siu m Preis: Euro 3,00 . 66. Jahrgang . Erscheinungsort Wien P.b.b. . Zulassungsnummer: 02Z030510 M ACADEMIA, Lerchenfelder Straße 14, 1080 Wien na April 2015 Pr oG ym Zeitschrift des Cartellverbandes der katholischen österreichischen Studentenverbindungen Denk den Augenblick BEWUSST wahrnehmen. www.uniqa.at Werbung Fotos Matthias Mayer ewinnen! sammeln und g toalbum.at fo sia h tt a .m w w w Inhalt April 2015 / Nr. 2 ACADEMIA Titel | Herausgeber, Medieninhaber: ÖCV und ÖAHB Mit der Herausgabe beauftragt: Mag. Wolfgang Bamberg Chefredakteur: Prof. Dr. Herbert Kaspar 6 Andreas Kirschhofer-Bozenhardt Konservativismus: Das zerrissene Bewusstsein 8 Florian Tursky Das Gewissen eines Konservativen 10 Harald Mahrer Ist die ÖVP eine konservative Partei? 12 Wissenschaft Layout: Tanja Pichler 19 David Nagiller Studium für jene, die können und wollen 22 Christopher Tafeit Moneten Basierte Ausbildung Alexander Purger Eine Partei in „Verzopft“-Panik 24 Andreas Zakostelsky Wer macht sie denn, die Gesellschaftspolitik in Österreich? Religion 13 25 Romeo Reichel Die Eugenik kehrt zurück Herbert Kohlmaier Mehr als nur ein „Supermarkt“ 15 Kultur Michael Neischl Jesus und die Steuern 27 Bengt Sprinzl Comic-Festival in Angoulême … und Charlie Hebdo Bildung 17 Wolfgang Türtscher Die Neue Mittelschule ist gescheitert Kultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5, 31 Leserbriefe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 Auch Sie können die ACADEMIA abonnieren! Die ACADEMIA ist die Zei tschrift des größten Studenten- und Akademiker verbandes Österreichs, des ÖCV, und erscheint sec hs Mal jährlich. Ein Jahres-Abo kann form los durch Überweisung von Euro 15.- auf das Konto bei der RLB NOE-Wien, IBAN: AT11 32000 002101 45050, BIC RLNWATWWN W per Mail unter academia@ oecv.at, oder telefonisch unter 01/405 16 22-30 bes tellt werden. Redaktion: Anselm Becker, Gerhard Hartmann, Johannes Haslhofer, Paul Hefelle, Peter Hofbauer, David Nagiller, Christoph Rella, Klaus-Lukas Zimmermann Aufruf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .33 Kommentar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 Anno Dazumal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Verlagsleitung: Wolfgang Bamberg Redaktionsmanagement: Nora Wisiak Anschrift: Lerchenfelder Str. 14, 1080 Wien, Telefon: (01) 405 16 22 DW 30, 31. Fax DW 33, E-Mail: [email protected] www.academia.or.at Repro/Druck: AV+ Astoria Druckzentrum GmbH Faradaygasse 6 A-1030 Wien, Tel. 01/797-85-0 Hinweis: Beiträge in der ACADEMIA, die die offizielle Meinung des Österreichischen Cartellverbandes wiedergeben, sind als solche ausdrücklich gekennzeichnet. Alle anderen Veröffentlichungen stellen die persönliche Meinung des Autors dar. Fotos/Grafiken: ACADEMIA-Archiv, ÖCV-Archiv, www.pixelio.de, www.fotolia.at, www.pixabay.com, Belvedere, www.evolution.oevp.at, www.progymnasium.at, IHS Dropoutstudie 2014, Bengt Sprinzl, Klaus-Lukas Zimmermann, Österreichisches Wörterbuch Coverfoto: Tanja Pichler Verkaufspreis: 3 Euro, Abo: 10 Euro/Jahr für Studenten, Normalabo 15 Euro/Jahr. Für unverlangt eingesandte Manuskripte kann keine Gewähr übernommen werden. Verkaufsstellen: Wien 8: ÖCV-Sekretariat, Lerchenfelder Straße 14 Wien 15: Trafik Evelyne Lippa, Mareschgasse 32 Bruck/Mur: Trafik Annemarie Kamper, Herzog-Ernst-G. 23 Hartberg: Trafik Thomas Denkmeyr, Kircheng. 6 Innsbruck: Trafik Norbert Wacker, Museumstr. 38 Innsbruck: Trafik Josef Sezemsky, Brunecker Straße 1 Redaktionell abgeschlossen am: 16. März 2015. Zum Postversand gegeben am: 26. März 2015. Präsentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Bei allen personenbezogenen Bezeichnungen gilt die gewählte Form für beide Geschlechter. 3 April 2015 Editorial Liebe Leser! „,Konservativ‘ wird oft mit ‚reaktionär‘ gleichgesetzt, man wird manchmal ins ‚rechte‘ = böse Eck gestellt, man verspürt oft starken Gegenwind vom Mainstream. Der ist nämlich ‚modern‘, ‚fortschrittlich‘, ‚tolerant‘ und ‚gegendert‘. Also ‚liberal, links und gut‘.“, konstatiert die Journalistin Gudula Walterskirchen am 12. Februar 2015 in ihrem Blog. Und weiter: „Vieles geht einfach zu schnell, zu unüberlegt, zu hastig – und alles unter dem Druck, nur ja ‚modern‘ sein zu wollen. […] So betrachtet, ist ein neuer Konservativismus ‚modern‘ und sehr angebracht. Er hilft dabei, sich nicht von Moden und dem Zeitgeist jagen zu lassen, sondern selbst nachzudenken.“ Aber während in Großbritannien Anhänger der Tories keine Scheu haben, sich konservativ zu nennen, US-Amerikaner stolz „PROUD CONSERVATIVE“-Buttons tragen und zahlreiche offen kon- servative Parteien in Europa mit mehr oder weniger Erfolg kandidieren, wird Konservativen hierzulande (und somit auch insbesondere dem Cartellverband) unterstellt, nur antiquierte und unbrauchbare Lösungsmodelle zu haben und eine satte und selbstzufriedene Spießbürgerlichkeit zu vertreten. Im aktuellen Themenschwerpunkt widmet sich der renommierte Marktforscher Andreas Kirschhofer-Bozenhardt der konservativen Gesinnung sowie der Frage, wie verbreitet konservative Gedanken in der Bevölkerung noch sind, während sich der Amtsträger für Gesellschaftspolitik des ÖCV, Florian Tursky (AIn), mit den Grundgedanken des Konservativismus auseinandersetzt. Zwei unterschiedliche Bestandsaufnahmen zur Frage, ob die ÖVP noch eine konservative Partei ist, legen schließlich Staatssekretär Harald Mahrer sowie der Journalist Alexander Purger vor. Auf Phänomene abseits des wissenschaftlich Erklärbaren verweist Herbert Kohlmaier (Rd EM) und der Steuerberater Michael Neischl (F-B) widmet sich – anlässlich der Steuerreform – den vielfältigen Berührungspunkten, die Jesus Christus mit dem Thema Steuern hatte. Nachdem neben dem Rechnungshof nunmehr auch die Evaluierung durch einen Expertenbericht offen Kritik an der Effizienz der „Neuen Mittelschule“ übt, zeigt der AHS-Lehrer Wolfgang Türtscher (Le) die Schwächen des Modells auf und plädiert für den Erhalt des Gymnasiums. Die wenig erfreulichen Studienabbruchszahlen, Erhebung des Instituts für Höhere Studien und Christopher Tafeit (ErG) hat interessante Fakten rund um das Thema gekaufter akademischer Titel zusammengetragen. Nach wie vor polarisiert das „Fortpflanzungsmedizinrechts-Änderungsgesetz“ und während ÖVP-Nationalratsabgeordneter Andreas Zakostelsky (Cl) grundsätzliche Überlegungen zur Gestaltung von Gesellschaftspolitik in einem Gastkommentar äußert, verweist der Arzt und Diakon Romeo Reichel (Nc) auf die weitreichenden Auswirkungen des Gesetzes. Wolfgang Bamberg (Am), Herausgeber Herbert Kaspar (Am), Chefredakteur Redaktionell abgeschlossen am 16. März 2015. 4 Kultur Darf das sein? In dem an Jubiläen nicht gerade armen Jahr 2015 ist auch der Wiener Kongress ein wichtiges Datum, was durch eine Vielzahl von Publikationen, sowie auch durch eine Ausstellung im Wiener Belvedere dokumentiert wird. Immerhin war damals Wien neun Monate lang die Hauptstadt Europas und es wurde nach den napoleonischen Kriegen mittels multilateraler Verträge eine Friedensordnung für Europa geschaffen, die fast 40 Jahre lang hielt. Es war eine beachtliche diplomatische Leistung, da viele Instrumente, die heute selbstverständlich sind, damals erst mühsam entwickelt wurden. Und das Ergebnis war immerhin dauerhafter als etwa die Friedensschlüsse nach dem Ersten Weltkrieg, die schon den Keim des nächsten Krieges in sich trugen. Martin Haidinger (BOW) und Günther Steinbach haben ein gut lesbares Werk über den Wiener Kongress vorgelegt, das Jacques Louis David, Napoleon am Großen St. Bernhard, 1801 © Belvedere, Wien Thomas Lawrence, Klemens Lothar Wenzel Fürst von Metternich, um 1815 © Fürst von Metternich Winneburg’sche Domäne Schloss Johannisberg-Rheingau Foto: Stanislaw Chomicki, Wiesbaden den Gegenstand aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet – vom politischen und kulturellen Umfeld bis über die handelnden Personen hin zum Spionagewesen, das damals eine Hochblüte erlebte. Überhaupt war der gesellschaftliche Rahmen mit Redouten, Praterfesten, Konzerten, Theateraufführungen, Tableaux Vivants, Paraden, Umzügen, Feuerwerken, Jagden, Schlittenfahrten, kirchlichen Feierlichkeiten und überaus wichtigen „Salons“ überaus üppig ausgestaltet, weshalb man den Eindruck gewinnt, dass das Rahmenprogramm im Vordergrund stand. Und so stellen die Autoren auch trocken fest: „Am 9. Juni 1815 war es endlich so weit. Mit einer Verspätung von neun Monaten und sieben Tagen trat der Wiener Kongress, der am 1. November 1814 beginnen hätte sollen, zu seiner ersten Sitzung zusammen. Es war zugleich die letzte. Das Ergebnis Martin Haidinger / Günther Steinbach Der Wiener Kongress Jahrhundertspektakel zur Machtverteilung Edition Steinbauer Wien, 2014 ISBN: 978-3-902494-73-3 der vielen Verhandlungen, Gespräche, Intrigen und Schachzüge in verschiedenen Hinterzimmern, am Rand von Bällen und Empfängen und auch in dem einen oder anderen Schlafzimmer konnte abgesegnet werden.“ Ein wichtiges Ergebnis des Wiener Kongresses war auch, dass Russland mit dem Ende der napoleonischen Kriege als europäische Großmacht etabliert war. Erzherzog Johann meinte damals „Russland drängt nach Westen – darf das sein?“. 200 Jahre später scheint der Drang nach Westen neue Formen anzunehmen, Zeit für einen neuen Wiener Kongress? HK Europa in Wien Der Wiener Kongress war aber nicht nur ein wichtiges politisches Ereignis, er hatte auch eine große kulturelle Dimension, die eine Ausstellung im Unteren Belvedere lebendig macht. Es ist eine kulturelle Leistungsschau Wiens zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Anhand von Kunstwerken aber auch wichtigen Dokumenten wie etwa der Originalpartitur von Beethovens Eroica oder auch der Schlussakte des Wiener Kongresses wird in neun Sälen und ebenso vielen Kapiteln das kulturelle Umfeld beleuchtet. Selbstverständlich wird – wie beim Belvedere üblich – die Ausstellung wieder durch einen umfangreichen Katalog begleitet. Der Wiener Kongress 1814/15 20. Februar bis 21. Juni 2015 Infos und Tickets unter: www.belvedere.at Schlussakte des Wiener Kongresses („Österreichisches Exemplar“), 1815 Österreichisches Staatsarchiv, Abteilung HHStA Foto: © Andy Wenzel/BKA 5 April 2015 Titel Andreas Kirschhofer-Bozenhardt Konservativismus: Das zerrissene Bewusstsein Politische Gesinnungen treten nicht nur durch Worte, sondern auch nonverbal in Erscheinung. Am deutlichsten zeigt sich das beim griechischen Finanzminister Varoufakis, der seine förmlich gekleideten europäischen Amtskollegen krawattenlos, mit heraushängendem Hemd und mit einer Hand in der Hosentasche von seinem extrem linken Wirtschaftsverständnis zu überzeugen versuchte. Ähnlich salopp gekleidet gefällt sich der ORF-Wetterfrosch Markus Wadsak, wenn er nicht nur krawatten-, sondern auch kragenlos in betontem Freizeitlook ein Millionenpublikum darüber berät, ob es am nächsten Tag den Regenschirm mitnehmen soll oder nicht. Zum modernen Gehabe gehören häufig auch ein Dreitagebart und – falls genügend Masse vorhanden – das Bündeln langer Haare zu einem Knoten oder Pferdeschweif. Hinter all dem steckt die unausgesprochene Ansage: „Ich pfeife auf eure altväterischen Traditionen, ich bin nicht so und will auch nicht so sein wie ihr, ich bin individuell, unangepasst, progressiv.“ Auch die artverwandten Zeitgenossen aus der quasiintellektuellen Boheme geben durch ihr Outfit (schwarzes Jackett, schwarzes Hemd und schwarzer Schlips) zu verstehen, dass sie sich von der Masse und den Traditionalisten bewusst abgrenzen möchten. Die politische Färbung der Krawattenlosen und der Schwarzhemden ist in der Regel rot oder grün, nur höchst selten bürgerlich oder konservativ. 6 Welche modischen Allüren und Charakteristika haben eigentlich die politischen Antipoden der Progressiven und deren Nachahmer? Die Antwort darauf ist schwierig, fast unmöglich. Besitz und Bildung stellen jedenfalls keine gesicherten Trennmerkmale dar. Das war einmal anders. In früheren Zeiten, insbesondere im 19. Jahrhundert, in das die Entstehung konservativer Parteien in England und Preußen fiel, hatte die Zugehörigkeit zu sozialen Milieus klare Konturen. Die Klammern des Konservativismus waren einstmals Privateigentum, Selbstständigkeit, wirtschaftlicher, politischer oder militärischer Einfluss, dazu christliche Frömmigkeit, Patriotismus und eine starke Bindung zum Staat. Bewahrer des Bewährten Der Strukturwandel der Gesellschaft als Folge der industriellen Revolution und das Entstehen einer breiten Mittelschicht, in der auch das Heer der Angestellten, Beamten und Facharbeiter angesiedelt ist, hat die Szene gründlich verändert und zu einer Spaltung des bürgerlichen Bewusstseins geführt. Das fand auch in den begrifflichen Verformungen einen Ausdruck, die den politischen Wandel in Deutschland markierten, wo die Altkonservativen, die sich nach 1848 die Verteidigung von Monarchie, ständischer Gliederung und Christentum zum Ziel gesetzt hatten, zunächst zu Deutschkonservativen (Reichspartei genannt) mutierten. In der Folge begann das im weitesten Sinne bürger- liche Lager bis in die Gegenwart hinein in den verschiedensten Wortprägungen zu schillern. Zur politischen Kartographie zählten Begriffe wie rechtskonservativ, linkskonservativ, bürgerlich-konservativ, fortschrittlichkonservativ oder Ableitungen wie christlichsozial, christdemokratisch, nationalliberal, bürgerlich-national, bürgerlich-liberal, großbürgerlich oder kleinbürgerlich. In all diesen Bezeichnungen steck(t)en mehr oder weniger große Schnittmengen einer bestimmten Grundgesinnung. Bindungsfaktoren waren vor allem die Bejahung des Privateigentums und das Bekenntnis zum Christentum. Beides hat sich in einer stark veränderten Welt abgeschwächt. Vor allem durch die zunehmende Säkularisierung sind Teile des konservativen Markenkerns weggebrochen. Eine Schwäche des Konservativismus besteht zweifellos darin, dass er sich hauptsächlich als Abwehrreflex gegen links manifestiert. Er hat Defensivcharakter, entwickelt keine Konzepte und eignet sich eher zur Beschreibung eines politischen Lebensgefühls als eines Programms. Sein Grundmuster ist nicht das Verändern, sondern das Bewahren des Bewährten. Das rückt ihn zu unrecht in die gedankliche Nähe von Fortschrittsfeindlichkeit. In jedem Fall hätte Konservativismus in der Gegenwart eine wichtige gesellschaftspolitische Aufgabe, wenn man sich die veränderten Wertvorstellungen in den westlichen Industrieländern vor Augen führt. Kennzeichnend für die Entwicklung ist die Abkehr von christlicher Gläubigkeit, nachlassendes Bildungsstreben, Unlust an Eigeninitiativen, Entfernung vom marktwirtschaftlichen Denken, Hang zur Promiskuität, Stärkung der Homosexuellenrechte, sinkendes Heimatbewusstsein sowie der Bedeutungsverlust nationaler Traditionen und Verhaltensweisen. Gefördert wird diese Entwicklung durch die Asymmetrie unserer Medienwelt mit ihrem Übergewicht an rot-grüner Mainstream-Publizistik, nicht zuletzt aber auch durch das Unvermögen der eigenen parlamentarischen Vertretungen bei der Verteidigung bürgerlichkonservativer Anliegen. Unter diesen Umständen ist die Bewusstseinspflege einer bürgerlich konservativen Wertordnung eine Aufgabe von hohem Rang. Worauf es ankommt ist nicht moralischer Rigorismus, sondern eine Leitlinie, die Ernst Jünger, der Vertreter eines konservativen Humanismus, so formulierte: „Konservativ ist nicht das Hängen an dem, was gestern war, sondern an dem, was gilt“. Es stellt sich die Frage, wie verbreitet das konservative Bewusstsein in der Bevölkerung ist. Um Aufschluss darüber zu gewinnen, hat das IMAS auf der Basis von skaliert abgefragten Erwartungen nach Bewusstseinsfamilien gesucht und ist dabei auf drei deutlich unterscheidbare Denkmuster gestoßen. Die mit Abstand größte Bewusstseinsfamilie lässt sich als bürgerlich/konservative Ordnungsidealisten beschreiben. Ihre typologischen Merkmale bestehen aus der Forderung nach Anpassung der Ausländer an unsere Lebensweise, dem Bewahren österreichischer Traditionen, der Förderung kinderreicher Familien und dem Eintreten für Sitte und Moral. 46 Prozent der Erwachsenen vertreten diese Auffassungen in massiver Weise, 21 Prozent in einer mittleren Intensität, die restlichen 33 Prozent so gut wie gar nicht. Der zweitgrößte Cluster besteht aus Personen, die ein marktwirtschaftliches Denken kennzeichnet. Bei 26 Prozent der Österreicher ist das marktwirtschaftliche Bewusstsein in ausgeprägter Form und bei weiteren 41 Prozent in mittlerer Stärke vorhanden. Wör Quelle: Österreichisches terbuch Vergleichsweise am seltensten stieß die demoskopische Sonde auf nivellierende Forderungen wie etwa unterschiedslose Einkommen, Einführung von Höchstgrenzen für Gehälter oder die Aufhebung der Klassen in den Krankenhäusern. Lediglich elf Prozent wünschen sich solche Dinge sehr intensiv, 41 Prozent in mittlerer Ausprägung, 48 Prozent gar nicht. Die soziale Einebnung der Gesellschaft wird trotz aller Kritik am Auseinanderklaffen von Arm und Reich von der Bevölkerung also kaum befürwortet. Stabilitätspräferenz Angesichts dieser Bewusstseinslage ließe sich vermuten, dass die Österreicher sich selbst in großer Zahl eine konservative Denkweise bescheinigen. Dies ist jedoch keineswegs der Fall. Im Gegenteil: Als das IMAS einen repräsentativen Querschnitt anhand einer Listenvorlage bat, jene Personengruppen zu benennen, denen man sich zugehörig fühlt, identifizierten sich nur acht Prozent der Befrag- ten mit „Konservativen“. Auch von den ÖVP-Anhängern halten nur 15 Prozent diesen Begriff als passend für sich selbst. Zum Vergleich: 61 Prozent der Österreicher sehen sich selbst als Familienmenschen, 38 Prozent als Heimatverbundene, 33 Prozent als Mittelschicht, 26 Prozent als Angehörige der Arbeiterklasse, 24 Prozent als Bürgerliche, 13 Prozent als Europagesinnte, acht Prozent als Liberale. Am allerwenigsten identifiziert sich die Bevölkerung (nämlich zu lediglich drei Prozent) mit Leuten, die eine starke Linksorientierung haben. Es ist unverkennbar, dass die Österreicher politisch nicht besonders bekenntnisfreudig sind und eine Scheu davor haben, sich zu deklarieren. Das ändert nichts daran, dass die Wähler von den Politikern und Parteien sehr wohl klare Positionen und das Einhalten von Grundsätzen erwarten. Der deutsche Publizist Alan Posener brachte es kürzlich in der Tageszeitung „Die Welt“ auf die einfache Formel: „Wer rechts wählt, will auch eine Politik rechts der Mitte haben, wer links wählt, links der Mitte“. Und noch etwas entspricht einer empirischen Erkenntnis: Wahlen werden heutzutage mit lautstarken Versprechen von Reformen und Veränderungen vorbereitet, von der rasch alternden Gesellschaft aber insgeheim nach dem Eindruck von Stabilität entschieden. Das muss nicht immer ein Nachteil sein. Der Autor Andreas Kirschhofer-Bozenhardt ist Gründer des Linzer Marktforschungsinstitutes IMAS. 7 April 2015 Titel Florian Tursky Das Gewissen eines Konservativen In der Schulzeit eines heutigen Studenten wird einem von allen Lehrern, Mentoren und auch oft von so manchem Elternteil eingeredet, dass das Wort konservativ prinzipiell negativ behaftet ist. Fortschritt, Solidarität und Weltoffenheit werden mit Liberalität und Sozialismus assoziiert – Konservativismus hingegen mit Altem, Verstaubtem und Rückschrittlichem verbunden. Doch was ist eigentlich „konservativ“ und warum bezeichnen die Außenwelt und oft auch wir den Cartellverband als konservativ? Ist es unsere Ideologie, konservativ zu sein? Eine Zeitreise zu unseren Anfängen Wenn man im Lexikon nachschlägt, wird der Konservativismus – neben dem Liberalismus und Sozialismus – als eine der großen politischen Ideologien der letzten Jahrhunderte bezeichnet. Nach Gustav Eduard Kafka sind Grundideen des Konservatismus unter anderem der Glaube an das Walten der göttlichen Vorsehung in der Geschichte und die Einsicht in die Unzulänglichkeit der menschlichen Vernunft, die Vielfalt des historisch Gewachsenen in der Gesellschaft im Unterschied zur uniformen Freiheit für alle, die Tradition in der Gestalt der unbewussten Weisheit der Ahnen oder die Einheit von bürgerlicher Freiheit und Privateigentum. Als sich die katholischen Studentenver- 8 bindungen gegen die antiklerikalen und liberalen Strömungen des 19. Jahrhunderts auflehnten, verfolgten sie klar diese konservativen Leitwerte. Durch die Wahl des Prinzips Religio in Verbindung mit einer „pro-österreichischen“ Gesinnung – ursprünglich gegenüber dem Herrscherhaus – wurden der Konservativismus und der Ultramontanismus – also der romtreue politische Katholizismus – sowie die Ideen der späteren Katholischen Soziallehre zur Ideologie des Cartellverbandes. „Zu Anfang der 60er Jahre machte sich ja eine allgemeine Ermüdung und Verdrossenheit des katholischen Lebens bemerkbar. Abgestoßen von den Auswüchsen des politischen Kampfes zogen viele Katholiken sich ganz aus dem öffentlichen Leben zurück. Kluge, klarblickende Männer suchten nach Kräften, dieser Stimmung entgegenzuwirken.“ So charakterisierte Karl Bachem 1932 die Zeit der Gründung der ersten katholischen Verbindungen und Vereine in Deutschland und Österreich im 19. Jahrhundert. Katholische Verbindungen haben sich in einem politischen Klima gegründet, das dem heutigen sehr ähnlich ist. Die Zeiten haben sich also scheinbar wenig geändert: Heute wird den als „konservativ“ bezeichneten Menschen eine gewisse Rückschrittlichkeit nachgesagt. In vielen Medien wird alles, was nicht den ständigen Fortschritt und das Zerwürfnis von bestehenden Systemen und Werten beinhaltet, als Rückschritt bezeichnet. Veränderung wird automatisch mit Fortschritt und Beibehaltung automatisch als Stillstand bezeichnet. Viele politische Debatten der letzten Jahre zeugen davon. Insbesondere kommt uns dabei die Abtreibungsdebatte ins Gedächtnis. Doch eines hat sich in den vergangenen Jahrzehnten massiv verändert: Der Konservative der 50/60er Jahre stand noch überzeugt für seine Meinung und Ideologie ein und versuchte andere davon zu überzeugen. Heute kommt einem vor, dass die Konservativen ohnmächtig und mit einer gewissen Resignation zusehen, wie sich die Gesellschaft Schritt für Schritt weg von ihren Wertvorstellungen entwickelt. Dazu kommt noch eine spürbare Zunahme von Religions- und Kirchenfeindlichkeit in den Medien. Schweigende Masse Der Grundgedanke des Konservativismus ist dabei jedoch nicht der immerwährende Stillstand und die Beibehaltung anachronistischer Gesellschaftsvorstellungen. Es geht darum, nicht jedes alte System und alte Werte als negativ zu sehen, sondern gute, bewährte Systeme beizubehal- ÖCV-Bildarchiv, Gerhard Labschütz Tradition und studentisches Brauchtum sind für den ÖCV auch wichtig, aber nicht nur. Inhaltlich denken die über 150 Jahre alten Verbindungen – basierend auf einem soliden Wertefundament – über heutige Lösungen in Staat und Gesellschaft nach. ten, an Werten festzuhalten, aber auch überholte Systeme zu erneuern. In der politischen Debatte lässt sich heute der Konservative jedoch gerne in die Ecke treiben, er lässt sich als „Blockierer“ darstellen, wenn er nicht jeder sozialistischen oder angeblich liberalen Idee nachgibt. Die bürgerliche und oft auch konservative Masse sieht dabei schweigend zu, da es nicht ratsam ist, sich gegen den vermeintlichen Fortschritt zu stellen. Stattdessen müsste man als Konservativer unseren sozialistischen-liberalen-Freunden sagen bis hierhin und nicht weiter. Der Schlüssel wird sein, als Konservativer wieder Mut zu seiner Ideologie zu haben, dafür einzustehen, auch wenn der mediale Mainstream (der übrigens oftmals weit weg ist vom Mainstream der Menschen) entgegenbläst. Ein Konservativer wägt die Sinnhaftigkeit von Veränderungen ab. Er überprüft, ob sie seinem Wertesystem entsprechen, ob sie Verbesserungen gegenüber dem alten System mit sich bringen und lehnt sie nicht aus Prinzip oder aus Angst vor Neuerungen ab. Konservative müssen davon überzeugt sein, dass ihre Idee, wie die Gesellschaft funktionieren soll, die richtige ist eine Grundannahme jeder politischen Ideologie. Aber ein Konservativer stellt dabei niemals den totalen Wahrheitsanspruch. Die Linke hat nicht diese Bereitschaft zum Abwägen und Differenzieren, denn sie weiß sich im Besitz der Wahrheit, womit jede davon abweichende Meinung als falsch, demokratiefeindlich und böse qualifiziert wird. Die linke Meinungsfreiheit endet bei der eigenen Meinung. Für differenziert denkende Konservative ist der Umgang mit einem solchen Wahrheitsanspruch, der auch nichts mit einem christlichen Menschenbild zu tun hat, besonders schwierig, und vermittelt ein Gefühl der Ohnmacht. Deshalb wird es umso wichtiger sein, für Dinge zu kämpfen, fest in Glaube und Ideologie zu sein und mit gutem Gewissen stolz ein Konservativer zu sein. Chance für den CV Die aktuelle Chance liegt dabei klar auf der Hand: Der Cartellverband ist eine der letzten (fast) geschlossenen konservativen Organisationen in Österreich. Er kann, gerade als Verband von Akademikern, als wichtiger Ideengeber und Think Tank für unsere Republik arbeiten. Aufgrund der innenpolitischen Verhältnisse sind Koalitionen und damit Kompromisse angesagt. Die Aufgabe der Konservativen sollte dabei sein zu versuchen, wieder mehr Menschen von den Vorteilen einer werteorientierten konservativen Politik zu begeistern. Darin wird am Ende die Chance für ein bürgerliches Österreich liegen, das von Werten wie Solidarität, Subsidiarität, Leistungsbereitschaft und Eigenverantwortung dominiert wird und nicht von populistischer Nivellierungs- und Neidpolitik. Der Autor Florian Tursky (AIn) war Vorortspräsident im Studienjahr 2013/14 und ist Amtsträger für Gesellschaftspolitik des ÖCV. 9 April 2015 Titel Harald Mahrer In der Fragestellung, ob die ÖVP eine konservative Partei sei, spiegelt sich eine traditionsreiche innerparteiliche www.fotolia.com Ist die ÖVP eine konservative Partei? und vor allem mediale Debatte wider. Soll die ÖVP eher konservativ, eher christlich-sozial oder eher liberal ausgerichtet sein? Diese Debatte mag Journalisten, programmatische Connaisseure und andere professionelle Rechthaber beschäftigen. Relevant ist, ob und wie die unterschiedlichen ideengeschichtlichen Perspektiven der Volkspartei gemeinsam einen Beitrag leisten können, die Welt von heute besser zu verstehen und auf dieser Basis überzeugende Antworten der politischen Gestaltung zu geben. Das Konzept einer christdemokratischen Volkspartei, in welcher die politischen Ideen des Konservativismus, des Liberalismus und der christlichen Soziallehre in einem internen, produktiven Wettbewerb stehen, ist ein Erfolgskonzept. Der in Princeton lehrende Experte für Politische Theorie und Ideengeschichte, Jan-Werner Müller, bezeichnet in seinem Buch „Das demokratische Zeitalter“ (Suhrkamp, 2013) die Christdemokratie als eine der „wichtigsten ideologischen Innovationen der Nachkriegszeit und eine der bedeutendsten des europäischen 20. Jahrhunderts überhaupt.“ Ihre Anführer seien zu politischen Neuerungen bereit gewesen, während ihre Intellektuellen diese Neuerungen in weitestgehend 10 traditionelle Vokabulare zu kleiden vermochten. Diese Qualitäten sind mit Blick auf die Zukunft wichtiger denn je. Deshalb ist es von großer Bedeutung, alle drei programmatischen Wurzeln der Volkspartei gemeinsam weiterzuentwickeln – und sie nicht gegeneinander auszuspielen: sich zu bewähren. Aber bewähren muss es sich natürlich. • Als Volkspartei liberal sein heißt heute vor allem, es nicht zuzulassen, wenn jemand an unserer Freiheit rüttelt. Sei es in Form von überbordender staatlicher Regierung und (Daten-) Kontrolle, sei es in Form der Beschränkung unserer wirtschaftlichen Freiheit und unserer Eigentumsrechte, etwa in Form übermäßiger Besteuerung. • Als Volkspartei konservativ sein heißt heute vor allem, skeptisch zu sein. Wir Bürgerliche sind kritisch gegenüber politischen Marktschreiern. Wir glauben nicht alles, was uns als neu, besser und anders verkauft wird. Wir geben dem Neuen die Chance, • Als Volkspartei christlich-sozial zu sein heißt heute vor allem, das Sozialwesen und die Sozialpolitik weiterzuentwickeln. Wir sind uns dessen bewusst, dass das Recht einer Person auf eine soziale Leistung die Pflicht für eine andere bedeutet, diese zu erbringen oder zu finanzieren. Es ist Drei Wurzeln wichtig, dass im Sozial- und Wohlfahrtsstaat Rechte und Pflichten transparent sind. Die Weiterentwicklung und Ausformulierung der programmatischen Wurzeln der Volkspartei ist Gegenstand des groß angelegten Evolutionsprozesses. An seinem Ende soll und wird nicht eine konservativere, eine christlich-sozialere oder eine liberalere Volkspartei stehen, sondern eine Volkspartei auf der Höhe der Zeit. Mittelstand im Focus So werden wir uns sehr klar auf den Mittelstand ausrichten. Er ist und bleibt der Dreh- und Angelpunkt unseres Gesellschaftsmodells. Der Mittelstand sind letztlich alle, die durch Leistung, Fleiß, Einsatzbe- reitschaft, Verantwortung, Verlässlichkeit, aber auch mit Augenmaß, etwas für sich, ihre Familien, die Unternehmen und das Land bewegen wollen. Wir werden uns auch verstärkt auf unser Wirtschafts- und Sozialmodell der Ökosozialen Marktwirtschaft konzentrieren – eine ordnungspolitische Innovation, die das Copyright der ÖVP trägt. Nach den Verwerfungen der Finanz- und Wirtschaftskrise ist die Ökosoziale Marktwirtschaft mit ihren Kernwerten der Freiheit, Leistung, Solidarität und Nachhaltigkeit ein wirklich zukunftsfähiger Rahmen für die Marktwirtschaft – in Österreich und in Europa. Ein zentrales Thema im Evolutionsprozess und im neuen Programm ist auch die digitale Welt. Unser konkretes Ziel ist, dass Österreich auf Basis erstklassiger Ausbildung und bester infrastruktureller Rahmenbedingungen eine führende Rolle in der Entwicklung digitaler Medien einnimmt – und nicht länger auf der Zuschauerbank sitzt. Klarer ordnungspolitischer Rahmen, starke Mitte, offen für die Zukunft: Das sollen künftig Markenzeichen der Volkspartei sein. Einer Volkspartei, die mit ihrer Politik Maß an der Wirklichkeit und am Menschen nimmt. Und die in der Mitte der Gesellschaft daheim ist. Dafür sind christdemokratische Volksparteien nun einmal da. Der Autor Dr. Harald Mahrer ist Staatssekretär im Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft sowie Präsident der Julius-Raab-Stiftung. Arbeitsplätze schaffen. Österreichs Industrie sichert direkt und indirekt 2,4 Millionen Jobs. Die Menschen und die Unternehmen brauchen eine Entlastung bei den Arbeitskosten. Eine Vermögensbesteuerung aber würde heimische Arbeitsplätze vernichten. Foto: dieindustrie.at/Mathias Kniepeiss www.iv-net.at 11 April 2015 Titel Alexander Purger Eine Partei in „Verzopft“-Panik Warum die ehemals konservative ÖVP so ist, wie sie heute ist. Der Niedergang der Printmedien hat einen hausgemachten Grund: Sie vertreiben ihre alten Leser. Irgendwelche Werbefuzzis haben den Zeitungen eingeredet, dass nur junge Leser zählen, weil nur junge Leser für die Inserenten interessant seien. Das ist natürlich blanker Unsinn, aber die Zeitungen richten sich danach. Sie vollführen die abenteuerlichsten Verrenkungen, um Leser aus der Generation Internet anzulocken (die sie ohnehin nicht bekommen) und stoßen damit ihre alten, treuen Leser vor den Kopf. Im Endeffekt haben sie beide Gruppen nicht – weder die Alten noch die Jungen. Warum dieser Umstand hier so ausgewalzt wird? Weil die Parallelen zur ÖVP unübersehbar sind. Irgendwelche Werbefuzzis haben dieser Partei eingeredet, dass nur junge Wechselwähler zählen, weil nur sie die Zukunft seien. Das ist natürlich der blanke Unsinn, aber die ÖVP richtet sich danach. Sie vollführt die abenteuerlichsten Verrenkungen, um junge Wechselwähler anzulocken (die sie ohnehin nicht bekommt) und stößt damit ihre alten, treuen Wähler vor den Kopf. Im Endeffekt hat sie beide Gruppen nicht – weder die Alten noch die Jungen. Auf der Jagd nach dem unbekannten Wechselwähler ist die ÖVP bereit, jegliche Grundsätze über Bord zu werfen. Die von ihr federführend gestaltete Anti-Familien-Politik der Großen Koalition besticht seit Jahrzehnten durch ihre eiserne Konsequenz, ihre 12 Steuerpolitik gefällt sich in immer horrenderen Strafsteuern für Fleiß und Intelligenz. Dazu die Anbetung der „Gesellschaft“ als Löserin aller Probleme, das aufreizende Desinteresse an der Landesverteidigung – es gibt unendlich viele Beispiele dafür, dass sich die ÖVP von ihrem ewigen Koalitionspartner SPÖ höchstens noch in den Sonntagsreden, aber längst nicht mehr in der konkreten Politik unterscheidet. Die meisten handelnden Personen der BundesÖVP kann man sich problemlos auch bei der SPÖ vorstellen. Man denke nur an die Frau Familienminister. Auf dem Todestrip Dass sich eine Partei allein aus krausen PR-Überlegungen auf einen derartigen Todestrip begibt, ist erstaunlich, aber nur die halbe Wahrheit. Die andere Hälfte der Erklärung liegt im nicht mehr vorhandenen Selbstbewusstsein der Konservativen begründet. „Konservativ“ ist heute ein Etikett, das sich kein Politiker mehr freiwillig anheften lässt. Klingt ja schon wie auf dem halben Weg zum Rechtsradikalen. Noch schlimmer ist „verzopft“. Jeder ÖVP-Politiker hat panische Angst davor, als verzopft bezeichnet zu werden. Und da es mittlerweile schon als verzopft gilt, für den Pflichtschulabschluss auch nur ein Mindestmaß an Leistung und Wissen zu verlangen, lebt die ÖVP permanent in panischer „Verzopft“-Angst. Einzig allein aus diesem Grund hat die ÖVP 2011 übrigens der Einführung der Neuen Mittelschule zugestimmt. Logisch wäre es gewesen, vor der Übernahme dieser Schmalspur-Gesamtschule ins Regelschulwesen einen wenigstens vierjährigen Probelauf abzuwarten, um zu prüfen, was diese neue Schulform eigentlich bringt. Aber das wäre eindeutig verzopft gewesen. Also stimmte die ÖVP der Erfindung aus dem Hause Claudia Schmied eilig und ohne ausreichende Erprobung zu. Die Effekte dieser Entscheidung kann man heute in Rechnungshof-Berichten nachlesen. Die Neue Mittelschule kostet 300 Millionen Euro und liefert schlechtere Bildungsergebnisse als die gute, alte Hauptschule. Aber immerhin: Die ÖVP galt drei Tage lang nicht als verzopft, sondern als modern. Das muss dem Steuerzahler schon 300 Millionen Euro wert sein. Doch hat es der ÖVP eine einzige Stimme gebracht? Davon wäre nichts bekannt. Und hat die ÖVP aus ihrer damaligen Fehlentscheidung gelernt? Auch davon wäre nichts bekannt. Im Gegenteil. Die von „Verzopft“-Ängsten gebeutelten Landeshauptleute im Westen überlegen gerade, nach der Schmalspur- jetzt auch die echte Gesamtschule einzuführen. Sie wollen halt auch einmal modern sein. Der Autor Alexander Purger ist Redakteur im Ressort Innenpolitik der „Salzburger Nachrichten“ und stellvertretender Leiter der Wiener Redaktion. Religion Herbert Kohlmaier Mehr als nur ein „Supermarkt“ Replik auf den Artikel „Supermarkt Esoterik“ von Lukas Zimmermann (F-B) in der ACADEMIA, Oktober 2014. Es ist verständlich, dass es in Bezug auf die „Esoterik“ Ablehnung gibt. Nicht wenige machen ja ihr Geschäft mit allerlei Praktiken, die auf Einbildung oder gar Täuschung beruhen. Man denke nur an die dümmlichen Zeitungshoroskope oder an den in elektronischen Medien boomenden Supermarkt des Irrationalen. All diese Erscheinungen sind als Fehlentwicklungen und Missbrauch in einem Gesamtkomplex anzusehen, der höchst vielfältig und keineswegs nur unseriös ist. Wir sind nicht nur von Realem und naturwissenschaftlich Erforschbarem umgeben, sondern leben sehr wohl auch in Sphären des Unerklärlichen. Der bekannte Quantenphysiker Anton Zeilinger (M-D) sagt dazu, dass es ein Leben „außerhalb der materiellen Welt“ gebe, näm- lich in einer „geistigen Welt“. Diese zu erforschen stellt sich die Menschheit seit je her als Aufgabe. Nüchtern betrachtet tun auch die Religionen nichts anderes. Auch sie bewegen sich im nicht Beweisbaren, weswegen sie von einer rein rationalen Weltsicht abgelehnt werden. Seit einiger Zeit bemüht man sich aber um einander respektierende Nichteinmischung – das Geschehen in der Natur soll nicht aus dem Glauben und dieser wiederum nicht naturwissenschaftlich beurteilt werden. Doch der Atheismus drängt voran. Jenseits des Rationalen So sehr die Religionen „Wahrheiten“ verkünden und sich auf Akte göttlicher Offenbarung berufen, stehen auch sie auf dem unsicheren Boden jenseits des Rationalen. Das gilt auch für unseren katholischen Glauben, dessen Schriften zahlreiche Geschehnisse beschreiben, die man eigentlich in den „esoterischen“ Bereich verweisen müsste: Dämonen werden ausgetrieben, in Träumen werden göttliche Weisungen empfangen und Verborgenes wird prophetisch erkannt. Auch hier geht es um Wahrnehmungen und – etwa bei der Brotvermehrung – um Vorgänge jenseits allem Naturwissenschaftlichem. Wie ist wirklich mit all dem umzugehen? Zwei jüngst erschienene lesenswerte Bücher befassen sich damit aus wissenschaftlicher Sicht. Der USPhysiker Russel Targ („Die Welt ist anders, als sie zu sein scheint“) beschreibt anhand von zuverlässigen Experimenten, wie Menschen in der Lage sind, über örtliche und zeitliche Distanz hinweg Situationen zu beschreiben. Der deutsche Informatikprofessor Eckhard Kruse („Der Geist in der Materie – 13 April 2015 Religion Die Begegnung von Wissenschaft und Spiritualität“) lässt „Schuwi“ (Abkürzung für Schulwissenschafter) und „Eso“ (Esoteriker) aufeinandertreffen, aber beide haben für ihn sehr wohl ihre Daseinsberechtigung! Was also wesentlich ist: Die unendlich weite Welt des Geistes kann von den (akademischen) Wissenschaften nicht erforscht und erklärt werden. Uns fehlt das Instrumentarium, um das, was unter den Sammelbegriff Esoterik fällt, exakt auf Seriosität oder Unhaltbarkeit zu überprüfen. Wenn etwa Mediziner Nahtoderlebnissen oder außerkörperlichen Erfahrungen nachgehen, nehmen sie Phänomene wahr, deren Deutung letzten Endes ungewiss bleibt. Aber durch die gesamte Geschichte der Menschheit wird glaubhaft von unerklärlichen Ereignissen und Fähigkeiten berichtet. Immer zeigt sich aber für den, der sich mit unerklärlichen Phänomenen oder Fähigkeiten forschend auseinandersetzt, neben eindeutig Feststellbarem das Phänomen einer Unschärfe, des nicht Präzisen und Exakten. Kann systematisches Gebet Gesundung fördern? Durchgeführte Experimente sollen das angeblich belegen oder auch widerlegen. In der Kirche ist Voraussetzung einer Selig- oder Heiligsprechung, dass die Anrufung des betreffenden Verstorbenen eine unerklärliche Heilung bewirkte. Jedoch: Gibt es eine heilende Kraft des Gebets nur im kirchlichen Umfeld oder ist sie allen Menschen gegeben? Damit wäre es unredlich, samt und sonders jene als Scharlatane abzutun, die mit Einsatz geistiger Kräfte Heilung versuchen. (Übrigens: Der Vatikan fördert 14 den Exorzismus kräftig!) Die medizinische Wissenschaft ist sich uneinig, ob die Homöopathie tatsächlich wirksam ist. Manche halten es für absurd, dass die Wirkung einer Substanz durch Verdünnung gar verstärkt werden könne – dies widerspräche den Gesetzen der Chemie! Die Vertreter dieser alternativen Methode meinen hingegen, dass durch Flüssigkeiten oder andere Stoffe Informationen „transportiert“ würden, die eben nicht exakt messbar seien, aber wirken. Viele Menschen schwören auf das „belebte“ Granderwasser, während andere das als Unfug abtun. Findet ein Wünschelrutengänger mit überzeugender Sicherheit Wasser unter der Erde auf, leiten ihn keine „Strahlen“ oder „Felder“ physikalischer Art, sie sind nicht nachweisbar. Offenbar „spürt“ er das einfach und die Rute wird aus seinem Unterbewusstsein bewegt. Alles nur Einbildung? Man sieht also: Einfach ist es nicht, sich im weiten Feld des Unerforschbaren zurechtzufinden! Ein besonderes Kapitel stellt die Astrologie dar. Geradezu wütend wird sie von vielen Naturwissenschaftlern bekämpft – Planeten und Sternbilder wären doch ganz einfach nicht in der Lage, Charaktereigenschaften oder Schicksalsabläufe zu beeinflussen! Aber ihre Kunst ernsthaft betreibende Astrologen behaupten das gar nicht. Sie gehen davon aus, dass es eine sich stets ändernde Qualität der Zeit gibt, die sich in den Konstellationen des Kosmos entsprechend einer allumfassenden Einheit („holistisch“) widerspieg- le, dort ablesbar sei und prägende Wirkung habe. Wenig bekannt ist, dass auch der Evangelist Matthäus darauf hinweist. Bekanntlich waren die heiligen drei Könige in Wahrheit „Magier“, die zur Zeit der Geburt Jesu ein auffälliges Himmelsphänomen wahrnahmen, nämlich eine Konjunktion von Jupiter und Saturn im Zeichen der Fische. Werden Horoskope lege artis erstellt, ergibt sich oft eine nicht einfach zu leugnende Aussagekraft, der seit 5000 Jahren nach gleichbleibenden Regeln nachgegangen wird. Alles nur Einbildung? Weil vom Evangelium die Rede war: Die Meinung, „Esoteriker“ hätten keinen Glauben oder nur eine Ersatzreligion, ist falsch. Meist steht im Hintergrund ihres Tuns sehr wohl eine Überzeugung göttlichen Wirkens. Einst lehrten vatikanische Akademien Astrologie. Jedes Pauschalurteil über Esoterik ist also unzulässig. Vieles findet sich hier, was nicht einfach verworfen werden kann. Aber es bedarf unbedingt des prüfenden kritischen Verstandes, um sich damit zu befassen, wie es die als Wissenschaft anerkannte Parapsychologie unternimmt. Das Abgleiten ins Irrationale oder gar in (Selbst)Täuschung droht, Leichtgläubigkeit wird ausgenutzt. Doch es bleibt genug, das man nicht einfach abtun kann, und uns herausfordert, damit recht umzugehen! Das hat unsere wissenschaftsgläubige Zeit noch nicht geschafft und neigt zu unbedachten Vorurteilen. Eine Aufgabe ernsthafter Forschung bleibt also unerfüllt. Der Autor Dr. Herbert Kohlmaier (Rd EM) war führender ÖVP-Politiker und Volksanwalt. Zum Thema Esoterik schrieb er das Buch „Schwebende Wirklichkeit – Esoterik und Christentum – ein Widerspruch?“. Michael Neischl Auch das Leben Jesu war, wie unser eigenes, von Steuergesetzen und Zahlungen an die Machthaber beeinflusst, weshalb er sich auch Dieter Schütz / pixelio.de Jesus und die Steuern immer wieder zu diesem Thema geäußert hat. Steuern sind seit etwa 5000 Jahren bekannt. Im Laufe der Zeiten musste eine wahre Fülle verschiedener Steuern und Abgaben als Opfergaben, Zehent, Frondienst oder gar als Leibeigenschaft geleistet werden. Zur Zeit Jesu unterschied man neben den Tempelabgaben zwei Arten von Steuern: den „Tributum Soli“, die Grund- oder Dachsteuer, und den „Tributum Capitis“, die Kopf- oder Personensteuer. Steuern wurden einerseits eingehoben um das Gemeinwesen zu finanzieren, waren aber immer auch ein Instrument der Macht. Die üppig fließenden Steuergelder sorgten für Reichtum und Wohlergehen der Herrscher und wurden zur Machtdemonstration und Unterdrückung des Volkes eingesetzt. Es verwundert nicht, dass Jesus Christus, der wie alle Menschen unmittelbar von den Steuern betroffen war, ganz bewusst zu diesem Thema Stellung bezog. Wie sehr die Steuerregelung auf Jesus Einfluss genommen hat, erkennt man schon an seinem Geburtsort (Lk 2, 1-5). Josef sehen wir hier als Steuerpflichtigen, der bei der Einhebung der Steuern aktiv mitzuwirken hatte. Da die Steuer noch sehr an die Familie und Sippe geknüpft war, musste er zu seinem Sippenstandort nach Betlehem ziehen und sich dort eintragen lassen. Das Verfahren war wie heute amtswegig: der Zensor Quirinius, vom Kaiser nach Judäa gesendet, organisierte die Steuereinhebung. Die Veranlagung, die wir heute über FinanzOnline kennen, wurde mündlich durch eine eidesstattliche Erklärung durchgeführt. Ein schönes Bild der Steuern und Abgaben zeigen die Geschenke der Heiligen Drei Könige, die höchstwahrscheinlich Gelehrte, hochrangige Verwaltungsbeamte oder Angehörige des persischen Priesterstandes waren. Geschenkgaben als Opfer und damit Steuergeschenke waren zu der damaligen Zeit durchaus üblich. (Der Name „Kaspar“ bedeutet !"#$%&'' (!)$#*$#+$# !"#$%&'()*+#,!&+-.)*## (/#01$+21+$3 4445!162+!"7.1$+2-+2&+25!$ in der persischen Sprache „Schatzmeister“.) Die Steuerfrage Als Jesus bereits seine Jünger um sich geschart hatte und predigte, herrschte in den Ausläufern des Römischen Reiches großer Unmut in den Völkern, die hier der römischen Gesetzgebung unterworfen waren. Und so wurde eine doppelte Fangfrage von zwei Gruppen an Jesus herangetragen. Auf der einen Seite standen die Pharisäer, aus denen später die Bewegung der Zeloten entstand, die radikal für Widerstand und Steuerverweigerung eintraten. Auf der anderen Seite standen Anhänger des Herodes, die mit den Römern paktierten und die Steueransprüche der römischen Herrscher unterstützten: „Ist es erlaubt, dem Kaiser Steuern zu zahlen, oder 15 April 2015 Religion nicht? Sollen wir sie zahlen oder nicht zahlen? Er aber durchschaute ihre Heuchelei und sagte zu ihnen: Warum stellt ihr mir eine Falle? Bringt mir einen Denar, ich will ihn sehen. Man brachte ihm einen. Da fragte er sie: Wessen Bild und Aufschrift ist das? Sie antworteten ihm: Des Kaisers. Da sagte Jesus zu ihnen: So gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört! Und sie waren sehr erstaunt über ihn.“ (Mk 12, 13-17) Der erste Teil der Frage, ob es erlaubt sei, dem Kaiser Steuern zu zahlen, spiegelt die religiöse Ansicht der Pharisäer wider, die die alleinige und allumfassende Souveränität ihres Gottes voraussetzten und daher irdischen Herrschern keine Ansprüche zubilligten. Angeheizt wurde dieser religiöse Konflikt durch die Münzen der römischen Besatzungsmacht, die das Bild des Kaisers zeigten. Die Verehrung, die die Römer ihren als gottgleich betrachteten Kaisern entgegenbrachten, rief den Unmut des jüdischen Volkes hervor, das alle fremden Götter ablehnte. Überdies war es strenggläubigen Juden vorgeschrieben, sich kein Bild von ihrem Gott zu machen. Der zweite Teil der Frage: „Sollen wir die Steuern zahlen oder nicht?“ ist eher als politisch oder steuerrechtlich relevant zu betrachten. Juristisch gilt bis heute der Grundsatz, dass das Besatzungsrecht dem Recht des besetzten Landes vorgeht. Jesus antwortete mit zwei Imperativen und bei oberflächlicher Betrachtung könnte man meinen, Jesus würde zur uneingeschränkten Steuerpflicht seines Volkes Stellung beziehen. Bei genauerem Hinsehen ist zu erkennen, dass der zweite Imperativ den ersten bei weitem übertrifft. Zuvor jedoch ließ sich Jesus einen Silberdenar zeigen, der vermutlich das Bildnis des Tiberius (Kaiser von 14 bis 37 nach Christus) trug. Damit nimmt er den Pharisäern 16 den Wind aus den Segeln, denn diese lehnten ja die Besteuerung durch die römische Besatzungsmacht ab. Sie lehnten auch die Münzen mit dem Bild des gottgleichen Kaisers ab – und dennoch hatten sie das Geld bei sich. „Gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört …“ könnte man auch so interpretieren: „Gebt ihm zurück …“ Der Kaiser als irdische Macht kann sein irdisches Geld verlangen. Wichtiger ist jedoch der zweite Imperativ: Gott hat Anspruch auf sein Eigentum! Als Schöpfer aller Menschen überragt er in seinem Anspruch bei weitem die römische Besatzungsmacht. Die Antwort, die Jesus gibt, lässt jedem offen, wie weit er den Anspruch der Besatzungsmacht anerkennt. Jesus und die Steuermoral Steuermoral muss es auf beiden Seiten geben. Jesus selbst zahlt Steuern (Mt 17,24) und er entbindet niemanden von der Bezahlung angemessener Steuern. Andererseits fordert er auch die Steuerbehörden zu einer ausgewogenen und gerechten Steuereinhebung auf. Über all dies stellt Jesus immer das Grundgebot der Liebe (Mt 5, 43-45). Jesus und die Steuerbehörde Geldwechsler, die im Tempel arbeiteten, waren Mitarbeiter des Tempels und gleichsam Steuerbehörde, denn die Tempelabgaben mussten bewertet und gegebenenfalls auch in landesübliches Geld umgewechselt werden. Mit der Tempelreinigung (Mt 21, 12) greift Jesus diese Steuerbehörde und damit auch indirekt den Hohepriester des Tempels an. So harsch er in diesem Fall mit den Geldwechslern des Hohepriesters umgeht, so liebevoll wendet er sich einem anderen Zöllner zu und nimmt diesen in die Schar der Jünger auf (Mt 9, 9-12). Der Ruf der Zöllner und Steuerpächter war in der damaligen Zeit nicht besonders gut; sie werden in einem Atemzug mit den Sündern genannt. Umso stärker ist das Zeichen, das Jesus setzt, als er mit einem Mann, von dem die Juden annehmen, dass er mit der Besatzungsmacht kollaboriert, gegen religiöse Regeln verstößt und die Steuerhoheit des irdischen Herrschers anerkennt, isst und ihn in den Kreis seiner Vertrauten aufnimmt. Der Prozess gegen Jesus Dass Jesus die Pharisäer vor den Kopf stößt und indirekt den Hohepriester Kaiphas durch die Tempelreinigung angreift, bleibt nicht ohne Wirkung. Die Pharisäer nützen die Antwort Jesu, um ihre Absichten durchzusetzen (Lk 23, 2). Um Jesus der römischen Gerichtsbarkeit unterstellen und seinen Tod fordern zu können, musste der Messiasanspruch auch auf die weltliche Herrschaft ausgelegt werden. Über den Vorwurf, Jesus würde die römische Steuerherrschaft ablehnen und sein Messiasanspruch würde daher auch auf die weltliche Herrschaft durchgreifen, gelang es den Pharisäern, Jesus zu Pontius Pilatus, der auch Finanzverwalter und Steuerrichter war, zu bringen und ihn schließlich kreuzigen zu lassen. Möge uns bei der nächsten Steuervorschreibung der Blick auf den differenzierten Umgang und die vielfältigen Berührungspunkte, die Jesus mit dem Thema Steuern hatte, trösten. Der Autor Mag. Michael Neischl (F-B) ist Steuerberater in Wien und Ersatzmitglied des Vorstandes der Kammer der Wirtschaftstreuhänder. Bildung Wolfgang Türtscher Nicht nur der Rechnungshof, sondern auch eine Expertenkommission haben aktuell das Schei- www.fotolia.com Die Neue Mittelschule ist gescheitert tern des teuren Experiments der „Neuen Mittelschule“ bestätigt. Die 2012 – ohne entsprechenden Probelauf und Evaluierung! – gesetzwidrig eingeführte „Neue Mittelschule“ (NMS) wird als „Vorläuferin der Gesamtschule“ – so jedenfalls Gabriele Heinisch-Hosek und Claudia Schmied – den Erwartungen keinesfalls gerecht. Ein Anfang März 2015 veröffentlichter Evaluierungsbericht beklagt, dass die NMS keine verbesserte Förderung der leistungsschwächsten Schüler zustande gebracht habe; ja es habe sich die Lernsituation der Lernschwächeren sogar noch verschlechtert. Den Grund dafür sehen Experten in der Tatsache, dass beim Eintritt in die NMS bereits wesentliche Weichenstellungen getroffen wurden, und prägende Einflüsse auf das Vorwissen und das Lernverhalten der Schüler bereits stattgefunden haben und nicht mehr grundlegend modifiziert werden können. Die Bildungsdebatte in Österreich läuft, wie das nicht-sozialistische Fachleute immer schon betont haben, grundlegend falsch: statt über bestmögliche Bildung in Kindergärten und Volksschule zu reden, dreht sich die politische Debatte seit vielen Jahren um die Gesamtschule der Zehnbis 14-jährigen, die heilige „Schulkuh“ der SPÖ. Auch inhaltlich fiel die NMS durch, da sie keine besseren Schulleistungen erbringt als in den Hauptschulen – und das bei zusätzlichen Kosten von rund 300 Millionen Euro, wie der Rechnungshof bereits festgestellt hat. Das Hauptproblem ist, dass es durch die Auflösung der Leistungsgruppen keine Differenzierungsmöglichkeiten mehr gibt. Das Geschwätz von der „Heterogenität als Chance begreifen“ kann nur von Leuten kommen, die nicht im Unterricht stehen. Leistungsabfall Die Direktoren aller weiterführenden Schulen – ORG, HTL, HAK, et cetera – beklagen sich über den gewaltigen Leistungsabfall der NMS gegenüber der „alten Hauptschule“ (HS). In Vorarlberg haben sich ursprünglich sechs Hauptschulen – momentan sind es mit Bezau, Lingenau und Egg nur noch drei – geweigert, zu NMS umgewandelt zu werden. Jos Franz, der frühere Direktor der HS Bezau, sagt dazu in der „Presse“ vom 11. Februar 2015: „Als ich Direktor war, sah ich keinen Grund, meine Hauptschule umzuwandeln. […]. Man kann kein besseres Niveau garantieren, wenn man alle Schüler zusammenwirft und mehr Lehrer einsetzt.“ Ein intelligenter Siebtklässler einer Vorarlberger AHS hat kürzlich bemerkt, dass die Chancengerechtigkeit beim Teufel sei, wenn NMS-Absolventen nicht mehr oberstufentauglich sind. Dann verstärkt sich der Druck aufs Gymnasium, die dann als Schule der Mehrheit zur „Gesamtschule“ wird – wie in Wien, Graz, et cetera. Haben dann die Gesamtschulbefürworter ihr Ziel erreicht? 17 April 2015 Bildung Es gibt aber auch noch andere gute Gründe für den Erhalt des bewährten differenzierten österreichischen Schulwesens als Grundlage für weitere Entwicklungen: • Die Bevölkerung befürwortet in vielen Umfragen mit großer Mehrheit die Beibehaltung und Weiterentwicklung der Hauptschulen und Gymnasien und lehnt die flächendeckende Gesamtschule ab. • Die drängenden Herausforderungen für das österreichische Bildungswesen werden durch eine Umorganisation der Schule für die Zehn- bis 14jährigen nicht gelöst • Die auf acht Jahre ausgelegte Langform des Gymnasiums vermittelt nachgewiesener Maßen eine breite und fundierte Allgemeinbildung als optimale Voraussetzung für weiterführende Aus- und Weiterbildungswege und für die Studierfähigkeit. • Das Gerede von der endgültigen „Selektion“ mit zehn Jahren entbehrt jeder sachlichen Grundlage. In Tirol kommen rund 70 Prozent der Maturanten aus der Hauptschule. Das heißt: Durch die große Durchlässigkeit unseres Schulsystems stehen nach der achten Schulstufe auch Schülern der Haupt- und Neuen Mittelschulen alle Wege offen, für viele praktische Berufssparten haben diese sogar die Nase vorne. Bei Einführung der flächendeckenden Gesamtschule würden die Eltern, die es sich leisten können, ihre Kinder in neu entstehende gewinnorientierte Privatschulen geben. Die vorgeworfene „soziale Selektion“ würde also nicht kleiner, sondern größer werden. Ein Blick nach England oder in die USA genügt. • Internationale Erfahrungen und Studien zeigen deutlich, dass Gesamtschulen kein Schlüssel zum Erfolg 18 Für schulische Vielfalt und Erhalt des achtjährigen Gymnasiums Die Forderungen der Initiative sind: 1. Aufhebung der Blockade einer sachlichen Bildungsdebatte durch Beendigung der Gesamtschuldiskussion 2. Erhalt des achtjährigen Gymnasiums (Vielfalt des Angebotes für Vielfalt der Begabungen und Interessen; Wahlmöglichkeit für Eltern) 3. Änderung der Aufnahmekriterien am Gymnasium, längerfristiges Prognoseverfahren statt Notendruck am Ende der Volksschule 4. Errichtung zusätzlicher Oberstufen-Standorte (ORG, BMHS) zur Erhöhung der Durchlässigkeit (insbesondere in ländlichen Regionen) 5. Mehr Wertschätzung gegenüber der beruflichen Bildung und den Lehr- (Handwerks-)berufen 6. Verstärktes Erkennen und Beheben von Defiziten im Kindergarten-, Vorschul- und Volksschulalter, aber auch in der Erwachsenenbildung 7. Mehr Unterstützungspersonal für Lehrer und Schüler (zum Beispiel Psychologen, Sozialarbeiter) und Stärkung der Schulpartnerschaft 8. Qualitativer Ausbau der ganztägigen Angebote und Verstärkung des kostenlosen Förderunterrichts sowohl für Begabungen als auch für die Kompensation von Defiziten Die Initiative kann auf www.progymnasium.at unterstützt werden. sind. Deutsche Bundesländer wie Bayern oder Baden-Württemberg haben ein differenziertes Schulwesen und stehen bildungsmäßig wie wirtschaftlich im Gegensatz zu anderen Bundesländern hervorragend da, während vier von fünf skandinavischen Gesamtschulländern im Bildungsvergleich hinter Österreich liegen. Am 2. Oktober 2014 wurde in Innsbruck die Initiative www.progymnasium.at durch Vizerektor Univ.-Prof. Dr. Norbert Mutz (AIn), den Tiroler Elternvereinsobmann Peter Retter, Florian Dengg, den stellvertretenden AHS-Schulsprecher in Tirol, Sozialar- beiterin Marina Floriani und VHSDirektor Mag. Ronald Zecha (The) der Öffentlichkeit vorgestellt. Zahlreiche Persönlichkeiten stehen dahinter – unter anderen Univ.-Prof. Dr. Konrad Paul Liessmann und die ehemalige Unterrichtsministerin Elisabeth Gehrer. Der Autor OStR. Mag. Wolfgang Türtscher (Le) ist seit 1984 AHS-Professor für Deutsch, Geschichte, Ethik am BG Bregenz und war von 19862014 Geschäftsführer beziehungsweise Direktor der VHS Bregenz. Weiters ist er seit 1990 Obmann der VHS Götzis und seit 1995 Bildungsreferent des ÖAAB Vorarlberg. Wissenschaft David Nagiller Einer Studie des Instituts für Höhere Studien (IHS) aus 2014 zufolge absolvieren 40 Prozent www.fotolia.com Studium für jene, die können und wollen der Studienanfänger an den österreichischen Universitäten in den ersten beiden Semestern kaum Prüfungen. 24 Prozent der Betroffenen sind demnach komplett studieninaktiv, weitere 16 Prozent absolvieren nur im Umfang von weniger als 16 ECTSPunkten (Anmerkung: Für ein Studium in Mindestzeit sind 60 ECTS pro Semester erforderlich). Negativer Spitzenreiter ist dabei die Wirtschaftsuniversität (WU) mit 53 Prozent Leistungs-Verweigerern, gefolgt von der Universität Wien mit 50 Prozent. Die wenigsten „Problem-Studierenden“ gibt es demnach mit 35 Prozent an der Universität Innsbruck. Noch besser schneiden nur Medizin-Unis und Kunsthochschulen ab, Einrichtungen also, für deren Besuch man eine Aufnahmeprüfung absolvieren muss. Was die Studienabbrecher-Quote betreffe, so greife die Statistik hier zu hoch, so die IHS-Studie, 38 Prozent der gelisteten „Abbrecher“ sind demnach eigentlich keine solchen. Während aber Studierende, die eine tertiäre Ausbildung vor dem 25. Lebensjahr abbrechen, zu einem überwiegenden Teil ein anderes Studium oder eine andere Ausbildung aufnehmen, treten Ältere vermehrt direkt in eine Erwerbstätigkeit über, soweit dieser Übertritt überhaupt gelingt. Abbrecher aus technischen, rechts- und wirtschaftswissenschaftlichen Studienrichtungen finden dabei allerdings leichter eine Arbeitsstelle als solche anderer Fachrichtungen. Inaktive Studenten Die Studie war für den Rektor der WU, Christoph Badelt, Anlass genug, anlässlich einer Pressekonferenz das „extrem liberale Studienrecht” in Österreich in Frage zu stellen und Zugangsbeschränkungen zu fordern, andererseits aber auch höhere Stipendien für Studierende aus der sozialen Unterschicht zu verlangen. Dabei ist die Erkenntnis, dass das Leistungsbewusstsein an Österreichs Hochschulen nicht wirklich befriedi- gend ist, durchaus nichts Neues: Immer wieder wurden entsprechende Studien veröffentlicht, so etwa auch im März 2013, ebenfalls vom IHS. Demnach hatten rund zehn Prozent der Studierenden im Sommersemester 2011 nach eigenen Angaben keine Prüfung abgelegt oder kein Zeugnis erworben. Begründet hatten dies die Studierenden mit beruflichen Belastungen (40 Prozent), aber auch mit 19 April 2015 Quelle: IHS-Dropoutstudie 2014 Wissenschaft „privaten Gründen“ (20 Prozent), Auslandsaufenthalten (13 Prozent) oder „Trägheit“ (12 Prozent). Die damaligen Zahlen betrafen allerdings nur jene Studierenden, die nach ihrem Semester ohne Leistungsnachweis auch weiterhin inskribiert waren, Studienabbrecher waren also bereits herausgerechnet worden. Ein wesentliches Problem dabei ist eines, das sich auf vielen Gebieten findet: Fehlendes Kostenbewusstsein. Leistungen, für die man nicht (unmittelbar) selbst zahlt, werden als selbstverständlich betrachtet und Studienabbruchszahlen 2014 Im Untersuchungszeitraum zwischen Wintersemester 2009/10 bis Sommersemester 2012 wurden durchschnittlich etwas mehr als 16.000 Abgänge pro Semester gezählt: • 28 Prozent davon setzten eine akademische Laufbahn fort und weitere neun Prozent hatten bereits einen akademischen Abschluss, waren also keine echten Dropouts. • Etwa 25 Prozent traten regulär ins Erwerbsleben ein, weitere 14 Prozent waren großteils internationale Studierende, zwei Prozent betreuten Kinder und ein Prozent leistete Präsenzdienst. • Das sind zusammen 79 Prozent. Das restliche Fünftel (über 3.200 Personen pro Semester) wies einen mehr oder weniger unklaren Status zwischen Arbeitslosigkeit, geringfügiger Beschäftigung, nichtakademischen Ausbildungen und völliger Perspektivenlosigkeit auf. Der Anteil der Abgänge ohne Dropout ist an Spezialuniversitäten höher als an Volluniversitäten (Zahlen jeweils inklusive Wechseln an FHs): • WU 63 Prozent • Medizinische Universität Innsbruck 60 Prozent • Boku 58 Prozent • TU Wien und TU Graz je etwa 56 Prozent An den meisten Volluniversitäten und einigen Kunstuniversitäten beträgt dieser Anteil dagegen weniger als 40 Prozent. Übertritte in den Arbeitsmarkt sind am häufigsten an den Universitäten Linz (39 Prozent) und Kla- 20 genfurt (32 Prozent) zu beobachten, jenen beiden Universitäten mit den durchschnittlich ältesten und einem geringen Anteil ausländischer Abgänger. Nach Studiengruppen fällt auf: • Etwa ein Drittel der Abgänger von Kunstuniversitäten hatte den Status „unbekannt“, verzog also vermutlich ins Ausland. Hinzu kamen 18 Prozent Rückkehrer an die eigene Universität. • Überdurchschnittlich hohe Universitätswechsel waren mit etwa 33 Prozent der Abgänge aus der Medizin (inklusive Veterinärmedizin und Pflegewissenschaften) zu verzeichnen, überdurchschnittliche Wechsel an Pädagogische Hochschulen (zehn Prozent) sowie Fachhochschulen (sechs Prozent) aus Lehramtsstudien. • Etwas häufiger sind die Übertritte in den Arbeitsmarkt aus den Rechts-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften sowie der Technik. Bei den Studiengruppen getrennt nach Studienart sind vor allem die Rechtswissenschaften interessant, da 19 Prozent aller Abgänge aus einem juristischen Bachelor bereits einen akademischen Abschluss haben, von den Abgängen aus einem rechtswissenschaftlichen Diplomstudium sind dies nur sechs Prozent. Unter den Abgängen aus Diplomstudien weisen dagegen die Sozial- und Wirtschaftswissenschaften mit 20 Prozent einen überdurchschnittlich hohen Wert an Abgängern mit früherem Abschluss auf (besonders viele der WU). nicht entsprechend gewürdigt. Oder anders formuliert: Die fehlende Beziehung zwischen den Kosten einer Leistung und dem Bezieher der Leistung führt zu einem fehlgeleiteten Einsatz von Ressourcen. Insofern wäre die Wiedereinführung von Studiengebühren jedenfalls zu begrüßen und zwar nicht nur (aber jedenfalls auch) für Studierende mit nichtösterreichischer Staatsbürgerschaft, sondern für alle, wobei die Gebühr mit jedem Semester, das über die Mindestzeit hinaus benötigt wird, steigen muss. Ein weiterer Ansatzpunkt, der freilich schon vor dem Studienbeginn geregelt werden müsste, ist die Tatsache, dass in Österreich – wie auch in anderen europäischen Staaten – zu viele junge Menschen Bildungswege anstreben, für die sie eigentlich nicht geeignet sind. Ein von einem gleichmacherischen politischen Willen getragenen Bildungssystem, das nach Maturanten- und Akademikerquoten lechzt und das den Anspruch von Schullaufbahnen so nivelliert, dass möglichst viele bestimmte Abschlüsse (vor allem auch die Matura) erreichen können, erzeugt bei vielen allenfalls mittelmäßig begabten jungen Menschen und ihren Eltern die Illusion, eine Hochschulausbildung sei der richtige Bildungsweg für sie. Trend zur Niveau-Senkung Es beginnt schon damit, dass junge Menschen eine Schullaufbahn – teilweise schon beginnend ab der Volksschule – trotz des allgemeinen Trends zur Niveau-Senkung nur durch regelmäßige Nachhilfe in meist mehr als nur einem Fach bewältigen können. Dieses klare Alarmzeichen, das eigentlich Anlass sein müsste, den eigenen Sprössling sofort nach dem Pflichtschulabschluss in einen Lehrberuf zu manövrieren, wird jedoch nur allzu leisten kann, soll das tun. Das sollte gerne von Eltern ignoriert, deren Anallerdings nicht zu Lasten der Allgespruch von der Wirklichkeit deutlich meinheit gehen. abweicht. Insofern ist es schon längst an der Aufnahmeprüfungen auf allen EbeZeit, dass eine Politik der Entschlosnen (Übertritt von der Volksschule in senheit, die sich weder von den Prodie Sekundarstufe I, Übertritt von der testen diverser ÖH-Lobby-Gruppen Sekundarstufe I in die Sekundarstufe noch von linken Fantasien wie „AkaII und schließlich auch beim allfällidemikerquoten“ und „Studienabgen Übertritt an tertiäre Einrichtunschluss für alle“ beeindrucken lässt, gen) könnten diesem negativen Trend auch im Bildungsbereich Platz greift gegensteuern. Durchgeführt werden und effizient die Spreu vom Weizen müssen diese allerdings ausschließlich trennt. Ein Studium muss wieder ein von unabhängigen Einrichtungen, geschätztes Gut werden, das jenen zuum diverse Interessen sowohl der Abkommt, die Leistung erbringen köngangs-Bildungseinrichtung als auch nen und wollen. der Aufnahme-Einrichtung auszuschließen. Schließlich ist auch die EigenverDer Autor antwortung der Studierenden geforMag. David Nagiller (AIn) ist Lehrer, war Journalist sowie parlamentarischer Mitardert: Wer sich seinen Tag nicht sinnbeiter. voll einzuteilen in der Lage ist oder einfach die Muse zum Lernen nicht findet, ist an einer Universität schlichtweg deplatziert. Zudem muss auch erwartet werden können, dass die eigenen ökonomischen Parameter bei [email protected] | www.tuv-akademie.at enwahl und -organisation entsprechend einkalkuliert werden. Wer einen schwachen finanziellen Hintergrund hat, wird vernünftigerweise eine nahe am Wohnort gelegene Hochschule oder Universität auswählen und Studienrichtungen präferieren, die einen zeitnahen Abschluss ebenso wie eine rasche Chance auf einen Arbeitsplatz versprechen. Wer sich FÜR IHRE QUALITÄT. akademische LiebhaMIT SICHERHEIT. berei und Müßiggang Jetzt Kursprogramm bestellen! 21 April 2015 Wissenschaft Christopher Tafeit Es wirkt als gute österreichische Tradition, den Marktwert durch das Voranstellen einzelner Buchstaben – gemeinhin www.fotolia.com Moneten Basierte Ausbildung als akademische Grade bekannt – zu steigern. Doch wie aktuell ist die These, von geführten Titeln könne man auf die Kompetenz und Expertise der Person schließen, tatsächlich? Recherche und Hintergrundgespräche zeichnen ein zwiespältiges Bild. Berufsbegleitende Angebote, akademische Weiterbildungen, Fernstudien bei ausländischen oder europäischen Universitäten wuchern; nicht alle im seriösen Bereich. „Wir leben in einer Zeit der Titelinflation. Nie gab es so viele akademische Titel ohne jegliche Reputation!“. Der deutsche Aphoristiker Peter E. Schumacher bringt in zwei pragmatischen Sätzen jene Stimmungen auf den Punkt, die Teile der kritischen, akademischen Öffentlichkeit erfasst haben. Eingekesselt in einem Wirrwarr aus Abkürzungen fällt es schwer, mit einem Blick auf Visitenkarten den tatsächlichen Bildungsweg oder die fachliche Kompetenz einzuordnen. Mastergrade durch (universitäre) Weiterbildung unterscheiden sich im Titel nicht von bis zu zehnsemestrigen Masterstudien: Master of Science (MSc) oder Master of Arts (MA) sind auf beiden Wegen erreichbar. Abseits der „traditionellen Inskription“ an einer österreichischen Universität oder Fachhochschule stehen mehrere – mitunter dubiose – Angebote offen, die heute zielgruppenspezifisch via Facebook-Promotion offeriert werden. 22 Kein singulär österreichisches Problem „Das Problem der unverdienten Titelsucht lässt sich – entgegen aller Vorurteile – nicht auf Österreich konzentrieren. Dafür ist der österreichische Markt viel zu klein, um all die Kosten, die in diesem Subumfeld für die Anbieter entstehen, rentabel zu tragen.“, berichten Experten, die es wissen müssen, die seit Jahren beruflich mit dieser Thematik beschäftigt sind und – aus verständlichen Gründen – anonym bleiben möchten. „Wichtig ist vor allem eine Unterscheidung: Bei weitem nicht alles, was angeboten wird, ist illegal. Zahlreiche alternative Studienwege – vor allem jene in staatlichen Universitäten – in europäischen Mitgliedsländern sind grundsolide und garantieren eine fundierte Ausbildung.“ Es gäbe auch gute Gründe für ein vollständiges Studium im Ausland. „Wieso sollte man auch der russischen Minderheit in den baltischen Staaten ein Studium in Russland – oder Kärntnern in Slowenien – nicht voll anerkennen?“ „Wenn aber Universitäten ihr Jahresbudget oder Professoren ein zu geringes Gehalt aufbessern, indem sie Zeugnisse gegen Bezahlung ausstellen, beginnen unsere Probleme. Wenn Universität und Professoren hier die Mauer machen, ist es unmöglich, das Gegenteil zu beweisen.“ Ans Tageslicht kommen solche Fälle nur, wenn einer der Beteiligten sein Schweigen bricht, da er vom System nicht mehr profitiert oder Gewissensbisse bekommt. Eine Häufung findet sich vor allem in Staaten mit schwachem Rechtssystem, so wie etwa im Kosovo noch vor einigen Jahren. Ghostwriter als gesellschaftlich akzeptierte Hilfe? Nahezu als Kavaliersdelikt muten diverse – inzwischen auf Facebook omnipräsente – Ghostwriter-Angebote an. Wenn Accounts mit Klarnamen, die zudem ihre Universität öf- Blender und Geblendete Bei problematischen Studienangeboten – mit dem Ziel, einen Titel mit möglichst wenig Eigenleistung zu ergattern – beginnen die Kosten bereits bei einigen tausend Euro. Nach oben sind preislich keine Grenzen gesetzt. Internetportale wie gwriters.at offerieren hier moralisch und rechtlich fragwürdige Hilfestellungen und sehen sich selbst als Unterstützer bei der „klassischen Karrierebeschleunigung“. Studieren sei ein langwieriger Weg, doch „wie hart man sich diesen Weg allerdings macht, bleibt jedem selbst überlassen“, heißt es in der vollmundigen Werbeversprechung. Angeboten werden Musterlösungen zu allen wissenschaftlichen Fragestellungen, Literaturrecherche für die Seminar- und Abschlussarbeiten sowie ein umfassendes Lektorat – was allesamt, nach forderungen und Beweggründe für den eigenen Angaben, rechtlich unbeausländischen Abschluss waren ist besser, denklich sein soll. als sich von einzelnen Buchstaben ehrWeniger diskret agiert hier titel-verfürchtig täuschen zu lassen.“, raten Kenmittlung.de. In offenen Worten ner der düsteren Materie. spricht man Studienabbrecher und Eine gesellschaftliche GrundprobleLangzeitstudenten an: „Erfahrene Prakmatik sei die nicht vorhandene Kultur tiker und Studienabbrecher haben besondes Scheiterns. Wenn man glaube, Geders gute Chancen, ihr weltweit anersellschaft, Eltern, Freunde und Arbeitkanntes Degree in kurzer Zeit zu geber erwarten von einem einen Titel, erwerben.“ Neben E-Learning und Life sei die Versuchung, auf dubiose AnExperience Evaluation gäbe es noch gebote einzusteigen, für viele zu groß. die Möglichkeit von Exams, die von Jedoch erleichtert so eine Entscheiverschiedenen Organisationen online dung das Leben nicht. Im Gegenteil: durchgeführt werden. 90 Prozent der Die permanente Angst, enttarnt zu deutschen Klienten kämen nach Anwerden, kann für schlaflose Nächte gabe des Consulters aber ohne Exams sorgen. zum Ziel. Die Plattform www.iaad.de geht hier noch einen Schritt weiter und ofDer Autor feriert gleich „Gast- und HonorarproChristopher Tafeit (ErG) studiert Softwarefessuren“ an anerkannten, ausländientwicklung und Wirtschaft in Graz. schen Universitäten. Zudem wird auf die Vorzüge eines „Dr. h.c.“, der bei namhaften Geldspenden in Aussicht gestellt wird, hingewiesen. Es braucht zwei Seiten in diesem Verschleierungstanz. Jene, die sich bewusst für diesen Weg entscheiden – und jene, die sich blenden lassen. „MBA und sonstige MasterAbschlüsse sind untereinander kaum vergleichbar. Bei manchen benötigt man nicht einmal eine Matura, andere entsprechen einem vollwertigen Bachelor-/Masterstudium mit 300 ECTS. In Indien verwischen manLagergasse/Schleppbahngasse gels einheitlicher Regelung Geförderte Wohnungen die Grenzen zwischen mit Eigentumsoption Highschool und Universität • Wohnfläche 50 – 84 m² (barrierefrei) Unser Verkaufsteam und manche Universitäten • Loggia/Terrasse und Eigengärten berät Sie gerne! • Tiefgarage in China entsprechen maxi02742/204 250 mal einem österreichischen Kolleg. Einmal öfter nachwww.alpenland.ag zufragen, was denn die An- HWB: 19 kWh/m²a fentlich sichtbar im Profil angegeben haben, Ghostwriter-Agenturen „liken“ und sogar am Agenturstandort mittels Facebook-Applikation „einchecken“, ist in der Bewusstseinsbildung offensichtlich noch Luft nach oben vorhanden. Vor allem jene berufsbegleitenden Studien, die kaum Anwesenheit, sondern hauptsächlich Hausarbeiten fordern, sind hier potenziell besonders anfällig. Eine Art der „Last line of defense“ sehen Insider bei den „reglementierten Berufen“: „Wer beispielsweise als Jurist mit ausländischem Abschluss den Rechtsanwaltsberuf in Österreich ausüben möchte, muss eine Nostrifizierung durchlaufen. Diese beinhaltet zahlreiche schriftliche und mündliche Prüfungen. Wer sein Studium als Luftschloss aufgebaut hat, scheitert spätestens hier.“ Bei Berufen ohne diese Nostrifizierung wird es schwieriger. „Wer als Softwareentwickler arbeitet, aber keine Ahnung vom Programmieren hat, wird seinen Job – trotz Titel – nicht lange behalten.“ 2700 Wr. Neustadt 23 April 2015 Wissenschaft Andreas Zakostelsky Wer macht sie denn, die Gesellschaftspolitik in Österreich? Andreas Zakostelsky (Cl) war einer der wenigen Abgeordneten, die gegen das Fortpflanzungsmedizingesetz gestimmt haben. In seinem Gastkommentar erklärt er, wie er wertorientierte Politik versteht. Der Mensch wurde schon von Aristoteles als „Zoon politikon“ beschrieben. Manche Forscher interpretieren Aristoteles so, dass er den Menschen damit als ein soziales Wesen charakterisieren wollte, welches auf die Bildung von Gemeinschaft angelegt ist. Andere dagegen sehen den unmittelbaren Bezug auf die „Polisgemeinschaft“ – den Menschen damit als von Natur aus politisches Wesen. So beschreibt auch Plato den Menschen und sieht diesen dadurch im Stande, „Kardinaltugenden“ zu entwickeln. Um nicht zu sehr in eine rein philosophische Betrachtung zu gehen, möchte ich mit einer Frage unmittelbar zur Gestaltung der Gesellschaft in Österreich kommen: Ist es die Aufgabe der Politik (das heißt der Parteien und letztlich der einzelnen Politiker), die Gesellschaft zu gestalten, oder lediglich die laufende Entwicklung der Gesellschaft passiv zur Kenntnis zu nehmen? Letzteres würde bedeuten, diese Entwicklung mittels der Gesetzgebung lediglich abzubilden, also schlicht, diese nachzuvollziehen (schließlich ist jeder Mensch selbst „Zoon politikon“…). Um meine eigene Sichtweise gleich offenzulegen: Ich meine, dass es die grundlegende Aufgabe der Politik ist, die Gesellschaft nach einer idealen Zielvorstellung zu gestalten. Grund- 24 lage dafür sind die verschiedenen Gesellschaftsentwürfe, die die politische Ideengeschichte hervorgebracht hat und von denen man zumindest annehmen darf, dass sie die Grundlage für das Handeln der politischen Akteure bilden. Letztlich sind diese Gesellschaftsbilder, konkreter ausgeformt in den Parteiprogrammen, die Grundlage für eine rationale Entscheidung der Wähler, welcher Partei oder welcher Person sie ihre Stimme anvertrauen. Wertorientierte Vorbilder? An und für sich sollte dieses Verständnis der Aufgabe von Politik selbstverständlich sein, doch nehme ich gerade in den vergangenen Jahren zusehends Äußerungen wahr, in denen die Rede davon ist, „…dass man den Menschen nicht vorschreiben kann, wie sie zu leben haben…“ oder „…dass eine bestimmte Entwicklung schon längst gesellschaftliche Realität ist und daher gesetzlich umzusetzen sei…“ – und dies stimmt mich nachdenklich. Klarerweise muss die Grenze zu einer Bevormundung der Menschen deutlich gezogen werden. Die Aufgabenstellung jedoch, der Bevölkerung Idealbilder aufzuzeigen und Menschen argumentativ sowie durch eigenes Vorleben von wertorientierten Gesellschaftsformen zu überzeugen, ist sicher mühsam. Aber eben dieser persönliche Einsatz ist eine unumgängliche Notwendigkeit, wenn man die Gesellschaft im Sinne der eigenen Wertvorstellungen mitgestalten will. Wenn folglich die Christen in unserem Lande die Entwicklung der Gesellschaft entsprechend ihrer, also unserer Wertvorstellungen gestalten wollen, dann müssen diese auch aktiv werden. Jesus Christus hat die Christen als „Salz der Erde“ bezeichnet, in diesem Sinne auch gemeint als „Salz der Gesellschaft“. Das bedeutet, dass gerade die kirchlichen Organisationen ebenso wie die katholischen Vereine sich zu gesellschaftspolitischen Themen auch artikulieren und selbst Konzepte vorlegen müssen, wenn sie gehört werden wollen. Gerade in unserer schnellebigen und durch die Vielzahl unterschiedlichster Medienkanäle geprägten Zeit werden nur diejenigen gehört, die ihre gut fundierten Überlegungen auch entsprechend artikulieren. In diesem Sinne reicht es nicht, wenn sich diejenigen, die sich als „christlich orientierte Wähler“ bezeichnen, lediglich vor Wahlen ein Bild machen, welche Partei im österreichischen Parteienspektrum am ehesten ihre Wertvorstellungen vertritt (und diese dann hoffentlich auch wählen!). Dazwischen wird oftmals lediglich besprochen oder kritisiert, welche Politiker oder welche Partei die „christlichen Grundsätze“ nicht stark genug vertreten hat. Linke Dominanz Politik ist unter anderem sehr stark die Aufgabe, einen Interessensausgleich herzustellen und daher sind die Spitzenrepräsentanten einer Partei natürlich auch aufgerufen, die Mehrheit ihrer Wähler und deren Anliegen zu Wissenschaft vertreten. Wenn sich in der Folge manche Gruppierungen sehr dezent oder gar nicht artikulieren, andere jedoch laufend und dies in einem lauten Ausmaß, so werden diese naturgemäß auch deutlicher wahrgenommen und – zugegebener Maßen vielleicht vorschnell – als Mehrheit vermutet. Daher sollte gerade die Gestaltung der Gesellschaftspolitik in Österreich auch für Christen ein zentrales – und vor allem laufendes (!) – Anliegen sein, wofür auch Zeit und Energie aufgewendet wird. Ansonsten ist es nicht glaubwürdig, sich zu wundern, warum die Gesellschaftspolitik in Österreich sehr stark von so genannten linken oder linksliberalen Gruppierungen geprägt wird, die tatsächlich heute in einem viel stärken Ausmaß aktiv und jedenfalls deutlich vernehmbar sind. Der Autor Mag. Andreas Zakostelsky (Cl et mult) ist seit Oktober 2013 Abgeordneter zum Nationalrat und seit Dezember 2013 Obmann des Finanzausschusses sowie ÖVP-Finanzsprecher. Romeo Reichel Am 21. Jänner dieses Jahres hat der Nationalrat das „Fortpflanzungsmedizinrechts-Änderungsgesetz“ beschlossen. Mit diesem Gisela Peter / pixelio.de Die Eugenik kehrt zurück wurde der Weg zur Präimplantationsdiagnostik (PID) freigemacht. Bei der PID werden „vorsätzlich“ so viele Embryonen erzeugt, wie für die Selektion „normaler“ Embryonen und für die Einbringung in die Gebärmutter (Embryotransfer) notwendig sind. Diese werden im Gesetz irreführend „entwicklungsfähige Zellen“ genannt, sie sind aber bereits menschliche Embryonen oder noch besser: „embryonale Menschen“. Denn sie besitzen schon die gesamte für die weitere Entwicklung notwendigen Informationen und Merkmale. Sie entwickeln sich nach der Einnistung wie natürlich gezeugte Embryonen. Bei der Diskussion wurde von Befürwortern der PID die Absicht in den Vordergrund gestellt, Menschen mit schweren Erbkrankheiten ein gesundes Kind zu ermöglichen. Was aber dabei mangels Wissen oder wider besseres Wissen verschwiegen wird ist die Tatsache, dass dafür eine größere Zahl von Embryonen erzeugt werden muss, deren mehrheitliche Tötung oder deren Absterben in Kauf genommen werden muss: nach Befruchtung von neun Eizellen entstehen im Durchschnitt sieben entwicklungsfähige Embryonen, bei fünf von ihnen gelingt eine verwertbare Diagnose, drei werden aussortiert, die verbleibenden zwei stehen für den Embryotransfer zur Verfügung. Da aber nur jeder dritte bis vierte Embryotransfer zur Geburt eines Kindes führt, müssen im Durch- schnitt 24 entwicklungsfähige Embryonen erzeugt werden, von denen bei 17 eine Diagnose gelingt, zehn davon werden dann aussortiert. Das nüchterne Ergebnis lautet also: 24 Embryonen pro Geburt eines im Hinblick auf die durchgeführte Diagnostik „gesunden“ Kindes. Man könnte von einem erheblichen „Kollateralschaden“ sprechen. Bei der ethischen Bewertung dieser Fakten ist zu fragen, ob einem Embryo 25 April 2015 Wissenschaft Menschsein oder Personenwürde zukommt. In der Europäischen Menschenrechtskonvention heißt es in Artikel 2: „Das Recht jedes Menschen auf Leben wird gesetzlich geschützt. Niemand darf absichtlich getötet werden“, in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Artikel 1 bis 3: „Die Würde des Menschen ist unantastbar (…) Jede Person hat das Recht auf Leben (…) Im Rahmen der Medizin und der Biologie muss insbesondere Folgendes beachtet werden: (...) das Verbot eugenischer Praktiken, insbesondere derjenigen, welche die Selektion von Personen zum Ziel haben ...“. In der englischen Fassung lauten die Bestimmungen: „Human dignity is inviolable. It must be respected and protected. (…) Everyone has the right to life.“ Während also die deutsche Fassung von Personen spricht, ist die englische Fassung, „everyone“ weiter gefasst (auf diesen Unterschied weist Günter Virt (Walth), emeritierter Universitätsprofessor für Moraltheologie der Universität Wien und früheres Mitglied der Bioethikkommission beim Bundeskanzleramt, hin). Die weitere Erörterung, inwieweit der menschliche Embryo ein embryonaler Mensch mit Personenwürde ist, würde den vorgegebenen Rahmen dieser Betrachtung sprengen. Dass die PID eine eugenische Praktik darstellt, ist jedoch evident. Für Axel W. Bauer, Professor für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin an der Medizinischen Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg und Mitglied des Deutschen Ethikrats, ist die PID „sozusagen die liberale ,fortschrittliche‘ Variante der Eugenik“. („Zeit“ online, 6. Februar 2010). Würde des Menschen? Aus katholischer Sicht ist diese Frage klar zu beantworten: „Jedem Menschen ist von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod die Würde einer Person zuzuerkennen“. Dies gilt, sobald die Eizelle durch Befruchtung zur Zygote, einem eigenen neuen Individuum, wird. Aber auch für Nicht-Gläubige ist oft – insbesondere im Zusammenhang mit der Abtreibungsfrage – die Menschenwürde eines Embryos eine Selbstverständlichkeit. Wie Abgeordnete einer Partei, die zumindest laut Parteiprogramm ihre gesellschaftspolitischen Grundsätze aus dem christlichen Bekenntnis zur Würde des Menschen begründen, federführend und in einem Fall sogar unter Hinweis auf die Katholizität, die PID legalisieren können, erscheint nicht nachvollziehbar. Die Proponenten dieser Partei berufen sich unter anderem auf die Empfehlung der Bioethikkommission und auf sorgfältige Beratungen. Unerwähnt bleibt, dass es sich bei der Empfehlung der Bioethikkommission um ein Mehrheitsvotum von 15 Mitgliedern handelt, und dass sechs Mitglieder ein abweichendes Votum abgegeben haben, auf das inhaltlich in der Empfehlung vom 28. November 2014 gar nicht mehr eingegangen und das am Schluss – durchaus übersehbar – eher nur beiläufig erwähnt wurde. Der Autor Diakon Dr. med. Romeo Reichel (Nc) ist Präsident der Vereinigung Katholischer Ärzte Österreichs und Mitglied des Theologenforums des ÖCV. 26 Kultur Bengt Sprinzl Wenn in eine malerische Kleinstadt mit 42.000 Einwohnern im Südwesten Frankreichs innerhalb von Bengt Sprinzl Comic-Festival in Angoulême … und Charlie Hebdo vier Tagen über 200.000 Besucher einfallen, dann handelt es sich um das „Festival International de la Bande Dessinée“ in Angoulême, rund 120 km von Bordeaux entfernt und in der Nähe von Cognac, der weltberühmten Stadt des EdelWeinbrands gleichen Namens. Auf diesem größten Comic-Festival Europas treffen sich alljährlich Ende Jänner in mehreren Zelthallen und diversen anderen Räumlichkeiten Autoren, Zeichner, Verlage, Händler und zahlreiche Fans, vor allem aus dem frankobelgischen Raum, aber auch aus ganz Europa. Angoulême hat sich komplett den „BD’s“ – den „Bandes Dessinées“, wie Comics in Frankreich genannt werden – verschrieben: Dies ist unter anderem auch an Straßenschildern in Form von Sprechblasen und an Straßen, benannt nach berühmten Zeichnern, erkennbar. So gibt es unter anderem eine „Rue Goscinny“, dem Autor von „Asterix“, und eine „Rue Hergé“, dem Zeichner der Abenteuer von „Tim und Struppi“. Außerdem schmücken zahlreiche Comic-Figuren und -Szenen Hauswände, Feuermauern, Stromkästen und Buswartehäuschen. Ganzjährig werden die Werke internationaler Zeichner in der „Cité de la Bande Dessinée“ mit einer großen Fachbibliothek und in einem in- Einer der vielen Live-Zeichner. ternationalen Comics-Museum gewürdigt. Anlässlich des Festivals beleuchten mehrere große Sonderausstellungen das Werk berühmter nationaler und internationaler Zeichenkünstler: Heuer, beim 42. Festival, beeindruckte vor allem der bereits mehrfach preisgekrönte und in vielen Sprachen publizierte Japaner Jirô Taniguchi mit seinen wunderbar poetischen, sensibel stillen grafischen Novellen etwa über die besinnliche Rückkehr in seine kleine Heimatstadt, wo er seine Jugend verbrachte. Nicht nur die Originale seiner feinen und detailreichen Zeichnungen waren zu bestaunen, sondern auch er selbst war Ehrengast des heurigen Festivals. In einem Sonderpavillon wurde ein kleiner Querschnitt der Comics-Szene aus China präsentiert. Neben Mangaartigen Figuren für Kinder bezauberten zarte Aquarelle von LotusblumenGeschöpfen und holzschnittartige Zeichnungen von tapferen Kämpfern. Sie knüpfen formal an traditionelle chinesische Kunstformen an. Kein Kinderkram Das ausgestellte Lebenswerk der finnischen Zeichnerin Tove Jansson mit ihrer bunt-phantastischen „Mumin“Welt begeisterte nicht nur Kinder, während eine Rückblick-Schau auf die kantig-harten US-Superhelden aus den 50er Jahren von Jack Kirby nicht 27 April 2015 Kultur nur die Erwachsenen erfreute. Eine weitere Sonderausstellung zeigte Werke von fünf amerikanischen Zeichnern, die die schwarze Bluesmusik und deren Umfeld in ausdrucksstarken Schwarz-Weiß-Tuschzeichnungen zum Thema hatten. Auch in der monumentalen Kathedrale aus dem 12. Jahrhundert (mit einer fast Comic-artigen Fassade mit zahlreichen religiösen Statuen) wurden christliche Themen-Comics ausgestellt und konnten zahlreiche Alben gekauft werden. Im Theater von Angoulême gab es zu Live-Musik Performances von Zeichnern, deren Arbeiten auf große Leinwände übertragen wurde. Fachleute aus der Branche diskutierten dort auf dem Podium vor interessiertem Publikum über Gegenwart und Zukunft der Branche. Denn in Frankreich sind Comics nicht nur „Kinderkram“, sondern werden auch von Erwachsenen geschätzt und zählen als „9. Kunst“ zur ernsthaften Kultur und sogar die französische Kulturministerin besuchte aus diesem Grund das Festival. Zudem sind Comics in Frankreich aber auch ein wichtiger Wirtschaftszweig: In über 340 Verlagen erschienen 2014 insgesamt 5500 neue Comic-Alben oder -Bücher, die mit 35 Millionen verkauften Exemplaren einen Gesamt-Umsatz von 409 Millionen Euro erwirtschafteten. Von insgesamt 1500 Autoren leben sogar 500 ausschließlich von Comics. Rare Originalzeichnungen von internationalen Zeichnerstars werden heute um sechsstellige Eurobeträge gehandelt. Dem zahlreichen Zeichner-Nachwuchs ist beim Festival immer ein eigener Pavillon gewidmet, wo die Besucher von der Vielfalt der Ideen und grafischen Ausdrucksformen beeindruckt werden. Die kreativsten jungen Talente werden nicht nur mit Preisen ausgezeichnet, es gibt für sie sogar Stipendien. 28 Neben harmlos-lustigen „Funnies“ gibt es heute Bilderzählungen mit unterschiedlichsten inhaltlichen und grafischen Formen: Abenteuergeschichten, Thriller, historische und utopische Erzählungen, epische Novellen, Sachcomics und individualphilosophische Bildgeschichten. Neben den großen Verlagshäusern können auch zahlreiche Kleinstverlage mit wenigen Autoren davon leben. So wie in der Welt der literarischen Romane findet man auch in der Welt der Comics unter 100 Erzählungen nur wenige Meisterwerke, die inhaltlich und grafisch höchsten Ansprüchen genügen. Viele Arbeiten von jungen Zeichnern erscheinen heute auch nicht mehr auf Papier, sondern nur mehr in digitaler Form im Netz, wobei deren Anteil derzeit (noch) nur rund ein Prozent des Gesamtvolumens beträgt. Comics im Kreuzfeuer Überschattet war das Comic-Festival heuer von den Polit-Terrormorden Anfang Jänner in Paris, wo neben fünf namhaften Karikaturisten und sechs weiteren Verlagsmitarbeiten der politischen Satire-Zeitung „Charlie Hebdo“ auch ein moslemischer Polizist und vier jüdische Franzosen im Kugelhagel der islamistisch motivierten Terroristen den Tod fanden. Spürbar war dies in Angoulême in vermehrten Sicherheitskontrollen sowie verstärkten Polizei- und Militär-Patrouillen in der Stadt und auf den Bahnhöfen in Paris. Eine kurzfristig zusammengestellte Sonderausstellung blickte auf das Werk der ermordeten Zeichner, sowie auf die bisherigen Ausgaben und auf die Vorläufer der Zeitschrift zurück. In der ganzen Stadt klebten auf mobilen Ständern frühere Charlie Hebdo-Titelblätter. Ein von der Festival-Jury neu gestifteter Sonderpreis für Freiheit der Meinungsäußerung wurde posthum an die ermordeten Karikaturisten verliehen. Die europaweiten Solidaritätsbekundungen unter der Parole „Je suis Charlie“ galten dem Bekenntnis zur Meinungsfreiheit. Auch wenn die Meinungen, die durch die Zeichnungen ausgedrückt werden, oft aggressiv kritisch und, wie viele Karikaturen dieser Zeitschrift, blasphemisch – und zwar gegen alle Religionen – waren und sind, kann dies niemals die Tötung von Menschen rechtfertigen. Dies führt aber anlässlich dieser furchtbaren Ereignisse andererseits auch zu tieferen Reflexionen und Diskussionen: Was können, was dürfen, was sollen im Speziellen Karikaturen oder Zeichnungen? Sie können wie Worte berühren. Sie können – und sollen – entlarven, Missstände aufdecken und ein Korrektiv sein. Sie können aber auch Menschen verletzen. Nach unserem Politik- und Kulturverständnis dürfen sie im Rahmen des Menschenrechts auf Meinungsfreiheit das auch. Das Recht auf freie Meinungsäußerung ist eine Errungenschaft, die auch in unserer Zivilisation erst nach jahrhundertenlangem Kampf fester Bestandteil der Verfassungen der demokratischen Länder wurde. Karikaturen sollen aber – auch das ist unser Verständnis – nicht Vorurteile gegen Menschen, Volksgruppen, andere Rassen oder Religionen schüren und gegen Menschen aufhetzen. Sie sollen auch nicht auf die Verletzung religiöser Gefühle – welcher Religion auch immer – abziehen. Denn auch die respektvolle Achtung der Menschenwürde des Nächsten ist ein elementares Grundrecht. Der Autor Architekt DI Bengt Sprinzl (Baj), Planer zahlreicher Neu- und Umbauten (etwa Totalsanierung des Studentenheims in der Pfeilgasse 4-6) und Grafik-Designer (etwa LayOut und Cover der ACADEMIA von 1968-73 sowie 1977-86). Leserbriefe Leserbriefe Noch nie haben wir in den letzten Jahren so viele – vor allem zustimmende – Leserbriefe bekommen, wie zu dem IslamSchwerpunkt in der letzten Ausgabe. Interessant, dass einige Leserbriefschreiber uns zwar zu der Ausgabe gratulierten beziehungsweise sich bedankten, ihre Briefe jedoch nicht abgedruckt sehen wollen, da sie keine „Diskussionen mit Gutmenschen“ haben wollen. Die Fülle der Reaktionen hat uns überrascht; weniger überrascht hat uns, dass man uns „Islamophobie“ vorwirft, weil wir uns mit dem Thema Islam kritisch beschäftigen. Es ist immer noch erstaunlich, wie stark – angesichts der aktuellen Attentate und Entwicklungen – Kritik am politischen und radikalen Islam nach wie vor tabuisiert ist. Die Redaktion ACADEMIA 1/2015 Islam und Europa Der als Aufmacher angekündigte Schwerpunkt zum Islam ist nicht nur sehr dünn, sondern besteht vor allem aus der Wiedergabe der immer gleichen undifferenzierten Anschuldigungen gegenüber einem als monolithisch (und fast hat man den Eindruck zentral gesteuerten) Islam. Das dies im Medium eines katholischen Verbands geschieht, erscheint mir dabei in dreifacher Weise paradox: Zum einen, weil eine der eindringlichsten Aufforderungen von Papst Franziskus an Christinnen und Christen darin besteht, genau unterscheiden zu lernen, zum zweiten (und damit verbunden), weil die Beiträge den Islam als ganz Anderen und zwar als Gegner wahrnehmen. Sie nehmen aber nicht die schon biblisch begründete Herausforderung der Begegnung mit dem Anderen und den Respekt für den Glauben des Anderen wahr. Das dritte Paradox ist für mich, dass die Beiträge jegliche Selbstreflexion vermissen lassen. Wie reagiert denn der ÖCV, wenn ihm pauschal eine reaktionäre Einstellung und die mangelnde Bereitschaft zur Liberalisierung vorgeworfen wird, oder wenn Zitate aus seinen Liedern und Traditionsgut (angefangen von der „Kampfbereitschaft“ zum „Schutze der Altäre“ bis zum „Sterben gern in jeder Stunde“) als unklares Verhältnis zur Gewalt aufgefasst werden?“ Mag. Dr. Christoph Konrath (Nc) 1170 Wien e-Mail: [email protected] Dankenswerter Weise hat die ACADEMIA diesem brennenden Thema große Aufmerksamkeit gewidmet. Alle Stimmen, die zu Wort kommen, stellen klar, dass im Islam Gewalt verankert ist und daher die von Politikern, Medien und islamfreundlichen Kreisen gepredigte Formel, dass Islam Friede bedeute und Gewalt von den „Terroristen“ nur missbräuchlich ausgeübt werde, eine Selbsttäuschung ist. Bedauerlicher Weise unterlässt das neue Islamgesetz die überfällige Klärung und bringt sogar eine Verschlechterung gegenüber der bisherigen Rechtslage. Hat das alte Gesetz den „Lehren des Islams“ Religionsfreiheit mit der Bedingung gewährt, dass sie „nicht mit den Staatsgesetzen im Widerspruch stehen“, begnügt sich die Behörde nunmehr mit einer Darstellung der Lehre nach Gutdünken der Religionsgesellschaft. Gesetzwidrige Glaubensgrundsätze werden dadurch tabuisiert. Mit dieser Tabuisierung des Islam diskriminiert der Staat alle anderen Lebenswelten. Ohne korrekte Gefahrenanalyse kann der Staat aber seine Bürger gegen die Gewalt des „politischen Islam“ nicht mehr schützen. Was in Paris und Kopenhagen geschah, ist morgen auch in Wien möglich! Gleichzeitig öffnet der Staat dadurch dem realen Islam in den Moscheevereinen Tür und Tor bis zu den verpönten Praktiken der Scharia. „Gläubiger Moslem und stolzer Österreicher“ zu sein, bleiben ebenso wie der „Modellcharakter des neuen Gesetzes für andere Europäische Staaten“ reines Wunschdenken. Dr. Harald Fiegl (Merc) 1130 Wien Der Eindruck nach der Lektüre der Statements zum Titel „Islam und Europa“ ist niederschmetternd bis verstörend. Alle Titel, einschließlich dem Editorial, zeichnen ein vernichtendes Bild des Islam. Wie soll man diese Artikel bewerten? Ist das der Ausdruck von Panik oder bewusste Provokation? Eigenerfahrungen mit dem Islam als österreichischer Offizier im Dienste der Vereinten Nationen in Damaskus in der Dauer von etwa zwei Jahren, waren absolut positiv, auch als Christ konnte man unbehindert christliche Gotteshäuser und Gottesdienste besuchen ohne mit einer feindlichen Haltung konfrontiert zu sein, auch als neugieriger Mo- scheebesucher war man willkommen. Im gesellschaftlichen Umgang mit dem Islam und den Muslimen gab es aber klare Grenzen, welche von beiden Seiten respektiert wurden. Alles muss sich erst in den letzten Jahren geändert haben, dieser beinahe pathologische Hass auf den Westen und seine (Un)kultur, auf die (in ihren Augen) permissive Art der westlichen Lebensführung und auf die medialen Schamlosigkeiten in Wort und Bild. Zumindest bei jenen Muslimen, die bei uns leben und diese Vorgänge täglich miterleben. Auch dass sich jeder ungestraft über Religion ganz allgemein und über den christlichen Glauben im Besonderen lustig machen kann bis hin zur Beleidigung (und kaum jemand wehrt sich wirklich dagegen) – führt bei den Muslimen nur zur Verachtung unserer Gesellschaft. Ja, sie sehen den Westen als absolut dekadent und sie fühlen sich quasi zu einer Neuorientierung unserer nach ihrer Auffassung verkommenen Gesellschaft berufen. Aber im islamischen Sinn. Was kann man darauf antworten? Das wäre halt unser Lebensstil und wir lassen uns davon nicht abbringen. Schließlich seien die Moslems zu uns gekommen und wenn ihnen unser Lebensstil bei uns nicht passt, könnten sie ja wieder gehen. Dazu scheint es aber zu spät. Ja, der Islam ist bereits durch die Bevölkerungsstruktur ein Teil Europas. Ob er allerdings wirklich zu einem (immer weniger) christlichen Europa gehört, darf hinterfragt werden. Zumindest in Österreich haben dies in einer Umfrage zuletzt 69 Prozent der Befragten verneint. Aber wenn es so bleiben soll, dann muss man auch die eigene christliche Identität vorleben. Der Islam stößt ja nur, einem physikalischen Gesetz folgend, in ein bereits existierendes, von allgemeiner Orientierungslosigkeit gekennzeichnetes Vakuum vor. Ob dieser Vorgang noch umkehrbar ist? Das dürfte nur von uns Europäern selbst abhängen. BgdriR Manfred Wagner (Rd) 1180 Wien Leserbriefe sind der ACADEMIA immer willkommen, können aber nicht in jedem Fall schriftlich beantwortet werden. Abgedruckte Zuschriften müssen sich inhaltlich nicht unbedingt mit der Meinung der ACADEMIA decken. Die Redaktion behält sich Kürzungen vor und veröffenlicht nur Schreiben mit voller Nennung des Absenders. Die veröffentlichten Aussagen zum Thema „Islam“ haben mich zutiefst betroffen gemacht. Warum, zum Teufel, haben wir dem gewaltbereiten Islam so wenig entgegenzusetzen? Ist es wirklich unsere De- 29 April 2015 Leserbriefe Leserbriefe sind der ACADEMIA immer willkommen, können aber nicht in jedem Fall schriftlich beantwortet werden. Abgedruckte Zuschriften müssen sich inhaltlich nicht unbedingt mit der Meinung der ACADEMIA decken. Die Redaktion behält sich Kürzungen vor und veröffenlicht nur Schreiben mit voller Nennung des Absenders. kadenz? Ich sehe die Sache so: Die Islamisten bekämpfen in erster Linie nicht das Christentum, sondern die westliche Ideologie. Diese huldigt in religiöser Inbrunst einem Wirtschaftssystem, das auf Wachstum fixiert ist, und das mit seinem Ressourcenverbrauch die Lebensgrundlagen auf unserem Planeten irreversibel zerstört. Unsere Güterproduktion überfordert seit Jahrzehnten die Natur. Der Umweltschutz und die erneuerbaren Energien bieten keinen Ausweg, da sie zusätzliche Natur verbrauchen. Inzwischen fühlen sich aber auch die allermeisten Menschen überfordert. Doch obwohl es an allen Ecken und Enden bedrohlich knirscht, hängen unsere Eliten weiterhin an ihrem aberwitzigen Glauben, der menschliche Geist wäre unendlich und dürfe nicht nur die Grenzen unserer Erde ignorieren, sondern auch ihre physikalischen Gesetze. Dass die freiheitliche Demokratie dem nichts entgegenzusetzen hat, war eigentlich zu erwarten. Aber es ist eine Tragödie, dass auch das Christentum nicht genug moralische Autorität zum Gegensteuern aufbringt! In genau diese offene Flanke stößt der radikale Islam. Hat er auch das Recht dazu? Der Kampf ist sicherlich legitim. Wie weit der Terror gehen darf, wage ich nicht zu beantworten. Eines aber glaube ich: Nur wenn es uns, den westlichen Gesellschaften, gelingt, den Wachstumsfuror zu beenden, werden wir den Dschihadisten den Wind aus den Segeln nehmen. Ansonsten torkeln wir in eine sehr, sehr ungemütliche Zukunft. Karl Heinz Marschner (Rg) D-40593 Düsseldorf Das Titelthema behandelt leider weniger die Islamisierung Europas, sondern verurteilt pauschal die islamische Religion. So handelt es sich bei den im ersten Beitrag ausgewählten Zitaten zwar um Aussagen von aus islamischen Ländern stammenden Personen, diese stehen aber der Religion des Islams (zumindest deren „Mainstream“) kritisch bis ablehnend gegenüber. Auch die beiden anderen Artikel schlagen in die islamophobe Kerbe. Richtig ist natürlich, dass Europas nur noch auf Unverbindlichkeiten (Aufklärung, Demokratie, Rechtsstaat) gegründete Gesellschaft gegenüber einem von einer religiösen Weltanschauung geprägten Immigrantenstrom prinzipiell im Nachteil sein muss. Auch wurde ein Terrorismus, der sich auf den Islam beruft, zur globalen Bedrohung. Theo Faulhaber und David Nagiller (AIn) behandeln aber weniger diese Phänomene, 30 sondern attackieren die islamische Religion als solche. Dabei ist vieles nicht korrekt. Einige Beispiele: Es gibt einen Islam ebenso wenig, wie es ein Christentum gibt – beide Weltreligionen haben sich durch die Jahrhunderte in eine Vielzahl von „Konfessionen“ aufgespaltet. Unrichtig ist die Behauptung, im Islam sei „Bildung verpönt“. Tatsächlich verdankt die Menschheit viele Fortschritte in Natur- und Geisteswissenschaften sowie kulturelle Leistungen dem Islam. Auch beim so scharf kritisierten Dschihad bringt man wenig passende Beispiele. Der letzte offiziell erklärte „heilige Krieg“ war übrigens der Erste Weltkrieg, den der türkische Sultan als Kalif des Islams an die Entente erklärte – allerdings auf Drängen des deutschen Auswärtigen Amtes (!). Mit der historischen Wahrheit sollte man sich also durchaus konfrontieren, nur sollte man sie kennen. Es ist problematisch, im 21. Jahrhundert die zweitgrößte Weltreligion mit über 1,6 Milliarden Anhängern, die anderthalb Jahrtausende hindurch die Menschheitsgeschichte entscheidend beeinflusst und zur Entwicklung der menschlichen Kultur Wesentliches beigetragen hat, pauschal als „gefährlich“ abzustempeln. Österreich besitzt eine lange Tradition der wissenschaftlichen Erforschung des Islams seit Maria Theresia bis heute. Ich würde meinen, wir hätten genügend ausgewiesene Experten auf diesem Fachgebiet. Denn auch ein erfahrener Journalist verfügt kaum über das hier erforderliche Sachwissen. Daher reflektieren die Beiträge der letzten ACADEMIA eher „viel Gerede über den Islam, aber wenig Wissen“ (Zitat vom Interview mit dem Ordinarius für Islamwissenschaften an der Universität Wien, Prof. Rüdiger Lohlker, im „Standard“ vom 14. Jänner). Botschafter i.R. Dr. Michael Stigelbauer (Am) 1140 Wien Das neue Islamgesetz basiert auf wahrlich grenzenloser Naivität. Die in der ACADEMIA veröffentlichten Fakten und Meinungen hätten Anlass zu einer gründlichen Überarbeitung sein können. Aber zu groß war wohl die Angst vor den diversen Redaktionen, in denen eine intellektuelle Unterschicht mit der Faschismuskeule jeden mundtot schlägt, der dem Mainstream Vernunft entgegenzusetzen wagt. Dank gebührt der ACADEMIA auch für die Veröffentlichung des vielfach unbekannten Textes des sozialdemokratischen Wiener Stadtrats Dr. Julius Tandler, nach dem in der Bundeshauptstadt immer noch ein Platz benannt ist. Er wollte 1924 der öffentlichen Hand Kosten ersparen (!) und lieferte den Nazis die theoretischen Grundlagen für die Vernichtung „lebensunwerten Lebens“. Heute errichten die Sozialdemokraten Denkmäler gegen die nationalsozialistische Euthanasie (der sich damals nur katholische Kräfte widersetzten) und fordern gleichzeitig als neuesten Fortschritt die nun als „Sterbehilfe“ verkleidete Euthanasie. Prof. Willi Sauberer (VBW ILH) 5020 Salzburg Gratulation zur Islam-Nummer! Ich habe die ACADEMIA gestern bekommen und am selben Abend noch ausgelesen. Jeder Beitrag verdient Beachtung. Der Wiener Bürgermeister kann von seinem Kollegen aus Rotterdam Entscheidendes lernen. Danke, dass die ACADEMIA – entgegen dem Mainstream – Fakten ohne falsch verstandene „political correctness“ aufzeigt. Mag. Dr. Johannes Schönner (AW) 3400 Klosterneuburg 15 Jahre EU-Sanktionen Was Martin Schulz sich leistet ist obzön. Anfang 2000 war er einer der ärgsten Hetzer gegen die schwarz-blaue Regierung von Wolfgang Schüssel und hat sich leidenschaftlich für vertragswidrige Sanktionen gegen das EU-Mitglied Österreich eingesetzt. Anfang 2015 umarmt und herzt der gleiche Martin Schulz als EU-Parlamentspräsident den griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras, einen Neokommunisten, Linkspopulisten und großmäuligen Selbstdarsteller, der noch dazu mit einer radikalnationalistischen Fraktion koaliert. Auch als der ORF vor der EU-Wahl 2014 seine Redakteurin Ingrid Thurnher eigens zur Diskussion zwischen Schulz und JeanClaude Juncker nach Berlin geschickt hat, brachte diese schillernde Dame es zwei Stunden lang zustande, die üble Rolle von Schulz am Beginn dieses Jahrtausends überhaupt nicht anzusprechen. Verschweigen ist die gröbste Form der Manipulation. Wenn Rechts gegen Links abgewogen wird, dann fällt das Ergebnis immer zugunsten der Roten aus. Und ich glaubte immer, die EVP-Fraktion sei die stärkste Gruppierung im EU-Parlament. Kein Wunder, dass die Österreicher an der Seriosität der in Brüssel Agierenden immer mehr zu zweifeln beginnen! Mag. Heinrich Kolussi (F-B) 1230 Wien Kultur Mildes, wildes ÖTSCHER:REICH Hilfe: Lebensrisken und Lebenschancen Texte, Infografiken, Symbole und interaktive Installationen sind die Mittel, mit denen die Landesausstellung 2015 soziale Herausforderungen wie Armut, Krankheit, Behinderung oder Leben am Rand der Gesellschaft begreifbar, einfühlbar und verstehbar macht. Inhaltliches Zentrum der Landesausstellung 2015 ist das System der sozialen Sicherung. Dieses basiert auf der Idee einer Gesellschaft, deren Pflicht es ist, sich um Menschen in Problemlagen anzunehmen. Den architektonisch interessanten Rahmen stellt das Haus Bethanien in Gallneukirchen, Mutterhaus der Diakonie, dar. Als soziale Institutionen ist die Diakonie damit nicht nur Ort, sondern gleichzeitig Gegenstand der Ausstellung. Oberösterreichische Landessonderausstellung 2015 30. April bis 2. November 2015 www.landesausstellung.at Wikinger! Vom 28. März bis 8. November besetzten die Wikinger die Schallaburg in Melk. Mit über 500 Exponaten wird die bislang umfassendste Wikinger-Ausstellung in Österreich versuchen, die wahre Geschichte der skandinavischen Völker anhand neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse aus aktuellen archäologischen Grabungen spannend und umfassend zu präsentieren. Wie immer wird es auch diesmal ein umfangreiches Rahmenprogramm geben und insbesondere auch einen informativen Katalog. Ausstellung auf der Schallaburg 28. März bis 8. November 2015 www.schallaburg.at Der erste markante Gipfel der Ostalpen vor Wien, der Ötscher, ist Ausgangspunkt für die Entdeckungsreise in die alpine Welt der Ostalpen. Im ÖTSCHER:REICH lernt man das Leben in den Bergen kennen, das von den Extremen der Landschaft bestimmt ist. In Neubruck bei Scheibbs und in Frankenfels-Laubenbachmühle staunt man über die Geschichte und Geschichten von Menschen, wie sie ihren Alltag in und mit der Natur bestreiten. Mit der Mariazellerbahn geht es zum neuen Naturparkzentrum Ötscher-Basis in Wienerbruck, wo man diese außergewöhnliche Landschaft hautnah erleben kann. Oder man wandert um den Ötscher auf zwei neuen Rundwanderwegen, wo das ÖTSCHER:REICH auf 15 Stationen von seiner ursprünglichsten Seite zu sehen ist. Niederösterreichische Landesausstellung 2015 25. April bis 1. November 2015 www.noe-landesausstellung.at The 39 Steps Vor genau 100 Jahren hat der schottische Schriftsteller John Buchan seinen Spionagereißer, der auch mehrmals verfilmt wurde, geschrieben. Insbesondere ist noch die erste Verfilmung aus dem Jahr 1935 von Alfred Hitchcock in Erinnerung. Patrick Barlow hat das Buch für das Theater bearbeitet, wobei er dem Werk einen parodistisch satirischen Spin gibt. Das Stück feierte bereits in London und New York Triumphe und wurde mehrfach ausgezeichnet. Richard Hannay, perfekter Gentleman und schneidiger Held, macht in einem Londoner Theater die Bekanntschaft einer mysteriösen Frau, die ihn anfleht, bei ihm übernachten zu dürfen. Bald gesteht sie ihm, eine Spionin auf der Spur einer geheimen Organisation namens „39 Stufen“ zu sein. In derselben Nacht wird sie in seiner Wohnung erstochen und damit beginnt für ihn eine wahnwitzig Verfolgungsjagd von London bis ins schottische Hochland. Eine besondere Pointe des Stücks ist, dass die immerhin 139 Rollen(!) von nur vier Schauspielern bravourös bestritten werden. HK Bis 30. April 2015 im English Theatre. Tickets und Infos unter www.englishtheatre.at 31 April 2015 Medienecho Medien Vom CV zu Syriza Ein schönes Beispiel für die von Alexander Purger (siehe Seite 12) beschriebene Etikettierung von Parteien und Politikern findet sich im „profil“ vom 24. Jänner 2015. Unter dem Titel „Konservativer Widerstand gegen Mitterlehners liberalen Kurs“ behauptet das Magazin, dass Mitterlehner „seiner Partei eine gesellschaftspolitische Schockkur verpasst. Den Aufbruch in die Moderne können nicht alle nachvollziehen. Im konservativen Lager formiert sich Widerstand“. Immer wieder versuchen interessensgeleitete Medien – durchaus erfolgreich – ihren Lesern, aber auch etwa der ÖVP, einzureden, dass sie eigentlich vormoderne Sumper sind, die noch nicht einmal im 21. Jahrhundert angekommen sind. Wörtlich heißt es in dem Beitrag – konkret ging es um das neue Fortpflanzungsmedizingesetz – unter anderen: „Das neue Gesetz war von konservativen Kreisen inner- und außerhalb der Volkspartei hintertrieben worden. ÖVP-Abgeordnete wurden mit Protestmails bombardiert, vor allem der einflussreiche Cartellverband versuchte, Druck auf seine prominenten Mitglieder Reinhold Mitterlehner, Gernot Blümel, Justizminister Wolfgang Brandstetter, Klubobmann Reinhold Lopatka und Seniorenbund-Präsident Andreas Khol auszuüben“. Was uns „profil“ allerdings nicht erklärt ist, wie ein so „liberaler“ Mitterlehner aus dem so illiberalen CV kommen kann. Im Februar strapazierte der „Standard“ wieder einmal ein Lieblingsthema, dass CVer bei Postenbesetzungen im Land Salzburg zum Zuge 32 kamen. Es verwundert immer wieder, dass sich der „Standard“ wundert, dass Mitglieder eines Akademikerverbandes, der über hervorragende Fachleute verfügt, bei Postenbesetzungen nicht ganz zu umgehen sind, obwohl es immer wieder versucht wird und gele- gentlich auch CVer – eben weil sie diesem Verband angehören – nicht zum Zuge kommen (was aber dann nicht im „Standard“ steht)! Eine CV-Tangente hatte auch ein Portrait des radikal-linken Ökono- Eine kommunikationstechnisch kluge Strategie ist es, Reinhold Mitterlehners (A-D) Couleurnamen gezielt einzusetzen; das schafft Bekanntheit und Sympathie und führt in den Medien auch regelmäßig zu entsprechenden Verweisen auf den ÖCV. men Stephan Schulmeister in der „Sonntag Presse“ vom 15. Februar. Der Sohn des legendären katholischkonservativen „Presse“-Chefredakteurs Otto Schulmeister war „als er sein Ökonomiestudium begann, sogar Mitglied des CV“ – so die „Presse“ – die weiters feststellte, dass seine „politische Wandlung dann im Zuge der 68er-Bewegung“ erfolgte. „Er fuhr mit einer Gruppe CVer nach Berlin, um mit Dutschke zu diskutieren. Und war danach überaus angetan vom Studentenführer.“ Heute sorgt Stephan Schulmeister bei volkswirtschaftlichen Debatten regelmäßig für unkonventionelle Wortmeldungen – aktuell etwa in Zusammenhang mit seiner Sympathie für die neue Linksregierung in Griechenland. Im „UniStandard“ befand sich im März ein ganzseitiger Artikel über das besondere Verhältnis der zwölf Studentenverbindungen zur Leobner Montanuniversität. Selbstverständlich ging es wieder gegen die „völkischen Verbindungen“, wie ein „Experte“ zitiert wird, der zwar einen Unterschied zum CV ausmacht, aber auch Gemeinsamkeiten entdeckt: „Bei katholischen [Verbindungen] steht die Religion im Vordergrund. Gemeinsam ist ihnen eine männerbündische wie konservative Weltanschauung.“ Der Artikel beschreibt auch Leobner Bräuche und Sitten, wie etwa den Ledersprungkommers. Ein wenig bedauernd wird festgestellt, dass in der ÖH Leoben die AG mit Zweidrittelmehrheit regiert und dort CVer eine wichtige Rolle spielen. Herbert Kaspar (Am) Aufruf Die Familien entlasten! Mit 100 Millionen Euro Entlastung – die erst konkretisiert werden müssen – ist die „größte Steuerreform aller Zeiten“ für die Familien eine Enttäuschung. Die Familienverbände werden daher weiterhin für eine steuerliche Berücksichtigung der Familien kämpfen – die Diskussion geht weiter! Der Katholische Familienverband und der ÖCV sind schon immer für die steuerliche Berücksichtigung der Sorgepflichten der Eltern im Steuerrecht eingetreten. Wer für Kinder sorgt, muss mit einem Einkommen für mehrere Menschen auskommen, daher darf die Steuer nicht schon davor zu viel vom Einkommen wegnehmen. Das Existenzminimum der ganzen Familie soll steuerfrei gestellt sein. Jetzt werden die Weichen für die steuerliche Gestaltung der nächsten Jahre gestellt. Bei der Nationalratswahl ist die ÖVP mit der Forderung nach einem Kinderfreibetrag von 7.000 Euro pro Familie angetreten, daran ist sie jetzt zu messen. Die SPÖ hat das Steuerkonzept des ÖGB übernommen, bei diesem kommt auf 15 Seiten das Wort Familie nicht vor (!). Im Koalitionsübereinkommen dieser beiden Parteien steht „im Rahmen der Steuerreform sollen Familien besonders berücksichtigt werden.“ Auch das können Bürger jetzt einfordern. Es ist unsere Aufgabe und Verantwortung als katholische Verbände, für die Familien die Stimme zu erheben und auch Familien dazu zu bewegen, sich selber mit uns um ihre Anliegen zu kümmern. Deshalb ergeht die dringende Einladung, bei den Mitgliedern der Steuerreformkommission höflich, aber bestimmt, die steuerliche Berücksichtigung der Eltern bei der Steuerreform per Mail einzufordern. Dazu einige Argumente: • Familien sind die Leistungsträger unserer Gesellschaft. Aus Sicht des Katholischen Familienverbandes findet das im derzeitigen Steuerrecht keinen Niederschlag, weil zu wenig Rücksicht darauf genommen wird, wie viele Personen von einem Einkommen leben müssen beziehungsweise ob Sorgepflichten bestehen. • Das österreichische Steuerrecht nimmt – im Unterschied zu den meisten europäischen Ländern – kaum Rücksicht darauf, wie viele Personen von einem Einkommen leben müssen. Steuerlich ist es in Österreich relativ egal, ob jemand für Kinder zu sorgen hat oder nicht. Dies widerspricht klar dem Gleichheitsgrundsatz. • In unserem Steuersystem geht es um Leistungsfähigkeit. Wer mehr verdient, zahlt höhere Ertrags-Steuern. Das ist legitim und allgemein akzeptiert. Wenn aber aufgrund von Unterhaltspflichten das disponible Einkommen – jener Teil des Einkommens, der hauptsächlich für privaten Konsum zur Verfügung steht – deutlich sinkt, weil steuerlich so gut wie nicht berücksichtigt wird, dass Kinder auch Geld kosten, ist das eigentlich ein Skandal. • Dass Österreich Weltmeister bei Familienleistungen sein soll ist eine Mär, die sich hartnäckig hält. Eine Studie der OECD aus dem Jahr 2011 belegt: Österreich liegt bei Maßnahmen der Familienförderung an 14. Stelle: Direktleistungen gut, Infrastruktur noch gut, steuerliche Berücksichtigung nicht existent, so der Befund der OECD-Studie. • Die Steuerprogression verringert die Einkommen aller, aber Eltern sind davon mit ihren Kindern überdurchschnittlich betroffen! • Wie kann man vor der Wahl die deutliche Erhöhung des Kinderfreibetrags in Aussicht stellen und bei der konkreten Umsetzung nicht mehr davon sprechen? • Die Berücksichtigung der Familien bei der Steuerreform ist nicht nur eine Frage der Fairness, Familien geben auch mit Abstand am meisten wieder im Kon- sum aus, jeder Euro für Familien kommt daher wieder als Steuerleistung ins Budget zurück! Einige konkrete Vorschläge: • Verlängerung der Absetzbarkeit der Kinderbetreuungskosten bis zum 14. Lebensjahr und automatische Berücksichtigung bei der Arbeitnehmerveranlagung ! • Die Negativsteuer bei niedrigem Einkommen soll bei Eltern auch für jedes Kind erfolgen. • Deutliche Erhöhung des Kinderfreibetrags – die derzeitige Höhe von 220 Euro pro Kind ergibt eine Mini-Steuerentlastung. • Die Abschaffung des Alleinverdienerabsetzbetrags wäre ein klares Foul an Mehrkindfamilien und allen Familien, die sich selber um ihre Kinder kümmern. Mails schreiben! Hier die Mail-Adressen der Mitglieder der politischen Verhandlungsgruppe zur Steuerreform sowie auch die Mail-Adresse von Landeshauptmann Erwin Pröll (Rt-D EM): [email protected] [email protected]. [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] Je mehr Familien angesprochen und informiert werden, desto besser. Mag. Dr. Alfred Trendl (NbW) ist Präsident des Katholischen Familienverbandes. Der Katholische Familienverband bietet in Familiensteuerfragen einen kostenlosen Mail-Service unter: [email protected] 33 April 2015 Kommentar Die ÖVP gibt sich auf „Ich glaube nicht, dass das jetzt der große Wurf ist“, meinte Finanzminister Hans Jörg Schelling, und damit hat er Recht. Das von Kanzler Faymann als „größte Steuerreform aller Zeiten“ gefeierte Umverteilungspaket ist in Wahrheit eine Kanzler-Rettungs-Aktion gewesen, bei der die ÖVP aus unerfindlichen Gründen zugestimmt hat. Natürlich ist es erfreulich, wenn einige Steuertarife angepasst werden, um die kalte Progression ein wenig abzumildern. Aber dieser Effekt wird – wie der Chef des Wirtschaftsforschungsinstitutes betont – in zwei Jahren verpufft sein, während wir unter den negativen Aspekten dieses Belastungspaketes noch länger leiden werden. Kein Wunder, dass die SPÖ jubelt und schon am Sonntag, 15. März, Inserate schaltete, was sie „erkämpft“ hat. Im Gleichschritt sehen auch die von SPÖ-Politikern mit Inseraten aus Steuergeld gut geschmierten Boulevardzeitungen dieses unverschämte Belastungspaket positiv. So spricht etwa Claus Pándi in der „Kronenzeitung“ von einer „grosso modo gelungenen Steuerreform“. Und Faymann-Freund Wolfgang Fellner jubelt in seinem Gratis-Blatt über den SPÖ-Erfolg und merkt zynisch über den VP-Chef an: „Er hat durch seine Kompromissbereitschaft diese Steuer-Reform erst möglich gemacht“. Das ist keine falsche Einschätzung, weshalb sich viele fragen, warum die ÖVP diesem Belastungspaket für die Familien, den Mittelstand und die Wirtschaft zugestimmt hat. Damit ist auch der neue Finanzminister, in den viele ihre Hoffnung gesetzt haben, entzaubert. Er hatte zu Beginn der Verhandlungen völlig richtig festgestellt, dass Österreich kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem hat. Und er hat auf Ausga- 34 bensenkungen gepocht. Diese sind praktisch nicht gekommen, beziehungsweise in nebulosen Ankündigungen versteckt – etwa einer Verwaltungsreform, die uns ja schon seit Jahrzehnten versprochen wird. Und der Kampf gegen den Steuerbetrug hat nichts mit einer Steuerreform zu tun. Betrugsbekämpfung sollte jeder Finanzminister, der sich ernst nimmt, jederzeit auf der Agenda haben. Verlorene Faymann-Jahre Man muss daran erinnern: Michael Spindelegger (Nc) ist zurückgetreten, weil er sich „nicht verbiegen“ wollte. Nunmehr hat sich die ÖVP unter seinem Nachfolger gewaltig verbogen. Über die Motive kann man nur rätseln. Aber möglicherweise sitzen auch bereits in der ÖVP so viele Sozialisten – wie etwa der neue Vorarlberger Landeshauptmann –, dass es der Faymann-SPÖ ein Leichtes war, die Schwarzen über den Tisch zu ziehen. Dabei wurde eine primitive PR-Strategie angewandt: Es wurden noch größere Grausamkeiten wie etwa „echte Erbschafts- oder Vermögenssteuern“ angekündigt, die dann „verhindert“ wurden. Dafür wurden durch die Hintertür eine familien- und mittelstandsfeindliche Erhöhung der Grunderwerbssteuer (als neue Erbschaftssteuer), die Erhöhung der Steuern auf Dividenden, eine weitere Aushöhlung des Bankgeheimnisses sowie die Erhöhung des Spitzensteuersatzes durchgesetzt. Es wurde keine einzige Strukturverbesserung, keine einzige konkrete Ausgabenreduktion beschlossen; weder bei den Pensionen und Subventionen, noch bei der teuren Schulverwaltung oder beim teuren Gesundheitssystem – ein Wahnsinn, wie eine ÖVP hier zustimmen konnte. Und die SPÖ macht sich weiter über die ÖVP lustig, indem sie betont, dass selbstverständlich Vermögens- und Erbschaftssteuern weiterhin auf der Agenda der SPÖ stehen. Sie wird ihre Salami-Taktik ungehindert weiter fortsetzen. Aber angeblich soll es jetzt mit den Reformen zügig (!) weitergehen. So wünscht sich etwa Faymann eine Schulreform, die ÖVP andererseits wünscht sich eine Pensionsreform. Man kann jetzt schon Wetten abschließen, welche Reformen (nicht) kommen werden und wie diese aussehen werden. In der Pensionsreform etwa blockiert die SPÖ Hand in Hand mit dem ÖGB seit 1995. Ältere Semester können sich noch an den rührenden Vranitzky-Brief zu Weihnachten erinnern. An der nächsten Pensionsreform scheiterte Viktor Klima und es kam die schwarz-blaue Regierung. Seit 2006 ist wieder die SPÖ Kanzlerpartei und da ist etwa ein Gusenbauer-Brief aus 2008 an die Pensionisten in Erinnerung. Dass eine ÖGB-getriebene SPÖ seit Jahren bei Reformen – besonders bei den Pensionen – mauert, ist ja kein Geheimnis. Dadurch hat sich in den Faymann-Jahren die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs dramatisch verschlechtert. Das zeigen internationale Vergleiche mit erschreckender Deutlichkeit und Regelmäßigkeit. Es scheint, dass sich Werner Faymann, der ja neulich in Alexis Tsipras „einen guten Freund gefunden hat“, eher Griechenland als Vorbild nimmt als etwa Reformstaaten wie Schweden. Unter diesem Kanzler wird Österreich weiter absandeln – und die ÖVP schaut zu. Herbert Kaspar (Am) Präsentation In der ACADEMIA-Ausgabe vor 25 Jahren finden sich zwei interessante Beiträge zum Thema „Medien“. Während ein gewisser Wolfgang Brandstetter (Nc), damals noch Assistent an der Uni Wien, in einem Beitrag „Missbrauch der Freiheit“ die Frage stellt, wer den Einzelnen vor den Medien schützt, bricht der damalige stellvertretende Chefredakteur der „Wochenpresse“ Gerald Freihofner (Nc) verständlicherweise eine Lanze für die Pressefreiheit. Freihofner, selbst ein investigativer Journalist höchster Qualität – man denke etwa an die Causa Lucona – sieht allerdings auch schon vor einem Vierteljahrhundert negative Entwicklungen in seiner Branche, wenn etwa schon damals sachlich unfundierte Hetzjagden auf Politiker durchgeführt wurden. 25 Jahre später ist die Situation sicherlich nicht besser geworden. Aber der unerträgliche, permanente Amtsmissbrauch, wenn vertrauliche Akteninhalte Medien zugespielt werden, wird nach wie vor nicht geahndet. Es wäre eine interessante Aufgabe für den nunmehrigen Justizminister Brandstetter, zumindest in diesem Bereich den Schutz der Grundrechte des einzelnen Staatsbürgers zu gewährleisten. Ein zweiter großer Themenbereich dieses Heftes war das wichtige Projekt der „Neuevangelisierung – oder Re-Evangelisierung – Europas.“ Schon vor einem Vierteljahrhundert hat sich die fortschreitende Erosion der Religion deutlich abgezeichnet – auch auf diesem Gebiet ist in den letzten Jahren wohl keine Wende zum Besseren eingetreten. Herbert Kaspar (Am) Stadt.Druckerei.Wien: Qualitätsdruck findet Stadt AV+Astoria Druckzentrum GmbH Faradaygasse 6, A-1030 Wien Tel. +43/1/797 85-0 Fax +43/1/797 85-218 [email protected], www.av-astoria.at Zertifizierungen Permanenter Amtsmissbrauch R ProzessStandard Offsetdruck (ISO 12647-2) – geprüfter Qualitätsbetrieb R Österreichisches Umweltzeichen – umweltfreundliche Druckprodukte R PEFC – Förderung nachhaltiger Waldwirtschaft R FSC – Das Zeichen für verantwortungsvolle Waldwirtschaft R Print CO 2 geprüft – Klimaneutraler Druck (Klimaschutz zertifikatkauf) ACADEMIA-Präsentation Bereits zum zehnten Mal war es der ACADEMIA vergönnt, in den gastfreundlichen Räumen der Österreichischen Hagelversicherung die Präsentation des ersten Heftes des Jahres vorzunehmen. Vorstandsdirektor Josef Schmid (Merc) konnte den zahlreich erschienen Gästen von einem guten Geschäftsjahr 2014 der Hagelversicherung berichten, denn es gab im abgelaufenen Jahr keine großflächigen Hagelereignisse. Besonders hob er die Bodenschutzinitiative der Hagelversicherung gegen die zunehmende Versiegelung der landwirtschaftlichen Flächen in Österreich hervor, durch die jährlich rund 8.400 ha fruchtbaren Bodens verloren gehen. Es handelt sich dabei um eine bedenkliche Entwicklung, denn dadurch Josef Schmid, Abg.z.NR Andreas Zakostelsky (Cl), VF-x Georg Feith (GIL) und AHS-x Alexander Dörfel (Rd). ist die Lebensmittelautarkie Österreichs gefährdet, mit der Konsequenz, dass Lebensmittel aus dem Ausland importiert werden müssen. Auch geht der versiegelte Boden als CO2-Speicher verloren und beschleunigt damit den Klimawandel. Die ACADEMIA wird sich in einer ihrer nächsten Ausgaben mit diesem wichtigen Thema beschäftigen. HK 35 April 2015 DIE BESTE GESCHÄFTSVERBINDUNG IST EINE PARTNERSCHAFT Cash Management Wir leben in einer schnelllebigen Zeit – Geschwindigkeit ist auch eine Voraussetzung für Ihren geschäftlichen Erfolg. Unser Cash Management (CM) bietet Ihnen eine umfangreiche Palette erstklassiger Tools, Produkte und Dienstleistungen, die Ihre internationalen Transaktionen schneller und sicherer machen – für Sie und Ihre Geschäftspartner. Unsere CM-Experten und „International Desk“Mitarbeiter in den Ländern Zentral- und Osteuropas unterstützen Sie bei Ihren täglichen CM-Anforderungen. Wir passen unsere Zahlungsverkehrs- und CM-Lösungen an Ihre individuellen Bedürfnisse an. Mit der RBI und SEPA steht Ihnen ein einheitlicher Euro-Zahlungsverkehrsraum für grenzenlosen Zahlungsverkehr in ganz Europa offen. Die RBI übernimmt für Sie gerne auch die Abwicklung von Fremdwährungsüberweisungen in Exotenwährungen.www.rbinternational.com Raiffeisen Bank International – MEINE BUSINESS-BANK.
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