Nie ohne Maschine ins Sturmholz - Die Bayerische Waldbauernschule

58 I WALD
FOTOS: WBS KELHEIM
BLW 16 I 17. 4. 2015
gZu te
sei
Druckseite
ckDru ite
se
Zugseite
Gespannte Stämme: Als erstes die Zug- und Druckseite bestimmen. Grundsätzlich immer zuerst auf der Druckseite einschneiden. Bei
Seitenspannung steht der Motorsägenführer auf der Druckseite. Bei Spannung nach oben Stamm vor dem Aufarbeiten entzerren oder fixieren.
Nie ohne Maschine ins Sturmholz
Wenn Sturmholz aufgearbeitet werden muss, steigen die Unfallzahlen an. Es
ist an der Zeit diese Gesetzmäßigkeit zu durchbrechen. Hier eine Anleitung wie
man geworfene, gebrochene und hängende Bäume sicher aufarbeitet.
D
ie Gefährlichkeit der Sturmholzaufarbeitung wird häufig unter-, das eigene Können überschätzt. Deshalb sollte diese
extrem anspruchsvolle Aufgabe erfahrenen Maschinen- und Motorsägenführern überlassen werden.
Überblick ist wichtig
Bevor mit der Sturmholzaufarbeitung begonnen wird, sollte man sich
einen Überblick über die Situation
verschaffen. Erst dann kann entschieden werden, wie man an die Sache
herangeht und ob professionelle Hilfe notwendig ist. Kommt man zu dem
Schluss, dass ein Unternehmer eingesetzt werden soll, sollten die Grundstücksgrenzen und die Feinerschließung (Rückegassen) markiert sein.
Bei größeren Waldflächen empfiehlt
es sich, die Schadholzanfälle auf einer
Karte zu erfassen. So kann der Unternehmer gut und schnell aufarbeiten.
Mit Technik versichert
Eine sichere Sturmholzaufarbeitung ohne Maschinen- und Geräteunterstützung ist nicht möglich. Am
sichersten ist der Einsatz eines Harvesters, vor allem im Verhau. Wenn
aber das Schadholz außerhalb der
Kranreichweite liegt, geht es auch
hier nicht ganz ohne die Motorsäge.
Ist der Sturmholzanfall gering und
einzeln über die Fläche verstreut,
wird mit der Motorsäge gearbeitet.
Dabei sollte immer mindestens ein
Schlepper mit Seilwinde zur Unterstützung vor Ort sein.
Die nachfolgenden Erläuterungen
richten sich an Motorsägenführer, die
durch Fortbildungen und umfangreiche Erfahrungen in der Holzernte in
der Lage sind, die komplexen Situationen in der Sturmholzaufarbeitung zu erfassen,und die die angepasste Arbeitstechnik beherrschen.
Unter Spannung
Sturmwurfholz steht in aller Regel
unter Spannung. Bei falscher Schnittführung kann es zum unkontrollier-
Geknickte Bäume: Den Stamm mit der Seilwinde seitlich vom Stock bzw. Stumpf abreißen. Dann kann an
dem liegenden Stamm sicher mit deutlich weniger Risiko weitergearbeitet werden.
Hänger: Den Stamm mit der Motorsäge vom Stock trennen. Dann mit der Seilwinde aus sicherer Entfernung abziehen und zu Fall bringen.
Wurzelteller sichern: Das Windenseil verhindert, dass der Wurzelteller nach vorne kippt. Nach
dem Abtrennen des Stammes wird der Teller mit Windenkraft zurückgeklappt.
Stütze: Das Stammstück verhindert, dass der
Wurzelteller den Motorsägenführer gefährdet.
WALD I 59
BLW 16 I 17. 4. 2015
tem, explosionsartigem Aufplatzen
von Stämmen kommen. Wenn irgend möglich, sollten diese Spannungen durch Fixieren oder Entzerren gemindert bzw. beseitigt werden.
Zwingend ist es, vor jeder Schnittführung die Druck- und die Zugseite des
Stammes sowie die weiteren Reaktionen genau zu analysieren. Grundsätzlich wird erst die Druckseite eingeschnitten (Klemmgefahr) und
dann die Zugseite durchtrennt.
Je nach Situation und Stammdimension muss die Schnittführung
angepasst werden. Besonders gefährlich sind seitliche Spannungen.
Hier muss der Standplatz immer auf
der Druckseite gewählt werden, da
der Stamm in Richtung der Zugseite
ausschlägt. Liegt die Zugseite bei geworfenen Stämmen auf der Stammoberseite, kann der Stamm blitzartig hochschnellen. Aus diesen Gründen verbietet sich bei gespannten
Stämmen das Abstocken ohne vorheriges Entzerren bzw. Fixieren
mit Seilwinde oder einem starken
Hydraulikkran.
Nie unter Hängern!
Es kommt immer wieder vor, dass
liegendes Sturmwurfholz unter angeschobenen Bäumen oder Hängern
aufgearbeitet wird. Dies ist tödlicher
Leichtsinn, denn angeschobene Bäume können ohne jede Vorwarnung
herabstürzen. Deshalb gilt als oberster Grundsatz, nie unter Hängern
und angeschobenen Bäumen zu arbeiten. Diese müssen immer zuerst
zu Boden gebracht werden. Dazu ist
in aller Regel Seilwindenunterstützung erforderlich.
Seilwinde hilft
Ist der Wurzelteller aufgeklappt,
besteht beim Abtrennen des Stammes die Gefahr, dass er unkontrolliert nach vorne oder hinten fällt.
Besteht die Gefahr des Nach-vorneFallens, kann entweder ein Sicherungsstück am Stock belassen werden oder der Wurzelteller wird mit
der Seilwinde gesichert und anschließend zurückgeklappt.
Häufig sind rotfaule Fichten im
unteren Stammbereich gebrochen,
hängen aber noch am Stock. Hier
auf keinen Fall über Brusthöhe sägen, sondern den Stamm mit der Seilwinde durch seitliches Abreißen zu
Boden bringen. Jetzt ist die Situation
für die weitere Aufarbeitung wieder
beherrschbar.
Sturmholzaufarbeitung ist gefährlich und eine Arbeit für Könner.
Holzerntemaschinen sind hier am
sichersten. Muss jedoch die Kombination Motorsäge, Schlepper und
Seilwinde eingesetzt werden, so ist
höchste Vorsicht geboten. Motorsägen- und Maschinenführer müssen
immer Sicht- und Rufkontakt haben, damit sie sich ständig abstimmen können.
Bayerische Waldbauernschule
Kelheim/Goldberg
Viel weniger Sturmholz als befürchtet
Der Sturm Niklas hat in den Wäldern Bayerns einen geringeren Schaden
verursacht, als es zunächst befürchtet wurde. Korrekturen beim Holzpreis sind
also allenfalls für Sturmholz und nur in geringem Umfang gerechtfertigt.
I
nsgesamt wird die Sturmholzmenge über alle Waldbesitzarten bayernweit mit unter 10 %
eines Jahreseinschlages geschätzt.
Die Mengen liegen damit bei knapp
2 Mio. fm. Das Schadgebiet ist regional begrenzt. Schwerpunkt ist das
Alpenvorland in einem Streifen von
Schwaben über Oberbayern, insbesondere in der Region südlich Münchens und in der Region Landsberg/
Fürstenfeldbruck. In den übrigen
Landesteilen sind nur Einzel- und
Nesterwürfe sowie -brüche in einem
sehr geringen Umfang zu verzeichnen. Vielerorts gibt es gar keine Schäden. Aber auch im Hauptschadgebiet
gibt es wenig großflächige Windwürfe. Vom Sturm betroffen ist vor allem
Nadelholz. Aufgrund der vielen Einzelwürfe und des hohen Bruchholzanfalls – teilweise beträgt dieser bis
zu einem Drittel – wird ein bedeutender Anteil der Sturmholzmenge
nicht auf dem Rundholzmarkt vermarktet, sondern für die energetische
Nutzung bereitgestellt werden.
„Knapp zwei Wochen nach dem
Sturm zeigt sich, dass vielerorts die
Sturmholzmenge überschätzt wurde“, so der Präsident des Bayerischen
Waldbesitzerverbandes, Sepp Spann.
Aufgrund der Sturmholzmenge sind
keine langfristigen Auswirkungen auf
dem Holzmarkt zu befürchten. Große Mengen können im Rahmen laufender Verträge vermarktet werden.
Der Frischholzeinschlag wurde vielerorts gestoppt. Weiterhin planen
Forstbetriebe und Vermarktungsorganisationen der Waldbesitzer größere Holzmengen einzulagern, sodass
auch im zweiten Halbjahr eine Versorgung der Holzindustrie sichergestellt werden kann. Nasslagerkapazitäten stehen in der Region für über
300 000 m³ Holz zur Verfügung.
Aus Deutschland und dem Ausland werden aktuell Sturmholzabschlüsse von 2 bis 7 €/fm unterhalb
des Frischholzpreisniveaus gemeldet. Spann stellt klar: „Sturmholzabschläge von maximal 5 bis 10 €/fm
vom Frischholzpreis sind gängige
Praxis, höhere Preisabschläge sind
aber nicht gerechtfertigt und schaden
letztendlich der künftigen Holzbereitstellung und den Abnehmern selbst,
da dies auch ihre eigenen Rund- und
Schnittholzlager entwertet.“
Das Sturmholz ist begehrt. Einige
Betriebe und Forstzusammenschlüsse berichten, dass auch außerhalb des
Schadgebietes Sägewerke großes Interesse an zusätzlichen Holzmengen
bekundet haben, sodass derzeit der
Ferntransport von Holzmengen aus
dem Hauptschadgebiet geprüft wird.
Der Bayerische Waldbesitzerverband und der Bayerische Bauernverband stellen klar, dass derzeit
auch aus Forstschutzgründen kein
Grund zur Panik besteht. Angeschobene und geworfene Bäume können
auch im Lauf der nächsten Wochen
und im Sommer aufgearbeitet werden. Um dem Borkenkäfer vorzubeugen ist es wichtig, dass vor flächigen
Würfen die Einzelbrüche aufgearbeitet werden.
Bayer. Waldbesitzerverband
Aufforsten – pflegen – in Ruhe lassen?
Waldbauliche Fördermöglichkeiten nach Sturmtief Niklas nutzen
D
as waldbauliche Förderprogramm (WALDFÖPR 2014)
bietet den Waldbesitzern
Möglichkeiten, um nach den Schäden durch Sturm Niklas den Wald
wieder auf Vordermann zu bringen.
Wiederaufforstung
Nach der Aufarbeitung des Sturmholzes müssen Schadflächen wieder
aufgeforstet werden. In Beständen
mit geringeren Schäden können in
bestehenden Lücken und in lichteren Partien die Voraussetzungen gegeben sein, einen neuen Bestand zu
pflanzen oder mit der Verjüngung
des Bestandes zu beginnen. Für die
Pflanzung von Waldbäumen erhalten Waldbesitzer eine stückzahlbezogene Förderung, bei Laubbeständen
1,10 €/Pflanze und bei Mischbeständen 0,85 €/Pflanze. Zusätzlich können Förderzuschläge z. B. für zertifizierte Pflanzen oder Ballenpflanzen
gewährt werden. Wiederaufforstungen im Berg- oder Schutzwald werden verstärkt gefördert.
Jungbestandspflege
Neben Altbeständen haben auch
junge Bestände zum Teil stark unter dem Sturm gelitten. Oft macht es
in solchen Fällen Sinn, die Aufarbei-
tung des Schadholzes mit einer Pflege zu verbinden. Die Pflege in solchen geschädigten Beständen sorgt
für eine Stabilisierung des gesamten
Baumbestands. Pflegemaßnahmen
in jüngeren Mischbeständen bis zu
einer Oberhöhe von 15 m werden
durch den Freistaat Bayern mit einem Grundfördersatz von 400 €/
Hektar unterstützt.
Seilbahnbringung
Vereinzelt wurden auch Wälder im
Alpenbereich durch Sturmtief Niklas in Mitleidenschaft gezogen. Eine zeitnahe und effektive Sturmholzbeseitigung ist auf unzugänglichen Sonderstandorten (wie z. B.
im Schutz- und Bergwald) ebenso unerlässlich, wie in zugänglichem Gelände, um dem Borkenkäfer vorzubeugen. Für die Bringung
des Sturmholzes mithilfe von Seilbahnanlagen werden Waldbesitzer
durch den Freistaat Bayern finanziell unterstützt.
Waldnaturschutz
Im Aktionsjahr Waldnaturschutz
bietet es sich an, vereinzelte Sturmwürfe von Buche und weiteren Laubbaumarten – sofern keine verkehrssicherungs- oder arbeitstechnischen
bzw. betrieblichen Aspekte dem entgegen stehen – auf der Fläche unaufgearbeitet zu belassen.
Angesichts der großen Bedeutung
von Totholz, insbesondere dem der
Buche, als Lebensraum für eine Vielzahl spezialisierter Arten werden dadurch neue Nischen und Habitate für
unterschiedlichste Arten geschaffen.
Dies bewirkt eine höhere Strukturvielfalt, welche sich positiv auf die
Biodiversität im Wald auswirkt.
Ansprechpartner
In vielen Fällen empfiehlt sich
eine Beratung durch Ihre zuständige Försterin oder Förster. Wenn Sie
Fragen zu Ihrem Wald oder zu den
Fördermöglichkeiten haben oder
auch schon konkrete Maßnahmen
planen, für die Sie eventuell staatliche Fördermittel beantragen wollen, vereinbaren Sie vorher einen
unverbindlichen und kostenfreien
Beratungstermin mit Ihrem örtlich
zuständigen Förster bzw. Ihrer Försterin vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Weitere Informationen und Ihren zuständigen
Förster bzw. Ihre Försterin finden Sie
unter www.waldbesitzer-portal.bayern.de. Peter Zacherl
ByStMELF
Referat Privat und Körperschaftswald