23.03.2015 | von UWE SPILLE Verzweiflung in roten Bademänteln VS-Villingen – Ort der Handlung ist eine Suchtklinik auf einer Insel, die nur mit der Fähre zu erreichen ist. Die Patienten sind Frauen mit Problemen. Und eher unfreiwillig hier gelandet. Millan (Ulrike Riesterer) trinkt und ist medikamentenabhängig. Kim (Mira Krinner) ist jähzornig und neigt zu gewalttätigen Ausschreitungen ihren Mitmenschen gegenüber, Hanna (Sandra Sorgatz) hat versucht, sich mit Alkohol und Tabletten umzubringen. Lollo (Ulrike Dworschak) ist eine harmoniesüchtige Ex-Junkie, nur Viktoria (Katharina Werwein) scheint die einzig Normale zu sein, die sich freiwillig in die Hände der omnipräsenten Therapeutin Betty (Britta Dumke) und des dominanten Pflegers Bill (Egbert Lamprecht) begibt. Viktoria als Journalistin wittert die große Story in der Anstalt und gibt zumindest vor, zu recherchieren. Doch weit gefehlt, sie hat selbst massive Probleme, die nach und nach aufgedeckt werden. Therapeutin Betty, ehemals ein Star aus dem Filmgewerbe, findet ihre Erfüllung darin, anderen aus ihrer Sucht zu helfen. Mittels roter Bademäntel und vielen, vielen Gesprächen in der Gruppe, die an Zusammenkünfte von anonymen Alkoholikern erinnern. Wer in diesen Gesprächen endlich eingesteht, abhängig zu sein und seine „Geheimnisse“ öffentlich macht, darf den Bademantel ausziehen und seinen Neurosen im Freizeitdress frönen. Während dieser Sitzungen nun bekommt eine jede der neuen Frauen abwechselnd ein Kuscheltier in die Hand gedrückt und darf erzählen vom vielen Leiden im Leben. Millan ist die erste, nur ein wenig getrunken habe sie, verteidigt sie sich noch zu Anfang, doch Betty ist unerbittlich, ja, beim letzten Mal sei es eskaliert, erinnert sich Millan, da ging dann das Haus des Sohnes in Flammen auf. Oh Jammer, ich gestehe, viele Tränen in der gebrochenen Stimme. „Entspannt euch“, befiehlt die Therapeutin, die Frauen kommen im Kreis zusammen, psychedelische Musik, der Beamer zaubert ein Gesicht auf die Leinwand, von Feuerstürmen durchzuckt. Später darf Hanna durch das Fegefeuer der Beichte und ja, sie hat im Suff einen Menschen mit dem Auto getötet, mea culpa. „Entspannt euch“, Gruppenkuscheln. So eine therapeutische Arbeit ist auch für die strebsamste Therapeutin auf Dauer ermüdend, außerdem hat Betty noch private Verpflichtungen auf dem Festland, also übernimmt Pfleger Bill für einige Tage die therapeutische Begleitung der kranken Frauen. „Da wollen wir uns sammeln und fragen uns, warum wir eigentlich hier sind“, stellt Bill die interessante Frage in den Raum, Grund zum Heulen und Zähneklappern gibt es, das weiß der Zuschauer inzwischen, ja genug. Weil die weibliche Sexualität, zumindest im volltrunkenen Zustand, halt keine einfache Sache ist, wird ein Brief von Viktorias Ehegatten vor der ganzen Gruppe verlesen. „Betrunkene Frauen sind im Bett nicht lustig, Männer schlafen wenigstens gleich ein“: Oh, das sitzt, man bemüht sich, als Zuschauer nicht lautstark loszuprusten in das ebenso lautstarke Schluchzen und Eingestehen von alkoholbedingter sexueller Übergriffigkeit sowie Körperverletzung. Schließlich stellt sich heraus, dass auch Therapeutin Betty abhängig vom Alkohol ist und einen Rückfall erleidet, die Frauen erkennen endlich, dass sich konsequent der Wahrheit stellen allemal besser ist, als weiterhin im Rad der Süchte hängen zu bleiben. Oder gar zu sterben, was ja nicht so schön wäre - aber das drastische Ende aller Süchte ist.
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