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Kreis und Region
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SÜDKURIER NR. 72 | V
F R E I TA G , 2 7 . M Ä R Z 2 015
www.suedkurier.de/schwarzwald-baar
Hier schöpft die
Seele wieder Kraft
Leser besuchen
das Klinikum
➤ Diese Serie: Das neue Schwarzwald-Baar-Klinikum ist nun rund anderthalb Jahre in Betrieb. Die Investition
von 280 Millionen Euro in das große
medizinische
Zentrum ist die
Unser
größte EinzelSchwarzwald-Baarbaumaßnahme
der Region, die
jemals getätigt
wurde. Wie aber
bewährt sich
das Haus im
Alltagsbetrieb?
Was haben die
Bürger tatsäch- SÜDKURIER
lich von dieser
Groß-Investition? Und wie funktionieren
die Abläufe in den einzelnen Fachabteilungen beim größten Arbeitgeber im
Schwarzwald-Baar-Kreis mit seinen
rund 2700 Mitarbeitern? Diese Fragen
beantworten wir in unserer großen
Serie „Unser Schwarzwald-Baar-Klinikum“, Abteilung für Abteilung.
➤ Leser-Visite: Leser dieser Zeitung
erhalten die Möglichkeit, einen exklusiven Platz für einen Besuch in einer
Abteilung des Klinikums zu erhalten.
Die Chefärzte führen dabei die SÜDKURIER-Leser durch ihre jeweilige Abteilung, zeigen die Besonderheiten,
erklären die Herausforderungen im
täglichen Betrieb und welche Leistungen jeweils erbracht werden. Die
Leser haben zudem Gelegenheit, sich
ihre Fragen persönlich vom Verantwortlichen im Rahmen des Besuchs beantworten zu lassen. Dabei kann es
sowohl um medizinische Themen wie
auch um Fragen zur Organisationsstruktur oder zu den jeweiligen, sehr
spezifischen Bereichen der Gesundheitsvorsorge gehen – eine einmalige
Gelegenheit, Medizin-Profis um ihre
Ansichten zu bitten.
➤ Heute: Die Klinik für Psychotherapeutische Medizin
Klinikum
In der Gestaltungstherapie können sich die Patienten kreativ ausdrücken. Beim Malen beispielsweise können die Patienten ihre Seele durch Bilder sprechen lassen. Chefarzt Armando Diaz
Mendez (rechts) zeigt den Besuchern bei der SÜDKURIER-Leservisite ein Beispiel. B I L D E R : R O L A N D S P R I C H
➤ Exklusive Führung
für SÜDKURIER-Leser
➤ Psychotherapeuten helfen
Patienten in Teamarbeit
VON ROLAND SPRICH
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„Es war mir völlig neu,
dass es hier im Klinikum
so eine Einrichtung gibt.
Die Therapiemöglichkeiten in der Klinik finde
ich sehr gut.“
Ursula Hofsaess,
Villingen-Schwenningen
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„Über psychische Erkrankungen zu sprechen
ist immer noch ein Tabuthema – obwohl immer mehr Menschen
psychisch erkranken.“
Rita Gilli,
Geisingen
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Schwarzwald-Baar – Der Unterschied
zwischen der Klinik für Psychotherapeutische Medizin und den übrigen
medizinischen
Abteilungen
des
Schwarzwald-Baar-Klinikums
wird
den Teilnehmern der exklusiven SÜDKURIER-Leservisite gleich zu Beginn
deutlich: Armando Diaz Mendez heißt
die Besucher nicht in einem erkennbar
medizinischen Umfeld willkommen sondern in einem Stuhlkreis. „So finden
auch die Gruppengespräche für unsere
Patienten statt“, sagt der Direktor der
Klinik. Und noch ein Unterschied ist zu
bemerken: Weder Diaz Mendez noch
die übrigen Mitarbeiter dieser Fachabteilung tragen weiße Kittel. So soll die
Barriere, die viele Patienten zu Beginn
ihrer Therapie gegenüber dem Klinikaufenthalt empfinden, schon äußerlich
möglichst niedrig bleiben.
In der wörtlich zu nehmenden Gesprächsrunde vermittelt Klinikleiter Diaz Mendez einen Einblick in die Rehabilitation der psychischen Gesundheit. Er
und Stationsleiterin Ingrid Hellmann
erläutern das Konzept der Klinik und
führen dann die Besucher durch die
Therapieeinrichtung am Standort Donaueschingen.
Der Klinik-Direktor erklärt den Besu-
Chefarzt Armando Diaz Mendez (rechts)
erläutert bei der Leservisite im Körpertherapieraum, wie die Patienten hier wieder
lernen, ihren eigenen Körper zu erfahren.
Ursula Hofsaess (von links), Hildegard
Moser, Rita Gilli und Wolfgang Nichtern
hören interessiert zu.
chern, dass beispielsweise eine psychosomatische Erkrankung die unterschiedlichsten Auslöser haben kann,
die auch weit zurück in der Vergangenheit liegen können. So seien Erlebnisse
in der Kindheit ebenso als Ursachen bekannt wie schwere körperliche Krankheiten (etwa Herzinfarkt oder Krebs),
die bei manchen Patienten eine Depression nach sich ziehen können. Vielfältig sind aber auch die Therapiewege:
Diaz Mendez macht deutlich, dass eine
ganze Reihe von Fachleuten an der Behandlung beteiligt ist. „Nicht ein einzelner Therapeut macht die Behandlung,
sondern ein ganzes Therapeutenteam.“ Dazu zählen neben Psychologen auch Körper- und Gestaltungstherapeuten. Auch das Pflegepersonal ist
mit eingebunden.
Zwischen sechs und acht Wochen
dauert die stationäre Therapie, erfahren die Besucher. Anschließend emp-
fehle es sich, die Therapie ambulant
fortzusetzen. Hier haken die Besucher
nach. „Es ist schwer, einen freien Platz
zu bekommen“, berichten manche der
Leservisite-Teilnehmer. Diaz Mendez
bestätigt: „Dabei gibt es in Süddeutschland die höchste Therapeutendichte.“
Die Wartezeit für einen Therapieplatz
soll so kurz wie möglich gehalten sein.
„Wir haben eine kurze Wartezeit von
zwei bis vier Wochen.“
Beim Rundgang durch die Abteilung
wird streng darauf geachtet, dass die
Anonymität der Patienten gewahrt
bleibt. Dennoch können die Leser die
Angebote kennenlernen: Einzel- und
Gruppentherapien, Körper- und Gestaltungstherapien und vieles mehr.
„In der Körpertherapie lernen die Patienten, sich und ihren Körper wieder
zu spüren und zu erleben“, sagt Stationsleiterin Ingrid Hellmann. In der Gestaltungstherapie arbeiten die Patienten mit verschiedenen Materialien wie
Holz, Speckstein, Ton. Oder sie versuchen, ihre Erlebnisse beim Malen zu
verarbeiten. „Dabei kommt es nicht darauf an, ob jemand malen kann. Sondern wie der Patient die Welt wieder
wahrnimmt“, so Diaz Mendez.
Auch die gemeinsamen Zeiten zum
Mittag- und Abendessen sind Teil der
Therapie. „Manche Patienten müssen
erst wieder lernen, unter Leute zu gehen“, sagt Hellmann. Da in der Psychotherapeutischen Klinik auch Patienten
mit Essstörungen – sowohl Ess- als auch
Magersucht – therapiert werden, gibt es
eine kleine Küche. Hier lernen sie, in gesunden Portionsgrößen zu kochen.
Psychotherapie
auf vielen Ebenen
➤ Die Psychotherapeutische Klinik des
Schwarzwald-Baar-Klinikums hat
Platz für 24 Patienten. Die Auslastung
liegt bei 90 Prozent. Die Patienten
sind in Zweibettzimmern untergebracht, für Mütter mit Kind stehen
zwei Einzelzimmer zur Verfügung.
➤ Standort: Bis zur Schließung des
Krankenhauses 2013 war die Abteilung im Krankenhaus in St. Georgen
untergebracht. Um die Patienten am
jetzigen Standort in Donaueschingen
möglichst wenig Krankenhausatmosphäre spüren zu lassen, heben sich
Flure, Patientenzimmer und Therapieräume vom Klinikstandard ab.
Zudem tragen medizinisches und
Pflegepersonal keine weiße Kleidung.
➤ Therapieansätze: Das medizinische,
Pflege-, psychologische und therapeutische Team um Chefarzt Armando Diaz Mendez berücksichtigt bei
jedem einzelnen Patienten biopsychosoziale Aspekte. Das bedeutet:
Zum Verständnis des jeweiligen
Krankheitsbildes werden sowohl die
biologischen als auch psychischen
und sozialen Belastungsfaktoren des
Patienten mit einbezogen. Zur Behandlung können die Fachleute auf
eine ganze Reihe von Ansätzen zurückgreifen – von Einzel- und Gruppentherapien bis hin zu Körper- und
Gestaltungstherapien. (spr)
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Tipps der AOK: Richtige Balance im Leben macht stark
Heiner Hebling (Bild
rechts), Diplom-Sozialarbeiter und Diplom-Pädagoge bei der AOK Schwarzwald-Baar-Heuberg, über
das Wahren des seelischen Gleichgewichts
Kann man sich psychische
Stärke antrainieren?
Ja, schon. Es gibt Schutzfaktoren wie soziale Kontakte oder
Achtsamkeit gegenüber sich
und seiner Umwelt. Diese können gezielt gestärkt werden.
Ähnlich wie bei der körperlichen Fitness ist das regelmäßige Training ganz wichtig: Sei es
Achtsamkeit,
Selbstachtung, die Pflege
sozialer
Beziehungen
oder das Verwirklichen eigener Werte
im Alltag.
Warum sind psychische Krankheiten auf dem Vormarsch?
Das hat sicherlich vielerlei
Gründe. Die Welt dreht sich für
viele gefühlt viel schneller. Früher hat man zum Beispiel eine
Nachricht mit dem Brief versandt. Bis eine Antwort kam,
vergingen ein paar Tage. Heute
ist durch die ständige elektronische Erreichbarkeit die Er-
wartung einer sofortigen Antwort sehr hoch. Das setzt einen
unter Druck. Das ist ein Beispiel dafür, dass wir uns von äußeren Einflüssen gesteuert
fühlen. Dieses stresst auf die
Dauer. Heute nehmen sich Betroffene eher ernst als früher
und suchen in der Not einen
Psychologen auf, um sich Hilfe
von außen zu suchen.
Man kann sich dem Stress doch
nicht einfach entziehen?
Nein, aber man kann sich in
Achtsamkeit üben. Viele wissenschaftliche Studien belegen, dass sich Achtsamkeit als
zentraler Schutzfaktor für die
psychische Gesundheit herausgestellt hat. Menschen, die
in der Gegenwart verankert
sind, weniger grübeln oder sich
Sorgen über Bevorstehendes
machen, sind weniger stressanfällig.
Was schützt gegen stressbedingte Erkrankungen?
Gut geschützt sind Menschen,
die sich mit Selbstachtung und
Selbstfürsorge begegnen, ihre
Werte im täglichen Leben umsetzen und ihr soziales Netz
pflegen. Wichtig ist auch die eigenen
Belastungsgrenzen
rechtzeitig zu erkennen und für
einen Ausgleich zu sorgen. Die
AOK bietet dazu „Lebe Balance-Seminare“ an. Dort lernt
man, wie sich diese Schutzfaktoren stärken lassen.
Und wenn jemand bereits
erkrankt ist?
Lebe Balance ist ein Präventionsprogramm und nur für psychisch gesunde Menschen geeignet. Wenn man erkrankt ist,
erfahren unsere Versicherten
besondere Unterstützung über
das AOK-Facharzt-Programm.
Die teilnehmenden Fachärzte
für Psychiatrie und Neurologie
und Psychotherapeuten erhalten mehr Zeit für eine schnelle
und flexible Versorgung ihrer
Patienten. Um die Wartezeiten
zu reduzieren, entfällt beispielsweise das aufwendige
Gutachterverfahren, außer bei
der Psychoanalyse. Therapieformen, die weniger Zeit beanspruchen und hocheffektiv
Habe ich den richtigen Blick für
mich? Die AOK bietet ein spezielles
Facharztprogramm für psychisch
Erkrankte an. B I L D E R : A O K
sind, werden gezielt gefördert.
Davon profitieren die Patienten, weil mehr Behandlungskapazität geschaffen wird. Außerdem werden unnötige
Krankenhauseinweisungen
durch eine genauere Diagnostik widersprüchlicher Therapievorschläge verhindert.
Informationen im Internet:
www.aok-bw.de/sbh