«S`hätt, solang`s hätt»

EB Zürich
EssKultur
Kultur
Kult
11.4.2015
«S’hätt, solang’s hätt»
Der Schweizer Beitrag an die Expo 2015 in Mailand
malig mit Lebensmitteln gefüllt. Die
Besucher können dann nach dem Motto
«s’hätt, solang’s hätt» bei Wasser, Salz,
Kaffee und Apfelringen zugreifen. Mit
der riesigen Installation wollen die Verantwortlichen das Konsumverhalten
thematisieren, denn wenn sich die ersten
Besucher zu ausgiebig bedienen, bleibt
für die folgenden nichts mehr. Gut möglich, dass man also schon im Sommer
vor leeren Silos steht.
Italienischer Pavillon auf der Expo 2015 © Nemesi & Partners
Sibylle Zambon
Mailand steht seit Jahrzehnten für
Mode und Möbel. Von hier erobern
Trends die ganze Welt. Dieses Jahr
aber überstrahlt ein anderes Thema
die Hauptstadt der Fashionisti: die
Ernährung.
Am 1. Mai öffnet im Messegelände in
Rho die Expo ihre Tore. Wo früher einmal Öl raffiniert wurde, heisst das Thema nun für sechs Monate: Den Planeten
ernähren. Energie für das Leben. Nicht
zum ersten Mal ist Ernährung Thema
einer Weltausstellung. Indirekt war sie
es in Lissabon 1998, als es um die Ozeane und ihr Erbe für die Zukunft ging.
2008 in Saragossa galt die Aufmerksamkeit dem Wasser und der nachhaltigen
Entwicklung. Doch dieses Jahr wird das
Thema unter Aspekten wie Nachhaltigkeit, Ökonomie oder Innovation angegangen. Neben Länder-Pavillons gibt es
Ausstellungen zu Schwerpunkten wie
Kakao, Kaffee, Früchten und Gemüsen
oder – ganz italienisch – zur mediterranbiologischen Küche. Die bereits aufgeschaltete Online-Zeitung zeigt zudem,
dass sich die Gastgeber nichts vergeben
wollen: Mit Themen zu Lifestyle, Esskultur und Geschmack, wo Italianità
vorherrscht, bewegen sie sich auf sicherem Terrain. Das Online-Magazin ist
übrigens auch auf Englisch abrufbar,
während auf der offiziellen Website der
entsprechende Button noch nicht funktioniert.
Schweizer Beitrag
Die Schweiz hat noch nie eine Weltausstellung durchgeführt. Doch nie lag sie
so nah wie in diesem Jahr in Mailand.
So war es für die Schweizer Regierung
wichtig, sich auch entsprechend zu positionieren. Sie tut dies mit einem Projekt
der Architekturgruppe netwerch, das
2012 einen Ideen-Wettbewerb gewann.
Unter dem Titel Confooderatio Helvetica präsentiert es einen Pavillon mit vier
zwölf Meter hohen Silotürmen. Diese
werden zu Beginn der Ausstellung ein-
Nachrichten aus der Welt der Ernährung
Kaffeegenuss reduziert Risiko für MS
Positive Nachrichten für Kaffeetrinker:
Moderater Kaffeekonsum kann gegen
Multiple Sklerose (MS) schützen. Dies
berichteten Forscher auf dem 67. Jahrestreffen der American Academy of
Neurology in Washington, DC.
Nichtkaffeetrinker entwickeln gemäss Studien in den USA und in Schweden die chronisch-entzündliche Krankheit anderthalbmal häufiger als
Personen, die mindestens vier Tassen
Kaffee am Tag geniessen. Damit verdichten sich Hinweise auf den gesundheitlichen Nutzen von Kaffee. (esk)
7. April Weltgesundheitstag
Jährlich sterben 2 Millionen Menschen
an den Folgen von Infektionen, verursacht durch Lebensmittel und unreines
Wasser, so die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Sie widmete den Weltgesundheitstag am 7. April der Lebensmittelsicherheit. Konsumentinnen können
mit einfachen Hygieneregeln Krankheiten vermeiden: «Halte Sauberkeit, trenne rohe und gekochte Lebensmittel, erhitze Lebensmittel gründlich, lagere
Lebensmittel bei sicheren Temperaturen, verwende sicheres Wasser und unbehandelte Zutaten!» (als)
Kritik an Nestlé
Die grossen Food-Silos sind nicht unumstritten. Im Zusammenhang mit ihrer
Bespielung ist Kritik am Sponsoring
laut geworden. Das Projekt kostet den
Bund rund 23 Millionen Franken. Acht
Millionen sind durch Sponsoren gedeckt. Nestlé ist als sogenannter PlatinPartner mit einer finanziellen Beteiligung von drei Millionen Franken
prominent vertreten. Die Firma füllt eines der Silos mit ihrem Nescafé. Sie
zeichnet zudem verantwortlich für eine
gross angelegte Ausstellung zur Forschungsgeschichte. Die Ausstellung soll
laut Johannes le Coutre vom Nestlé Research Center aufzeigen, «wie wir durch
Wissenschaft und Ernährung Einfluss
auf den Gesundheitszustand der Bevölkerung haben». Tina Goethe von «Brot
für alle» meint dagegen, es werde der
Eindruck erweckt, die grossen Konzerne ernährten den Planeten.
Offiziell möchte die Schweiz mit
dem Pavillon die bilateralen Beziehungen stärken, heisst es in einer Mitteilung
des Bundesrates. Zudem solle das Image
der Schweiz in Italien aufgebessert werden. Offen bleibt, ob sich die italienischen Nachbarn von abgepacktem Food
beeindrucken lassen. Einen Beitrag zum
erklärten Ziel könnten da schon eher die
einzelnen beteiligten Kantone wie Zürich, Basel und Genf oder die GotthardKantone mit ihren kulinarischen Spezialitäten leisten.
Zahlen und Fakten zur Welt­
ausstellung
Die erste Weltausstellung fand 1851
in London statt. Sie war eine Leistungsschau des Britischen Empires
und zog 6 Mio. Besucher an. Seither
finden die Ausstellungen weltweit in
unregelmässigen Abständen statt.
Die Expo Milano ist die 102. Weltausstellung, die als solche anerkannt
wird. Sie wurde auf einem ehemaligen Industriegelände in Rho im Norden der Stadt errichtet. Die Ausstellungsfläche beträgt 200 ha. Die
Schau, an der 143 Länder teilnehmen, soll laut den Organisatoren
94% der Weltbevölkerung offiziell
vertreten. 22 Mio. Besucher werden
erwartet. Damit liegt die Mailänder
Expo im oberen Mittelfeld.
Editorial
Eveline Schneider Kayasseh, Karin
Engelkamp, Ana Lilia Schmid
Von Mehlwürmern und Tiefkühl­
erbsen
«Man isst, um zu leben» (Molière, Der
Geizhals). Diesem schlichten, aber
durchaus essentiellen Umstand widmet
sich die Weltausstellung, die in diesem
Jahr in Mailand stattfindet. Die Expo
2015 soll aber keine Werbeveranstaltung für die Lebensmittelindustrie werden, sondern ein offenes Gefäss für Dialog und Diskussion. Unter dem Titel
«Feeding the Planet, Energy for life»
(Den Planeten ernähren, Energie fürs
Leben) knüpft sie an die Expo 2008 in
Saragossa an, die «Wasser und nachthaltige Entwicklung» zum Thema hatte.
Sicher ist: Es wird ein spannendes Jahr
in Mailand.
Wer kennt ihn nicht, den beiläufigen
Griff in die Tiefkühltruhe? Ohne eine
Erfindung vor 85 Jahren würde unsere
Hand ins Leere greifen. 1924 entwickelte der US-Amerikaner Clarence Birdseye eine Gefriermaschine, die das Zeitalter der Tiefkühlkost einläutete. Heute
ist diese ein Milliardengeschäft und
Tiefkühlkost in unserer Esskultur fest
verankert. Essen aus dem Drucker: Utopie oder Zukunftsmusik? Weltweit tüfteln Forscher an der Herstellung von
Lebensmitteln mit dem 3D-Drucker.
Noch steckt die Technologie in den Kinderschuhen. Unter anderem verspricht
sie Menschen den Genuss ihrer Lieblingsspeisen bis ins hohe Alter. In puncto Ernährungsszenarien der Zukunft befasst sich der Bund gegenwärtig mit
dem Thema «Verzehr von Insekten»; die
FAO propagiert deren Vorzüge. Private
dürfen sich bislang zwar ungestraft einen «Insektenburger» zubereiten, zum
Verzehr verkauft werden dürfen die
Krabbeltiere nicht. Der Bundesrat beabsichtigt, Insekten als Lebensmittel auf
dem Markt zuzulassen. Wem schon
beim Gedanken an das Krabbeln im
Kochtopf schlecht wird, sei die Einkehr
in ein griechisches Restaurant empfohlen. Mögen Sie gebratene Auberginen,
würzigen Schafskäse oder lieber gebratenes Schweinefleisch? Die griechische
Küche hat für jede Vorliebe einen Gaumengenuss in petto. Paulos Gigodas
führt in der Schweiz ein griechisches
Restaurant und verwöhnt seine Gäste
mit kulinarischen Köstlichkeiten aus
seinem Heimatland. Stetig wachsende
Gästezahlen bestätigen die Beliebtheit
der mediterranen Küche auch in nördlicheren Breitengraden wie den unsrigen.
Impressum
Redaktion: Karin Engelkamp, Ana
Lilia Schmid, Eveline Schneider
­Kayasseh, Sibylle Zambon
Layout: Erika Zimmermann
Kursleitung: Nikolaus Stähelin
(Journalismus)
«Schnipo» aus Mehlwürmern
und grüne Erbsen aus dem Drucker
Neue Tendenzen in der Ernährung
Ana Lilia Schmid
Lauter Vorzüge
Was macht Insekten so interessant? Die
FAO liefert Fakten: Insekten sind allgegenwärtig, vermehren sich schnell, liefern hochwertige Proteine und sind weniger fetthaltig als Vieh. Um ein Kilo
Körpermasse zu produzieren, benötigen
Insekten ein Kilo Nahrung. Vieh benötigt hingegen im Durchschnitt acht Kilo
Nahrung für ein Kilo Fleisch. Dadurch
haben Insekten einen viel geringeren
CO2-Ausstoss. Zudem können sie sich
aus biologischem Abfall ernähren und
benötigen weniger Platz.
Man kann Insekten auf verschiedene
Arten konsumieren: ganz oder als Pulver oder Paste anderen Lebensmitteln
hinzugefügt.
Die Anzahl Menschen und Tiere, die
ernährt werden müssen, wächst ra­
sant. Heute leben 6.5 Milliarden Men­
schen auf unserem Planeten. 2050
werden es schon 9 Milliarden sein, so
die Welternährungsorganisation der
Vereinten Nationen (FAO). Doch die
für die Produktion von Lebensmitteln
nutzbare Fläche bleibt gleich. Auf der
anderen Seite werden dank medizini­
scher Errungenschaften viele Men­
schen älter. Neue Lebensmittelres­
sourcen und -technologien sind
gefragt.
Meeresfrüchte und «andere» Enger­
linge
Mögen Sie Paella? Oder kommt das Ihnen zu spanisch vor? Die darin enthaltenen Meeresfrüchte sind nicht jedermanns Sache. Ältere Schweizer
diffamieren nicht selten die Gambas und
Krevetten als Engerlinge. Doch die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen hält Insekten für eine vielversprechende
Quelle von Proteinen. Bald könnten
Würmer und andere essbare Insekten
auch auf Schweizer Tellern landen. Im
Laufe von 2016 beabsichtigt der Bundesrat die Möglichkeit zu schaffen, Insekten als Lebensmittel zu vermarkten.
Noch sind Experten an der Arbeit.
«Auch bei Insekten muss abgeklärt werden, ob sie sicher sind oder nicht», so
Stefan Kunfermann, Mediensprecher
des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit (BLV).
Die Entomophagie – der Verzehr von
Insekten durch den Menschen – ist nicht
neu. Seit jeher bilden Insekten einen fixen Bestandteil der Diät von lateinamerikanischen, afrikanischen und asiati-
Und wie sieht es mit geeignetem Essen
für ältere Menschen aus?
Paella mit Meeresfrüchten schen Völkern. Insekten werden in
diesen Erdteilen nicht nur als Mittel gegen den Hunger konsumiert. Gewisse
Sorten werden sehr teuer verkauft. So
gelten zum Beispiel in Mexiko die Kakteenwürmer zur Regenzeit als eine Delikatesse.
Frittiert und «natur» oder mit einer
scharfen Chili-Sauce werden die «Gusanos de Maguey» pur oder in einer Tortilla gegessen. Auch Körbe voller Heuschrecken werden in Mexiko angeboten.
Sie werden von den Einheimischen gesammelt wie die Pilze bei uns. Wer in
den Ferien über den Markt in der Touristenstadt Oaxaca spaziert, wird dazu eingeladen, Heuschrecken zu degustieren.
Der hochprozentige «Mezcal» wird mit
einem «Gusano» und einem Säckchen
«Gusanosalz» angepriesen.
Foto: Ana Lilia Schmid
Der Vormarsch der Insekten
Inzwischen werden auch in westlichen
Ländern Recherche-Projekte mit Insekten durchgeführt. Die Medien berichten
über deren Vorzüge, innovative Chefs in
Berlin, Brüssel oder London wagen sich
an edle Rezepte: Salat mit Balsamico
auf einem Bett von Mehlwürmern oder
Heuschrecken im Schokoladenmantel.
Der belgische Pavillon an der «Expo
2015» in Mailand präsentiert Insekten
als eine echte Alternative zu herkömmlichen Lebensmitteln. In der Schweiz
haben bereits drei junge Wissenschaftler
den Start-Up «Essento» gegründet, der
das Potential von Insekten als nachhaltige Proteinquelle erkannt hat und fördern
möchte. Die Lebensmittelindustrie
schaut aufmerksam darauf.
Die Digitalisierung eilt zu Hilfe:
­Erbsen aus dem 3D-Drucker
Es hört sich immer noch nach Science
Fiction an: Autos, Ersatzteile und
menschliche Organe werden heute mit
3D-Druckern hergestellt. Und auch Lebensmittel. Die EU fördert seit 2012 ein
Projekt mit dem Namen «Performance».
Das heisst «PERsonalised FOod using
Rapid MAnufacturing for the Nutrition
of Elderly ConsumErs». Senioren und
Patienten, die Schwierigkeiten haben
mit dem Schlucken, könnten ihre Lieblingsmahlzeiten in einer für sie geeigneten Konsistenz erhalten. So werden zum
Beispiel Erbsen püriert, angereichert
und mit Gelatine vermischt. Diese Paste
wird anschliessend in den 3D-Drucker
eingefüllt. So «gedruckt», entstehen
neue weiche grüne Erbsen.
Die Zukunft kann beginnen.
Eiskalter Erfinder: Clarence Birdseye
Eveline Schneider Kayasseh
Ohne ihn würden wir anders kochen
und leben: Clarence Birdseye. Vor 85
Jahren brachte der amerikanische
Erfinder und Naturforscher die erste
Tiefkühlkost in die Läden.
Ein Fisch wirbelt durch die Luft und
landet auf dem knallharten arktischen
Eis Kanadas. In der bitteren, windgepeitschten Kälte friert der Fang in kürzester Zeit – und schmeckt nach dem
Auftauen wie frisch aus dem Wasser.
Für die Inuit eine alltägliche BegebenClarence Birdseye
©H. Mitchell, Courtesy of Lemelson-MT Awards
Program Clarence Birdseye (1886-1956)
heit. Für Clarence Birdseye birgt sie das
Potential, die Welt der Ernährung radikal zu verändern.
Birdseye, zwischen 1912 und 1915
als Pelzhändler, Jäger und Naturforscher
in der kanadischen Wildnis unterwegs,
steckt sich ein ambitioniertes Ziel: Lebensmittel durch Tiefgefrieren haltbar
zu machen. Zurück in den USA tüftelt er
an Gefriertechniken. 1922 gründet Birds­
eye in New York seine erste Firma, Birdseye Seafoods. Die ersten Anlagen zum
Tiefgefrieren überzeugen jedoch nicht.
Nach zwei Jahren geht Birdseyes Firma
pleite.
Langsamer Durchbruch
Im selben Jahr gelingt ihm der Durchbruch. Eingefroren unter hohem Druck
zwischen zwei eisgekühlten Platten
bleiben die Zellstruktur und damit auch
Geschmack und Textur der Lebensmittel erhalten. Für die industrielle Fliessbandproduktion verfeinert Birdseye die
Technik, indem er auf Stahlbänder statt
Platten setzt. Es ist die Geburtsstunde
des «Double Belt Freezer».
Eingetragen am 18. Juni 1927 mit
Patent Nummer 1 773 079, läutet der
«Double Belt Freezer» das Zeitalter der
Tiefkühlkost ein. Birdseye gründet, unterstützt durch vermögende Investoren,
eine zweite Firma, die General Seafood
Corporation. Nach ihrem Verkauf 1929
wird sie in General Foods Corporation
umbenannt – und Birdseye zu einem
vermögenden Mann.
Am 6. März 1930 wird die nach
Birdseye benannte Tiefkühlkost in den
Supermärkten von Springfield, Massachusetts, zum ersten Mal vermarktet.
Das Echo der Konsumenten ist verhalten; gefrorene Lebensmittel gelten bislang als minderwertig und Tiefkühler
sind in Privathaushalten unbekannt. Zu
allem Überfluss werden die 26 Artikel
der Marke «Birds Eye» – darunter tiefgekühlte Fischfilets, Spinat, Erbsen und
filetiertes Obst – als Luxusgut angepriesen.
«Folge deiner Neugier»
Ganz der Unternehmer stellt sich der
wortgewandte Birdseye hinter die Ladentheke und erklärt den Kunden das
neuartige Produkt. Inzwischen hat es
der 1886 Geborene zu einer gewissen
Berühmtheit gebracht: Kleingewachsen
und unscheinbar, aber mit einem genialen Erfindergeist gesegnet, verkörpert er
perfekt die Rolle des kleinen Mannes,
der es aus eigener Kraft geschafft hat.
Obschon er bereits mit Mitte Vierzig
den American Dream verwirklicht hat,
denkt Birdseye nicht ans Aufhören.
«Following one’s curiosity is much mo-
re fun than taking things easy» («Seiner
Neugier zu folgen, bereitet viel mehr
Vergnügen als es ruhig anzugehen»),
sagte er einst. Getreu diesem Motto
bleibt er erfinderisch. Er arbeitet an der
Entwicklung von Tiefkühltruhen und
Kühlwagen mit und entwickelt eine
Trockentechnik für Lebensmittel. Bis zu
seinem Tod im Jahre 1956 lässt er über
300 Patente eintragen.
Ab den 1940er Jahren allmählich
preiswerter und damit auch populärer
geworden, ist Tiefkühlkost zum Todeszeitpunkt Birdseyes ein Milliarden­
geschäft. Persönlich bevorzugte er exzentrischere Speisen: Luchs in Sher­ry­­­
marinade etwa, oder die vordere Hälfte
eines Stinktiers. Die Geschmäcker sind
halt verschieden.
1984 führte U.S.-Präsident Ronald
Reagan den 6. März als Tag der Tiefkühlkost ein (engl. «National Frozen
Food Day»). In Deutschlands Truhen
gab es erstmals 1957 tiefgefrorenen
Spinat und Fischstäbchen. In der
Schweiz kamen bereits 1942 über 30
Tiefkühlprodukte auf den Markt.
Heute ist Tiefkühlkost fest in unserer
Esskultur verankert.
Essen wie die Götter
Karin Engelkamp
Die griechische Küche ist auf der gan­
zen Welt beliebt, besonders in der
Schweiz. Der Restaurantbesitzer Pau­
los Gigodas (49) aus Zuchwil bei Solo­
thurn weiss, wie er seinen Gästen
Gaumenfreuden bereiten kann.
KE: Herr Gigodas, Sie stammen von
der griechischen Halbinsel Peloponnes.
Wie beeinflusst diese Region Ihren
Menüplan?
PG: Meine Gäste sind zu 90 Prozent
Schweizer und Deutsche, aber es kommen auch Italiener, Türken und Menschen aus dem Balkan. Sie alle schätzen
die Vielfalt der griechischen Küche,
deshalb biete ich Gerichte aus ganz
Griechenland an.
KE: Was wäre anders in Ihrem Restaurant, wenn Sie es in Griechenland führen würden?
PG: Dort würde es nicht viel anders
sein. Ich bekomme auch hier alle Zutaten für meine Gerichte. Die Gewürze
mixe ich selbst. Es gibt einen Grosshändler in Zürich, der mir alles liefert,
was ich brauche.
KE: Welchen Stellenwert haben die beliebten Fleischgerichte Gyros und Souvlaki bei den Griechen?
PG: Sie gehören dort auf jeden Tisch
und sind an jeder Ecke in den Imbissstuben zu haben. Sie sind die beliebtesten
Schweinefleischgerichte. Ansonsten bestimmen Schaf und Ziege den Fleischanteil in der griechischen Küche.
KE: Warum Schaf und Ziege?
PG: Wegen der Trockenheit und der
Hitze gibt es in Griechenland vor allem
Weideland, auf dem diese Tiere hervorragend gehalten werden können. Ausserdem sind sie kleiner und leichter als
Schweine und deshalb besser am Stück
auf einem Spiess zu braten; dies ist die
beliebteste Zubereitungsart in Griechenland.
KE: Wirkt sich die momentane Schuldenkrise in Griechenland auf das Essverhalten der Einheimischen aus?
PG: Nein. Fleisch ist nicht teuer und
wird genauso viel gegessen wie früher,
sagen meine Verwandten. Nach wie vor
gehen die Leute auch auswärts essen,
denn dies gehört zur griechischen Kultur. Alle Speisen werden auf einem
Tisch dargeboten; es gibt keine Trennung zwischen Vorspeise, Hauptgang
und Dessert. Man schlemmt zusammen,
ist gesellig.
KE: In Griechenland findet die Hauptmahlzeit des Tages spät abends statt.
PG: Richtig, und zwar wegen der Hitze
am Tage. Es wird von morgens bis mittags gearbeitet und dann pausiert. Gegen Abend wird zu Ende geschafft und
dann gegessen. Das Essen ist der krönende Abschluss des Tages in Griechenland.
Akropolis in Athen
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