LOKAL Hansestadt Rostock IHRE REDAKTION Redaktion: 0381/365 410 Leserservice: 0381/38 303 015 Anzeigen: 0381/38 303 016 Ein Vormittag bei der Rostocker Tafel Sechsmal wöchentlich holen Mitarbeiter der Tafel Lebensmittelspenden ab. Der Bedarf steigt. Seite 13 Seit 22 Jahren ist der krebserregende Baustoff verboten – in Rostock lauert er noch immer in vielen Gebäuden. Rostock – Die Hansestadt Rostock kämpft auch 25 Jahre nach der Wende gegen die Folgen der Altlast Asbest. Die Onkologie der Südstadtklinik erwartet in den kommenden zwei Jahren einen Anstieg an Asbest-Erkrankten. Betroffen seien vor allem Ältere, die in der DDR-Zeit in der Schiffbau- oder Baubranche mit dem krebserregenden Stoff gearbeitet haben. Viele Gebäude der Stadt sind nach wie vor asbestbelastet. Der Kommunale Eigenbetrieb Objektbewirtschaftung (KOE), der die stadteigenen Gebäude betreut, und der Vermieter Wiro sehen aber kein akutes Problem. „2017 erwarten wir den Höhepunkt der Asbest-Erkrankungen, die bösartig enden“, sagt Dr. Beate Krammer-Steiner, Leiterin des Onkologischen Zentrums in Rostock. Bis die Krankheit ausbreche, würden etwa 20 bis 30 Jahre vergehen. Besonders Berufsgruppen, die bis zum Verwendungsverbot 1993 täglich mit dem zerfaserten Material ungeschützt arbeiten mussten, seien betroffen. Auf den Werften diente Asbest unter anderem als Isolationsmaterial. Wegen seiner feuerfesten Eigenschaft war es auch in der Berufsbekleidung üblich. Beate Krammer-Steiner und Sven Förster, Oberarzt der Thoraxchirurgie, sind sicher, dass nicht wenige in Rostock zu DDR-Zeiten mit Asbest in Berührung gekommen sind. „Es sind winzige Nadeln, die durch das Einatmen in die Lunge gelangen und dort eine chronische Entzündung verursachen können“, sagt die Ärztin. Betroffene würden vor allem über Luftnot klagen. Bewegungen werden zunehmend anstrengender, die Leistungsfähigkeit nehme stark ab. „Wer diese Symptome bei GUTEN TAG, LIEBE LESER Mathias Otto [email protected] Ein Spaten für die Ewigkeit n Rostock wird ständig gebuddelt. Es dürften unzählige Spaten gewesen sein, die seit der Wende für Spatenstiche im Einsatz gewesen waren. Ein einzelner hätte mit Sicherheit nach wenigen Jahren den Geist aufgegeben. Anders sieht es in Bentwisch aus. Hier schwelgten die Offiziellen beim traditionellen Akt in Erinnerungen an vergangene Projekte. Für den Spatenstich für das neue Gemeindehaus holte Bürgermeisterin Susanne Strübing ein scheinbar fabrikneues Modell hervor. Weit gefehlt. Mindestens 22 Jahre hat es schon auf dem Buckel. Zu erkennen an einer Gravur auf dem glänzenden Blatt. Das Datum „17.August 1993“ stand darauf geschrieben – der Spatenstich für das Hanse-Center. Bauplaner, Einwohner und Bürgermeisterin kamen ins Gespräch. „Weißt du noch?“, „Kannst du dich noch daran erinnern?“ Das neue Gemeindehaus schien plötzlich weit entfernt. Mit Sicherheit wird das aktuelle Datum auf dem Spaten hinzugefügt. Und beim nächsten Projekt in vielleicht 20 Jahren drehen sich die Gedanken nur um den Spatenstich im Jahr 2015. I Die gebürtige Rostockerin Janina Pein wohnt seit 33 Jahren fast ausschließlich in der Hansestadt. „Drei Jahre war ich in Kiel zur Lehre“, erzählt sie. Doch Familie, Freunde und das Umfeld haben sie wieder zurück nach Rostock gelockt. Janina Pein arbeitet als Kellnerin. „Gerade bin ich aber in der Elternzeit“, sagt sie. Mit ihrem Partner ist sie seit etwa zwei Jahren liiert. Auch eine Hochzeit soll bald folgen. Ihre Freizeit verbringt sie am liebsten mit Freunden am Meer oder in der Innenstadt. Foto: Nele Reiber sich erkennt und früher viel mit dem Stoff gearbeitet hat, sollte über den Hausarzt einen Lungenarzt aufsuchen“, rät die Ärztin. Sie glaubt, dass viele auch aus anderen Berufen seit Jahren unter Asbestose leiden, ohne es zu wissen. Die Krankheit sei gut behandelbar. Ist die Lungenerkrankung weit fortgeschritten, könne die Asbestose bösartig umschlagen und zu Lungenfellkrebs führen. Zurzeit betreut die Onkologie etwa 15 dieser Krebspatienten. Die Verwendung von Asbest ist in Deutschland seit 1993 verboten. Dennoch gehen Experten davon aus, dass 90 Prozent des Schadstoffes immer noch in den Gebäuden existieren. „Vor allem in nicht-vollsanierten Häusern“, sagt Gero Lehwald, Chef einer Firma, die sich auf die Beseitigung von Schadstoffen spezialisiert hat und in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin, Niedersachsen und Hamburg tätig ist. „Im Außenbereich ist Asbest dann gefährlich, wenn er witterungsbedingt zerfasert und die Struktur sich auflöst“, so Lehwald. Auf jeder Baustelle, zu der seine zehn Mitarbeiter gerufen würden, sei die Beseitigung von Asbest ein Thema. Er schätzt, dass etwa 25 aller Aufträge darauf beruhen. Die weit verbreiteten Well-Asbestzementdächer gebe es noch vor allem in der Landwirtschaft, in Gartenkolonien oder auf Garagendächern. Doch es gebe keine Sanierungs-Pflicht. Es sei denn, ein Dritter fühle sich gestört und meldet dies beim Landesamt für Gesundheit und Soziales. Asbest ist auch als Zusatzstoff in Spachtelmasse und im Kleber verwendet worden. „Das sind zwar nur Kleinstmengen, aber auch von ihnen geht eine Gefahr aus, wenn sie nicht vernünftig verarbeitet wurden“, sagt Lehwald. Zumindest 12° 13° Min. vormittags: stark bewölkt Max. nachmittags: wolkig NIEDERSCHLAGSRISIKO 40% N W 5 S 20% N WIND 5 W O S 30 km/h O 30 km/h SONNE & MOND 05:53 auf: unter: 20:28 auf: 09:27 unter: 00:44 MORGEN Regenschauer 15° Onkologie-Ärztin Beate KrammerSteiner befürchtet viele AsbestoseFoto: Ove Arscholl Fälle in Rostock. Verwaltungsbeamte der Hansestadt müssen sich keine Sorgen machen. Alle Verwaltungsstandorte seien „ertüchtigt“, von Asbest befreit, sagt Nico Seefeld vom Kommunalen Eigenbetrieb Objektbewirtschaftung (KOE). Der KOE ist auch für die öffentlichen Schulen zuständig. Da nicht alle saniert seien, so Seefeldt, könne nicht pauschalisiert werden, ob es in den Gebäuden noch Asbest gebe. „Unserer Erfahrung nach ist das aber nicht der Fall.“ Für den Bestand des größten Rostocker Wohnungsunternehmens Wiro gilt: Seit den großen Sanierungen von 1992 bis 2004 seien die Wohnungen asbestfrei, teilt Sprecherin Dagmar Horning mit. In der Vergangenheit habe das Unternehmen in der Südstadt alte Heizungen fachgerecht entsorgen lassen, mit Asbest gedämmte Giebel sowie belasteter Fugenkitt in den Wohnungen der Stadtteile Südstadt, Evershagen und Lütten Klein seien ebenfalls demontiert beziehungsweise entfernt worden, so die Wiro-Sprecherin. Verein für Asbest-Erkrankte gegründet Mit Schutzmaske und -anzug entsorgen Männer der Schwaaner Firma Lehwald die Asbestplatten. An vielen Gebäuden, die noch nicht kernsaFoto: Renate Peter niert sind, finden sich Spuren dieses Baustoffs. Die Verwendung von Asbest ist seit 1993 verboten 20 bis 30 Jahre dauert es, bis Asbestose ausbrechen kann. Ein Symptom ist Luftnot schon bei kleinen Anstrengungen. Asbestose betrifft Menschen, die jahrzehntelang mit den Fasern in Berührung gekommen sind. Seit 1936 ist Asbestose als Berufskrankheit anerkannt. Seit 1993 ist die Ver- wendung in Deutschland verboten, seit 2005 in der gesamten EU. 2017 rechnen Experten mit dem Höhepunkt an bösartig verlaufenden Asbestose-Erkrankungen. Patienten leiden dann an Lungenfellkrebs. Die erste Selbsthilfegruppe des Landes will Betroffene unterstützen. Rostock – Asbestopfer unterstützen und Gleichgesinnte zusammenbringen: Das ist das Ziel des landesweit ersten Vereins „Asbestose Selbsthilfegruppe“. Im Rathaus hat der Bundesverband gestern die Landesgruppe ins Leben gerufen. Der Vorsitzende ist Karl-Ernst Eppler. „Es gibt Tausende, die in den Werften jahrelang mit Asbest gearbeitet haben und jetzt eine Asbestose haben“, sagt Eppler. Viele würden nun unter den Folgen wie Atemnot leiden. Er selbst arnoch viel höher“, sagt er. beitete als SchiffsbetriebsinDer Verein wolle Betroffegenieur in Rostock und war nen bei der schwierigen nach der Wende der AmtsNachweisführung helfen. leiter für Hafenwirtschaft in Die Mitglieder können Exder Stadtverwaltung. perten zu Rate ziehen, auch Auch Sönke Bock von der was unabhängige GutachIG Metall Küste bestätigt: ten betreffe. Bei Interesse „Die Zahlen an Menschen Karl-Ernst können sich Betroffene bei mit Asbestose sind an den Eppler Karl-Ernst Eppler melden, Werften-Standorten deutper E-Mail: karl-ernst-epplich höher als in anderen Gebieten. [email protected] oder per Telefon: Die Dunkelziffer ist wahrscheinlich 038207/706 92 kas Citylauf: Die neue Strecke wird vermessen Die Veranstalter freuen sich über steigendes Interesse. Anmeldungen sind jetzt auch bei der OZ möglich. LOKALES WETTER Donnerstag, 23. April 2015 Asbest: Ärzte warnen vor Krankheitswelle Von Katarina Sass GESICHT DER HANSESTADT 11 Stadtmitte – Mehr als drei Wochen bevor die ersten Läufer auf der neuen Strecke des Rostocker Citylaufs am 17. Mai starten, laufen die Vorbereitungen für Roman Klawun von der Agentur Pro Event auf Hochtouren. Das neue Streckenkonzept stellt die Veranstalter vor eine Mammutaufgabe, sorgt aber auch für eine große Anmeldewelle. „Seit der Ankündigung, dass für die beiden langen Strecken eine Fünf-Kilometer-Runde zur Verfügung steht, sind die Voranmeldungen für den 21,1-Kilometer- und den 10-Kilometer-Lauf sprunghaft angestiegen“, freut sich Klawun. Die neue Fünf-Kilometer-Strecke entlang der Steintorkreuzung, Rosa-Luxemburg-Straße, Bahnhofsvorplatz, Goethestraße und Am Vögenteich wurde gestern von Klawun und seinen Kollegen sorgfältig ausgemessen. Fast 100 Helfer werden die Strecke am 17. Mai sichern, damit die Halbmarathon- und 10-Kilometerläufer ihren Weg ins Ziel finden. Aber auch auf der altbekannten Drei-Kilometer-Strecke kann beim 23. Rostocker Citylauf wieder gestartet werden: über drei und sechs Kilometer. „Die Unterstützung durch Stadt, Polizei und Rettungskräfte war bisher immer ganz großartig“, erzählt Klawun. Angesichts des enormen Aufwandes in diesem Jahr sei aber eine verstärkte Streckensicherung Roman Klawun (l.) und Mirko Schmidt von Pro Event vermessen die Fünf-Kilometer-Runde an der Rosa-Luxemburg-Straße. Foto: Ove Arscholl nötig. „Wir vertrauen darauf, dass die Stadt uns dabei wieder unter die Arme greifen wird.“ Für einen extra Kick werden während des Wettlaufs die Schüler des Innerstädtischen Gymnasiums sorgen. Sie wollen die Läufer direkt „vor ihrer Haustür“ kräftig anfeuern. Autofahrer hingegen sollten um den Streckenbereich vor allem zwischen 10 und 14 Uhr einen großen Bogen machen. „Der gesamte öffentliche Verkehr in diesem Bereich wird komplett umgeleitet“, kündigt Roman Klawun an. Nur die Straßenbahnen würden durchgängig fahren. Wer sich seine Startnummer für den 17. Mai noch nicht gesichert hat, kann dies ab sofort auch bei der OSTSEE-ZEITUNG im Servicecenter, Richard-Wagner-Straße 1a, tun. Wer eine OZ-Abo-Karte vorzeigt, zahlt sogar nur die Hälfte der Startgebühren. e www.rostocker-citylauf.de Polizei stellt zwei Schleuser im Seehafen Seehafen – Dienstagabend gegen 21.30 Uhr sind durch die Bundespolizeiinspektion Rostock zwei mutmaßliche Schleuser festgenommen worden. Bei einer Autokontrolle kurz vor der Ausreise konnten sich der schwedische Fahrer (32) und sein Beifahrer (35) ausweisen, eine vierköpfige Familie aus Syrien – ebenfalls im Auto – allerdings nicht. Erste Ermittlungen ergaben, dass die Familie über die Türkei, Serbien, Ungarn, Österreich nach Deutschland geschleust wurde, so die Polizei. Drei Tage dauerte die Reise. Für die vermeintlichen Schleusungen nach Skandinavien habe die Familie einen hohen vierstelligen Betrag zahlen müssen. Gegen die beiden Schweden wird nun wegen Verdachts der Schleusung ermittelt. Die Familie wurde in die zentrale Aufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Horst/Nostorf gebracht.
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