Pinakothek der Moderne, Saal Temporär 2 16.04.–31.05.2015 Als gedankliches Bild erinnert der Titel „Neighbour´s Yard“ an eine Welt im Verborgenen oder Privaten, an Voyeurismus, aber auch an ein Anders sein. In den gezeigten Arbeiten geht es um das Spiel mit verschiedenen Identitäten und Rollen. Inspirationen bieten die mittlerweile tradierten Bildästhetiken des Kinos und des Fernsehens, aber auch die neu entstandenen des Internets und der sozialen Netzwerke. Analoge und digitale Welten verschmelzen. 13 | Ed Atkins (*1982 in Oxford, lebt in London), Death Mask III, 2011 1-Kanal-HD-Video, Farbe / Ton, 34’03’’ Panoramatische Landschaftsaufnahmen wechseln sich mit monochromen Bildflächen ab. Die Schnitte sind schnell und überra schend, Sehnsuchtsbilder werden zu Erinne rungsfragmenten. Untertiteln gleich erschei nen Sätze wie aus einem Computerchat, hart und verstörend. Ähnlich fragmentarisch wirkt die Tonspur, in der sich Elektrosound und All tagsgeräusche mischen. 14 | Brice Dellsperger (*1972 in Cannes, lebt in Paris), Body Double X, 2000 1-Kanal-Videoinstallation, Farbe / Ton, 102’ In seinen Filmen inszeniert Dellsperger ei nen Schauspieler in verschiedenen Rollen. In „Body Double X“, einem Remake des Films „L’important c’est d’aimer“ (1975) von Andrzej 12 | Bjørn Melhus (*1966 in Kirchheim/Teck, lebt in Berlin), Auto Center Drive, 2003 1-Kanal-Video, Farbe / Ton, 28’ In einer fragmentierten Erzählung aus vorge fundenen Tonspuren und dazu komponierten Bewegtbildern entsteht ein Kosmos voller As soziationen an Hollywood und TV-Kultur. Der Figur Little Jimmy folgend, lässt der Künstler Popikonen wie Janis Joplin und Jimi Hendrix wiederauferstehen – allesamt gespielt von ihm selbst – und stellt die für die Arbeit zent rale Frage, wie Menschsein und Heldentum zusammenhängen und was sie ausmachen. ERÖFFNUNG am 21.04.2015 um 19.00 in der Rotunde der Pinakothek der Moderne Zulawski, ist es der Performancekünstler Jean-Luc Verna, der die Geschlechtergrenzen deutlich durchbricht. Dellspergers Filme sind bewusst nicht perfekt gemacht, sondern beziehen gerade aus der Brechung der filmischen Illusion ihre Faszination. KAPITEL 3: NEIGHBOUR’S YARD 15 | Ryan Trecartin (*1981 in Webster, lebt in Los Angeles), Wayne’s World, 2003 1-Kanal-Video, Farbe / Ton, 8’ In opulent dekorierten Räumen treten Trecar tin und seine Künstlerfreundin Lizzie Fitch als „Video Kid“ und „Painting Kid“ auf. Der Gegen satz digital-analog zeigt sich auch auf techni scher Ebene: Sequenzen abgefilmter Malerei und digitale Animationen wechseln sich ab mit Spielszenen. Das scheinbar Amateurhafte wie auch der aufreibende Sound mit Verzerrungen sind charakteristisch für Trecartins Arbeits weise. 6–11 Ausstellung bis 31.05.2015 Täglich außer MO 10.00 –18.00 DO 10.00 –20.00 01.05. geschlossen KAPITEL 4: GROSSE FATIGUE Museum Brandhorst, Medienräume 16.04.–31.05.2015 Der Computerdesktop erscheint als das neue Fenster zur Welt, digital gestützt und flach wie die Oberfläche eines Tablets. Realität zeigt sich als vernetzte Struktur und in zunehmen der Beschleunigung, als Dekonstruktion und Neukonfiguration herkömmlicher Vorstellun gen. Erzählung entsteht durch die permanente Zirkulation unterschiedlichster Informationen aus Bild, Text und Sound. Alle Arbeiten: Sammlung Goetz, Medienkunst, München, außer John Gerrard, Infinite Freedom Exercise, Pinakothek der Moderne, 2014 erwor ben von Outset Contemporary Art Fund e. V. Omer Fast, Continuity, Pinakothek der Moderne, 2014 erworben von PIN. Freunde der Pinakothek der Moderne e. V. mit Unterstützung von S.K.H. Herzog Franz von Bayern, Dr. Kurt Schwarz und Adelhaid und Dr. Wilhelm Winterstein 1–5 Pinakothek der Moderne | 1. OG BEGEGNUNGEN ZWISCHEN KUNST UND KINO 12–16 Die Ausstellung wird gefördert von Pinakothek der Moderne | EG 17 vom 22. bis 26.04.2015 16 | Andro Wekua (*1977 Sochumi, Georgien, lebt und arbeitet in Zürich und Berlin), Neighbour’s Yard, 2005 1-Kanal-Videoinstallation, Farbe / Ton, 3’16’’ Ein Haus am Meer, ein Sonnenuntergang, ein aufgegangener Mond, ein kleiner Junge, allein in einem halbdunklen Raum: Suggestive, emotional aufgeladene Bilder lassen eine rät selhafte Erzählung entstehen, die Zeitebenen (und möglicherweise biografische Momente) vermischt, äußere und innere Beweggründe jedoch im Verborgenen belässt und Themen wie Einsamkeit oder das Verhältnis von Leben und Tod anklingen lässt. 17 | Camille Henrot (*1978 in Paris, lebt in Paris und New York), Grosse Fatigue, 2013, Video, Farbe / Ton, 13’ Über wechselnde Hintergrundbilder legen sich zahllose Bildschirmfenster mit immer neuen Videos: Bilder von Tieren und Naturphänome nen, Archivmaterialien, Modelle, wissenschaft liche Dokumente. Dazu erzählt eine Männer stimme Geschichten verschiedenster Kulturen von der Entstehung der Welt. Allgemeines und Spezielles, Fremdes und Vertrautes erscheinen gleichberechtigt nebeneinander. Museum Brandhorst | UG PINAKOTHEK DER MODERNE SAMMLUNG MODERNE KUNST Barer Straße 40 D 80333 München www.pinakothek.de EINE AUSSTELLUNG IN DER PINAKOTHEK DER MODERNE UND IM MUSEUM BRANDHORST MÜNCHEN I N K O O P E R AT I O N M I T D E R S A M M LU N G G O E T Z UND KINO DER KUNST Kunstareal München Theresienstraße 35 a 80333 München 05.02.– 31.05.2015 CREATING REALITIES Die Schenkung von 375 Arbeiten der Medienkunst aus der Sammlung Goetz an den Freistaat Bayern schließt eine Lücke in der bayerischen Museumsland schaft. In die langjährige Tradition Münchens als bedeutendem Film- und Medienstandort fügt sich auch das Künstlerfilmfestival KINO DER KUNST ein, das 2015 zum zweiten Mal stattfindet. Schenkung und Festival bilden den Anlass für die Ausstellung „Creating Realities“, die sich mit Formen des fiktio nalen Erzählens in der zeitgenössischen Medienkunst befasst. Präsentiert werden Filme und mehrkanalige Filminstallationen von Künstlerinnen und Künstlern, die in den 1960er- bis 1980er-Jahren geboren wurden und sich in ihrem Schaffen mit Bild- und Erzähltraditionen des Kinos auseinandersetzen. KAPITEL 1: A QUESTION OF SILENCE Pinakothek der Moderne, Saal 21 05.02.–31.05.2015 In der Auseinandersetzung mit der traditionel len filmischen Erzählung folgen die Ereignisse einer linearen, nachvollziehbaren Zeitlichkeit. Dabei ist nicht immer die gesprochene Sprache Träger des Geschehens. Kommunikation findet oft auch ohne Worte statt, und manchmal er zeugt gerade das Schweigen eine ganz eigene Geschichte, macht Unbewusstes oder Unter bewusstes spürbar. 1 | Sven Johne (*1976 in Bergen auf Rügen, lebt in Berlin), Elmenhorst, 2006 1-Kanal-Video, Farbe / Ton, 6’20’’ Zwei Männer unterschiedlichen Alters wandern gemeinsam an einem menschenleeren Strand entlang. Etwas scheint zwischen ihnen zu ste hen, unaussprechbar zu sein. Die Ostseeküste vor Elmenhorst, der Ort, an dem der Film ge dreht wurde und dem er seinen Titel verdankt, war in DDR-Zeiten militärisch bewachtes Grenzgebiet. Tausende DDR-Bürger wagten von hier aus die Flucht über das Meer, nur jedem sechsten gelang sie. 2 | Yang Fudong (*1971 in Peking, lebt in Shanghai), Lock Again, 2004 1-Kanal-Video, Farbe / Ton, 3’ Erzählt wird eine rätselhafte Dreiecksgeschich te zwischen zwei jungen Männern in weißen Matrosenuniformen und einem Mädchen in rosa farbenem Kleid. Möglicherweise sind sie auf der Flucht. Die letzte Filmszene holt das Boot in den Innenraum eines Schwimmbades zu rück. Das Boot ist leer, die Frau verschwunden, die Männer stehen bis zur Brust im Wasser. Der Traum ist ausgeträumt. 5 | Sam Taylor-Wood (*1967 in London, lebt ebendort), Atlantic, 1997 3-Kanal-Videoinstallation, Farbe / Ton, 10’ In einem voll besetzten Restaurant sitzt sich ein junges Paar an einem Tisch gegenüber. Die räumliche Situation wirkt jedoch mehr tren nend als verbindend. Auch durch das akustisch unverständliche Gespräch halten sich Nähe und Voneinander-Entferntsein die Waage. Das Gesprochene, Gestik und Mimik erweisen sich als gleichberechtigt. Die filmische „Erzählung“ umkreist das Gelingen und Misslingen unmit telbarer Verständigung. 3 | Ulla von Brandenburg (*1974 in Karlsruhe, lebt in Paris und Hamburg), 8, 2007 1-Kanal-16mm-Filminstallation, s/w / ohne Ton, 8’10’’, Loop In einem Raumsystem aus farbigen Tüchern, deren Auswahl sich am farbdiagnostischen Prinzip von Max Lüscher orientiert, wird ein stummer schwarz-weißer Film präsentiert. Er zeigt eine scheinbar unendliche Kamera fahrt durch ein barockes Schloss, in dem Männer und Frauen unbewegt verharren. Die Szenerie wirkt dadurch wie der Zeit enthoben und weckt Erinnerungen an Tableaux vivants. 4 | Jesper Just (*1974 in Kopenhagen, lebt in New York), A Question of Silence, 2008 1-Kanal-Videoinstallation, Farbe / Ton, 6’18’’ In einem wartesaalähnlichen Raum sitzen eine Frau und ein Mann mittleren Alters neben einander, wirken jedoch seltsam voneinander getrennt. Der Mann sucht den Kontakt mit der Frau, aber sie bleibt teilnahmslos. Erst das melancholische Lied „As Morning Holds a Star“ von Transgender-Sängerin Baby Dee, das eine Bauchrednerpuppe mimt, löst die beklemmen de Erstarrung der Frau auf surreale Weise auf. ein virtueller Soldat, der einen algorithmischen Bewegungsablauf ausführt. In der Optimie rung und Technologisierung des menschlichen Körpers spiegeln sich die Macht- und Kontroll mechanismen globaler Netzwerke. erweist sich als ein inszeniertes, sich wieder holendes und abwandelndes Ritual. Im Kern wohl von der Verarbeitung einer Trauer getra gen, gleitet es doch immer wieder in ödipale und surreale Bereiche ab. 7 | John Gerrard (*1974 in Dublin, lebt in Dublin und Wien), Infinite Freedom Exercise (near Abadan, Iran), 2011 Simulation, Farbe / ohne Ton Für seine filmische „Erzählung“ verwendet der Künstler eine Technik, die sonst vor allem im Bereich der Videospiele Anwendung findet: die 3D-Echtzeit-Computergrafik. Zu sehen ist 8 | Keren Cytter (*1977 in Tel Aviv, lebt in Berlin), Cross.Flowers.Rolex, 2009 3-Kanal-Videoinstallation, Farbe / Ton, 4’47’’ Eine Frau serviert nach einem Kopfschuss Tee, ein Mann überlebt zwei Sprünge aus einem Hochhaus, ein anderer wird mit Messerstichen abgeschlachtet – im Internet gefundene Sensationsmeldungen stellt die Künstlerin mit Schauspielern nach und lässt dabei Rollenklischees und Beziehungsmuster deutlich werden. Die Er zählung aus unterschied lichen Blickwinkeln ver unklärt, wer Opfer und wer Täter ist. 9 | Pierre Huyghe (*1962 in Paris, lebt in Paris), L’Ellipse, 1998 3-Kanal-Videoinstallation, Farbe / Ton, 14’ In Wim Wenders’ Film „Der amerikanische Freund“ (1977) führt ein todkranker Mann, gespielt von Bruno Ganz, gegen Bezahlung einen Auftragsmord aus. 21 Jahre später stellt Pierre Huyghe mit demselben Schauspieler den Gang des Mannes von seinem Hotel zum Auftraggeber nach – eine Szene, die es im ursprünglichen Film nicht gab, nun aber zwischen zwei Originalszenen gezeigt wird und die geschlossene Erzählung aufbricht. KAPITEL 2: L’ELLIPSE Pinakothek der Moderne, Säle 30a–35 10.03.-31.05.2015 In der Erzählforschung wird als „Ellipse“ eine Auslassung bezeichnet, die eine Geschichte um Teile kürzt, die für deren Fortkommen unwe sentlich sind. Die hier versammelten Arbeiten erzählen multiperspektivisch oder sind derart fragmentiert, dass die narrative Konstruktion zum Rätsel wird. Was ist wahr, wie passen die einzelnen Teile zusammen? Es stellt sich die Frage nach der Zuverlässigkeit der Erzählung. 6 | Omer Fast (*1972 in Jerusalem, lebt in Berlin), Continuity, 2012 1-Kanal-HD-Video, Farbe / Ton, 40’ Ein deutsches Paar mittleren Alters sieht voller Emotionen einen jungen, aus Afghanistan heimkehrenden Soldaten wieder. Was zunächst erscheint wie ein glückliches Familientreffen, 10 | Clement Page (*1967 in Devon, lebt in Berlin), Sleepwalker, 2005 2-Kanal-Videoinstallation, Farbe / Ton, 18’32’’ Dem Titel zufolge handelt es sich um das Porträt eines Nachtwandlers. Eine der beiden Projektionen zeigt den schlafenden Mann, wie er aus seinem Bett aufsteht, mit wirren Tätig keiten in seiner Wohnung beginnt und schließ lich auf die Straße läuft. Parallel dazu ist auf dem zweiten Screen zu sehen, was dem Mann in seinem Traum widerfährt. Wo ver läuft die Grenze zwischen Traum und Realität? 11 | Philipp Lachenmann (*1963 in München, lebt in Köln und Los Angeles), ALICE.M, 2009/10 2-Kanal-HD-Videoinstallation, Farbe / Ton, 9’30’’ Schauplatz ist der von Oscar Niemeyer ent worfene Pariser Hauptsitz der kommunisti schen Partei Frankreichs. Dessen markantes Architekturelement ist ein unterirdischer Sitzungssaal, von dem lediglich die Kuppel aus dem Boden ragt. Der Protagonist des Films ist ein androgyner junger Mann, dessen märchenhafter Streifzug durch das futuristi sche Gebäude Assoziationen an Lewis Caroll oder George Lucas weckt.
© Copyright 2024 ExpyDoc