Test & Technik Standboxen Amphion Argon 3L nssi Hyvönen, der Mann hinter Amphion, ist Finne und überzeugter Querdenker. So machen seine Ingenieure bei den puristisch skandinavisch designten Lautsprechern auch so manches anders als andere in der Branche, so zum Beispiel durch die konsequente Verwendung von Zwei-Wege-Konzepten auch bei mehreren Konus-Chassis. Die Argon 3L hat nur ein solches. Ihr hervorstechendstes Artefakt sind die großen, hornähnlichen Waveguides, die Amphion vor den Hochtöner setzt, und die gerade in weniger bedämpften Räumen den Anteil an Direktschall erhöhen und auf diese Weise auch größere Hörabstände ermöglichen als herkömmliche, breit abstrahlende Kalotten. Hinter dem nicht weniger als 18 Zentimeter messenden Trichter der Argon sitzt allerdings kein Horntreiber, sondern eine 25-mm-Titankalotte. Dass die Schallführung so groß ausfällt, liegt auch an der extrem tiefen Trennfrequenz, eine weitere Amphion-Spezialität: Damit will Hyvönen Interferenzeffekte zwischen den Tönern minimieren und dem Hochtöner so viele Instrumentenobertöne wie möglich zuweisen, für die die Membran des Tiefmitteltöners nicht optimal geeignet ist. Bei 1600 Hz trennen sich die Wege zum 17-Zentimeter-Alu-Konus, und eine ausgefeilte Weichentechnik nebst erhöhtem Wirkungsgrad verhindert eine Überlastung des Hochtöners, übermäßigen Klirr oder ausgeprägte Interferenzen zwischen den beiden Chassis. Da der Konus weniger Höhenarbeit übernimmt, kann er im Bass entsprechend tiefer hinunterlangen; die von Amphion versprochenen 30 Hz Tiefgang toppte die Argon im Labor sogar! Verantwortlich dafür zeichnet ein Pärchen Reflexrohre, das so auf der Rückwand der Box verteilt wurde, dass möglichst wenige innere Reso- A 34 05/15 stereoplay.de nanzen im Gehäuse nach außen gelangen können. Ein interessantes Detail am Rande: Die Chassis-Abdeckungen können auf Wunsch in beinahe beliebigen Farben geordert werden. Donner ohne Blitz Wer angesichts des großen Hochtonhorns eine helle und PA-mäßige Vorführung erwartet hatte, wurde schnell eines Besseren belehrt: Bei Shamrocks „Besame Mucho“ gab sich die Argon betont warm, fast zurückhaltend in den Höhen, und glänzte durch eine bezaubernd holografische Darstellung der Instrumente, die extreme Positionierungsgenauigkeit mit einer opulenten Breitenstaffelung und guter Tiefe verband. Doch „warm“ heißt in diesem Fall das Gegenteil von langweilig oder langsam: Der Stimme, dem perlenden Glockenspiel und erst recht dem Schlagzeug folgte sie mit höchster Impulsgenauigkeit und einem Sinn fürs Feindynamische. Und beim ersten Schlag der Bassdrum beeindruckte sie die Hörer nachhaltig, reichte diese doch nicht nur in den wirklich tiefsten Basskeller, sondern brachte auch die notwendige Autorität und Souveränität mit, die man von großvolumigen Boxen so schätzt. Das zwingt natürlich zu kleinen Kompromissen beim Maximalpegel. Die Bassläufe in Ralf Gaucks Stück „Little Wing“ trieben den kleinen Tieftöner bei einigen Noten doch etwas schneller an sein Limit, als der souverän tiefe Charakter es hätte vermuten lassen. Umso stimmungsvoller gerieten die tiefsten Register der Orgel in „Justus ut palma florebit“ (von der stereoplay-CD „Die perfekte Räumlichkeit 2“), die den Kirchenraum auf wundersame Weise tiefer, dreidimensionaler und lebendiger machten. Zwar fehlte dem Tenor und dem Chor der oberste Höhenglanz, Die große Schallführung vor der Titankalotte ist rotationssymmetrisch und hyperbolisch geformt. Sie sorgt für zunehmende Bündelung im Hochton- und erhöhten Wirkungsgrad im Übergangsbereich. aber dafür klangen Stimmen und Instrument auch aus einem Guss, ganz wie man es von einem audiophilen Zwei-WegeMonitor erwarten darf. Neben dem opulent souveränen Tiefbass bot die Argon gegenüber ihren winzigen Gefährten noch einen weiteren Vorteil: Räumlichkeit und Natürlichkeit wurden wie bei einem großen Horn oder Flächenstrahler umso besser, je größer man den Hörabstand wählte, während es bei (Nahfeld-)Monitoren ja traditionell umgekehrt ist. Peter Gabriels Album „Up“ geriet der Amphion zum Triumphzug: knackig und tief hämmerten die halb elektronischen, halb akustischen Beats, sauber und feindynamisch aufgedröselt die Sound-Zaubereien, klar und filigran die Stimme des Meisters wie in guten alten Genesis Zeiten. Bei normalen Pegeln brachte diese Scheibe die Gewissheit: Hier ist den Finnen ein großer, weil praktischer sowie musikalischer Wurf gelungen. Malte Ruhnke ■ Amphion Argon 3L 2900 Euro (Herstellerangabe) Vertrieb: Kempf Audio Telefon: 06028 / 43 90 www.kempf-audio.com www.amphion.fi Auslandsvertretungen siehe Internet Maße: B: 19 x H: 97 x T: 30,5 cm Gewicht: 23 kg Aufstellungstipp: ab 70 cm zur Wand, Hörabstand > 2,8 m, wenig bedämpfte Räume 25 bis 35 qm Messwerte Frequenzgang & Impedanzverlauf Sehr tief, etwas zurückhaltend in den Höhen, deutliche Bündelung Pegel- & Klirrverlauf 85-100 dB SPL " ! # # # # # # # # Recht sauber, im Übergangsbereich und Oberbass etwas erhöhter Klirr stereoplay Kompatibilitätsdiagramm Spannung 17,4 V Impedanz-∆ 5,8 - 13 Ω Strombedarf 3A Braucht etwas Spannung, läuft aber ideal an stromschwachen oder instabilen Amps wie kleinen Röhren. Untere Grenzfreq. -3/-6 dB 30/28 Hz Maximalpegel 97 db Bewertung 12 12 8 13 14 Abbildung Bassqualität 2 Grenzdynamik 6 Feinauflösung 10 Natürlichkeit 14 Klang 0 10 59 20 Messwerte 30 40 50 60 70 8 ■■■■■■■■■■ Praxis 7 ■■■■■■■■■■ Wertigkeit 8 ■■■■■■■■■■ Herausragend homogen, räumlich geschlossen und feindynamisch überragend auch in schwierigen Räumen und bei größeren Hörabständen, sehr souveräner Bass. Allenfalls Fans höchster Analyse und Pegel werden nicht ganz glücklich. stereoplay Testurteil Klang Absolute Spitzenklasse Der 17er-Alu-Konus ist mit kleiner Schwingspule, filigranem Gusskorb und sehr langer Hinterlüftung Gesamturteil konsequent auf leichten und luftigen Bau getrimmt. Er nimmt im dickwandigen Gehäuse Platz, wobei die sehr gut Versteifungen (rechts) zugleich die Bassreflexrohre aufnehmen und mechanisch stabilisieren. Preis/Leistung 59 Punkte 82 Punkte überragend 05/15 stereoplay.de 35
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