Kipyatich entthront Seriensieger Ereng

Sport
Sonntag, 26. April 2015 / Nr. 17 Zentralschweiz am Sonntag
26
Kipyatich entthront Seriensieger Ereng
LUZERNER STADTLAUF Die Siegesserien von Patrick Mugur Ereng und Cynthia Kosgei
sind beendet. Bei den Frauen siegt Viktoriia Pogorielska (Ukraine), Abraham Kipyatich (Kenia)
ist bei den Männern der Schnellste. Kipyatich kommt besser mit den Widrigkeiten beim
Eliterennen zurecht als Dreifachsieger Ereng.
STEFAN KLINGER UND JÖRG GREB
[email protected]
Wer Abraham Kipyatich gestern Abend
auf dem Weg zur Siegerehrung sah, der
wäre nie auf den Gedanken gekommen,
dass der 23-Jährige soeben das Eliterennen am Luzerner Stadtlauf gewonnen
hatte. Denn da humpelte der aus dem
westkenianischen Hochland Kapsait
stammende Kipyatich mühevoll die wenigen Stufen zur Bühne hoch und nahm
unter Schmerzen die Glückwünsche zu
seinem ersten Sieg in Luzern entgegen.
Es geschah in der zweiten Runde, als
Kipyatich zu schnell in eine der engen
Kurven in der Luzerner Altstadt stürmte. Er rutschte auf dem glitschigen Kopfsteinpflaster aus – und knallte auf den
Boden. Kipyatich konnte weiterlaufen,
die Konkurrenten ein- und überholen
und nach 8,710 km in 24:39,7 Minuten
als Erster die Ziellinie überqueren. Doch
in den Minuten danach wurden die
Schmerzen in den aufgeschürften Knien
immer stärker. «Meine Knie tun mir ganz
schön weh», sagte Kipyatich in gutem
Englisch, «aber ich freue mich trotzdem
riesig, dass ich hier gewonnen habe.»
Weit weniger Grund zur Freude hatte
sein Landsmann Patrick Mugur Ereng,
der sich gestern Abend den vierten Sieg
in Folge holen und damit seine RekordSiegesserie in Luzern um einen Erfolg
ausbauen wollte. Ereng kam mit dem
rutschigen Untergrund, in den sich die
Altstadt-Gassen durch den unmittelbar
vor Rennbeginn einsetzenden starken
Regen verwandelt hatten, überhaupt
nicht zurecht – und stürzte insgesamt
gleich dreimal. Am Ende belegte er Rang
vier. In Abraham Kipyatich, der im vergangenen Oktober schon den 17,17 km
langen Murtenlauf gewonnen und dabei
in 50:28,1 Minuten gleich noch den
Streckenrekord aufgestellt hatte, fand
Ereng aber einen würdigen Nachfolger.
Pogorielskas Souveränität
Siegte mit über acht Sekunden Vorsprung:
der Kenianer Abraham Kipyatich.
Bild Philipp Schmidli
Die zweifache Siegerin Cynthia Kosgei
war mit viel Selbstvertrauen an die Startlinie getreten. Schliesslich war der Saisonstart mit dem Triumph am BerlinHalbmarathon Ende März perfekt gelungen. Und schliesslich liessen die
Regeneration und die weitere Vorbereitung in der Heimat kaum Wünsche
offen. Aber die 22-jährige Kosgei machte die Rechnung ohne Viktoriia Pogorielska. Die 25-jährige Ukrainerin spielte eine Souveränität aus, der Kosgei und
die weiteren Afrikanerinnen nichts entgegenzuhalten wussten. «Sie war eine
Klasse für sich», mussten sie anerkennen. In der fünften und letzten Runde
setzte sich die Osteuropäerin vehement
ab und lief mit der schnellsten Runde
sämtliche Widersacherinnen in Grund
und Boden. «Ich hatte grossen Respekt
vor meinen Gegnerinnen, umso erfreuter bin ich, mit welcher Power ich mich
von ihnen hatte lösen können.»
Und auch mit der glitschigen Pflasterstein-Unterlage wusste sie am besten
umzugehen. «Besonders heikel waren
die zahlreichen Kurven, diese galt es
dosiert anzugehen.» Das ermöglichte ihr
Glücksgefühle erster Güte: «Ich bin
happy, vor allem weil ich die Leistungsausweise der Kenianerinnen und die
immensen Stärken von Kosgei und ihren
Landsfrauen bestens kenne.» Und damit
konnte sich Viktoriia Pogorielska erstmals ins Siegerbuch von Luzern eintragen lassen, nachdem sie bereits vor
drei Jahren angetreten war. Damals aber
musste sie Wanjiuru den Vortritt überlassen. Eine Unbekannte in der Schweiz
ist die talentierte Langstrecklerin allerdings nicht. Am Schweizer Frauenlauf
sorgte sie 2011 für eine kleine Sensation,
als sie als weitgehend unbekannte
20-Jährige zum Sieg lief.
MÄNNER (8,710 KM)
Elite (8,710 km): 1. Abraham Kipyatich (Ken)
24:39,7. 2. Frederick Ngeny (Ken) 24:48,1. 3. Bernard
Matheka (Ken) 25:17,3. 4. Bernard Mugur Ereng
(Ken) 25:20,1. 5. Simon Tesfay (Eri) 25:30,3. 6. Tadesse Abraham 25:39,4. 7. Kennedy Kaptila (Ken)
25:52,8. 8. Ivan Strebkov (Ukr) 26:25,5. 9. Jan Kreissinger (Tsch) 26:29,9. 10. Jean-Pierre Weerts 26:32,6.
11. Eric Rüttimann (Sz) 26:34,9. 12. Simon Stützel
(De) 27:08,4. 13. Christoph Sander (Ö) 27:13,4.
12. Fabian Downs (Sz) 27:18,3.
Nachwuchselite (2,465 km): 1. Simon Schüpbach
(LR Gettnau/Schötz) 7:15,9. 2. Jonas Leuenberger (LV
Langenthal) 7:22,8. 3. Miscah Lubasch (ST Bern)
7:32,9. – Ferner: 8. Ramon Christen (LA Nidwalden)
7:45,8. 11. Mirko Blättler (LA Nidwalden) 7:59,3.
12. David Hodel (LR Gettnau) 8:25,2.
FRAUEN
Elite (4,250 km): 1. Viktoriia Pogorielska (Ukr)
13:24,4. 2. Cynthia Kosgei (Ken) 13:31,9. 3. Maryanne Wanjiru 13:34,5. 4. Sonja Roman (Slo) 13:37,2.
5. Jenni Wenth (Ö) 13.37,9. 6. Veerle Dejaeghere
(Be) 13:40,1. 7. Natalia Batrak (Ukr) 13.51,38. 8. Margaret Muringi (Ken) 13.56,3. 9. Natalia Soloveva
(Russ) 14:05,7. 10. Katarina Beresova (Slk) 14:12,7.
11. Regina Högl (De) 14.19,8. 12. Jasmin Widmer
(Erstfeld) 14.24,0.
Nachwuchselite (2,465 km): 1. Flavia Stutz (LR
Gettnau/Ufhusen) 8:26,7. 2. Antonella Lardi (Massagno) 8:50,8. 3. Céline Aebi (LV Langenthal)
8:51,3. – Ferner: 11. Durrer Alicia (LR Ebikon) 9:21,7.
Zeigte einen starken Auftritt: Viktoriia
Pogorielska aus der Ukraine.
Bild Philipp Schmidli
Owens: «Ich werde das Team heute zum Sieg führen»
BASKETBALL Trotz der Niederlage gegen Boncourt hat
Swiss Central heute erstmals die Chance, den NLB-Titel
in die Zentralschweiz zu holen. Dafür ist das Team
allerdings auf Tessiner Schützenhilfe angewiesen.
Abhaken und vorwärtsschauen. Wenn
diese Floskel für Swiss Central Basket
(SCB) in dieser Saison überhaupt einmal
zugetroffen hat, dann heute. Nein, die
Leistung am Freitagabend in Boncourt
überzeugte nicht. Ja, man hatte sich –
trotz der Aussicht auf einen starken
NLA-Gegner – mehr vorgenommen.
Doch die Jurassier, angepeitscht von
über 800 Basketballverrückten, waren
an diesem Tag zu stark – spielerisch wie
auch körperlich. Besonders gegen die
dominanten Innenspieler fand die SCBVerteidigung kein Gegenmittel. 73:85
lautete das Resultat am Ende. Ein versöhnlicher Punktestand, der den Spielverlauf nicht wirklich widerspiegelt.
Aber eben: abhaken und vorwärtsschauen. Schon wenige Minuten nach
dem Schlusspfiff in Boncourt lag der
Fokus nicht bei der jüngsten Niederlage,
sondern beim nächsten Spiel. Weil Aarau am Freitag auswärts in Lausanne
ebenfalls verlor, wurde die Entscheidung
bester Teamscorer, in Lausanne verletzt
hat, wird Aarau ebenfalls nur mit zwei
Ausländern antreten. Einen klaren Favoriten gibt es in der Partie somit nicht.
Genauso beim Spiel zwischen Swiss
Central und Lausanne: Zwar konnte die
Swiss Central das Aufstiegsrunden-Hinspiel in Lausanne für sich entscheiden
(76:67), in der Qualifikation behielten
jedoch die Waadtländer stets die Oberhand. Und nicht nur dort: Auch in der
letztjährigen NLB-Finalserie unterlag
Swiss Central im letzten Heimspiel der
Saison gegen Lausanne. «Wir haben mit
den Westschweizern noch eine Rechnung offen», verspricht Präsident Noldi
Huber. Den möglichen NLA-Aufstieg –
Swiss Central ist nach wie vor auf der
Suche nach den nötigen finanziellen
Mitteln – möchte Huber zumindest an
diesem Abend auf der Seite lassen.
«Heute dreht sich alles um das Spiel
gegen Lausanne und damit um den
ersten möglichen Titel unserer Vereinsgeschichte.»
um den NLB-Titel vertagt. Sie fällt heute ab 18 Uhr in der Luzerner Wartegg
– und in der Sporthalle Telli in Aarau.
Brisante Ausgangslage
Klar ist: Um noch eine Titelchance zu
besitzen, muss Swiss Central das letzte
Spiel gegen Titelverteidiger Lausanne
gewinnen. Gleichzeitig muss Swiss Central darauf hoffen, dass das punktgleiche
Aarau sein letztes Spiel zu Hause gegen
Massagno (NLA) verliert. Gewinnen
beide Deutschschweizer Teams, geht der
Titel aufgrund der besseren Korbbilanz
in das Aarauer Mittelland.
Die Ausgangslage vor den heutigen
Entscheidungsspielen ist spannend. Für
zusätzliche Brisanz sorgen folgende Tatsachen: Weil Massagno den Ligaerhalt
bereits geschafft hat, haben die Tessiner
einen ihrer drei US-Profis bereits nach
Hause geschickt. Weil sich aber Aaraus
amerikanischer Center James Saint-Robert, mit 16 Punkten pro Spiel zweit-
Gibts einen Zuschauerrekord?
Will sich mit einem Sieg vom
Luzerner Publikum verabschieden: Topskorer Marvin Owens.
Bild Dominik Wunderli
Der SCB-Präsident geht davon aus,
dass die Wartegg heute Abend rappelvoll
sein wird. «Ich rechne mit einem Zuschauerrekord; unser Team hätte es
verdient.» Unvergessen sind die letzt-
jährigen Finalspiele, als sich über 700
Zuschauer in die kleine Wartegghalle
drängten und für eine einmalige Stimmung sorgten. «Egal was heute Abend
in Aarau passiert», ergänzt Huber: «Wir
werden alles dafür tun, um unseren Fans
den bestmöglichen Saisonabschluss zu
schenken.» Das verspricht auch Topscorer Marvin Owens (22,4 Punkte pro
Spiel). Vor dem letzten Saisonspiel kündigt der US-Profi an: «Ich werde das
Team heute zum Sieg führen!»
Der erstmalige NLB-Titel wäre der
perfekte Abschluss von Noldi Hubers
fünfjähriger Präsidentschaftszeit. Und
möglicherweise der perfekte Start in die
neue Zukunft von Swiss Central Basket
– falls das Budget bis am 10. Mai gestemmt werden kann ...
DANIEL SCHRIBER
[email protected]
MÄNNER, AUF-/ABSTIEG NLB/NLA
Männer, Auf-/Abstieg NLB/NLA. Letzter Spieltag.
Heute (alle 18.00 Uhr): Swiss Central – Lausanne
(Wartegg), Alte Kanti Aarau – Massagno, Winterthur
– Boncourt.
Rangliste: 1. Massagno 9/14 (727:638). 2. Boncourt
9/12 (727:696). 3. Alte Kanti Aarau 9/10 (672:658).
4. Swiss Central 9/10 (625:648). 5. Lausanne 9/4
(661:715). 6. Winterthur 9/4 (625:682). – Ränge 1 bis
4 sind aufstiegsberechtigt.