Staatenbildende Insekten - Demo - DDR

Impressum
Wolf Spillner
Staatenbildende Insekten
ISBN 978-3-95655-350-9 (E-Book)
Die Druckausgabe erschien erstmals 1981 bei
Der Kinderbuchverlag Berlin
© 2015 EDITION digital®
Pekrul & Sohn GbR
Godern
Alte Dorfstraße 2 b
19065 Pinnow
Tel.: 03860-505 788
E-Mail: [email protected]
Internet: http://www.ddrautoren.de
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KLEINE INSEKTENBIOLOGIE
Ungeheuer viele verschiedene Insektenarten leben in allen
Teilen der Erde. Niemand weiß, wie viel es wirklich sind. Etwa
eine Million Arten sind bislang bekannt. In jedem Jahr werden
neue entdeckt und beschrieben.
Das Leben auf der Erde ist ohne Insekten nicht denkbar. Sie
sind eine wichtige oder sogar ausschließliche Nahrung für viele
andere, höher entwickelte Tiere. Sehr viele Blütenpflanzen
könnten sich ohne Bestäubung durch Insekten nicht
vermehren. Auch für uns haben sie große Bedeutung. Manche
sind gefährliche Schädlinge und Krankheitsüberträger. Andere
Arten dagegen sind wichtige Helfer und Verbündete des
Menschen im Kampf gegen Schadinsekten. Die heimischen
Waldameisen stehen unter Naturschutz, weil sie eifrig Jagd auf
jene Insektenlarven machen, die den Wäldern gefährlich
werden können.
Aus dem Leben der Insekten ist vieles noch unerforscht. Am
meisten wissen wir wohl über die Honigbiene. Aber auch vom
Leben der Termiten, der Wespen und Ameisen haben
Wissenschaftler und Laienforscher schon manches Geheimnis
ergründen können. Diese Insekten leben in hochentwickelten
Gemeinschaften,die wir Staaten nennen. Sie sind mit
menschlichen Gesellschaften jedoch nicht zu vergleichen.
Alle ausgewachsenen Insekten sind nach einem einheitlichen
Muster gebaut. Ihr Körper ist geteilt, er ist gekerbt. Daher
stammt der Name für diese Klasse des Tierreichs: Kerbtiere,
Kerfe, lateinisch „insecta". Der Körper wird durch die Kerben
in drei Abschnitte geteilt. Das Bruststück trägt Beine und
Flügel. Es ist mit kräftigen Muskeln gefüllt, die die Gliedmaßen
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bewegen. Vor dem Bruststück sitzt die Kopfkapsel mit den
Mundwerkzeugen und Sinnesorganen, den Augen und Fühlern.
Der Hinterleib ist der größte Körperteil. Darin befinden sich
das langgezogene Herz, die Geschlechtsorgane, der Großteil
des Nerven- und Atmungssystems und des Darms. Alle
Organe und Muskeln sind von einer starren Körperhülle
umkleidet.
Insekten besitzen ein Außenskelett. Es ist gebaut wie eine
Ritterrüstung. Beine und Flügel sind über Gelenke mit dem
Körper verbunden. An den Innenwänden der einzelnen, starren
Teile setzen die Muskeln an und bewegen die
Gelenkscharniere. Aber während eine Ritterrüstung, die wir im
Museum bestaunen können, aus Metall geformt und
geschmiedet wurde, besteht ein Insektenpanzer aus
Eiweißstoffen und vor allem aus Chitin. Das ist der Zellulose
der Pflanzen ähnlich.
Die Chitinhaut der Insekten kann uns sehr unterschiedlich
erscheinen. Auch die zarte Haut einer Wespenlarve, die
gläsernen Flügel der Bienen und die harten Kieferzangen eines
Hirschkäfers, sie alle bestehen aus dem gleichen Baustoff. Er
ist ein wunderbares Material, dessen vielfältige Eigenschaften
von keinem Kunststoff übertroffen werden. Chitin ist starr.
Deshalb kann ein vollentwickeltes Insekt nicht mehr wachsen.
Aber keine Biene, keine Wespe und keine Ameise wird in ihrer
endgültigen Form geboren!
Alle höher entwickelten Insekten, zu denen auch die Käfer,
Fliegen, Schmetterlinge und viele andere gehören, sind
sogenannte Vollverwandler. Ihre begatteten Weibchen legen
Eier. Aus den Eiern schlüpfen winzige Larven. Sie fressen und
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wachsen. Da ihre Chitinhaut jedoch nicht mitwachsen kann,
platzt sie. Unter der zu eng gewordenen Larvenhaut ist
inzwischen eine neue, größere Haut aus Chitin gebildet. Bis
eine Insektenlarve ihre volle Größe erreicht, muss sie ein
paarmal aus der Haut fahren. Mit dem fertigen Insekt haben
diese Larven oder Raupen nicht die geringste Ähnlichkeit.
Unter der Haut der ausgewachsenen Larve entsteht mit einer
festeren, dickeren Hülle die Puppe. Die Larvenhaut wird
abgestreift. Die Puppe ist meist bewegungsunfähig; in ihr
fügen sich die Zellen des Larvenkörpers zu neuen Einheiten
zusammen. In Tagen, Wochen oder sogar Monaten entsteht
darin nach und nach das fertige, vollentwickelte Insekt. Erst
wenn entsprechende günstige Lebensbedingungen in der
Außenwelt vorhanden sind, schlüpft es daraus hervor. Das
fertige Insekt ist zunächst noch weich und weißlich. Der
Chitinpanzer muss erhärten. Er bekommt seine endgültige
Farbe. Beine und Flügel können sich bewegen. Damit ist die
vollkommene Verwandlung des Insekts abgeschlossen.
Andere Insektenordnungen haben keine Puppenruhe. Sie sind
entwicklungsgeschichtlich viel älter und primitiver als die
Vollverwandler. Zu ihnen gehören neben den Libellen,
Heuschrecken, Schaben und anderen auch die Termiten. Sie
werden Teilverwandler genannt. Ihre Larven sehen den
fertigen Insekten oftmals schon sehr ähnlich. Sie sind natürlich
viel kleiner, haben gering entwickelte Sinnesorgane und tragen
auch noch keine Flügel. Aber sie haben sogleich kräftigen
Appetit. Die Larven fressen und müssen wachsen. Auch ihnen
wird das Panzerkleid aus Chitin zu eng, und sie schlüpfen mit
neuer Haut daraus hervor. Mit jeder Häutung werden sie den
Alttieren ähnlicher. Manche Arten müssen sechs oder sieben
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oder gar acht Häutungen durchmachen, ehe sie ihr endgültiges
Aussehen und ihre volle Größe erreichen. Dann tragen sie
auch Flügel und sind geschlechtsreif.
Wir kennen noch andere Formen der Verwandlung. Manche
Arten können Larven oder gar Puppen zur Welt bringen. Die
vorangehenden Entwicklungsstadien vollziehen sich schon im
Leib der Mutter. Aber da dieses Buch von den
staatenbildenden Insekten berichten soll, können wir uns auf
die beiden besprochenen Verwandlungsarten beschränken.
Staatenbildung kommt bei den Insekten sehr selten und nur in
zwei von insgesamt 35 Ordnungen vor. Das sind die
Ordnungen der Termiten und der Hautflügler. Termiten
gehören zu den Teiiver- wandlern. Ihre Ordnung gibt es schon
seit etwa 270 Millionen Jahren auf der Erde. Zu ihr gehören
ungefähr2000 Arten.
Die Ordnung der Hautflügler ist umfassender. Bislang sind
etwa 100000 Arten bekannt. Sicher sind viele andere nur noch
nicht entdeckt. Alle Hautflügler sind Vollverwandler. Ihre
Ordnung ist rund 100 Millionen Jahre jünger als die der
Termiten. Von den 100 000 Arten leben aber nur die Ameisen,
etliche Bienen und eine Reihe von Wespen in
Staatengemeinschaften. Viele davon sind auch in unseren
Breiten zu Hause. Die Termiten leben nur dort, wo es warm
genug für sie ist, in den Subtropen und in den Tropen.
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EINSAME BIENEN, KOLONIEBRÜTER
UND STAATEN
Im Garten summt eine pelzige Biene. Wie eine kleine Hummel
sieht sie aus. Sie landet auf einem Rosenstrauch. Dort
schneidet sie mit ihren Kieferzangen aus einem Blatt ein
rundes Stückchen heraus, so glatt wie mit einer Schere. Sie
hält es mit den Beinen unter ihrem Bauch fest und fliegt davon.
Nach einer Weile kommt sie zurück, schneidet ein neues,
rundes Blattstück ab und trägt es fort. Diese Biene, die ganz
anders aussieht als eine Honigbiene und sich auch völlig
anders verhält, ist eine Blattschneiderbiene. Wer geduldig ist
und die Biene mit ihrem Blattstück verfolgt, der wird
entdecken, dass sie ihre Last zu einem Loch in der Erde trägt
und dort verschwindet. Das Loch ist der Eingang zu ihrem
Nest. Sie hat es selbst gegraben. Blattschneiderbienen leben
nicht in Gemeinschaften. Jedes Weibchen baut sein eigenes
Nest. Das ist ein Gang, der bleistiftstark und etwa zehn
Zentimeter lang schräg nach unten führt. Am Ende des
Ganges legt die Blattschneiderbiene ihre Zellen an. Sie
werden aus den Rosenblattstückchen gebaut. Jede einzelne
Zelle ist aus acht Blättern zusammengesetzt und wird mit
Nektar und Blütenstaub gefüllt. Das Bienenweibchen legt dann
in jede Zelle ein Ei, verschließt das Nest und stirbt bald darauf.
Seine Fürsorge für die Brut ist erfüllt.
Blattschneiderbienen schlüpfen im geschützten Nest als
winzige Larven. Sie verzehren die eingetragene
Vorratsnahrung, verpuppen sich anschließend und kommen im
nächsten Jahr als erwachsene, flugfähige Bienen ans Licht.
Ihre Mutter kennen sie nicht. Sie leben für sich allein und
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werden deshalb einsame oder solitäre Bienen genannt.
Auch die Mörtelbienen sind solitäre Bienen. Ihre Nester
bestehen aus Erde und Speichel, die an sonnenwarmen
Wänden erhärten. Sie sitzen häufig in dichten Klumpen
beieinander. Manchmal haben sie sogar eine gemeinsame
Deckschicht. Ein Gemeinschaftsnest ist aber auch die Kolonie
der Mörtelbienen noch nicht.
Meist ist ein besonders günstiger Nistplatz die Ursache, dass
solitäre Bienen oder Wespen dicht beieinander nisten. So
bauen die Lehmwespen ihre Nester mit den
wasserhahnähnlichen Anflugröhrchen immer in enger
Nachbarschaft. Aber jedes Lehmwespenweibchen betreut nur
sein eigenes Nest. Es fliegt zur Jagd in die Luzernefelder,
fängt dort die grünen Larven von Rüsselkäfern und lähmt sie
mit einem Stich. Die kleinen Käferlarven trägt das
Lehmwespenweibchen als Nahrung für seine eigene
Nachkommenschaft ins Nest. Sind alle Zellen mit Fleischbeute
gefüllt, wird das Nest verschlossen. Wie bei den
Blattschneiderbienen lernen die schlüpfenden Lehmwespen
ihre Mutter nicht kennen.
Echte Gemeinschaft mit Brutpflege findet sich erst bei den
Feldwespen. In dieser Wespengattung vereinen sich mehrere
Weibchen, um gemeinsam ein offenes Nest zu bauen. Ihr
kleiner Staat besteht jedoch nur während der Sommerzeit.
Auch die Lang- und Kurzkopfwespen, die ihre geschlossenen
Papiernester in Erdhöhlen oder unter Dachböden, in
Nistkästen und hohlen Bäumen bauen, haben nur
Sommernester. In diesen Staaten gibt es jedoch, ebenso wie
bei den Hummelarten, jeweils nur ein einziges vollentwickeltes
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Weibchen, das Eier legen kann. Das ist die sogenannte
Königin. Alle anderen Mitglieder der Gemeinschaft sind
entweder Hilfsweibchen, die Arbeiterinnen genannt werden,
oder Männchen, die erst im späten Sommer schlüpfen. Große
Staaten, die länger als ein Jahr bestehen, gibt es bei uns nur
unter Ameisen und bei der Honigbiene.
*** Ende der Demo-Version, siehe auch
http://www.ddrautoren.de/Spillner/Insekten/insekten.htm ***
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Wolf Spillner
Geboren 1936 in Herzberg am Harz, ist ein deutscher Autor
und Fotograf
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Aus seinem Geburtsort zog seine Mutter mit ihm in ein
winziges Holzhaus am Rande der Lüneburger Heide, als er 13
Jahre alt war. Mit 16 Jahren wurde er Waise. In Mainz war er
mehrere Jahre Volontär einer naturwissenschaftlichen
Jugendzeitschrift. Als die Wiederbewaffnung der
Bundesrepublik Deutschland akut wurde, übersiedelte er 1955
in die DDR. Er war in Schwerin etliche Jahre als freier
Bildreporter tätig. Auch wurde er für acht Jahre
Betonfacharbeiter und nutzte seine Freizeit, um Material für
seine ersten Bücher zu erarbeiten. Ab 1967 freiberuflich als
Autor und Fotograf tätig. Er wohnte zwei Dutzend Jahre in
einem 17-Seelen-Dorf zwischen Wismar und Schwerin in der
Naturlandschaft Mecklenburgs am Dambecker See. Heute lebt
Wolf Spillner in Ludwigslust.
Spillner arbeitete zunächst als Journalist. Später betrieb er
ornithologische Studien und galt als einer der profiliertesten
Naturfotografen der DDR. Dabei widmete er sich
insbesondere der Beobachtung des Sozialverhaltens
koloniebrütender Vögel. Beeinflusst von Werner Lindemann
wurde er Mitte der 1970er Jahre zum Autor von Kinder- und
Jugendbüchern, von denen einige auch verfilmt wurden. Sein
bekanntestes Buch Taube Klara wurde in 8 Sprachen
übersetzt und 1991 mit dem Deutschen
Jugendliteraturpreis ausgezeichnet. Seit einigen Jahren hat
er sich der digitalen Fotografie zugewandt, sowie per Fahrrad
und Kajak Nordamerika, Nordskandinavien, Neuseeland und
Jakutien bereist.
Bibliographie:
Der Wald der großen Vögel. Deutscher
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Landwirtschaftsverlag, Berlin 1969
Land unter dem Wind. Deutscher Landwirtschaftsverlag,
Berlin 1971
Das Vogeljahr der Küste. Deutscher Landwirtschaftsverlag,
Berlin 1973
Der Wald der kleinen Vögel. Deutscher
Landwirtschaftsverlag, Berlin 1976.
Die Vogelinsel. Kinderbuchverlag, Berlin 1976
Gänse überm Reiherberg. Kinderbuchverlag, Berlin 1977
Der Bachstelzenorden. Kinderbuchverlag, Berlin 1979
Der Luftballon und die Warzenkröte. Kinderbuchverlag,
Berlin 1979
Ferne nahe Welt. Deutscher Landwirtschaftsverlag, Berlin
1981
Staatenbildende Insekten. Kinderbuchverlag, Berlin 1981
Wildgänse überm Moor. Boje-Verlag, Stuttgart 1981
Die Baumräuber. Kinderbuchverlag, Berlin 1982
Der Riese vom Storvalen. Kinderbuchverlag, Berlin 1983
Die Hexe mit der Mundharmonika und andere
Geschichten. Kinderbuchverlag, Berlin 1983
Durch Urwald und Dünensand. Kinderbuchverlag, Berlin
1984
Wasseramsel. Kinderbuchverlag, Berlin 1984
Der Alte vom Hammer. Kinderbuchverlag, Berlin 1986
12
Schätze der Heimat. Kinderbuchverlag, Berlin 1986
Taube Klara oder Zufälle gibt es nicht. Kinderbuchverlag,
Berlin 1987
Zwischen Alpen und Eismeer. Kinderbuchverlag, Berlin 1987
Im Walde wohnt der schwarze Storch. Kinderbuchverlag,
Berlin 1988
Claas und die Wunderblume. Kinderbuchverlag, Berlin 1989
Schmetterlinge. Kinderbuchverlag, Berlin 1989
Die Graugans. Kinderbuchverlag, Berlin 1990
Feldornithologie. Deutscher Landwirtschaftsverlag, Berlin
1990
Der Seeadler. Hinstorff Verlag, Rostock 1993
Lieber weißer Vogel. LeiV, Leipzig 1996
Natur-Ansichten oder die Macht der Kamille. Demmler
Verlag, Schwerin 1996
Seeadler - gestern und heute. Hoyer Verlag, Galenbeck
2004
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E-Books von Wolf Spillner
Der Alte vom Hammer. Eine Bilderbuchgeschichte aus
den Bergen der Schweiz
Corinna wird von ihren Mitschülern aus der 3. Klasse beneidet.
Ihr Vater ist Wildhüter und nimmt sie oft mit in die Berge. Die
Sennen haben gesehen, dass der alte Steinbock lahmt? Wird
es so schlimm sein, dass ihn der Wildhüter erschießen muss,
weil er mit seiner Verletzung nicht überleben kann? Corinna
darf den Vater bei der gefährlichen und anstrengenden Suche
nach dem Alten begleiten und bangt um sein Leben. Wolf
Spillner bereicherte diese schöne Geschichte mit wunderbaren
Fotos.
Der Bachstelzenorden
Gäbe es ihn, Hannes hätte ihn verdient: den
Bachstelzenorden. Und nicht nur, weil er Stapellauf,
Auszeichnung und Fernsehkamera davonlief, um ein
Bachstelzennest zu retten. - Eines Tages hält Gustav seine
Lok vorschriftswidrig an. Seltsam, denkt er, dass die Vögel
nicht nach der Seite davonfliegen, sondern immer gegen die
fahrende Lok prallen und sterben. Und er beschließt, der
Sache auf den Grund zu gehen.
Wolf Spillner hatte als Junge den großen Wunsch, einen Hund
zu besitzen. Der erfüllte sich schließlich, doch was dann
geschah, ist ihm auch heute noch Anlass, in seinen
Geschichten von Menschen und Tieren zu erzählen, von keinen
besonderen Menschen und keinen exotischen Tieren, sondern
solchen, denen man überall begegnen kann, schaut man nur
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richtig hin.
Die Erzählung „Ein Denkmal für Fritz Schmahl“ wurde unter
dem Titel „Ein Wigwam für die Störche“ vom Fernsehen der
DDR 1985/1986 verfilmt (mit Erwin Geschonneck in der
Hauptrolle).
Der Riese vom Storvalen. Eine Bilderbuchgeschichte aus
Härjedalen
Björn-Eyvind lebt mit seinen Eltern einsam in den Bergen. Er
hat einen weiten Weg zur Schule, im Winter auf Skiern, im
Sommer mit dem Fahrrad. Aber er ist schon groß, er geht
schon in die 2. Klasse. Viele Tiere kann er auf dem Schulweg
beobachten: Rentiere, balzende Auerhähne, die drolligen
Brushähne. Gern besucht er seinen Freund Rune Axelson.
Rune ist ein Bauer und hat vor sein Anglerhaus ein Schwein
abgelegt, als Winterfutter für den Adler. Doch plötzlich kommt
ein Riese den Berg hinab. Björn-Eyvind läuft und läuft, bis ihm
die Beine versagen.
Die Baumräuber
Ein Jäger wohnte mit seiner Frau allein am Waldrand. Er war
sehr mutig und schoss Bären, Wölfe und Wildschweine. Nur
vor den Räubern, die mitten im Walde in einem riesengroßen
Baum hausten, hatte er wie alle anderen große Angst.
Doch eines Tages verfolgte er ein besonders großes
Wildschwein und gelangte dabei zum Lager der Räuber. Zum
Glück waren diese betrunken und schliefen ihren Rausch aus.
Nur der kleine Jäger, der noch ein Kind war und keinen Alkohol
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trinken durfte, wachte und schlug Alarm. Vor Schreck gab der
Jäger einen Schuss ab, der den Hut des kleinen Räubers traf.
Kein Räuber durfte seinen Hut abnehmen und das schon seit
vielen Jahren. Ihr könnt euch denken, dass die Räuber weder
Seife noch Kamm kannten. Aber nun gab es zwei Löcher in
dem Hut des kleinen Räubers, durch die die Meise zu ihren
Jungen fliegen konnte, die auf dem Kopf des kleinen Räubers
ein Nest besaßen.
Die Hexe mit der Mundharmonika
Die Begegnung mit der Natur ist wie der Kontakt mit einem
Menschen. Man muss hinsehen, zuhören und sich einstellen
können, darf nehmen, aber auch geben und muss sich, wenn
nötig, einsetzen, dann kann im Miteinander Liebe und
Freundschaft wachsen. Dass dieses Einanderverstehen nicht
immer leicht ist, erfährt Kerstin. „Du bist ein Sprüchemacher“,
ruft sie ihrem Vater zu, der seinen Worten unerwartete Taten
folgen lässt. Der alte Mann erfährt, dass seine Gemeinschaft
mit den Vögeln ihm nicht allein gehören darf. Mit den Vögeln
und den Jungen wird er reicher, die Gemeinschaft schöner.
Wolf Spillners Sorge gilt in den neun Geschichten den
alltäglichen Begegnungen, in denen sich die Haltung der
Menschen zeigt.
Durch Urwald und Dünensand. Aus Naturschutzgebieten
und Nationalparks der CSSR, der Volksrepublik Polen und
der DDR
Für dieses Buch ist Wolf Spillner fast dreißigtausend Kilometer
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gefahren und viele Hundert Kilometer gewandert und
geklettert. Bekannte und unbekannte Pflanzen und Tiere in
geschützten Landschaften wollte er beobachten und
fotografieren, um darüber berichten zu können. So kam er in
verschiedene Naturschutzgebiete und Nationalparks in der
Volksrepublik Polen, in der CSSR und in der DDR. Von den
Seen der wilden Gänse und seltenen Schwarzhalstaucher
seines mecklenburgischen Dorfes, über die im Frühjahr und
Herbst die Seeadler fliegen, ist er zu den scheuen Wisenten
gefahren und vor ihnen davongerannt. Durch glutheißen Sand
der Wanderdünen an der Ostsee ist er gestapft und durch den
Sommerschnee der Hohen Tatra, dort, wo die
Karpatengämsen leben. In den regennassen Waldbergen der
Bieszczady hat er den Schwarzstorch auf seinem Nest
gesehen und die seltene, kleine Orchidee Korallenwurz auf der
Insel Rügen. Unter der Tarnkappe seines Versteckzeltes hat
er mit Notizbuch und Kamera auf Bäumen und im Sumpf,
zwischen Felsgeröll und im Schnee gesessen, um die scheuen
Tiere zu belauschen und Bilder von ihrem Leben für dieses
Buch zu sammeln. Das war nicht immer leicht. Aber es war
immer schön, denn viele freundliche Menschen, die sich in den
Reservaten und Nationalparks um den Schutz der Natur
sorgen, haben ihm sehr geholfen. Nur so konnte dieses Buch
im Laufe einiger Jahre entstehen. Spillner hat viel von der
Schönheit der Natur gesehen und doch nur einen Teil vom
Reichtum unseres blauen Planeten.
Gänse überm Reiherberg
„Was ist das schon, so’n Hund, gar nichts ist das. Der rennt dir
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bloß hinterher, weil er Kohldampf hat und Fleisch haben will.
Gar nichts ist das! ... Eine Wildgans ziehe ich mir auf, dass
ihr’s wißt. Und die wird zahm und fliegen. Hinter mir her. Die
kommt sogar wieder, im nächsten Jahr wieder, verlasst euch
drauf! Und nicht weil sie Kohldampf hat.“
Knuppe lässt diese Idee nicht los, eine Idee, für die er nur bei
wenigen Verständnis findet. Er lebt in einem Dorf am See, und
dieser See ist einer der selten gewordenen Brutplätze der
Graugänse. Aber bis alle im Dorf das begriffen haben, gibt es
Streit zwischen den LPG-Bauern und den Naturschützern, bei
den Jägern und Anglern, Krach mit Freund Kalle und —
tatsächlich Ohrfeigen vom Vater.
Im Walde wohnt der schwarze Storch
Anna kennt sich im Wald aus, denn ihr Vater ist Förster. Ihr
Vater hat sie oft auf seine Jagdkanzel in der Nähe des
Weihers mitgenommen. Dorthin kommen die Wildschweine.
Als sie ihrem vater die vergessenen Kiefernpflanzen
nachbringen will, steigt sie noch schnell neugierig auf die
Kanzel hinauf. Plötzlich entdeckt sie ein großes Nest auf einem
Baum. Da ist ja auch ein großer Vogel, der rasch davonfliegt.
Es ist ein Märchenvogel. „Gibt es Störche, die schwarz sind,
oder bunt und mit roter Brille um die Augen?“, fragt sie
aufgeregt ihren Vater? Niemand außer den Eltern darf von
ihrem großen Geheimnis wissen. Noch nie haben die seltenen
Schwarzstörche in ihrem Wald gebrütet und sie sollen doch im
nächsten Jahr wiederkommen. Wunderbare Fotos von Wolf
Spillner ergänzen die schöne Geschichte für Kinder ab 4
Jahre.
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Schätze der Heimat
Große und kleine Naturschutzgebiete – von der Kreideküste
der Insel Rügen bis zu den Höhen des Thüringer Waldes, von
den Wiesensteppen im Odertal bis zum Lindenwald in der
Altmark – sind die Schatzkammern unserer Heimat. Sie
bewahren den Reichtum der Natur. Aus der Fülle von über
siebenhundert Reservaten stellt Wolf Spillner jeweils ein
Naturschutzgebiet aus jedem Bezirk der DDR in anschaulichen
Texten und beeindruckenden Farbfotos vor.
Schmetterlinge
Schmetterlinge sind für uns meist nur die bunten
Tagpfauenaugen, die gelben Zitronenfalter, die hellen
Weißlinge oder andere farbschöne Tagfalter im Sonnenschein.
Flattert uns jedoch ein kleines, unscheinbar braungraues Tier
im Haus oder gar aus dem Kleiderschrank entgegen, dann
heißt es meist entsetzt: Das ist eine Motte! Eine Motte aber
will schon nicht mehr so recht in unsere Bildvorstellung von
Schmetterlingen passen. Noch weniger wollen wir an Falter
glauben, wenn sich am Abend oder in der Nacht dick bepelzte
und behaarte Fluginsekten vor der Fensterscheibe
versammeln oder burrend und schwirrend im hellen Licht um
die Straßenlaternen kreisen. Doch viele dieser seltsam
anmutenden fliegenden »Geister der Nacht« gehören auch in
die große Ordnung der Schmetterlinge. Wir brauchen nur
genau zu beobachten, dann merken wir bald, dass sie
gemeinsame Merkmale haben, die sie deutlich von anderen
Insekten unterscheiden.
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Die zweitgrößte Ordnung des Tierreiches bilden die
Schmetterlinge mit schätzungsweise 150 000 Arten. Wie viele
es wirklich sind, wissen nicht einmal die Fachleute ganz genau,
denn noch werden ständig neue Arten entdeckt. In dieser
nahezu unüberschaubaren Fülle gibt es Riesen mit einer
Flügelspannweite von 30 Zentimetern, wie die
südamerikanische Graue Rieseneule. Sie ähnelt im Flug einer
Fledermaus. Winzlinge, zum Beispiel unsere heimischen
Zwergmotten, dagegen breiten ihre feinen Flügel nur ein paar
Millimeter weit aus.
Wir kennen aber auch flügellose Schmetterlinge,
beispielsweise die Weibchen der Sackspinner und des
Frostspanners. Andererseits gibt es Wanderfalter mit
erstaunlichen Flugleistungen. Der Monarch, ein Tagfalter des
amerikanischen Kontinents, fliegt im Herbst wie ein Zugvogel
von Kanada bis nach Mexiko. Hervorragende Flieger sind auch
die Schmetterlinge aus der Familie der Schwärmer. Schmale
Flügel tragen ihre dicken, spindelförmigen Leiber schneller
durch die Nacht, als Autos innerhalb von Ortschaften fahren
dürfen! Sie erreichen Fluggeschwindigkeiten von mehr als 50
Kilometern in der Stunde. Der Totenkopfschwärmer wandert
vom Mittelmeergebiet bis nach England.
Falter leben rund um die Erde bis zu den arktischen und
antarktischen Regionen. Die meisten Arten sind in den Tropen
und in den Subtropen zu Hause. Dort gibt es die schönsten
und größten Schmetterlinge. Aber auch in Mitteleuropa sind
mehr als 3 000 verschiedene Falterarten anzutreffen. Manche
können mit ihren Verwandten aus den warmen Ländern an
Schönheit wetteifern, wie Schillerfalter, Bären und
Ordensbänder. Es wäre jedoch falsch, Schmetterlinge allein
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nach ihrer Schönheit zu beurteilen. Viel interessanter ist ihr
Leben. Davon will dieses Buch einiges berichten.
Staatenbildende Insekten
Diese kleine Insektenkunde erzählt vom Jahresstaat der
Wespen und Hummeln, berichtet über die soziale
Gemeinschaft eines Bienenvolkes, das in einem Dauerstaat
lebt, und hilft auch, das scheinbar heillose Durcheinander eines
Ameisenhügels zu verstehen. Die mannigfaltige und in der
Natur nicht in allen Einzelheiten beobachtbare Lebensweise
der staatenbildenden Insekten wird eindrucksvoll und leicht
verständlich in Wort und Bild dargestellt.
Taube Klara
So kannte Hannes seine Mutter noch nicht: Opas
Lieblingstaube Klara hing tot in ihrer Hand. Sicher, resolut war
Mutter schon immer, der Kapitän zu Hause, obwohl doch
Vater auf großen Schiffen zur See fuhr. Aber Mutter war auch
verständnisvoll, lieb und vor allem: hilfsbereit. Nicht einen
Augenblick hatte sie gezögert, mit dem Schlitten in der
Weihnachtsnacht durch Kälte und Schnee zu ziehen, um den
hilflosen Nachbarn Pinkau zu holen, dem andere die Hilfe
verweigerten. Doch Klara töten? Omas einzige Gefährtin nach
Opas Tod? Gewiss, Mutter hatte sich vor ihr geekelt, vor dem
Taubendreck in der Küche, sie fürchtete um Omas Gesundheit
und würde Oma am liebsten mit nach Berlin nehmen. - Zwei
Weihnachtstage zu Besuch am Jammerfeld - Hannes wird sie
nie vergessen.
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Das Buch erschien 1987 bei: Der Kinderbuchverlag Berlin. Es
wurde in acht Sprachen übersetzt und 1991 mit dem
Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet.
Wasseramsel
Wasseramsel — das ist nicht nur der Name des seltenen
Vogels, den Winfried und Ulla entdecken, der unter Wasser
laufen kann und angeblich die Fischbrut aus dem Forellenteich
frisst. Winfried nennt auch Ulla so, seit er sie zum ersten Mal
sah, als sie im angestauten Waldbach badete. Zwischen
beiden entsteht eine große Liebe, obwohl Winfried bisher nur
Freude an schnellen Motorrädern fand und seine Mutter ihn
noch zu jung für „Mädchengeschichten“ hält. Und dann hängt
Ullas Bild auf der Ausstellung zum Heimatfest, es zeigt das
schöne Tulbachtal im Landschaftsschutzgebiet, bevor dort
Winfrieds Vater ein Haus baute und einen Forellenteich
anlegte. Eines Tages ist Winfried fort, das Haus seiner Eltern
verwaist, kein Zeichen, kein Brief gibt Ulla Nachricht.
Das Buch wurde von der DEFA unter dem Titel „Biologie“
verfilmt und 1989 fertiggestellt, kam nicht in die Kinos und
wurde bisher nur einmal vom ZDF gesendet.
Zwischen Alpen und Eismeer
Seit jenem regennassen Herbsttag, an dem ich als 13-Jähriger
die Lachmöwe in den Harzbergen fand, wollte ich wissen, wie
Vögel und andere Tiere in ihrer Umwelt leben. Dazu nutzte ich
immer wieder meine Freizeit. Um ihnen nahe zu sein, verbarg
ich mich unter der Tarnkappe eines Versteckzeltes auf
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Bäumen und im Sumpf. Mit dem Auge der Kamera habe ich
über viele Jahre versucht, ihr Verhalten in fotografischen
Bildern auch für andere sichtbar zu machen. Manchmal ist es
gelungen. Dafür bin ich gewandert, geklettert und weit
gefahren, habe geschwitzt und sehr viel mehr noch gefroren.
In den Stunden der Beobachtungen, die zu Wochen, Monaten
und Jahren wurden, fand ich ein paar Körnchen an neuem
Wissen. So führte die kindliche Neugier und die Freude an
eigenen Entdeckungen von der toten Lachmöwe am Hang auf
manchem Umweg zu meinem ersten Buch vom »Wald der
großen Vögel«. Darin beschrieb ich, was mir nach dreijähriger
Beobachtung bei Graureihern, Mäusebussard und Habicht
aufgefallen war. Andere Bücher folgten, und den Büchern
folgten Einladungen, auch in anderen Ländern Tiere zu
beobachten und zu fotografieren. Auge in Auge mit den frei
lebenden Tieren zu sein, von denen manche bedroht und
gefährdet sind, wurde so zu einem Teil meiner Arbeit. Und
schließlich kam ich zu jenen Vögeln im hohen Norden, von
denen ich als Junge geträumt hatte. Ich traf auch andere
Tiere, von denen ich damals noch nichts wusste. Von diesen
Begegnungen will ich hier berichten.
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Inhaltsverzeichnis
Impressum
KLEINE INSEKTENBIOLOGIE
EINSAME BIENEN, KOLONIEBRÜTER UND
STAATEN
Wolf Spillner
E-Books von Wolf Spillner
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