aus der anthroposophischen Arbeit in Deutschland Ausga b e 5 / 2 0 15 Ma i Erlösung und Auferstehung (an) Wie oft hört man von den Texten Rudolf Steiners diese seien zu schwierig, und man könne heute damit in der Öffentlichkeit nicht mehr wirken. Doch so einfach liegen die Dinge bei Steiner nicht. Im sogenannten «Hüllenzyklus» (20.3. 1913, GA 145) macht er deutlich, dass durch eine esoterische Entwicklung im Sinne der Anthroposophie sich die inneren Organe, vor allem das Gehirn innerlich zu lockern und zu differenzieren beginnen. Dadurch entstünde aber die Tendenz, sich vom Irdischen lösen zu wollen. Um eine Entfremdung dem Irdischen, auch dem eigenen Gehirn gegenüber zu verhindern, habe er seine Texte, z.B. die «Theosophie» bewusst so kompliziert und auch abstrakt schreiben müssen, damit der denkende Mensch dadurch die sich differenzierenden Teile seine Gehirns weiter nutzen und bewusst ergreifen könne. Nicht nur um die Erlösung, sondern eben auch um die Auferstehung geht es in der Anthroposophie. «Probierendes Bildschaffen» nennt Christof Lindenau seine Methode des Umgangs mit Mantren. Seine Thesen dazu auf Seiten 2 und 3 Neues aus der Meditationsszene berichtet Anna-Katharina Dehmelt aus ihrem regelmäßig online erscheinenden Rundbrief. Seite 3 Neues aus Dornach erfahren wir durch Hartwig Schillers Bericht von der Generalversammlung und dem Treffen der Generalsekretäre vor Ostern. Seite 4 «Aenigma» nannte sich eine Künstlergruppe, die zu Lebzeiten Rudolf Steiners seine künstlerischen Impulse aufgriff und weiter entwickelte. Eine Ausstellung in Olmütz in Tschechien stellt diese anthroposophischen Künstler nun erstmals ins Licht der Öffentlichkeit. Ein Bericht von Hartwig Schiller auf Seite 4 und 5 Nikolaus von Kues Leben in Krieg und Frieden Barbara Messmer In den Mitteilungen April/2015 versuchte ich im Aufsatz «Kein Friede ohne Denken», das Vermögen und die Grenzen des Denkens in Bezug auf den Frieden zu zeigen. Der größte Konflikt entsteht immer wieder dadurch, dass etwas leicht und schnell begriffen, aber damit noch lange nicht im Leben realisiert werden kann. Aspekte aus dem Leben des Nicolaus Cusanus (auch Nikolaus von Kues genannt, 1401 – 1464) fügten sich für mich zu einem Beispiel für diese Diskrepanz von Denken und Handeln zusammen.1 So soll hier anhand einer biographischen Skizze gezeigt werden, wie ein hervorragender Denker, dem Rudolf Steiner die modernste Ausformung der Denkmystik im ausgehenden Mittelalter und tiefe geistige Erlebnisse bescheinigte, gegen Lebensende bei der Konfrontation mit Krieg und Frieden ins Stolpern geriet. Diese Gedanken sind als Vorbereitung auf die Tagung der Deutschen Landesgesellschaft in Kassel gedacht. Nikolaus aus Bernkastel-Kues war in unserer heutigen Terminologie Erkenntnistheoretiker, Mystiker und Mediator zugleich. Als promovierter Rechtsgelehrter, studierter Theologe und Priester stieg er in den Kirchenämtern bis zum Kardinal auf. Bereits mit 31 Jahren wurde er zum Reformkonzil nach Basel entsandt, wo er es nach vier Jahren verstand, durch seinen Wechsel von der gegenpäpstlichen Partei auf die Seite des Papstes das ganze Konzil in diese Richtung zu leiten. Schlagartig wurde er berühmt und hohe Kirchenfürsten, sogar der Papst, setzten ihn als Vermittler bei Fehden um Bistümer ein, als Vertreter auf Reichstagen, als Schlichter zwischen christlichen Sondergruppen und Rom. Auch bei Streitereien unter weltlichen Herrschern oder ganzen Ländern, ja selbst bei Heiratsvermittlungen von Adligen soll sein Verhandlungsgeschick und sein weitreichender Scharfsinn gefragt gewesen sein. So zieht sich die Aussöhnung von Gegensätzen, das Vermitteln in Konflikten, also Friedens arbeit, als ein Motiv durch sein Leben. Auf seiner großen «Reformreise» 1451/52 zog er kreuz und quer durch die deutsch sprachigen Lande (zu Pferd!) und führte in Kirchen und Klöstern «Visitationen» durch, bei denen er Glaubensfestigkeit, Kirchentreue, religiöses und sittliches Leben (z.B. Einhaltung der Klosterregeln) überprüfte. Als päpstlicher Gesandter war er befugt, disziplinarische Maßnahmen anzuordnen und notfalls Ämter neu zu besetzen. Er verstand sich als Reformator zum Heil der Kirche und wusste, dass er dabei in heftige Auseinandersetzungen geraten würde. An diesen Fronten musste er all sein in der Scholastik geschultes Denken, seine glänzende Redekunst und seine feurige Überzeugung von der Einheit der Kirche einsetzen, um erfolgreich zu sein. So war auch der Kampf auf geistig-moralischem Gebiet ein Lebensmotiv. Da Nikolaus von Kues zeitlebens mit Vermittlungs- und Reform-Aufgaben betraut wurde, schuf er sowohl Frieden als auch Krieg. Das Interessante an seiner Biographie ist nun, dass diesem tätigen Mann und scharfen Denker drei höhere Denkerlebnisse zuteil wurden, die alle die Möglichkeit beinhalteten, die Gegensätze und Streit auf einer höheren Stufe zu vereinen. Diese geistigen Erlebnisse schildert er (verschlüsselt in der dritten Person) in seinen Werken. Das erste davon erlebte er mit 37 Jahren, zwei Jahre nachdem er das Konzil zu Basel «reformiert» hatte. Als Vermittler zwischen dem römischen Papst (Westkirche) und dem byzantinischen Patriarchen (Ostkirche) wurde er nach Konstantinopel geschickt. Auf der Rückreise, auf dem Schiff im Mittelmeer, hatte er ein Denkerlebnis, das er «visio intellectualis» nannte. Es eröffnete ihm die Vereinigung aller Widersprüche auf der höchsten Stufe der «Einfachheit», die heute berühmte «coincidentia oppositorum», die er in dem Werk «Von der gelehrten Unwissenheit» (De docta ignorantia, 1440) darlegte. Anhand von geometrischen Beispielen demonstrierte er, dass im Unendlichen (in Gott) die Polaritäten in eins zusammen fallen. Dies warf ein neues Licht auf die GegenFortsetzung Seite 2 1 Anthroposophische Gesellschaft Fortsetzung von Seite 1 sätze Krieg und Frieden und half ihm sicher bei seinen Schlichtungsaufgaben. 1450, zwölf Jahre später schilderte er in den sogenannten «Idiota»- Schriften, wie ein Laie (lateinisch «idiota») einen gelehrten Humanisten und ihn selbst als geschulten Denker weisheitsvoll belehrt. Ein einfacher Mann aus dem Volk äußert sich zu den schwierigsten Themen so, dass die beiden anderen Einsicht um Einsicht gewinnen und merken: dieser ist in die unbegreiflichsten Dinge eingeweiht, aber wir wissen nichts! Indem Nikolaus von Kues diesen Vorgang als Dreier-Gespräch (nicht als Dialog) gestaltet, misst er Erkenntnisfort schritten in einer Gemeinschaft viel Bedeutung zu. Das intuitive Eintauchen in die geistige Aktivität eines anderen, das er so lebendig beschreibt, muss er gekannt haben. Wir würden mit den Worten Rudolf Steiners sagen: er hat das Erwachen am Seelisch-Geistigen eines anderen erlebt. Nikolaus von Kues stellte damit nicht nur das Bildungsverständnis auf den Kopf, sondern demonstrierte Bildung als geistiges Entwickeln des einen durch den anderen. Auch hier werden die Gegensätze zwischen Menschen überwunden, wenn erst die Verständigungsebene erreicht ist, die Rudolf Steiner fast 450 Jahre später in seiner «Philosophie der Freiheit» als «gemeinsame Ideenwelt» bezeichnet. Bereits drei Jahre später widerfuhr Nikolaus von Kues das dritte Erlebnis, das er «visio» nannte, am ehesten vielleicht als reines, zum Bild gewordenes Denkerlebnis zu verstehen. Er weilte in Rom und erfuhr von der Eroberung Konstantinopels am 29. Mai 1453 durch den türkischen Sultan. Es hieß, 40.000 christliche Einwohner wären ermordet, 50.000 versklavt worden. Nikolaus von Kues, der die Stadt und ihre Kunstschätze kannte und liebte, wurde durch die Kunde von ihrer Zerstörung, vom Sieg des Islam und von der Christenverfolgung so erschüttert, dass er tagelang mit einem tieferen Verstehen dieses Geschehens, das heißt mit Gott rang. Später berichtete er in seiner Schrift «de pace fidei» (Über den Frieden im Glauben), wie er den Schöpfer anflehte, den Religionskriegen Einhalt zu gebieten. Da wurde er zu einer geistigen Höhe entrückt («quandam intellectualem altitudinem»2 und nahm an einer Art Konferenz von Vertretern unterschiedlicher Religionen vor Gottes Thron und in Anwesenheit von Heiligen und himmlischen Wesen teil. Durch diesen Disput wurde ihm aus kosmischer Perspektive eine Möglich keit für einen dauerhaften Frieden unter den Religionen klar. «de pace fidei» ist heute hochaktuell, weil es einen Weg zeigt, «Interreligiö sität» und religiöse Toleranz zu denken.3 Doch was passierte nun im Leben dieses Mannes, der mit solch tiefen Einsichten in Möglichkeiten zum Frieden beschenkt wurde? Er erlebte Streit, Flucht, Krieg, Belagerung, Gefangenschaft und Lebensgefahr und hatte das alles mit verursacht. Worum ging es? Um den Besitz des Fürstentums Brixen (in etwa das heutige Mittelösterreich und Südtirol), also um Grundbesitz, Einkünfte aus Ländereien und Verfügung über Klöster. Nikolaus von Kues wurde 1452 vom Papst zum Bischof von Brixen ernannt und sollte das Bistum wirtschaftlich sanieren, das Herzog Sigismund von Tirol finanziell ausgeblutet hatte. So begann er wieder mit Kloster- und Kirchenreformen durchzugreifen. Er hatte jedoch in dem Herzog und einer adligen Äbtissin (Verena von Stuben) erbitterte Gegner, so dass ein jahrelang schwelender Rechtsstreit 1457 eskalierte. Nikolaus fühlte sich nach einem Überfall so bedroht, dass er sich auf eine Burg am Rande des Bistums zurückzog. Zunächst revanchierte er sich mit Interdikt und Bann gegen Verenas Kloster (Verbot aller kirchlichen Amtshandlungen). Als das nichts nützte, veranlasste er den Papst, das ganze Sigismund zugehörige Gebiet mit dem Interdikt zu belegen. Daraufhin brach im Frühjahr 1458 ein bewaffneter Kampf aus, bei dem unter den Truppen beider Seiten und mitkämpfenden Bergbauern Blut vergossen wurde. Der Bischof konnte nicht gewinnen und verließ im Herbst das Bistum. Was passierte nun? Nikolaus von Kues kehrte eineinhalb Jahre später zurück, um den Machtkampf fortzusetzen. Diesmal geriet er in Lebensgefahr, denn Herzog Sigismund belagerte den Ort Bruneck, in dessen Schloss Nikolaus weilte, und eroberte ihn am Karsamstag 1460. Nikolaus von Kues, gefangen und ausgeliefert4, verzichtete auf das Fürstentum und alle Ansprüche, um sein Leben zu retten, und verließ Brixen für immer. Wie konnte es geschehen, dass ein so klarer Denker, der einen dreifachen Weg zum Frieden kannte, sich hinreißen ließ, mit kriegerischen Mitteln um Ländereien zu streiten? Zwar ging es ihm nie um persönlichen Wohlstand, denn er lebte immer bescheiden und asketisch. Auch ist seine Identifikation mit dem Reichtum der Kirche sowie sein Eifer im Einsatz aus der damaligen Zeit und seinem Amt verständlich. Doch muss mehr Durchsetzungswille als sinnvoll ist ihn geleitet und ihn aus der Ruhe des Denkers gebracht haben, so dass er die Lage nicht mehr realistisch einschätzen konnte. Liegen Friede unter den Religionen und Bistumskrieg so weit auseinander? Für mich wurde dies zum Beispiel, wie schwer es ist, Einsichten bis in den letzten Winkel des Lebens umzusetzen. Doch er wäre nicht Nikolaus von Kues gewesen, wenn er diese alptraumartigen Erlebnisse nicht denkend verarbeitet hätte. Er zog aus dem Scheitern und Gesichtsverlust einen spirituellen Gewinn, wie er im bereits im Juni 1460 an einen befreundeten Bischof schrieb.5 In dem Brief bejahte er alle Schrecken und Todesängste, da sie ihn belehrten, dass seine Absicht, Kirchengüter zu vermehren, ein Irrtum war. «Das Almosen für die Armen, nicht der Reichtum der Bischöfe muss durch die ... Einnahmen der Kirche vermehrt werden.» 1 Dabei dienten mir als Quelle neben Schriften des Nikolaus vor allem Ekkehard Mefferts Buch: «Nikolaus von Kues. Sein Lebensgang. Seine Lehre vom Geist», Stuttgart 1982 sowie diverse Schriften von Prof. Dr. Harald Schwaetzer (Trier), der mir zudem wertvolle Hinweise für diesen Text gab. Dafür danke ich ihm sehr! 2 Vgl. Meffert, S.79. Meffert interpretiert das Erlebnis als Einblick in die «übersinnliche Michaelschule», wie sie von Rudolf Steiner geschildert wird. 3 Diesen Standpunkt legt Harald Schwaetzer in «Toleranz als Spiegel der Wahrheit» (2005) dar. 4 Ausgerechnet in der Karwoche erlebte Nikolaus die Todesgefahr. Meffert weist darauf hin, dass der Krieg während Nikolaus‘ 3. Mondknoten (mit 56 Jahren) begann. 5 Vgl. Meffert, S. 84 Vom «probierenden Bildschaffen» der meditativen Arbeit Sieben Thesen zur mantrischen Kunst Die von Rudolf Steiner inaugurierte Geistes forschung – bis in die Karmaforschung hinein – unterscheidet sich von einer auf Sinnes beobachtung und Verstandestätigkeit gestützten Naturforschung dadurch, dass sie die sinnenfällige Wirklichkeit um uns als ein Spiegelbild der von ihr zu erforschenden geistigen Wirklichkeit auffasst. Demgemäß sieht sie die Aufgabe ihres Forschens darin, bewusst den Weg von dem jeweiligen Spiegelbild zu dem zu finden, was sich in diesem Bild spiegelt.1 Das Finden dieses Weges durch meditative Arbeit und deren «mantrische Kunst» vor- 2 zubereiten, setzt daher verständlicherweise ebenfalls voraus, alles sinnenfällig Gegebene, an das diese Arbeit anknüpft – sei es ein Bild, sei es ein Spruch – auch als Spiegelbild zu behandeln. (Sogar dann, wenn dabei an eine einzige sinnenfällige Wahrnehmungsqualität angeknüpft wird.) – «Was ich hier gegeben habe, ist nur die eine Hälfte», sagt Rudolf Steiner sinngemäß einmal bei der Übergabe eines zur Meditation bestimmten Spruches. «Die andere Hälfte jedoch müssen Sie aus eigener spiritueller Aktivität hinzufügen.» Das aber setzt voraus, dass jeder meditativ Arbeitende in sich die Frage entzündet, worin denn diese Aktivität konkret zu bestehen hat. – «Das Was bedenke, mehr bedenke wie! » sagt Goethe auch hier wegweisend. Denn indem sich der meditativ Arbeitende zunächst auf das jeweils vorgegebene Bild oder Spruchwort usw. konzentriert, knüpft er eindeutig an ein «Was» an. Will er aber die an diese Konzentration anschließende Meditation dadurch beginnen, dass er dieses sinnenfällig Vorgegebene als ein Spiegelbild von etwas auffasst, so kommt sogar ein dreifaches «Wie» in Betracht. Denn indem er fragt, was sich in diesem Bilde Anthroposophie Weltweit • Mitteilungen Deutschland, Mai 2015 Anthroposophische Gesellschaft spiegelt, ist er nicht nur darauf angewiesen, nach etwas zu fragen, was er noch nicht kennt; sondern – ungewiss, ob es ihm wohl gelingt, sogleich taugliche «Antworten» auf dieses Fragen zu finden – auch darauf angewiesen, auf dreimal unterschiedliche Weise etwas zu praktizieren, was Rudolf Steiner einen «probierenden Glauben» nennt! – Da ja hier jeweils als das Übersinnlich-Lebendige in das Spiegelbild eines sinnenfällig Gegebenen verzaubert und verbannt ist, stehen jeder von uns zunächst vor der Frage, wie es gelingen kann, dieses übersinnlich Lebendige zu entzaubern und zu befreien? Zuallererst dadurch, dass wir lebendige «Gebärdenbilder» erfinden, um sie versuchsweise («probierend») an jenes noch Unbekannte heranzutragen, mit dem unser strebendes Ich ohne unser Wissen intuitiv verbunden ist. – Indem wir uns nun darum bemühen, bemerken wir allerdings über kurz oder lang, dass und wie wir auch selbst in unsere Vorlieben und Abneigungen «verzau- bert», selbst in die Einseitigkeiten unserer Vorurteile «gebannt» sind. Und so entsteht als ein zweites für jeden von uns die Frage, wie wir uns selber von diesem Zauberbanne befreien. Um diese Befreiung zu ringen beginnen wir bereits, wenn wir den aufrichtigen Mut finden, uns selber versuchsweise Bilder unserer eigenen Einseitigkeiten und Vorurteile – kurz also: «Selbstbilder» – zu machen. Wie jedoch das eigentliche Gelingen eines Kunstwerkes stets auch davon abhängt, dass wir dabei über das jeweils vorher Erübte hinauskommen, so verhält es sich auch in der «mantrischen Kunst». Im Klartext: Damit wir uns jenen «Wahrbildern» dessen, was sich eigentlich in jenen «Spiegelbildern» spiegelt, immer mehr nähern können, müssen wir über das wiederholte Erfinden jener lebendigen «Gebärdenbilder», aber auch über den notwendigen Mut, uns die beschriebenen «Selbstbilder» zu machen, noch hinauswachsen. Dies aber können wir – wie in aller anderen künst- lerischen Arbeit auch – letztlich nur erbitten. Statt einer Zusammenfassung: Je mehr die hier aufgezeigte Art meditativer Arbeit zu einem meditativen Forschen wird, um so deutlicher zeigt sich, dass die eigentlichen «Lehrer» der hier gemeinten «Meditations-Kunst» dieselben Geistwesen sind, an die sich vor der Abend meditation und nach der Morgenmeditation zu wenden – um jeweils die Arbeit des nächsten Tages vorzubereiten – Rudolf Steiner geraten hat. (So am 9. September 1919 – um 9 Uhr vormittags. Und zwar jenen seiner Mitarbeiter, die im Begriff waren, an diesem Tage die Arbeit der ersten Waldorfschule zu beginnen.) Christof Lindenau, Bochum 1 Vgl. dazu auch Rudolf Steiner im Autoreferat seines Vortrages Die psychologischen Grundlagen und die erkenntnistheoretische Stellung der Anthroposophie vom 8. April 1911 vor dem Philosophenkongress in Bologna (in GA 35). Aktuelles aus dem Bereich der Anthroposophischen Meditation Meditation im Kino – das ist noch relativ neu, insbesondere wenn nicht nur beiläufig meditiert wird, sondern Meditation das Thema des Films ist. «Stopping – Wie man die Welt anhält – Wege zur Meditation» startete am 26. Februar in den deutschen Kinos; sicherlich wird es ihn demnächst auch als DVD geben. Der Film begleitet vier Personen zu ihren Meditationskursen, in denen sie Vipassana- und Zen-Meditation lernen, einen MBSR-Kurs nach Jon Kabat-Zinn besuchen und an den Quellhof fahren zu einem Kurs mit Thomas Mayer und Agnes Hardorp in anthroposophischer Meditation. Die Gruppe beschäftigt sich in diesem Kurs unter anderem mit einem Stein, und die Erfahrung, die Welt und den Alltag als beseelt zu erleben, wird als Besonderheit anthroposophischer Meditation deutlich. Man bekommt von den verschiedenen Ansätzen durchaus einen plastischen Eindruck, weil auch die Kurs- und Meditationshäuser und die dort jeweils Lehrenden gezeigt werden. Während sich «Stopping» in erster Linie an Menschen wendet, die bereits ein erstes Interesse an Meditation entwickelt haben, geht «From Business to Being» davon aus, dass es «in unserer Gesellschaft eine Überinterpretation der Leistung und eine Unterbetonung des Seins» gibt, wie die Neurowissenschaft lerin Tania Singer es formuliert. «Gute Führung heißt, in sich zu ruhen», so Rudi Ballreich, der die Entstehung des Films begleitet hat und Gesprächspartner eines der drei Protagonisten mit der Frage «Wie will ich leben und arbeiten?» ist. Dabei spielt Meditation eine Rolle, aber auch Coaching und das Nachdenken über die (Wirtschafts)-Welt. Zu Wort kommen unter anderem Friedrich Glasl, Claus Otto Scharmer, Götz Werner und Arthur Zajonc, die alle von der Anthroposophie inspiriert sind, was aber vor allem in der originellen und eigenständigen Art ihres Umgangs mit den angesprochenen Fragen zum Ausdruck kommt. «From Business to Being» war bereits vorab vereinzelt zu sehen, zum Beispiel auf der Ost-West-Mediationstagung im März in Stuttgart, die offizielle Premiere wird auf dem Dokumentarfilmfestival in München sein. Auch diesen Film wird es mittelfristig sicherlich als DVD geben. (www.business2being.com) Die Bildsprache der beiden Filme ist ähnlich, indem sie – neben den Menschen – vor allem Natur filmen: als wogenden Baum, plätschernden Bach oder beeindruckende Alpenkulisse mit stets blauem Himmel, in dem manchmal ein Vogel kreist. Bei «From Business to Being» gibt es zwischendurch gelegentliche Kamerafahrten durch Hochhauslandschaften. Wenn sich auch beide Filme bemühen, ihr Thema ruhig und achtsam anzugehen, ist man am Ende doch abgefüllt mit einer Menge an Inhalt und an Eindrücken. Man darf gespannt sein, wie sich das Medium Film für das Thema Meditation bewähren wird. Von der Ost-West-Meditationstagung Anfang März in Stuttgart wurde bereits von Andreas Neider in der letzten Nummer berichtet, und im Aprilheft von «Die Drei» gibt es einen Bericht von Terje Sparby. Dieser Bericht hat die Aufmerksamkeit des Portals «Buddhaland» (www.buddhaland.de) im Internet erweckt, wo der Bericht eifrig diskutiert wurde (man findet diese Diskussion, wenn man auf dem Portal nach Terje Sparby sucht). Dabei finden sich auch Äußerungen wie «Ich finde es interessant, wie die Anthroposophie sich verbiegen wird, um den Buddhismus zu vereinnahmen» oder «Ich sehe im Institut für anthroposophische Meditation einen Weg der Vermarktung der Anthroposophie, in dem man sich an die Achtsamkeitsbewegung anhängt, denn das Interesse an der Anthroposophie ist ja rückläufig.» Solches liest man denn doch mit Erstaunen. Immerhin zitiert dann ein aufmerksamer Leser aus dem Flyer der Anthroposophie Weltweit • Mitteilungen Deutschland, Mai 2015 Tagung, dass es weniger um «das Bekräftigen von vermeintlichen Übereinstimmungen als ein deutliches Bewusstsein der Differenzen zwischen Buddhismus und Anthroposophie» gehen sollte. Der diesbezügliche Beitrag von Anna-Katharina Dehmelt auf der Ost-WestTagung ist mittlerweile auf der Website des Instituts für anthroposophische Meditation nachzulesen. Ebenfalls im März fand das sechste Kollo quium «Anthroposophische Meditation und akademische Meditationsforschung» im Rahmen des Instituts für anthroposophische Meditation statt. Die mitwirkenden Anthropo sophen gaben je eine Kurzdarstellung zu den Gründen und Eigenarten ihrer anthropo sophischen Meditationspraxis – Aufgabe war, die Besonderheit anthroposophischer Medita tion durch die konkreten Erfahrungen in den Blick zu bekommen. Die verschiedenen Beiträge, die sehr individuell waren, hatten doch eine Reihe gemeinsamer Aspekte, die sich so zusammenfassen lassen: «Die bewusste Erfahrung des denkenden Ichs ist der Ausgangspunkt, von dem aus der Inhalt der Meditation aufblühen kann. Im Halten dieses aufblühenden Inhaltes kommt so etwas wie Sinn entgegen, der wiederum bewusst ergriffen bzw. gestiftet werden kann und – soweit das Bewusstsein sich halten kann – bis zu einer nondualen Sinn- bzw. Einweihungserfahrung gesteigert werden kann. Dabei weitet sich das Ich, und in das (denkende) Bewusstsein integrieren sich mehr und mehr auch Fühlen und Wille. Der eigentlichen Meditation gehen Übungen zur Erfassung des Ich selbst voraus, und die Meditation kann Grundlage werden für geistige Forschung.» Anna-Katharina Dehmelt, Alfter Dieser Bericht lehnt sich an den Newsletter des Instituts für anthroposophische Meditation www.InfaMeditation.de an. 3 Anthroposophische Gesellschaft Gewonnene Zeit Ein von Rudolf Steiner an Ita Wegman am 24. Dezember 1920 gegebener Spruch beginnt: «Eine Brücke ist der Mensch Zwischen dem Vergangenen Und dem Sein der Zukunft. Gegenwart ist Augenblick; Augenblick als Brücke. ...» Während das Bild der Brücke als Fähigkeit des Menschen, Vergangenheit und Zukunft zu verbinden, dem Leser vielleicht unmittelbar einleuchtet, muss ihm der Hinweis auf das Augenblickliche dieses Geschehens Rätsel aufgeben. Wie kurz, lang oder fassbar ist ein Augenblick? Noch ehe er denkend erfasst wird, ist er entschwunden. Die Brücke, die der Mensch da baut, ist äußerlich nicht fassbar. Sie ist ein inneres Geschehen, jenseits der äußeren Wirklichkeit. Zeit in ihrer Wirklichkeit vollzieht sich jenseits des Sinnesteppichs und wird nur in diesem Jenseits erfasst. Die Waldorflehrer hat Rudolf Steiner in einer sehr bestimmten Weise auf dieses Geheimnis hingewiesen. Um eine pädagogisch tragfähige Brückenfunktion für die Jugend entwickeln zu können, müssen Lehrer über «ihre» Zeit hinauskommen: «Ohne zeitgemäße Gewissenserforschung können wir nicht über dasjenige hinaus wachsen, was uns die Zeit geben kann. Und wir müssen hinauswachsen über dasjenige, was uns die Zeit geben kann. Wir dürfen nicht Hampelmänner der Zeitrichtung sein, die sich am Ende des 19. und am Anfang des 20. Jahrhunderts herausgebildet hat.» (GA 302, 17.6.1921) Die Zeit in ihrer Wirklichkeit wird nur aus den Adlerhöhen des Geistes erfasst. Die Woche vom 23. bis 30. März 2015 am Goetheanum bestand aus so zeiterfüllten Tagen, dass hier nur in komprimierter Form von ihnen berichtet werden kann. In diesen Tagen fand das Treffen der Generalsekretäre und Landesvertreter, die Zusammenkunft der Verantwortungsträger von Gruppen und Zweigen, eine Konferenz der Landesvorstände und die Generalversammlung 2015 statt. Selten waren Versammlungen durchgängig von einem so positiven Geist der Zusammenarbeit und des Verständigungswillens geprägt wie diese. Eine Konzentration auf wenige Themen bewirkte eine gute Gesprächsfähigkeit und die Mitwirkung Vieler. Bei den Generalsekretären standen die Themen «Das Zeitgeschehen» und «Der Generations wandel in der Anthroposophischen Gesellschaft» im Vordergrund. Beeindruckend war die Besonnenheit mit denen die Vertreter Russ lands, Estlands, Tschechiens und Polens über die gegenwärtig angespannte Lage in ihrer Region sprachen. Die Verantwortungsträger beschäftigten sich mit der Fortentwicklung des Jahresthemas, das seinen ersten Ausdruck in einem Spruch fand, den Rudolf Steiner Elisabeth Vreede zum Seelenkalender gab: «Erkennt der Mensch sich selbst: Wird ihm das Selbst zur Welt; Erkennt der Mensch die Welt: Wird ihm die Welt zum Selbst.» Bei den Landesvorständen wurde nach einer anhaltenden Zusammenarbeit an wichtigen Fragen der Weltgesellschaft mit dem Goethea num gesucht. Dieser erste Versuch eines Treffens soll fortgesetzt werden. In der Generalversammlung bildete der Rückblick von Virginia Sease auf 31 Jahre kontinuier licher Vorstandstätigkeit einen ersten Höhepunkt. Selten ging es in einer Versammlung so generös und humorvoll zu. Anhaltender Applaus und Standing Ovations brachten die Dankbarkeit der Mitglieder für diese Lebensleistung zum Ausdruck. Constanza Kaliks zeichnete am nächsten Tag ein biographisches Selbstportrait in lebhaften Farbtönen und wurde mit ebenso großer Freude als neues Vorstandsmitglied begrüßt. Ausführungen zum veränderten Verhältnis von Anthroposophischer Gesellschaft und Lebensfeldern (Bodo von Plato) sowie zum Zusammenwachsen der Weltgesellschaft (Joan Sleigh) schilderten aktuelle Entwicklungen und ersetzten die oftmals als steif empfundenen Tätigkeitsberichte früherer Zeiten. Der durch Justus Wittich gegebene Finanz bericht zeichnete sich durch Klarheit und Übersichtlichkeit aus. Dabei verschwieg er auch die Klippen und Risiken für die weitere Entwicklung (Bau, Wechselkursproblematik, Faust, Mysteriendramen) nicht. In einem liebevollen Totengedenken würdigten Virginia Sease die Lebensleistung von Sergej Prokofieff und Martina Maria Sam den Einsatz von Hella Wiesberger für die Rudolf Steiner Gesamtausgabe. Ron Dunselman schilderte seinen Weg als Generalsekretär der Niederlande und wie er durch eine Bemerkung Manfred SchmidtBrabants die Meditation als Aufgabenstellung fand. Gioia Falk stellte sich den Mitgliedern mit einem Beitrag zu «Motive für die Verantwortungs übernahme in der Anthroposophischen Gesellschaft in Deutschland» vor. Berichte von Paul Mackay, Stefan Hasler, Michaela Glöckler und Oliver Conradt wiesen auf eine für Herbst 2017 geplante Michaelitagung sowie auf vollzogene (redende und musizierende Künste) oder geplante (medizinische Sektion) Leitungswechsel in den Sektionen sowie auf Forschungsergebnisse (mathematisch-astrono mische Sektion) hin. Stil und Durchführung dieser Versammlungen zeigten einen ermutigenden Beginn für die Aufgaben der nächsten Jahre. Es bleibt der Eindruck einer Zeit, wie sie aus Aufgabenbewusstsein jenseits von Befindlichkeiten gewonnen werden kann. Hartwig Schiller Olomouc? – Olomouc! Wenn die fünf Finger einer Hand die fünf größten tschechischen Städte repräsentieren, dann steht der kleine Finger für Olmütz, wohlgemerkt: der rechten Hand. Denn wenn man diese Hand vor sich hält, dann zeigt der kleine Finger diese Stadt im äußersten Osten Tschechiens, in Mähren an. Olomu cium oder Eburum, Olomouc, Olmütz, – schon der Name der 100.000 Seelen-Stadt weist auf eine lange, wechselvolle Geschichte hin. Aus dem Tschechischen übertragen heißt die Stadt «kahler Berg», aus dem Lateinischen «die Elfenbeinfarbene». Sie liegt in einer Aue der March, an der Einmündung der Feistriz. Von der March schließlich hat die gesamte Region ihren Namen «Mähren» erhalten. Dort also, ausgerechnet dort, wurde am 19. März 2015 die höchst bedeutende Ausstellung AENIGMA mit Werken anthroposophischer 4 Künstler aus 100 Jahren Werkgeschichte eröffnet. Vielleicht ist es so wie mit Stuttgart. Wer hätte für möglich gehalten, dass dort, aus gerechnet dort, Anfang des 20. Jahrhunderts der erste anthroposophische Bau und die ersten bedeutenden öffentlichen Durchbrüche der Anthroposophie gelingen würden, nicht in Berlin, nicht in der Metropole, sondern in einer eher abgelegenen Provinz in Schwaben. In einem solchen Winkel also erblüht im Frühjahr 2015 die anthroposophisch fundierte Kunst aus drei Künstlergenerationen, die seit dem Beginn des vorigen Jahrhunderts entstanden ist. Es sind Werke schweizerischer, deutscher, österreichischer, tschechischer, schwedischer, russischer und polnischer Künstler ausgestellt. Das nicht zu große, nie kalte oder indifferente «muo» (muzeum umění olomouc – Museum für Moderne Kunst Olmütz) leuchtet von den Bildern, Kleinodien, Skulpturen, Möbeln, Architekturmodellen, Musikinstrumenten, dem Kunsthandwerk, Spielzeug und der Bekleidung, die dort ausgestellt sind. Das Leuchten geht auch von der liebevollen, gekonnten Ausstattung aus. Hier wurde eine Ausstellung geschaffen, die sowohl Kunstwelt als Kunstwerk ist. Unter der Leitung von Christian und Andrea Hitsch wurden die Räume farblich so hergerichtet, dass das, was sie zur Erscheinung bringen möchten auch er «scheinen» kann. Wie alles Schöne in der Welt ist dieses Erlebnis bestimmten Menschen zu verdanken. Zu nennen sind in erster Linie die Kuratoren Reinhold Fäth und David Voda, die Museumsdirektoren Michael Soukup (Olmütz) und Thomas BauerFriedrich (Halle), diverse Stiftungen, Archive und Privatbesitzer. Es sind Werke u.a. von Hilde Pollak-Karlin, Anthroposophie Weltweit • Mitteilungen Deutschland, Mai 2015 Anthroposophische Gesellschaft Joseph Prinke, Walter Besteher, Felix Kayser, Andrei Bely, Hilma af Klint, Hans Itel, Walter Kniebe, Albert Baravalle, Maria Strakosch-Geisler, Rudolf Michalik, Fritz Schulte, Beppe Assenza, Gerard Wagner, Julius Hebing und vielen anderen ausgestellt. Selten wird die Vorfreude auf ein Ereignis von seiner Erfüllung übertroffen. Hier ist es so. Als ich am Morgen des 19. März erwache, um die lange Reise nach Olmütz anzutreten, kommen mir zwei Motive in den Sinn. Es sind lang erinnerte Motive. Das eine hängt mit einem Namen zusammen: Karl Marx.Von ihm war in den sechziger und siebziger Jahren viel zu hören. Er habe die Welt vom Kopf auf die Füße gestellt. Von Rudolf Steiner wurde allerdings häufig dasselbe gesagt. Für wen trifft es nun zu? In Bezug auf die Kunst hat sich Marx jedenfalls nicht hervorgetan. Auch da beschäftigte ihn das Verhältnis von Sein und Bewusstsein als Gesellschaftskritik mehr als dass ihn ein künstlerisches Gestalten und Erleben erreichte. Wenn Marx den Menschen vom Kopf auf die Füße gestellt hat, dann jedenfalls ohne Mitte, ohne einen Bereich des Schönen und Schöpferisch Freien. – In Olmütz indessen stehen wir vor den Spuren der Wirklichkeit, nämlich der Inspiration des Schönen durch Rudolf Steiner. Ein anderes, das ich in meiner Jugend oft hörte, war, dass Steiner ein Guru sei, dessen Botschaft von anderen nicht verifizierbar und fortsetzbar sei. Den Beweis dafür könne man in der Tatsache finden, dass er keine ebenbürtigen Schüler oder Mitarbeiter gefunden habe. – Jetzt blickt man auf diese Ausstellung und erkennt lauter Meister, die ihren Lehrer auf bestimmte Weise übertroffen haben. Das suche man anderswo: Schüler, die ihren Lehrer übertreffen und das nicht einmal, zweimal, – vielfach! Zuletzt bemerkt man vielleicht auch das «Wie». Oft ist zu hören, Anthroposophen seien weltfremd. Die Ausstellung zeigt das Gegenteil. Die Künstler übertreffen nicht nur ihren Lehrer, sondern geben sich zugleich als Zeitgenossen zu erkennen. Das wird in Details des individuellen Stils, der Formen- und Farbbehandlung der ganz unterschiedlich arbeitenden Persönlichkeiten sichtbar. Reinhold Fäth gebühren die Anerkennung und der Dank, dieses Potential als erster erkannt zu haben und den Direktoren in Olmütz und Halle gilt Ehrung für ihren Mut, sich auf dieses Experiment ohne Vorbild eingelassen zu haben. Die Ausstellung in Olmütz ist noch bis zum 26. Juli geöffnet. Am 16. August übernimmt dann die Moritzburg in Halle sie bis in den Oktober hinein. Es gibt etwas, worauf man sich als Anthroposoph (und natürlich nicht nur als solcher) freuen darf. Nähere Infos: www. olmuart.cz/en/ Hartwig Schiller Einladung zur Mitgliederversammlung 2015 Liebe Mitglieder und Freunde der Anthroposophischen Gesellschaft in Deutschland! Einem langjährigen Brauch der Deutschen Landesgesellschaft folgend findet auch die diesjährige Mitgliederversammlung in Verbindung mit einer größeren Tagung statt. Ihr Thema lautet: «Impuls Frieden – Kultur arbeit Anthroposophie», ein angesichts der dramatischen Zeitgeschehnisse hochaktuelles Thema. Zu beidem – der Tagung wie der Mitgliederversammlung – möchten wir Sie herzlich einladen. Das ausführliche Programm der Tagung lag den Mitteilungen des vergangenen Monats bei. Hier möchten wir die Tagesordnung der Mitgliederversammlung bekannt geben. Ein Vorschlag zur Satzungsänderung, den das Arbeitskollegium an der Mitgliederversammlung einbringen möchte, wird in der Juni-Ausgabe zusammen mit den Geschäftsberichten erscheinen. Es sind drei Abschnitte für die Mitgliederversammlung vorgesehen, die sich in ihren Schwerpunkten unterscheiden und jeweils einem bestimmten Motiv folgen. In diesem Jahr endet die Amtszeit von Peter Krüger als Vorstand und Schatzmeister. Da er für keine weitere Wahlperiode kandidieren möchte, wird die Neuwahl eines Vorstandes/ Schatzmeisters erforderlich. Für die Neu besetzung schlagen Arbeitskollegium und Gesamtkonferenz gemeinsam Herrn Julian Schily vor. Ein Stimmrecht kann nur von Mitgliedern der deutschen Landesgesellschaft ausgeübt werden. Bitte bringen Sie Ihre rosa Mitgliedskarte mit. Information zur Finanzlage und Erläuterung des Budgets 2016 · Bericht des Rechnungsprüfers · Aussprache · Genehmigung der Jahresrechnung 2014 · Entlastung des Arbeitskollegiums für das Geschäftsjahr 2014 · Bestellung des Rechnungsprüfers für das Geschäftsjahr 2015 · Vorstellung von Julian Schily als Kandidat für das Schatzmeisteramt Die Tagesordnung sieht folgende Themen vor: MV III – 20. Juni von 15h bis 16h30 Zukunftsfragen MV I – 19. Juni von 17h bis 18h30 Entwicklungsfragen der Anthropo sophischen Gesellschaft · · · · Jugend Gesellschaftsentwicklung Öffentlichkeitsarbeit Zeitschriften MV II – 20. Juni von 11h30 bis 13h Finanzbericht · Rechenschaftsbericht des Schatzmeisters und Geschäftsführers: Anthroposophie Weltweit • Mitteilungen Deutschland, Mai 2015 · · · · Wahl des Schatzmeisters Satzungsänderung Zukunftsaussichten Ort und Termin der MV 2016 Wir hoffen auf ein gutes Gelingen und freuen uns auf Ihre Teilnahme. Das Arbeitskollegium (Vorstand): Reinhold Fäth, Gioia Falk, Benjamin Kolass, Peter Krüger, Jasmin Mertens, Angelika Sandtmann, Hartwig Schiller, Michael Schmock, Falk Zientz 5 Anthroposophische Gesellschaft Heileurythmie als Staatsaufgabe Neues zur Willkommenskultur von Flüchtlingen Nicht nur in Bonn, auch in anderen deutschen Städten wird sich in diesen Wochen und Monaten ein Problem entfalten, das, wie es aussieht, wohl nicht mit vertrauten Möglichkeiten der Integration abgebaut werden kann. Worum geht es? Die Stadt Bonn gewährt etwa 1000 Flüchtlingen aus mehr als 30 Nationen Zuflucht, diese werden dezentral im gesamten Stadtgebiet untergebracht – in Übergangs heimen, in Notunterkünften oder in Wohnun gen und Hotelzimmern. Es ist die Schreckensherrschaft der IS-Dschiha disten die diese Menschen – zumeist Jesiden und Christen – zu Hunderttausenden in die Flucht getrieben hat. Diese Menschen haben Vertreibungen, Verschleppungen und Massenhinrichtungen erlebt. Weit über die Hälfte sind Kinder und Jugendliche, die durch ihre Erlebnisse schwer traumatisiert wurden. Sie haben Todesängste durchlebt, Todesopfer in der Familie und im Freundeskreis zu beklagen und vielleicht ihr Zuhause verloren. Traumatisierte Menschen haben häufig Ängste, die mit der erlebten Gewalt in Zusammenhang stehen oder sich hier von bereits abgekoppelt und verselbständigt haben. Auch kann es zu einem ausgeprägten Vermeidungsverhalten kommen, um nicht mit Erinnerungen oder Ängsten konfrontiert zu werden. Schlaf störungen, deutlich erhöhte Wachsamkeit und Schreckhaftigkeit, Übererregbarkeit, Reizbarkeit, Stimmungsschwankungen, verminderte Belastbarkeit und Erschöpfung sind weitere häufige Symptome. Es kann zu Depressionen und sozialem Rückzug kommen sowie dem Gefühl, mit der Alltagsbewältigung über fordert zu sein. Auch Suchterkrankungen, EssStörungen, Lebensüberdruss und Suizidalität, selbstverletzendes Verhalten oder weitere selbstschädigende Verhaltensweisen können die Folge sein. Anzunehmen ist demnach, dass diese Menschen, die nun als Flüchtlinge zu uns kom- men, traumatisiert sind und sich noch lange Zeit in ständiger, nervöser Alarmbereitschaft befinden, sie werden erkennbar unter Angststörungen, Panikattacken und Albträumen leiden, was sich auch in seelischen, körperlichen und sozialen Symptomen und Auffälligkeiten auslebt wie etwa Bettnässen, zittern, stottern, Schlaflosigkeit, Nahrungsverweigerung, agressives Verhalten, Gewaltbereitschaft – der Seelendruck muss raus. Das Problem, welches sich entfaltet, hängt mit dem naheliegenden Ansatz zusammen, traumatisierte Menschen, hier besonders Kinder und Jugendliche aus Flüchtlings familien, entweder durch erzieherische(!) oder gesprächstherapeutische Maßnahmen von ihren mitgebrachten seelischen Belastungen zu mindest etwas zu befreien. Am Rudolf Steiner-Haus in Bonn versuchen wir dies mit heileurythmischem Ansatz als Ergänzung zur Notfallpädagogik oder Kunsttherapie. Sicherlich, die Integration des traumatisierten Flüchtlings in die deutsche Gesellschaft bedarf neben beispielsweise gutem Sprachunterricht auch ein sicheres Umfeld – aber eben auch angemessenes therapeutisches Bemühen, diesen geplagten Menschen mit adäquaten Methoden erst einmal überhaupt zu ermöglichen, sich von dem inneren, aufgestauten Trauma und dem damit einhergehenden inneren Seelendruck befreien zu können – hier sieht das Rudolf Steiner-Haus Bonn seine Verantwortung wie Aufgabe. Deshalb: das in Gründung befindliche «Arbeitszentrum Flüchtlinge» im Rudolf Steiner HausBonn wird sich in einem ersten Arbeitsschwerpunkt mit der Umsetzung «Heileurythmischer Traumatherapien in Ergänzung der Notfall pädagogik» zu befassen haben. Diese arbeitet, gemäß der Heileurythmie, mit rhythmischen Bewegungsformen, angepasst auf die jeweilige individuelle Situation des (traumatisierten) Menschen. Eine therapeutische Herangehens- weise, die sich grundsätzlich von methodischdidaktisch bestimmten Vorgehensweisen des Lehrers und Erziehers unterscheidet – diese haben andere Aufgaben, sind ganz anders ausgebildet. Wir sehen uns in Bonn in der glücklichen Lage, heileurythmisch qualifizierte Persönlichkeiten in unseren Reihen zu haben, die an der Alanus Hochschule in Alfter bei Professorin Annette Weisskircher ihren Masterabschluss in Heileurythmie gemacht haben und sich laufend – auch am Goetheanum – weiterbilden, etwa zum Thema: «Traumafolgestörungen und die Welt der Bildekräfte – Bleibende Spuren im Ätherischen infolge von Beziehungs traumata». Dazu passt sehr gut, dass die Stadt Bonn jetzt dazu aufgerufen hat, sich an der anstehenden Fortschreibung des Integrationskonzeptes aus dem Jahre 2009 zu beteiligen. Ausgehend von der dargestellten therapeutischen Integrations lücken hat das Rudolf Steiner-Haus diese Chance genutzt und der Stadt Bonn begründet vorgeschlagen, ein neues Handlungsfeld «Heileurythmische Traumatherapie» ins Leben zu rufen. Wir glauben, dass es eine Bringschuld des Staates zu sein hat, die jungen, traumatisierten Menschen, die als Flüchtlinge zu uns kommen, und die wir aus demographischen Gründen brauchen, zunächst einmal, eben auch als Teil der Willkommenskultur, von ihren mitgebrachten seelischen Ängsten und Belastungen zu befreien. Dann, erleichtert, stabilisierter und wieder focussierter können sie sich den neuen auch pädagogischen Herausforderungen bei uns erfolgreicher und sicherlich auch nachhaltiger stellen. So gesehen öffnet sich der Heileurythmie als neue Staatsaufgabe in diesen unruhigen Zeiten ein wichtiges neues Aufgabengebiet. Otto Ulrich, Rudolf Steiner-Haus Bonn Zurück im Nordirak: Notfallpädagogik an Flüchtlingsschulen Ende März hat ein notfallpädagogisches Team der Freunde der Erziehungskunst Rudolf Steiners erneut traumatisierte Kinder und Jugendliche in Flüchtlingslagern in der Provinz Dohuk im Nordirak besucht. In vier UNICEF Schulen konnten 1300 Kinder in der Verarbeitung ihrer schrecklichen Erlebnisse unterstützt und Lehrerkräfte im Umgang mit traumatisierten Kindern geschult werden. Der Einsatz fand in Kooperation mit «Aktion Deutschland hilft» statt. Seit dem letzten notfallpädagogischen Einsatz der Freunde der Erziehungskunst im Nordirak im September 2014 hat sich vieles verändert. Die Binnenflüchtlinge, die Großteils in Rohbauten und auf freiem Feld campieren mussten, haben nun in den neu errichteten Flüchtlingslagern Zuflucht gefunden. Seit Mitte Februar hat UNICEF mehrere Schulzelte errichtet, so dass die Flüchtlingskinder wieder eine Schule besuchen können. In den Flüchtlingslagern Berseve I und Berseve II hat ein notfallpädagogisches Team von 6 6. bis 20. März vier dieser UNICEF Schulen unterstützt. Die Schulen arbeiten unter schwierigen Bedingungen: viele der Schulzelte haben weder Tische noch Stühle, der Unterricht findet auf dem Boden statt. In einigen Schulen kommen auf 1300 SchülerInnen nur 3 Lehrkräfte und viele der SchülerInnen sind schwer traumatisiert. Die traumabedingten Verhaltensänderungen der Kinder sind überall sichtbar, viele legen aggressives Verhalten an den Tag oder isolieren sich selbst. Um diese Kinder und Jugendlichen in der Verarbeitung ihrer Erlebnisse zu unterstützen, wurden täglich verschiedene pädagogische und therapeutische Angebote gestaltet: Erlebnis pädagogik und Bewegungsübungen geben den Kindern ihr Vertrauen in sich selbst und ihre Umwelt zurück und lösen innere Blockaden. Kunsttherapie bietet non verbale Möglichkeiten Erlebtes auszudrücken und zu verarbeiten. Insgesamt konnten ca. 1200 Kinder im Alter zwischen 5-17 Jahren mit verschiedenen Workshops erreicht werden und ihnen etwas Freude zurück gegeben werden. Das Lachen der Kin- Anthroposophie Weltweit • Mitteilungen Deutschland, Mai 2015 Anthroposophische Bewegung der, die bunte Tücher, Farben und Bälle zeigen ein Bild der Hoffnung im grauen Umfeld der Flüchtlingslager. Um nachhaltige notfall pädagogische Strukturen zu etablieren wurden para llel dazu 39 LehrerInnen im Rahmen einer dreitägigen Fortbildung in Psycho traumatologie und den Methoden der Notfall pädagogik im Umgang mit traumatisierten Kindern geschult. Die meisten Lehrkräfte sind selbst Flüchtlinge aus dem umkämpften Sinjar-Gebirge und ebenfalls traumatisiert. Die Fortbildung kann sie darin unterstützen, mit ihren eigenen und mit den Traumatisierungen der Kinder besser umzugehen. Aber nicht nur Kinder und Lehrer sind betroffen, auch viele Erwachsenen sind schwer traumatisiert. Elternberatung und psycho- soziale Hilfe vor allem für Frauen sind ein weiterer wichtiger Baustein der Arbeit der Freunde der Erziehungskunst im Nordirak. In Zusammenarbeit mit einer lokalen NGO konnten Frauengruppen aufgebaut werden, die den Frauen die Gelegenheit bieten, über ihre Erlebnisse und Erfahrungen zu sprechen und sich auszutauschen. Für diejenigen, die durch ihre Erlebnisse während Vertreibung und Flucht schwer traumatisiert sind, wurden Einzelgespräche mit einer erfahrenen Psychotherapeutin angeboten. Im Laufe des Jahres planen die Freunde der Erziehungskunst weitere notfallpädagogische Einsätze in der Region. Clara Krug, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit für Notfallpädagogik [email protected] , www.freunde-waldorf.de Neue Literatur Verlag Freies Geistesleben Karl König: Imaginative Dramatik. Spiele zu den Jahresfesten. Hrsg. von Richard Steel. (an) Karl Königs Spiele und Stücke zu Jahres festen gehören zum Originellsten seines Schaffens: Es sind tiefgehende szenische Bilder, die für Gemeinschaften geschrieben sind und ein vertieftes Verständnis der Jahresfeste sowie eine soziale Wirkung des Christlich-Religiösen suchen. Bis auf eine Ausnahme entstanden die 14 Spiele Karl Königs in der Gründerzeit der Camphill-Bewegung. In ihrem Charakter wirken sie stark gemeinschaftsbildend: ob als einfach zu inszenierende Laienspiele oder auch zur intensiven Vorbereitung der Jahresfeste. Inzwischen haben die Spiele ihren Weg in viele Sprachen und zahlreiche weitere Gemeinschaften und Gemeinden auch außerhalb der Camphill-Bewegung gefunden, weshalb hier erstmals eine ausführlich kommentierte Ausgabe der Originaltexte vorgelegt wird. Die Stücke sind mit detaillierten Einleitungen und Kommentaren versehen und werden mit Bildmaterial aus dem Karl-König-Archiv und Einträgen aus Königs Notizbüchern editiert. Daneben finden sich zahlreiche praktische Hinweise für Regisseure und die Erarbeitung der Inhalte. Peter Norman Waage: Ich. Eine Kulturgeschichte des Individuums Ich bin Ich – das Persönlichste und Allgemeinmenschlichste zugleich. Aber von der Antike bis zur Gegenwart hat sich die Selbstwahrnehmung des Menschen stark verändert. Pointiert und sicher folgt Peter N. Waage den Spuren des Individuums in der europäischen Geschichte, Philosophie und Literatur, beleuchtet neu, bringt nahe, macht verständlich, begeistert und inspiriert. In der Antike stochert Tragödienheld Orest in unserem Gewissen und Sokrates in unserer Sicherheit; Platon führt uns auf den rechten Weg, aber Alexander sprengt jegliches Maß. In der Neuzeit weisen Descartes, Luther und Calvin uns den Weg zu uns selbst; Kant enthüllt unbekannte Seiten, Lessing nimmt uns in die Schule und wir besuchen Hume, Fichte, Goethe und Hegel. Außerdem begegnen wir dem Doppelgänger Europas im Schicksal Peter des Großen und Dostojewskijs. Stirner, Kierke gaard und Ibsen bitten uns darum, uns selbst zu wählen, ebenso Nietzsche, Steiner, Sartre und Beauvoir. Im 20. Jahrhundert stützen uns Belyi und Joyce, ehe wir uns mithilfe Spenglers, Wittgensteins und Foucaults selbst auflösen. Viktor Frankl, Hans und Sophie Scholl sowie Solschenizyn lehren uns, dagegenzuhalten. Das beginnende 21. Jahrhundert sagt: Wenn die Zukunft nicht dem Individuum gehört, so hängt sie vom Einzelnen ab. Verlag Urachhaus Holger Wolandt: Selma Lagerlöf. Värmland und die Welt – eine Biographie Der 75. Todestag der Nobelpreisträgerin ist ein dringender Anlass, diese starke Persönlichkeit wiederzuentdecken. Auf Grundlage ihrer Briefe, die bis heute auf Deutsch nicht zugänglich sind, zeichnet der Autor hier das umfassende Porträt einer Frau, die mit wachem Interesse am Geschehen ihrer Zeit teilnimmt und es oft polemisch kommentiert. So kannten wir Selma Lagerlöf bislang noch nicht. Info3 Verlag – Mayer Axel Ziemke: Alle Schöpfung ist Werk der Natur. Die Wiedergeburt von Goethes Metamorphosenidee in der evolutionären Entwicklungsbiologie Das Geheimnis einer kleinen Blume, die Evolu tion des Lebens und des Menschen, die Entwicklung der Evolutionsforschung selbst und die letzten Fragen nach Verlauf und Sinn der Schöpfung – dies sind die anspruchsvoll verfolgten und künstlerisch verwobenen Motive dieses Buches. Der Autor zeichnet ein anschauliches Bild der modernen Evolutionsforschung, Anthroposophie Weltweit • Mitteilungen Deutschland, Mai 2015 in dem weder ein außerweltlicher Schöpfergott noch das blinde Wirken des Zufalls die Evolution bestimmt, sondern individuelle Entwicklungsfähigkeit, Lernen und Bewusstsein mehr und mehr zu den treibenden Kräften einer intelligenten Selbstentwicklung des Lebens werden. Am Ende erweist sich das Goethesche Wort «Alle Schöpfung ist Werk der Natur» als ebenso wissenschaftlicher wie tief mystischer Blick in das Rätsel alles Seins. Fritz Helmut Hemmerich: Hervor aus dem dunklen Spiegel! Innehalten für eine geistige Gesundung Diese Meditation für ein erstes Erwachen knüpft an das Ostergeschehen an – nicht jedoch in einem religiösen Zusammenhang, sondern als Anregung für jeden Tag. Nüchtern und doch innerlich kraftvoll beschreiben diese Text-Miniaturen und die dazugehörigen Anleitungen auf neue Weise das Mysterium von Tod und Auferstehung des Selbst. Novalis Verlag Peter Schraud: Mein Freund fürs Leben. Goethe als Partner der Selbsterkenntnis und Selbsterziehung In diesem Buch geht es um Spiegelung, ein Verfahren, wie der moderne Mensch sich seiner selbst bewusst wird, möglichst ohne Selbst täuschung. Und wie könnte er Treffenderes über sich erfahren als mithilfe anderer Menschen, seien es Mitlebende – «Die Existenzen fremder Menschen sind die besten Spiegel, worin wir die unsrige erkennen können»(an Charlotte von Stein, 9. September 1783) – oder Vertrauensleute, die sich bewährt haben – wie Goethe. Er wird nach 200 Jahren immer aktueller, und woran mag das liegen? Weil er selbst unablässig bemüht war, nur das Menschliche gelten zu lassen, unabhängig von Rang und Stand, Alter und Geschlecht, Hautfarbe und Religion. «Sinn und Bedeutung meiner Schriften und meines Lebens ist der Triumph des rein Menschlichen». 7 Anthroposophische Bewegung Erich-Fromm-Preis für Götz Werner (an) Der Gründer der dm-Drogeriemärkte Prof. Götz W. Werner erhielt am 23. März 2015 (dem 115. Geburtstag von Erich Fromm!) im Stuttgarter Neuen Schloss den Erich Fromm-Preis für die von ihm geprägte Unternehmenskultur und für sein Engagement für ein Bedingungsloses Grundeinkommen. Die mit der öffentlichen Preisverleihung verbundene Fromm-Lecture hielt Götz Werner selbst zum Thema: «Wie schaffen wir Initiative weckende Rahmen bedingungen? » Den Menschen zum Maßstab wirtschaftlichen Handelns zu machen, schreiben sich die meisten Firmen auf ihre Fahnen. Götz Werner hat diesen Leitwert in seinem Unternehmen jedoch auf einzigartige Weise auch umgesetzt. Aus der Überzeugung heraus, dass der arbeitende Mensch nicht Mittel, sondern Zweck ist, hat er eine Arbeitsorganisation, Führungs- und Unternehmenskultur geschaffen, «die der Arbeit ihre kreativen Dimensionen und ihre menschliche Würde wieder zurückgibt» – so die Jury in ihrer Begründung. Mit dem bereits vor 60 Jahren von Erich Fromm konzipierten «garantierten Einkommen für alle» wird Arbeit auch unabhängig von Erwerbsarbeit Ausdruck einer produktiven Lebens orientierung. Götz Werners Initiative zum Bedingungslosen Grundeinkommen will dies einem jeden Menschen ermöglichen. Die jährlich von der Internationalen ErichFromm-Gesellschaft vergebene Auszeichnung ehrt mit dem Preis Menschen, «die Hervor ragendes für den Erhalt oder die Wieder gewinnung humanistischen Denkens und Handelns im Sinne Erich Fromms geleistet haben bzw. leisten.» (Quelle: anthromedia, ErichFromm-Gesellschaft) «Die Wegwerfkuh» (an) Tanja Busse steht nicht im Verdacht, Bauern-Bashing zu betreiben. Die Autorin – aufgewachsen auf einem Bauernhof – stellt Fragen, recherchiert gründlich Zusammenhänge und scheut sich nicht, deutlich Position zu beziehen. In ihrem gerade erschienenen neuen Buch «Die Wegwerfkuh – Wie unsere Landwirtschaft Tiere verheizt, Bauern ruiniert, Ressourcen verschwendet und was wir dagegen tun können» (Blessing Verlag) verknüpft sie das eigene, durchaus emotional gefärbte Erleben rund um ein «untaugliches» Kalb mit tiefgründigen Einblicken in die real existierenden Automatismen der Landwirtschaft, mit wissenschaftlichen Erkenntnissen inklusive deren Irrungen und mit entschlossenen Forderungen für ein Umsteuern. Sie stellt Zusammenhänge her zwischen dem Imperativ der Leistung, der zu verinnerlichter Gewalt führt, und neben Wegwerfkühen auch Wegwerflandwirte hervorbringt, der dank irregeleiteter Züchtung erschöpfte Kühe für eine erschöpfte Gesellschaft produziert. Letztlich war es ein Vortrag von Staatssekretär 8 Griese, der der Autorin klar gemacht hat, welche Verschwendung in der Landwirtschaft betrieben wird. Sie möchte gern innerhalb der Agro-Industrie, in dieser Szene stolzer Unternehmer, eine Debatte anstoßen. Sie möchte die Bauern erreichen, die bereits Zweifel haben und Ungereimtheiten in ihren angeblichen Fortschrittsrechnungen entdecken. Sie packt sie an ihrem eigenen Anspruch eines hoch effizienten Systems und führt ihnen ihre eigenen «Rechenfehler» vor. Aber auch in der Bio-Landwirtschaft muss darüber gesprochen werden, wie wir Tiere nutzen. Auch auf Bio-Höfen und selbst auf DemeterHöfen werden Bullenkälber der Milchkühe in die konventionelle Vermarktung abgegeben. Der Kreislaufgedanke muss auch in diesem Bereich stärker werden. So wünscht sich die Autorin, dass mehr Forschung und mehr Versuche laufen zum Nutzen ohne töten. Wie lange kann ich melken, ohne wieder ein Kalb zu produzieren, für das kein gutes Leben vorgesehen ist? Die solidarische Landwirtschaft sei ein groß artiges Konzept. Das gehe genau in die Richtung, dass Konsumenten zu Koproduzenten werden. So lasse sich die Kluft zwischen Landwirtschaft und Verbrauchern schließen. Und sie passe gut zu ihrer Wunsch-Vorstellung, dass jeder Schule einen eigenen Bauernhof bekommt, zur Versorgung und als außerschulischer Lernort. (Quelle: Renée Herrnkind, Demeterverband) Neuer Film über Joseph Beuys (nna) Die Biographie des Menschen und Künstlers Joseph Beuys steht im Mittelpunkt des neuen Films von Rüdiger Sünner. «Zeige deine Wunde – Kunst und Spiritualität bei Joseph Beuys» zeigt den Werdegang von Beuys, der oft in den Medien als der wichtigster Künstler des letzten Jahrhunderts bezeichnet wird. Dennoch blieb und bleibt er den Besuchern seine Ausstellungen oft wenig verständlich. Mit dem Film steigen die Chancen des Betrachters auf Verständnis, denn Zeichnungen oder Installationen in Ausstellungen sind oft nur ein Moment, natürlich eine Essenz, eines längeren Prozesses im Schaffen des Künstlers; ohne weiteren Hintergrund vielleicht verwirrend und rätselhaft. Zu stimmungsvollen Bildern und Ausschnitten aus Beuys Werk kommen Erzählungen von Erlebnissen durch verschiedene Zeitzeugen. Die Kunsthistorikerin Rhea ThöngesStringaris, die Beuys 1972 kennen lernte, kommt u.a. zu Wort, sie beschreibt seine Menschlichkeit und seinen von Empathie-Kräften gekennzeichneten Charakter. Johannes Stüttgen, Meisterschüler und Mitarbeiter von Beuys und auch Mitbegründer des «Omnibus für Direkte Demokratie», beschreibt Beuys’ Wesensart als nomadisch. Parallel zum Erkenntnisweg der Anthropo sophie arbeitete Beuys mit der Wahrnehmung, richtete sich dabei aber nicht nach einem Schema. Es lebe das Ätherische und das Astralische teilweise in seinen Zeichnungen umgesetzt, so kommentiert Wolfgang Zumdick im Film, ein Kunstphilosoph, der mehrere Bücher über Beuys und sein Verhältnis zu Rudolf Steiner verfasst hat. Obwohl Beuys sich zeitlebens mit der Anthroposophie auseinandergesetzt habe, hat er, so Zumdick, keine anthroposophische Formensprache entwickelt. Beuys berühmte Sentenz, die eigentlichen Mysterien fänden nicht im Goetheanum, sondern am Hauptbahnhof statt, resultiere aus seiner Abwehr gegen das Einengende, das er in Dornach empfunden habe. Über die Eindrücke der Zeitgenossen hinaus erfährt der Zuschauer durch Filmdokumente von Aktionen und ihrer Bedeutung, zum Beispiel welche Aussage hinter der Fußwaschung steht, oder warum Beuys die Bilder eines toten Hasen zeigt. Der Film ist ab sofort auf DVD lieferbar. Veranstaltungstermine Rudolf Steiner-Haus Frankfurt Samstag, 2. Mai 2015, 11 – 18 Uhr Der Hüter der Schwelle – 3. Mysteriendrama von Rudolf Steiner Aufführung der Goetheanum-Bühne, Dornach Kartenbestellung: 069 53093-584 oder -580 E-Mail: [email protected] Veranstalter: Anthroposophische Gesellschaft Frankfurt. Ort: Hügelstraße 67, 60433 Frankfurt Rudolf Steiner-Haus Stuttgart Samstag, 9. Mai 2015, 10-17 Uhr Beobachtungsübungen zur Metamorphose der Pflanze Tagesseminar mit Martin Merckens Information und Anmeldung: Tagungsbüro im Rudolf SteinerHaus Stuttgart, Tel. 0711 248 50 97, email [email protected] Veranstalter: Anthroposophische Gesellschaft Stuttgart. Ort: Zur Uhlandshöhe 10, 70188 Stuttgart. Rudolf Steiner-Haus Hamburg Freitag, 15. Mai 2015, 18.00 Uhr bis Sonntag 17. Mai 2015, 13.15 Uhr Am sozialen Tempel der Zukunft bauen Himmelfahrtstagung zur Zukunft der anthropo sophischen Bewegung und Gesellschaft Mitwirkende: Torben Maiwald, Matthias Bölts, Ruben Bollmann, Sharon Karnieli, Sivan Karnieli, Jens Göken, Gunhild von Kries, Annemarie Richards, David Richards, Anton Kimpfler, Johannes Greiner, Steffen Hartmann u. a. Anmeldung unter: Tel. 040 4133 1621. Veranstalter: Zweig am Rudolf Steiner Haus Hamburg. Ort: Mittelweg 11-12, 20148 Hamburg. Impressum Die «Mitteilungen aus der anthroposophischen Arbeit in Deutschland» sind Bestandteil der Zeitschrift «Anthroposophie weltweit». Herausgeber ist die Anthroposophische Gesellschaft in Deutschland e. V., Zur Uhlandshöhe 10, 70188 Stuttgart. Redaktion: (an) Andreas Neider (verantwortlich), Sylvain Coiplet. Zur Uhlandshöhe 10, 70188 Stuttgart., Tel.: 0711/248 50 97, Fax: 248 50 99, e-Mail Redaktion: [email protected]. Adressänderungen und Administration: [email protected]. Gestaltung: Sabine Gasser, Hamburg. Der Bezug ist sowohl durch ein Abonnement der Wochenschrift «Das Goetheanum» als auch durch gesonderte Bestellungen beim Verlag möglich. Jahreskostenbeitrag Nicht-Mitglieder: 40 €. Verlag: mercurialPublikationsgesellschaft, Alt-Niederursel 45, 60439 Frankfurt/M., Tel: 069/58 23 54, Konto Nr. 101 670 901 bei der GLS Gemeinschaftsbank eG, BLZ 430 609 67. Beilage: Ernst-Michael Kranich-Stiftung zum Buch von Frank Linde Anthroposophie Weltweit • Mitteilungen Deutschland, Mai 2015
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