Limmattaler Zeitung, vom: Sonntag, 29. März 2015

Der Sonntag, Nr. 13, 29. März 2015
SPORT 39
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Eine coole Chefin
Am Weltmeistertitel der Curlerinnen verblüffte vor allem die Abgeklärtheit von Skip Alina Pätz – ist sie immer so?
Die Urdorferin Alina Pätz hat
mit erst 25 Jahren als Teamleaderin den Weltmeistertitel
gewonnen. Weggefährten aus
dem Sport- und Privatleben
sind erstaunt und bestätigt
gleichermassen.
VON RAPHAEL BIERMAYR
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A
chtung, Verwechslungsgefahr! Wären die Brille weniger Hipster-mässig und die
Haare weniger blond, hätte
man denken können, man
hätte Mirjam Ott vor sich am TV. Doch es
war Alina Pätz, die nach dem gewonnenen Playoffspiel fast gelangweilt und mit
gleichmässiger Stimme ins Mikrofon
sprach. Die Coolness und der Fokus ist
ein Gesicht der 25-jährigen Limmattalerin. Das neckische Grinsen, das während
des Interviews ihre Lippen umspielte,
verriet das zweite.
Thomas Lips, Coach des Weltmeisterteams von 2012, als Pätz Ersatzspielerin war, hat sie während des Turniers in
Japan beobachtet: Er begleitete das deutsche Team in seiner aktuellen Funktion
als Bundestrainer. «Als sie merkte, dass
sie um Medaillen spielen, war es ihr irgendwie peinlich», hat er festgestellt, «sie
ist eine sehr bescheidene Person.»
Was ihre Einstellung zum Sport anbelangt, hält sich die Bescheidenheit in
Grenzen. Als sich das Team 2013 formierte, sammelte es den Input von Pätz hin auf
einer Crowdfunding-Plattform, um die
kostspielige Saison mitzufinanzieren und
um die Grundlage für die grossen Ziele zu
schaffen: «Unser Fernziel sind die Olympischen Spiele 2018. Um dieses Ziel zu erreichen, wollen wir die Nummer 1 im
Schweizer
Frauencurling
werden.»
7500 Franken waren das Ziel, 9140 Franken kamen zusammen. Zwei Jahre später
ist das Team Weltmeister. Dafür hat Pätz
auch neben dem Rink die Voraussetzungen geschaffen. Die gelernte Bankkauffrau mit Hochschulabschluss befindet
sich im zweiten Semester des Master-Studiums Spitzensport in Magglingen. Im
Sommer wird sie voraussichtlich in die
Spitzensport-RS einrücken. Und auch im
Liebesleben ist der Sport ein Thema: Sie ist
mit Sven Michel liiert, dem Europameister-Skip des Teams Adelboden von 2013.
Nicole Dünki trat nach dem ersten
Jahr des Teams aus beruflichen Gründen
aus der Equipe zurück. Sie spielte zuvor
schon für die Grasshoppers und Basel im
gleichen Team wie Alina Pätz, als jene
Alina Pätz und ihre Teamkolleginnen mit der WM-Goldmedaille nach ihrer Rückkehr aus Japan am Flughafen in Kloten.
noch nicht Skip war. Sie hat die Urdorferin als «einen absoluten Teamplayer»
kennen gelernt, die «nicht unbedingt
Skip sein muss, sie will einfach das Beste
für das Team.» Dünki hebt auch die private Seite ihrer ehemaligen Mitspielerin
hervor. Nach ihren Äusserungen kommt
man zum Schluss: Die Urdorferin ist eine
Stimmungskanone. Tanja Schärer kann
das bestätigen. Die Skiakrobatin hat einst
die Parallelklasse von Pätz besucht, sie
sind Nachbarn auf Sichtweite. Sie streicht
die positive und fröhliche Art ihrer
Freundin heraus, die sie während des
WM-Finals wiedererkannt habe. «Mit Alina hat man immer was zu lachen.» Schärer hofft, dass sie sich – wie schon letztes
Jahr – 2018 als Athleten an den nächsten
Olympischen Spielen begegnen werden.
DER CURLING-NATIONALCOACH Andreas
Schwaller aus Oberengstringen ist im Berufsleben Coach für Führungskräfte.
Pätz’ Leistung hat auch ihn fasziniert,
doch sie kommt nicht von ungefähr. «Ich
Eine starke Woche für die
Wasserballer von Dietikon
Der WSC Dietikon qualifiziert sich innert zweier Tage für den
Final des Regio-Cups und gibt die rote Laterne in der Liga ab
habe sie vor vier Jahren das erste Mal gesehen. Damals war sie eine noch jüngere
Frau, doch sie hatte schon da eine Menge
Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten.»
Thomas Lips beschreibt das folgendermassen: «Alina spielt enorm selbstsicher,
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keiten, sich zu hintersinnen. Das gibt es
bei Alina nicht. Sie verlässt sich auf ihr
Bauchgefühl.» Schwaller ist gegenwärtig
mit dem Männerteam an der WM in Halifax, das unter anderen auf die Italiener
trifft. Deren Nationaltrainer ist Claudio
Pescia, Mitglied im CC Limmattal wie
auch Alina Pätz. Auch er streicht ihre lockere Art heraus, die sie trotz der im Leistungssport gebotenen Seriosität an den
Tag legt. «Alina setzt voll auf das Curling,
sie trainiert sehr viel. Trotzdem spielt sie
immer mit Spass und hat die Gelassenheit, Fehler zu akzeptieren. Das ist im
Curling sehr selten geworden.»
aber niemals hochnäsig-arrogant. Sie
lässt einfach keinen Zweifel an ihrer Entscheidung offen.» Diese Selbstsicherheit
lässt sie Ruhe ausstrahlen. Schwaller sagt:
«Sie ist immer easy going. Als Spielerin
äussert sich das in ihrer Lockerheit gegenüber taktischen Entscheidungen. In
unserem Sport gibt es so viele Möglich-
SELBST AM EMPFANG am Flughafen in
Kloten wirkte Pätz cool, wenngleich da
auch die Müdigkeit aus ihrem Gesicht
sprach. Natürlich war auch ihr Bruder
Claudio da, auch er ist Spitzencurler.
Mit Adelboden wurde er vor zwei Jahren
Europameister, mit Genf WM-Bronzemedaillen-Gewinner
als
Ersatzspieler
(2014). Er habe «nie gedacht», dass er
«
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«Früher war sie
Fan von mir, jetzt
bin ich Fan von ihr.»
CLAUDIO PÄTZ, BRUDER UND SPITZENCURLER
Schelling gelingt
Auftakt in die WM
Die Schweizerinnen besiegen Deutschland mit 5:2
Erster Sieg im vierten Saisonspiel: Der
WSC Dietikon gewinnt gegen die WBA
Tristar mit 12:10 und übergibt die rote
Laterne und damit den letzten Platz in
der 1. Liga Ost den Ostschweizern. Dabei
waren diese gut gestartet, zuerst in Führung gegangen. Doch bis zum Ende des
ersten Abschnitts konnten die Dietiker
auf 4:4 ausgleichen. Als das Heimteam
kurz nach der Halbzeit auf 10:6 davonziehen konnte, deutete alles auf eine vermeintliche Vorentscheidung hin. Doch
das Tristar-Team sammelte sich nochmals und schaffte kurz vor der letzten
Pause nochmals den Anschluss.
Im letzten Abschnitt konzentrierten
sich die Dietiker auf die Verteidigungsarbeit und liessen kaum mehr gute
Chancen zu. Im Angriff agierten sie
nicht mehr mit der letzten Konsequenz
und schaukelten den Sieg über die Zeit.
BEREITS AM VORTAG hatten die Dietiker
Grund zum Jubeln gehabt: Sie besiegten
den WSC Kloten im Halbfinal des RegioCups auswärts mit 12:10 und qualifizierten sich wie bereits in der vergangenen
Saison für den Final. Die Partie gegen Kloten war aus Sicht des WSC Dietikon ein
Auf und Ab. Nach gutem Start brach das
Team etwas ein und musste dem Heimteam die Wende zugestehen. Mit Routinier Christian Fritschi liess sich zumindest
ein Dietiker nicht aus der Ruhe bringen.
Er brachte sein Team mit drei Treffern bis
zur letzten Pause zurück auf die Siegerstrasse. Zwei weitere Tore zu Beginn des
letzten Spielabschnitts sorgten dann für
die Vorentscheidung zugunsten der Gäste, die den Vorsprung ohne grössere Probleme bis zum Schluss verwalten konnten. Im Final trifft der WSC Dietikon auf
den Sieger der zweiten Halbfinalpaarung
zwischen dem SC Horgen III und der SM
Zürich. Fest steht allerdings bereits, dass
der Spielort den Dietikern bestens vertraut sein wird: Der Final findet im heimischen Fondli statt. (SON)
KEYSTONE
beim Anschauen des Finals von Alina so
nervös werden würde. Seine Schwester
habe er während des Turniers stets wiedererkannt. «Natürlich ist man zu Hause anders, aber als Spielerin war sie so
wie immer.» Für ihren aggressiven und
kompromisslosen Spielstil hat er eine interessante Erklärung: «Sie hat – auch wegen mir – eine Menge Männercurling geschaut, wo anders gespielt wird.» Dank
ihres Weltmeistertitels hat Alina Pätz ihren Bruder «überholt». Für Claudio ist
das kein Problem: «Früher war sie Fan
von mir, jetzt bin ich Fan von ihr», sagt
er lachend. Dass Claudio Pätz in der geschwisterlichen Hierarchie nur die
Nummer 2 ist, ist überdies nichts Neues:
Schon im Golf hat seine Schwester ihn
einst ausgestochen. Mit ihrem bewährten Erfolgsrezept aus Lockerheit und einem Ehrgeiz, für den nur das Beste gut
genug ist. Ob in der Welt, oder daheim.
Sehen Sie online die Highlights
des WM-Finals im Video.
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FUSSBALL
1. Liga. Gruppe 3. Gestern: Wettswil-Bonstetten - Winterthur
U21 2:1. Grasshoppers U21 - Mendrisio 1:2. Gossau - Muri 3:0.
Seuzach - Baden 3:3. – Heute: Thalwil - Dietikon (14.30). Team
Ticino U21 - Taverne (16.00).
Frauen. NLB. Gestern: Thun - Chênois 1:0. Aarau - Schwyz 5:0.
Gambarogno - Kirchberg 2:3. Worb - Schlieren 1:1. Lugano - Derendingen 0:3.
HANDBALL
Frauen. 2. Liga. Zürich. Letzte Runde. Gestern: Meilen/Stäfa Schlieren 24:14. – Schlussrangliste (alle 18 Spiele): 1. Dietikon-Urdorf 33. 2. Unterland 24. 3. Rümlang-Oberglatt 24. 4. Uznach 21. 5. Volketswil/Dübendorf 20. 6. Zürisee 19. 7. Albis Foxes/GC Amicitia 14. 8. Meilen/Stäfa 12. 9. Unterstrass 10. 10.
Schlieren 3.
VON ROLF BICHSEL
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Das Eishockey-Nationalteam der Frauen
glänzte im ersten Pflichtspiel seit dem
sensationellen Bronzemedaillengewinn
an den Olympischen Winterspielen in
Sotschi im vergangenen Jahr. Die Schweizerinnen besiegten an der WM in Malmö
Deutschland mit 5:2.
Spielerinnen, die schon in Sotschi geglänzt hatten, führten die Schweiz zum
Startsieg an der WM. Die Limmattaler Torhüterin Florence Schelling parierte 28 von
30 Schüssen. Die Oberengstringerin musste sich nur zweimal bezwingen lassen. Die
Aargauerin Stefanie Marty erzielte zwei
Tore (1:0 und 4:1). Ausserdem trafen Stefanies Zwillingsschwester Julia Marty (2:1)
und Phoebe Stänz (3:1). Die drei Goals vom
1:1 zum 4:1 erzielten die Schweizerinnen
innerhalb von zwölf Minuten alle in Überzahl. Aus fünf Powerplay-Chancen skorte
das Team von Gian-Marco Crameri drei
WASSERBALL
1. Liga. Ost. Am Donnerstag: Schaffhausen III - Frauenfeld 7:8.
Dietikon - Tristar 12:10. – Rangliste: 1. Dornbirn 6/9. 2. Schaffhausen III 4/5. 3. Frauenfeld 2/4. 4. Dietikon 4/2. 5. Tristar 4/0.
Florence Schelling.
KEYSTONE
Treffer. Den Schlusspunkt setzte Lara Stalder 26 Sekunden vor Schluss mit einem
Schuss ins leere Tor (5:2). Im zweiten WMSpiel treffen die Schweizerinnen am
Sonntagmittag auf Schweden. Die Schwedinnen unterlagen zum WM-Auftakt den
Japanerinnen mit 3:4 nach Penaltyschiessen. Die besten zwei Teams dieser Vierergruppe erreichen die Viertelfinals vom
nächsten Mittwoch.
Dietikon – Tristar 12:10 (4:4/5:2/2:3/1:1)
Dietikon: Oliver Hofstetter, Andrea Audiberti, Stefan Herde (2),
Theo Karastergios (4), Giacomo Tasso, Simon Steinemann (2),
Manuel De Gregorio, Christian Fritschi, Roberto Barbieri, Mathias Jocham, Benedikt Schenker, Patrick Siegfried (4).
Regio Cup. Ost. Halbfinals. Am Mittwoch: Kloten - Dietikon
10:12. Morgen: Zürich - Horgen III (21.15).
Kloten - Dietikon 10:12
Dietikon: Oliver Hofstetter, Andrea Audiberti, Stefan Sauter (1),
Ratko Rapaic, Theo Karastergios (1), Giacomo Tasso, Simon
Steinemann (3), Manuel De Gregorio, Christian Fritschi (5), Roberto Barbieri (1), Mathias Jocham, Benedikt Schenker, Patrick
Siegfried (1).