter unterteilt in Patienten mit und ohne Zementüberschüsse. Periimplantärer Attachmentverlust Zum Zeitpunkt der Implantation wurden alle Implantate auf Knochenniveau inseriert. Das Attachmentniveau, wie zuvor beschrieben, wurde während der prothetischen Versorgung (vor Inkorporation des Zahnersatzes) und der Revisionstherapie an Implantologie 2015;23(2):1–8 4n Korsch et al. Zementassoziierter Attachmentverlust Tab. 2 Klinische Befunde zum Zeitpunkt der Revisionstherapie (auf Patientenniveau). Gruppe 1 (ohne Überschuss) Gruppe 1 (mit Überschuss) Gruppe 2 (ohne Überschuss) Gruppe 2 (mit Überschuss) Anzahl der Patienten Statistischer Test 0 (0 %) 10 (21 %) 3 (33 %) 11 (85 %) 24 24 (100 %) 37 (79 %) 6 (67 %) 2 (14 %) 69 Chi-Quadrat mit 3 df 32,942; p < 0,001 0,48 0,76 0,7 1,80 Attachmentverlust vorhanden 8 (36 %) 25 (53 %) 5 (56 %) 12 (92 %) 50 Kein Attachmentverlust 16 (64 %) 22 (47 %) 4 (44 %) 1 (8 %) 43 24 47 9 13 93 Suppuration vorhanden Keine Suppuration Attachmentverlust (in mm) Anzahl der Patienten 4 Stellen pro Implantat gemessen. Aus der Differenz der beiden Messwerte wurde der Attachmentverlust ermittelt. Nur der größte Attachmentverlust pro Implantat wurde für die folgende Datenauswertung verwendet. Evaluation auf Patientenebene Für die Analyse auf Patientenebene wurde jedes Implantat invers zur Gesamtzahl der Implantate pro Patient gewichtet. ANOVA 6,065; 3 df, p = 0,001 Chi-Quadrat mit 3 df 11,817; p < 0,008 Klinische Befunde zum Zeitpunkt der Revisionstherapie auf Patientenebene Die Prävalenz von Zementüberschüssen war auf Patientenebene (Gruppe 1: 60,2 %; Gruppe 2: 59,1 %) nicht signifikant unterschiedlich (s. Tab. 1). Suppurationen an Implantaten traten allerdings in Gruppe 2 (64,4 %) signifikant häufiger auf als in Gruppe 1 (14,1 %) (Chi-Quadrat 21,934; p < 0,001). Der Attachmentverlust war in Gruppe 1 (0,67 mm) signifikant geringer als in Gruppe 2 (1,36 mm) (ANOVA 8,767, 1 df, p = 0,004). Statistische Verfahren Die Daten wurden mit Excel erfasst und mit IBM SPSS Statistics 21 (IBM SPSS Statistics, IBM, Armonk, New York, USA) unter Windows XP ausgewertet. Als statistische Verfahren kamen Kreuztabellen mit ChiQuadrat-Tests, Mittelwert-Vergleiche mit F-Tests (ANOVA) und multiple logistische Regressionen für binär abhängige Merkmale zum Einsatz. Ergebnisse Die beiden Gruppen waren homogen (s. Tab. 1). Es gab keine signifikanten Unterschiede in Bezug auf das Geschlecht, das durchschnittliche Patientenalter und die durchschnittliche Implantatanzahl pro Patient. Per Definition war die Verweilzeit in Gruppe 2 (durchschnittlich 4,07 Jahre im Intervall von 42 und 55 Monaten) länger als in Gruppe 1 (durchschnittlich 0,71 Jahre im Intervall von 2 bis 21 Monaten). Implantologie 2015;23(2):1–8 Assoziation zwischen Suppuration und Zementüberschüssen auf Patientenebene (Tab. 2 und 3) Kein Patient in Gruppe 1 hatte Suppurationen an Implantaten. 10 Patienten (21 %) in Gruppe 1 mit Zementüberschuss waren allerdings hiervon betroffen. 3 Patienten (33 %) in Gruppe 2 ohne Zementüberschuss hatten Suppurationen. In Gruppe 2 mit Zementüberschuss hatten 11 Patienten (85 %) diese Komplikation. Der Unterschied zwischen den 4 Subgruppen (Gruppe 1 und 2 waren jeweils in Subgruppen mit und ohne Zementüberschuss aufgeteilt) war signifikant (Chi-Quadrat mit 3 df 32,942; p < 0,001). Berücksichtigt man in einer binären logistischen Regression Zementüberschuss und Verweilzeit (Gruppe) als unabhängige Variablen, so zeigt die Analyse eine signifikante Assoziation zwischen Suppuration und diesen beiden unabhängigen Variablen (s. Tab. 3). Korsch et al. Zementassoziierter Attachmentverlust Tab. 3 Assoziation zwischen Suppuration, Zementüberschuss und Verweilzeit (logistische Regression auf Patientenniveau). B Standardfehler Wald df Sig. Exp(B) 95 % Konfidenzintervall für EXP(B) 3,033 0,995 9,290 1 0,002 20,756 2,952 145,927 5,721 158,899 Unterer Wert Zementüberschuss Verweilzeit (Gruppe) Konstante 3,406 0,848 16,133 1 0,000 30,150 –7,854 1,700 20,532 1 0,000 0,000 Oberer Wert Tab. 4 Korrelation zwischen Attachmentverlust, Zementüberschuss und Verweilzeit (logistische Regression auf Patienten niveau). B Standardfehler Wald df Sig. Exp(B) 95 % Konfidenzintervall für EXP(B) Untere Wert Oberer Wert Zementüberschuss 1,070 0,483 4,906 1 0,027 2,916 1,141 7,519 Verweilzeit (Gruppe) 1,708 0,618 7,627 1 0,006 5,516 1,684 18,535 –2,577 0,873 8,721 1 0,003 0,076 Konstante Tab. 5 Korrelation zwischen Attachmentverlust, Zementüberschuss, Verweilzeit und Suppuration (logistische Regression auf Patientenniveau). B Standardfehler Wald df Sig. Exp(B) 95 % Konfidenzintervall für EXP(B) Unterer Wert Oberer Wert Zementüberschuss 0,649 0,512 1,603 1 0,205 1,913 0,701 5,221 Verweilzeit (Gruppe) 0,999 0,706 2,001 1 0,157 2,715 0,680 10,831 Suppuration 1,817 0,779 5,446 0,020 6,156 1,338 28,330 –1,786 0,956 3,489 0,062 0,168 Konstante Korrelation zwischen Attachmentverlust und Zementüberschüssen, Verweilzeit und Suppuration auf Patientenebene In Gruppe 1 (ohne Zementüberschuss: durchschnittlicher Attachmentverlust 0,48 mm, mit Zementüberschuss: durchschnittlicher Attachmentverlust 0,76 mm) hatten die Patienten weniger Attachmentverlust als in Gruppe 2 (ohne Zementüberschuss: durchschnittlicher Attachmentverlust 0,7 mm, mit Zementüberschuss: durchschnittlicher Attachmentverlust 1,8 mm) (s. Abb. 2). Der Unterschied zwischen den 4 Subgruppen war signifikant (ANOVA 5,170, 3 df; p < 0,001). Patienten der Gruppe 1 waren weniger häufig von Attachmentverlust betroffen (ohne Zementüberschuss: 36 %, mit Zementüber- 1 schuss: 53 %) als in Gruppe 2 (ohne Zementüberschuss: 56 %; mit Zementüberschuss: 92 %). Der Unterschied zwischen den 4 Subgruppen war ebenfalls signifikant (Chi-Quadrat mit 3 df 11,817; p < 0,008). Berücksichtigt man in einer binären logistischen Regression Zementüberschuss und Verweilzeit (Gruppe) als unabhängige Variablen, so zeigt die Analyse eine signifikante Assoziation zwischen Attachmentverlust und diesen beiden unabhängigen Variablen (Tab. 4). Unter Berücksichtigung von Zementüberschuss, Verweilzeit (Gruppen) und Suppuration als unabhängige Variablen zur gleichen Zeit in einer logistischen Regression zeigt die Analyse nur eine signifikante Assoziation zwischen Attachmentverlust und Suppuration (Tab. 5). Implantologie 2015;23(2):1–8 n5 6n Korsch et al. Zementassoziierter Attachmentverlust Diskussion Die Zementierung von festsitzendem Zahnersatz auf Implantaten ist einfach und ähnlich der Zementierung auf Zähnen. Deshalb ist diese Technik vielen klinisch tätigen Zahnärzten sehr vertraut und wurde unter ihnen populär. Das Risiko belassener Zementüberschüsse in der periimplantären Tasche ist seit vielen Jahren bekannt11,12. In der ästhetisch relevanten Zone ist die marginale Abutmentstufe häufig submukosal gelegen. Je tiefer der Zementierungsspalt positioniert ist, desto schwieriger ist es, Zementüberschüsse suffizient zu entfernen. Dies resultiert in einem erhöhten Risiko belassener Zementüberschüsse in der periimplantären Tasche25. Daher befassen sich zahlreiche Studien mit der Verminderung dieses Risikos16,20,21. Das Ziel der vorliegenden retrospektiven Beobachtungsstudie war herauszufinden, welchen Einfluss Zementüberschüsse auf das periimplantäre Gewebe haben. Die beiden Untersuchungsgruppen mit unterschiedlicher Verweilzeit waren bezüglich Geschlecht, Durchschnittsalter, durchschnittlicher Implantatanzahl pro Patient und Häufigkeit von Zementüberschüssen homogen. Die klinischen Befunde zeigten jedoch signifikante Unterschiede zwischen den 4 Subgruppen. Suppurationen waren bei Gruppe 2 mit Zementüberschuss am häufigsten. Sowohl das Vorhandensein und Fehlen von Zementüberschüssen als auch die Verweilzeit waren unabhängig voneinander signifikant mit Suppurationen assoziiert. Es muss deshalb davon ausgegangen werden, dass die Verweilzeit der Zementüberschüsse maßgeblichen Einfluss auf das periimplantäre Gewebe und die klinischen Befunde hat. Der durchschnittliche Attachmentverlust war bei Patienten der Gruppe 2 mit Zementüberschuss am höchsten. Diese Subgruppe war signifikant häufiger von Attachmentverlust betroffen als die anderen 3 Subgruppen. In einer logistischen Regression korrelierten Zementüberschüsse und die Verweilzeit signifikant mit Attachmentverlust. In Kombination mit Suppuration zeigten Zementüberschuss und Verweilzeit allerdings keine Signifikanz. In der logistischen Regression war in dieser Kombination lediglich Suppuration signifikant mit Attachmentverlust korreliert. Die klinischen Befunde bestätigten die Annahme, dass belassene Zementüberschüsse mit AttachmentImplantologie 2015;23(2):1–8 verlust assoziiert sind. Die Verweilzeit von Zementüberschüssen korrelierte außerdem mit Suppurationen und Attachmentverlust. Zahlreiche Studien haben verschraubte und zementierte Suprakonstruktionen auf Implantaten im Hinblick auf den periimplantären Knochenverlust untersucht2,26,27. Die Ergebnisse in der Literatur sind widersprüchlich. Die Tatsache, dass Zementüberschüsse einen großen Einfluss auf das periimplantäre Gewebe haben und somit auch auf den Attachmentverlust13, könnte eine Erklärung für die gegensätzlichen Ergebnisse sein. Diese Studie begann mit der zufälligen Beobachtung, dass bei einigen Patienten zementassoziierte Entzündungen auftraten. Aufgrund dieser Komplikation sollte eine Revision aller Suprakonstruktionen, welche mit PIC eingesetzt wurden, erfolgen. Diese Gegebenheit ermöglichte die Datengewinnung in der vorliegenden retrospektiven Beobachtungsstudie. Eine kontrollierte Studie für die Evaluation von vergleichbaren klinischen Phänomenen verbietet sich von selbst. Deshalb wurden bisher fast ausschließlich Fallberichte, die Zementüberschüsse mit periimplantären Entzündungen in Verbindung bringen, veröffentlicht11,12,28. Klinische Studien, die sich mit dieser Komplikation befassen, sind rar8,29. Bei allen Patienten der Gruppen 1 und 2 wurde direkt nach Inkorporation des Zahnersatzes eine Röntgenkontrolle gemacht, um den korrekten Sitz und die Passung der Suprakonstruktion zu überprüfen. Aufgrund des kurzen zeitlichen Abstands zwischen Inkorporation des Zahnersatzes und Revisionstherapie bei Gruppe 1 (0,71 Jahre) war eine erneute Röntgenaufnahme mit weiterer Strahlenbelastung nicht vertretbar. Aus diesem Grund wurde der Knochenverlust in dieser Untersuchung nicht ermittelt. Eine Limitation dieser Studie ist, dass die klinischen Befunde (Suppuration und Attachmentverlust) nicht nur durch Zementüberschüsse und die Verweilzeit beeinflusst werden. Patienten, die sofort zahnärztlicher Empfehlung folgen (Gruppe 1), achten möglicherweise eher auf ihre Gesundheit als solche, die auf Nachfrage reagieren (Gruppe 2). Daher könnten die Ergebnisse durch Mundhygiene, mangelnde Beachtung und andere Faktoren verzerrt sein. Die klinischen Ergebnisse der vorliegenden Untersuchungen zeigen, dass belassene Zement- Korsch et al. Zementassoziierter Attachmentverlust überschüsse Entzündungen des periimplantären Gewebes begünstigen. Aus diesem Grund sollte in der täglichen zahnärztlichen Routine ein Zementierungsprotokoll angewandt werden, welches das Risiko von Überschüssen nach Zementierung minimiert. Schlussfolgerung Belassene Zementüberschüsse sind mit Entzündungen des periimplantären Gewebes assoziiert. Die Verweilzeit von Zementüberschüssen kann die klinische Bedingung verschlechtern. Dies erhöht das Risiko einer Periimplantitis mit einem größeren Attachmentverlust. Daher sollten Zemente gefunden werden, die das Risiko von Zementüberschüssen und die klinischen Folgen für das periimplantäre Gewebe minimieren. Literatur 1. Sherif S, Susarla HK, Kapos T, Munoz D, Chang BM, Wright RF. A Systematic Review of Screw- versus CementRetained Implant-Supported Fixed Restorations. J Prosthodont 2013. 2. 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Zementassoziierter Attachmentverlust Cement-associated attachment loss: Retrospective analysis of peri-implant tissue reaction after cementation KEYWORDS cement-retained implant dentures, excess cement, implants, inflammation, attachment loss The aim of the present study was to find out what effect cement remnants have on the peri- implant tissue. In a retrospective observational study, the clinical findings on implants with cemented suprastructures (93 patients with 171 implants) were analyzed. A methacrylate cement was used for cementation. Depending on the retention time (between placing the prosthetic restoration and the follow-up examination), the patients were divided into 2 groups: group 1 (G1) with retention time 2 years or less; group 2 (G2) with retention time more than 2 years. By definition, the average retention time in G1 (0.71 years) was shorter than in G2 (4.07 years). Cement remnants were found on 59.5% of the implants in G1 and 62.2% in G2. The clinical findings were significantly less pathological in G1 than in G2 (G1 without cement remnants: suppuration 0%, attachment loss 0.48 mm; G1 with cement remnants: suppuration 21%, attachment loss 0.76 mm; G2 without cement remnants: suppuration 33%, attachment loss 0.7 mm; G2 with cement remnants: suppuration 85%, attachment loss 1.8 mm). Implantologie 2015;23(2):1–8
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