LESERFORUM Freie Presse Mittwoch, 27. Mai 2015 LESEROBMANN Brücken bauen REINHARD OLDEWEME TELEFON: 0371 656-65666 (10-12 Uhr) TELEFAX: 0371 656-17041 E-MAIL: [email protected] L ange schon weiß ich, dass es diese Differenz gibt: Zwischen dem durchschnittlichen Alter der Leser, die mich anrufen, nachdem sie etwas in der Zeitung gelesen haben, was ihnen nicht gefällt oder wozu sie etwas zu sagen haben, und der Leute, die meinen Blog (Tagebuch im Internet) lesen, weil sie auch und vielleicht sogar mehr das Internet einschließlich der sozialen Netzwerke nutzen, um sich zu informieren oder sich eine Meinung zu bilden, liegt mindestens eine Generation, vermutlich sind es eher zwei. Gerade weil ich mir darüber im Klaren bin, finde ich es ganz wunderbar, wenn ich mal in meinem Blog den Standpunkt eines Vertreters der Generation „70plus“ erläutern kann, weil ein Anrufer mir aufgetragen hat, seine Meinung in die Welt hinauszutragen und vor allem den Kollegen in der Redaktion mitzuteilen, damit sie mal einen Bericht darüber schreiben können. Und wenn ich dann im Internet die Reaktionen der Altersgruppe „40minus“ darauf lesen kann, muss ich manchmal schmunzeln, manchmal wundere ich mich, manchmal kommt auch Ärger in mir auf, weil ich Schelte beziehe, obwohl ich nur der Vermittler bin. Nun möchte ich es mal in meiner Kolumne drauf anlegen. Ein 89-jähriger Leser ist dieser Ansicht: „Vielen jungen Leuten wird durch emotionale Aufheizung der Verstand getrübt. Sie tun dann Dinge, die ein normaler Mensch nicht tut.“ Erklärend ergänzen möchte ich, dass er sich bei mir gemeldet hatte, weil er etwas sagen wollte zu Berichten über die Unterstützung und den Zulauf extremistischer religiöser Gruppen wie dem sogenannten „Islamischen Staat“. Seiner Weltanschauung zufolge müsse man die wahren Ursachen für diese „emotionale Aufheizung“ vieler junger Erwachsener beseitigen, wozu er unter anderem „keine Ausgrenzung, keine Diskriminierung, soziale Einbettung und Chancengleichheit“ zählt. Zuerst habe ich gedacht: Die Distanz des alten Mannes zur Realität der Umstände, mit denen sich junge Leute arrangieren und mit denen sie zurechtkommen müssen, ist viel zu groß, als dass er sich dieses Urteil erlauben dürfte. Dann habe ich mich gefragt: Spricht in den Worten des 89-Jährigen nicht auch die Lebensweisheit, die eben nicht eine Frage der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Generation ist, sondern aus den Erfahrungen bei der Bewältigung der Herausforderungen eines Lebens an sich resultiert? Darf man solche Erkenntnisse und Standpunkte einfach abtun mit dem Hinweis, dass der Mensch nichts versteht von dem, wozu er sich äußern möchte, nur weil er eine zu große Distanz dazu hat? Bei den Antworten, die ich auf diese Fragen für mich selbst gefunden habe, hat mir diese eine besonders gut gefallen: Auch wenn es nur kleine Bausteine dafür sind, kann es niemals verkehrt sein, Brücken zu bauen zwischen den Menschen unterschiedlichen Alters und verschiedener Erfahrungshorizonte, weil man für das Lernen und Erkennen niemals zu alt oder zu jung ist. HINWEIS Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe sinnwahrend zu bearbeiten. Leserbriefe geben stets die Meinung ihres Verfassers und nicht die der Redaktion wieder. E-Mails müssen die vollständige Adresse enthalten. Anonyme Zuschriften werden grundsätzlich nicht veröffentlicht. Briefkasten Freie Presse, Ressort Chef vom Dienst Postfach 261 09002 Chemnitz. Fax: 0371/656-17041 E-Mail: [email protected] Seite B1 So oder so: Die Geschichte mahnt Auch die zweite Auswahl mit Auszügen aus Leserbriefen zu Berichten über die Feiern zum 70. Jahrestages des Kriegsendes macht deutlich: Das Thema bewegt die Gemüter weiterhin.. Die Diskussion über das Impfen geht in die nächste Runde: Diese Meinung zum Leserbrief „Pflicht zum Impfen hat viele Vorteile“ hat uns erreicht: Verbrechen auch an Deutschen Hat der Bundespräsident (siehe Bericht „Gauck würdigt die Vergessenen“) wirklich niemanden vergessen? Diejenigen, die man heute nur allzu leicht, wenn nicht gar allzu gern vergisst? Dass in der NS-Zeit von Deutschen abscheuliche Verbrechen verübt wurden, daran führt kein Weg vorbei. Aber nicht nur von Deutschen, sondern auch an Deutschen. Dies sollte nicht vergessen, wer die Vergessenen würdigt. Gunter Sieber, Limbach-Oberfrohna Die Jungen haben null Bezug Noch immer scheint der 8. Mai nicht das Zeug zum Feiertag zu haben, warum? Sollte man den Tag der Befreiung doch als Feiertag einführen – das betrifft beide Hälften Deutschlands und sollte alle Alliierten und Kriegsopfer ehren und derer gedenken. Stattdessen sollte man aufhören, die jungen Generationen der Deutschen ständig mit ihrer historischen Schuld zu belasten. Denn diese nachwachsenden Generationen haben dazu null Bezug. Alberecht Krenbauer, Chemnitz Krieg ist ständiger Begleiter Als ich den Beitrag „Vom Frieden“ las, kam ich zu dem Schluss, dass eine Überschrift „Von neuen Kriegen“ treffender gewesen wäre, denn sein Joachim Gauck erinnert in Schloß Holte-Stukenbrock an die vielen tausend sowjetischen Soldaten, die während des FOTO: BERND THISSEN/DPA Zweiten Weltkrieges in deutscher Kriegsgefangenschaft ums Leben gekommen sind. Inhalt und die internationale Entwicklung machen deutlich, dass Krieg wieder zum ständigen Begleiter der Menschheit geworden ist. Und das nicht zuletzt durch die von den USA und ihren Verbündeten betriebene Politik. Wir finden uns einfach damit ab, dass eine beispiellose Militarisierung Osteuropas, also an den Grenzen zu Russland erfolgt. Durch einen Großteil der Medien wird suggeriert, dass in Russland die Bösen sind, die Krieg wollen. Dem trug auch die Rede des Historikers Heinrich A. Winkler im Bundestag anlässlich des Tages der Befreiung Rechnung. Ich frage mich: Sind all diese Fakten erneut Vorbereitungshandlungen, um neue Verbrechen an der Menschheit zu begehen? Warum tun Menschen so etwas, wider jeglicher Vernunft und den Erfahrungen von zwei Weltkriegen? Dietmar Hänel, Flöha Kein Wort des Bedauerns Zum Leserbrief „Antrag zum Glück abgelehnt“: Bei allem Verständnis für schlimme persönliche Erlebnisse und Schicksale, ist dem Leser tatsächlich entgangen, dass es ursächlich Deutsche waren, die unter der Naziherrschaft unvorstellbares Leid über andere Völker und Menschen- Rüstungsvorhaben sofort stoppen Zum Beitrag „Von der Leyen muss Weichen für neues Luftabwehrsystem stellen“: Im Haus der Verteidigungsministerin wird über die Anschaffung eines Luft- und Raketenabwehrsystems verhandelt, es wird eines der kostspieligsten Rüstungsvorhaben der kommenden Jahre werden. Die Wahl soll nur zwischen zwei mörderischen Systemen fallen: „Patriot“ oder „Meads“. In zweierlei Hinsicht Jeder sollte einfach frei entscheiden können vermittelt diese brisante Information Erkenntnisgewinn und fordert schnelles sowie couragiertes Handeln. Den Machtgelüsten von Nato und Bundesregierung muss mit aller Entschiedenheit und wirkungsvoll begegnet werden, ansonsten verschärft sich die Gefahr einer kriegerischen Auseinandersetzung in Europa zur gewaltsamen Durchsetzung geostrategischer Interessen. Die Pläne zeigen aber auch überdeutlich, dass genug Geld in der Staatskasse ist, um die berechtigten Forderungen streikender Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, aber auch von bedürftigen Kindern und Erwachsenen, zur Verbesserung ihrer sozialen Lage rasch und entschlossen erfüllen zu können. Die Rüstungsvorhaben müssen gestoppt und die Gelder für friedenssichernde Maßnahmen und die Durchsetzung sozialer Gerechtigkeit eingesetzt werden. Raimon Brete, Chemnitz rassen, vor allem über die Sowjetunion brachten? Darüber lese ich keine Silbe, kein Wort des Bedauerns. Ist ihm unbekannt, dass seitens aller am Krieg beteiligten Staaten hierzulande Racheakte, Verstöße gegen das Völkerrecht begangen wurden, die aber alle nicht vergleichbar mit den Grausamkeiten deutscher Soldaten und Offiziere waren? Das größte Verbrechen gegenüber dem deutschen Volk kam aus dem eigenen Land. Was wäre wohl geschehen, wenn dieses Regime gesiegt hätte? Reicht des Lesers Fantasie aus, um sich das vorzustellen? Ulrich Partzsch, Zwickau Krankenkasse sollte nicht Sponsor sein Zur Nachricht: „Neuer Hauptsponsor für FCE“: Ich finde es abwegig, dass die AOK als Hauptsponsor eines Fußballvereines auftritt. Die Gelder sollten zweckgebunden den Mitgliedern zugute kommen, nicht in andere Kanäle fließen. Wenn das die Wirtschaft tut, dann ist das ihre Sache. Eine Krankenkasse ist für ihre Mitglieder und deren Wohlergehen da. Frank Tröger, Glauchau Welche Vorteile sind hier denn gemeint? Die Verfasserin des Leserbriefs sollte doch die „Rote Liste“ der Impfstoffe, die eigentlich jeder impfende Arzt seinem Impfling vorlegen und erklären sollte, studieren. Dort findet man neben dem Namen des Impfstoffes die Indikation, die Inhaltsstoffe sowie die Nebenwirkungen. Ein anschließender Spaziergang mit offenen Augen und Ohren kann sehr lehrreich sein. Nebenwirkungen von Arzneien nehmen die meisten Menschen in Kauf, weil sie krank sind, können aber trotzdem frei entscheiden, ob sie die betreffende Arznei nehmen wollen. Warum sollte das für eine Impfung nicht gelten? Wieso soll ein kleiner (oder auch großer) gesunder Organismus diese ständigen Impfungen mit krankmachenden Inhaltsstoffen, die in der „Roten Liste“ nachzulesen sind, über sich ergehen lassen? Und wer glaubt, dass die Nebenwirkungen der Impfungen aus vorgenannter Liste ernst genommen werden und zur Meldung eines Impfschadens führen, der irrt. Nur fünf Prozent aller Vorfälle kommen zur Anzeige. Aber warum, zumal die Rote Liste jedem Arzt vorliegen müsste? Wieso sollte sich ein geimpftes Kind von einem ungeimpften anstecken? Ich denke, geimpfte Kinder besitzen einen Impfschutz? Bezüglich der Todesfälle sollte sich die Leserin auch bitte allseitig informieren. Dazu gehört die Beantwortung vieler Fragen. Wie war der Gesundheitszustand, gab es Vorerkrankungen, wie war der Impfstatus der betroffenen Person? Wenn ich Politiker wäre, würde ich mich keinesfalls für eine Impfpflicht einsetzen, jedoch für die Durchsetzung eines Gesetzes, welches das Ignorieren und die Nichtmeldung der Nebenwirkungen und Schäden abstraft und Betroffene nach dem Verursacherprinzip entschädigt. Ich glaube, dann ginge man mit dem Thema Impfen endlich ehrlicher um und Menschen, die Impfungen ablehnen würden nicht mehr geächtet. Steffi Hofmann, Gelenau Arbeitskampf: Grundrecht oder Geiselnahme? Der Streik der Lokführer hat, auch wenn er dann nicht so lange dauerte, Tage vorher die Gemüter bewegt. Zu Berichten und Kommentaren darüber haben Leser uns ihre Meinung mitgeteilt. Gerangel nicht nachvollziehbar Was sich der Gewerkschaftschef herausnimmt, ist eine bodenlose Frechheit. Er denkt nur an seine Belange und spielt seine Macht aus und denkt dabei nicht an die vielen Pendler, bei denen ein Arbeitsplatz daran hängt oder die Leute, die in ihren Urlaub starten wollen. So ein mächtiges Gerangel kann man nicht mehr verstehen. Karola Becher, Schneeberg Interne Machtkämpfe Unsere Abgeordneten dürfen sich ihre Einkommen selbst bestimmen. Wen wundert es dann, wenn sich andere Berufsgruppen auch etwas von dem „großen Kuchen“ abschneiden wollen. Die GDL setzt dem Ganzen die Krone auf, aber hier gibt es interne Machtkämpfe. Ich hoffe, dass das neue Gewerkschaftsgesetz angenommen wird und dieser Krieg zwischen Goliath und David (oder umgekehrt – für die Wissenden) endlich ein Ende hat. Streik ist ein demokratisches Mittel, sollte aber auch nicht missbraucht werden. Christina List, Plauen Grundrecht in Gefahr Die Stimmungsmache gegen Gewerkschaften, die dieser Tage mit Weselsky identifiziert werden, zeigt Wirkung. Einen Konflikt zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite, wie er in der Marktwirtschaft objektiv angelegt und an sich anerkannt ist, scheint es für große Teile der Arbeitnehmerschaft nicht mehr zu geben. Weselsky gibt das Feindbild für eine Klientel, der ebenso an ihren Arbeitnehmerinteressen gelegen sein muss. Es wird entsolidarisiert am Ast gesägt, auf dem die meisten selbst sitzen. Weselsky lässt streiken, so die Schlagzeilen. Er allein diktiert ohne gewerkschaftliche Das Signal stand zuerst auf Rot, dann auf Grün: Claus Weselsky verkündete kurz vor Pfingsten das Ende des Streiks. FOTO: KAY NIETFELD/DPA Abstimmungen? Die wenigsten scheinen zu merken, worum es geht. Es wird manchem einfallen, wenn das Grundrecht weiter beschnitten ist und gewerkschaftliche Forderungen bestenfalls erbettelt werden können, wenn immer größere Teile überhaupt keine Chance haben ihre eignen Forderungen zu erheben. Roland Winkler, Aue Nur die Bahn macht Stimmung Die Stimmungsmache der Wirtschaft, vieler Politiker und bestimmter Medien gegen den Streik der Lokführer beziehungsweise gegen die Gewerkschaft ist schlimm. Nicht die Gewerkschaft der Lokführer nimmt die Passagiere der Bahn in Geiselhaft, sondern die Genannten missbrauchen diese, um gegen den Streik und gegen die Gewerkschaft Stimmung zu machen. Heute geht es gegen den Streik der Lokführer und morgen gegen Streiks der Lehrer, Krankenpfleger und Hortnerinnen. Auch hier findet man schnell Betroffe, die man für entsprechende Kampagnen nutzen kann. Dabei ist doch recht offensichtlich, dass die Bahn nur auf die Unterstützung der Politik wartet, damit diese sie mit dem neuen Tarifeinheitsgesetz von der Gewerkschaft der Lokführer erlöst. Wer bei Streiks nach dem Staat und Gesetzen zur Verhinderung dieser Arbeitskampfmaßnahmen ruft, sollte bedenken, das er damit beginnt, das wohl letzte Mittel der Arbeitnehmer zur Durchsetzung von Rechten auszuhebeln. Dietmar Sobottka, Chemnitz Noch offene Rechnungen? Weselsky ist ein äußerst zuverlässiger Mensch. Was er angekündigt hat, zieht er auch durch, nämlich den nächsten Streik. Er ist auch ein aufrechter und furchtloser Kämpfer für seine tapferen Lokführer und weitere ausgebeutete Bahndienstleistende. Mit seinem guten und uns allen grundgesetzlich verbrieftem Streikrecht will er uns nur mitteilen, dass die Wiederholung die Mutter des Erfolges ist. Wenn man dies nicht versteht und zudem noch bösartig reagieren würde, könnten auch andere Meinungen aufkommen. Nicht nur die Millionen Pendler sorgen sich um die ständige Erreichbarkeit ihrer Arbeitsplätze, auch ein 80-Millionen-Volk wird praktisch in Geiselhaft genommen. Durch wiederholte Blockade des Güterverkehrs per Schiene wird mit der hoch entwickelten deutschen Wirtschaft einer der stärksten Pfeiler der Weltwirtschaft getroffen und geschädigt. Wer bezahlt Weselsky und seine Kämpfer für diese Daueraktionen? Hat jemand noch offene Rechnungen einzufordern? Günter Wieghardt, Lengefeld
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