F&G Ausgabe 07/2014

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Fitness
Fitness Trends 2015: Eine Prognose
Ganzheitlich.
Zeitarm.
Auf den Punkt.
Der renommierte Personal Trainer Daniel Philipp und sein
Team wagen für F&G eine Vorausschau auf die FitnessTrends im kommenden Jahr. Sie haben vier Trends ausgemacht, die sich bei Fitness-Sportlern nachhaltig etablieren könnten. Viele der neuen Fitness-Angebote richten
sich über die neuen Medien direkt an die Fitnesskunden.
Wo liegen die Vor- und auch Nachteile dieser neuen Varianten, Fitness zu leben? Und wie können Trainer und
Studios diese Trends in ihre Arbeit einbinden?
s ist immer wichtig, die aktuellen Trends in
der Branche im Blick zu haben, um nicht
hinterherzuhinken. Aber, um vorauszusehen,
an welchen Trends man in naher Zukunft
nicht mehr vorbeikommt, braucht man als Trainer ein
gutes Auge: Was wollen die Kunden, was brauchen Sie
und welches neue Angebot passt und könnte das bestehende Portfolio ergänzen? Wie lassen sich diese Trends
möglichst effektiv in das eigene Angebot einbauen?
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Auch Fitness-Sportler spüren den
Faktor Zeit
Das Leben im 21. Jahrhundert wird immer schneller.
Nicht nur im privaten und beruflichen Leben zeichnet
sich das Bild von kurzen Treffen, schnellen Entscheidungen und dem Streben nach ganzheitlichem Fortschritt: Die Zeit sitzt selbst Fitness-Fans im Nacken.
Aus dieser Zeitnot entwickeln sich Trends hin zu
Intervalltraining, das es trotzdem in sich haben muss.
Viele nehmen sich dafür Unterstützung: den Personal
Trainer, den Trainer im Studio, aber auch eines der vielen Online- oder Social-Media-Angebote.
Welche dieser Hilfestellungen tatsächlich hilfreich
sind, welche weniger, und worauf man trotz Zeitknappheit unbedingt achten muss, um ein Training effektiv
und gesund zu gestalten, beschäftigt zurzeit insbesondere die Personal Training-Branche.
Um sich optimal auf seine Kunden einstellen zu
können, sollte man wissen, welche Gruppen eigentlich
diese Apps und Programme nutzen. Diese Kunden
haben keine bis geringe Motivationsprobleme, wollen
den finanziellen Aufwand so gering wie möglich halten und um keinen Preis ihre Flexibilität einschränken.
Allgemein nutzen eher jüngere Kunden Portale und
Apps und vor allem wettbewerbsorientierte Kunden, die
sich gerne mit anderen messen. Geeignet sind diese
Apps und Portale grundsätzlich nur für Kunden, die
keine Kontrolle durch einen Profi brauchen, d.h. sie
müssen sehr gut selbstständig trainieren können und
Erfahrung haben. Trifft das auf einen Kunden nicht zu,
ist der Personal Trainer umso gefragter.
Fitness & Gesundheit 7-2014
Fitness
Trend 1
Online Fitness-Portale mit Videoanleitung
(z.B. gymondo.de, newmoove.com, youfit.de)
+ flexibel (zeitlich und örtlich)
+ kostengünstig (zw. 5-9€/Monat je nach Vertragsdauer)
+ vertraglich relativ flexibel (Varianten bei Vertragsdauer möglich)
+ verschiedene Trainingsziele: Abnehmen, Cardio, Muskelaufbau etc.
+ Übungen sehr anschaulich durch Videos
– wenig Abwechslung (kaum neue Übungen)
– nicht individuell, sondern wie Gruppentraining
– Verletzungen werden nicht berücksichtigt (Risikofaktor)
– keine Korrektur bei der Durchführung (Verletzungsrisiko)
– Programmvorgaben (Intervalle, Dauer – was ist bei Aussetzen?)
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– „die besten Trainer Deutschlands“ -> Qualifikationen undurchsichtig
TIPP: für gesunde Menschen (ohne Verletzungen) empfehlenswert,
neue Übungen vom Profi korrigieren lassen
Trend 2
Schnellabnehm-Programme
(z.B. 10 Weeks Body Change v. D! Soost, my-miracle.de, slimcoach.de)
+ örtlich flexibel
+ kostengünstig: Jahresmitgliedschaft 99€ (Videos zugänglich)
+ Programm von Spezialisten (ganzheitliches Denken: Schlaf, Ernährung, Bewegung, Psyche, etc.)
TIPPs für Personal Trainer
Der aktuelle Trend zur Dokumentation und Auswertung des Trainings und der Trainingserfolge der Kunden erfordert vom Trainer, alle Fitness-Aktivitäten zu
überwachen und zu optimieren. Wenn Kunden Apps,
Online-Portale oder andere Programme nutzen, lassen
Sie als Trainer sich nicht ausschließen, im Gegenteil:
Mischen Sie sich ein und nutzen Sie die Methoden der
Anbieter für Ihr Programm.
1. Bevorzugen Sie in Ihrem Trainingsprogramm funktionelles Training, also nutzen Sie so wenig Hilfsmittel wie nötig, um örtlich flexibel zu sein. So
kann der Kunde auch im Alltag zuhause und im
Urlaub selbstständig trainieren.
2. Legen Sie gemeinsam mit dem Kunden messbare
und realistische Ziele fest. Dazu ist eine Datenerfassung der aktuellen körperlichen Verfassung sinnvoll.
Diese Daten werden regelmäßig beobachtet. So können Etappenerfolge den Kunden zusätzlich motivieren. Wer auf Technik steht, freut sich auch, die
Ergebnisse per SMS oder E-Mail zu erhalten.
3. Nutzen Sie die Medien der Fitness-Portale, z.B. gute
Erklärungsvideos, die Sie sich gemeinsam mit dem
Kunden anschauen können. Wenn Sie eine neue
Übung planen, schicken Sie Ihrem Kunden im Vorfeld bereits einen Videolink, um ihn für das Training
anzuspornen.
4. Einen Ernährungsplan sollte man unbedingt
gemeinsam erstellen, damit man auf Vorlieben,
Allergien etc. eingehen kann. Allgemeine Ernährungspläne sind nur für wenige Menschen gesund
und ausgewogen.
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+– viele Vorgaben (wann darf gewogen werden, Cheat Day) –> Selbstdisziplin erforderlich
– Kosten: 79 € / 12 Wochen (30 Tage Geldzurückgarantie bei Unzufriedenheit)
– zeitlich unflexibel: 12 Wochen Beschränkung -> 1-wöchiges Intervall
festgelegt (jede Woche werden neue Videos freigeschaltet, z.B.
D! Soost beim Kochen oder Trainieren einer Gruppe)
– Ernährungsumstellung kann nicht kontrolliert werden
– nicht individuell, sondern wie Gruppentraining
– Verletzungen werden nicht berücksichtigt (Risikofaktor)
– keine Korrektur bei der Durchführung (Verletzungsrisiko)
TIPP: für einmal viel Gewicht abnehmen sinnvoll, langfristig individuelles Programm mit Kontrolle (durch den Trainer bzw. Ernährungsberater)
Trend 3
Fitness Apps für unterwegs
(z.B. Freeletics, Runtastic, MiCoach)
+ örtlich flexibel (indoor / outdoor)
+ Vollversion kostengünstig: ca. 10€ / Monat
+ kostenlose Version bietet Workouts und einzelne Übungen inkl. Erklärungsvideos
+ Training fast ausschließlich ohne Geräte / Hilfsmittel möglich
+ individuell: entweder selbstständig (kostenlose Version), oder vorgegeben vom Trainer (Vollversion)
+ Erklärungsvideos sehr anschaulich
+ Vergleich mit anderen motiviert
+ eigener Fortschritt wird gemessen
- + 15 Wochen Vertragsbindung
- + Ernährungsguide (15 Wochen Plan) unflexibel
- Verletzungen werden nicht berücksichtigt (Risikofaktor)
TIPP: Übungsvideos nutzen, Freeletics Übungen individualisieren (Einschränkungen, Krankheit), Ernährungsplan anpassen, Klienten vor dem
Training Trainingsablauf zeigen, evtl. Freeletics Workouts machen, Leistung messen / Etappenziele, Challenges (z.B. 200 Burpees: Wer ist
schneller?)
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5. Fördern Sie eine gesunde Grenzüberschreitung bei
den Übungen, damit der Kunde die Fortschritte körperlich spürt und Veränderung erlebt. Dadurch wird
er angespornt, auch in Zukunft sein Bestes zu geben
und dran zu bleiben.
6. Machen Sie hin und wieder Challenges mit dem
Kunden. Beispiele: 200 Burpees, wer ist schneller?
Wer schafft in fünf Minuten (mit Pausen) mehr Liegestützen?
7. Sie sollten unbedingt die Benutzung von Apps und
Portalen überwachen und begleiten, nutzen Sie die
Vorteile und gleichen Sie die Nachteile mit Ihrem
Know-How aus.
Trend 4
Crossfit – Potenzial oder
Verletzungsrisiko?
Ein weiterer Fitness-Trend ist 2014 aus den USA
nach Europa geschwappt: Crossfit. Crossfit ist eine
Mischung aus Gewichtheben, Turnen und Leichtathletik, somit eher nicht für den klassischen
Sportanfänger geeignet. Beim Crossfit gibt es sogenannte WOD (Workouts of the Day) die ständig
variieren, allerdings gibt es kein Individualtraining.
Dazu gibt es dann festgelegte WOD-Termine, wie
z.B. ein Kurs im Fitnessstudio.
I.d.R. ist man wegen der Übungen an ein Fitnessstudio oder eine Sporthalle gebunden, sodass Verträge/Vereinbarungen über eine gewisse Laufzeit
festgesetzt werden. Wie jeder Trend hat auch
Crossfit seine Vor- und Nachteile.
Hanna Umfahrer
Hanna Umfahrer ist
zuständig für den Bereich
PR & Kommunikation bei
Daniel Philipp Personal
Training in Düsseldorf.
„Fitness-Trends sind eine
spannende Sache!“, findet
sie. Sie selbst nutzt
Freeletics unterstützend für
ihr Fitness Boxen-Training.
Anwendung im Studio
Wann kann man speziell im Fitnessstudio diese Tipps
anwenden?
Um als Personal Trainer im Fitnessstudio die aktuellen Fitness-Trends miteinzubeziehen, kann man zum
Beispiel Trainingspläne erstellen, wie sie in Online-Portalen angeboten werden. Für die Übungen kann man
die Apps als Hilfsmittel benutzen. Man braucht ca. 3
m2 Platz, um 95 % der Übungen in Apps durchführen
zu können. In jedem Fitnessstudio sollte das möglich
sein.
Die Schnellabnehm-Programme kann man durch
Übungen ergänzen, die auf das Fitnessstudio abgestimmt sind. Oder man absolviert die vorgegebenen
Übungen in verschiedenen Varianten an Geräten im
Fitnessstudio. Apps für Jogging und andere FitnessTrainings kann man durch Laufen auf dem Laufband
oder andere cardiolastige Trainingsgeräte (Rudermaschine, Stepper etc.) vielseitig erweitern.
Trends sind auch eine Chance
Wenn man es richtig anstellt, schätzen Ihre Kunden
Sie durch diese Hilfsmittel noch mehr als vorher, weil
Sie sie vor Verletzungen und falscher Ernährung
bewahren. Neben der fachlichen Kompetenz der Trainer
sind vor allem Flexibilität und Kreativität gefragt.
Man kann die Apps und Online-Portale als Anlass
sehen, seine Trainingsmethoden immer wieder aktuell
zu halten und zu optimieren. Schließlich gibt es immer
wieder Neues zu entdecken in der Fitness-Welt. <<
Hanna Umfahrer & Daniel Philipp
Fitness-Programme
(z.B. Crossfit, Zumba, Bokwa)
+ viele Eigenkörper-Übungen (gelenkschonend) -> funktionelles Training
+ Gruppe von max. 10 Pers. und 2 Trainern (Kontrolle und
Korrektur)
Daniel Philipp
Der ehemalige Leichtathletik-Hochleistungssportler
Daniel Philipp, 26, ist seit
2011 als selbstständiger
Personal Trainer aktiv und
hat mittlerweile ein 6-köpfiges Trainer-Team zusammengestellt. Sein Unternehmen ist auf Personal
Training und Gesundheitsmanagement in Betrieben
spezialisiert. In Düsseldorf
und Umgebung bietet das
Team vielseitige und flexible
Trainings an. „Es ist immer
wichtig, die aktuellen
Trends in der Branche im
Blick zu haben, um nicht
hinterherzuhinken.“, sagt er.
www.daniel-philipp.com
+ abwechslungsreich
+ Übungen werden erst am Trainingstag bekannt gegeben > zusätzlicher Anreiz aufs Training
+ Beweglichkeit wird trainiert
+ viele Ganzkörperübungen -> Stabilisation
+ Kraftübungen können so kombiniert werden, dass trotzdem viele Kalorien verbrannt werden
+ Teamgeist durch Gruppendynamik
+ Fitness wird gesteigert
© AntonioDiaz - Fotolia.com
+ jeder kann CrossFit machen -> Workouts können skaliert werden
– teilweise komplexe Bewegungsabläufe
– bei schlechtem Trainer oder schlecht abegestimmtem
WOD gefährlich und/oder schlecht für Gelenke
– kein enormer optischer Muskelaufbau wie im Fitnessstudio
– feste Kurszeiten (unflexibel)
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