Document

Preis: Euro 3,00 . 66. Jahrgang . Erscheinungsort Wien
P.b.b. . Zulassungsnummer: 02Z030510 M
ACADEMIA, Lerchenfelder Straße 14, 1080 Wien
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Mai 2015
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Zeitschrift des Cartellverbandes der katholischen
österreichischen Studentenverbindungen
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altert nicht !
Inhalt
Titel | Der ÖCV — Selbst- und Fremdbild
Mai 2015 / Nr. 3
ACADEMIA
5
Paul Hefelle, Klaus-Lukas Zimmermann
Kultur
„Man muss ja nicht gleich Fernsehspots gestalten“
10
Thomas Franz Eisenhut, Klaus-Lukas
Zimmermann
Von „Spindeleggers Krabbelstube“
bis „Dollfuß-Verteidiger gegen die ÖH“
12
Stefan Ballnik, Jakob Luczak,
Klaus-Lukas Zimmermann
Der Österreichische Cartellverband einmal
ganz anders
Herausgeber, Medieninhaber:
ÖCV und ÖAHB
27
Mit der Herausgabe beauftragt:
Mag. Wolfgang Bamberg
Chefredakteur:
Prof. Dr. Herbert Kaspar
OÖ-Landesausstellung 2015
Hilfe: Lebensrisken und Lebenschancen
28
NÖ-Landesausstellung 2015
Layout: Tanja Pichler
ÖTSCHER:REICH — Die Alpen und wir
Ausstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .14
Rezension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .18
Medienecho . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
Zeitgeschichte
15 Gerhard Hartmann
„Glaubt an dieses Österreich!“
Leserbriefe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
Kommentar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
Anno Dazumal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
Präsentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
Politik
19
Markus Simmerstatter
20 Andreas Unterberger
Freiheit wird Unfreiheit,
Gleichheit wird Gleichmacherei
22
Paul Drobec
825 Jahre Deutscher Orden
24
Anselm Becker
Gerufen und verschenkt
Verlagsleitung: Wolfgang Bamberg
Redaktionsmanagement:
Nora Wisiak
Anschrift: Lerchenfelder Str. 14,
1080 Wien, Telefon: (01) 405 16
22 DW 30, 31. Fax DW 33,
E-Mail: [email protected]
www.academia.or.at
Repro/Druck:
AV+ Astoria Druckzentrum GmbH
Faradaygasse 6
A-1030 Wien, Tel. 01/797-85-0
Hinweis: Beiträge in der ACADEMIA,
die die offizielle Meinung des
Österreichischen Cartellverbandes
wiedergeben, sind als solche ausdrücklich gekennzeichnet. Alle anderen Veröffentlichungen stellen die
persönliche Meinung des Autors dar.
Fotos/Grafiken:
ACADEMIA-Archiv, ÖCV-Archiv,
Markus Szyszkowitz, ÖNB,
www.pixelio.de, Weinfranz, Peter
Böttcher, Landesmuseum Niederösterreich, Tyrolia Verlag, Paul Drobec, Oberösterreichische
Landesausstellung, Klaus-Lukas
Zimmermann, Kati Bruder, Christian
Gehrer, Florian Mauthe, Anton Hopfgartner, Fotostudio Wilke, Markus
Simmerstatter, Standard/Matthias
Cremer
Coverfoto: Cartoon von
Markus Szyszkowitz
Verkaufspreis:
3 Euro, Abo: 10 Euro/Jahr für Studenten, Normalabo 15 Euro/Jahr.
Für unverlangt eingesandte Manuskripte kann keine Gewähr übernommen werden.
Die Steiermark wählt
Religion
Redaktion: Anselm Becker, Gerhard
Hartmann, Johannes Haslhofer,
Paul Hefelle, Peter Hofbauer,
David Nagiller, Klaus-Lukas
Zimmermann
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Verkaufsstellen:
Wien 8: ÖCV-Sekretariat,
Lerchenfelder Straße 14
Wien 15: Trafik Evelyne Lippa,
Mareschgasse 32
Bruck/Mur: Trafik Annemarie
Kamper, Herzog-Ernst-G. 23
Hartberg: Trafik Thomas Denkmeyr,
Kirchengasse 6
Innsbruck: Trafik Norbert Wacker,
Museumsstraße 38
Innsbruck: Trafik Josef Sezemsky,
Brunecker Straße 1
Redaktionell abgeschlossen am:
30. April 2015.
Zum Postversand gegeben am:
13. Mai 2015.
Bei allen personenbezogenen Bezeichnungen gilt
die gewählte Form für
beide Geschlechter.
3
Mai 2015
Editorial
Liebe Leser!
Im Studienjahr 2014/15 wurde parallel zur Journalismusakademie des Vororts die Lehrredaktion der ACADEMIA als
zusätzliche Möglichkeit für die praktische journalistische
Betätigung junger Cartellbrüder angeboten. Unter der Leitung des ehemaligen Chefredakteurs Paul Hefelle (F-B, BbG)
haben die Mitglieder der Lehrredaktion nun den aktuellen
Heft-Schwerpunkt „Der ÖCV – Fremd- und Selbstbild“
hauptverantwortlich gestaltet und interessante Zugänge
zu dem nicht gerade einfachen Thema gewählt.
tischen Lage in der grünen Mark, wo die zahlreichen Reformschritte von SPÖ und ÖVP bundesweite Beachtung
hervorrufen.
Für Aufregung sorgen aktuelle Forderungen nach einer Überarbeitung des Gleichbehandlungsgesetzes, die zu schwerwiegenden Eingriffen in die persönliche und unternehmerische Freiheit führen würde, wie Andreas Unterberger in
seinem Beitrag warnend feststellt.
Aus aktuellem Anlass des 70. Jahrestages der Unabhängig-
Das Jahr 2015 wurde von Papst Franziskus zum „Jahr der
keitserklärung Österreichs am 27. April 1945 sowie der
Unterzeichnung des Staatsvertrages am 15. Mai 1955 erinnert Gerhard Hartmann (Baj, Ca, Cl) unter anderem an
jene ÖCVer, die noch in den letzten Kriegstagen wegen
ihres Einsatzes für ein freies Österreich hingerichtet wurden, sowie an jene, die in ganz Österreich an der Bildung
demokratischer Strukturen und dem Aufbau etwa in den
Bereichen Wirtschaft, Wissenschaft und Medien maßgeblich und in leitender Funktion beteiligt waren. Im
Vorfeld der steirischen Landtagswahl liefert Markus Simmerstatter (Cl, ErG, EKG) eine treffende Analyse der poli-
Orden“ ausgerufen und neben einem ausführlichen Einblick in die Geschichte und das Wirken des Deutschen Ordens von Paul Drobec (NdW) liefert Anselm Becker (Rg)
eine Bestandsaufnahme der Orden und Klöster in Österreich und hat drei korporierte junge Ordensmitglieder interviewt. Abgerundet wird die Ausgabe mit zwei Beiträgen
zu den aktuellen Landesausstellungen in Niederösterreich
und Oberösterreich.
Wolfgang Bamberg (Am), Herausgeber
Herbert Kaspar (Am), Chefredakteur
Redaktionell abgeschlossen am 30. April 2015.
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Titel
Ein Werkstättenbericht
Es gibt einfachere Themenstellungen als das Schwerpunktthema dieser Ausgabe, dem sich die Lehrredaktion
gestellt hat. „Der ÖCV – Fremd- und Selbstbild“ klingt im
ersten Moment simpel, wirft aber zunächst eine Reihe an
Fragen auf. Was ist das, der ÖCV, und wie kann ein Verband, der realiter wohl weit heterogener ist, als viele in
und außerhalb desselben meinen, überhaupt ein halbwegs
homogenes Selbstbild haben? Zu unterschiedlich sind die
Verbindungen untereinander, zu groß die Studienort-bedingten Spezifika und nicht zuletzt gibt es auch innerhalb
der einzelnen Verbindungen unterschiedliche Meinungen,
Zugänge, Prioritätensetzungen. Man könnte eine Mitgliederbefragung durchführen, um zu einer Selbsteinschätzung
zu gelangen. Ein hoher Aufwand in finanzieller und zeitlicher Hinsicht, der noch dazu wohl weniger aufschlussreich
als gewünscht wäre. Denn wer würde teilnehmen und wie
hoch wäre die Rücklaufquote unter jenen, die, aus welchen
Gründen immer, nur mehr sporadisch oder gar nicht am
Verbindungsleben teilnehmen? Wer könnte bei einer (sehr
positiv geschätzten) Rücklaufquote von, sagen wir 30 Pro-
zent, behaupten, die Meinung „des ÖCV“ zu kennen? Eben.
Die Auswahl der Cartellbrüder, die im betreffenden Beitrag zu Wort kommen, orientiert sich nicht an deren aktuellen Funktionen oder deren Verdiensten für den oder
im Verband. Im Gegenteil haben wir versucht, das Spektrum wenn schon nicht ganz abzudecken, so doch Mitglieder der Verbindungen aus unterschiedlichen „Richtungen“ zu Wort kommen zu lassen. Das Fremdbild: Wer
ist berufen, Auskunft zu geben? Die aktuelle ÖH-Führung,
so viel sei verraten, haben wir nicht gefragt, wenngleich
sie in einem anderen Beitrag, nämlich über eine Broschüre
über den ÖCV, zumindest indirekt zu Wort kommt.
Zu guter Letzt haben wir uns dem Thema „Der ÖCV in
den (Print)medien“ gewidmet. Das Ergebnis aller Beiträge
zusammen ist wohl geeignet, einige Fragen zu beantworten,
möglicherweise aber auch dazu, weitere Fragen aufzuwerfen. Denn diese Fragen – wo steht der Verband, wie geht
es dem Verband, wie wird es ihm in Zukunft gehen? – stellen sich täglich aufs Neue. Insofern ist dieser Schwerpunkt
auch nur der Versuch einer Momentaufnahme, die keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit erhebt.
Mag. Paul Hefelle (F-B, BbG),
Leiter der Lehrredaktion.
Paul Hefelle, Klaus-Lukas Zimmermann
„Man muss ja nicht gleich
Fernsehspots gestalten“
Fremd- und Selbstbild des ÖCV in der
heutigen Gesellschaft. Versuch einer
Annäherung in fünf Bildern.
Wenn man den Begriff ÖCV „googelt“ erhält man ungefähr 94.600, bei
„CV“ rund 951 Millionen Treffer. Der
ÖCV kommt in den ersten zehn Einträgen immerhin zwei Mal vor: Einmal
geht es um den Linzer CV-Ball, einmal
um Politik. Natürlich hat dieses Ergebnis wenig Relevanz, untypisch sind die
Treffer dennoch nicht. Denn mediale
Präsenz erlangt der Verband zumeist
durch Veranstaltungen oder im Zusammenhang mit politisch aktiven Cartell-
brüdern. „ÖVP und CV: Geschichte einer
Verflechtung“ ist der Titel des Beitrags
im „Standard“ und er fügt sich in eine
lange Reihe von ähnlichen, die Bedeutung des Cartellverbandes als mächtige
Seilschaft betonenden Beiträgen, ein.
Bild 1: Die mächtige,
einflussreiche Seilschaft
Solche Artikel mögen aufgrund ihrer
bisweilen schlechten Recherchearbeit
für Ärger sorgen, aber zumindest insgeheim sieht man sich in Cartellkreisen gern mit ihnen konfrontiert. Denn
jeder Bericht bestätigt die Bedeutung,
die dem CV zugemessen wird: Das Bild
mag hinterfragenswert sein, aber es
lebt sich ganz gut damit. Anton Hopfgartner (AIn et mult), langjähriger Verbandsfunktionär, unter anderem als
Leiter der ÖCV-Bildungsakademie,
konstatiert nicht nur „traditionell starkes Interesse und entsprechende Verbindungen in die Politik“, er bemerkt auch,
dass man dies „ebenso traditionell gerne
zur Schau stellt.“ Dies führe in der Öffentlichkeit bisweilen zur Überschätzung des Einflusses des ÖCV. Was aber
kein Problem sei, wenn man wisse,
dass „bloße Mitgliedschaft noch kein Privileg bewirkt.“
Tatsächlich führt nahezu jeder derartige Bericht, zumindest unter Ver-
5
Mai 2015
Titel
Mag. Christian Gehrer (R-D, KBB)
1999/2000 ÖCV-Vorortspräsident,
Managing Partner bei Gehrer Plötzeneder
DDWS Corporate Advisors GmbH.
Doz. Mag. Dr. Anton Hopfgartner (AIn,
AW, Kb, SchwStv), von 1993 bis 1998
Amtsträger für die ÖCV-Bildungsakademie,
von 2001 bis 2007 Vorsitzender der
ÖCV-Altherrenschaft, Träger des ÖCV-Ehrenringes. Buchautor und Geschäftsführer
bei Property Solutions s.r.o. Palladium.
Präs. a.D. em. Univ.-Prof. Univ.-Prof. h.c.
Dipl.-Ing. DDr. Dr.h.c.mult. Herbert Mang
(NdW, R-J, Nc, HEW, NdP), Vorsitzender
der Verbandsführung des ÖCV 1988 bis
1992, Altpräsident der Österreichischen
Akademie der Wissenschaften.
Florian Mauthe ist Schauspieler und
in der ÖVP engagierter Kulturpolitiker.
Aktuell Klubobmann der ÖVP-Josefstadt.
Mag. Rudolf Mitlöhner ist Journalist.
Nach dem Theologiestudium Assistent an
der Katholischen Hochschulgemeinde in
Graz, danach Redakteur bei „Die Presse“
und „Kleine Zeitung“. Von 2001 bis 2008
und nunmehr ab 2013 Chefredakteur der
Wochenzeitung „Die Furche“.
Mag. Hans Rauscher ist Journalist
und Buchautor. Er war Gründer des
Wirtschaftsmagazins „Trend“ und Chefredakteur des „Kurier“. Aktuell ist er
als Kolumnist bei der Tageszeitung
„Der Standard“ tätig.
Mag. Markus Simmerstatter (Cl, ErG, EKG,
GLK, NBK, NMG), OV-x (GCV) 1998/99,
AHLB-CR seit 2011, Gesellschafter bei
TRICOM Edelsbrunner-SimmerstatterWindisch OG, Werbeagentur.
6
©Christian Gehrer
„Es war nie der ÖCV als Verband,
„Von den Spitzenfunktiosondern immer die einzelnen Persönlichnären wird verlangt,
keiten, die dem ÖCV seine viel zitierte
gesellschaftspolitische Themen
'gesellschaftspolitische Relevanz' verlieaufzubringen, öffentlich zu
hen haben.“ Ähnlich sieht es Herbert
diesen Stellung zu nehmen
Mang (NdW et mult), von 2003 bis
und politischen Einfluss
2006 Präsident der Österreichischen
zu erwirken.“
Akademie der Wissenschaften: Es sei
erfreulich, dass die Bedeutung des
Simmerstatter verlangt ÖffentlichÖCV trotz stark geschwundenen prokeitsarbeit im Hinblick auf die einzelzentuellen Anteils in der Studentennen Mitglieder: „Obwohl vieles in unschaft nicht abgenommen habe. „Ob
serem Verband ungeheuer verknöchert
es aber tatsächlich die Bedeutung des
ist, gibt es auch ein großes Potential an
Verbandes als Dachorganisation von
Gutem. Das beweisen nicht zuletzt die
Verbindungen ist oder nicht eher eine
vielen Cartellbrüder, die sich in allen
Folge seiner vielen hervorragenden Mitmöglichen Bereichen der Gesellschaft englieder in Politik, Kirche, Wisgagieren. Das gehört sichtbarer gemacht,
senschaft, Verwaltung
denn sie sind es, die unseren Grünund – im Gegensatz
dungszweck am Leuchten halzu meiner Studiten.“
enzeit – nicht
Dass Öffentlichkeitsarzuletzt auch in
beit notwendig ist, steht
der Privatwirtauch für Rudolf Mitlöhner,
schaft, bleibe
Chefredakteur der „Furdahingestellt.“
che“, außer Zweifel: „Es
Die schärfsten
kann keiner Institution, die sich
Worte findet überernst nimmt, egal sein, ob und wie
raschenderweise
sie in der Öffentlichkeit gesehen
Markus Simmerstatter
ein aktiver Philiswird.“ „Standard“-Redakteur
tersenior, Markus Simmerstatter (Cl
Hans Rauscher plädiert zumindest inet mult): „Wir haben den Zweck, wadirekt für eine offensivere öffentliche
rum CV-Verbindungen gegründet wurDarstellung der Positionen: „Zeitge©ÖCV-Archiv
Die Interviewpartner
den, aus den Augen verloren:
bindungsmitunsere Ideale in die Gesellgliedern, zu
schaft zu tragen und die Geeiner Diskussellschaft in unserem Sinne
sion über die
mitzugestalten. Das machen
gesellschaftswir heute kaum mehr.“
politische Relevanz des ÖCV.
Kann ein DachverBild 2: Ausbaufähige
band diese haben? Christian Gehrer
Öffentlichkeitsarbeit
Und, damit zusammenhängend, hat
der ÖCV per se diese je gehabt? ChrisDie Aussage führt zur eng zusamtian Gehrer (R-D), ehemaliger Vorortsmenhängenden Frage, ob und wie
präsident, findet eine deutliche Antstark der Verband sich öffentlich powort:
sitioniert. Muss er Öffentlichkeitsarbeit betreiben und wenn ja, macht er
dies wahrnehmbar? Hopfgartner sieht
„Die Bedeutung des Verbandes
sie als nahezu wesensbildend:
an sich ist völlig irrelevant.“
Rauscher sieht denn auch die Herausforderung „ein christlich-elitäres Politikbild in die heutige Zeit zu übersetzen,
ohne als eine Art ‚Opus Dei‘ zu erscheinen.“ Für Hopfgartner ist das Bekenntnis zum Glauben und der Kirche
wesentliches Element des Selbstverständnisses: „In diesem Punkt lässt der
ÖCV wenig Spielraum für Andersdenkende. Ansonsten würde eine tiefergreifende
Auseinandersetzung mit den Prinzipien
aufzeigen, dass die Änderungen über 150
Jahre doch größer sind, als man oft gerne
zugeben möchte, letztendlich auch
zwangsläufig – wie sollte beispielsweise
ein Patria-Prinzip in der Habsburgermonarchie mit dem eines
Österreich im Jahr
2015 ident sein
können?“
Auch Mang
findet deutliche Worte:
„Die zu jeder
Zeit in der Geschichte des ÖCV
entscheidende Frage
Herbert Mang
ist die einer angemessenen Reaktion auf Wertvorstellungen,
die mit dem Prinzip religio nicht in Ein-
©Fotostudio
Wilke, Wien
©Florian Mauthe
stellungen wird der ÖCV wohl auch in
mäß ist der ÖCV, wenn er sich als erkennZukunft nicht gefeit sein. Solange unser
bare Stimme im modernen MeinungsVerhalten als CVer im öffentlichen
spektrum etabliert.“ Wobei die Bewerund privaten Bereich dertung aus journalistischer Sicht
artige Klischees nicht
durchwachsen ausfällt: Mitnährt, ist Gelassenlöhner erkennt „persönlich
heit darüber anschon“ eine Öffentlichgezeigt, wie eine
keitsarbeit, aber die öfgrößtenteils infentliche Präsenz könne
differente Öffentstärker sein. Auch das Bild
lichkeit den ÖCV
des ÖCV sei „verbesserungssieht.“ Im Sinne
würdig“. Für Rauscher bietet
von „Burschen hesich ein ähnliches Bild: Der CV
raus“ könne und solle
sollte noch mehr an die ÖffentFlorian Mauthe
der Verband allerdings
lichkeit treten.
zu Aktivitäten wie Protestmärschen
Außer natürlich, wenn es aktuelle
und Stellungnahmen in den Medien
Debatten verlangen, wie Florian Mautaufrufen, „wenn es um die Durchsetzung
he als Dritter der befragten Außenstevon Wertvorstellungen beziehungsweise
henden umreißt. Mauthe, von Beruf
die Verhinderung inakzeptabler gesellSchauspieler und Klubobmann der
schaftspolitischer Vorhaben geht“.
ÖVP-Josefstadt: „Die Öffentlichkeitsarbeit ist sehr defensiv. Er tritt zu wenig
nach außen hin erklärend auf. Man muss
Bild 3: „Und zum
ja nicht gleich Fernsehspots gestalten,
Schutze der Altäre…“
aber Fakt ist, dass der Großteil der Bevölkerung nicht weiß, wer der ÖCV ist.“
Ein wesentliches UnterscheidungsMang sieht die Frage entspannter:
merkmal zu waffenstudentischen Kor„Wie der ÖCV in der Öffentlichkeit geporationen ist das katholische Prinzip,
sehen wird, hängt auch von der Brille der
das auch in der öffentlichen WahrBetrachter ab. Vor negativen Klischeevornehmung eine Rolle spielen sollte.
Manche kritisieren, Politik würde
zunehmend durch Populismus ersetzt.
Die Steiermark zeigt,
dass es auch anders geht.
Zusammenarbeit statt Parteienstreit. Mutige Reformen.
Keine neuen Schulden. Viele in Österreich bewundern,
was wir in der Steiermark zusammengebracht haben.
Jetzt wollen wir unser Land ganz nach vorn bringen.
Hermann Schützenhöfer
und die Steirische Volkspartei
7
Mai 2015
Titel
müssten: „Wir sind kein studentischer
staubtes Image“ zu, allerdings nicht
Folkloreverein, sondern eine Weltanaufgrund der Traditionspflege: „Diese
schauungsgemeinschaft! Das war der
kommt ja prinzipiell gut an, man denke
Gründungsmythos, den wir mit neuem
nur an diverse Trachtenverbände und
Leben befeuern sollten!“ Auch Hopfgartähnliche Organisationen. Aber der CV
ner stellt das Weltanschauliche in den
tritt eben erst in Erscheinung, wenn er anFokus: Darin unterscheide sich der
gegriffen wird oder sich positionieren, im
Verband von Traditionsvereinen, bei
Fall der Schlagenden abgrenzen, muss.
denen die Geselligkeit im VorderDabei geschieht die Verwechslung ja desgrund stehe: „Diese ist natürlich auch
halb, weil der Verband erst in Erscheibeim ÖCV eine wichtige Komponente,
nung tritt, wenn es einen Grund zur Ababer am Ende sind es Ideologie und gegrenzung gibt.“
meinsame Wertvorstellungen, die uns als
Rauscher sieht die Traditionspflege
Gemeinschaft zusammenhalten.“
als notwendig an, sie löse aber „bei etlichen in meinem Umfeld und in der öfBild 4: Image: Verstaubt
fentlichen Meinung“ Aggressionen aus.
Bild 5: Die richtigen Fragen
und unmodern
Sie könnte beibehalten werden, wenn
stellen, Alternativen bieten
es gelänge, dem ÖCV ein moderneres
Letzte und spannendste Frage: Hat
Image zu geben: „Inhaltlich unterscheider ÖCV Zukunft und wenn ja, welWas den Zustand des Verbandes
det sich der ÖCV für mich ausreichend
chen Herausforderungen muss er sich
und dessen Ausrichtung in Zukunft
von den Deutschnationalen, er müsste
im Besonderen stellen? Mitgebetrifft, lautet für Gehrer die richtige
das aber für die vielen oberflächdacht sind die Frage nach
Frage, welche Fragen die Gesellschaft
lich Informierten viel stärker
couleurstudentischen
bewegen und welchen Beitrag der CV
transportieren.“
Traditionen und die
dazu leisten kann: „Es geht nach wie
Auch Mitlöhner erin der Öffentlichvor um Eigenverantwortung gegen Verkennt in der Traditikeit vermeintlich
sorgungsgesellschaft. Kraft der kleinen
onspflege kein Proauch dadurch zu
Einheit gegen die Wucht des Kollektivs.
blem: „Grundsätzlich
wenig erkennbare
Die Kraft der Vielfalt gegen die Gleichmeine ich, dass man die
Abgrenzung
zu
macherei auf allen Ebenen. Das ist die
Bedeutung des Symbolischen
„den Schlagenden“.
große gesellschaftliche Bruchlinie in der
nicht unterschätzen darf. Die
Hopfgartner erkennt „eiwir uns nach wie vor bewegen.“ Die entAbgrenzung gegenüber den
nen gewissen Stolz“ dascheidende Frage sei, ob „VerbindunAnton Hopfgartner
deutschnationalen Burschenrin, „dass sich die Grundgen attraktiv für die Opinion Leader, die
schaften ist objektiv sicher ein Problem,
prinzipien seit Gründung der ersten
Persönlichkeiten von morgen“ seien. „Da
zumal viele Medien das ja gerne in einen
Verbindungen nicht geändert haben“. Der
haben wir eindeutig Defizite“, so der
Topf werfen. Zu den LieblingsÖCV stehe für Werthaltigkeit und
pessimistische Schluss.
narrativen der Linken zählt
Kontinuität im Gegensatz zu laufenAuch Simmerstatter
ja die möglichst bruchlose
den Veränderungen nach der jeweilizieht eine kritische
Verbindung von ‚konsergen Mode. Dementsprechend hängt
Bilanz: „Mein Envativ‘ über ‚extrem
für ihn die Zukunftsfähigkeit auch von
thusiasmus gegenrechts‘ bis ‚rechtsexdiesen „gemeinsamen Werten und der
über dem ÖCV ist
trem‘. Aber ich glaube,
Disziplin, diese zu leben“ ab: „Wenn der
bis heute groß. Dendamit muss man leben.
ÖCV sich klar positioniert, in der Öffentnoch stelle ich eine
Inhaltlich kann und muss
lichkeit etwas bewegt und das Prinzip der
fortschreitende Verknöman sich abgrenzen, und
Lebensfreundschaft bewahrt, ergibt sich
cherung fest. Ich habe das
dort, wo es im äußeren Erscheialles andere. Geradlinigkeit und EngageGefühl, dass es uns mehr
Hans Rauscher
nungsbild historisch gewachsene
ment werden immer wieder aufs Neue junum Formalismen geht, dass
Ähnlichkeiten gibt, ist das eben so.“
ge Menschen anziehen.“
man Angst vor Veränderung hat, und eiGehrer betont, dass Inhalte mehr
Mauthe hält den CV wohl für zeitnem Ideal der Vergangenheit anhängt,
denn je über den Traditionen stehen
gemäß, schreibt ihm aber ein „verdass es so wahrscheinlich nie gab.“ Und
©DER STANDARD
Matthias Cremer
©Anton Hopfgartner
klang gebracht werden können.“ Für
Gehrer ist nicht das Bild des CV, sondern jenes des katholischen Couleurstudententums von Bedeutung: „Ist
es nur studentisches Brauchtum? Oder
ist es eine echte Lebensschule? Ist es eine
Ansammlung von Menschen, die gerne
Bier trinken und Lieder singen? Oder sind
wir eine Wertegemeinschaft, die den Auftrag ernst nimmt, dass jeder an seinem
Platz auf Basis unserer Werte in und für
die Gesellschaft bereit ist, Verantwortung
zu tragen?“
8
©Kati Bruder
zu Gender-Mainstreaming und ‚Antidisobwohl die Frauenfrage für den Verkriminierung‘. Unter dem Deckmantel
band aktuell kein Thema zu sein
des letztgenannten Begriffes findet ja eine
scheint, bringt der gebürtige Kärntner
soziopolitische Umerziehung
sie aufs Tapet: „Durch die unbisher kaum gekannten
geklärte Frauenfrage werden
Ausmaßes statt, gegen
uns, zum Beispiel, auf
die man gar nicht entlängere Sicht ganze Beschlossen genug –
rufsgruppen (Lehrer,
freilich in christlicher
Richter, et cetera) wegGelassenheit und
brechen. Dazu kommt,
ohne ‚Schaum vor dem
dass wir uns in unserem
Mund‘ – auftreten
eigenen (gesellschafts-)pokann.“ Falsch wäre es,
litischen Biotop gut ausgebildas Profil zu verwässern,
dete Frauen als CV-Gegner heRudolf Mitlöhner
um medial besser rüberzuranzüchten. Weil sich viele von
kommen – diesem Irrtum unterliege
uns ausgesperrt fühlen.“
ja auch die ÖVP immer wieder:
Mitlöhner erkennt „vermutlich auch
im CV weniger Geschlossenheit, oder –
positiv formuliert – mehr Pluralismus“,
„Ernst genommen wird
sodass es schwieriger sei, mit einer
man – auch und gerade vom
Stimme zu sprechen. Aber das sei der
Gegner – nur, wenn man
Zug der Zeit – „und nicht nur negativ zu
vermitteln kann, wofür
sehen“. Angesiedelt im Spannungsfeld
man steht.“
zwischen katholisch, liberal und konservativ, müsse man sich vor allem daStichwort ÖVP: Mang berichtet,
durch profilieren, „Alternativen zum
dass während seiner Aktivenzeit in
linksliberalen Mainstream zu formulieren
den 1960er Jahren vor allem die Alt– pointiert gesagt zu alldem, was uns dieherrenschaft mit der Frage beschäftigt
ser ständig als ‚alternativlos‘ präsentiert:
gewesen sei, ob die Zugehörigkeit zum
vom Umverteilungspopulismus bis hin
ÖCV mit der Mitgliedschaft in politi-
schen Parteien, deren weltanschauliche Ausrichtung zumindest teilweise
den Prinzipien des Cartellverbandes
widersprach, kompatibel sei.
Wie sich die Zeiten ändern: Heute
sind es die steirischen Jung-Grünen,
die per innerparteilichem Antrag die
Unvereinbarkeit einer grünen Mitgliedschaft, Kandidatur oder Mitarbeit bei
„Männerbünden mit antifeministischen
Strukturen und dem Glauben an elitäre
Gesellschaftsordnungen“ festhalten wollen. Weil ein Cartellbruder aus Leoben
bei der dortigen Gemeinderatswahl
und ein Mitglied einer Akademischen
Sängerschaft bei der Landtagswahl für
Grün kandidieren wollten, ihre Kandidatur aber nach Diskussionen zurückgezogen haben. „Ihre Sorgen möchten wir haben“ ist man geneigt den
Jung-Grünen zuzuraunen.
Die Autoren
Mag. Paul Hefelle (F-B, BbG) ist als politischer Referent und Redakteur in Wien tätig.
Von 1999 bis 2005 war er Chefredakteur
der ACADEMIA, aktuell ist er Leiter der
Lehrredaktion.
Klaus-Lukas Zimmermann, MA BA (F-B) ist
ÖCV-Kommunikationsreferent und Chefredakteur der ACADEMIA Intern.
9
Mai 2015
Titel
Thomas Franz Eisenhut, Klaus-Lukas Zimmermann
Von „Spindeleggers Krabbelstube“
bis „Dollfuß-Verteidiger gegen die ÖH“
Ein Streifzug durch die mediale Präsenz
des ÖCV in den letzten beiden Jahren
Nach der ÖH Wahl 2013 sorgt die Personalpolitik des Leiters des Sozialreferats an der
Universität Graz, eines Funktionärs des Kommunistischen Studentenverbandes, für große
Empörung im ÖCV. Die Zeitung „Österreich“
greift die Geschichte in einem kurzen Artikel
auf. Konkret wird dem Leiter vorgeworfen, zwei
Mitarbeiter aufgrund ihrer Mitgliedschaft im
ÖCV entlassen zu haben. Dabei wird im
„Österreich“ Artikel auch „CV-Chef“ Arno
Lerchbaumer (Trn, ErG, EKG) zitiert, der die
Entscheidungen als „ideologisch motiviert“ bezeichnet. Das Argument der anderen Seite:
„Wir haben im Mai gewählt, ein neues Team sucht
sich seine Mitarbeiter aus“. Mit dem von der ÖH
bekannten Nachsatz: „Wir wollen kein sexistisches und homophobes Gedankengut“.
Ein Beitrag in der „Furche“ beschäftigt
sich anlässlich des 75. Jahrestages des „Anschlusses“ Österreichs an Nazi-Deutschland und der
neu überarbeitet herausgegebenen Publikation
„Farben tragen, Farbe bekennen 1938–1945“
(Hrsg.: Herbert Fritz/Peter Krause [Rt-D]) mit katholisch Korporierten im Ständestaat und im
Widerstand gegen das NS-Regime. Es wird berichtet, dass CVer die personelle Elite des Ständestaates bildeten und der Einmarsch der Hitler-Truppen 1938 für sie eine „Bedrohung für Leib
und Leben“ bedeutete. Bereits mit dem ersten
„Prominententransport“ wurden viele führende
Politfunktionäre und CVer in das KZ Dachau
geschafft, darunter herausragende Persönlichkeiten wie Leopold Figl (Nc) und Alfons Gorbach
(Cl). Erwähnt werden auch bedeutende CV-geprägte Widerstandsgruppen wie „Scholz-Kastelic-Lederer“ und „Maier-Messner-Caldonazzi“.
„Die Presse“ begibt sich auf die Suche
nach den jugendlichen Wurzeln österrei-
10
chischer Politiker und thematisiert als konkretes Beispiel die CVer in der Bundesregierung.
In einer kurzen Vorstellung des ÖCV kommt
auch der damalige Vorortspräsident Florian
Tursky (AIn) zu Wort: „Wir stehen für katholische, christliche Soziallehre, mit einem klaren Bekenntnis zur Republik Österreich“.
Anlässlich des Burschenschaftertreffens
in Innsbruck kommt es zu Protesten, im Rahmen derer auch ein Innsbrucker Cartellbruder
verletzt wird. Der ÖCV veröffentlicht eine Presseaussendung, die von gleich sechs Medien
aufgegriffen wird. Vorortspräsident Tursky erinnert daran, dass die letzten gewalttätigen
Übergriffe gegen katholische Couleurstudenten in der NS-Zeit Platz gegriffen hätten. In der
Gratiszeitung „Heute“ wird auf die Unterschiede zwischen CV und Burschenschaftern hingewiesen: „Der Cartellverband teile zwar optisch
die ‚Wix, das Outfit‘, mit den Burschenschaften,
die eindeutig deutschnationale Gesinnung lehnt
dieser allerdings ab“.
Im „Falter“ wird über die Personal- und
Nachwuchspolitik der ÖVP berichtet. Einerseits
sei es positiv, wenn junge Menschen wie Sebastian Kurz eine Möglichkeit in der Politik
bekommen. Andererseits müsse die Personaldecke der Volkspartei dünn sein, wenn „Nichtakademiker“ das Außenministerium übernehmen. Unter Hinweis auf Gernot Blümel (Nc),
der vom Kabinett seines Bundesbruders Spindeleggers (Nc) auf den Posten des Generalsekretärs gewechselt hat, schreibt die Zeitschrift
von der „Stahlhelmtruppe Spindeleggers“, die sich
„aus der Jungen ÖVP, dem Cartellverband und
dem ÖAAB“ rekrutiere. Blümel wird als „tüchtig,
eloquent, professionell und ehrgeizig“ bezeichnet.
28. August 2014
„Django soll
die ÖVP retten“
14. Februar
2014
„Cartellverband:
Seilschaft der
ÖVP“
13. Dezember 2013
„Spindeleggers Stahlhelmtruppe – Jugend
voraus? Von wegen. Die
jüngsten Personalentscheidungen in der ÖVP
deuten auf eine Verengung der Partei“
28. Oktober 2013
„Die Politik-Krabbelstuben der Spindeleggers und Faymanns –
Der Cartellverband
und die Sozialistische
Jugend – nach wie vor
ein wichtiges
Personalreservoir“
Anfang des Jahres 2014 berichtet die
„Tiroler Tageszeitung“ ausführlich über eine
nächtliche Krisensitzung und eine bevorstehende Obmann-Debatte in der ÖVP. Als ent-
29. August 2013
Österreichischer Cartellverband im Widerstand
21. November 2014
„ÖH trifft Cartellverband: DollfußVerteidiger gegen
Kommunistinnen“
21. Oktober
2014
„Cato und Django
– der Cartellverband regiert“
28. Februar 2015
„Außen geschlossen,
innen autoritär“
13. April 2015
„Grüne Jugend will
Verbot für Männerbündler
in Parteistatuten“
scheidenden Fehler macht Anton Pelinka die
Personalauswahl fest: „Spindelegger orientiert
sich […] nur […] an […] Niederösterreich, ÖAAB
und CV.“ Erstmals seit der Ära Josef Klaus (Rd)
habe der Cartellverband wieder eine enorm
wichtige Bedeutung in der Volkspartei übernommen.
Im „Standard“ erscheint ein Beitrag über
20. April 2014
„ÖVP-Frauenchefin Schittenhelm:
‚Ich wurde zurückgepfiffen‘“
14. Jänner 2014
„Der Anfang vom
Ende„
30. November 2013
Katholischer Farbstudent von Anti-Burschenschafter Demonstranten
verletzt
20. Juli 2013
„Wirbel bei ÖH: KPÖler wirft Experten rausCV sieht ‚ideologische
Motive‘“
Michael Spindelegger und Reinhold Mitterlehner (A-D), welche beide bei CV-Verbindungen
sind: „[…] viele Regierungsmitglieder der ÖVP sind
im CV […] nur Sebastian Kurz und Andrä Rupprechter sind keine Mitglieder“ heißt es in dem
Beitrag, der allerdings eine Ähnlichkeit zu Burschenschaften konstruiert und damit bei nichtwissenden Außenstehenden einen „ist eh alles
dasselbe“-Eindruck erweckt.
Im „Presse“-Interview mit ÖVP-Frauenchefin Dorothea Schittenhelm wird auch
der ÖCV thematisiert. Schittenhelm sagt, dass
sie „weder einen positiven noch negativen Zugang“
hat, zeigt aber Informationslücken: „Es gibt im
Cartellverband außerdem auch Frauen.“
Das Bekanntwerden von Reinhold Mitterlehners Couleurnamen „Django“ beschert
dem ÖCV viel mediale Aufmerksamkeit. So
auch auf der Titelseite der Zeitung „Österreich“
wo „Django“ als „neue schwarze Wunderwaffe“
bezeichnet wird. Mitterlehner selbst sagt, dass
er sich als einer sieht, „der nicht schnell schießt“.
„Der Standard“ veröffentlicht eine
sechsteilige – teils überraschend objektive – Artikelserie über den ÖCV. In diesem ersten Teil
werden Kontakte in die Politik und CVer als
Politiker thematisiert. Im Mittelpunkt stehen
die Werdegänge von Michael Spindelegger und
Reinhold Mittlerlehner. In einer Grafik werden
weitere bekannte Mitglieder des Cartellverbandes aufgezählt.
Aufgrund der Diskussionen über ein
Couleurverbot auf der Uni Wien lädt der WCV
Vertreter der ÖH zu einer Podiumsdiskussion,
die dem „Standard“ einen ausführlichen Be-
richt wert sind. Schon der Einstieg des Artikels
– „Würde Helmut Qualtinger noch leben, heute
würde er erfahren, was Brutalität wirklich ist.“ –
gibt Aufschluss über die Hitzigkeit der Diskussion. Tatsächlich, so die Autorin weiter, stelle
eine Diskussion zwischen der ÖH und dem
ÖCV ein Fußballspiel zwischen Simmering
und Kapfenberg in den Schatten: „Hier treffen
konservative, katholische Männer auf feministische
Kommunistinnen.“
In einer Analyse im „Kurier“, die sich
mit der Personalrekrutierung der beiden ehemaligen Großparteien ÖVP und SPÖ beschäftigt, konstatiert der Politikwissenschaftler Anton Pelinka ein „Austrocknen der traditionellen
Milieus“. Eine rein „geschlossene“ Partei neige
zu Ausgrenzungen und dies hänge mit dem
Mangel an Spitzenpersonal zusammen, warnt
Pelinka und nennt „offene Vorwahlen“ als Ausweg. Ein zweites Problem seien die „veralteten
Strukturen“, wobei er beispielhaft die SPÖ-Simmering anführt: „(Sie) sitzt […] in […] Sektionen
und wartet, dass […] Leute vorbeikommen.“ Der
Fokus liegt also auf der SPÖ, die laut Pelinka
die Transformation von einer „Lagerpartei“ zu
einer „offenen Partei“ bis heute nicht erreicht
hat. Da habe die ÖVP es besser, weil sie nach
wie vor vom Cartellverband rekrutieren könne.
Der Antrag der „Jungen Grünen Steiermark“, ob man Mitglieder katholischer Studentenverbindungen in die Partei aufnehmen soll,
war dem „Standard“ einen Artikel in der Online-Ausgabe wert. Die Journalistin führt dabei
die Definition von Männerbünden der „Jungen
Grünen“ an: „[…] welche sie als Strukturen, die
Frauen aufgrund ihres Geschlechts als Mitglieder
ausschließen und aus einer politischen Motivation
heraus die Gesellschaft verändern wollen […]“.
Die Autoren
Thomas Franz Eisenhut, BA (Am) studiert im Masterstudium Unternehmensführung und Politikwissenschaft.
Klaus-Lukas Zimmermann, MA BA (F-B) ist ÖCVKommunikationsreferent und Chefredakteur der
ACADEMIA Intern.
11
Mai 2015
Titel
Stefan Ballnik, Jakob Luczak, Klaus-Lukas Zimmermann
Der Österreichische Cartellverband einmal ganz anders
Wie das katholische Couleurstudententum
von der linken ÖH gesehen wird
– ein Unbild.
Dieser Artikel aus der ACADEMIALehrredaktion entstand einen Monat
vor den kommenden Wahlen an den
österreichischen Hochschulen von 19.
bis 21. Mai 2015. Bereits im Jahr 2013
recherchierte die ÖH über den Österreichischen Cartellverband und legte
eine umfangreiche Broschüre mit dem
Titel: „Konservativismus. Elitarismus.
Männerbündelei. Der Österreichische
Cartellverband, Dachverband katholischer Studentenverbindungen“ auf 1.
Nachdem bereits nach ein paar Seiten
die Auflösung des ÖCV gefordert wird,
kann man sich schon denken, wie es
weiter gehen wird – und man wird
auch nicht enttäuscht: Auf unglaublichen 192 Seiten wird der ÖCV vor
allem eines: schlecht gemacht und für
seine Wertvorstellungen und seine
Geschichte ausnahmslos kritisiert. Das
Ziel des Autorenteams der ACADEMIA-Lehrredaktion ist es, mit diesem
Artikel ausgewählte Kritikpunkte der
ÖCV-ÖH-Broschüre aufzuzeigen und
die Frage nach der Seriosität dieses
Druckwerks zu beantworten.
1 Der ÖCV-Historiker Gerhard Hartmann (Baj, Ca,
Cl) widmete der ÖCVÖH-Broschüre bereits
im Juni 2013 einen Artikel
in der ACADEMIA.
Liest man sich das Vorwort zur
ÖCV-ÖH-Broschüre durch, so wird
dem Leser schnell klar, dass die ÖHRedaktion ein Bild des ÖCV darstellt,
welches eher einer Geheimgesellschaft
mit unlauteren Kontakten in der Politik, der Wirtschaft und dem Hochschulsektor entspricht. Der ÖCV wird
auf diesen ersten Seiten als „exklusive
Elitegesellschaft“, die bestimmte Per12
sonen ausschließt und ein eigenes
Weltbild vertritt, kritisiert. Ein kurzer
Nebensatz ruft zur Differenzierung
zwischen den „Verbindungen des Cartellverbandes“ und den „schlagenden,
deutschnationalen Burschenschaften“
auf. Die Aufarbeitung der Rolle des CV
in Zeiten des Ständestaates wird hingegen sehr stark gefordert. Abschließend erklärt die „Österreichische HochschülerInnenschaft [sic!]“ ihre Intention:
aufzuzeigen „[…] welche Rolle der Cartellverband in der Politik in Österreich beziehungsweise in der Gesamtgesellschaft
spielt“. Diese so viel geforderte Transparenz wird von linker ÖH Seite so
vollzogen, dass das eigene Redaktionsteam sich nur mit den Vornamen zu
Wort meldet.
„heteronormativ“
Der erste Beitrag „Der Österreichische
Cartellverband“ stößt bereits mit seinem Untertitel „Versuch einer Einleitung“ an die Grenzen seiner Glaubwürdigkeit. Ziemlich detailliert
werden der Aufbau und die Struktur
des ÖCV auf Grundlage verschiedener
Quellen dargelegt. So fehlen weder der
Werdegang eines Fuxen zum Burschen bis in das Philisterium, noch
die Erklärung der einzelnen Prinzipien. Für Interessierte auf den ersten
Blick eine gute Übersicht des Alltags
in katholischen Studentenverbindungen. Dennoch sind die Formulierungen des Autors bezüglich der Tradition
und Geschichte sehr herablassend.
So schreibt er, dass die „[…] Kleidung
der Verbindungsstudenten immer noch
so schräg (ist) wie vor 150. Jahren […]“
oder, dass das „[…] verbindungsstuden-
tische Gedankengut seiner Zeit hinterherhinkt.“ Sehr stark wird auch das Bekenntnis zum katholischen Glauben
und zur christlichen Soziallehre kritisiert. Von vorne bis hinten „durch-gegendert“, werden diese Aussagen noch
mit – aus anderen Broschüren bereits
bekannten – Schlagwörtern aus dem
ÖH-Duden ausgeschmückt, wie etwa
„heteronormativ“ oder „antiegalitär“.
Da zeigt sich, dass man aus den zitierten Quellen wie „Wikipedia“ oder der
ÖH-Zeitschrift „Unique“ nicht alles
glauben darf, was drinnen steht.
Beim zweiten Text handelt es sich
um ein Interview mit Professorin Renée Schroeder, welche die Professur
für RNA-Biochemie am Zentrum für
Molekulare Biologie innehat und unter anderem 2012 durch ihren Austritt
aus der Österreichischen Akademie der
Wissenschaften für Aufsehen sorgte.
Als Gründe für ihren Austritt werden
von der ÖH vor allem „die unerträglichen Seilschaften des Cartellverbandes“
aufgeführt, von welchen im Interview
selbst nie die Rede ist. Der Präsident
der Akademie, Univ.-Prof. Anton Zeilinger (M-D, AIn), wird zwar genannt,
wurde jedoch erst nach Schroeders
Austritt Präsident. Direkt auf den Cartellverband angesprochen sieht sie das
Problem nicht im Ausschluss von
Frauen, sondern in den Seilschaften
als solches. Selbst gibt sie aber zu, ein
„gutes“ Frauennetzwerk zu führen. Sie
wirft der Akademie vor, bei der Stellenvergabe nicht nach Qualität oder
fachlicher Exzellenz vorzugehen, sondern sich an zu stark männlich geprägte Seilschaften zu halten und Frauen
sowie andere Ethnien zu diskriminieren. Als Beispiel dafür nennt sie Ruth
Wodak, welche sie einige Male erfolglos für die Aufnahme in die Akademie
vorgeschlagen hat. Die Ablehnung der
Akademie führt sie auf die linken Ansichten von Wodak und sogar auf Antisemitismus zurück. Gleichzeitig
spricht sie Zeilinger aber wegen seiner
Weltanschauung und katholischen
Grundhaltung die Berechtigung ab,
Präsident der Akademie zu sein. Sie
prangert auch den Katholizismus an,
welcher in Österreich keine Religion,
sondern „eher ein politisches Statement“
sei und geht sogar so weit, dass sie die
Vermittlung von Religion in der Schule indirekt für das schlechte Abschneiden der Schüler in den MINT Fächern
verantwortlich macht.
Keine Objektivität
Was wäre eine Aufarbeitung des
ÖCV ohne eines seiner prominentesten Mitglieder? Der engen Beziehung
zwischen Engelbert Dollfuß (F-B) und
dem ÖCV wird ein umfassender Beitrag von einem ehemaligen Verbindungsmitglied gewidmet. Unter dem
Titel „Die Dollfußstraße ist keine andere
als die traditionelle CV-Straße“ wird die
Geschichte des ÖCV zur Zeit des Ständestaates analysiert. Der Autor bedient
sich einer einfachen manipulativen
Strategie. Durch das Hervorheben von
CVern, welche im Ständestaat wichtige Funktionen bekleideten, sowie einiger, aus dem Zusammenhang gerissener, Äußerungen aus der Zeit vor
1938. Dabei soll, ohne historische Gesamtbetrachtung der damaligen Zeit,
ein verzerrtes Urteil über den ÖCV
sprichwörtlich erzwungen werden.
Die historische Tatsache, dass in diesen staatspolitischen Entwicklungsphasen ebenso linke Bewegungen antiparlamentarische Bestrebungen
hegten, wird komplett ausgeblendet
und nicht in die „wissenschaftliche“
Diskussion miteinbezogen.
Beim Vergleich von CV mit Burschenschaften wird ausführlich auf
die Ähnlichkeiten in Comment und
als Netzwerk hingewiesen und nur
knapp auf die Unterschiede, allen voran auf die Mensur, eingegangen.
Nach einer kurzen Vorstellung, in
welcher Burschenschaften als vor allem politisch rechtsstehend, der CV
hingegen vor allem im Hinblick auf
seine „elitäre und männerbündische
Struktur“ als „problematisch“ beschrieben werden, werden Vergleiche nach
verschiedenen Gesichtspunkten angestellt.
Aus geschichtlicher Sicht wird einerseits die Identifikation des CV mit
dem Ständestaat und andererseits die
Identifikation der Burschenschaften
mit der NS-Ideologie angeführt.
Fazit: Gleich von Anfang an merkt
man beim Lesen der Broschüre, dass
hier zwei verschiedene Welten aufeinandertreffen. Sie gibt sich selbst das
Ziel, die Rolle des CV in der Politik
herauszufinden, kritisiert aber hauptsächlich das Weltbild und vor allem
das katholische Fundament des CV.
Nicht Objektivität bildet die Basis dieser Analysen, sondern das eigene, linke Weltbild, welches unter vorgeheuchelter Toleranz allen aufgezwungen
werden soll. Klischees, Verallgemeinerungen und Übertreibungen
durchziehen die gesamte Broschüre.
So wird der Aufbau von Verbindungen als von „Regelwerken geprägte Hierarchie, unterwürfiger Gehorsam und
Disziplin bis zur Selbstaufgabe“ beschrieben. Der größte Dorn im Auge
sind ihnen die Seilschaften, welche
sich im CV bilden und die der einzige
Grund sind, selbigem beizutreten –
es ist nur allzu verständlich, dass
Menschen ohne eigene Werte – abgesehen von vollkommen falsch verstandener Toleranz – diese auch allen
anderen absprechen müssen. Ironie
des Schicksals ist es, dass die ÖH mit
der Bekämpfung des „Klerikalismus“
im CV direkt in die Fußstapfen der
Burschenschaften tritt, welche bereits
vor über 100 Jahren dieses erklärte
Ziel verfolgten. Eine weitere Ironie
ist, dass die Kampfschrift durch ÖHBeiträge – also indirekt auch durch
die Aktivitas – (mit) finanziert wurde.
Fraglich ist auch, welchen Absatz die
Broschüre gefunden hat – denn, ganz
ehrlich: wen interessiert's?
Die Autoren
Stefan Ballnik, MA (Merc) studierte Politikwissenschaften an der Universität Wien und
ist Lehrbeauftragter beim Roten Kreuz.
Jakob Luczak, BA (AW) ist Student der
Germanistik an der Universität Wien.
Klaus-Lukas Zimmermann, MA BA (F-B) ist
ÖCV Kommunikationsreferent und Chefredakteur der ACADEMIA Intern.
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13
Mai 2015
Ausstellung
Alle Fotos: © ÖNB
Figl
von Österreich
Am 9. Mai 2015 jährte sich zum 50. Mal der
Todestag Leopold Figls (Nc et mult). Dieses Jubiläum ist Anlass für eine Ausstellung, die dem
wechselvollen Leben dieses besonderen Politikers
gewidmet ist. Als Bauernsohn in Rust im Tullnerfeld zur Welt gekommen, führte ihn sein Weg
nach einem Studium an der Hochschule für Bodenkultur zunächst in den Bauernbund. Als prominenter Vertreter des Ständestaates nach dem
„Anschluss“ verhaftet und in das KZ Dachau gebracht, wurde er erster Bundeskanzler der 1945
neu entstandenen Republik. Berührend noch
heute seine Weihnachtsansprache aus diesem
Jahr. Während seiner Funktion als Außenminister erlangte Österreich mit dem Staatsvertrag
wieder seine Unabhängigkeit. Ab 1962 bis zu seinem frühen Tod widmete er seine Arbeitskraft
erneut als Landeshauptmann seiner engeren Heimat Niederösterreich.
Die von Ernst Bruckmüller (Nc) und Elisabeth
Vavra kurartierte Ausstellung ist noch bis 26. Oktober im Landesmuseum Niederösterreich in St.
Pölten zu besichtigen.
Näheres unter: www.landesmuseum.net
Am Balkon des Schloss Belvedere.
Unterzeichnung des Österreichischen Staatsvertrags
im Oberen Belvedere.
Unterschriften und Siegel
im Vertragswerk.
Figl triumphiert nach der Konferenz.
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Umsetzung ihrer Vorhaben.
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.com/raiffeisenooe
14
Zeitgeschichte
Gerhard Hartmann
„Glaubt an dieses Österreich!“
Ein Rückblick in das Jahr 1945 — vor 70 Jahren
Am frühen Abend des 26. April
1965 folgten rund 40.000
Menschen dem Aufruf der Arbeitsgemeinschaft Katholischer Verbände (AKV) und versammelten
sich zu einer Gedenkveranstaltung
auf dem Wiener Stephansplatz. Es
sollte dabei sowohl an den 27. April
1945, der Unabhängigkeitserklärung Österreichs vor 20 Jahren,
als auch an den 15. Mai 1955, den
Staatsvertrag vor zehn Jahren,
erinnert werden.
In der ersten Reihe saß todkrank
und in eine Decke gehüllt jener damals
noch lebende Mann, der entscheidenden Anteil an beiden Ereignissen hatte:
Leopold Figl (Nc). Über die Lautsprecher ertönte in einer Neufassung seine
berührende Radioansprache, die er zu
Weihnachten 1945 gehalten hatte
und die mit dem beschwörenden Appell endete: „Glaubt an dieses Österreich!“ Vielen Teilnehmern kamen die
Tränen in die Augen, als sie diese Worte hörten. Zwei Wochen später erlag
Figl seiner heimtückischen Krankheit,
sechs Tage vor dem 15. Mai, an dem
er zehn Jahre zuvor nach Unterzeichnung des Staatsvertrages im Marmorsaal des Belvedere spontan gerufen hat:
„Österreich ist frei!“
Mit seinem Tod waren nun endgültig die „langen fünfziger Jahre“, wie es
manchmal in der Historiographie
heißt, vorbei. Sie werden auch nicht
zu Unrecht als das „Heldenzeitalter“
Österreichs bezeichnet (Ernst Bruck-
Leopold Figl und Julius Raab (Nc) am 15. Mai 1955
mit den Außenministern Wjatscheslaw Molotow und John Foster Dulles.
müller [Nc]). Ungeachtet weltanschaulicher Differenzen aus der Zeit
vor 1938 haben beide Koalitionspartner – ÖVP und SPÖ – in gemeinsamer
Anstrengung angepackt, um die Folgen der Nazizeit sowie des Krieges
wegräumen und jenes Österreich aufbauen zu helfen, in dem wir heute in
einem materiellen wie geistigen
Wohlstand leben können, der im europäischen und vor allem globalen
Vergleich wohl einzigartig ist.
Heldenjahre
Doch das ist leider der Gegenwart
oft nicht mehr bewusst, was aber
nicht nur an der allgemeinen Vergessenheits-Unkultur liegt, sondern auch
daran, dass in unhistorischer Weise
die Jahre nach 1945 als eine Zeit der
„Restauration“ vor allem katholischkonservativer Provenienz von manchen Historikern klassifiziert werden.
Damit liegt man im Trend der seit
Jahrzehnten in Deutschland verbreiteten Unsitte, die Adenauer-Zeit als
„dumpf“ und „reaktionär“ zu bezeichnen, die erst durch die kulturelle Hegemonie eines linken Zeitgeistes ab
Ende der sechziger Jahre überwunden
werden konnte.
Damals in den fünfziger Jahren war
das „45er Jahr“ ein fixer Bestandteil
der innerfamiliären Erzählung. Es gab
kaum eine Familie, die von den traumatischen Ereignissen der Kriegsjahre
und vor allem der „Götterdämmerung“ des untergehenden „Dritten
Reiches“ verschont blieb: Sohn, Bruder oder Vater gaben ihr Leben für
„Führer, Volk und Vaterland“ hin, Familien wurden durch Flucht und Vertreibung auseinandergerissen oder gar
ausgelöscht. Und nicht jene sind dabei zu vergessen, die aufgrund ihrer
Überzeugung darauf hinarbeiteten,
dem NS- Regime ein Ende zu bereiten
und dabei ihr Leben hingeben mussten.
15
Mai 2015
Zeitgeschichte
Der erste österreichische Zug,
der 1946 die
Grenze der amerikanischen und
russischen Zone
überquerte.
österreichischen CV „unverdrossen unserem Volke stets voran“, wie es am
Ende der zweiten Strophe des ÖCVBundesliedes, gedichtet von Peter
Diem (Rd), Jahre später hieß.
Doch bevor die Stunde null in unserer Heimat schlagen konnte, riss das
Inferno des im Absterbenskampf befindlichen Dritten Reichs noch eine
Unzahl von Menschen, darunter auch
CVer, in den Tod oder in den Strudel
von unermesslichem Leid und bitterer
Not. Zum Gedenken an diese schlaglichtartig ein paar Beispiele:
Am 9. Jänner 1945 wurde der Widerstandskämpfer Walter Caldonazzi
(Am) nach schweren Misshandlungen
und Folter im Landesgericht Wien mit
dem Fallbeil hingerichtet. Am 30. Jänner, dem 12. Jahrestag der „Machtübernahme“ des „Gröfaz“, ging Alfred
Schwarzer (NdW) mit der „Wilhelm
Gustloff“ in der Ostsee unter. Anfang
Februar 1945 kam Johann Hardeck
(Am), der als Jude von Auschwitz nach
Dachau überstellt wurde, in einem Au-
16
ßenlager um. Am 22. März 1945 wurde der Wiener Kaplan Heinrich Maier
(NbW) durch das Fallbeil hingerichtet.
Das war die letzte Hinrichtung im
Landesgericht Wien vor Eintreffen der
Roten Armee. Am 6. April kam Max
Gerersdorfer (Baj) bei Schwechat
durch Artilleriefeuer ums Leben, als
er als Angehöriger einer Widerstandsgruppe Kontakt zu den Sowjets aufnehmen wollte. Am 10. April 1945
wurde der Deutschlandesberger Arzt
Ludwig Mooslechner (AIn) auf der Hebalm von einer Nazi-Mördertruppe erschossen, weil
er Partisanen medizinisch
geholfen hatte. Und am
15. April, Wien war bereits
befreit, wurde P. Kapistran
Pieller (Cl) im Gefängnishof von Stein von der SS
erschossen. Dieser Franziskaner war Angehöriger der
„Antifaschistischen Freiheitsbewegung Österreichs“. Damals musste
man „Antifaschismus“ mit seinem Leben bezahlen. Heute kann man sich
in linken Salons ohne Gefahr für das
eigene Leben dem „Antifaschismus“
hingeben.
Dabei darf man aber nicht das unendliche Leid derer vergessen, die den
Krieg mitmachen mussten und darin
umkamen. Der erste nachweisliche
gefallene Angehörige einer CV-Verbindung (Österreich und Deutschland) war der Caroline Alfred Warwas,
der bereits am zweiten Tag des Zweiten Weltkriegs (2. September 1939)
im Polenfeldzug umgekommen ist.
Am Ende des Krieges steht beispielhaft
wieder ein Caroline, nämlich Josef
Bayr. Er wurde am 8. Mai 1945 in der
Zahlreiche Opfer
Nähe Prags gefangengenommen und
am 15. Mai von tschechischen Partisanen erschossen.
Doch in den Ruinen des untergehenden „Dritten Reiches“ regte sich bereits
das neue Leben. Der spätere Zeithistoriker Ludwig Jedlicka (Aa EM) hisste als
erster die rotweißrote Fahne auf dem
Wiener Rathaus. Welch ein Symbol im
Vergleich zu dem bereits zur Ikone gewordenen Foto, als die sowjetische Fahne auf dem ausgebrannten Berliner
Reichstag gehisst wurde!
Es ging dann Schlag auf Schlag, vor
allem in Wien. Kaum hatte sich die
Deutsche Wehrmacht nördlich der Donau zurückgezogen, begann bereits der
staatliche beziehungsweise politische
Wiederaufbau. Als Nachfolgerin der
Christlichsozialen konstituierte sich
Die andere Seite der Medaille waren
die Opfer der vorrückenden Sowjets.
Der Prior des Wiener Neustädter Neuklosters, P. Alberich Rabensteiner (Am
EM), wurde von diesen am 2. April erschossen. Dasselbe Schicksal erlitt
Georg Hatzl (F-B), Pfarrer von Matzen
(Niederösterreich). Der Abt von Heiligkreuz, Gregor Pöck (Aa EM), begab
sich Ende März 1945 zu den in der
Stiftskirche vor den Sowjets Zuflucht
suchenden Frauen und Kindern, blieb
auch nachts bei ihnen, um sie zu beschützen, holte sich dabei eine Lungenentzündung und erlag dieser wenige Tage später am 18. April. Sie – und
viele andere – kamen ums Leben, weil
sie Menschenleben schützen wollten.
Wachablöse auf dem
Heldenplatz, 1954
Alle Fotos aus dem Buch: Von der Befreiung zur Freiheit, Tyrolia Verlag
Aber es gab auch das Mirakel des
Jahres 1945, das auch mit den Anfangsworten der ehemaligen DDRHymne „Auferstanden aus Ruinen“ umschrieben werden kann, deren Musik
übrigens der Österreicher Hanns Eisler
komponiert hat. Gemeint sind der
Mut, die Ausdauer und die Vision vieler Menschen in Österreich und
Deutschland, die noch einmal davon
gekommen sind, um ihre Heimat wieder aufzubauen. In diesen „Heldenjahren“ gingen auch Angehörige des
am 17. April im Wiener Schottenstift
die ÖVP, deren führende Männer am
Anfang Leopold Kunschak (Nc EM),
Leopold Figl (Nc) und Felix Hurdes
(NbW EM) waren. Die beiden Letzteren
waren der Hinrichtung nur knapp entkommen. Legendär war in diesem Zusammenhang die Aktion von Herbert
Braunsteiner (NbW), als er am 17. Mai
die Enns, die Zonengrenze, durchschwamm, um den Kontakt mit den
westlichen Bundesländern herzustellen. Dort, in Innsbruck, kam es Anfang
Mai zur der spektakulären Aktion von
Karl Gruber (AW), der mit Ludwig Steiner (AIn) und vielen anderen noch vor
Eintreffen der Alliierten das Nazi-Regime abschütteln konnte.
Es bildeten sich eine provisorische
Staatsregierung und überall provisorische Landesregierungen, in der – nominiert von der ÖVP – zahlreiche
CVer an prominenter Stelle mitarbeiteten. Beispielhaft sei hier nur Eduard
Heinl (Baj EM) genannt. Er leitete sowohl in der provisorischen Staatsregierung von 1919/20 als auch 1945
das Handels-Ressort.
Aber nicht nur die zahlreichen Regierungsfunktionen sind erwähnenswert, sondern auch und vor allem die
Ebenen darunter. Jene Beamten in der
höheren Verwaltung, die im März
1938 von den Nazis von ihren
Schreibtischen vertrieben wurden,
kehrten an diese wieder zurück, um
am Aufbau der staatlichen Verwaltung
mitzuarbeiten. (Im Gegensatz zu
Deutschland war das ein Glück für
Österreich, denn in der Regel waren
diese NSDAP-unbelastet.) Dasselbe gilt
natürlich auch für die Universitätsprofessoren. Viele von ihnen wurden
1938 von ihren Lehrstühlen vertrieben. Ein großer Teil kehrte gleich zurück und gewährleistete, dass der Betrieb auf den Universitäten und
Hochschulen möglichst bald wieder
aufgenommen werden konnte.
All das gilt auch für die vielen kleinen Beamten sowie die Angestellten
in der Wirtschaft. Und nicht zu ver-
gessen sind vor allem die Frauen dieser
Zeit, denen mit dem Begriff „Trümmerfrauen“ ein „Wort-Denkmal“ gesetzt wurde.
CVer an Schlüsselstellen
Wichtig war natürlich der Wiederaufbau der Wirtschaft in Österreich,
die teilweise in Trümmern lag und von
der Demontage der Alliierten bedroht
war. Hier ist als Beispiel Walther Kamschal (Cl) zu nennen, der als (zuerst
„selbsternannter“) Öffentlicher Verwalter der Lapp-Finze AG Kalsdorf bei
Graz durch geschicktes Verhandeln
mit den Sowjets die Demontage dieses
für die Bauwirtschaft wichtigen Zulieferbetriebs verhindern konnte. Rudolf
Leopold (Kb) saß im Bundeskanzleramt an einer für den wirtschaftlichen
Aufbau wichtigen Schlüsselstelle. Er
war für die Koordination des MarshallPlans und die UNRRAHilfe zuständig. Sein
gleichnamiger Sohn
wurde übrigens ein berühmter Kunstsammler
(Museum Leopold).
Nicht unerwähnt sollte auch das „Aufblühen“
des freien Wortes bleiben, nämlich das Entstehen neuer Zeitungen
nach dem Krieg. Beispielhaft seien nur Gustav Canaval (Nc), Gründer der „Salzburger
Nachrichten“, Friedrich
Funder (Cl), Gründer der
„Furche“, Hans Kneß
(AIn), 1945 erster Chefredakteur der „Tiroler
Nachrichten“, und Helmut Schuster (F-B) vom
„Kleinen Volksblatt“ sowie „Steirerblatt“ (später
„Südost-Tagespost“) genannt.
Den Facettenreichtum des Jahres 1945 dokumentiert hingegen
Gustav Steinbauer (F-B). Er wurde vom
Internationalen Militärtribunal in
Nürnberg (Nürnberger Prozess) zum
Verteidiger für den „Anschluss-Bundeskanzler“ Arthur Seyß-Inquart bestellt.
Diese Leistungen im Jahr 1945 und
in den unmittelbaren Nachkriegsjahren waren für die Geschichte der Zweiten Republik entscheidend und dürfen nicht in Vergessenheit geraten.
Vor allem deswegen nicht, weil man
damit das Gedenken und die Erinnerung an die vielen persönlichen
Schicksale aufrecht erhält. Und das ist
ein wichtiges Moment jeder menschlichen Kultur.
Der Autor
Dr. Gerhard Hartmann (Baj, Ca, Cl, R-S) ist
Privatdozent für Neuere Kirchengeschichte an der Universität Graz und Verlagsgeschäftsführer in Kevelaer.
Wien
.
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Stad
17
Mai 2015
Zeitgeschichte
Von der Befreiung zur Freiheit
– Österreich nach 1945
Unter diesem Titel präsentiert der Tyrolia Verlag einen
opulenten Bildband, in dem der gebürtige Wiener Fotograf Erich Lessing seine besten schwarz-weiß-Fotografien aus der Zeit von 1945 bis 1961 vorlegt. Auf 380
Seiten entsteht ein beeindruckendes Bild dieser dramatischen und aufregenden Jahre.
„Glaube – Begegnung – Friede“ gab sich das Augustiner
Chorherrenstift Klosterneuburg zum Motto für das Jubiläumsjahr 2014, in dem der 900. Jahrestag der Grundsteinlegung der
Kirche und damit der Gründung des Stiftes gefeiert wurde. Ein
Jahr danach hat Papst Franziskus für die ganze katholische
Kirche das „Jahr der Orden“ 2015 ausgerufen. Impulse sollen
von diesem „Jahr der Orden“ in zwei Richtungen ausgehen:
einerseits innerhalb der zahlreichen Ordensgemeinschaften,
andererseits von den Orden aus in die Kirche und Welt hinein.
Die drei Stichworte, die das Klosterneuburger Jubiläumsmotto
ausmachen, können die von Papst Franziskus für die Ordensleute und für die ganze Kirche gewünschten Anstöße greifbar
machen.
Lessing, der nach 1945 wieder nach Österreich zurückgekehrt war, stand damals
am Beginn einer außergewöhnlichen Karriere, die ihn zu einem „weltberühmten Fotodokumentaristen und Meister der Reportage“ – so der „Standard“ – machen sollte.
Der Schwerpunkt der Auswahl der insgesamt 277 Fotos
liegt auf den 40er und 50er Jahren, der Zeit des Wiederaufbaus, der Besatzung sowie der Emanzipation von den Alliierten. Es ist nicht nur die hohe Politik, die Lessing interessiert, sondern auch der Alltag, das Wiedererwachen des
kulturellen Lebens in Österreich sowie die Menschen, die
diese Zeit charakterisieren.
Umrahmt wird der eindrucksvolle Band von einem ausführlichen Essay des Historikers Michael Gehler über die Anfangszeit der Zweiten Republik sowie von einem Interview,
das Gehler mit Erich und Traudl Lessing geführt hat. HK
Erich Lessing / Michael Gehler
Von der Befreiung zur Freiheit
Österreich nach 1945
Verlagsanstalt Tyrolia
Innsbruck, 2015
ISBN: 978-3-7022-3415-7
Foto aus dem Buch: Von der Befreiung zur Freiheit, Tyrolia Verlag
Der Glaube muss sich im Leben umsetzen lassen, weil er als
Berufung von Gott verstanden wird. Gelebter Glaube ist die Verwirklichung der Verantwortung, die jeder/jede im Sakrament der
Taufe und Firmung übernommen hat.
Begegnung ist das Leben aus dem Glauben heraus mit Gott
und dem Mitmenschen. Meine Beziehung zu Gott muss mich
zu den Menschen führen; mein Leben mit meinen und für meine
Mitmenschen muss meine Beziehung zu Gott stärken. „Ehrt in
euch gegenseitig Gott, dessen Tempel ihr seid“, sagt der heilige
Augustinus in seiner Ordensregel.
Friede ist ein anzustrebendes Ziel meines Umgangs mit Menschen; Friede ist das übergeordnete Ziel des Lebens in der Vollendung bei Gott.
Jeder Christ begegnet in seinem
Glauben Gott und den Menschen, damit er mit beiden
im Frieden ist. – Lassen wir
uns dazu wieder aufs Neue
inspirieren!
Zu Christi Himmelfahrt 1949 störten sozialistische Studenten den
Aufzug katholischer Couleurstudenten.
18
Politik
Markus Simmerstatter
Hermann Schützenhöfer (Cl EM)
hat im März gleich doppelt für
Aufsehen gesorgt. Einmal mit der
Erklärung, wieder als Spitzenkandidat der Steirischen ÖVP in die
kommende Landtagswahl zu
ziehen. Kurz darauf auch noch mit
der Ankündigung eines kurzen
Wahlkampfes. Statt im Herbst
wählt die Steiermark bereits am
31. Mai. Und es sieht gar nicht
schlecht für die ÖVP aus.
Erstens kommt es anders, und
zweitens als man denkt. Obwohl Hermann Schützenhöfer seit gut einem
Jahr immer wieder daran dachte, doch
nicht mehr als ÖVP-Spitzenkandidat
zur Verfügung zu stehen, verkündete
er am 5. März knapp: „Ja, ich trete bei
der Landtagswahl an“, und beendete
damit alle Spekulationen rund um seine Person. Unter anderem auch jene,
dass statt ihm der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl (Cl) Spitzenkandidat
und ÖVP Steiermark Obmann werden
könnte.
Das war für den Polit-Fuchs Schützenhöfer aber nur der erste Streich.
Drei Tage später gaben er und Landeshauptmann Franz Voves bekannt, dass
bereits am 31.Mai gewählt wird. Damit
überraschten die beiden Reformpartner Freund und Feind gleichermaßen,
denn mit einem derart kurzen Wahlkampf hatte wirklich niemand in der
Steiermark gerechnet. Zwar sprach sich
Schützenhöfer bei seiner KandidaturBekanntgabe für einen Wahltermin
„vor dem Sommer“ aus – schon das war
eine mittlere Sensation – dass dann
aber statt am 5. Juli oder 28. Juni be-
reits am 31. Mai gewählt wird, verblüffte selbst Polit-Insider. Vor allem
kleine Parteien, wie etwa die NEOS, erwischte das völlig auf dem falschen
Fuß. Sie mussten ihre Kandidatensuche beschleunigen. Ob die Zeit reicht,
die durch ein kompliziertes Prozedere
gefundenen Kandidaten auch noch
bekannt zu machen, wird man wohl
erst am Wahltag sehen.
Als ob diese beiden Festlegungen
noch nicht reichen würden, hat auch
die Gemeinderatswahl in der Steiermark die Karten zugunsten der ÖVP
neu gemischt. Entgegen allen Erwartungen verlor die ÖVP auf Gemeindeebene deutlich weniger als die Landeshauptmann-Partei SPÖ und blieb
mit 42,72% (-4,09) klar vor der SPÖ
mit 31,57% (-5,42) und der FPÖ mit
13,86% (+7,31). Zur Erinnerung: 2010
musste die SPÖ schon ein Minus von
6,19 Prozentpunkten auf 37,14% hinnehmen, während die ÖVP um 3,43
Prozentpunkte auf 46,79% zulegen
konnte.
Stabile ÖVP
Vollends interessant wird es, wenn
man in der Historie der Gemeinderatswahlen ein wenig weiter zurückgeht. Denn seit dem Jahr 2005, dem
Jahr als Franz Voves Landeshauptmann wurde, verlor die SPÖ auf Gemeindeebene unglaubliche 11,76 Prozentpunkte. Bei der ÖVP waren es in
zehn Jahren hingegen nur 0,64 Prozentpunkte. Trotz Gemeindefusionen
und den dort und da auftretenden
Protesten dagegen, stehen „die
Schwarzen“ in etwa auf dem Stand
von 2005 (43,36%). Dazu kommt,
dass die SPÖ in ihren Hochburgen,
den Industrieorten der Obersteiermark, seit mehreren Wahlen ordentlich schwächelt. Konnte man bei
Markus Simmerstatter
Die Steiermark wählt
Europa- und Nationalratswahlen
noch anderen die „rote Liese“ zuschieben und auf die starke regionale Verwurzelung verweisen, ist auch dieses
Argument nun endgültig passé.
Die Auspizien, dass die ÖVP, nach
Salzburg, ein weiteres ihrer Kernbundesländer zurückerobern könnte, stehen also gar nicht schlecht. Vor allem
wenn man bedenkt, dass die beiden
großen Parteien zuletzt im Land nur
1,07 Prozentpunkte trennten.
Aber Achtung! Noch ist die Landtagswahl nicht gewonnen. Bis zur
Wahl muss noch viel Überzeugungsarbeit geleistet werden. Denn dass die
ÖVP, egal bei welcher Wahl, zuletzt
auch nicht gerade zu den Seriensiegern gehörte, ist kein Geheimnis. Hat
die SPÖ in der Obersteiermark ihre
Probleme, sind es bei der ÖVP traditionellerweise die Städte. Sieht man
von Gemeinderatswahlen mit Seriensieger Siegfried Nagl (Cl) ab, ist Graz
bei Landes- und Bundeswahlen leider
keine Ausnahme.
Bei der Landtagswahl 2010 hätte
Graz den Sieg der Landes-ÖVP endgültig einfahren können, wenn die
steirische Landeshauptstadt nur halbwegs im Landestrend abgestimmt hätte. Hat sie aber nicht. In der Murmetropole kam die ÖVP auf 28,38%.
Siegfried Nagls Stadt-ÖVP bekam bei
19
Mai 2015
Politik
der letzten Gemeinderatswahl davor
(2008) jedoch 38,4%. Bei der Gemeinderatswahl 2012 waren es immer
noch 33,74%.
Vergleicht man bundesweite Wahlen mit den Graz-Ergebnissen, vergrößert sich der Abstand sogar noch. Bei
der Nationalratswahl 2013 erlangte
die ÖVP in Graz 16,13%, bei der Europawahl 2014 19,12%. Die Unterschiede zwischen Graz-Wahlen und
anderen liegen damit, je nach Wahlvergleich, bei rund zehn bis 15 Prozentpunkten. Das ist nicht wenig. „Es
ist mühsam darüber zu diskutieren, wer
daran Schuld hat“, bekannte zuletzt
ÖVP Stadtrat Gerhard Rüsch und forderte dazu auf, auch „Graz im Wahlkampf etwas zu bieten.“ Ob das dann
auch so kommt, bleibt ebenfalls abzuwarten. Ganz unsinnig ist diese Forderung jedenfalls nicht, denn im
Großraum Graz leben rund 600.000
Menschen und damit die Hälfte aller
Steirer.
Wie bei allen anderen Wahlen sind
auch bei der kommenden Landtagswahl katholisch Korporierte „mitten
drin statt nur dabei“. Hinter dem Spitzenkandidaten Hermann Schützen-
höfer treten wieder etliche andere aus
unserem Lager an. Ob es dann auch
für einige Korporierte reicht, um in
den Landtag einzuziehen, wird man
sehen. Dass seit 1995 immer wieder
Carteller kandidieren, ist auf alle Fälle
ein Zeichen dafür, dass die Zeiten, in
denen CVer in der steirischen ÖVP
nichts werden konnten, längst vorbei
sind. Und das ist gut so.
Der Autor
Mag. Markus Simmerstatter (Cl, ErG, EKG)
ist freiberuflicher PR-Berater in Graz und
derzeit Philistersenior der Carolina.
Andreas Unterberger
Freiheit wird Unfreiheit,
Gleichheit wird Gleichmacherei
Der ORF empört sich auf www.orf.at, dass
vor 50 Jahren Politiker und ÖH „Teilneh-
mer eines genehmigten Protestes gegen
Borodajkewycz mit Rechtsextremen auf
eine Stufe“ gestellt haben, „die diese
Demonstration brutal attackierten“.
Seltsam: Haargenau das ist es, was
der ORF und andere linke Medien
heute, also 50 Jahre später, ununterbrochen tun, wenn Linksextreme genehmigte Proteste, angemeldete und
sich streng an die Vorgaben haltende
Demonstrationen oder Ballveranstaltungen brutal attackieren. Ob die Opfer nun Lebensschützer, Christen, Pegida-Demonstranten oder FPÖ-nahe
Ballbesucher sind.
Viele Berichte und rotgrüne Politiker
stellen dabei die völlig friedlichen Attackierten mit den oft vermummten
Angreifern auf eine Stufe. In Wahrheit
aber verhalten sich diese gewalttätigen
Linksextremisten heute genauso kri20
minell wie jene Rechtsextremisten vor
50 Jahren. Und nur diese. Wenn dann
einmal – selten genug – ein linker Gewalttäter vor Gericht landet, dann wird
er von einer massiven Solidaritätsfront
aus ORF, SPÖ, Grünen, ÖH, „Menschenrechts“-Organisationen und vielen Zeitungen lautstark unterstützt, damit er möglichst bald freikommt.
Quod licet Iovi non licet bovi. Es gibt
heute zweierlei Klassen. Gleiche und
Gleichere. Die einen dürfen prügeln,
die anderen sollen nicht einmal angemeldet demonstrieren dürfen. Man
denke nur an all die Schikanen, mit
denen die Behörden mancherorts
nicht-linke Kundgebungen behindern.
Gerechtigkeit? Freiheit? Das sind für
viele Linke und Medien heute keine
Werte mehr. Das sind nur noch Propagandabegriffe, die man verwendet,
wenn es den eigenen Interessen nützt.
Längst wurde dabei auch das Strafrecht instrumentalisiert. Insbesondere
durch Schaffung des Verhetzungsparagraphen. Zwar hat man naiven
ÖVP-Abgeordneten eingeredet, dass
damit besser gegen islamistische Fundamentalisten vorgegangen werden
könne. Im wirklichen Justizleben wird
dieser Paragraph – auch schon vor der
vom Justizminister geplanten Verschärfung – aber vor allem gegen Islamkritiker eingesetzt.
Besonders pikant sind zwei ganz aktuelle Vorfälle, wo Verhetzungs-Anzeigen erstattet worden sind. Einmal
gegen Michael Stürzenberger (früher
CSU, jetzt bei der Kleinpartei „Freiheit“), weil er bei einer Pegida-Veranstaltung Moslems pauschal als „Terroristen“ bezeichnet hat. Das andere
Mal gegen den Schweizer Sozialisten
Jean Ziegler, weil er im ORF gesagt hat:
„Spekulanten gehören aufgehängt“.
Jeder unbefangene Zuhörer wird
den Ziegler-Sager als viel schlimmer
ansehen als den von Stürzenberger.
Hat der Schweizer doch zu Gewalttaten aufgerufen, der Deutsche jedoch
nicht. Dennoch prophezeien Kenner
der österreichischen Justiz, dass Ziegler
Gabi Eder/pixelio.de
nichts passieren werde, Stürzenberger
hingegen wahrscheinlich schon. Der
Verhetzungs-Paragraph schützt nämlich Moslems (und Schwule), aber
nicht „Spekulanten“ (wer auch immer
das sein soll). Gegen die kann man in
Österreich ruhig hetzen; genauso wie
gegen Priester oder Unternehmer, gegen Arbeitslose und Dicke.
Unfassbar? Ja. Aber seit einigen Jahren Justiz-Realität. Wieder einmal hat
dabei die ÖVP linkem Denken nachgegeben (das auch über EU-Richtlinien
vorangetrieben worden ist). Und jetzt
will sie es sogar noch verschärfen.
Um nicht missverstanden zu werden: Natürlich ist es unerfreulich,
wenn jemand beschimpft oder verächtlich gemacht wird. Aber es ist absolut skandalös und ein Verfall in totalitäre Denkstrukturen, wenn die
Justiz ein solches Meinungsdelikt mit
öffentlichen Gewaltaufrufen auf eine
Stufe stellt. Und noch skandalöser ist
es, wenn durch den Verhetzungsparagraph 283 bestimmte Bevölkerungsgruppen unter Schutz gestellt werden,
andere nicht.
Damit handelt Österreich, damit
handelt auch die EU, wie eine Diktatur. Daher sollte sich weder die europäische noch die heimische Politik
wundern, dass das Vertrauen der Bürger zu ihnen so tief in den Keller gefallen ist wie noch nie.
Aber die Linke gibt sich mit dem
keineswegs zufrieden. In Österreich
wie in der EU arbeiten Sozialisten,
Grüne und Linksliberale bereits heftig
an einer weiteren Einschränkung der
Freiheit. Sie wollen ein noch strengeres „Gleichbehandlungsgesetz“ durchdrücken. Dieses ist in Österreich bisher
zwar zweimal am Widerstand der ÖVP
gescheitert. Was sehr zu loben ist. Aber
schon versucht die SPÖ es erneut. Und
die Sorge ist groß, dass die ÖVP am
Ende doch wieder einknicken wird.
Weil sie glaubt, das wäre „modern“,
oder weil sie sich dafür irgendwelche
Subventionen für Bauern oder Hoteliers einhandelt.
Dieser Gesetzesentwurf zielt auf
einen tiefen Eingriff in die Privatautonomie ab. Davor hat vor kurzem sogar
Kardinal Christoph Schönborn (Rt-D
EM) gewarnt. Pflichten, die den Staat
treffen, sollen künftig auch auf jeden
einzelnen Menschen ausgedehnt werden. Unternehmer sollen künftig nicht
mehr frei sein in der Auswahl ihrer Geschäftspartner, wenn eine Diskriminierung auf Grund von Alter, Religion oder
„sexueller Orientierung“ behauptet
wird. Noch schlimmer ist die beabsichtigte Umkehr der Beweislast: Unternehmer sollen sich selbst freibeweisen
müssen, warum sie einen anderen Geschäftspartner vorgezogen haben.
Schwerwiegende Eingriffe
Das heißt konkret etwa: Ein christlicher Hotelbesitzer darf nicht mehr eine
moslemisch-fundamentalistische
Gruppe ablehnen, die seine Veranstaltungsräume haben will. Eine jüdische
Partnervermittlungsagentur darf ihre
Kunden nicht mehr auf Grund der Religion aussuchen. Eine Witwe, die vom
Untervermieten eines Teils ihrer Wohnung lebt, darf nicht mehr ein demonstrativ schwules Pärchen ablehnen. Ein
Fotograf muss den Auftrag annehmen,
bei einer Verpartnerungsfeier zu agieren. Ein Kloster, das Zimmer vermietet,
darf keine sexuellen oder religiösen Propagandisten ablehnen.
Es geht also um einen schweren Eingriff in die Freiheit, insbesondere die
unternehmerische. Daran ändert es
nichts, dass sich dieser hinter dem
harmlos klingenden Wort „Gleichbe-
handlung“ verbirgt (oder – noch besser getarnt – hinter dem englischen
Ausdruck „levelling up“).
Ist Wert und Bedeutung der Freiheit
heute aus unserem Bewusstsein geschwunden? Ist sie scheinbar so selbstverständlich geworden, dass wir gar
nicht mehr richtig merken, wie sie uns
Scheibe für Scheibe von einer machtgierigen Obrigkeit geraubt wird? Begreifen wir nicht mehr, dass absolut
jedes neue Gesetz, jede Verordnung,
jede neue EU-Richtlinie, die Freiheit
immer noch mehr einschränkt? Sehen
wir nicht, dass der Begriff Gleichheit,
der im Sinn von „gleicher Menschenwürde, gleiche Chancen für alle“ essentieller Bestandteil der Freiheit ist,
heute dialektisch zum Gegenteil, nämlich zu diktatorischer Gleichmacherei
verbogen wird? Dass damit eine Klasse
(egal ob Nomenklatura, Parteigenossen, Aristokraten, Ministerialbürokraten, Abgeordnete oder Höchstrichter)
die Herrschaft über uns zu erreichen
versucht, um ihre Idee von Gleichmacherei durchzusetzen?
Waren all die oft hart erkämpften Erfolge für die Freiheit letztlich umsonst
– denken wir an 1848, 1867, 1945 oder
1955? Wann lernen wir wieder, dass
man Freiheit ständig neu gegen die
Machtgier von Obrigkeiten und gegen
die Bevormundung durch ideologische
Sozialingenieure erkämpfen muss?
Der Autor
Dr. Andreas Unterberger ist Autor von
Österreichs meistgelesenem Internet-Blog
auf andreas-unterberger.at; von ihm ist
jetzt das Buch „Schafft die Politik ab!“ bei
Leykam erschienen.
21
Mai 2015
Religion
Paul Drobec
825 Jahre Deutscher Orden
Papst Franziskus hat das Jahr 2015 zum
„Jahr des geweihten Lebens“ ausgerufen
und damit die Rolle der religiösen Orden
in der heutigen Welt unterstrichen.
Der Deutsche Orden kann heuer auf eine
bereits 825-jährige Geschichte zurückblicken und hat durch sein religiöses, karitatives, kulturelles und gesellschaftliches
Wirken weite Teile Europas und des
Mittelmeerraumes in den letzten
Jahrhunderten mitgeprägt.
Seine Wurzeln reichen bis ins frühe
Mittelalter zurück: Im Rahmen des
dritten Kreuzzuges gründen deutsche
Kaufleute aus Bremen und Lübeck
1190 eine Hospitalbruderschaft und
errichten aus den Segeln ihrer Schiffe
Zelte, in denen sie Kranke und Verwundete pflegen. Wenige Jahre später
errichten sie in Jerusalem auf dem Hügel gegenüber der Klagemauer das
„Haus Sankt Mariens“ und bauen eine
Kirche, ein Kloster und ein Hospital.
Am 19. Februar 1199 wird der Ritterorden von Papst Innozenz III. bestä-
Die Überreste des „Haus Sankt Mariens“
22
tigt, bestehend aus Rittern, Priestern,
Schwestern und Laien und ist seit
1216 direkt dem Papst unterstellt. Sitz
des Hochmeisters war damals die Burg
Montfort.
In der Folge entfaltet der Deutsche
Orden vorübergehende Missionstätigkeit im Burzenland (Rumänien) und
begründet in Preußen und Livland einen Ordensstaat. Nachdem in der
Goldenen Bulle von Rimini 1235 die
Rechte an Preußen auf den Deutschen
Orden übergegangen sind, werden
über 100 Burgen errichtet, Kommenden geschaffen und vier Bistümer gegründet. Neben seiner Missionstätigkeit werden auch gesellschaftliche
und politische Aktivitäten gesetzt und
in relativ kurzer Zeit ein weltliches
Staatengebilde unter geistlicher Führung errichtet. Nach einer Zwischenstation in Venedig übersiedelt der
Hochmeister 1309 auf die Marienburg
und regiert als Souverän die preußischen Lande. Die Marienburg wird zu
einer fürstlichen Residenz ausgebaut
und ist heute noch der drittgrößte
Baukomplex Europas.
In den Folgejahren kommt es auch
zu Schenkungen und Erwerbungen
Die Marienburg
im Gebiet des Hl. Römischen Reiches,
es werden Kommenden und Komtureien gegründet: 1203 Friesach und
1206 Wien. Die wichtige Kommende
Marburg steht in enger Verbindung
zum thüringisch-staufischen Kaiserhaus. Hochmeister wird Landgraf
Konrad v. Thüringen. Seine aus Preßburg gebürtige Schwägerin Elisabeth
zeichnet sich nach dem frühen Tod
ihres Mannes durch besondere Mildtätigkeit und Pflege der Armen und
Kranken aus und wird heiliggesprochen. Als „eigene“ Heilige ist sie die
Ordenspatronin des Deutschen Ordens.
Habsburger als Hochmeister
In der Schlacht von Tannenberg unterliegt das Heer des Deutschen Ordens am 15. Juli 1410 dem polnischlitauischen Heer. Nach dem Verlust
der Marienburg im dreizehnjährigen
Krieg geht der Hochmeister nach Königsberg und schließt den Thorner
Frieden. 1525 konvertiert Hochmeister Abrecht von Brandenburg zum
protestantischen Glauben, um seine
Besitztümer zu retten. Der katholische
Hochmeister Walter von Cronberg
verlegt seine Residenz nach Bad Mergentheim (Franken). Die bescheidene
lokale Adelsburg wird zu einer Fürstenresidenz ausgebaut.
1590 wird Erzherzog Maximilian
III. erster habsburgischer Hochmeister. Seit dieser Zeit verbleibt das Hochmeisteramt in den Händen der Habsburger und stellt quasi einen
Versorgungsposten für die nachgeborenen Söhne des Kaisers dar. Im westfälischen Frieden 1648 werden drei
Konfessionen zugelassen, der Hochmeister ist jedoch stets katholisch.
Eine herausragende Persönlichkeit
aus den Reihen des Deutschen Ordens war Guido Graf v. Starhemberg,
der Verteidiger Wiens gegen die Türken 1683.
Maximilian Franz von Österreich
(jüngster Sohn Kaiserin Maria Theresias und Bruder Kaiser Josef II.) ist der
letzte Hochmeister in Bad Mergentheim. 1809 erfolgt die Aufhebung des
Deutschen Ordens im Rheinbund
durch Napoleon, der Orden überlebt
ausschließlich im Gebiet der Habsburgermonarchie. Der Hochmeister
verlegt seine Residenz 1809 nach
Wien, wo sie seitdem noch immer ist.
1815 tagt der Wiener Kongress. 1826
erfolgt eine Reorganisation des Ordens unter Staatskanzler Clemens
Wenzel Metternich in Form eines eigenständigen geistlichen Instituts.
1839 erhält der Orden neue Ordensregeln als „Deutscher Ritterorden“.
Das Amt des Hochmeisters hat eine
enge Bindung zum Kaiserhaus und
stellt eine Ehrenstellung des Ordens
innerhalb der Monarchie dar. Maximilian Joseph v. Österreich (Hochmeister 1835-63) bemüht sich um
eine Belebung der ritterlichen Aufgaben und eine Reorganisation der
geistlichen Orden. Pater Peter Riegler
bewirkt eine Reform des Priesterzweiges (1871 Bestätigung der Priesterre-
gel) und 1854 erfolgt die Neugründung des Schwesternzweiges mit dem
Zentrum in Lana (Südtirol). Die Ordensstruktur gliedert sich nach mittelalterlichem Vorbild in Ritter – Priester – Schwestern.
Sitz in Wien
schen Ordens in Wien wurde die
Schatzkammer in 1010 Wien, Singerstraße 7 aus finanziellen Mitteln der
Familiaren renoviert. Der Autor durfte
damals die Planung und die Durchführung dieser Neugestaltung des Museums übernehmen. Im April 2006
wurden die Sammlungen der renovierten Schatzkammer feierlich eröffnet . Vor wenigen Wochen ist der Bildband
(Katalog)
über
die
Schatzkammer erschienen, ein repräsentatives Werk, welches ausführliche
Hochmeister Eugen von Österreich
(1894-1923) erkennt die Zeichen der
Zeit und resigniert. Seitdem steht ein
Ordenspriester an der Spitze des Deutschen Ordens und
hat nach wie vor
seinen Sitz in Wien.
Die Struktur gliedert sich in Priester,
Schwestern und Familiaren. 1938 wird
der Deutsche Orden durch das
Deutsche Reich aufgehoben. Hochmeister
Marian
Tumler bemüht
sich um den Wiederaufbau in den
Nachkriegsjahren.
Der Autor in der renovierten Schatzkammer.
1965 wird das Familiarenstatut vom
päpstlichen Stuhl genehmigt und damit neben den Ordenspriestern und
Ordensschwestern der dritte Zweig,
die so genannten Familiaren vom Vatikan anerkannt. Der Autor selbst gehört dem Orden seit zwanzig Jahren
an, ist seit fünfzehn Jahren im Vorstand der österreichischen Ballei tätig
und bekleidet seit drei Jahren die leitende Funktion des Balleimeisters.
„Helfen und Heilen“ ist auch heute
noch der Wahlspruch des Deutschen
Ordens. Die Familiaren betreiben
durch persönlichen und finanziellen
Einsatz Spitäler (wie etwa Friesach),
Altenheime, Suchtgifteinrichtungen
und andere soziale Projekte. Zur Feier
des 800-jährigen Bestehens des Deut-
Einblicke in die Geschichte des Deutschen Ordens gewährt. Im September
2015 werden die Feierlichkeiten anlässlich „825 Jahre Deutscher Orden“
mit der Investitur im Wiener Stephansdom ihren Höhepunkt finden.
Mögen die Mitglieder des Deutschen Ordens noch über viele Jahre
und Jahrzehnte im Sinne von „Helfen
und Heilen“ tätig sein und damit sowohl gesellschaftliche und kulturelle
als auch religiöse und spirituelle Akzente in unserer heutigen Gesellschaft
setzen können.
Der Autor
Prim. Prof. Dr. Paul Drobec (NdW) ist Balleimeister des Deutschen Ordens.
23
Mai 2015
Religion
Anselm Becker
Gerufen und verschenkt
Mit dem Ordensschwerpunkt 2015
möchte der Heilige Vater den Blick
wieder auf jene lenken, die ihr Leben
in besonderer Weise Gott hingeben,
um ganz für die Menschen da zu sein.
Wie es in Österreich um die Orden und
die Klöster steht, welche Aufgabe sie
wahrnehmen und wie die Zukunft
aussehen wird.
Die Geschichte unseres Landes ist
ganz wesentlich von den Orden und
ihren Klöstern geprägt worden und
auch in der Gegenwart prägen sie die
Kirche und die Gesellschaft wesentlich.
Österreich ist Klösterreich. Die große
Anzahl der Ordensschulen, Spitäler
Frater Konrad Ludwig
OCist (SO), 25 Jahre,
Zisterzienser im Stift
Heiligenkreuz
ACADEMIA: Wieso und
wann hast Du Dich entschlossen, in Deinen Orden einzutreten?
Ludwig: Schon während meiner Schulzeit auf dem Gymnasium spürte ich den
Wunsch, ein geistliches Leben zu führen.
Schließlich ergab sich für mich 2007 die
Gelegenheit die Kar- und Ostertage im
Zisterzienserkloster Bochum-Stiepel im
Ruhrgebiet zu erleben. Die Art und Weise
wie man dort den Gottesdienst feierte
und wie man sich miteinander in gegenseitiger Achtung begegnete, prägten tief.
So etwas hatte ich noch nicht erlebt. Über
dieses Kloster, welches eine „Tochter“
von Heiligenkreuz ist, kam ich dann in
den Wienerwald. 2011 nach meinem
24
und Pflegeheime geben konkrete Beispiele dafür. Die Pfarrseelsorge ist ohne
Mitwirkung der Klöster und Orden undenkbar. In der Erzdiözese Wien werden beispielsweise fast 50 Prozent der
Pfarren von Orden betreut. Das ist
Weltrekord. Der gewaltige kulturelle
Beitrag, den die Klöster durch die Bewahrung des geschichtlichen Erbes
und einer Vielzahl von Initiativen vor
allem im musikalischen und künstlerischen Bereich nebenbei noch leisten,
ist auch für Nichtchristen ersichtlich
und muss nicht eigens herausgehoben
werden. Klöster und Orden leisten
Wertvolles für Kirche und Gesellschaft.
Die fetten Jahre sind vorbei
Dennoch scheint es, dass mit der
Kirchenkrise der letzten Jahre auch die
Orden in eine Krise geraten sind. Die
fetten Jahre der Masseneintritte, die
vor allem in den Nachkriegsjahrzehnten die Klöster füllten, sind vorbei. Die
Statistik der Frauenorden 2014 zählt
27 Novizinnen bei einem Gesamtstand von 3.793 Ordensfrauen. Mehr
als die Hälfte davon ist über 75 Jahre.
Ein weiteres Viertel über 66 Jahre. Die
Alterspyramide ist also keineswegs ausgeglichen. Bei den Männerorden sieht
es besser aus. Die Gesamtzahl der
1.950 Ordensmänner ist zwar weitgehend stabil, aber auch hier ist ein Rückgang zu verzeichnen. Viele treten erst
später in einen Orden ein, nachdem
sie schon einen Beruf erlernt haben.
Die Gründe für den Rückgang der
Eintrittszahlen sind vielfältig. Wesentlich scheint neben einer allgemein geringen Akzeptanz für die zölibatäre
Grundwehrdienst entschloss ich mich,
dort einzutreten.
die eigenen Abgründe, die man bei sich
kennenlernt und aushalten muss.
Was ist das Charisma Deines Ordens?
Zisterzienser sind im Grunde ReformBenediktiner. Wir leben neben dem Gehorsam und der Keuschheit das Ideal
der Stabilität, das heißt wo wir eingetreten sind, dort sterben wir. Unsere Hauptaufgabe ist der Gottesdienst, ausgedrückt durch das gemeinsame Gebet.
Speziell die Zisterzienser praktizieren darüber hinaus eine glühende Marienverehrung.
Was schätzt Du besonders am Ordensleben?
Die Möglichkeit nach dem zu suchen,
der uns schon längst gefunden hat.
Welche Rolle spielen für Dich als Ordensmann Deine Verbindung und der
Cartellverband?
Als Lebensbund spielt es für mich
eine untergeordnete Rolle. Mein Lebensbund sind bereits meine Mitbrüder
und der Abt. Andererseits darf ich vielfältige Möglichkeiten des Engagements
und die Geselligkeit vieler Menschen
erleben, was mein Leben sehr bereichert. Die Verbindung und der Cartellverband sind daher zugleich Herausforderung, Hobby, Lebensfreundschaft,
Glaubens-Mission (mit und für die Bundes- und Cartellbrüder), Rückhalt und
Stärkung.
Was ist daran besonders herausfordernd?
Die Mitbrüder und die üblichen
menschlichen Reibereien, aber vor allem
Wie viele Korporierte gibt es in Deinem
Stift?
Zwölf, davon drei Ehrenmitglieder.
Lebensform auch das Abhandenkommen spezifischer Tätigkeitsbereiche,
die aufgrund gesellschaftlicher Veränderungen entweder nicht mehr vorhanden sind oder heute von Laien
ausgeübt werden. Ein geschichtliches
Beispiel dafür ist der Orden der Mercedarier, der sich auf den Loskauf und
die Befreiung christlicher Sklaven spezialisiert hatte. Gegenwärtige Beispiele
sind eher im Bereich der Krankenpflege und Erziehung zu finden. Ein Orden ohne spezifischen Tätigkeitsbereich verliert sein Profil oder kirchlich
gesagt sein Charisma.
Die Kernaufgaben der Orden
Die Aufgaben der Orden haben sich
durch die Geschichte hindurch gewandelt. Auch gegenwärtig befinden
wir uns in einem Wandlungsprozess.
Stephanus Rützler CanReg (Rd, Cp), 26 Jahre,
Augustiner Chorherr im
Stift Herzogenburg
ACADEMIA: Wieso und
wann hast Du Dich entschlossen, in Deinen Orden einzutreten?
Rützler: Im Zuge des Studienjahres
2012/13, welches ich in Rom verbrachte,
stellte sich immer mehr die Frage nach
meiner Zukunft und die Option „Priester“ trat immer deutlicher als Möglichkeit
auf. In vielen Gesprächen mit Freunden,
Bekannten, Bundes- und Cartellbrüdern
erwog ich schließlich auch diese Möglichkeit der Lebensgestaltung mit zunehmendem Ernst, sodass letzten Endes in
Rom im Frühjahr 2013 die Entscheidung
fiel.
Was ist das Charisma Deines Ordens?
Die Augustiner-Chorherren waren
schon immer als Seelsorger für die Men-
Doch immer strahlten die Orden als
Rückgrat der Kirche auch eine große
Kontinuität in der Wahrung ihrer
Kernaufgaben aus. Diese Aufgaben
sind in ihrem Wesen Dienste. Pater
Ambros, der Abt des Benediktinerstiftes Kremsmünster, benennt dafür drei
Punkte: Das Ausüben des prophetischen Dienstes, die Orden als Knotenpunkte und die Aufgabe als geistige
Motoren und Frischzellen der Kirche,
die nach außen wirken.
Das Ausüben des prophetischen
Dienstes manifestiert sich durch den
Weg der konkreten Nachfolge Christi.
Nach außen zeigt sich das in der Ganzübergabe des Lebens durch die Profess
oder die Weihe. Die Lebensform oder
der Lebenswandel der Ordensleute ist
ein Verweis auf Gott hin. Alleine die
Tatsache, dass es Menschen gibt, die
sich für ein Leben für Gott und den
Nächsten entscheiden und dafür bereit sind, auch auf eine eigene Familie
zu verzichten, bringt Menschen zum
Nachdenken und sorgt dafür, dass
Gott nicht in Vergessenheit gerät.
Orden als Knotenpunkte
Orden und speziell Klöster sind
Knotenpunkte und Glaubenszentren.
Hier kann Glaubensinformation und
Vernetzung von Christen stattfinden.
Hier findet sich der Raum, wo sich
Christen über ihren Glauben in spezieller Weise austauschen, sich gegenseitig bestärken und miteinander feiern können. Gerade in einer Zeit des
Umbruches und der Veränderung der
pfarrlichen Strukturen wird diese Aufgabe wichtiger. Sie sind Ausbildungszentren für Interessierte, aber auch
Rückzugsräume für die Gläubigen.
schen im Einsatz. Neben dieser aktiven
Komponente stehen Augustiner-Chorherrenstifte aber gleichzeitig in einem
größeren Horizont, indem sie beispielhaft nach den Vorstellungen der Urkirche leben wollen. Aus dieser Gemeinschaft heraus können wir gleichzeitig ein
Zeichen für die Welt sein und dennoch
mitten in dieser Welt stehen und wirken.
Was schätzt Du besonders am Ordensleben?
Die Kraft, die aus einer Gemeinschaft
erwächst und das Bewusstsein, nicht alleine im Weinberg Gottes zu arbeiten,
sind nicht nur motivierend, sondern
auch tragend.
Was ist daran besonders herausfordernd?
Es ist nicht immer ganz einfach, die
Spannung zwischen Gemeinschaft und
Einzelaufgaben sowie die Forderungen
und Wünsche, die von verschiedensten
Seiten herangetragen werden, unter ei-
nen Hut zu bringen. Bekanntlich wächst
aber der Mensch auch an seinen Herausforderungen und letztendlich steht all
unser Tun unter dem Maßstab der Gnade
Gottes.
Welche Rolle spielen für Dich als Ordensmann Deine Verbindung und der
Cartellverband?
Im Zuge der Klärung meiner Berufung,
aber auch jetzt noch spielen immer wieder Menschen eine besondere Rolle, die
ich über das Verbindungsleben kennen
gelernt habe. Wäre ich nicht vor zwölf
Jahren meiner MKV-Verbindung Nibelungia beigetreten, mein Leben wäre mit
Sicherheit anders verlaufen. Und hätte
ich nicht meine Bundesbrüder aus dem
ÖCV und CV gekannt, säße ich heute
auch nicht im Stift Herzogenburg.
Wie viele Korporierte gibt es in Deinem
Stift?
Etwa die Hälfte meiner Mitbrüder ist
korporiert.
25
Mai 2015
Religion
Frater Clemens August
Haider OSB (Ae), 30
Jahre, Benediktiner im
Stift Lambach
ACADEMIA: Wieso und
wann hast Du Dich entschlossen, in Deinen Orden einzutreten?
Haider: Wesentliches Motiv für meinen Ordenseintritt waren die persönliche
und authentische Suche nach Gott in einer konkreten Gemeinschaft und das daraus resultierende Zeugnis für den auferstandenen Christus. Nach Stift Lambach
bin ich über Rom gekommen. Im Priesterkolleg am Campo Santo Teutonico,
wo ich zwei Jahre gewohnt und gearbeitet habe, war auch einer meiner jetzigen
Mitbrüder wohnhaft. So kam ich im Laufe der Zeit immer wieder ins Stift und
habe mich während meiner Zeit in Rom
dann entschieden, in das Benediktinerstift Lambach einzutreten.
Was ist das Charisma Deines Ordens?
Das Charisma des Benediktinerordens
besteht in der ehrlichen und aufrichtigen
„Suche nach Gott“ (quaerere Deum) und
im „Wohnen bei sich selbst“ (habitare
secum). Zur steten Vertiefung dieses Lebens sollen schließlich die drei benediktinischen Gelübde dienen: Gehorsam
(oboedientia), Beständigkeit in der Gemeinschaft (stabilitas in congregatione),
klösterlicher Lebenswandel (conversatio
morum).
Was schätzt Du besonders am Ordensleben?
Meine Antwort darauf möchte ich frei
nach der Regel des Benedikt formulieren:
Das Ordensleben ist „eine Schule des
Herrn“, die dazu verhelfen soll, ein weites
Herz zu gewinnen für Gott, für den
Nächsten und für sich selbst.
Was ist daran besonders herausfordernd?
Die konkrete Umsetzung der Nachfol-
Speziell für junge Menschen sind diese
Räume besonders wichtig. Die Erfolge
von Jugendtreffen, wie der „Jugendvigil“ in Stift Heiligenkreuz oder der
„Treffpunkt Benedikt“ in Stift Kremsmünster zeigen, dass die Klöster und
Orden als Knotenpunkte eine wichtige Funktion haben.
Ordensleute sind vor allem auch
Menschen des Gebets. In vielen Klöstern wird seit über 1000 Jahren durchgängig gebetet. Durch dieses beständige Gebet bewähren sich die Orden
als geistige Zentren. Sie beten nicht
nur für sich, sondern für die ganze Kirche und die Welt. Immer wieder gingen und gehen Neuanfänge und geis-
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(/#01$+21+$3
4445!162+!"7.1$+2-+2&+25!$
26
tige Aufbrüche von den Orden aus.
Vor allem durch Exerzitienangebote
und der Möglichkeit der angeleiteten
Auseinandersetzung mit dem eigenen
Glauben bieten die Orden wichtige
Impulse für die Gläubigen und die Kirche. Sie leisten dadurch, oft im Verborgenen, Großes.
Jede Zeit hat eigene Herausforderungen. Die Orden haben die „Zeichen
der Zeit“ oft sehr gut erkannt und entsprechende Antworten gefunden. Wir
dürfen zuversichtlich sein, dass sie diese Antworten neben der Wahrung ihrer „Kernaufgaben“ auch in Zukunft
finden werden. Manche Orden verschwinden, neue entstehen. Im säkulären Belgien gibt es beispielsweise den
Orden der Bruderschaft Tiberiade. Dieser junge Orden konnte in 45 Jahren
schon drei neue Standorte errichten.
Ihr Charisma: radikal einfacher Lebensstil als Beispiel der lebendigen
Nachfolge, Nächstenliebe, Demut und
ge Christi innerhalb der real existierenden Klostergemeinschaft.
Welche Rolle spielen für Dich als Ordensmann Deine Verbindung und der
Cartellverband?
Das Studium der Theologie habe ich
zwar schon abgeschlossen und bin durch
meinen Ordenseintritt auch nicht mehr
in München präsent, aber dennoch verfolge ich regelmäßig die Geschicke meiner Verbindung (und des Cartellverbandes) aus der Ferne. Wenn ich in München
bin, ist für mich der Gang auf das Haus
und das Treffen mit Bundesbrüdern obligatorisch. Wo immer ich meine Verbindung unterstützen kann und es mir möglich ist, tue ich das gerne und mit Freude.
Wie viele Korporierte gibt es in Deinem
Stift?
Es gibt insgesamt acht Korporierte aus
verschiedenen katholischen Korporationsverbänden. Das sind genau 50 Prozent.
Treue. Manche finden entsprechend
den Zeichen der Zeit neue Tätigkeitsbereiche, manche passen sich einfach
den neuen Herausforderungen an, wie
der Orden der Barmherzigen Brüder.
Trotz stetig sinkender Berufungen ist
dieser Orden seit über 400 Jahren für
die Kranken und Pflegebedürftigen da
und versucht sein Charisma durch spezielle Ausbildungstage an die Mitarbeiter seiner Einrichtungen weiterzugeben. Die Grundwerte des Ordens,
Hospitalität, Spiritualität, Professionalität, Verantwortung und Respekt prägen die Arbeit und rücken den Patienten als Menschen in den Mittelpunkt.
Dieses Engagement wurde 2014 vom
EU-Parlament mit dem europäischen
Bürgerpreis gewürdigt.
Der Autor
Anselm Becker (Rg) ist Student der katholischen Fachtheologie und der Rechtswissenschaften an der Universität Wien.
Oberösterreichische Landesausstellung
Texte, Infografiken, Symbole und interaktive Installationen sind die Mittel,
mit denen die oberösterreichische Landesausstellung 2015 soziale Herausforderungen wie Armut, Krankheit, Behinderung oder Leben am Rand der Gesellschaft
begreifbar, einfühlbar und verstehbar
macht. Inhaltliches Zentrum der Landesausstellung ist das System der sozialen Si-
cherung. Dieses basiert auf der Idee einer
Gesellschaft, deren Pflicht es ist, sich um
Menschen in Problemlagen anzunehmen.
Den architektonisch interessanten Rahmen stellt das Haus Bethanien in Gallneukirchen, Mutterhaus der Diakonie,
dar. Als soziale Institutionen ist die Diakonie damit nicht nur Ort, sondern
gleichzeitig Gegenstand der Ausstellung.
Risiken, Lösungswege,
neue Lebens-Chancen
Der Weg durch die Ausstellung
zeigt die wechselhafte Entwicklung
des gesellschaftlichen Umgangs mit
Lebensrisken. Die Besucher sind eingeladen, sich in verschiedene Rollen
hineinzuversetzen, sich auf die ima-
Fotos: OÖ Landesausstellung
Hilfe: Lebensrisken und Lebenschancen
30. April bis 2. November 2015
ginäre Konfrontation mit Lebenslagen,
Schicksalsschlägen und verschiedenen
Formen von Hilfestellungen einzulassen.
Die Ausstellung soll uns auch bewusst
machen, dass unsere soziale Sicherheit
Schwachstellen hat, und dass neben der
gesellschaftlichen Verantwortung jeder
Mensch individuelle Verantwortung für
ein gutes Leben und Zusammenleben
trägt.
Infos und Führungsanmeldungen
zur OÖ Landesausstellung:
Tel.: +43/720 300 305
www.landesausstellung.at
27
Mai 2015
Entgeltliche Einschaltung
Kultur
Die wildromantische Seite Österreichs
Entgeltliche Einschaltung
Foto: Weinfranz
Kultur
Die Niederösterreichische
Landesausstellung 2015 zeigt
bis 1. November die vielen
Seiten des alpinen Mostviertels.
Der erste markante Gipfel der Ostalpen vor Wien, der Ötscher, ist Ausgangspunkt für eine faszinierende Reise durch Geschichte, Kultur, Natur
und Alltagsleben. Die zwei Ausstellungsorte Frankenfels-Laubenbachmühle und Neubruck sowie das neue
Naturparkzentrum Ötscher-Basis in
Wienerbruck laden Besucher zu einem
Ausflug in die facettenreiche Welt der
Ötscher-Region. Die Landesschau beleuchtet dabei Vergangenheit wie Gegenwart und stellt auch Fragen für die
Zukunft.
Startpunkt für Neugierige
Das neu errichtete Betriebszentrum
der Mariazellerbahn in FrankenfelsLaubenbachmühle empfängt die Gäste mit seiner eindrucksvollen, preis-
28
gekrönten Architektur aus Holz und
Glas. An dieser ersten Station bekommt man Einblick in die traditionelle Lebenswelt der Bauern und Holzknechte und erfährt mehr über deren
Geheimglauben, das Pilgern und die
Entstehung des Alpen-Tourismus. Geschichte wird hier durch persönliche
Geschichten lebendig.
In den multimedialen Ausstellungsräumen wird vieles präsentiert, was lebensnahe Eindrücke vermittelt: etwa
eine historische Bauernküche, geschickt geflickte Löffel und Tassen,
eine raffinierte Mausefalle, Schluckbildchen der heiligen Maria oder eine
Xylothek aus dem Zisterzienserstift.
Auch die Mariazellerbahn selbst, die
in den letzten Jahren umfassend erneuert wurde, ist natürlich Thema der
Ausstellung. Die Bahn, welche die Region Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts für den Sommerfrische-Tourismus erschlossen hat und mit einem
atemberaubenden Panorama punktet,
kann hier auf einer „Reise mit den Ohren“ auch rein akustisch erlebt werden.
Foto: Peter Böttcher
ÖTSCHER:REICH — Die Alpen und wir
Warum wegwerfen, wenn man die
Tasse auch reparieren kann. – Loich,
Heimatverein/ Heimatmuseum Loich
Mit den Wanderschuhen in die
Ausstellung
Das Ausstellungszentrum ist zugleich Aufbruchsort – von hier geht
es mit der „Himmelstreppe“, wie die
Mariazellerbahn genannt wird, weiter
zum Naturparkzentrum Ötscher-Basis
in Wienerbruck am Eingang zu den
Ötschergräben. Nach 45 Minuten
Fahrt mit der modernisierten Bahn
(Niederflur, Klimaanlage und Laptop-
Foto: Weinfranz
Steckdosen) erlebt man die außergewöhnliche Landschaft der Extreme
hautnah. Der Pielachtaler Rundwanderweg und der Ötscherrundweg führen durch das ÖTSCHER:REICH, in
dem sich sogar der letzte Urwald der
Alpen befindet. Das Wildnis-Gebiet
Dürrenstein wurde noch nie vom
Menschen genutzt – eine große Ausnahme, wo doch österreichische Wälder heute zu 90 Prozent in forstwirtschaftlicher Verwendung stehen.
Die Entdeckungsreise in die Region
führt die Besucher an 15
ÖTSCHER:REICH-Stationen durch
verschiedenste Themen aus Geschichte, Gegenwart und Zukunft.
Entdeckungen auf den Spuren des
Clusius, Hofbotaniker Maximilians
II., sind ebenso Teil der Schau wie das
klösterliche Leben im Zisterzienserstift Lilienfeld oder die Sternwarte in
Puchenstuben, einem der wenigen
Orte Europas, wo die geringe Lichtverschmutzung das Erkennen der
Milchstraße erlaubt. Genießern bietet
das ÖTSCHER:REICH zudem Gaumenfreuden auf hohem Niveau – von
der Almjause bis zu fruchtigen DirndlSpezialitäten aus dem Pielachtal.
Lebensraum Alpen
Die Schau in Neubruck bei Scheibbs
steht für den Pioniergeist in den Alpen
und in der Region. Wer waren diese
Wissen und Glaube im Dialog im
Stift Lilienfeld
Pioniere und wer werden die Visionäre
von morgen sein? Bezeichnend ist der
Ausstellungsort: das Töpperschloss.
Es ist der ehemalige Herrensitz des
Mostviertler Pioniers Andreas Töpper,
welcher vom einfachen Schmiedegesellen zum größten Privatunternehmer in der Donaumonarchie aufgestiegen war. Die Ausstellung steht im
Spannungsfeld zwischen den Alpen
als Projektionsfläche idyllisch verklärter Vorstellungen einerseits und als
ökonomischer Ort für Rohstoffgewinnung, Industrie und Wissenschaft andererseits. Von romantischen Gemälden der Alpen über Bauernkunst und
der Installation eines Almauftriebs,
die mit 291 original erhaltenen Spielzeugtierchen aus der ethnologischen
Sammlung von Eugenie Goldstern
dargestellt wird, bis zur Eisenverarbeitung in der „Eisenwurzen“ gibt es jede
Menge zu betrachten. Sogar der Etymologie der Redewendung „unter die
Haube kommen“ können die Besucher hier nachgehen.
174 Regionspartner, 83 NaturvermittlerInnen, 15 ÖTSCHER:REICHStationen, zwei Rundwanderwege,
zwei Ausstellungsorte, ein Naturparkzentrum und die Mariazellerbahn sind
bereit, ein Erlebnis der besonderen Art
zu bieten. Kurz: Das ÖTSCHER:REICH
wartet schon auf Sie!
Foto: Peter Böttcher
Unter die Goldhaube kommen
– Waidhofen an der Ybbs
„Sammlung des
Musealvereins“
Niederösterreichische
Landesausstellung 2015
„ÖTSCHER:REICH – Die Alpen und wir“
FRANKENFELS:WIENERBRUCK:NEUBRUCK
25. April bis 1. November 2015
täglich 9 bis 18 Uhr
Führungen täglich um 10 und 14 Uhr
www.noe-landesausstellung.at
Hotline: +43 (0) 7416 521 91
Werden Sie Fan der Niederösterreichischen
Landesausstellung auf Facebook!
DIE ALL-INCLUSIVE ÖTSCHER:REICH
EINTRITTSKARTE
− Eintritt in die beiden Ausstellungen in
Frankenfels-Laubenbachmühle und
Neubruck
− Fahrt mit der Mariazellerbahn von
Frankenfels-Laubenbachmühle nach
Wienerbruck und retour
− Besuch des Naturparkzentrums ÖtscherBasis in Wienerbruck
− Fahrt mit dem Shuttlebus von Frankenfels-Laubenbachmühle nach Neubruck
und retour
ÖTSCHER:REICH Veranstaltungen
25.7.–26.7. Annaberg – Annaberger Patrozinium
14.–17.5. Ybbstal – Ybbstaler Narzissenblüte
31.5.
Frankenfels – Almfest Eibeck
6.–7.6.
Naturpark Ötscher-Tormäuer –
Wanderbare Gipfelklänge
8.–12.7. Pielachtal – Dialogikum Phönixberg
10.7.–1.8. Lunz am See – wellenklænge,
lunz am see
29
Mai 2015
Medienecho
Medien
Verschwörungstheorien um den CV
haben wieder einmal Hochkonjunktur
In letzter Zeit häuften sich Fälle, wo
in der Öffentlichkeit sowie in diversen Medien (Zeitungen, Büchern, Online-Portale et cetera) Personen in Zusammenhang mit dem CV gebracht
wurden, die niemals Mitglied einer
CV-Verbindung waren. Da mag vielleicht gelegentlich ungewollte Unkenntnis dahintergestanden haben.
Doch die Sache wird dann problematisch, wenn dadurch der CV in ein
schlechtes Licht gerät, so nach dem
Motto: Seht her, auch der war CVer.
Im März wurde an den 50. Jahrestag
der „Affäre Borodajkewycz“ erinnert.
Taras Borodajkewycz war zwar unzweifelhaft Mitglied der Norica, wurde
aber von ihr 1945 wegen seiner illegalen NSDAP-Mitgliedschaft ausgeschlossen. Wenn also in der
„Presse“ geschrieben wurde 1, dass
Borodajkewycz nach 1945 CVer geblieben ist, so wirft das natürlich
ein schlechtes Licht auf den CV beziehungsweise die Norica.
Im Herbst 2014 erschien die von Roman und Hans Pfefferle verfasste Studie
„Glimpflich entnazifiziert. Die Professorenschaft der Universität Wien von
1944 in den Nachkriegsjahren“. Dort
wird das Geheimpapier eines US-Diplomaten von Ende 1948 zitiert, wonach
der damalige Sektionschef im Unterrichtsministerium und Leiter der Hochschulsektion, Otto Skrbensky, „a CV
member“ sei.
Dessen CV-Mitgliedschaft wird nun
in diesem Buch weitere Male erwähnt
sowie im Zusammenhang einer „katholisch-konservativen Restauration“ thematisiert. In Artikeln der Autoren (etwa
in der „Wiener Zeitung“ vom 8./9. November 2014) oder in Besprechungen
(etwa in der „Presse“ vom 6. Februar
30
2015) wurde ebenso auf die Mitgliedschaft Skrbenskys im Cartellverband
verwiesen.
Auf der Universität Wien wird seit Anfang März anlässlich ihrer 650-Jahr-Feier
eine Ausstellung an nacheinander verschiedenen Standorten gezeigt, wo auf
einer Tafel auf Skrbensky eingegangen
und das genannte Dokument des USDiplomaten zitiert wird („a CV member“). Ebenfalls ist im Rahmen der
homepage der Universität Wien unter
http://geschichte.univie.ac.at/de/personen/otto-skrbensky eine Biographie von
Skrbensky abrufbar, wo desgleichen das
genannte US-Dokument mit „a CV
member“ zu lesen ist.
„Presse“, 21. März 2015
Es steht jedoch unzweifelhaft fest, dass
Sektionschef Dr. Otto Skrbensky zu keiner Zeit Mitglied einer Verbindung des
Österreichischen Cartellverbands (CV)
war. Sein Name findet sich in keinem
der (Ö)CV-Gesamtverzeichnisse, die
während seiner Lebenszeit herausgekommen sind. Die beiden Autoren haben daher die Angaben des US-Diplomaten ungeprüft übernommen. Die
vermeintliche
CV-Mitgliedschaft
Skrbenskys war ihnen aber bei der Untermauerung ihrer problematischen
These einer „katholisch-konservativen
Restauration“ im Bereich der Universitäten nach 1945 höchst willkommen.
Diese „Restauration“ wird dann auch in
den Zusammenhang mit einer aus ihrer
Sicht leichtfertigen „Entnazifizierung“
gestellt 2.
Damit wird der ÖCV in eine gewisse
Ecke gedrängt und dadurch in seinem
Ruf beschädigt. Den beiden Autoren
dürfte entgangen sein, dass dessen Angehörige wie kaum eine andere Personengruppe (mit Ausnahme der Juden
und Roma) nach dem Anschluss im
März 1938 zahlreichen Repressionen
(Verhaftungen, Entlassungen et cetera)
und Verfolgungen ausgesetzt waren
und vor sowie dann nach 1938 in ihrer
weitaus überwiegenden Zahl zu den
Gegnern des NS-Regimes zählten.
Auch waren zahlreiche CVer
nach 1945 in verschiedenen
Funktionen der staatlichen Entnazifizierung (als Richter in Gerichtsverfahren, in Disziplinarkommissionen des Öffentlichen
Dienstes) eingesetzt, was dann
seitens der SPÖ auch für das Gewinnen der Stimmen von „Ehemaligen“ propagandistisch ausgenutzt
wurde (etwa bei den Bundespräsidentenwahlen des Jahres 1951).
Jeder Historiker, Publizist oder Journalist bekommt im Generalsekretariat
des ÖCV bereitwillig Auskunft, ob eine
verstorbene Person Mitglied einer CVVerbindung war oder nicht. Eine solche
Nachfrage entspricht eher der wissenschaftlichen wie journalistischen Redlichkeit, als ungeprüft und im Endeffekt
dann unrichtig um den CV herum einen Popanz aufzubauen oder Verschwörungstheorien zu erfinden.
Gerhard Hartmann (Baj, Ca, Cl, R-S)
1 Immerhin konnte für die „Presse“-Leser durch einen Leserbrief von ÖCV-Vorortspräsident Lorenz Stöckl (Rd)
diese Falschmeldung korrigiert werden (Anmerkung der Redaktion).
2 Mittlerweile wurde seitens des ÖCV mit den Kuratoren der Ausstellung Kontakt aufgenommen und der Sachverhalt
entsprechend dargelegt, worauf eine entsprechende Richtigstellung zugesagt wurde (Anmerkung der Redaktion).
Das politische Spektrum des ÖCV
Große Publizität – und damit auch
einige Aufregung – verursachte die ausführliche Zitierung des politischen Kommentars des Chefredakteurs der ACADEMIA in der „Presse“ vom 13. April,
die den Beitrag zum Anlass genommen
hat, das Thema „Wie links ist die ÖVP“
beziehungsweise „Wie rechts ist die
SPÖ“ zu untersuchen. Dabei wurde auch
versucht, einen ideologischen Zwist zwischen ÖCV und ÖVP zu konstruieren.
Die „Presse“ übersah in diesem Zusammenhang allerdings, dass es im weiten
politischen Spektrum des ÖCV – der ja
keine Vorfeldorganisation, und damit
kein gleichgeschalteter Verband der ÖVP
ist – durchaus eigenständige Meinungen
gibt, etwa auch in die Richtung, dass das
kürzlich beschlossene „Steuerpaket“
stark von dem abweicht, was vorher angekündigt worden war (und die ÖVP
selbst ist ja kein monolithischer Block,
wenn man nur an die oftmals konträren
Ansichten der Bünde denkt).
In der Woche darauf nutzte dann
„Presse“-Gastkolumnist Univ.-Prof. Kurt
Kotrschal seinen Beitrag zu einem wüsten und undifferenzierten Rundum-
Im „Kurier“ vom 8. April meinte Erhard Busek in seiner Funktion als Chef
schlag gegen den ÖCV, aus dem er, wie des Unirats der MedUni Wien in Bezug
er schreibt, „bereits in den 1970er Jahren auf die Rektors-Findung: „Hier wird inausgetreten“ sei. Herr Kotrschal hat ein terveniert, von der SPÖ-Seite, von der Kulschlechtes Gedächtnis, ist er doch erst tusgemeinde, vom Cartellverband, von ir1974 einer CV-Verbindung beigetreten gendwelchen Logen und natürlich läuft sehr
viel über Freundschafund dann Anfang
ten. Es ist unglaubder 80er Jahre wielich. Ich hoffe, dass ich
der ausgetreten!
hier halbwegs durchUnd auch sonst
steuern kann“. Man
stimmt wenig in
kann als gelernter
seinem Artikel, in
Österreicher
nur
dem er allerdings
überrascht sein, dass
seinen Lesern verein Alt-Politiker wie
schweigt, dass er
Busek überrascht ist,
immer noch Mit„Kleine Zeitung“, 2. April 2015
wie Personalentscheiglied einer MKV-Verbindung ist, die die gleichen Prinzipien wie dungen hierzulande fallen.
Erfreulicher waren da die Berichte
der ÖCV hat; alles in allem eine sehr
seltsame und höchst entbehrliche Wort- über den neuen Vorsitzenden des
AHLB-Steiermark, Gerhard Leitinger
meldung.
(Trn, ErG, EKG), in der „Kleinen Zeitung“ und im „Sonntagsblatt“, wobei
er nicht nur über einige wichtige Fakten
wie Prinzipien und Aktivitäten des CV
berichten konnte, sondern insbesondere auch den Unterschied zu den schlagenden Korporationen hervorhob.
Die Redaktion
31
Mai 2015
Leserbriefe
Leserbriefe
Leserbriefe sind der
ACADEMIA immer willkommen, können aber
nicht in jedem Fall
schriftlich beantwortet
werden. Abgedruckte
Zuschriften müssen sich
inhaltlich nicht unbedingt mit der Meinung
der ACADEMIA decken.
Die Redaktion behält
sich Kürzungen vor und
veröffenlicht nur Schreiben mit voller Nennung
des Absenders.
ACADEMIA 1/2015
Herzlichen Dank für die immer wiederkehrenden großartigen Ausgaben der
ACADEMIA. Es ist ein Genuss, abseits
der sonstigen Medien unsere Zeitschrift
zu lesen. Bitte macht weiter so.
Univ.-Prof. Dr. Walter Summersberger (Lo)
4040 Linz
ACADEMIA 1/2015
Vielen herzlichen Dank für die ACADEMIA
vom Februar 2015. Die Redaktion hat
wieder beste Arbeit geleistet! Die Artikel
über den Islam und das Fortpflanzungsmedizingesetz waren informativ und brillant geschrieben. Und vor allem war jeder
Satz richtig. Da fällt mir ein, dass ein gewisser Herr schwadronierte, dass der Islam zu Österreich gehöre. Weiters stößt
mir sauer auf, dass unsere politischen
Freunde willfährig für das FMedG gestimmt haben. Es ist natürlich einfacher,
sich dem Diktat der Gutmenschen zu
beugen, als dass man sich auf seine
christlichen Werte besinnen würde. Und
so wird es weitergehen bis zu diesem Tag,
wo unserer Freunde abgewählt sein werden. Sie sind ja offensichtlich nicht mehr
fähig, konservative Positionen zu verteidigen.
HR Dr. Wolfgang Leichtfried (R-B)
6900 Bregenz
ACADEMIA 1/2015
Islam und Europa?
Aufgrund meiner beruflichen Tätigkeit in
Ländern des Nahen und Mittleren Ostens
habe ich die islamische Denk- und Lebensweise kennengelernt. In Pakistan
etwa habe ich aber auch die Situation
der christlichen Minderheit (drei Prozent
der Bevölkerung von 193,2 Millionen),
geprägt durch Armut infolge fehlender
Bildungschancen und Bedrängnis durch
radikale Islamisten, aus eigener Erfahrung erlebt. In den letzten 35 Jahren ist
die Zahl der Muslime in Mitteleuropa auf
an die 50 Millionen angestiegen (mit ihren starken Geburtenzahlen). Europa hat
in seinem „never ending“ WohlstandsGefühl, der Genuss-Sucht und Multi-Kulti-Euphorie, in der Ausbreitung der islamischen Kultur mit den kinderreichen
Familien offensichtlich die ideale Ergänzung gefunden, um die negativen Auswirkungen seines gesellschaftlichen Nie-
32
e-Mail: [email protected]
derganges und die Dezimierung der eigenen Bevölkerung zu kompensieren.
Um dies deutlich zu machen wird von
Spitzenpolitikern lauthals verkündet:
„der Islam gehört zu unserer Kultur“ –
daher wird die Ablehnung der Türkei als
EU-Mitglied bald überholt sein und die
Forderung der Integration von Muslimen
wird obsolet. Die Wahrheit, was Islam bedeutet, nämlich „Unterwerfung“, wird
bei uns nicht zur Kenntnis genommen.
Dabei gibt es keine freie Entscheidung
– jeder Mensch wird als Muslim geboren
oder dazu gemacht und jedes Mittel heiligt den Zweck; ein Abfall wird mit dem
Tod bestraft. Der Islam ist nicht nur Religion, sondern auch Gesetz sowie Staatsform und regelt das gesamte öffentliche
und private Leben. Nur Muslime dürfen
sich als Gläubige bezeichnen, alle Menschen anderer Religionen gelten als Ungläubige (Dhimis), werden aber als religiös geduldet; keine Religion zu haben
ist nach dem Islam eines Menschen unwürdig, er ist ein „nobody“, dem sogar
die Einreise in ein islamisches Land verweigert werden kann. Wer sich aber erdreistet über einen Glauben und dessen
Motive, Gebräuche und Kleidung zu spotten (auch in Form einer Karikatur), der
wird feindselig behandelt.
Dafür gibt es in islamischen Ländern kinderreiche Familien und eine vorbildliche
Familienkultur mit einer großen Zahl von
Verwandten, die Freud und Leid miteinander teilen. So bilden die Familien das
soziale Netzwerk in der Bevölkerung, in
dem die einzelnen Mitglieder bei Krankheit, Arbeitslosigkeit und sonstigen Notfällen in der Familie aufgenommen und
versorgt werden. Die Familien bemühen
sich um die religiöse und tugendhafte
Erziehung ihrer Kinder, die als Schüler
der Koranschulen in religiöser Hinsicht
streng erzogen werden. Daraus ergibt
sich, dass die Muslime ihren Glauben im
fünfmaligen täglichen Gebet öffentlich
praktizieren, am Freitagsgebet in der Moschee teilnehmen und die Fastenzeit des
Ramadan streng einhalten. Diese öffentlich religiöse Praxis verlangt von jedem
Ausländer und Andersgläubigen Respekt
und Achtung. Fazit: Der Großteil der gemäßigten Muslime will mit den Christen
und Andersgläubigen in Frieden leben;
das Klima der islamischen Kultur und
Gesellschaft bestimmen aber nicht die
Mehrheit, sondern die Führer des Dschihad, die sich „Herrscher eines Kalifats“
bezeichnen.
Danke auch für die Thematisierung des
jüngst beschlossenen Fortpflanzungsmedizingesetzes. Dieses ist nicht nur eine
Tür zur „Neuen Interpretation“ des Begriffs Familie, sondern eröffnet Möglichkeiten zur unverantwortlichen Manipulation mit dem menschlichen Leben
gegen die Natur des Menschen und führt
zum Ruin der natürlichen Entwicklung
von der Empfängnis bis zur Menschwerdung. Bisher hat sich die medizinische
Forschung große Verdienste und Achtung
erworben, wenn es um die Bekämpfung
von Epidemien oder Tod bringenden
Krankheiten ging – aber wer oder was veranlasst Wissenschaftler, Politiker und das
Kapital, für eine exzessiv kleinste Gruppe
von Menschen mit absurden Wünschen
eine Hightech Medizin, Forschungsinvestitionen und die entsprechende Gesetzesmaterie für die Durchführung bereitzustellen? Damit werden die Betreiber
(und Lobbyisten) solcher Maßnahmen
für den Großteil der Bevölkerung suspekt
und verlieren ihr Vertrauen. Damit wird
per Verfassung und EU-Menschenrecht
die Degeneration der Menschheit des
Westens zum Schaden am Gemeinwohl
beschlossen.
Dr. Gerhard Schröckenfuchs (GlL)
2344 Maria Enzersdorf
ACADEMIA 2/2015
Die ÖVP gibt sich auf
Leider nur allzu wahr, aber die nötigen
Reformen verhindern ja leider auch unsere lieben Freunde in den Ländern. Ob
Freund Mahrer sich freut, dass sein Artikel durch diese Nicht-Reform so sehr pervertiert wurde, von wegen „Datenschutz“,
„Eigentumsrechte“ und „Ausrichtung auf
den Mittelstand“? Und in welchen blutrot
sozialistischen Abend reitet Django, wenn
er im Nationalrat um den Applaus der linken Fraktionen buhlend alle Wirtschaftstreibenden der Steuerhinterziehung verdächtigt, von wegen „wer schreit, wird
etwas zu verbergen haben“? Den Wirtschaftsbund dürfte er aus der Satteltasche bereits verloren haben.
Dipl.-Ing. Helmut Biely (Wl)
3400 Weidling
Leserbriefe
was die 80 Prozent Nichtchristen wollen.
Uns bleibt dann der nostalgische Rückblick.
Georg Krasser (Nc)
1180 Wien
ACADEMIA 2/2015
Konservativismus?
Der Artikel von Harald Mahrer zeigt, wie
weit sich die Funktionäre bereits von der
Wahrnehmung der realen Welt entfernt haben. Er hat Recht, wenn er meint, dass
das Konzept einer christdemokratischen
Volkspartei ein Erfolgskonzept ist und der
Mittelstand eine wesentliche Zielgruppe
darstellt. Wenn er allerdings meint, dass
die ÖVP diese Voraussetzungen erfüllt und
die Hüterin des Mittelstandes ist, so
scheint er weder die Politik der letzten Jahre noch die Wirkungen der letzten Steuerreform zu verstehen. Der Mittelstand finanziert sich die Steuerreform selbst
(durch eine versteckte Erbschaftssteuer
genannt Grunderwerbssteuer und durch
Wegfall der Sonderausgaben), während die
Niedrig-Verdiener und die Superreichen
letztendlich die großen Profiteure sind.
• Einige der ÖVP Landeshauptläute treten
für die Gesamtschule ein – konservativ?
• Kardinal Christoph Schönborn (Rt-D
EM) fühlt sich (zurecht!) bei der Fortpflanzungsmedizin von der ÖVP im Stich
gelassen – christlich sozial?
• Allen Lokalen wird zwangsweise eine absolute Nichtraucherzone verordnet – liberal?
Markus Szyszkowitz
ACADEMIA 2/2015
Die ÖVP gibt sich auf
Auch wenn der eine oder andere nicht mit
allen Details des Beitrages übereinstimmen mag: Dank an die ACADEMIA für
diese Anstiftung zu heilsamer Unruhe!
Und insgesamt: vielleicht ist es nicht die
ÖVP, die sich aufgibt, sondern das katholische Bürgertum? Die ÖVP richtet ihr Angebot offensichtlich nach der Nachfrage
aus. Und die ist mehrheitlich nicht mehr
christlich determiniert. Bekunden wir unsere politische „Nachfrage“ qualitativ und
quantitativ ausreichend?
Univ.-Prof. Matthias Beck hat unlängst
bei einer Podiumsdiskussion bei der Norica darauf hingewiesen, dass wir auf ein
Absinken des katholischen Bevölkerungsanteils auf 20 Prozent zusteuern.
Diese 20 Prozent müssen den übrigen
80 Prozent ihre gesellschaftspolitischen
Positionen erklären und begründen. Diese Positionen sind nicht mehr, wie in der
Vergangenheit, bequem selbsterklärend
(„weil‘s wahr ist“!). Der bequeme Hinweis auf die Position der Kirche und auf
die Position „unserer“(?) Politiker reicht
nicht mehr aus. „Wir“ (= jeder Einzelne
für sich und in seinem persönlichen Umfeld und auch die Verbindung und der
Verband) sind aufgerufen, unseren Informationsstand zu verbessern, Meinung
zu bilden, und letztlich Farbe zu bekennen. Wenn uns (wer sonst sollte es tun?)
das zu mühsam ist, wird das geschehen,
Viele Probleme entstanden erst in der
Rot-Schwarzen Koalition – als Preis des
Machterhalts wurden sinnvolle Steuerbegünstigungen (etwa Sonderausgaben)
abgeschafft, vielen Geldverschwendungsprogrammen (sinnlose Tunnelbauten, ÖBB-Unkosten und so fort) zugestimmt. Letztendlich unterscheiden sich
die Funktionäre der Österreichischen
Volkspartei bestenfalls bei der Sonntagskleidung von denen der SPÖ oder den
Grünen. Beliebigkeit und die Fahne nach
dem Wind der Medien drehen, erscheinen den Funktionären als sichere Methoden zum Machterhalt – viel Glück!
Die Implosion erfolgt manchmal sehr
schnell. Siehe Democrazia Cristiana oder
DDR.
Dr. Peter Kuleff (Rg)
1090 Wien
Leserbriefe sind der
ACADEMIA immer willkommen, können aber
nicht in jedem Fall
schriftlich beantwortet
werden. Abgedruckte
Zuschriften müssen sich
inhaltlich nicht unbedingt mit der Meinung
der ACADEMIA decken.
Die Redaktion behält
sich Kürzungen vor und
veröffenlicht nur Schreiben mit voller Nennung
des Absenders.
ACADEMIA 2/2015
Konservativismus
Die beiden Beiträge zum Konservativismus machen deutlich, dass „konservativ“ ein politischer Kampfbegriff ist:
„konservativ“ sind Andersdenkende, deren Meinungen für nicht mehr gültig
(nicht mehr modern?) erklärt werden.
Sie zeigen auch, wie unbestimmt politische Kampfbegriffe sind. Denn vom lateinischen „conservare“ (= bewahren,
schützen) ist nichts übrig, ein Hinweis
darauf hilft also nicht weiter. Den
Schimpfwortcharakter zu zerstören, indem ein Inhalt definiert wird („gute, bewährte Systeme beizubehalten, an Werten festzuhalten“), scheitert daran, dass
niemand auf eine so vielseitige, unbestimmte Beschimpfungsmöglichkeit verzichten will. Konservative im Wortsinn
haben ein Gebäude historisch gewachsener politischer Überzeugungen, die es
zu bewahren gilt. Sozialdemokraten/Sozialisten und Kommunisten sind Konservative in diesem Wortsinn, weder
Christdemokraten noch Liberale haben
solche komplexen Konstruktionen von
politischen Grundsätzen, erst recht nicht
die Nationalen mit dem undifferenzierten Hochloben der biologischen Herkunft. Wir werden damit leben müssen,
dass wir immer wieder undifferenziert
als „konservativ“ beschimpft werden,
ohne jemals zu erfahren, was wir an unseren Überzeugungen ändern sollten.
Dr. Herbert Gasser (R-D)
D-64658 Fürth
Faymann stets treffsicher.
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Mai 2015
Kommentar
Die Angst vor dem Paukenschlag
Alle wissen es: Die „Neue Mittelschule“ ist ein teurer Fehlschlag. Sie
bringt bei erhöhten Kosten schlechtere Ergebnisse als die Hauptschule.
Dennoch ist nicht zu erwarten, dass
dieses teure Prestigeprojekt der SPÖ
beendet wird, obwohl sich aktuell
Vizekanzler Reinhold Mitterlehner
(A-D), Finanzminister Hans Jörg
Schelling sowie Klubobmann Reinhold Lopatka (BbG) durchaus kritisch gezeigt haben. Die SPÖ wird
nicht zugeben, hier einen Fehler gemacht zu haben, weshalb sogar zu
befürchten ist, dass in Hinkunft
noch mehr Geld in dieses unheilvolle Experiment geschüttet wird,
in der Hoffnung, dadurch möglicherweise den Output zu verbessern.
Primär eingebrockt hat uns dieses
fatale Projekt eine gewisse Frau Claudia Schmied, eine inkompetente,
ideologiegetriebene Unterrichtsministerin, die mit der Brechstange die Gesamtschule in Österreich einführen
und – in einem Aufwaschen – auch
das Gymnasium abschaffen wollte.
Sie ist damit kläglich gescheitert, auf
unsere Kosten; und auch um den
Preis, die Schule der Zehn- bis 14jährigen verschlechtert zu haben. Bei der
Volksschule – wo die Ursachen für die
dramatischen Verschlechterungen liegen – wurden dafür dringendste Reformen verschlampt.
Die Dame hatte überhaupt ein
Händchen für teure Fehlentscheidungen, so war sie ja auch bekanntlich
vor ihrer Zeit als Ministerin im Management der Kommunalkredit, die
am 3. November 2008 notverstaatlicht wurde. Die Pleite dieser Bank segelt irgendwo im Windschatten der
großen Hypopleite, aber auch hier
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geht es nicht gerade um Peanuts: Das
Geld, das die Kommunalkredit bis
jetzt gekostet hat, wäre schon die halbe Steuerreform!
Und wie mittlerweile jedermann
weiß, hat Frau Schmied auch bei den
Bundestheatern – und da vor allem
beim Burgtheater – eine finanzielle
Blutspur hinterlassen.
Eine kaputte Bank, ein beschädigtes
Bildungssystem und abgewirtschaftete
Bundestheater – eine starke Leistung,
die für die Versagerin konsequenzlos
bleibt. Den Schaden hat – wie immer
bei politischen Fehlentscheidungen
– der Steuerzahler.
Dabei war die Notverstaatlichung
der Kommunalkredit nicht „alternativlos“. Es hat andere Szenarien gegeben, die den österreichischen Steuerzahler praktisch nicht belastet hätten.
Aber auch damals ist man den einfacheren Weg gegangen, die Bürger zahlen zu lassen, indem man das Problem
auf mehrere Jahre verteilt, in der Hoffnung, dass der Bürger nicht merkt,
dass dadurch letztlich ein vergrößerter
Schaden entsteht.
Halbstarke Polit-Amateure
Politiker fürchten nicht nur den Gesichtsverlust in Folge der eingestandenen Fehlentscheidung, es geht auch
um das unangenehme Thema des
„Paukenschlages“, während man
beim Aussitzen und Hinausschieben
von Problemen die negative Begleitmusik zeitlich entsprechend portionieren kann.
So wurde es ja auch bei der Hypo
gemacht, wo durch Realitätsverweigerung und Nicht-Entscheiden weitere Milliardenverluste angehäuft
wurden. Erst der neue Finanzminister
wagt mit der „Fastpleite“ den Pau-
kenschlag, aber Schelling ist – Gottsei-Dank – auch kein typischer Politiker.
Das Aufschieben unangenehmer
Entscheidungen ist aber keine österreichische Spezialität, das funktioniert
auch auf europäischer Ebene vorzüglich. Etwa wenn man sich ansieht, wie
falsch seit fünf Jahren die Griechenlandkrise gemanagt wird. Auch 2010
hatte man Angst vor dem Paukenschlag, Griechenland klarzumachen,
dass es den Euro verlassen muss,
nachdem es jahrelang Zahlen gefälscht hatte. Man hat damals dem
Land weitere Milliarden nachgeschmissen. Die Griechen haben praktisch weitergetan, wie bisher: es gibt
nach wie vor kein funktionierendes
Steuerwesen, Privatisierungen wurden verschlampt, wichtige Reformen
in der Verwaltung gar nicht angegangen. Und die halbstarken Polit-Amateure der neuen Chaosregierung haben die Situation in wenigen
Monaten nur noch schlimmer gemacht.
Als sich vor 15 Jahren Österreich
erfrechte, eine Regierung zu bilden,
die einigen Herrschaften in Österreich und in der EU nicht passte, kam
es zu den „Sanktionen“. Als zehn Jahre später die Griechen ihre Lügen und
Bilanzfälschungen zugeben mussten,
kam es zum Beschwören der europäischen Solidarität und neuen Krediten.
Auch auf europäischer Ebene ist es
offensichtlich undenkbar, zuzugeben, eine Fehlentscheidung getroffen
zu haben und diese zu korrigieren;
genauso wie sich praktisch keiner der
damaligen Sanktionierer bis heute
für seine Fehlentscheidung entschuldigt hat.
Herbert Kaspar (Am)
Präsentation
Schon 1990 stellte Univ.-Prof. Günter
Winkler (Nc EM) in einem Interview fest: „Die Gesellschaft
beginnt unter diesem ausufernden Gesetzesstaat ernstlich zu
leiden. (…) Es werden immer mehr und detailliertere Gesetze
erzeugt, wodurch die Freiheit des Menschen in einer unvorstellbaren Weise zurückgedrängt wird, wenn nicht sogar vernichtet.
(…) Man postuliert nicht mehr: so viel Gemeinschaft wie notwendig und so viel Freiheit wie möglich, sondern man schafft
in einer Sucht nach noch mehr Gesetzen so viel Gemeinschaft
wie möglich und respektiert die Freiheit des Menschen nur dort,
wo es anders nicht geht.“
Diese unheilvolle Entwicklung hat sich in den letzten Jahren dramatisch verschärft, einerseits durch die zunehmend
aus Brüssel kommenden Vorgaben sowie andererseits durch
immer stärkere Zugeständnisse an eine falsch verstandene
Political Correctness, die bewusst Gleichheit mit Gleichmacherei verwechselt und die dazu führt, dass die Freiheit des
Einzelnen immer stärker beschnitten wird. Aus aktuellem
Anlass beschäftigt sich Andreas
Unterberger in dieser Ausgabe
mit diesem nach wie vor aktuellen Thema.
Ein weiterer Schwerpunkt des
Heftes war ein detaillierter Beitrag von Fritz Plasser und Franz
Sommer zum Thema Wahlrechtsreform in Österreich. Angesichts der ersten freien und demokratischen Parlamentswahlen in den ehemaligen kommunistischen Ostblockstaaten
erschien es angebracht, auch unser Wahlrecht auf Verbesserungsmöglichkeiten – und deren gibt es viele – zu untersuchen.
Auch diese Diskussion ist in den letzten 25 Jahren nicht wirklich geführt worden, weil die Parteien kein Interesse an einer
stärkeren Einbindung der Bürger haben.
Herbert Kaspar (Am)
Klaus-Lukas Zimmermann
Wem geht die Freiheit ab?
ACADEMIA-Präsentation
Nach langer Zeit fand wieder einmal eine ACADEMIA-Präsentation in „Trans-Danubien“ statt und erstmals im Unternehmenssitz der Firma Kelly, ein Unternehmen, das in Österreich praktisch jeder kennt.
Leider konnte Kelly-Geschäftsführer Wolfgang Hötschl (Aa)
an der Präsentation nicht teilnehmen, da er kurzfristig einen
Termin im Ausland wahrnehmen musste, aber die MarketingLeiterin Mag. Maria Bauernfried hat einer aufmerksamen Runde
in einer hochinteressanten Präsentation einiges über den europäischen und österreichischen Snackmarkt berichtet und
insbesondere auch über das Unternehmen, das heuer sein
60jähriges Bestehen feiert.
In der Nachkriegszeit von einem US-Amerikaner und einem
Österreicher gegründet (damals wurde mit Popcorn und Kartoffelchips begonnen), wurde später auch die steirische Firma
Zach aufgekauft, die mit dem Produkt „Soletti“ eine starke Marke in das Unternehmen brachte.
Was 1955 mit einem bescheidenen Jahresumsatz von 5.800
Euro begann, hat sich bis 2014 zu einem Umsatz von 153,2
Millionen Euro allein in Österreich entwickelt – das entspricht
über 27.000 Tonnen Snacks!
Seit 2008 ist das Unternehmen Teil der in Deutschland domizilierten Intersnack-Gruppe, ein Familienunternehmen, das
in praktisch ganz Europa Tochtergesellschaften hat, die jeweils
in großer unternehmerischer Selbstständigkeit ihre spezifischen
Ländermarken betreuen. Kelly Österreich ist allerdings auch
Marketing-Leiterin Maria Bauernfried flankiert von zwei
Vorortspräsidenten: Florian Tursky (AIn, Rd), VOP 2013/14
und Lorenz Stöckl (Rd), VOP 2014/15.
zuständig für Italien, Schweiz, und die adriatischen Länder.
Die Firma Intersnack ist mit 2,2 Milliarden Euro Umsatz, 28
Werken und 8.400 Mitarbeitern in Europa Nummer 2. Kelly
hat in Österreich 318 Mitarbeiter.
Kelly legt auch Wert darauf, heimische Erzeugnisse zu verarbeiten, so ist das Unternehmen der größte österreichische
Mehl-Abnehmer und – nach McDonald‘s – der zweitgrößte
Abnehmer von Industrie-Erdäpfeln.
Ein erfolgreiches Unternehmen, in dem auch sehr stark privatwirtschaftlich-unternehmerisches Denken herrscht, und
das als Marktführer (mit 67 Prozent) immer wieder bemüht
ist, den Markt durch neue Produktideen und einen charakteristischen Unternehmensauftritt weiterzuentwickeln.
HK
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Mai 2015
George
Altes
Banking
2:0
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KO N T O P E R S
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Je
George. Das modernste Banking Österreichs.