Positionspapier Wechselmodell-2

Das Betreuungswechselmodell –
neuer Trend im Familiengericht
Mütterlobby e.V. | Stresemannstr. 21 | 10963 Berlin
Jede Woche den Wohnort wechseln? Die Tasche packen und mehrmals im
Monat umziehen? Eine merkwürdige Vorstellung für die meisten von uns.
Dies jedoch ist die Realität von tausenden Kindern und Kleinkindern in
Deutschland. Gerichtlich verordnet. Tendenz steigend.
Wenn Eltern sich trennen steht die Frage im Raum: „Wie regeln wir die
Betreuung der Kinder?“ Gerade bei diesem Thema entbrennt oft ein
hochemotionaler Streit zwischen den getrennten Elternteilen, der nicht selten vor
dem Familiengericht landet.
Während in den 80er und 90er Jahren ganz klar der Trend zu verzeichnen war,
dass gerade jüngere Kinder ihren Aufenthaltschwerpunkt bei ihrer Mutter hatten,
wurde durch die Arbeit der Väterrechtsbewegung in jüngster Zeit dieses Modell
aufgeweicht und ist im Wandel begriffen.
Seit ein paar Jahren berichten Medien, Fachleute und Sachverständige vermehrt
von dem Betreuungswechselmodell. Ein neuer Trend, zu dem es immer mehr
Fachtagungen und Informationsveranstaltungen gibt und Fachbücher sowie
Seminare verkauft werden.
Begrifflichkeit Wechselmodell
Als Wechselmodell, Pendelmodell oder (Paritätisches) Doppelresidenzmodell bezeichnet man Regelungen zur Betreuung gemeinsamer Kinder, wenn
diese nach einer Trennung der Eltern in beiden Haushalten zeitlich annähernd
gleichwertig betreut werden.
(Quelle: Wikipedia)
Das klingt für Außenstehende zunächst einmal gerecht. Der Vater betreut nun
genauso lange wie die Mutter. Die Kinder wechseln zwischen den Elternhäusern
hin und her.
Doch werfen wir noch einmal den Blick zurück. Wenn nun nach der Trennung
eine geschlechterausgleichende Betreuung gefordert wird, wie sieht es in den
Familien vor der Trennung aus?
In einem Artikel in der Berliner Zeitung konstatiert Journalist Malte Welding, dass
die neuen Väter „seltener als Wähler der Tierschutzpartei“ seien. Von allen
Paaren, die Elterngeld bezogen, nahmen nur 38 Prozent von der Möglichkeit
Gebrauch, dass der Vater zwei Monate Elternzeit nimmt, während die Mutter
wieder in ihren Job einsteigt. Von diesen Paaren nahmen 78 Prozent
2 ausschließlich die zwei Vätermonate, während die Mutter ein Jahr mit dem Kind
zu Hause blieb. Nur bei 1,5 Prozent der Familien nahmen beide Eltern
gleichviele Monate Elternzeit (jeweils sieben Monate) und nur in 0,9 Prozent
nahm der Vater mehr Elternzeit als die Mutter.
Welding schreibt: „Im Sorgerechtsverfahren soll das Kindeswohl im Mittelpunkt
stehen. Wenn es aber kein Problem für das Kindeswohl ist, wenn der
Nachwuchs während der Ehe ausschließlich von der Mutter erzogen wird,
warum ist dann nach der Trennung auf einmal der Vater unerlässlich?“
Eine berechtigte Frage, die man sich angesichts der Zahlen stellen muss.
Wer profitiert vom Wechselmodell?
Schaut man sich den finanziellen Aspekt des Wechselmodells an, ist es gerade
für Väter im Vergleich zum Residenzmodell (Aufenthaltsschwerpunkt bei der
Mutter) lukrativ: Bei einer 50:50 Betreuung fällt der Barunterhalt für die Kinder
nach Anwendung § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB weg.
Am Musterbeispiel eines Vaters mit zwei Kindern (6 und 9 Jahre), der ein
Nettoeinkommen von 2.500 € hat, müsste dieser laut Düsseldorfer Tabelle der
Mutter einen Kindesunterhalt von 654 € zahlen.
Bei einem Wechselmodell entfällt dieser Zahlbetrag und der Vater erhält das
hälftige Kindergeld von 184 €. Das macht eine Gesamtentlastung von
838 € monatlich, die der Mutter hingegen fehlen.
Kein Wunder also, dass sich Väterverbände sehr für das Wechselmodell
einsetzen und hier seit Jahren Lobbyarbeit betreiben. In den überwiegenden
Fällen erleben wir als Verein, dass das Interesse der Väter an einer paritätischen
Betreuung erst nach der Trennung erwacht, und zwar dann, wenn es um den
Kindesunterhalt geht. Die Zahlen der Väter, die in Deutschland Elternzeit
nehmen, untermauern diese Beobachtung.
Finanzielle Situation der Familien im Wechselmodell
Das Wechselmodell ist für beide Familienteile gesamt gesehen deutlich teurer
als das Residenzmodell.
Statt § 1606 Abs. 3 S. 2 gilt dann § 1606 Abs. 3 S. 1 BGB.
3 Prof. Dr. Kirsten Scheiwe hat in einer Arbeit für die Universität Hildesheim das
Wechselmodell in Hinsicht auf die finanzielle Situation beleuchtet.
“Die in der Rechtspraxis meist verwendeten Unterhaltstabellen der
Oberlandesgerichte passen nicht zum ‚Wechselmodell‘, weil sie von der
Annahme ausgehen, dass ein Kind überwiegend in der Obhut des
betreuenden Elternteils lebt und sich beim barunterhaltspflichtigen
Elternteil nur im Rahmen der Ausübung des Umgangsrechts befindet. Ob
und wie die Tabellen, die ja lediglich Hilfsmittel sind, einem veränderten
Bedarf des Kindes beim Leben in zwei Haushalten Rechnung tragen, ist
daher zu diskutieren.
Das ‚Wechselmodell‘ irritiert auch deshalb, weil finanzielle Sorgen und
Interessen und Armutsrisiken beim Kindesunterhalt so eine wichtige Rolle
spielen. Überwiegend Mütter haben Angst vor einer Verschlechterung der
materiellen Situation – weniger Kindesunterhalt, möglicherweise auch
weniger oder kein Betreuungsunterhalt mehr -, wünschen aber oft eine
stärkere Einbindung des Vaters im Interesse des Kindes und ihrer eigenen
Erwerbstätigkeit, die rechtlich ja zunehmend eingefordert wird.”
(Quelle: Prof. Dr. Kirsten Scheiwe, Universität Hildesheim)
Weiterhin ist eine finanzielle Grundlage für das Wechselmodell gerade bei ALG2
Bezug in Deutschland gar nicht gegeben.
Schweiwe:
“Die Rechtsprechung thematisiert das unter dem Stichwort der
‚Wechselmehrkosten‘ (auch die Sozialgerichtsbarkeit ist mit dem Problem
konfrontiert, etwa bei den Umgangskosten, der ‚temporären
Bedarfsgemeinschaft‘ und der Frage, wie im Wechselmodell mit dem
‚Mehrbedarf‘ für Alleinerziehende in der SGB-II Grundsicherung
umzugehen ist). Meiner Meinung nach wird bisher die Frage, wie der
Kindesbedarf sich im Fall des Wechselmodells verändert, jedoch
unzureichend geklärt; die Diskussion entzündet sich an einzelnen
Bestandteilen des Kindesbedarfs (etwa Wohnkosten oder Fahrtkosten),
aber es liegen keine fundierten Berechnungen vor, wie sich der
Mindestbedarf und der Mindestunterhalt durch das Leben in zwei
Haushalten verändert (Kosten für Essen, Spielzeug, Möbel etc.) und
welche Einsparungen tatsächlich erzielt werden können, wenn sich das
4 Kind die Hälfte der Zeit im Haushalt des anderen Elternteils aufhält. Das
müsste transparent und empirisch fundiert ermittelt werden; bisher
beruhen die angenommenen ‚Wechselmehrkosten‘ auf reinen
Schätzungen, die nicht ohne weiteres nachvollziehbar sind.
Regelungen des Steuer- und Sozialrecht passen nicht zum
‚Wechselmodell‘, wenn davon ausgegangen wird, dass das Kind nur einen
‚Lebensmittelpunkt‘ haben kann und sich nur bei einem Elternteil in Obhut
befinden kann. Diese Probleme strahlen über die Kindergeldanrechnung
auch in das Kindesunterhaltsrecht aus. “
(Quelle: Prof. Dr. Kirsten Scheiwe, Universität Hildesheim)
Annika S.:
Seit vier Jahren praktizieren wir das Wechselmodell. Unsere Kinder sind jetzt 10 und 12 Jahre
alt. Es ist eine mögliche Betreuungsform für die Kinder, wenn die Eltern sich noch gut verstehen
und alle Rahmenbedingungen vernünftig geklärt werden können. Ich kann in der kinderfreien
Zeit arbeiten und muss mich nicht um Betreuung kümmern. Für Eltern ist es allerdings überaus
schwer, wenn der Verdienstunterschied groß ist. Mein Ex-Mann ist ein sehr erfolgreicher
Unternehmer, mit dem 15-fachen meines Jahresverdienstes.
Durch das Wechselmodell muss er keinen Unterhalt zahlen. Bei mir leben die Kinder knapp über
der Hartz-IV-Grenze, beim Vater förmlich im Luxus. Das ist einfach ungerecht und frustrierend.
Einen finanziellen Ausgleich zu schaffen, ist kaum möglich. Jede einzelne Ausgabe muss
aufgeschlüsselt werden. Ich kann nur gebrauchte Sachen kaufen, bei Papa kostet die Jacke auch schon mal 300 Euro.
Das ist ein Nährboden für böses Blut und ich als Mutter muss immer zurückstecken und die
Kinder knapp halten. Was dies im innerfamiliären Gefüge verursacht, kann man sich denken
(„Bei Papa können wir aber ‚ne Pizza essen gehen“, „mit Papa fliegen wir aber in den Urlaub“)
Finanziell ist das Wechselmodell für mich als Mutter ein Desaster, ganz klar. Aus finanziellen
Gründen wollte ich das Wechselmodell beenden. Der Kindsvater hätte zu gerne zugestimmt,
unter der Bedingungen, dass ich ihm die Kinder überlasse... Vermutlich müsste ich dann sogar
Unterhalt bezahlen! Für meine Kinder ist es ideal, weil sie ihren Papa haben und sich zumindest
die Hälfte ihrer Kindheit etwas leisten können... Ich als Mutter trage das Wechselmodell nur mit,
damit meine Kinder den engen Kontakt zu ihrem Papa halten. Der Preis, den ich dafür zahle, ist
bitter hoch, einfach ungerecht und frustrierend!
5 Die Situation vor dem Familiengericht
Ein alteingesessener Berliner Anwalt sagte kürzlich, dass diese zwangsweise
angeordneten Wechselmodelle vor 10 Jahren undenkbar gewesen wären. Er
erlebt, dass die Gerichte wesentlich sensibler in Bezug auf Väterrechte im
Vergleich zu den Mütterrechten sind und hier oft auch über das Ziel hinaus
schießen.
Wenn Familien in einer hocheskalierten Situation vor dem Familiengericht
landen und sich nicht einigen können, werden Gutachter und
Verfahrensbeistände in das Verfahren eingebunden. Sie sollen über das
Kindeswohl entscheiden. Leider sind die eingebundenen „Fachleute“ für diese
wo wichtige Aufgabe in der Regel weder kinderpsychologisch ausgebildet noch
überhaupt ausreichend qualifiziert.
In einem Artikel in der FAZ von Katrin Hummel wird die Situation der
Familiengutachter in Deutschland beleuchtet:
“Ein Studium ist keine Pflicht
Dass Gutachten in Familienprozessen voreingenommen oder aus
anderen Gründen fehlerhaft sind, ist kein Einzelfall. Wer sich falsch
behandelt fühlt, der kann sich im Prinzip noch glücklich schätzen, wenn
das Gericht erkennt, dass ein Gutachten nicht den Ansprüchen genügt.
Einer noch nicht veröffentlichten Studie der Universität Tübingen zufolge,
für die der Biometriker Hans-Peter Dürr 543 Eltern befragt hat, wurde in
16 Prozent der Fälle „nachweislich“ ein Falschgutachten erstellt.
Verwunderlich ist das nicht: Eine Mindestqualifikation für Gutachter ist
gesetzlich nicht vorgeschrieben. Gabriele Bapst-Sick, Vorstand des
Bundesverbands Deutscher Sachverständiger und Fachgutachter, kennt
viele psychologische Sachverständige, die nie Psychologie studiert haben
und dennoch bei Gericht tätig sind: „Es fehlt ihnen an Sachverstand und
an Wissen, wie man Gutachten erstellt.“ Zwar müssen psychologische
Sachverständige laut gängiger Rechtsprechung ein übergeordnetes
Fachwissen haben, worunter man eigentlich ein abgeschlossenes
Psychologiestudium verstehen sollte. Doch bei Gutachtern am
Familiengericht wird ein solches oder überhaupt irgendein Studium nicht
verlangt, auch keine Aus- oder Weiterbildung in der Begutachtung.
6 Tatsächlich kommen Soziologen, Pädagogen, Psychiater als
psychologische Sachverständige zum Einsatz, ja sogar Pastoren oder
Heilpraktiker. Eine Heilpraktikerin und Altenpflegerin aus NordrheinWestfalen etwa, die nie studiert hat und dieser Zeitung namentlich
bekannt ist, ist dort als psychologische Sachverständige in
Familienkonflikten an verschiedenen Amts-, Landes- und
Oberlandesgerichten tätig. Niemand hindert sie daran, obwohl es
entsprechende schriftliche Anfragen gibt: nicht der Landrat, nicht die
Psychotherapeutenkammer - und kein Gericht. Im Gegenteil: Gerade erst
hat wieder ein Gericht aufgrund eines von dieser Heilpraktiker-Gutachterin
geschriebenen Gutachtens einem Vater die Kinder weggenommen und
sie in eine Pflegefamilie gesteckt.
Faktisch ist die Macht der Sachverständigen fast unbegrenzt
Sachverständige mit fragwürdiger Qualifikation können also über die
Zukunft ganzer Familien entscheiden. Wie viel Lebens-, Gutachter- oder
Berufserfahrung sie haben, spielt keine Rolle. Überwacht werden sie von
niemandem. Denn Richter sind meist überfordert, wenn sie die Güte eines
Gutachtens beurteilen sollen: „Familienrichter haben eine hochgradig
jämmerliche Ausbildung, das Familienrecht spielt weder im Studium noch
im Referendariat eine große Rolle, geschweige denn, dass es eine
spezielle Ausbildung oder verpflichtende Fortbildung für angehende
Familienrichter gäbe“, sagt Elmar Bergmann, dreißig Jahre lang
Familienrichter in Mönchengladbach und seither Rechtsanwalt.”
(Quelle: Katrin Hummel / FAZ)
Problematisch sind also die unzureichend qualifizierten Sachverständigen, auf
deren Gutachten sich die Richter in ihren Entscheidungen aber zu etwa 80%
beziehen.
(Quelle Zahlen: Gabriele Knaetsch „Welche Macht haben Gutachter?“, Bayrischer Rundfunk)
7 Sabine A.
Ich bin 44 Jahre alt und alleinerziehend mit meinen beiden Söhnen 11 und 7 Jahre.
Ich war verheiratet, mein Mann lebte aber aus beruflichen Gründen in einer anderen Stadt.
Durch die Entfernung unserer Wohnorte Koblenz – Berlin, führten wir eine sogenannte
Wochenendbeziehung – 14tägig. Die Kinder lebten bei mir in Berlin.
Nach dem Scheitern der Ehe zog mein damaliger Ehemann nach Berlin und beantragte beim
AG Kreuzberg das alleinige Sorgerecht, nachdem ich ihn auf Kindesunterhalt verklagt hatte,
den er nicht bereit war zu zahlen. Als Gründe für seinen Antrag gab er an, dass ich unsere
Söhne vernachlässigen und verwahrlosen lassen würde. Diese Vorwürfe wurden vom
Jugendamt nach einem Hausbesuch, Gespräche mit den Kindern und nach Rücksprache mit
der Kita und der Schule als unwahr widerlegt.
Das AG beauftragte in Folge auch noch eine Verfahrensbeiständin, die nach mehreren
Hausbesuchen und Gesprächen mit den Kindern ebenfalls keine Anhaltspunkte für die
Vorwürfe des Kindesvaters erkennen konnte. Sowohl das Jugendamt als auch die
Verfahrensbeiständin sprachen sich dafür aus, dass die Kinder in ihrem gewohnten Umfeld,
also bei mir, wohnen bleiben sollten.
Trotz dieser eindeutigen Stellungnahmen wurde vom Gericht noch eine Gutachterin bestellt.
Diese Dame stellte dann nach einem einzigen Hausbesuch, der sich über 2,5 Stunden
erstreckte, eine eingeschränkte Erziehungsfähigkeit bei mir fest. Dass mein älterer Sohn
sehr gute schulische Leistungen aufwies, sowohl die Schule als auch die Kita sogar eine
überdurchschnittliche Entwicklung beider Kinder attestierte, war für die Gutachterin
unerheblich. Sie prognostizierte in dem Gutachten, dass sich die Kinder in Zukunft negativ
entwickeln würden, wenn sie weiterhin bei mir leben würden, weil mein Erziehungsstil in
ihren Augen zu nachgiebig wäre.
Das Ergebnis war, dass sich die Gutachterin gegenüber dem Gericht für ein Wechselmodell
aussprach. Der Kindesvater, der sich bis dato praktisch nicht an der Erziehung der Kinder
beteiligt hatte, sollte meine angeblichen Erziehungsdefizite auffangen. Hierbei spielte es für
die Gutachterin auch keine Rolle, dass wir inzwischen schon seit fast zwei Jahren nicht mehr
miteinander sprachen.
Vier Richter haben sich mit diesem Gutachten befasst, jeder Richter hat auch die Kinder
angehört. Keiner wollte der gutachterlichen Empfehlung folgen, weil die Kinder einerseits
ausdrücklich kein Wechselmodell leben wollten und andererseits Widersprüche und die
Oberflächlichkeit dieses Gutachtens klar erkennbar waren.
8 Dennoch wagte es auch kein Richter, einen Beschluss gegen die Empfehlung dieses
Gutachtens zu verfassen. Es wurde schliesslich ein neuer Gutachter bestellt, der dann
wiederum nach Hausbesuchen und Gesprächen mit den Kindern feststellte, dass sich die
Kinder prima entwickeln und es keine Gründe gab, sowohl die Kinder als auch die Mutter zu
einem Wechselmodell zu zwingen.
Erst nach diesem Gutachten gab es rasch einen Beschluss, wobei mir die alleinige Sorge
übertragen wurde, weil der Kindesvater zwischenzeitlich wieder aus Berlin weggezogen war,
ohne das überhaupt jemanden zuvor mitzuteilen.
Dieses sinnlose Verfahren, finanziert zur Hälfte aus staatlicher Prozesskostenhilfe, zog sich
über 4 Jahre in die Länge. Der Kindesvater hatte schon in Berlin immer weniger Umgänge und
Ferienzeit mit seinen Kindern wahrgenommen, obwohl es einen Umgangsbeschluss gab,
wonach er dazu verpflichtet gewesen wäre. Nach seinem Wegzug aus Berlin hat er seine
Söhne nicht mehr besucht. Beide Kinder besuchen inzwischen die Schule, haben sehr gute
schulische Leistungen, sind sozial bestens integriert und sehr beliebt bei ihren Mitschülern und
den Lehrern. Und das trotz des fehlenden erzieherischen Einflusses des Vaters, den die
Gutachterin als so massgeblich wichtig erachtete.
Für mich ist es nicht nachvollziehbar, dass sich Richter jahrelang mit einer intakten Familie
beschäftigen, sich zigmal - auch bei eindeutigen Sachverhalten – absichern, bevor sie zu
einem Urteil gelangen.
Dass dann auch noch sogenannte „Sachverständige“ als Gutachter auf Familien losgelassen
werden, die nach einer Momentaufnahme über das Schicksal und die Zukunft von Kindern und
somit Biografien entscheiden sollen, das macht Angst und Sorge. Dieser Trend, ebenso das
Wechselmodell als Lösung, um es vorgeblich beiden Elternteilen irgendwie recht machen zu
wollen, muß aufgehalten und hinterfragt werden.
Sachverständige und Verfahrensbeistände sind oft gar nicht in der Lage zu
erkennen, ob das Wechselmodell der Familie in der Nachtrennungssituation am
besten entspricht. Aus Expertensicht sind außerdem viele Vorgaben zu erfüllen,
damit überhaupt ein Wechselmodell in Frage kommt.
Dazu gehört unweigerlich eine sichere Bindung der Kinder an beide Eltern, eine
gute Kommunikationsbasis der Eltern und der Willen aller Beteiligten (Kinder und
beide Elternteile) das Betreuungsmodell so umzusetzen.
9 Fachartikel:
Das Wechselmodell aus 'Sachverständigensicht'
Gibt es den goldenen Mittelweg?
Diplom-Psychologen Dr. Jörg Fichtner und Dr. Dr. Joseph Salzgeber, München
Gerade im Rahmen von familienpsychologischen Gutachten zu Fragen des
Sorge- und Umgangsrechts werden Sachverständige in letzter Zeit zunehmend
mit dem Wunsch von Elternteilen konfrontiert, die Betreuung der Kinder
gleichmäßig zwischen den Eltern aufzuteilen. Die beiden Autoren psychologische Sachverständige bei der GWG in München - versuchen neuere
Forschungsergebnisse und Erfahrungen aus der Praxis der Begutachtung
zusammen zu führen, um Risiken und Chancen des Wechselmodells aus
Sachverständigensicht herauszuarbeiten.
I.
Einleitung
Das Wechselmodell, bei dem das Kind möglichst gleich viel Zeit bei den getrennt
lebenden Eltern wohnt, erfährt derzeit vermehrt Aufmerksamkeit: Bei den
beteiligten Professionen als Lebensform der Nachtrennungsfamilie und in
Internetforen - zumeist in Beiträgen vom jeweils getrennt lebenden Elternteil - als
gerechte
und
dem
Kindeswohl
angemessene
Sorgerechtsoder
Umgangsregelung: Das Kind hat ein Recht auf beide Eltern. Das Kind solle
daher auch nach der Trennung der Eltern mit beiden Eltern zusammenleben und
deren Lebensweisen, Werte, Lebensstile erfahren. Unterstützung finden die
Befürworter des Wechselmodells bei sozialwissenschaftlichen Autoren. Erst
kürzlich wurde von Klenner ausgeführt, dass die beste Lösung zur
Gewährleistung des Rechts des Kindes ein 50%iger Umgang mit dem anderen
Elternteil sei. Dieser bewahre das Kind vor dem Verlust eines Elternteils.
Prinzipiell solle das Kind mit beiden Eltern so oft und so lange zusammen sein
wie nur irgendwie möglich. Einen Bezug zu entwicklungspsychologischen
Erkenntnissen stellt der Autor aber in seinem Beitrag nicht her. Bisher existieren
wenige familiengerichtliche Beschlüsse zum Wechselmodell.
Diejenigen, die vorliegen, achten auf eine geringe Distanz zwischen den
Wohnungen beider Eltern, damit das sozial-räumliche Umfeld für das Kind
erhalten bleibt. Wichtig ist auch ein niedriges Konfliktniveau bei den Eltern.
10 II.
Vorannahmen des Wechselmodells
Bei den Befürwortern des Wechselmodells wird mit einem Kindeswohlbegriff
argumentiert, der auch sozialwissenschaftliche Unterstützung findet: Prinzipiell
sei der Kontakt des Kindes zu beiden Elternteilen nach Trennung und Scheidung
förderlich.
Weitergehend wird unterstellt, dass durch einen möglichst umfangreichen
Kontakt die Folgen der Trennung und Scheidung für das betroffene Kind
minimiert würden. Zudem fördere eine intensive Einbeziehung des getrennt
lebenden Elternteils das Kindeswohl, da das Kind durch die unterschiedlichen
Lebenswelten der Eltern Anregungen erfahre, ferner die Beziehungen und
Bindungen umfänglich, d.h. nahezu vergleichbar zur intakten Familie,
aufrechterhalten bleiben können mit entsprechend positiven Auswirkungen auf
die Identifikationsentwicklung des Kindes.
Für die konkrete Gestaltung des Wechselmodells finden sich unterschiedliche
Vorschläge. Es kann ein wöchentlicher Wechsel des Kindes erfolgen, ein
jährlicher Wechsel oder die Aufenthaltszeiten des Kindes bei einem Elternteil
während der Woche werden zwischen den Eltern minutiös, in Abhängigkeit
anderer zeitlicher Verpflichtungen und in zeitlicher Abstimmung mit weiteren
Verpflichtungen aufgeteilt. Eine Alternative zum Wechsel- oder Pendelmodell
stellt das so genannte Nestmodell dar, bei dem das Kind in derselben Wohnung
wohnt, die Eltern sich aber in der Betreuung des Kindes hälftig abwechseln. Vor
dem Hintergrund dieser Argumentation werden - selbst bei einseitiger
Sorgerechtsregelung - in streitigen familiengerichtlichen Verfahren Anträge auf
Umgangsregelungen gestellt, die sich dem Wechselmodell annähern. Schon bei
Säuglingen und Kindergartenkindern werden am Familiengericht bei streitigen
Verfahren Besuchsregelungen diskutiert, welche vorsehen, die Abstände
zwischen den Besuchen beim (in den meisten Fällen) getrennt lebenden Vater
möglichst kurz zu gestalten. Argumentiert wird mit dem unterschiedlichen
Zeitempfinden bei Kindern
Auch in der US-amerikanischen Literatur finden sich Vorschläge, bereits
Säuglinge möglichst häufig vom getrennt lebenden Elternteil mitbetreuen zu
lassen, damit dieser Förderkompetenz und feinfühliges Verhalten gegenüber
dem Kleinkind lerne, um dann als (hoffentlich) sichere wesentliche
Bindungsperson in Zukunft für das Kind zur Verfügung stehen zu können. Neben
häufigen Besuchkontakten, die oftmals Kinderpflege mit einschließen, werden
gerichtlicherseits zunehmend schon bei kleinen Kindern Übernachtungen
angeordnet.
11 Noch 1994 hat Fthenakis, der nicht in Verdacht steht, einseitig mütterorientiert
zu argumentieren, Übernachtungen bei Kindern bis drei Jahren nur
ausnahmsweise empfohlen, und selbst bei Kindern im Alter von drei bis sechs
Jahren sollten - nach Fthenakis - Ferienaufenthalte in der Regel nicht länger als
eine Woche dauern. Im folgenden Beitrag wird versucht, aus
familienforensischer Sicht zum Wechselmodell Stellung zu nehmen. Es werden
die wenigen zum Thema vorhandenen Forschungsergebnisse vorgestellt und im
Hinblick auf das Kindeswohl relevante Kriterien diskutiert.
III.
Wechselmodell und „Gute Scheidung“
Auffallend bei der Diskussion zum Wechselmodell ist die geringe Beachtung des
Kindeswillens oder des wohlverstandenen Interesses des Kindes. Das
Kindeswohl wird allein aus der Sicht der Eltern bestimmt. Diese Sicht speist sich
aus der Vorannahme, dass, wenn sich die Eltern irgendwie auf eine
Nachscheidungs- und Trennungsregelung für das Kind einigen, zudem der
Konflikt zwischen den Eltern möglichst gering gehalten wird und beide Eltern
dem Kind durch die ausgiebige Betreuungszeit ihre Liebe beweisen können, sich
die negativen Folgen der Trennung und Scheidung für das Kind deutlich
reduzieren lassen. Möglicherweise erziele das Kind durch die Trennung der
Eltern sogar einen Gewinn, da es einerseits die elterlichen Konflikte während der
Ehezeit nicht mehr erlebt, zum anderen aber durch die Herausforderungen der
unterschiedlichen Umwelten auch an Kompetenzen gewinnt.
Diese Annahme wurde bisher durch keine Scheidungsstudie bestätigt. Alle
Kinder leiden durch die Scheidung, sie werden in ihrem Vertrauen und ihrer
psychischen Stabilität erschüttert.
Qualitative Studien über von Trennung betroffene Personen zeigten eindeutig,
dass eine Trennung der Eltern für die Kinder in jedem Fall einen erheblichen
Einschnitt in ihrer Lebensqualität mit sich brachte und für die Kinder eine
dauernde Herausforderung in emotionaler Hinsicht darstellte.
Trennung und Scheidung muss zwar nicht zu klinisch relevanten Störungen oder
zu überdauernden sozial auffälligen Verhalten führen. Die Vorstellung einer
„Guten Scheidung“ führt aber dazu, dass sich die Eltern relativ leicht trennen.
Zwei Drittel der Ehen gehen auseinander, nicht weil heftige und hochkonflikthafte
Spannungen in der Familie bestehen, sondern weil sich die Ehepartner unerfüllt
oder zu wenig geliebt erachtet haben.
Mit einer „Guten Scheidung“ können Eltern ihre Entscheidung leichter vor den
Kindern rechtfertigen, obwohl sich kein Elternteil selbst vorstellen kann, wie es
12 ist, in einem Wechselmodell zu leben, da der jeweilige Elternteil selbst keinen
Wohnortwechsel erlebt. Die Eltern erleben zwar auch einen Wechsel, jedoch in
Form einer hälftigen Betreuungsleistung für das Kind bzw. in Form des
Wechsels aus An- und Abwesenheit des Kindes, d.h. sie müssen sich
entsprechend organisieren beispielsweise hinsichtlich der Arbeitszeiten.
Fraglos ist eine hochkonflikthafte Trennung und Scheidung für die Kinder noch
belastender als eine sanfte Scheidung. Aber auch die sanfte Scheidung und
geringe Konflikte führen bei Kindern zu erheblichen Beziehungsproblemen, weil
Kinder in ihren Beziehungen verunsichert werden, da sich diese ohne große
Vorankündigung scheinbar leicht lösen lassen.
IV. Wechselmodell vor dem Hintergrund psychologischer Erkenntnisse
Wie Kinder tatsächlich auf ein Wechselmodell oder zeitlich ausgedehnte
Umgangskontakte reagieren, welchen Vorteil oder welche Belastungen sie
erleben, darüber bestehen kaum aussagekräftige Forschungsergebnisse.
Allerdings ist - im Gegensatz zu der optimistischen Haltung insbesondere bei
betroffenen Vätern - in den psychologischen und pädagogischen Disziplinen
eher eine skeptische Haltung in Bezug auf das gleichrangige Nebeneinander
von zwei Wohnorten der Kinder auszumachen:
So wird etwa aus kinder- und jugendpsychiatrischer Sicht bei der Bewertung der
verschiedenen Sorgerechtsmodelle nur das Residenzmodell als realistisch
eingestuft.
Aus der Bindungsforschung kommt die Warnung, dass das Fehlen eines
eindeutigen Zuhauses einen Risikofaktor darstellen kann, und auch bei einer
neueren
Untersuchung
zur
Sorgerechtsregelung
nach
der
Kindschaftsrechtsreform kommt Proksch zu dem Schluss, dass dieses Modell
empirisch in der Bundesrepublik längst nicht die Bedeutung hat, die Anhänger
ihm häufig unterstellen: „Das so genannte Wechselmodell, bei dem die Kinder
zwischen beiden Elternhäusern hälftig hin und her pendeln, gibt es grundsätzlich
nicht. Das war ernsthaft auch nicht zu erwarten.“
Studien zu Folgen, Chancen und Gefahren des Modells finden sich in der
deutschsprachigen Literatur aber kaum, und von den wenigen vorliegenden
Ergebnissen kommen die meisten aus den USA; einige Ergebnisse solcher
Untersuchungen trägt Kostka zusammen: So fand Luepnitz noch vor der
Kindschaftsrechtsreform, dass Familien, die das Wechselmodell praktizieren,
sich seltener vor Gericht streiten und insgesamt ein niedrigeres Konfliktniveau
aufweisen.
13 Was hierbei Folge und was Ursache ist, bleibt aber der Interpretation der Daten
überlassen. Nelson fand dagegen, dass Eltern mit praktiziertem Wechselmodell
zwar mehr Gespräche über die Kinder führten, aber auch mehr Konflikte
austrugen als bei anderen Modellen. Maccoby und Mnookin schließlich kamen in
ihrer Studie zum Schluss, dass es auch unter der Wahl dieses Modells nicht zu
weniger Konflikten und zu verbesserter Kooperation zwischen den Eltern kam.
Werden die Kinder im Wechselmodell betrachtet, deuten die Daten von
Johnston, Kline und Tschann darauf hin, dass Kinder in diesem Modell zwar
mehr Kontakte mit beiden Eltern hatten, aber auch stärkere emotionale
Probleme, ferner, dass sie vermehrt körperliche Aggressionen ausagierten.
Gerade in der Retrospektive der Kinder zeigte sich das Wechselmodell nach den
Interviews von Wallerstein sogar als schädlich für den Eltern-Kind-Kontakt,
sofern die Kinder nicht von sich aus bereit zu diesem Modell waren und dazu
„gezwungen“ werden mussten. Die Ergebnisse deuten insgesamt darauf hin,
dass dieses Modell erhebliche Anforderung an Eltern und Kinder stellt und von
allen beteiligten Seiten motiviert mitgetragen werden muss.
Eine im Zusammenhang mit dem Wechselmodell immer wieder angeführte
Untersuchung von Bausermann scheint dagegen wenig geeignet, dieses Modell
zu unterstützen. In dieser Metaanalyse werden generell keine Unterschiede
hinsichtlich der Effekte zwischen physischer gemeinsamer Sorge (d.h.
Wechselmodell) und juristischer gemeinsamer Sorge (ohne Berücksichtigung der
Aufenthaltsregelung) gefunden. Ein Plädoyer für dieses Modell, das von
Befürwortern hier immer wieder herausgelesen wird, ist daher aus dieser
Untersuchung nicht ableitbar.
V.
Bindungsentwicklung
Aus der Bindungsforschung wissen wir, dass ein Kind eine stabile und
zuverlässige Bindungsperson benötigt. Sowohl beim Vater als auch bei der
Mutter ist dazu feinfühliges Elternverhalten gegenüber den Bedürfnissen des
Kindes wesentliche Voraussetzung. Bisher geht die Bindungsforschung davon
aus, dass das Kind zu Beginn seiner Entwicklung nicht zu mehr als zu drei oder
vier Personen Bindungen entwickeln kann. Weiter lässt die bisherige Forschung
den Schluss zu, dass das Baby zuerst zu einer Bindungsperson eine Bindung
entwickelt haben muss, bevor es zu weiteren Personen Bindungen entwickeln
kann.
Daraus ist das Konzept der Bindungshierarchie entstanden, das zwar auch
kritisiert, von den Bindungsforschern aber bisher unterstützt wird. In der Regel
14 wird die primäre Bezugsperson diejenige Person sein, die die meisten
Bedürfnisse des Kindes befriedigt, selbst wenn prinzipielle Bindungssicherheit
bei beiden Eltern gegeben ist.
Wird aber von einer Bindungshierarchie
ausgegangen, vermitteln die Eltern dem Kleinkind zumindest in den ersten drei
Jahren unterschiedliche Grade von Sicherheit; das Ausmaß der vermittelten
Sicherheit wird besonders dann bedeutsam, wenn das Kind in eine
Stresssituation kommt, die ja bei Elterntrennung und den damit einhergehenden
Konflikten in besonderem Maße anzunehmen ist.
Die Folge daraus ist, dass gerade bei Kleinkindern der in der Regel stressvolle
Übergang von der Hauptbindungsperson zu einer weiteren Bindungsperson
nicht abrupt geschehen sollte, sondern im Rahmen einer vorsichtigen
kooperativen Übergabe, da ansonsten das Bindungssystem beim Kind stark
aktiviert wird, mit dem bekannten Weinen, Anklammern. Dieses kooperative
elterliche Verhalten kann am ehesten dann erwartet werden, wenn beide Eltern
freiwillig einem Wechselmodell zustimmen.
Auch dann werden Irritationen beim Kleinkind auftreten, können aber minimiert
werden, wenn z.B. die hauptbetreuende Mutter dem Kind erklärt, dass nun der
Papa kommt und dass die Mama z.B. am Abend wieder zurückkommt, der Papa
sich bei der Mama meldet, wenn Probleme auftauchen. Eine solche Kooperation
kann aber bei einer streitigen Trennung und Scheidung nicht immer
vorausgesetzt oder erreicht werden. Übernachtungen können gerade bei kleinen
Kindern eine große Irritation bedingen, selbst wenn das Kind zu beiden Eltern
eine sichere Bindung aufgebaut hat (was nicht in jedem Fall vorausgesetzt
werden kann).
Einige Autoren sprechen von Regressionen, die das Kind beim Zubettbringen
durchläuft. Hierbei wird das Bindungssystem des Kindes aktiviert, was dann für
das Kind die Anwesenheit der Hauptbindungsperson notwendig macht, um ihm
die notwenige Sicherheit zu geben. Unkomplizierte Kleinkinder, die den Wechsel
ohne erkennbare Auffälligkeiten vollziehen, sind nicht in jedem Fall der Beweis
für gute Elternschaft nach Trennung, dies kann vielmehr ein Hinweis für
unsichervermeidend gebundene Kinder oder gar für Kinder mit
Bindungsstörungen sein.
Damit das Kind zu einem Erwachsenen eine ihm emotionale Sicherheit
vermittelnde Bindung aufbauen kann, muss dieser zu feinfühligem Verhalten
dem Kind gegenüber bereit und in der Lage dazu sein. Während aber bei den
Müttern dazu feinfühliges Versorgungsverhalten notwendig ist, scheint es (hierzu
15 liegen noch keine gleichwertigen Forschungsergebnisse vor) beim Vater eher
die feinfühlige Spielsituation zu sein.
Beim Verhalten der Eltern oder anderer zentraler Betreuungspersonen wird als
wesentlich erachtet, dass ihre Feinfühligkeit das Erkennen der Bedürfnisse des
Kindes, eine adäquate Interpretation dieser Bedürfnisse sowie eine
angemessene Bedürfnisbefriedigung umfasst. Da die Bindung zum Vater eher
über das Spielverhalten entwickelt wird, reichen für den Bindungsaufbau zu
Vätern wesentlich weniger Zeitintervalle aus, als dies für das mütterliche
Verhalten gilt. So ergaben die Untersuchungen von Ainsworth in Uganda, dass
die Väter oftmals über mehrere Wochen von ihren Babys getrennt waren, sich
dann aber intensiv mit den Kindern beschäftigten und sich dabei eine sichere
Bindung vom Kind zum Vater entwickelte.
VI.
Beziehungs- und Versorgungsaspekte
Das Bindungskriterium kann also allein kein hinreichendes Argument sein, ein
Wechselmodell oder umfangreiche Umgangskontakte zu begründen, selbst
wenn das Kind zu beiden Eltern eine sichere Bindung aufgebaut hat. Eine
Bindung, die dem Kind emotionale Sicherheit gibt, ist zwar Grundvoraussetzung
für jede Umgangsregelung. Zusätzlich wird das Wohl des Kindes durch weitere
Faktoren bestimmt, so durch feinfühliges Verhalten in der Erziehung,
Umgebungsbedingungen, in der Versorgung, bei der Aufsicht des Kindes,
Anbieten einer Vielfalt von Anregungen. Meist erfüllen beide Elternteile
unterschiedliche Funktionen beim Kind.
In der Regel liegt der Förderschwerpunkt bei der Mutter funktional im feinfühligen
Fürsorgeverhalten, beim Vater im feinfühligen Spielverhalten. Die
Anregungsqualität, die beide Eltern dem Kind gegenüber entwickeln,
unterscheidet sich in der Regel geschlechtsspezifisch. Bei umfänglichen
Betreuungskonzepten ist also sowohl die für einen längeren Zeitraum stabile
Bereitschaft der Eltern zum Erbringen dieser Leistungen zu bedenken als auch
die elterliche Kompetenz, diesen Anforderungen zu entsprechen, abzuwägen.
Dies gilt sowohl für die Eltern als auch für dritte Personen, die in den
Entscheidungsprozess einbezogen sind.
VII.
Mehrere Betreuungspersonen
Unabhängig von der Bindungsqualität und den oben genannten
Versorgungsaspekten stehen der Wechsel der Bezugspersonen bei jüngeren
Kindern im Alter von drei bis sechs Jahren und seine Auswirkungen auch in
Abhängigkeit von weiteren Einflussvariablen. So zeigen Kinder, die bereits
16 häufige Wechsel von Bezugspersonen gewohnt sind, z.B. da beide Eltern
berufstätig sind oder die Kinder in einer Kinderkrippe fremdbetreut werden,
weniger Auffälligkeiten. Weiter ist das Konfliktniveau zwischen den Eltern
mitentscheidend, beispielsweise wie sich atmosphärisch der Wechsel zwischen
den Eltern für ein Kind gestaltet und wie der gerade nicht mit dem Kind
zusammenlebende Elternteil durch den anwesenden Elternteil vermittelt bzw.
repräsentiert wird.
VIII. Geschlechtsunterschiede
Weiter wurden geschlechtstypische Unterschiede in Bezug auf Reaktionen der
Kinder auf Trennung von den jeweiligen Eltern nachgewiesen. Jungen bis ca.
sechs Jahren reagieren auf die Trennung der Eltern und auf den Wechsel
zwischen den Eltern mit höheren Irritationen, als dies für Mädchen gilt.
Als mögliche Ursache wird einerseits genannt, dass Mädchen sich in diesem
Alter verbal bereits besser ausdrücken können und somit auch ihre Bedürfnisse
gegenüber den Eltern klarer formulieren können, als dies für Jungen gilt. Eine
weitere Hypothese wurde dahingehend formuliert, dass die Interaktionen mit
dem jeweiligen Elternteil unterschiedliche Bedeutung für die jeweiligen
Geschlechter haben, wonach die Mädchen eher die Nähe zum Vater schätzen,
von den Versorgungsleistungen der Mutter bereits unabhängiger sind, während
die Jungen zwar von den geschlechtsspezifischen Verhaltensweisen des Vaters
profitieren, z.B. von seinem Entscheidungsverhalten und seiner Unterstützung
des Explorationsverhaltens im Alltag, sie aber gerade zur Einschlafenszeit
regredieren und dann die feinfühlige Versorgung durch die Mutter benötigen.
Aus diesem Grund zeigen gerade Fünfjährige bei Übernachtungen bei den
Vätern oder anderen Verwandten häufig höhere Irritationen, als dies für
Mädchen gilt.
IX.
Stabilität der weiteren Sozialbeziehungen
Bei den ersten Kindergartenbesuchen sind Eingewöhnungsschwierigkeiten für
Eltern nichts Ungewöhnliches. Das Kind zeigt eine Aktivierung des
Bindungssystems, klammert sich an den bringenden Elternteil, der häufig auch
noch für längere Zeit anwesend sein sollte, bis das Kind vor dem Hintergrund
der von ihm ausgehenden emotionalen Sicherheit sich langsam traut, das
Umfeld zu explorieren.
Diese Verunsicherung des Kindes wird verstärkt, wenn sich das Kind in zwei
verschiedenen Kindergärten eingewöhnen muss, erschwerend noch vor dem
Hintergrund, dass auch nicht jeder Elternteil dem Kind die gleiche Qualität an
17 emotionaler Sicherheit geben kann. Da Kinder ab dem Kindergartenalter über
den Kontakt und Erfahrungen mit Gleichaltrigen moralische und soziale Normen
im
außerfamiliären
Bereich
entwickeln,
ist
ein
kontinuierlicher
Kindergartenbesuch daher kindeswohlförderlich.
Bei älteren Kindern, die schon zur Schule gehen, spielen weitere Faktoren eine
Rolle wie der Schulweg, soziale Kontakte, die unterbrochen werden, wenn diese
nicht wirklich verfügbar sind.
X.
Mitentscheidung des Kindes
Wenn das Kind sieben/acht Jahre alt oder älter und damit kognitiv in der Lage
ist, andere Positionen einzunehmen und zeitliche Vorstellungen zu entwerfen,
dann werden die Aufenthalte des Kindes bei den Eltern auch von eigenen
Interessen mitgeprägt. Das Kind sollte bei der Gestaltung der
Nachtrennungsfamilie zunehmend im Mittelpunkt stehen und es sollte
mitgestalten
dürfen,
ohne
Verantwortung
für
Verlustängste
oder
Beziehungserwartungen der Eltern übernehmen zu müssen.
Dabei darf auch seitens der Eltern nicht einem vordergründig vorgebrachten
Kindeswillen gefolgt werden. Wie die Scheidungsforschung aufzeigt, haben die
Kinder meist ein ausgeprägtes Fairnessbedürfnis und äußern sich häufig
dahingehend, dass sie möglichst hälftig bei jedem Elternteil leben wollen.
Wenn sie aber gefragt werden, wie das konkrete Arrangement gelebt werden
sollte, schlagen die Kinder meist kein Wechselmodell vor. Sie wägen dann
durchweg ihre zeitliche Verfügbarkeit, ihre Aktivitäten, ihre schulischen
Verpflichtungen, ihre Freizeitaktivitäten ab, aber auch die Zeit und Aktivitäten,
die sie bei den Eltern erwarten können. Meist werden feste
Rahmenbedingungen gewünscht, die durchaus Flexibilität der Aufenthalte
ermöglichen. Damit entsprechen ihre Vorstellungen auch anderen Ergebnissen
der Scheidungsforschung, nach denen nicht das mit dem Kind zusammen
verbrachte Maß an Zeit für das Kindeswohl entscheidend ist, sondern auf welche
Weise der Elternteil die Zeit mit dem Kind nutzt. Dies bedeutet nicht, dass nicht
auch genügend gemeinsame Zeit zur Verfügung stehen sollte, um sich
gegenseitig besser kennen zu lernen, und um ein Gespür füreinander zu
entwickeln. Kinder ab dem Alter von elf Jahren wollen zunehmend ihren eigenen
Interessen nach Beziehungsgestaltung nachkommen.
Der Kindeswille gewinnt daher an Entscheidungserheblichkeit. Sollte diesem
nicht gefolgt werden, so besteht - wie auch die Scheidungsforschung belegt - in
18 der Pubertät die erhöhte Gefahr eines Abbruchs zu der Bezugsperson, die sie
gegen den Willen aufsuchen sollten
XI.
Belastungen durch den Wechsel
Die jüngere Scheidungsforschung weist nach, dass Kinder getrennt lebender
Familien die unterschiedlichen Lebensumfelder der Eltern nicht nur positiv
bewerten - wie die Eltern vielleicht annehmen - sondern durch den Wechsel
auch belastet sind. Die Familie, die nicht mehr zusammen lebt, unterscheidet
sich qualitativ erheblich von einer Familie, die getrennt lebt, wie im Folgenden
kurz ausgeführt wird.
1. Unterschiedliche Werte der Eltern
Während sich zusammenlebende Eltern bzgl. ihrer alltäglichen
Erziehungsvorstellungen, Werthaltungen und in Bezug auf das Kind zu
treffende Entscheidungen einigen müssen, so dass bei Uneinigkeit
letztlich eine Lösung gefunden werden muss - selbst wenn diese
Diskussion heftig vor dem Kind ausgetragen wird -, ist dies bei getrennt
lebenden Elternteilen nicht mehr der Fall.
Getrennt lebende Eltern gestalten ihr Leben nach ihren individuellen
Werten, Vorstellungen, Ideologien und persönlichen Verhaltensstilen,
denen sich das Kind jeweils anpassen muss. Es findet, mit Ausnahme
erheblicher, das Kindeswohl berührenden Entscheidungen, keine
Kompromisslösung mehr statt; das Kind muss seine Konflikte bei
Wertediskrepanz innerpsychisch für sich lösen.
2. Reden über die Probleme
Eine Diskussion des Kindes mit dem jeweiligen Elternteil ist auch bei
praktiziertem Wechselmodell schwerlich möglich. Es soll sich ja nach den
Erwartungen des jeweiligen Elternteils im Umfeld, in dem es sich gerade
aufhält, wohl fühlen.
Die Eltern verhalten sich ja gängigen Vorstellungen gemäß perfekt im
Sinne des Kindeswohls. Diskrepanzen und Konflikte bei der Erziehung
werden nicht mehr von den Eltern gelöst, was eigentlich deren Aufgabe ist
und nicht die des Kindes. Dies erfordert vom Kind ununterbrochen
Anpassungsleistungen, dem Kind wird nicht deutlich, welche jeweilige
Ordnung die Richtige ist.
19 Meistens sprechen die Eltern nicht über die Not der Kinder. Dies gilt
gegebenenfalls noch mehr, wenn sie kooperativ miteinander umgehen, da
sie nicht verstehen, warum ein Kind unter dem Wechsel leiden sollte, da
sie doch alles tun, was in den Scheidungsratgebern steht. Damit bleibt das
Kind häufig allein und fühlt sich auch entsprechend. Zudem werden die
Diskussionen mit dem Kind nicht kindgemäß geführt, es werden von den
Eltern Loyalitäten vom Kind erwartet. Dies führt dazu, dass sich die Kinder
häufig als Spielball elterlicher Erwartungen erleben oder als in der Mitte
zwischen beiden Eltern stehend auffassen.
3. Kontinuität
Durch den intensiven Kontakt zu beiden Eltern bleibt zwar die
Beziehungskontinuität erhalten, andere Kontinuitäten werden aber
durchaus unterbrochen. Das Kind erlebt aber bei dem jeweiligen Elternteil
auch Brüche im Sinne von Veränderungen, die den jeweiligen Elternteil für
das Kind anders erleben lassen. Daran muss sich das Kind zusätzlich
gewöhnen und muss diese Veränderung bei den Eltern verarbeiten. Nach
der Trennung sind meist beide Eltern und vor allem allein betreuende
Mütter finanziell schlechter gestellt, oftmals muss das gemeinsame Heim
zu Gunsten weniger komfortabler Wohnungen aufgegeben werden.
Allein erziehende Mütter neigen stärker zu Depressivität und sind in ihrer
Versorgungskompetenz häufiger eingeschränkt als solche in kompletten
Familien. Väter leben vermehrt neu gewonnene Freiheiten aus. Neue
Partner kommen in das familiäre Leben, die Betreuung des Kindes wird
unter Umständen auf neue Partner oder Großeltern delegiert.
Damit kommt es ebenfalls immer wieder zu Beziehungsbelastungen,
zumindest aber zu erheblichen neuartigen Anforderungen. Auch berufliche
Veränderungen treten häufig hinzu. Möglicherweise kommt es zu
Erweiterungen der Familie, damit zu der so genannten Patchworkfamilie.
All dies erfordert - auch im Rahmen des Wechselmodells - weitere
Anpassungsleistungen, denen die betroffenen Eltern und Kinder
entsprechen müssen, wobei die Kinder in der Regel nicht in die
Entscheidungen über die geplanten Veränderungen mit einbezogen
werden. Gefahr besteht, dass sich Kinder angesichts der gravierenden
Veränderungen ihrer Lebensverhältnisse ohnmächtig und ausgeliefert
fühlen und mit Auffälligkeiten reagieren, sofern sie nicht in einem
vertrauensvollen Dialog mit einem oder beiden Eltern stehen.
20 4. Loyalitäts- und Ambivalenzkonflikte
Gerade die Konflikte, welche die Eltern durch das Wechselmodell
vermeiden wollten, werden in der Praxis des Wechsels doch wieder
evoziert. Jeder Elternteil erwartet, dass sich das Kind auf ihn freut und
sich bei ihm wohl fühlt. Bei fast allen getrennt lebenden Eltern (auch bei
zusammen lebenden Eltern) werden Eifersuchtsgefühle geweckt, wenn
das Kind in positiver Weise vom anderen Elternteil spricht. Bereits die Art
und Weise, wie das Kind über den anderen Elternteil berichtet, ist dazu
angetan, den Elternteil vermuten zu lassen, dass das Kind den gerade
abwesenden Elternteil bevorzugt. Bei den getrennt lebenden Eltern ist
nicht jedes Kinderzimmer gleich geräumig, nicht jede Wohnung ist so
gestaltet, dass sich das Kind dort gleich wohl und heimisch fühlt. Jeder
Erwachsene hat ein Gefühl von Heimat, das atmosphärisch auch
mitbestimmt wird davon, wo man sich aufhält und seine persönlichen
Sachen aufbewahrt hat. Diese äußeren Umstände können bei zwei
Haushalten nicht immer gleichwertig verteilt sein.
Jedes Kind wird daher diesbezüglich Abwägungen vornehmen (müssen),
wird sich aber nicht immer frei fühlen, seine Überlegungen, Sehnsüchte,
Wünsche, Sorgen und Traurigkeiten, offen und ohne ein Elternteil zu
verletzen, vorzutragen. Das Kind wird sich sowohl für das Wohlbefinden
des anwesenden als auch des abwesenden Elternteils verantwortlich
fühlen (Parentifizierung). Oftmals passt sich das Kind dem Bedürfnis und
der Erwartung des Elternteils an, der einen neuen Partner gefunden hat,
und stellt dabei eigene Gefühle, etwa der Eifersucht, zurück.
5. Unsicherheit
Leben die Eltern zusammen, ist es unwahrscheinlich, dass die Eltern mit
Fremdunterbringung drohen können - außer in besonderen Situationen,
wie bei bestehender Drogenabhängigkeit, Straffälligkeit und ähnlichen das Kind akut gefährdenden - Vorfällen. Das Wechselmodell fördert
hingegen latent eine Haltung des Elternteils, das Kind bei
Erziehungsschwierigkeiten aufzufordern, beim anderen Elterteil zu
bleiben, was das Kind, das in der Regel durch die erlebte Elterntrennung
emotional bereits vorbelastet ist, erheblich verunsichert. Aber auch das
Kind kann seinerseits mit der Möglichkeit drohen, ganz zum anderen
Elternteil zu wechseln, etwa, um dadurch Erziehungsmaßnahmen zu
entgehen, wodurch die Autorität der Eltern erheblich geschwächt wird.
21 Zudem besteht besonders die Gefahr, dass Eltern sich für auftretende
Erziehungsschwierigkeiten gegenseitig beschuldigen.
6. Räumliche Umwelt und kindliche Entwicklung
Heimat ist ein Singularwort (Der Begriff Heimat existiert nur im Singular.).
Erwachsenen fällt es schwer, wöchentlich den Wohnort zu wechseln und
sich überall heimisch zu fühlen, ohne dabei - wie das bei Kindern im
Wechselmodell der Fall ist - auch noch den emotionalen Druck zu
verspüren, sich mit dem jeweiligen Elternteil gut zu verstehen.
Zwar existieren im deutschen Sprachraum keine entwicklungspsychologischen Untersuchungen zur Bedeutung des räumlichen
Umfeldes und die möglichen durch Wechsel oder Konstanz
herbeigeführten Konsequenzen auf die kognitive Entwicklung der
betroffenen Kinder vor. Gleichwohl weisen bereits ältere Studien auf die
Bedeutung der räumlichen Umwelt auf die psychosoziale Entwicklung von
Kindern hin: Aus den 80er und 90er Jahren liegen verschiedene
psychologische Untersuchungen aus dem Darmstädter Institut für Wohnen
und Umwelt vor, die z.B. Zusammenhänge zwischen beengten
Wohnverhältnissen und Entwicklungsstörungen bei den Kindern und eine
Zunahme von familiären Konflikten aufzeigen.
Auch zeigen sich generelle Einflüsse der materiellen Umwelt auf die
kindliche Entwicklung und insbesondere die Bedeutung des „free ranges“,
d.h. der freien Gestaltbarkeit der Umwelt, auch durch die Kinder im Sinne
der ökologischen Theorien von Bronfenbrenner im Rahmen der
Entwicklungspsychologie.
Neuere
Untersuchungen
weisen
auf
geschlechtsspezifische Bedürfnisse von Präpubertierenden in Bezug auf
ihr Wohnumfeld hin.
Diese Untersuchungen lassen zwar keine eindeutigen Schlüsse
hinsichtlich der Wirkung „pluraler Heimaten“ auf die kindliche Entwicklung
zu, machen aber zumindest deutlich, dass hier nicht zu unterschätzende
Wirkmechanismen vorliegen dürften.
XII.
Kindeswohl als juristische Eingriffsschwelle
Juristisch ist die Elterneinigung das wesentliche Sorgerechtskriterium. Unterhalb
der Elterneinigung hat der Staat nur im Rahmen des § 1666 BGB, also bei
Kindeswohlgefährdung, einzugreifen. Prinzipiell sollten sich die Eltern bezüglich
ihrer Kinder einigen und werden in der Regel das beste Modell für ihre
Nachtrennungsfamilie finden.
22 Dies bedeutet nicht, dass der Staat ein bestimmtes Nachtrennungsmodell
präferieren sollte, auch wenn dies aus alltagspsychologischer Sicht überlegen
erscheint.
Modelle - wie auch das Cochemer Modell - erheben die Forderung, dass sich die
Eltern bezüglich ihrer Kinder einigen müssen. Ob bei Elterneinigung das
Kindeswohl unter Einbeziehung der Kinder eine Rolle spielt, scheint durch die
verschiedenen Scheidungsstudien eher unwahrscheinlich.
Gerade wenn der Elternkonflikt am größten ist und die Partner sich zeitnah
trennen wollen, ist es eher unwahrscheinlich, dass die Eltern produktiv
gemeinsam mit dem Kind über ihre Trennung sprechen. Der Zwang zur
Elterneinigung bedeutet aber, eine Chance auf Klärung der familiären Situation
zu verspielen, da der Staat dann erst wieder bei Kindeswohlgefährdung
eingreifen kann. Gerade das familiengerichtliche Verfahren eröffnet die
Möglichkeit, der Familie professionelle Hilfen dafür anzubieten, eine
kindeswohlgemäße Gestaltung der Nachtrennungsfamilie zu finden.
Sicher kann dabei nicht allein der Kindeswille zählen. Es müssen auch
innerpsychische Vorgänge und Entwicklungszustände der betroffenen Kinder
mitbeachtet werden.
XIII. Bewertung des Wechselmodells
Das Wechselmodell ist zunächst ein Modell aus der Sicht von Erwachsenen.
Dahinter steckt die Annahme, dass eine Elterneinigung und damit geringe vor
den Kindern ausgetragene Konflikte dem Kindeswohl am besten dienen. Auch
wird hierbei meist unterstellt, dass die getrennt lebende Familie dadurch der
früheren zusammenlebenden Familie strukturell am ähnlichsten wird und somit
dem Kind möglichst wenig Trennungsfolgen zugemutet werden.
Jede Trennung und Scheidung ist jedoch für das Kind belastend, und diese
Belastung kann auch durch eine möglichst 50%ige Aufteilung der Eltern nicht
aufgehoben werden, zumal - wie angesprochen - aus dem Wechselmodell
spezifische Anforderungen und Risiken abgeleitet werden können. Allerdings
ergeben sich durchaus Konstellationen, in denen ein Wechselmodell eine
Reduktion der Belastungen ermöglichen kann: Aus sachverständiger Sicht - dies
gilt auch für die Hochkonfliktfamilien - ist das Modell dann anzuraten, wenn
dadurch der Auszug eines Elternteils aus dem bis dahin gemeinsamen Haushalt
ermöglicht wird, da der zum Auszug bereite Elternteil nicht ohne sein Kind gehen
möchte, andererseits das Zusammenleben unmöglich geworden ist und das
Kind selbst sich nicht für einen Aufenthalt bei einem Elternteil entscheiden kann.
23 In dieser Konstellation ermöglicht das Wechselmodell einem Elternteil die
Wohnung zu verlassen, ohne den Verlust des Kindes fürchten zu müssen.
Zudem ermöglicht es dem Kind, die neue Lebenssituation zu erproben, die aber
in absehbarer Zeit in eine dem Kindeswohl angemessene Regelung überführt
werden muss. In diesem Fall wäre das Wechselmodell nur ein Übergangsmodell
bis zur späteren Entscheidung über den Aufenthalt des Kindes bei einem
Elternteil.
Weiter kann das Wechselmodell sinnvoll sein, wenn die hochkonflikthaften Eltern
sich auf ein solches Modell einigen, die sozial-räumliche Situation, die
Kontinuität gewahrt bleibt und damit das Konfliktniveau vor dem Kind gesenkt
werden kann. Hier liegt der Gewinn des Wechselmodells in einer Beruhigung der
Eltern im Kampf um das Kind.
Auch hier kann das Modell als Erprobungsphase gesehen werden. Einige Kinder
wollen dieses Modell weiter aufrechterhalten. Dann sollte diesem Modell gefolgt
werden, wenn dieser Wunsch nicht einem falsch verstandenen
Fairnessgedanken entsprungen ist und/oder das Kind nicht am Wechselmodell
festhält, weil es sich um das emotionale Wohlbefinden der Eltern zu eigenen
Lasten verantwortlich sieht.
Bei praktizierten Wechselmodellen, die die Eltern selbst organisiert durchführen,
weil sie z.B. berufsbedingt auf dieses Modell angewiesen sind, oder weil sie
selbst so leben wollen, kann in der Regel davon ausgegangen werden, dass die
Übergänge für das Kind zwischen den Eltern positiv gestaltet werden. Wie die
Scheidungsforschung aufzeigt, ist die Zufriedenheit der Eltern mit einem
Regelungsmodell ein entscheidender Aspekt der Trennungsbewältigung für die
Kinder.
Entscheidend für das positive Gelingen eines Wechselmodells ist weiter,
inwieweit die Mutter oder der betreuende Vater in seinem Haushalt den anderen
Elternteil positiv darstellt. Psychologische Untersuchungen zeigen, dass gerade
das Vaterbild von den Müttern transportiert wird, z.B. dass sie es zulassen, dass
das Kind ein Foto vom Vater betrachtet oder die Mutter das Kind in positiver
Weise auf gemeinsame Aktivitäten mit dem Vater vorbereitet („Heute darfst Du
mit dem Papa zum Schwimmen gehen“). Das alles gibt dem Kind Sicherheit.
Kooperierende Eltern tauschen sich auch über Rituale des Kindes aus und
bringen das Kind zu dem Elternteil zurück, von dem das Kind die notwendige
Unterstützung in bindungstheoretischer Hinsicht benötigt.
24 XIV. Schluss
Das Wechselmodell ist kein Regelmodell für die Nachtrennungsfamilie, das ohne
weiteres als prinzipiell kindeswohlförderlich angesehen und daher in jedem Fall
gefördert werden sollte. Schon während des gemeinsamen Zusammenlebens
bringen die Eltern unterschiedliche Kompetenzen in die Versorgung und
Betreuung des Kindes ein. Es macht keinen Sinn, dies plötzlich im Rahmen der
Trennung zu verändern, so dass beide Eltern alle Elternfunktionen zeitlich
aufgeteilt übernehmen, außer es liegen triftige Gründe vor, sei es, dass ein
Elternteil ausgefallen ist, sei es, dass das Kind einen Wechsel zum anderen
Elternteil dringend wünscht.
Viele Kompetenzen müssen vor allem von dem bisher nicht in die Betreuung
einbezogenen Elternteil gelernt werden, was im Rahmen der Trennungssituation
unter den Stressbedingungen besonders schwierig erscheint. Gerechtigkeit ist
kein Kindeswohlgesichtspunkt, außer dieser Gesichtspunkt würde dazu führen,
dass für eine bestimmte Zeit das Konfliktniveau der Eltern verringert wird und
dies zum Wohl des Kindes geschieht. Neuere Ansätze gehen davon aus, dass
es nicht genügt, nur das Konfliktniveau zwischen den Eltern zu minimieren oder
Elterneinigung zu erreichen, um dem Kind möglichst Trennungsstress zu
ersparen, sondern dass es vielmehr darum geht, sowohl die Eltern dazu zu
befähigen, mit den Kindern angemessen über Trennung und Scheidung zu
sprechen, deren
Bedürfnisse besser zu erkennen, aber auch den betreuenden
Elternteil zu unterstützen, um gerade in der Trennung beobachtbare
Fürsorgeeinschränkungen des Elternteils nicht chronisch werden zu lassen.
Häufig gilt es den jeweiligen Elternteil, der die Hauptbindungsperson für das
Kind ist, zu unterstützen.
Ein starres Wechselmodell wird in den seltensten Fällen kindeswohlgemäß sein,
weil Bindungen und Beziehungen selbst in einer intakten Familie Veränderungen
und Wandlungen unterliegen, da das Kind unterschiedliche Bedürfnisse hat, die
sich das Kind auch von unterschiedlichen Bezugspersonen erfüllen lassen
möchte.
Das Modell kann zwar im individuellen Fall die aktuell beste Lösung darstellen,
um die Scheidungsfolgen für die Kinder zu minimieren. Eine Standardlösung für
die Mehrzahl der Scheidungsfamilien oder gar der „goldene Weg“ wird es
allerdings kaum sein können.
*Die Autoren arbeiten als psychologische Sachverständige in der GWG - Gesellschaft für
wissenschaftliche Gerichts- und Rechtspsychologie, München.
(Quelle: Dr. Fichter, Dr. Salzgeber)
25 In der Praxis der deutschen Familiengerichte sieht es leider nicht so aus, wie es
Fichtner und Salzgeber in ihrem Artikel beschreiben. Zunehmend beobachten
wir, wie das Wechselmodell von den Fachgerichten - auch gegen den Willen der
Mutter und auch bei erheblichen Kommunikationsstörungen der Eltern verordnet wird oder es unter Druck auf die Mutter zum Vergleich hierüber
kommt.
Grund hierfür dürfte u. a. wiederum der Druck aus Brüssel auf Deutschland sein,
denn der Europäische Gerichtshof mahnte Deutschland in mehreren Fällen ab
und sah die Väterrrechte in den konkreten Fällen beschnitten, woraus scheinbar
die allgemeine Annahme abgeleitet wird, Väterrechte seien in Deutschland
grundsätzlich beschnitten. Das wiederum führt zu der Beobachtung, dass nun in
vielen Fällen den Rechten von Vätern zu Lasten von Mütterrechten und sogar zu
Lasten des Kindeswohls der Vorzug gegeben wird.
Selbst bei hochstrittigen Eltern, die nicht mehr in der Lage sind zu
kommunizieren, werden Wechselmodelle gerichtlich angeordnet.
Ulrike M.:
Bei uns wurde das Wechselmodell gerichtlich angeordnet. Die Kinder waren 3 und 6
Jahre alt. Die Anordnung traf uns völlig unerwartet, da ich vor der Trennung die
Erziehungsarbeit immer alleine leistete. Ich war 5 Jahre in Elternzeit, der Vater kam
oft erst gegen 21 Uhr nach Hause und hatte auch an den Wochenenden meist keine
Lust, uns z. B. bei Familienausflügen zu begleiten. Die Kinder und ich waren vorher
26 noch nie eine Woche voneinander getrennt, und mein Sohn war in seiner
Kleinkinderzeit in Behandlung bei einer Kinderpsychologin wegen massiver
Trennungsängste.
Es wurde vom Gericht eine Sachverständige bestellt, die laut meinem Anwalt das
Wechselmodell wohl in jedem Verfahren empfiehlt und meist gegen den Willen der
Mütter durchsetzt. Mir wurde auch angedroht, dass man mir das Aufenthaltsbestimmungsrecht entziehen würde, wenn ich dem Modell nicht zustimme. Ich tat es
trotzdem nicht, aber das Wechselmodell wurde dennoch angeordnet. Wir Eltern sind
und waren hoch verstritten. Begleitete Mediation und Elterngespräche scheiterten.
Selbst über Belange der Kinder war kein Austausch möglich. Ich wusste nicht, was
die Kinder in der Woche beim Vater machten, ich konnte sie telefonisch in der Zeit
auch nicht erreichen.
Das Modell wurde nach etwa einem Jahr gekippt. Die Kinder mussten während
dieser Zeit 14 Befragungen ertragen. Sie sagten bei jeder Befragung, dass sie mehr
bei ihrer Mama sein wollten. Unser Sohn zeigt mittlerweile so schwere Verhaltensauffälligkeiten, dass der Kinderpsychologe momentan nicht weiß, ob wir um einen
stationären Klinikaufenthalt herumkommen. Er hat nachts Angst, er braucht
Körperkontakt zum Einschlafen. Er bekommt Panikattacken, wenn ich auch nur mal
aus dem Zimmer gehe, sobald es draußen dämmert. Immer noch hat er Albträume
von der Gutachterin, die er bei einem der letzten Besuche beim Kinderpychologen
als grüne Giftschlange zeichnete. Er ist mittlerweile 8 Jahre alt.
Auch finanziell hatte die Zeit des Wechselmodells schlimme Folgen für uns. Durch
den wegbrechenden Unterhalt des Vaters fielen wir trotz meiner einigermaßen gut
bezahlten Teilzeitstelle ins ergänzende Hartz4. Die Kindergeldkasse behielt fast ein
Jahr das Kindergeld komplett ein, weil sie den Ausgang des gerichtlichen
Verfahrens abwarten wollte.
Meine Kinder und ich haben dadurch beihnah unsere Wohnung verloren, denn ich
wusste nicht mehr, wie ich die Miete aufbringen sollte.
Das Wechselmodell scheint eine neue Idee, ja fast ein “Produkt” zu sein,
das beworben, medial vermarktet wird und marktreif verpackt Deutschland
derzeit überschwemmt.
27 Auch der Verband berufstätiger Mütter bewirbt es auf seiner Internetseite. Auf
Nachfrage von Mütterlobby e.V. wusste der Verband jedoch nichts von dem
ausbleibenden Kindesunterhalt für die Mutter. Wenn hier angeführt wird, dass
sich das Wechselmodell für die Berufstätigkeit der Frau positiv auswirkt, geht
das an der Realität vorbei. Durch den ausbleibenden Kindesunterhalt muss die
Mutter nun je nach Finanzlage des Vaters wesentlich mehr netto verdienen. Im
obigen Beispiel wären es 838€ netto monatlich. Selbst wenn die Mutter in den
beiden Wochen, in denen die Kinder beim Vater leben, Vollzeit statt Teilzeit
arbeiten würde, wäre dies kaum zu schaffen – abgesehen davon gibt es
Arbeitsstellen mit solch flexiblen Arbeitszeiten selten.
Bettina T.:
Seit ca 1,5 Jahren lebt unser Sohn, jetzt 6 Jahre alt, im Wechsel jeweils eine Woche beim
Kindsvater, jeweils eine Woche bei mir.
Von Geburt an betreute ich das Kind hauptsächlich allein. Der Kindsvater war nach der
Trennung ein halbes Jahr unauffindbar im Ausland und verweigerte jeden Kontakt.
Kindesunterhalt zahlte er nicht. Als er wieder kam, erkannte er die Vaterschaft auf einmal an
und forderte aus heiterem Himmel das Wechselmodell für unseren damals bereits 4jährigen
Sohn.
Das Jugendamt Pankow teilte mir in Bezug auf die Forderung des Vaters mit, ich solle dem
Modell zustimmen, denn ich hätte vor Gericht wenig Aussichten, dass ein anderes
Umgangsmodell für uns festgelegt werden würde. Mit Blick auf die Belastungen, die ein
solches Gerichtsverfahren für alle Beteiligten mit sich bringt, habe ich dem Modell
zugestimmt. Zwei Versuche meinerseits, das Betreuungsmodell wieder zu ändern, nachdem
sich erhebliche Nachteile für unseren Sohn und mich dadurch ergaben, scheiterten.
Mittlerweile wurde das Wechselmodell durch das Amtsgericht Pankow gerichtlich
angeordnet. Die Strafauflage bei Nichteinhaltung wurde auf 25 000 Euro festgesetzt.
Ich bin berufstätig, der Kindesvater ist es seit vielen Jahren nicht. Nun werde ich vom
Jobcenter aufgefordert mich am Lebensunterhalt des Kindesvaters zu beteiligen.
Beratungsstellen, Fraueninteressenverbände, Multiplikatoren und Fachleute
müssen sich genau mit dem Wechselmodell auseinandersetzen, um Familien
zielgerichtet und gut informiert zu beraten. Oftmals fehlen hierzu leider die
Qualifikation, die Motivation und/oder das Geld.
28 Fazit
Mütterlobby e.V. fordert, dass das Wechselmodell nicht vom Gericht gegen den
Willen eines Elternteils (weder Vater, noch Mutter) verordnet werden darf. Es
kann mit Blick auf das Kindeswohl ausschließlich auf freiwilliger Basis aller
Betroffenen gelebt werden und darf somit überhaupt keinen Eingang in die
Rechtsprechung bekommen, weil die konkrete Befürchtung besteht, dass das
Wechselmodell – wie bereits geschehen – unter Druck der Verfahrensbeteiligten
auf die Mutter ‚vergleichsweise’ beschlossen wird.
Als Grundlage für eine Kinderbetreuung muss stattdessen das
Kontinuitätsprinzip gelten:
Das Betreuungskonzept während der Beziehung, also so wie sich die Eltern vor
Streit und Trennung in Bezug auf die Kinderbetreuung geeinigt bzw. wie sie
gelebt haben, muss im Streitfall i.d.R. auch nach der Trennung Gültigkeit haben
und fortgeführt werden. Auf dieser Basis hatte das Elternpaar Entscheidungen
getroffen, die über die Trennung hinaus Auswirkungen haben, z. B.
Einschränkung der eigenen Berufstätigkeit zugunsten der Betreuung der
gemeinsamen Kindern.
Es ist i.d.R. nicht zum Kindeswohl und nicht akzeptabel, dass ein Elternteil, das
sich vor der Trennung nicht oder kaum an der Erziehung und Betreuung der
Kinder beteiligt hat, nun auf einmal das Wechselmodell einfordert - und immer
häufiger auch bekommt. Das gilt umsomehr, wenn es sich um kleine Kinder
handelt und wenn die Eltern nie einen gemeinsamen Hausstand hatten.
Glückliche Kinder brauchen glückliche Eltern! Sinnvolle Intervention und
Hilfestellungen können hierzu beitragen - ein angeordnetes
Wechselmodell hingegen nicht.
25. Oktober 2013
Kontaktadresse:
Mütterlobby e.V. , Postanschrift: Stresemannstr. 21, 10963 Berlin
Fon 030 – 917 050-03 | [email protected] | www.muetterlobby.de
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