KIND & KEGEL Freie Presse Montag, 16. März 2015 Fernsehen Das ZDF zeigt einen neuen Regionalkrimi vom Bodensee. Seite A3 Seite A1 Die kleinen Wutbürger NACHRICHTEN ERNÄHRUNG Frühstück fördert die Konzentration Viele Kinder und Jugendliche sind Frühstücksmuffel. Nur 53 Prozent der 14- bis 17-Jährigen frühstücken laut der Studie des Robert-Koch-Instituts täglich, der Rest lässt die Mahlzeit gerne mal ausfallen. Auf keinen Fall sollten Eltern mit dem Thema Gesundheit argumentieren. Das sei für die Jugendlichen ein abstrakter Begriff, mit dem sie nichts anfangen können, erläutert der Psychologe Christoph Klotter. Für die Vorteile eines Frühstücks sind Mädchen und Jungen aber empfänglicher: zum Beispiel, dass sie sich in der Schule besser konzentrieren können. Vor allem ältere Mädchen lassen die Mahlzeit ausfallen, um Kalorien zu sparen. Studien zeigen aber, dass regelmäßige Frühstücker schlanker sind, sagt Klotter in der Zeitschrift „Ernährung im Fokus“. (dpa) BEWE GUNG Lesen mit den Zehen kräftigt die Füße Barfußlaufen trainiert bei Kindern die Fußmuskulatur besonders gut. Verstärken lässt sich der Effekt mit kleinen Spielen: Kinder können beispielsweise versuchen, Trinkbecher mit den Füßen zu einem Turm zu stapeln. Damit es leichter geht, dürfen sie sich erhöht auf einem Kissen vor die Becher setzen. Schwieriger wird es, die Arme dabei zur Seite auszustrecken, heißt es in der Zeitschrift „Baby und Familie“. Ein bisschen Übung braucht es für das Lesen mit den Zehen: Dafür legen Eltern am besten ein Buch mit dicken Pappseiten auf den Boden und blättern eine Seite um. Auf die aufgeklappte Seite stellt der Nachwuchs dann seinen Fuß, sodass das Buch nicht wegrutscht. Die Zehen des anderen Fußes versuchen, eine Seite zu fassen und umzublättern. (dpa) GESUNDHEIT Blutschwämmchen geht von selbst weg Winzige hellrote oder bläuliche Flecken auf der Haut von Säuglingen bilden sich meist von alleine wieder zurück. Drei bis zehn Prozent bekommen diese oft nur millimetergroßen Blutschwämmchen. In mehr als 85 Prozent der Fälle gehen sie von selbst wieder weg. Darauf weist die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie hin. Wenn sie aber schnell wachsen oder an problematischen Stellen wie Augen, Lippen oder After sitzen, müssen sie behandelt werden. Meist geschieht das per Laser, Vereisung oder mit dem Skalpell. Es wird aber auch ein Herzmittel zur Behandlung der Blutschwämmchen eingesetzt. (dpa) anzeige ! !! #$' !" ('#' '$#' $''' ' #$$#' % # ##$$$ # ' 3598454-10-1 nach ebenfalls vergessen, ist die Tatsache, dass sie nicht nur verbal, sondern auch nonverbal kommunizieren. So habe der Satz „Mama ist müde“ noch eine zweite Bedeutungsebene. Sie lautet: „Ich kann jetzt nicht die volle Verantwortung übernehmen, weil ich müde bin.“ Kaum etwas fordert Eltern so wie zornige, schreiende Kinder. Ein neues Buch gibt Tipps für Extremsituationen. VON ANDREAS RENTSCH 3. Wut spielen, Wut weglachen: Gibt es einen spielerischen Umgang mit Wut? Ja, sagt die Familientherapeutin und verweist auf die Lust von Dreijährigen oder älteren Kindergartenkindern, sich in Rollenspielen auszuprobieren. Diese Fähigkeiten seien wichtig für den Umgang mit starken Gefühlen. „Wenn ein spielendes Kind die wütende Mama nachahmt, erfährt es, dass man Gefühle ,anschalten‘, aber auch wieder ,ausschalten‘ kann.“ Lachen ist ebenfalls eine gute Methode, der Wut die Nahrung zu nehmen. In dem Zusammenhang rät Gisela Storz betroffenen Eltern dazu, sich ein wenig selbst zu veralbern, den Clown zu spielen oder für eigene Schwächen lustige Bezeichnungen zu erfinden. Etwa so: „Ich habe heute wohl aus Versehen eine Ziegenpille geschluckt, deshalb muss ich so viel meckern.“ Hat sie sich weh getan? Nein, hat sie nicht. Sie will Gummibärchen. Aber Mama verweigert sie ihm. Deshalb schreit sie, wirft sich auf die Fliesen und wälzt sich umher, dass alle Erwachsenen an der Supermarkt-Kasse entsetzt zur Mutter schauen. Sie müssen ihre Vorwürfe gar nicht aussprechen. In ihren Gesichtern stehen sie deutlich geschrieben. Es gibt kein passenderes Szenario, mit dem die Familientherapeutin Gisela Storz in ihr Buch „Wut. Warum Kinder wild werden“ hätte einsteigen können. Situationen wie die in der „Quengelzone“ kennen fast alle Eltern. Dabei versucht sie jeder zu vermeiden. Doch mit den Jahren kommen weitere Formen des jugendlichen Zorns hinzu. Fragt sich, wie man damit umgehen sollte. Im Kapitel „Zauberbuch für Zornzwuckel“ hat Storz fünf Tipps für ratlose Erziehungsberechtigte parat. 1. Liebevoll und konsequent sein: Wenn Kinder einen Wunsch nicht erfüllt und deshalb einen Wutausbruch bekommen, sollten ihre Eltern die Beziehung nie in Frage stellen, mahnt Gisela Storz. „Die Zauberformel lautet: Ich sehe Dich, und Du bis gut.“ Im konkreten Falle hieße das also: „Ich verstehe, dass Du Süßigkeiten willst. Aber vor dem Essen gibt es keine.“ Wer so reagiert, riskiert zwar, dass das Kind erst einmal weiterbrüllt. Doch es merkt, dass an der Regel „Vor dem Essen nichts Süßes“ konsequent festgehalten wird. Gleichzeitig, so Storz, halte der Erwachsene an seiner Beziehung zum Kind fest. 2. Eigene Gefühle mitteilen: Wenn Kinder auf stur schalten, sind Jetzt hilft nur noch eins: ruhig Blut bewahren. Erwachsene schnell mit Vorwürfen zur Hand. Besser als „Du sollst“-, „Du hast“- oder „Du „bist“-Botschaften sei, die eigenen Gefühle in dieser Situation zu schildern, rät Storz. Richtig wäre daher „Ich bin enttäuscht...“, FOTO: DDP IMAGES „Ich bin sauer...“ oder „Ich bin traurig...“. Ein Kind könne seine Gefühle dagegen noch nicht benennen, geschweige denn kontrollieren. Es schreit sie einfach heraus. Was viele Eltern ihrer Meinung 4. Rituale finden und pflegen: Ein probates Mittel, um Wut-Attacken von vornherein zu vermeiden, sind eingeübte Rituale. Für Familien mit mehreren Kindern im Schulalter eigne sich die Familienkonferenz als Ort, wie sich Konflikte lösen lassen, sagt Storz. Sie empfiehlt, dabei in vier Schritten vorzugehen: 1. Probleme benennen, 2. Lösungen suchen und aufschreiben, 3. Lösung aussuchen und Art und Weise der Umsetzung definieren, 4. Vereinbaren, wann die Veränderungen überprüft werden. Auf diese Weise werden dann Streitthemen wie die Ordnung im Badezimmer oder der Fernsehkonsum geregelt. Je nach Alter sollten sich die Rituale ändern, empfiehlt Gisela Storz. Als wertvoll empfiehlt sie gemeinsame Brettspiele, Mittagsschlaf, Tobestunden, ein Lied zum Einschlafen Frau Müller muss bleiben Im Kino ist der Eltern-Aufstand gegen eine Lehrerin ein Hit. Doch der Alltag ist anders, zeigt eine Studie Im Kinofilm „Frau Müller muss weg“ zetteln Eltern gegen die Lehrerin ihrer Kinder eine Revolution an. „Erfreulicherweise fragen Eltern bei Lehrern aber häufig nach“, fasst die saarländische Familienministerin Monika Bachmann (CDU) das Ergebnis einer neuen Allensbach-Befragung von 1126 Eltern zusammen. Sieben von zehn Müttern und Vätern wenden sich mit Bildungsfragen vertrauensvoll an die Pädagogen ihrer Sprösslinge, und zwei Drittel (64 Prozent) sind mit den Ratschlä- I ch mag keine Floskeln. Sätze, bei denen man spürt: Dein Gegenüber sagt nicht mal ansatzweise die Wahrheit. Dieses Gefühl hatte ich auch bei der offiziellen Mitteilung des Sächsischen Lehrerverbandes und des Landeselternrates vergangene Woche. „Der Streik richtet sich nicht gegen Schüler und Eltern“, verkündeten die Vertreter. Was soll dieser Unsinn? Hält man uns Eltern für dumm? Zumindest verkauft man uns als solches, wenn Verbände so einen Unfug in die Welt hinausposaunen. Natürlich richtet sich ein Streik immer gegen die, die unmittelbar davon betroffen sind – ob bei der Bahn, der Müllabfuhr, an Flughäfen oder an den Schulen. Sonst wäre der Streik ja sinnlos. Wenn niemand Notiz davon nimmt oder nicht viele betroffen wären, brauchte man keinen Arbeitskampf. Warum kann man das nicht ehrlich sagen? gen am Ende auch zufrieden. 59 Prozent reden über die Förderung ihrer Kinder mit Pädagogen – und sogar 66 Prozent jener, deren Kind Probleme in der Schule hat. Zweitens: Erziehung wird immer schwerer, sagen 56 Prozent aller Eltern. In höheren sozialen Schichten meint das die Hälfte, in schwächeren gar 65 Prozent. Als leichter empfinden nur sechs Prozent ihren elterlichen Erziehungs-Job. „Seit Ende der 1960er-Jahre sind die Themen Selbstständigkeit, Selbstbestimmung, Autonomie der Kinder in den Vordergrund getreten“, erläutert Sabine Walper, die Forschungsdirektorin des Deutschen Jugendinstituts. Mit 77 Prozent findet sich dieses Erziehungsziel auch in der aktuellen Umfrage recht weit oben, jedoch klar hinter konservativeren Erwartungen wie Höflichkeit/gutes Benehmen (89 Prozent), Verantwortungsbewusstsein (85) und Ehrlichkeit (84). Um die Ansprüche der Eltern an die Lehrer auch wirklich erfüllen zu können, braucht die Schule Zeit-Ressourcen. „Elternarbeit erledigt sich nicht in der Fünfminuten-Pause, das müssen wir in den Arbeitsplan von Lehrkräften integrieren“, fordert Walper. Die Pädagogen wollten selbst für Elterngespräche besser gerüstet sein. „Wir tun gut daran, in diese Zusammenarbeit von Eltern und Schule zu investieren.“ Auch im Kino-Hit „Frau Müller muss weg“ kehrt übrigens am Ende die Harmonie zwischen Eltern und Lehrerin zurück: Frau Müller bleibt. (dpa) chene Kleine im Sandkasten kalt. Sie reagierte nicht. Nach dem vierten „Kommst duuuu biiitttte?“, hob das Mädchen endlich den Kopf und schüttelte ihn. Dann baute sie weiter ihren Sandkuchen. Statt klarer Worte der Mutter gab’s eine Frage, die das Mädchen mit Nein beantworte. Wischi-Waschi-Kommunikation. Also liebe Lehrerverbände, wenn ihr streikt, dann steht dazu – mit klaren Worten. „Wir streiken, das trifft Schüler und Eltern, aber anders können wir den Druck auf das Kultusministerium Dresden nicht erhö- hen.“ Das wäre eine klare und ehrliche Formulierung, bei der sich Eltern nicht veralbert vorkommen. Denn wir haben längst gelernt, mit den Streiks umzugehen. Sommer 2012 ging das neue Schuljahr mit Arbeitskampf und Stundenausfall los. März 2013 kam die nächste Runde. 2014 war es ruhig, und 2015 nun erneute Streiks. Natürlich hat das mit den klaren Worten auch seine Nachteile. Meine Söhne reagierten – vor Jahren – auf meine eindeutige Anweisung: „Bitte eure Zimmer aufräumen!“ mit den Worten: „Wir streiken auch mal!“ Ich seh‘ sie noch zusammen auf dem Sofa sitzen und feixen, weil sie sich über ihre Antwort diebisch freuten. Ich habe nur gesagt: „Prima Idee, ich mach mit!“ Wir saßen nicht sehr lang auf dem Sofa – beide gingen dann doch schnell ihre Zimmer aufräumen und ich habe den hungrigen Räubern Mittagessen gekocht. UNTER UNS Klare Worte GRIT STRIETZEL ÜBER FLOSKELN UND IHRE FOLGEN [email protected] Klare Worte – dazu habe ich meine Söhne immer animiert. Wer etwas möchte, soll das bitte auch so aussprechen. Ich erinnere mich an eine Szene auf dem Spielplatz, da waren beide noch klein. Ich saß da so am Rand in der Sonne und beobachtete das Gewusel im Sandkasten und auf dem Klettergerüst. Und ich hörte den Unsinn, den vornehmlich Frauen von sich geben, wenn sie ihren Kindern vermeintlich Anweisungen zurufen. Ein Vorfall ist mir im Gedächtnis geblieben: Kommst du bitte? Die Frage ihrer Mutter ließ die angespro- oder die „warme Dusche“: Damit ist gemeint, dass jedes Familienmitglied erzählt, was ihm an diesem Tag am besten gefallen oder Spaß gemacht hat. 5. Bewegen – oder nichts tun: Wie Bewegung und Wut zusammenhängen, lässt sich aus Sicht von Gisela Storz gut am Beispiel des bockenden Kinds vorm Süßigkeitenregal erklären. „Ein Kind, das strampelt und auf den Boden schlägt, hilft sich sozusagen selbst. Denn Bewegung ist Entladung, also Stressabbau.“ Die Idee, im Ernstfall einen „Wuttanz“ aufzuführen, ist demnach sinnvoll. Ebenso jede andere sportliche Aktivität. Durch das Training werden Endorphine ausgeschüttet, danach kehrt die Ausgeglichenheit zurück. Was aber, wenn die Wut immer mehr hochkocht, ohne dass eine Lösung greifbar ist? In solchen festgefahrenen Situationen könne es sinnvoll sein, „alle Schalter auf null zu stellen und einfach einen Schritt zurückzutreten“, schlägt Storz vor. „Nichts tun, still sein, schweigen.“ Vielleicht ist das die schwierige Übung überhaupt. Fazit: Wut hat viele Wurzeln. Eltern tun gut daran, sich mit diesem starken Gefühl zu beschäftigen – nicht nur bei ihren Kindern, sondern auch bei sich selbst. Gisela Storz bietet in ihrem Buch gute Denkanstöße dafür. Etwa den, dass Wut oder Zorn nicht tabuisiert werden dürfen. Die Wut muss raus, sie ist ein (Warn-)Signal und kann nicht immer unterdrückt werden. Manche Tipps im Buch klingen aber, als habe man sie schon mal woanders gelesen. Vielleicht bei Jesper Juul, den Storz auch zitiert? Europas vielleicht bekanntester Erziehungsexperte hat vor knapp zwei Jahren ein Buch über extreme Gefühlswallungen Heranwachsender veröffentlicht. Es heißt „Aggression. Warum sie für uns und unsere Kinder notwendig ist“. DAS BUCH Gisela Storz: Wut. Warum Kinder wild werden, Beltz Verlag, 135 S., 12,95 Euro. Weniger Psychopillen für Kinder Die Verordnungen bei ADHS sind strenger In Deutschland bekommen Kinder und Jugendliche mit ADHS weniger Psycho-Medikamente verschrieben, informiert die DAK. Von 2011 bis 2013 gingen die Verordnungen von Methylphenidat (Ritalin) bei Versicherten zwischen fünf und 14 Jahren um zehn Prozent zurück. Das zeigen aktuelle Arzneimitteldaten. Bundesweit litten nach Expertenschätzungen mehr als 325.000 Schüler unter ADHS. Methylphenidat ist für junge Patienten zugelassen, die unter einer Aufmerksamkeitsstörung und Hyperaktivität leiden. Besser bekannt ist das Medikament als Ritalin. 2013 hatten 2,5 Prozent aller DAK-versicherten Schüler zwischen fünf und 14 Jahren mindestens eine Verordnung für das Medikament, 2011 waren es noch 2,8 Prozent. Auch die Anzahl der Tagesdosen ging zurück. Im Durchschnitt bekam 2013 jeder Patient 195 Tagesdosen pro Jahr. „Für den deutlichen Rückgang sind vermutlich die neuen Arzneimittelrichtlinien verantwortlich“, sagte Jan Helfrich, Experte für ambulante Leistungen bei der DAK-Gesundheit. Seit 2010 gelten strengere Regeln bei der Verordnung der Psycho-Medikamente. Nur noch Spezialisten für Verhaltensstörungen bei Kindern und Jugendlichen dürfen sie verschreiben. (rnw)
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