Impressum Wolf Spillner Staatenbildende Insekten ISBN 978-3-95655-350-9 (E-Book) Die Druckausgabe erschien erstmals 1981 bei Der Kinderbuchverlag Berlin © 2015 EDITION digital® Pekrul & Sohn GbR Godern Alte Dorfstraße 2 b 19065 Pinnow Tel.: 03860-505 788 E-Mail: [email protected] Internet: http://www.ddrautoren.de 2 KLEINE INSEKTENBIOLOGIE Ungeheuer viele verschiedene Insektenarten leben in allen Teilen der Erde. Niemand weiß, wie viel es wirklich sind. Etwa eine Million Arten sind bislang bekannt. In jedem Jahr werden neue entdeckt und beschrieben. Das Leben auf der Erde ist ohne Insekten nicht denkbar. Sie sind eine wichtige oder sogar ausschließliche Nahrung für viele andere, höher entwickelte Tiere. Sehr viele Blütenpflanzen könnten sich ohne Bestäubung durch Insekten nicht vermehren. Auch für uns haben sie große Bedeutung. Manche sind gefährliche Schädlinge und Krankheitsüberträger. Andere Arten dagegen sind wichtige Helfer und Verbündete des Menschen im Kampf gegen Schadinsekten. Die heimischen Waldameisen stehen unter Naturschutz, weil sie eifrig Jagd auf jene Insektenlarven machen, die den Wäldern gefährlich werden können. Aus dem Leben der Insekten ist vieles noch unerforscht. Am meisten wissen wir wohl über die Honigbiene. Aber auch vom Leben der Termiten, der Wespen und Ameisen haben Wissenschaftler und Laienforscher schon manches Geheimnis ergründen können. Diese Insekten leben in hochentwickelten Gemeinschaften,die wir Staaten nennen. Sie sind mit menschlichen Gesellschaften jedoch nicht zu vergleichen. Alle ausgewachsenen Insekten sind nach einem einheitlichen Muster gebaut. Ihr Körper ist geteilt, er ist gekerbt. Daher stammt der Name für diese Klasse des Tierreichs: Kerbtiere, Kerfe, lateinisch „insecta". Der Körper wird durch die Kerben in drei Abschnitte geteilt. Das Bruststück trägt Beine und Flügel. Es ist mit kräftigen Muskeln gefüllt, die die Gliedmaßen 3 bewegen. Vor dem Bruststück sitzt die Kopfkapsel mit den Mundwerkzeugen und Sinnesorganen, den Augen und Fühlern. Der Hinterleib ist der größte Körperteil. Darin befinden sich das langgezogene Herz, die Geschlechtsorgane, der Großteil des Nerven- und Atmungssystems und des Darms. Alle Organe und Muskeln sind von einer starren Körperhülle umkleidet. Insekten besitzen ein Außenskelett. Es ist gebaut wie eine Ritterrüstung. Beine und Flügel sind über Gelenke mit dem Körper verbunden. An den Innenwänden der einzelnen, starren Teile setzen die Muskeln an und bewegen die Gelenkscharniere. Aber während eine Ritterrüstung, die wir im Museum bestaunen können, aus Metall geformt und geschmiedet wurde, besteht ein Insektenpanzer aus Eiweißstoffen und vor allem aus Chitin. Das ist der Zellulose der Pflanzen ähnlich. Die Chitinhaut der Insekten kann uns sehr unterschiedlich erscheinen. Auch die zarte Haut einer Wespenlarve, die gläsernen Flügel der Bienen und die harten Kieferzangen eines Hirschkäfers, sie alle bestehen aus dem gleichen Baustoff. Er ist ein wunderbares Material, dessen vielfältige Eigenschaften von keinem Kunststoff übertroffen werden. Chitin ist starr. Deshalb kann ein vollentwickeltes Insekt nicht mehr wachsen. Aber keine Biene, keine Wespe und keine Ameise wird in ihrer endgültigen Form geboren! Alle höher entwickelten Insekten, zu denen auch die Käfer, Fliegen, Schmetterlinge und viele andere gehören, sind sogenannte Vollverwandler. Ihre begatteten Weibchen legen Eier. Aus den Eiern schlüpfen winzige Larven. Sie fressen und 4 wachsen. Da ihre Chitinhaut jedoch nicht mitwachsen kann, platzt sie. Unter der zu eng gewordenen Larvenhaut ist inzwischen eine neue, größere Haut aus Chitin gebildet. Bis eine Insektenlarve ihre volle Größe erreicht, muss sie ein paarmal aus der Haut fahren. Mit dem fertigen Insekt haben diese Larven oder Raupen nicht die geringste Ähnlichkeit. Unter der Haut der ausgewachsenen Larve entsteht mit einer festeren, dickeren Hülle die Puppe. Die Larvenhaut wird abgestreift. Die Puppe ist meist bewegungsunfähig; in ihr fügen sich die Zellen des Larvenkörpers zu neuen Einheiten zusammen. In Tagen, Wochen oder sogar Monaten entsteht darin nach und nach das fertige, vollentwickelte Insekt. Erst wenn entsprechende günstige Lebensbedingungen in der Außenwelt vorhanden sind, schlüpft es daraus hervor. Das fertige Insekt ist zunächst noch weich und weißlich. Der Chitinpanzer muss erhärten. Er bekommt seine endgültige Farbe. Beine und Flügel können sich bewegen. Damit ist die vollkommene Verwandlung des Insekts abgeschlossen. Andere Insektenordnungen haben keine Puppenruhe. Sie sind entwicklungsgeschichtlich viel älter und primitiver als die Vollverwandler. Zu ihnen gehören neben den Libellen, Heuschrecken, Schaben und anderen auch die Termiten. Sie werden Teilverwandler genannt. Ihre Larven sehen den fertigen Insekten oftmals schon sehr ähnlich. Sie sind natürlich viel kleiner, haben gering entwickelte Sinnesorgane und tragen auch noch keine Flügel. Aber sie haben sogleich kräftigen Appetit. Die Larven fressen und müssen wachsen. Auch ihnen wird das Panzerkleid aus Chitin zu eng, und sie schlüpfen mit neuer Haut daraus hervor. Mit jeder Häutung werden sie den Alttieren ähnlicher. Manche Arten müssen sechs oder sieben 5 oder gar acht Häutungen durchmachen, ehe sie ihr endgültiges Aussehen und ihre volle Größe erreichen. Dann tragen sie auch Flügel und sind geschlechtsreif. Wir kennen noch andere Formen der Verwandlung. Manche Arten können Larven oder gar Puppen zur Welt bringen. Die vorangehenden Entwicklungsstadien vollziehen sich schon im Leib der Mutter. Aber da dieses Buch von den staatenbildenden Insekten berichten soll, können wir uns auf die beiden besprochenen Verwandlungsarten beschränken. Staatenbildung kommt bei den Insekten sehr selten und nur in zwei von insgesamt 35 Ordnungen vor. Das sind die Ordnungen der Termiten und der Hautflügler. Termiten gehören zu den Teiiver- wandlern. Ihre Ordnung gibt es schon seit etwa 270 Millionen Jahren auf der Erde. Zu ihr gehören ungefähr2000 Arten. Die Ordnung der Hautflügler ist umfassender. Bislang sind etwa 100000 Arten bekannt. Sicher sind viele andere nur noch nicht entdeckt. Alle Hautflügler sind Vollverwandler. Ihre Ordnung ist rund 100 Millionen Jahre jünger als die der Termiten. Von den 100 000 Arten leben aber nur die Ameisen, etliche Bienen und eine Reihe von Wespen in Staatengemeinschaften. Viele davon sind auch in unseren Breiten zu Hause. Die Termiten leben nur dort, wo es warm genug für sie ist, in den Subtropen und in den Tropen. 6 EINSAME BIENEN, KOLONIEBRÜTER UND STAATEN Im Garten summt eine pelzige Biene. Wie eine kleine Hummel sieht sie aus. Sie landet auf einem Rosenstrauch. Dort schneidet sie mit ihren Kieferzangen aus einem Blatt ein rundes Stückchen heraus, so glatt wie mit einer Schere. Sie hält es mit den Beinen unter ihrem Bauch fest und fliegt davon. Nach einer Weile kommt sie zurück, schneidet ein neues, rundes Blattstück ab und trägt es fort. Diese Biene, die ganz anders aussieht als eine Honigbiene und sich auch völlig anders verhält, ist eine Blattschneiderbiene. Wer geduldig ist und die Biene mit ihrem Blattstück verfolgt, der wird entdecken, dass sie ihre Last zu einem Loch in der Erde trägt und dort verschwindet. Das Loch ist der Eingang zu ihrem Nest. Sie hat es selbst gegraben. Blattschneiderbienen leben nicht in Gemeinschaften. Jedes Weibchen baut sein eigenes Nest. Das ist ein Gang, der bleistiftstark und etwa zehn Zentimeter lang schräg nach unten führt. Am Ende des Ganges legt die Blattschneiderbiene ihre Zellen an. Sie werden aus den Rosenblattstückchen gebaut. Jede einzelne Zelle ist aus acht Blättern zusammengesetzt und wird mit Nektar und Blütenstaub gefüllt. Das Bienenweibchen legt dann in jede Zelle ein Ei, verschließt das Nest und stirbt bald darauf. Seine Fürsorge für die Brut ist erfüllt. Blattschneiderbienen schlüpfen im geschützten Nest als winzige Larven. Sie verzehren die eingetragene Vorratsnahrung, verpuppen sich anschließend und kommen im nächsten Jahr als erwachsene, flugfähige Bienen ans Licht. Ihre Mutter kennen sie nicht. Sie leben für sich allein und 7 werden deshalb einsame oder solitäre Bienen genannt. Auch die Mörtelbienen sind solitäre Bienen. Ihre Nester bestehen aus Erde und Speichel, die an sonnenwarmen Wänden erhärten. Sie sitzen häufig in dichten Klumpen beieinander. Manchmal haben sie sogar eine gemeinsame Deckschicht. Ein Gemeinschaftsnest ist aber auch die Kolonie der Mörtelbienen noch nicht. Meist ist ein besonders günstiger Nistplatz die Ursache, dass solitäre Bienen oder Wespen dicht beieinander nisten. So bauen die Lehmwespen ihre Nester mit den wasserhahnähnlichen Anflugröhrchen immer in enger Nachbarschaft. Aber jedes Lehmwespenweibchen betreut nur sein eigenes Nest. Es fliegt zur Jagd in die Luzernefelder, fängt dort die grünen Larven von Rüsselkäfern und lähmt sie mit einem Stich. Die kleinen Käferlarven trägt das Lehmwespenweibchen als Nahrung für seine eigene Nachkommenschaft ins Nest. Sind alle Zellen mit Fleischbeute gefüllt, wird das Nest verschlossen. Wie bei den Blattschneiderbienen lernen die schlüpfenden Lehmwespen ihre Mutter nicht kennen. Echte Gemeinschaft mit Brutpflege findet sich erst bei den Feldwespen. In dieser Wespengattung vereinen sich mehrere Weibchen, um gemeinsam ein offenes Nest zu bauen. Ihr kleiner Staat besteht jedoch nur während der Sommerzeit. Auch die Lang- und Kurzkopfwespen, die ihre geschlossenen Papiernester in Erdhöhlen oder unter Dachböden, in Nistkästen und hohlen Bäumen bauen, haben nur Sommernester. In diesen Staaten gibt es jedoch, ebenso wie bei den Hummelarten, jeweils nur ein einziges vollentwickeltes 8 Weibchen, das Eier legen kann. Das ist die sogenannte Königin. Alle anderen Mitglieder der Gemeinschaft sind entweder Hilfsweibchen, die Arbeiterinnen genannt werden, oder Männchen, die erst im späten Sommer schlüpfen. Große Staaten, die länger als ein Jahr bestehen, gibt es bei uns nur unter Ameisen und bei der Honigbiene. *** Ende der Demo-Version, siehe auch http://www.ddrautoren.de/Spillner/Insekten/insekten.htm *** 9 Wolf Spillner Geboren 1936 in Herzberg am Harz, ist ein deutscher Autor und Fotograf 10 Aus seinem Geburtsort zog seine Mutter mit ihm in ein winziges Holzhaus am Rande der Lüneburger Heide, als er 13 Jahre alt war. Mit 16 Jahren wurde er Waise. In Mainz war er mehrere Jahre Volontär einer naturwissenschaftlichen Jugendzeitschrift. Als die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik Deutschland akut wurde, übersiedelte er 1955 in die DDR. Er war in Schwerin etliche Jahre als freier Bildreporter tätig. Auch wurde er für acht Jahre Betonfacharbeiter und nutzte seine Freizeit, um Material für seine ersten Bücher zu erarbeiten. Ab 1967 freiberuflich als Autor und Fotograf tätig. Er wohnte zwei Dutzend Jahre in einem 17-Seelen-Dorf zwischen Wismar und Schwerin in der Naturlandschaft Mecklenburgs am Dambecker See. Heute lebt Wolf Spillner in Ludwigslust. Spillner arbeitete zunächst als Journalist. Später betrieb er ornithologische Studien und galt als einer der profiliertesten Naturfotografen der DDR. Dabei widmete er sich insbesondere der Beobachtung des Sozialverhaltens koloniebrütender Vögel. Beeinflusst von Werner Lindemann wurde er Mitte der 1970er Jahre zum Autor von Kinder- und Jugendbüchern, von denen einige auch verfilmt wurden. Sein bekanntestes Buch Taube Klara wurde in 8 Sprachen übersetzt und 1991 mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet. Seit einigen Jahren hat er sich der digitalen Fotografie zugewandt, sowie per Fahrrad und Kajak Nordamerika, Nordskandinavien, Neuseeland und Jakutien bereist. Bibliographie: Der Wald der großen Vögel. Deutscher 11 Landwirtschaftsverlag, Berlin 1969 Land unter dem Wind. Deutscher Landwirtschaftsverlag, Berlin 1971 Das Vogeljahr der Küste. Deutscher Landwirtschaftsverlag, Berlin 1973 Der Wald der kleinen Vögel. Deutscher Landwirtschaftsverlag, Berlin 1976. Die Vogelinsel. Kinderbuchverlag, Berlin 1976 Gänse überm Reiherberg. Kinderbuchverlag, Berlin 1977 Der Bachstelzenorden. Kinderbuchverlag, Berlin 1979 Der Luftballon und die Warzenkröte. Kinderbuchverlag, Berlin 1979 Ferne nahe Welt. Deutscher Landwirtschaftsverlag, Berlin 1981 Staatenbildende Insekten. Kinderbuchverlag, Berlin 1981 Wildgänse überm Moor. Boje-Verlag, Stuttgart 1981 Die Baumräuber. Kinderbuchverlag, Berlin 1982 Der Riese vom Storvalen. Kinderbuchverlag, Berlin 1983 Die Hexe mit der Mundharmonika und andere Geschichten. Kinderbuchverlag, Berlin 1983 Durch Urwald und Dünensand. Kinderbuchverlag, Berlin 1984 Wasseramsel. Kinderbuchverlag, Berlin 1984 Der Alte vom Hammer. Kinderbuchverlag, Berlin 1986 12 Schätze der Heimat. Kinderbuchverlag, Berlin 1986 Taube Klara oder Zufälle gibt es nicht. Kinderbuchverlag, Berlin 1987 Zwischen Alpen und Eismeer. Kinderbuchverlag, Berlin 1987 Im Walde wohnt der schwarze Storch. Kinderbuchverlag, Berlin 1988 Claas und die Wunderblume. Kinderbuchverlag, Berlin 1989 Schmetterlinge. Kinderbuchverlag, Berlin 1989 Die Graugans. Kinderbuchverlag, Berlin 1990 Feldornithologie. Deutscher Landwirtschaftsverlag, Berlin 1990 Der Seeadler. Hinstorff Verlag, Rostock 1993 Lieber weißer Vogel. LeiV, Leipzig 1996 Natur-Ansichten oder die Macht der Kamille. Demmler Verlag, Schwerin 1996 Seeadler - gestern und heute. Hoyer Verlag, Galenbeck 2004 13 E-Books von Wolf Spillner Der Alte vom Hammer. Eine Bilderbuchgeschichte aus den Bergen der Schweiz Corinna wird von ihren Mitschülern aus der 3. Klasse beneidet. Ihr Vater ist Wildhüter und nimmt sie oft mit in die Berge. Die Sennen haben gesehen, dass der alte Steinbock lahmt? Wird es so schlimm sein, dass ihn der Wildhüter erschießen muss, weil er mit seiner Verletzung nicht überleben kann? Corinna darf den Vater bei der gefährlichen und anstrengenden Suche nach dem Alten begleiten und bangt um sein Leben. Wolf Spillner bereicherte diese schöne Geschichte mit wunderbaren Fotos. Der Bachstelzenorden Gäbe es ihn, Hannes hätte ihn verdient: den Bachstelzenorden. Und nicht nur, weil er Stapellauf, Auszeichnung und Fernsehkamera davonlief, um ein Bachstelzennest zu retten. - Eines Tages hält Gustav seine Lok vorschriftswidrig an. Seltsam, denkt er, dass die Vögel nicht nach der Seite davonfliegen, sondern immer gegen die fahrende Lok prallen und sterben. Und er beschließt, der Sache auf den Grund zu gehen. Wolf Spillner hatte als Junge den großen Wunsch, einen Hund zu besitzen. Der erfüllte sich schließlich, doch was dann geschah, ist ihm auch heute noch Anlass, in seinen Geschichten von Menschen und Tieren zu erzählen, von keinen besonderen Menschen und keinen exotischen Tieren, sondern solchen, denen man überall begegnen kann, schaut man nur 14 richtig hin. Die Erzählung „Ein Denkmal für Fritz Schmahl“ wurde unter dem Titel „Ein Wigwam für die Störche“ vom Fernsehen der DDR 1985/1986 verfilmt (mit Erwin Geschonneck in der Hauptrolle). Der Riese vom Storvalen. Eine Bilderbuchgeschichte aus Härjedalen Björn-Eyvind lebt mit seinen Eltern einsam in den Bergen. Er hat einen weiten Weg zur Schule, im Winter auf Skiern, im Sommer mit dem Fahrrad. Aber er ist schon groß, er geht schon in die 2. Klasse. Viele Tiere kann er auf dem Schulweg beobachten: Rentiere, balzende Auerhähne, die drolligen Brushähne. Gern besucht er seinen Freund Rune Axelson. Rune ist ein Bauer und hat vor sein Anglerhaus ein Schwein abgelegt, als Winterfutter für den Adler. Doch plötzlich kommt ein Riese den Berg hinab. Björn-Eyvind läuft und läuft, bis ihm die Beine versagen. Die Baumräuber Ein Jäger wohnte mit seiner Frau allein am Waldrand. Er war sehr mutig und schoss Bären, Wölfe und Wildschweine. Nur vor den Räubern, die mitten im Walde in einem riesengroßen Baum hausten, hatte er wie alle anderen große Angst. Doch eines Tages verfolgte er ein besonders großes Wildschwein und gelangte dabei zum Lager der Räuber. Zum Glück waren diese betrunken und schliefen ihren Rausch aus. Nur der kleine Jäger, der noch ein Kind war und keinen Alkohol 15 trinken durfte, wachte und schlug Alarm. Vor Schreck gab der Jäger einen Schuss ab, der den Hut des kleinen Räubers traf. Kein Räuber durfte seinen Hut abnehmen und das schon seit vielen Jahren. Ihr könnt euch denken, dass die Räuber weder Seife noch Kamm kannten. Aber nun gab es zwei Löcher in dem Hut des kleinen Räubers, durch die die Meise zu ihren Jungen fliegen konnte, die auf dem Kopf des kleinen Räubers ein Nest besaßen. Die Hexe mit der Mundharmonika Die Begegnung mit der Natur ist wie der Kontakt mit einem Menschen. Man muss hinsehen, zuhören und sich einstellen können, darf nehmen, aber auch geben und muss sich, wenn nötig, einsetzen, dann kann im Miteinander Liebe und Freundschaft wachsen. Dass dieses Einanderverstehen nicht immer leicht ist, erfährt Kerstin. „Du bist ein Sprüchemacher“, ruft sie ihrem Vater zu, der seinen Worten unerwartete Taten folgen lässt. Der alte Mann erfährt, dass seine Gemeinschaft mit den Vögeln ihm nicht allein gehören darf. Mit den Vögeln und den Jungen wird er reicher, die Gemeinschaft schöner. Wolf Spillners Sorge gilt in den neun Geschichten den alltäglichen Begegnungen, in denen sich die Haltung der Menschen zeigt. Durch Urwald und Dünensand. Aus Naturschutzgebieten und Nationalparks der CSSR, der Volksrepublik Polen und der DDR Für dieses Buch ist Wolf Spillner fast dreißigtausend Kilometer 16 gefahren und viele Hundert Kilometer gewandert und geklettert. Bekannte und unbekannte Pflanzen und Tiere in geschützten Landschaften wollte er beobachten und fotografieren, um darüber berichten zu können. So kam er in verschiedene Naturschutzgebiete und Nationalparks in der Volksrepublik Polen, in der CSSR und in der DDR. Von den Seen der wilden Gänse und seltenen Schwarzhalstaucher seines mecklenburgischen Dorfes, über die im Frühjahr und Herbst die Seeadler fliegen, ist er zu den scheuen Wisenten gefahren und vor ihnen davongerannt. Durch glutheißen Sand der Wanderdünen an der Ostsee ist er gestapft und durch den Sommerschnee der Hohen Tatra, dort, wo die Karpatengämsen leben. In den regennassen Waldbergen der Bieszczady hat er den Schwarzstorch auf seinem Nest gesehen und die seltene, kleine Orchidee Korallenwurz auf der Insel Rügen. Unter der Tarnkappe seines Versteckzeltes hat er mit Notizbuch und Kamera auf Bäumen und im Sumpf, zwischen Felsgeröll und im Schnee gesessen, um die scheuen Tiere zu belauschen und Bilder von ihrem Leben für dieses Buch zu sammeln. Das war nicht immer leicht. Aber es war immer schön, denn viele freundliche Menschen, die sich in den Reservaten und Nationalparks um den Schutz der Natur sorgen, haben ihm sehr geholfen. Nur so konnte dieses Buch im Laufe einiger Jahre entstehen. Spillner hat viel von der Schönheit der Natur gesehen und doch nur einen Teil vom Reichtum unseres blauen Planeten. Gänse überm Reiherberg „Was ist das schon, so’n Hund, gar nichts ist das. Der rennt dir 17 bloß hinterher, weil er Kohldampf hat und Fleisch haben will. Gar nichts ist das! ... Eine Wildgans ziehe ich mir auf, dass ihr’s wißt. Und die wird zahm und fliegen. Hinter mir her. Die kommt sogar wieder, im nächsten Jahr wieder, verlasst euch drauf! Und nicht weil sie Kohldampf hat.“ Knuppe lässt diese Idee nicht los, eine Idee, für die er nur bei wenigen Verständnis findet. Er lebt in einem Dorf am See, und dieser See ist einer der selten gewordenen Brutplätze der Graugänse. Aber bis alle im Dorf das begriffen haben, gibt es Streit zwischen den LPG-Bauern und den Naturschützern, bei den Jägern und Anglern, Krach mit Freund Kalle und — tatsächlich Ohrfeigen vom Vater. Im Walde wohnt der schwarze Storch Anna kennt sich im Wald aus, denn ihr Vater ist Förster. Ihr Vater hat sie oft auf seine Jagdkanzel in der Nähe des Weihers mitgenommen. Dorthin kommen die Wildschweine. Als sie ihrem vater die vergessenen Kiefernpflanzen nachbringen will, steigt sie noch schnell neugierig auf die Kanzel hinauf. Plötzlich entdeckt sie ein großes Nest auf einem Baum. Da ist ja auch ein großer Vogel, der rasch davonfliegt. Es ist ein Märchenvogel. „Gibt es Störche, die schwarz sind, oder bunt und mit roter Brille um die Augen?“, fragt sie aufgeregt ihren Vater? Niemand außer den Eltern darf von ihrem großen Geheimnis wissen. Noch nie haben die seltenen Schwarzstörche in ihrem Wald gebrütet und sie sollen doch im nächsten Jahr wiederkommen. Wunderbare Fotos von Wolf Spillner ergänzen die schöne Geschichte für Kinder ab 4 Jahre. 18 Schätze der Heimat Große und kleine Naturschutzgebiete – von der Kreideküste der Insel Rügen bis zu den Höhen des Thüringer Waldes, von den Wiesensteppen im Odertal bis zum Lindenwald in der Altmark – sind die Schatzkammern unserer Heimat. Sie bewahren den Reichtum der Natur. Aus der Fülle von über siebenhundert Reservaten stellt Wolf Spillner jeweils ein Naturschutzgebiet aus jedem Bezirk der DDR in anschaulichen Texten und beeindruckenden Farbfotos vor. Schmetterlinge Schmetterlinge sind für uns meist nur die bunten Tagpfauenaugen, die gelben Zitronenfalter, die hellen Weißlinge oder andere farbschöne Tagfalter im Sonnenschein. Flattert uns jedoch ein kleines, unscheinbar braungraues Tier im Haus oder gar aus dem Kleiderschrank entgegen, dann heißt es meist entsetzt: Das ist eine Motte! Eine Motte aber will schon nicht mehr so recht in unsere Bildvorstellung von Schmetterlingen passen. Noch weniger wollen wir an Falter glauben, wenn sich am Abend oder in der Nacht dick bepelzte und behaarte Fluginsekten vor der Fensterscheibe versammeln oder burrend und schwirrend im hellen Licht um die Straßenlaternen kreisen. Doch viele dieser seltsam anmutenden fliegenden »Geister der Nacht« gehören auch in die große Ordnung der Schmetterlinge. Wir brauchen nur genau zu beobachten, dann merken wir bald, dass sie gemeinsame Merkmale haben, die sie deutlich von anderen Insekten unterscheiden. 19 Die zweitgrößte Ordnung des Tierreiches bilden die Schmetterlinge mit schätzungsweise 150 000 Arten. Wie viele es wirklich sind, wissen nicht einmal die Fachleute ganz genau, denn noch werden ständig neue Arten entdeckt. In dieser nahezu unüberschaubaren Fülle gibt es Riesen mit einer Flügelspannweite von 30 Zentimetern, wie die südamerikanische Graue Rieseneule. Sie ähnelt im Flug einer Fledermaus. Winzlinge, zum Beispiel unsere heimischen Zwergmotten, dagegen breiten ihre feinen Flügel nur ein paar Millimeter weit aus. Wir kennen aber auch flügellose Schmetterlinge, beispielsweise die Weibchen der Sackspinner und des Frostspanners. Andererseits gibt es Wanderfalter mit erstaunlichen Flugleistungen. Der Monarch, ein Tagfalter des amerikanischen Kontinents, fliegt im Herbst wie ein Zugvogel von Kanada bis nach Mexiko. Hervorragende Flieger sind auch die Schmetterlinge aus der Familie der Schwärmer. Schmale Flügel tragen ihre dicken, spindelförmigen Leiber schneller durch die Nacht, als Autos innerhalb von Ortschaften fahren dürfen! Sie erreichen Fluggeschwindigkeiten von mehr als 50 Kilometern in der Stunde. Der Totenkopfschwärmer wandert vom Mittelmeergebiet bis nach England. Falter leben rund um die Erde bis zu den arktischen und antarktischen Regionen. Die meisten Arten sind in den Tropen und in den Subtropen zu Hause. Dort gibt es die schönsten und größten Schmetterlinge. Aber auch in Mitteleuropa sind mehr als 3 000 verschiedene Falterarten anzutreffen. Manche können mit ihren Verwandten aus den warmen Ländern an Schönheit wetteifern, wie Schillerfalter, Bären und Ordensbänder. Es wäre jedoch falsch, Schmetterlinge allein 20 nach ihrer Schönheit zu beurteilen. Viel interessanter ist ihr Leben. Davon will dieses Buch einiges berichten. Staatenbildende Insekten Diese kleine Insektenkunde erzählt vom Jahresstaat der Wespen und Hummeln, berichtet über die soziale Gemeinschaft eines Bienenvolkes, das in einem Dauerstaat lebt, und hilft auch, das scheinbar heillose Durcheinander eines Ameisenhügels zu verstehen. Die mannigfaltige und in der Natur nicht in allen Einzelheiten beobachtbare Lebensweise der staatenbildenden Insekten wird eindrucksvoll und leicht verständlich in Wort und Bild dargestellt. Taube Klara So kannte Hannes seine Mutter noch nicht: Opas Lieblingstaube Klara hing tot in ihrer Hand. Sicher, resolut war Mutter schon immer, der Kapitän zu Hause, obwohl doch Vater auf großen Schiffen zur See fuhr. Aber Mutter war auch verständnisvoll, lieb und vor allem: hilfsbereit. Nicht einen Augenblick hatte sie gezögert, mit dem Schlitten in der Weihnachtsnacht durch Kälte und Schnee zu ziehen, um den hilflosen Nachbarn Pinkau zu holen, dem andere die Hilfe verweigerten. Doch Klara töten? Omas einzige Gefährtin nach Opas Tod? Gewiss, Mutter hatte sich vor ihr geekelt, vor dem Taubendreck in der Küche, sie fürchtete um Omas Gesundheit und würde Oma am liebsten mit nach Berlin nehmen. - Zwei Weihnachtstage zu Besuch am Jammerfeld - Hannes wird sie nie vergessen. 21 Das Buch erschien 1987 bei: Der Kinderbuchverlag Berlin. Es wurde in acht Sprachen übersetzt und 1991 mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet. Wasseramsel Wasseramsel — das ist nicht nur der Name des seltenen Vogels, den Winfried und Ulla entdecken, der unter Wasser laufen kann und angeblich die Fischbrut aus dem Forellenteich frisst. Winfried nennt auch Ulla so, seit er sie zum ersten Mal sah, als sie im angestauten Waldbach badete. Zwischen beiden entsteht eine große Liebe, obwohl Winfried bisher nur Freude an schnellen Motorrädern fand und seine Mutter ihn noch zu jung für „Mädchengeschichten“ hält. Und dann hängt Ullas Bild auf der Ausstellung zum Heimatfest, es zeigt das schöne Tulbachtal im Landschaftsschutzgebiet, bevor dort Winfrieds Vater ein Haus baute und einen Forellenteich anlegte. Eines Tages ist Winfried fort, das Haus seiner Eltern verwaist, kein Zeichen, kein Brief gibt Ulla Nachricht. Das Buch wurde von der DEFA unter dem Titel „Biologie“ verfilmt und 1989 fertiggestellt, kam nicht in die Kinos und wurde bisher nur einmal vom ZDF gesendet. Zwischen Alpen und Eismeer Seit jenem regennassen Herbsttag, an dem ich als 13-Jähriger die Lachmöwe in den Harzbergen fand, wollte ich wissen, wie Vögel und andere Tiere in ihrer Umwelt leben. Dazu nutzte ich immer wieder meine Freizeit. Um ihnen nahe zu sein, verbarg ich mich unter der Tarnkappe eines Versteckzeltes auf 22 Bäumen und im Sumpf. Mit dem Auge der Kamera habe ich über viele Jahre versucht, ihr Verhalten in fotografischen Bildern auch für andere sichtbar zu machen. Manchmal ist es gelungen. Dafür bin ich gewandert, geklettert und weit gefahren, habe geschwitzt und sehr viel mehr noch gefroren. In den Stunden der Beobachtungen, die zu Wochen, Monaten und Jahren wurden, fand ich ein paar Körnchen an neuem Wissen. So führte die kindliche Neugier und die Freude an eigenen Entdeckungen von der toten Lachmöwe am Hang auf manchem Umweg zu meinem ersten Buch vom »Wald der großen Vögel«. Darin beschrieb ich, was mir nach dreijähriger Beobachtung bei Graureihern, Mäusebussard und Habicht aufgefallen war. Andere Bücher folgten, und den Büchern folgten Einladungen, auch in anderen Ländern Tiere zu beobachten und zu fotografieren. Auge in Auge mit den frei lebenden Tieren zu sein, von denen manche bedroht und gefährdet sind, wurde so zu einem Teil meiner Arbeit. Und schließlich kam ich zu jenen Vögeln im hohen Norden, von denen ich als Junge geträumt hatte. Ich traf auch andere Tiere, von denen ich damals noch nichts wusste. Von diesen Begegnungen will ich hier berichten. 23 Inhaltsverzeichnis Impressum KLEINE INSEKTENBIOLOGIE EINSAME BIENEN, KOLONIEBRÜTER UND STAATEN Wolf Spillner E-Books von Wolf Spillner 24 2 3 7 10 14
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